Mediale Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit


Magisterarbeit, 2001

82 Seiten


Leseprobe


INHALT

I EINLEITUNG

II FORSCHUNGSLEITENDE ANSÄTZE IN DEN MEDIENWISSENSCHAFTEN
1. Das S-R-Modell als Ausgangspunkt der Medienwirkungsforschung
2. Die Publikumsperspektive
3. Omnipotenz der Medien vs. widerspenstiges Publikum

III GESELLSCHAFTLICHE WIRKLICHKEITSKONSTRUKTION
1. Identität durch Interaktion
2. Die Dialektik von Individuum und Gesellschaft
2.1 Erste Implikationen für die Massenkommunikation
2.1.1 Die Interaktionssituation
2.1.2 Die Signifikanz der Anderen
2.1.3 Interaktionshäufigkeit
2.1.4 Rollen- und Wirklichkeitspluralismus in der modernen Welt
2.1.5 Wissenüber diverse Subwelten
2.1.6 Fazit für massenmediale Interaktionsformen
3. Zusammenfassung

IV REALITÄT UND MASSENMEDIEN
1. Theoretische Ansätze zur Realitätsvermittlung
1.1 Zusammenfassung und Fazit
2.Realitätsvermittlung durch Massenmedien
2.1 Parasoziale Interaktion
2.1.1 Theoretische Grundlage
2.1.2 Die Interaktionssituation und die Paraperson
2.1.3 Rollenübernahme
2.1.4 Identifikation
2.1.5 Parasoziale Interaktion und subjektive Wirklichkeit
2.1.6 Personalisierung
2.2 Medien und die Entwicklung zum lebensweltlichen Bezug
2.2.1„Real -People“in den Medien
2.2.2 Rezipientenaktivitäten
2.2.3 Individual- und Medienkommunikation
2.2.4 Realitätskonstruktion und der lebensweltliche Bezug
2.2.5 Fazit
3. Zusammenfassung

V DAS FALLBEISPIEL BIG-BROTHER
1. Die Regeln
2. Boykottforderungen und Quoten
3. Die Medienkarriere eines Medienproduktes
4. Die mediale Präsenz der Ex-Bewohner
5. Der ironisierende Unterton und Bezüge auf die Big-Brother Welt
6. Die mediale Vermarktungsmaschinerie

VI REALITÄTSKONSTRUKTION UND BIG-BROTHER
1. Inszenierung oder Authentizität?
1.1 Ergebnisse einer Internetbefragung und Gruppendiskussion
1.2 Zusammenfassung
2. Big-Brother und der lebensweltliche Bezug
2.1„Real -People“im Big-Brother Container ?
2.2 Personalisierung
3. Parasoziale Interaktion mit Big-Brother Bewohnern
3.1 Direkte und indirekte Adressierung
3.2 Die Bewohner und ihre Rollen
3.3 Der Handlungsrahmen: fiktional vs. ni cht-fiktional
3.4 Individualisierungsgrad
3.5 Fazit parasozialer Interaktionen
4. Subjektive Wirklichkeitskonstruktion
4.1 Die Parapersonen im Big-Brother Container
4.2 Die Interaktionssituation
4.3 Die Relevanz für den Rezipienten
4.4 Ein abschließendes Beispiel der Realitätsvermittlung
5. Zusammenfassung und Fazit

VII SCHLUSSBETRACHTUNG UND FAZIT

LITERATUR

I Einleitung

Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte des Informations- transports durch Medien und deren Wirkung auf Kultur und Zivilisation. Ers- te Höhlenmalereien, vor über 30.000 Jahren angefertigt1, zeugen vom menschlichen Bedürfnis der Kulturproduktion durch Darstellung und Wei- tergabe bildhafter und abstrakter Symbole. Tausende Jahre vor Beginn un- ser Zeitrechnung ließen die babylonischen Könige nicht nur Gesetze2 son- dern auch Epen3 in Stein meißeln. Im christlichen Glauben ist es Gott selbst, der Moses auf dem Berg Sinai die Tafeln mit den Zehn Geboten ü- bergibt. Und der pseudowissenschaftliche Schweizer Autor Erich von Däni- ken behauptet gar anhand von Symbolen beweisen zu können, dass die Außerirdischen Kontakt zur Menschheit pflegten.

