Pädagogischer Bezug in der Sozialdidaktik. Didaktische Modelle


Hausarbeit, 2017

17 Seiten, Note: 2,0

Dan Norben (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der pädagogische Bezug nach Nohl
2.1. Die pädagogische Liebe
2.2. Die pädagogische Leidenschaft
2.3. Die Bildungsgemeinschaft

3. Modelle der Sozialdidaktik
3.1. Bildungstheoretische Didaktik
3.2. Lerntheoretische Didaktik
3.3. Kommunikative Didaktik
3.4. Kritisch-Konstruktive Didaktik

4. Der pädagogische Bezug und die didaktischen Modelle
4.1. Bildungstheoretische Didaktik
4.2. Lerntheoretische Didaktik
4.3. Kommunikative Didaktik
4.4. Kritisch-konstruktive Didaktik

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Mensch ist zweifelsohne ein soziales Wesen. Als solches ist er abhängig von anderen Menschen und der Interaktion mit ihnen. Diese Interaktion realisiert der Mensch über Kommunikation; sowohl verbal, als auch nonverbal. Diese Interaktion mittels Kommunikation führt bei Kontinuität zu bestimmten Personen zwangsläufig zu Beziehungen. Um welche Art der Beziehung es sich handelt ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise die Inhalte der Dialoge oder die Umstände unter denen man sich begenet und in Interaktion trifft, ist es eine berufliche Beziehung, eine freundschaftliche oder doch eine romantische. Wenn man diese Arten von Beziehungen versucht auf die Beziehung zwischen einem*r Lehrer*in und seinen*ihrer Schüler*innen zu übertragen wird deutlich, dass keine der bisher genannten Arten richtig zutreffent ist. Dieser Umstand war auch schon Hermann Nohl bekannt, als er sich seiner Zeit mit diesen und vielen anderen Fragen beschäftigt hat. So unternahm er den Versuch die Beziehung zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen zu beschreiben und als pädagogische Beziehung zu definieren. Den Begriff, den er dafür wählte ist der pädagogische Bezug. Er ist mittlerweile fest integrierter Bestandteil der Sozialpädagogik in ihrer Theorie, wie auch ihrer Praxis. Zumindest in der sozialen Arbeit und dem Beruf des*der Erzieher*in. Wenn der pädagogische Bezug eine relevantz für die Praxis der Erzieherinnen besitzt, liegt die Frage nahe, welche Bedeutung dem pädagogischen Bezug nach Nohl in der Sozialdidaktik als Fachdisziplin der Sozialpädagogik zuzuschreiben ist. Denn auch im Theorieunterricht für zukünftige Erzieherinnen finden Interaktionen statt. Darüber hinaus exisitiert für die Lehrkräfte ein doppelter Theorie-Praxis-Bezug, der die zukünftigen Erzieherinnen mittels pädagogischen Bezug in ihrem pädagogischen Handeln langfristig beeinflussen kann.1

Um eine Antwort auf diese Frage finden zu können, wird zunächst der Begriff des pädagogischen Bezugs, wie ihn Nohl definierte dargestellt. Im nächsten Schritt werden die vier didaktischen Modelle vorgestellt, an Hand denen dann im nächsten und letzten Schritt der Versuch unternommen wird eine Bedeutung des pädagogischen Bezugs für die Sozialdidaktik ausmachen zu können.

2. Der pädagogische Bezug nach Nohl

Nohl war der Auffassung, dass in jedem Verhältnis zwischen Menschen, also jeder menschlichen Interaktion, ein „erzieherisches Moment"2 liegt. Demnach kann der bewusste Wille einer Führung durch einen Bildungsaustausch nicht die Kernaufgabe der Pädagogik sein, da solche Führung beispielsweise auch im Militär zu finden sei, so Nohl.3 Vielmehr sei es die gewollte Selbsterziehung, die die Kernaufgabe der Pädagogik darstellt. Dabei meint die Selbsterziehung „in Wahrheit nur eine analogische Übertragung jenes echt pädagogischen Verhaltens und Prozesses, in dem ein Mensch auf den anderen wirkt."4 Es sind gleichsam die (pädagogischen) Beziehungen zu anderen Menschen die einen erheblichen Einfluss auf das spätere Verhalten eines Menschen haben. Ausgehend von dieser Annahme beschrieb er den pädagogischen Bezug.