Die Schwierigkeiten bei der Interpretation uralter Hieroglyphen und Artefakten zeigt die sich entwickelnde Komplexität und Abstraktion des Symbolsystems vergangener Kulturen, deren Deutung das Privileg der Gebildeten war. Erst die Erfindung des Buchdrucks um 1450 schuf die Voraussetzung, um mit zunehmender Allgemeinbildung auch breiteren Volksmassen den Zugang zu medialen Kulturgütern zu ermöglichen.

In der heutigen Zeit ist Mediennutzung in das Alltagshandeln als selbstverständlicher und notwendiger Bestandteil eingebettet. Alleine fast drei Stunden täglich nutzt der durchschnittliche Deutsche den Fernsehapparat, mit steigender Tendenz4. Gerade für junge Menschen ist Medienrezeption zusehens unvermeidlich, um mitreden zu können und nicht als Außenseiter zu gelten. Wer nicht über gewisse Medienkompetenzen verfügt, gerät bei der Bewerkstelligung des Alltags schnell in Schwierigkeiten.

Aber genauso wie Menschen auf Medien zurückgreifen, so bedienen sich Medien vermehrt aus dem Pool sozialer Schöpfungen und spiegeln die gesellschaftliche Realität wider. Die Reflexion des Alltagslebens in Fernsehserien in dramatisierter und überhöhter Form ist schon seit Jahr- zehnten selbstverständlich. Durch interaktive Medienprodukte und „Real- People“ Formate deutet sich die weitere Verflechtung beider bereits an.

Der Mensch als kulturschaffendes Wesen produziert zunehmend mediale Welten, die er als medienrezepierendes Wesen nutzt. Die wechselseitige Durchdringung von Alltagswirklichkeit und medialer Kulturproduktion ist auf einem vorläufigem Höhepunkt angelangt, der die Totalisierung des Me- dienbegriffs anzeigt. Momentan ist jedoch noch kein Endpunkt der Entwick- lung absehbar.

Die vorliegende Arbeit skizziert die gesellschaftliche Konstruktion von All- tagswirklichkeit auf der Basis der Theorie des symbolischen Interaktionis- mus, um im Weiteren Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich die Rezeption von Massenmedien in das theoretische Konzept integrieren lassen könnte.

Mit Hilfe des aktuellen Fernsehereignisses „Big-Brother“ können einige aufgezeigte Möglichkeiten illustriert werden, um in einem abschließenden Fazit die Bedeutung des Rezeptionsvorgangs für die Konstruktion der Alltagswirklichkeit anhand der vorgestellten Theorie zu erörtern.

Die Arbeit ist vor der Fragestellung über den Zusammenhang medialer Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit zu lesen, der aufgrund des theoretischen Ansatzes in einer spezifischen Weise erörtert wird.

II Forschungsleitende Ansätze in den Medienwissenschaften

Gutenbergs Erfindung, der Buchdruck mit beweglichen Lettern um 14505, setzte eine enorme Kommunikationsrevolution in Gang, deren gesellschaft- liche Umbruchskraft bis heute nur in Ansätzen nachvollziehbar ist. Zeitun- gen6, Plakate, Flugblätter und Zeitschriften (ca. 17./18. Jahrhundert) über- mittelten das gedruckte Wort über große Distanzen und verbreiteten es großräumig. „Schätzt man grob das Verhältnis von Nicht-Lesern zu poten- tiellen Lesern um 1800 wie 3:1, so kehrt sich das Verhältnis bis 1870 um.“7 Die lokale Orientierung der Menschen wird durch das Fenster zur Welt durchbrochen. Zeitungen setzen den Menschen „ (...) mit dem Allgemeinen - ja wie Hegel meinte, mit dem Weltgeist - in Beziehung.“8 Der Mensch entrinnt psychisch seinem eingrenzten Lebensraum und Weltbild, und steht nun der Größe und Komplexität der Welt gegenüber.

Die Fotografie, ab ca. 18409, ermöglicht die visuelle und realitätsnahe Dar- stellung mit der Möglichkeit der Vervielfältigung in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Mit Erfindung des Rundfunks um 188810, der drahtlosen Tonüber- tragung, erhält die Massenkommunikation erneut eine qualitative Steige- rung, die beispielsweise das nationalsozialistische Regime effektiv zur Pro- paganda nutzte. Als das Fernsehen ab ca. 195311 Einzug in die Haushalte hielt, wurde der Maßstab für Massenkommunikationsmedien schlechthin gesetzt. Unterhaltung, Information und Werbung kann mit live- Geschwindigkeit an ein anonymes Massenpublikum gesendet werden. Damit simuliert das Medium Fernsehen bestens die Primärerfahrung, n- dem es simultan auf die auditiven und visuellen Wahrnehmungsorgane einwirkt.

Bereits 1910 schlug Max Weber beim ersten Treffen der Deutschen Gesell- schaft für Soziologie eine Soziologie des Zeitungswesens vor, um Fragen nach der Veränderung des Publizitätsbegriffs, der Pressekonzentration, der Beziehung der Presse zu Parteien oder der Prägung des modernen Menschen mit überindividuellen Kulturgütern zu untersuchen12.

1. Das S -R-Modell als Ausgangspunkt der Medienwirkungs- forschung

Im anglo-amerikanischen Raum entwickelte sich eine Medien- oder Kom- munikationswissenschaft13, die unter Einfluss der vorherrschenden verhal- tenstheoretischen Perspektive, von einem Stimulus-Response-Modell der Medienwirkung ausging. Ein sorgfältig konstruierter Reiz, durch die Mas- senmedien übertragen, erzeugt eine identische Wirkung beim Publikum. Die Annahme der Allmacht bzw. Omnipotenz der Medien wurde besonders durch eine Theorie der Massengesellschaft und der Instinktpsychologie ge- stützt. Deutliche Anzeichen des Verlustes traditioneller sozialer Kontexte (z.B. Großfamilie, Berufsumfeld) und Werteorientierungen (z.B. Kirche) nahmen dem Individuum den Rückhalt in der Gemeinschaft und - so die damalige Lehrmeinung - damit jegliche Absorptionskraft gegen die Wirkun- gen von Medien.14

Das mechanistische S-R-Modell impliziert einen deterministischen Wir- kungszusammenhang, der zunächst auf wenige Faktoren beschränkt blieb. Die Untersuchungen der Yale-Gruppe in den 50ern glichen Laborexperi- menten, bei denen eine Einstellungsdimension vor und nach der Darbie- tung eines kommunikativen Stimulus gemessen wurde. Wesentliche kogni- tive, soziale und situative Bedingungen und Prozesse wurden dabei außer Acht gelassen. Durch die Einbindung intervenierender PrÄdispositionen und interner Mediatisierungsprozesse sollte dem Rechnung getragen werden.15

Das Modell des direkten, einseitigen Zusammenhangs zwischen Inhalt und Wirkung wurde auch insofern relativiert, als dass Selektionsmechanismen des Rezipienten bei der Aufnahme von Informationen berücksichtigt wurden. Der Rezipient tritt damit aus seiner passiven, re aktiven Rolle und beeinflusst durch individuelle Aktivitäten die Kommunikationswirkung. Festinger postulierte mit seinem Dissonanzmodell, dass einstellungskon- forme Informationen bevorzugt und einstellungskonträre Informationen ge- mieden werden16. In unzähligen weiteren Studien wurde zwar der postulier- te Wirkungszusammenhang differenziert untersucht17, aber generell blieb es bei dem medienzentrierten Modell der Massenkommunikation und der damit zugrundeliegenden Vorstellung einer linearen Wirkungsfunktion von den mächtigen Medien auf den wehrlosen Rezipienten. Entsprechend lau- tete die forschungsleitende Frage: „Was machen die Medien mit den Men- schen?“