Liebe, Leidenschaft und Gemeinschaft sind die drei Schlagwörter, die seine Beschreibung kennzeichnen. Dabei muss jedoch vor allem der beiden Begriffe Liebe und Leidenschaft eine genauere Betrachtung gewidmet werden, um mögliche Missverständnisse jeglicher Art zu beseitigen. Denn Nohl verstand beide Begriffe in einem pädagogischen Kontext, der sich von den Assoziationen sexueller Natur unterscheidet. Nohl schreibt dazu unmissverständlich, dass die pädagogische Liebe und die pädagogische Leidenschaft als ein pädagogisches Verhältnis in kein sexuelles münden darf, da diese sonst den "selbstständigen geistigen Zusammenhang verkennt und den Eigenwert dieses Verhältnisses, das immer ein gegenseitiges ist."5

2.1. Die pädagogische Liebe

Den Begriff der pädagogischen Liebe formuliert Nohl explizit als eine hebende und keine begehrende. Diese pädagogische Liebe, ausgehend vom Erzieher, hat dabei eine doppelte Bestimmung, sie soll zum einen dem Kind als Person und zum anderen seinem Potential gewidmet sein, diese beiden Aspekte sind in einer engen Verbundenheit zu verstehen. Es geht dabei um ein realistisches Sehen und idealistisches Wollen in Bezug auf das Kind. Im Fokus steht das eigene Ideal des Kindes und nicht das des Erziehers. Dieses Ideal ist gekennzeichnet durch einen Wachstumswille und Hingabe und benötigt zur Entfaltung des Potentials seitens des Erziehers Hilfe, Schutz, Zärtlichkeit und Anerkennung.6

2.2. Die pädagogische Leidenschaft

Dieser Wachstumswille des Kindes, den Nohl nennt, ist sehr zentral für die Beschreibung der pädagogischen Leidenschaft. Denn so wie das Kind einen Wachstumswillen besitzt, so besitzt der Erzieher einen Veränderungs- und Gestaltungswillen, zwischen denen ein Spannungsverhältnis besteht. Genau dieses Spannungsverhältnis versteht er als eine pädagogische Leidenschaft, welche es jedoch zu bändigen gilt. Dabei ist der pädagogische Takt den Herbart definiert hat für Nohls Argumentation besonders wichtig, denn er sei „feinster Ausdruck"7 dessen, was zwar die Privatsphäre achtet, aber dabei nicht Gefahr läuft das Kind pädagogisch zu vernachlässigen.8 Um der Argumentation Nohls folgen zu können, wird hier in aller Kürze der Versuch unternommen den pädagogischen Takt zu skizzieren. Der pädagogische Takt meint, dass erlernte in der Praxis angewandte Reagieren auf Grundlage des theoretischen Wissens und der in der Praxis gesammelten Erfahrungen unter Berücksichtigung der eigenen Reflexion. Der Takt ist also das, was die Lehrkraft befähigt ohne langes nachdenken zu handeln er steht folglich zwischen der Theorie und der Praxis. Zur Erlangung des Takts ist eine Reflexion der eigenen Handlung, Einstellung und Haltung gegenüber der Zöglinge unbedingt notwendig.9 Das, was den pädagogischen Takt als feinsten Ausdruck in sich trägt und das beschriebene Spannungsverhältnis im Gleichgewicht halten kann, ist die pädagogische Haltung. Sie soll den Erzieher und das Kind davor bewahren, die leidenschaftliche Beziehung aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Die Grundlage der Erziehung ist also das leidenschaftliche Verhältnis eines reifen Menschen zu einem werdenden Menschen, und zwar um seiner selbst willen, dass er zu seinem Leben und seiner Form komme."10