2. Die Publikumsperspektive

Die gegenteilige Perspektive existierte bereits in den 40ern18, etablierte sich aber erst durch die Renaissance der Handlungstheorie und der „kognitiven Wende“ zu Beginn der 70er Jahre und rückte das aktive Publikum in den Vordergrund. Es wurde entsprechend gefragt: „Was machen die Menschen mit den Medien?“ Unter dem Begriff Uses-and-gratifications-Approach 19 (Nutzen- und Belohnungsansatz) wurden Bedürfnisse und Nutzen eines in- tentional handelnden Publikums untersucht, das Medien nach individuellen Kriterien eigenständig und unabhängig rezipiert. Der Rezipient wird zur Schlüsselfigur des Kommunikationsprozesses und entscheidet selbständig, welche Inhalte kommuniziert werden. Er stellt bei gegebenen psychischen Dispositionen Erwartungen an die Massenmedien, die mit funktionalen Al- ternativen um die Bedürfnisbefriedigung konkurrieren20. Die Ohnmacht der Medien, also deren relative Wirkungslosigkeit, stand damit der Omnipotenz der Massenmedien gegenüber.

Eine Reihe von empirischen Erhebungen wurden bereits durchgeführt, um eine Typologie der Zuschauer-Gratifikation zu erstellen. Im folgenden sollen beispielhaft die Ergebnisse von McQuail et al. (1972) dargestellt werden, der den Nutzen der Fernsehrezeption in vier Hauptpunkte zusammenfasste21. In Klammern ist ein typisches Item der Kategorie aufgeführt:

1) Ablenkung/Zeitvertreib
a) Escape aus den täglichen Routinen (It helps you escape from boredom of life)
b) Escape aus Last und Problemen (It helps me to go away from my problems)
c) emotionale Befreiung (Sometimes it makes me want to cry)

2) Persönliche Beziehung
a) Geselligkeit (The Characters have become like close friends to me)
b) soziale Nützlichkeit (It brings the family together sharing the same int erest)

3) Persönliche Identität
a) persönlicher Bezug (The programm reminds me that I could be worse off than I am)
b) Realitätsexploration (The people in „The Dales“ sometimes have problems that are like my own)
c) Werteverstärkung (It puts over a picture of what family should be like)

4) Kontrolle der Umgebung bezieht sich auf 3b, allerdings spielen die di- rekten persönlichen Probleme keine Rolle (It tells me about the main events of the day)

Kategorie eins bezieht sich auf die Funktion des eskapistischen Medienkonsums, was als Realitätsflucht durch Medienrezeption zu verstehen ist. Besonders fiktive Inhalte des Mediums und soziale Isolation des Rezipienten fördern diese Art des Mediengebrauchs22.

Kategorie zwei und drei zielt auf den sozialen Aspekt der Rezeption und da- mit verbunden auf die Arbeit an der eigenen Identität. Die Geselligkeitskate- gorie (2.a) deutet die weiter unten ausführlich beschriebene Parasoziale In- teraktion an, die sich aus dem stellvertretenden medialen Verhältnis zu En- tertainern, Serienpersönlichkeiten oder Nachrichtensprechern ergibt. Die Ka- tegorie der sozialen Nützlichkeit (2.b) bezeichnet dagegen den instrumentel- len Nutzen der Rezeption in der reellen sozialen Umgebung, insbesondere das Gespräch mit Freunden oder der Familie über das Medienprodukt. Die Nutzenkategorie der persönlichen IdentitÄt (3) charakterisiert a) die Verwen- dung der Programme, um die Situation in „der Welt“ zu erörtern, weist b) auf die Reflexion persönlicher Probleme aufgrund der Medienrezeption hin und deutet c) die Tendenz an, Programminhalte deshalb zu nutzen, um einen wertebestätigenden Effekt zu erzielen.

Kategorie vier bezieht sich auf Informationen überregionaler Art, daher spielt die direkte Kontrolle der Umgebung keine Rolle. Als Informationsmotiv ist es aufgrund der Untersuchungseinheit (Auswahl an Unterhaltungsserien im TV) hier nicht besonders relevant 23 .

Die beispielhafte Darstellung soll den Blick für die unterschiedlichen Motive und „belohnenden“ Wirkungen der Medienrezeption erweitern. Informationssuche in einer Zeitung, Wirklichkeitsflucht durch einen Science-Fiction-Film oder Identitätsbestätigung durch eine Soap-Opera sind nur wenige Beispiele, die die Nutzenfunktion der Medienrezeption verdeutlichen.

Die verschiedenen Nutzenkategorien existieren nicht isoliert oder schließen sich gegenseitig aus: So kann auch der Science-Fiction-Film einen Beitrag zur Identitätsbestätigung leisten oder die Soap-Opera eskapistische Medienrezeption ermöglichen. Unterschiedliche Inhalte unterschiedlicher Medien stehen mit verschiedensten Gratifikationen im Zusammenhang.

Kritisiert wurde vor allem die verengte Sichtweise auf das personale System in der präkommunikativen Phase, also die Konzentration auf die selek tive Mediennutzung24. Selektivität des Rezipienten könnte auch als „Störfaktor“ im Informationsfluss zwischen Medium und Rezipient betrachtet werden, was ein (implizites) S-R-Schema bedeuten würde.

Problematisch ist auch die fast ausschließliche Verwendung standardisierter Befragungsmethoden zur Messung der medial befriedigten Bedürfnisse. Unbewusste, zufällige, habitualisierte und nicht artikulierbare Mediennutzungsarten können damit nur unzureichend erfasst werden.

Das unterstellte Wirkungskonzept beinhaltet im übrigen eine deutliche Marketingorientierung: „Medienangebote, die sich nicht an den Bedürfnis- sen des Publikums orientieren, können kaum mit Rezeption oder Wirkung rechnen“25. Das Medienangebot ist in diesem Sinne das Ergebnis eines Produktionsprozesses26, der auf der Basis von Annahmen27 über die ver- schiedenen Wünsche und Bedürfnisse des Publikums zustande kommt.

3. Omnipotenz der Medien vs. widerspenstiges Publikum

Gerade die einfachen, plausibel erscheinenden, linear und monokausal strukturierten Hypothesen, wie oben dargelegt, dominierten lange Zeit die Medienwirkungsforschung. Dabei wurden nicht selten komplexe Wechselwirkungsmechanismen unzulässig reduziert, die erst durch mikroskopische Feinanalysen erschlossen werden können28.

Wird der oben ausgeführte Selektionsprozess des Rezipienten in der präkommunikativen Phase genauer betrachtet, dann wird deutlich, dass sich die Beurteilung medialer und nicht-medialer Quellen zur Bedürfnissbefriedigung in Erwartungen manifestieren. In einem internen Feedbackprozess werden die gemachten Erfahrungen mit den vorhandenen Beurteilungen verglichen und nötigenfalls korrigiert. Es wäre sonst von einem statischen Medienrezeptionsmuster auszugehen, was keine Anpassung an eine sich verändernde mediale Umgebung zulassen würde29.

Von einem internen Feedbackprozess in Form einer ständigen Überprüfung der Annahmen über die Erwartungshaltung der Rezipienten seitens der Produzenten ist in analoger Weise auszugehen. Weder Medienangebot noch -nutzung können demnach als feste Größe betrachtet werden, die unabhängig voneinander existieren - wie es jeweils die erste bzw. zweite Perspektive nahelegt. Beide sind Ergebnis menschlichen Handelns innerhalb eines sozialen Systems.

Dazu soll im nächsten Kapitel unter besonderer Berücksichtigung des Pro- zesses „Wirklichkeitsvermittlung durch Medien“ eine theoretische Grundla- ge in Anlehnung an das Paradigma des symbolischen Interaktionismus und in dessen Tradition stehender Theorie der Wissenssoziologie geschaffen werden.

III Gesellschaftliche Wirklichkeitskonstruktion

1. Identität durch Interaktion

Der symbolische Interaktionismus ist eine Tradition, die von den Pragmatisten, insbesondere John Dewey und George Herbert Mead, stammt und von Soziologen der Chicagoer Schule, wie Robert E. Park, Herbert Blumer und Everett C. Hughes, vertreten wird.

Es kann von dem damals vorherrschenden behaviouristischen Paradigma abgegrenzt werden, das als objektive Wissenschaft nur ausschließlich beobachtbares Verhalten berücksichtigt. Menschliches Verhalten wird demnach als deterministische Reaktion auf Umweltreize aufgefasst, wobei n- nerpsychische Prozesse weitestgehend vernachlässigt werden.