2.3. Die Bildungsgemeinschaft

Dieses leidenschaftliche Verhältnis sah Nohl als eine Bildungsgemeinschaft, die aus zwei Mächten besteht. Auf der einen Seite die Autorität des Erziehers und auf der anderen Seite der Gehorsam des Kindes. Auch hier müssen wieder die beiden Begriffe genauer betrachtet werden, denn die Autorität darf in diesem Fall nicht mit Gewalt assoziiert werden, so wie der Gehorsam nicht mit Angst. Viel mehr beschreiben diese beiden Begrifflichkeiten das zunächst asymmetrische Verhältnis der beiden, das sich im Laufe der Zeit annähern soll, um das Ziel der Selbsterziehung realisieren zu können.11 Dies lässt das Verhältnis jedoch noch nicht als Gemeinschaft wirken aber das wodurch diese Gemeinschaft laut Nohl geprägt sein soll schon, nämlich „Ehrfurcht, Achtung, Pietät und Dankbarkeit".12 Dies ergibt sich, da, wie eingangs schon erwähnt, das Verhältnis immer ein gegenseitiges und kein einseitiges ist. Diese Bildungsgemeinschaft endet, sobald „der Mensch mündig wird, das heißt nach Schleiermacher, wenn die jüngere Generation auf selbständige Weise zur Erfüllung der sittlichen Aufgabe mitwirkend der älteren Generation gleichsteht".13

Nohl ist demnach der Auffassung, dass die Beziehung zwischen Lehrkräften und ihren Schülerinnen als Bildungsgemeinschaft angesehen werden muss, die eine spezielle bzw. pädagogische Art der Liebe benötigt, die auf einer gegenseitigen Leidenschaft beruht, die gekennzeichnet ist durch einen Bildungs- bzw. Wachstumswillen des*der Schülerin und einen Veränderungs- und Gestaltungswillen der Lehrkraft. Diese Beziehung hat eine Selbsterziehung zum Ziel, die erst eintreten kann, wenn beide Parteien sich auf Augenhöhe begegnen können, also der*die Schüler*in einen gewissen Reifegrad erhalten hat. Diese Selbsterziehung versteht sich dann als ein lebenslanges Lernen, zumindest könnte man es dahingehend interpretieren. Übersetzt für den speziellen Fall des Lehrauftrags bezogen auf die Erzieher*innenausbildung bedeutet dies, das Ziel der Lehrkraft soll es sein eine vertrauensvolle Beziehung zu den Schülerinnen aufzubauen, in der diese ungestört lernen können, mit dem Blick auf das Ende der (schulischen) Ausbildungszeit und dem dann, im Idealfall, erlangten nötigen Fachkenntnisse zur Ausübung dieses Berufs und der damit verbundenen Auflösung dieser Beziehung. Man könnte an dieser Stelle noch einen Schritt weiter gehen und die Frage stellen, inwiefern diese Art der Beziehung auch auf die Praxisanleitung zutrifft.14

3. Modelle der Sozialdidaktik

Um im weiteren Verlauf prüfen zu können welche Bedeutung man dem pädagogischen Bezug in der modernen Sozialdidaktik zuschreiben kann, müssen jene didaktischen Modelle zunächst vorgestellt werden. Hierbei kann allerdings nicht auf alle Details so intensiv und differenziert eingegangen werden, da es den strukturellen Rahmen dieser Hausarbeit überschreiten würde. Viel mehr wird versucht die prägnantesten Eigenschaften herauszuarbeiten, um eine Analyse vornehmen zu können.