Der symbolische Interaktionismus stellt diese in das Zentrum des Interesses, um beispielsweise unterschiedliche Reaktionen verschiedener Individuen auf einen identischen Reiz zu erklären30.

Mead setzt voraus, dass Individuen ihre Identität im Interaktionsprozess bilden. Grundlage ist die „Vis-à-vis-Situation“31, bzw. der Face-to-Face Kontakt, alle weiteren Interaktionsformen, z.B. die der Massenkommunikation, müssen davon als abgeleitet betrachtet werden.

Kinder übernehmen die Haltung anderer zu sich selbst durch Role-Taking: „(...) er wird für sich selbst nur zum Objekt, indem er die Haltung anderer Individuen (...) einnimmt (...)“32. Durch ReflexivitÄt kann das Individuum sich selbst, wie auch andere kognitiv zum Objekt machen. Die Tatsache eige- nes Verhalten dokumentieren zu können, deutet bereits die Existenz dieser Fähigkeit an. Role-Taking geschieht zunächst in Form von nachahmendem Spiel (Play), d.h. es wird eine zur eigenen Identität unterschiedliche Rolle (z.B. Krankenschwester, Torwart, Mutter) übernommen. Es entwickelt sich allmählich die Fähigkeit, die konkrete Rolle eines Anderen einzunehmen und sich seine eigene Identität von diesem Standpunkt aus vorzustellen.

Später im Wettkampf (Game), muss „das Kind die Haltung aller Beteiligten in sich haben“33, d.h. es muss die Haltung der organisierten sozialen Grup- pe verinnerlichen. Diese Abstraktion, „(...) die Haltung dieses verallgemei- nerten Anderen ist die der ganzen Gemeinschaft.“34. Während im Spiel noch regellos Rollen imitiert werden, wird der Wettkampf durch Regeln ge- steuert, die das Kind lernt, um die Positionen mehrerer Spieler imaginär einnehmen zu können. Indem es sich die Regeln der organisierten Ge- meinschaft aneignet und auf sich selbst anwendet, übernimmt es die Hal- tung des Generalisierten Anderen und entwickelt eine verallgemeinerte - generalisierte - Vorstellung von sich selbst.

Das Erfassen der Haltung anderer zu sich selbst geschieht zunächst in Form von Gesten, die zu „signifikanten Symbolen“35 werden, wenn sie die gleiche Reaktion beim Gesten setzenden Wesen implizit auslösen, wie ex- plizit bei dem Wesen, an das sie gerichtet sind. Beispielsweise ist eine ge- ballte Faust in unserer Gesellschaft in der Regel Symbol für eine feindseli- ge Haltung - beim Sender genauso wie beim Empfänger36. Menschen e- ben daher nicht nur in einer natürlichen Umwelt, mit der sie als biologische Organismen verbunden sind, sondern - und vor allem - in einer symboli- schen Umwelt, mit der sie als soziale Wesen verbunden sind.

Der symbolische Aspekt der Umwelt verdeutlicht die Bedeutung, die den Objekten zugeschrieben wird. Sie ergibt sich aus der Art und Weise, wie andere Personen den Objekten gegenüber handeln. Bedeutungen sind da- her „soziale Produkte, sie sind Schöpfungen, die in den und durch die defi- nierbaren Aktivitäten miteinander interagierender Personen hervorgebracht werden.“37. Wie die Bedeutung von Umweltobjekten erst aus der Interpreta- tion des Handelns anderer erfahrbar ist, so interpretieren wir auch das Handeln anderer im Hinblick auf uns selbst und leiten daraus ab, was wir für sie bedeuten. „Wie die anderen Objekte, so entwickelt sich auch das ,Selbst-Objekt‘ aus einem Prozess sozialer Interaktionen, in dem andere Personen (...) die eigene Person definieren“38. Ein Bewusstsein von uns selbst erhalten wir deshalb nur dann, wenn wir zuvor uns selbst zum Objekt gemacht haben, so wie andere Individuen in unserer Erfahrung als Objekte auftauchen. Wir sehen uns dann als Objekt durch die Augen anderer, oder, m.a.W., wir sehen uns im Spiegel der anderen39.