Jede Fachliteratur nutzt andere Begriffe für die Didaktiken, weshalb sich zunächst auf einen Begriff festgelegt werden muss. Steinbacher nennt sie didaktische Modelle und definiert sie als „erziehungswissenschaftliche Theorie zur Analyse und Planung didaktischen Handelns in schulischen und außerschulischen Lehr-Lernsituationen."15 Terhart unterscheidet zwischen Theoriefamilien und Theoriebanden. Seine Begründung dazu besagt, die ursprünglichen Theoriefamilien entwickeln sich stetig weiter, so dass es zum Austausch von Aspekten unter ihnen kommt. Darüber hinaus mussten wissenschaftlich überholte Argumente durch neue Erkenntnisse ersetzt werden.16 17 Gorges unterscheidet und definiert die Begriffe Theorie und Modell. Seinen Definitionen zufolge stellt eine Theorie „ein komplexes System von wissenschaftlichen Aussagen“ dar, ein Modell hingegen „ist eine für die Belangen der Praxis brauchbare Reduzierung einer Theorie“.17 Auch wenn der Vergleich des Begriffs mit den didaktischen Modellen ein sehr theoretisches Unterfangen ist und einiges an theoretischem Wissen abverlangt, steht innerhalb des Begriffs die Praxis bzw. deren Realisierung im Fokus. Aus diesem Grund wird, wenn überhaupt einer der Begrifflichkeiten genutzt werden muss, die Rede von Modellen und nicht von Theorien sein.

[...]


1 Vgl. Karsten, M.-E. Sozialdidaktik - Zum Eigensinn Didaktischer Refelxionen in Den Berufsausbildungen Für Soziale Und Sozialpädagogische (Frauen-)Berufe. In: Schlüter, A. (Hrsg.). Aktuelles und Querliegendes zur Didaktik und Curriculumentwicklung. Bielefeld 2003 S. 350 ff

2 Nohl, H. Die Pädagogische Bewegung in Deutschland Und Ihre Theorie. Frankfurt a. M., 1963, S. 130

3 Vgl. Ebd., S. 130

4 Ebd., S. 131

5 Ebd., S. 135

6 Vgl. Nohl, H. Die Pädagogische Bewegung in Deutschland Und Ihre Theorie. Frankfurt a. M., 1963, S.135f

7 Ebd., S. 137

8 Vgl. Ebd., S. 136 f

9 Vgl. Herbart, J. F. und Asmus, W. Pädagogische Schriften. Düsseldorf, 1964, S. 126 ff

10 Nohl, H. Die Pädagogische Bewegung in Deutschland Und Ihre Theorie. Frankfurt a. M., 1963, S. 137

11 Vgl. Nohl, H. Die Pädagogische Bewegung in Deutschland Und Ihre Theorie. Frankfurt a. M., 1963, S.138f

12 Ebd. S. 138

13 Ebd. S. 132

14 Diese Frage würde jedoch eine genauere Betrachtung der Aufgaben einer Praxisanleitung in allen Bundesländern benötigen, was den Rahme der Hausarbeit überreizen würde. Sie findet auch im Kontext zur konkreten Thematik der Hausarbeit keinen bzw. einen zu geringen Bezug.

15 Steinbacher, E. Didaktik. In: Otto, H.-U. und Thiersch, H. Handbuch Soziale Arbeit - Grundlagen Der Sozialarbeit Und Sozialpädagogik. München Basl 2015, S. 252

16 Vgl. Terhart, E. Über Traditionen Und Innovationen Oder: Wie Geht Es Weiter Mit Der Allgemeinen Didaktik? In: Zeitschrift für Pädagogik. 51 (2005) 1, S. 3 ff

17 Gorges, Roland. Didaktik - Eine Einführung für soziale Berufe. Freiburg im Breisgau: Lambertus, 1996, S. 41 [Hervorhebung im Original]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Pädagogischer Bezug in der Sozialdidaktik. Didaktische Modelle
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V1006139
ISBN (eBook)
9783346386908
ISBN (Buch)
9783346386915
Sprache
Deutsch
Schlagworte
pädagogischer, bezug, sozialdidaktik, didaktische, modelle
Arbeit zitieren
Dan Norben (Autor:in), 2017, Pädagogischer Bezug in der Sozialdidaktik. Didaktische Modelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006139

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