In Anlehnung an Meads Ausführungen veranschaulicht nachfolgendes Interaktionsmodell Identitätsbildung durch soziales Handeln:40

Das Me umfasst, neben der Haltung von Bezugspersonen, die des generalisierten Anderen, um sich von dem durch Spontanität geprägten individuellen Handeln des I abzugrenzen.

In der Phase der Vorreflexion legt das Me Handlungsalternativen für die gegebene Situation fest. Es erkennt sich als Objekt durch die Augen des generalisierten Anderen und kann damit mögliche Erwartungen des Ge- genübers an sich selbst abschätzen. In ihm sind die Gesetze und Sitten, die organisierten Codes und Erwartungen der Gemeinschaft gesammelt.

Das I ist die spontane, gesellschaftlich unabhängige Reaktion des Indivi- duums, das in Übereinstimmung mit dem Me entsprechende Handlungen ausführt, um dann in der Phase der Nachreflexion die gemachten Erfah- rungen wieder auf das Self wirken zu lassen. „Die Identität (Self) ist unter diesen Voraussetzungen die Handlung des I in Übereinstimmung mit der Übernahme der Rollen anderer im Me.“41 Identität ist demnach als kognitive Konstruktion zu sehen, die sich ständig und unaufhörlich durch soziale n- teraktion reorganisiert. Durch die Integration des generalisierten Anderen im Me entsteht die spezifische Verbindung von Individuum und „den Ande- ren“. Das Verhalten des Individuums wird durch die innewohnende Erwar- tung und Bedeutung der Gruppe in gesellschaftlich reflektierte Formen ge- leitet42.

Die Identität des Einzelnen kann „(...) nur in Bezug zu den Identitäten anderer Mitglieder seiner gesellschaftlichen Gruppe“43 existieren. Interaktionsprozesse haben daher elementare Bedeutung für Identität und Selbstbewusstsein, denn sie machen es dem Individuum erst möglich, nicht nur als Subjekt (I) kommunikativ zu handeln, sondern sich damit zugleich auch aus der Perspektive des/der Anderen als Objekt (Me) zu betrachten, d.h. in die Rolle des/der Gegenüber zu schlüpfen.

2. Die Dialektik von Individuum und Gesellschaft

Im Prozess der Internalisierung 44 vermitteln signifikante Andere 45 nicht ein- fach ihre Welt, sondern das Individuum erfasst und legt einen objektiven Vorgang, der Sinn zum Ausdruck bringt, subjektiv sinnhaft aus. Es wird Teil der gesellschaftlichen Welt, etabliert seine subjektive Identität und „(...) fin- det seinen bestimmten Platz in der Welt (...)“46. Durch „(...) Externalisierung, das heißt Entäußerung von subjektiv gemeinten Sinn“47 trägt es zur Kon- struktion eben dieser gesellschaftlichen Wirklichkeit bei, wobei gerade „(...) die Sprache, die im alltäglichen Leben gebraucht wird, (...) mich unaufhör- lich mit den notwendigsten Objektivationen (...)“48 versorgt.

Externalisierung, Objektivation und Internalisierung sind die drei Prozesse, die simultan das dialektische Verhältnis von subjektiver und objektiver ge- sellschaftlicher Wirklichkeit kennzeichnen. Sie sind die verbindenden Komponenten des Doppelcharakters der „(...) Gesellschaft als objektive Faktizität und subjektiv gemeinter Sinn (...)“49.

Zur täglichen Wirklichkeitsabsicherung in der sozial erfahrbaren Welt tragen nicht nur signifikante, sondern auch sonstige Andere bei. Gerade in den all- täglichen Interaktionsritualen wie beispielsweise dem täglichen Zeitungs- kauf, der Busfahrt zur Arbeit, dem Kantinenessen etc. sichern sie die Wirk- lichkeit durch wechselseitige Bestätigung ab50. Insbesondere der Sprache kommt, wie bereits angedeutet, eine überragende Stellung „(...) im gesam- ten menschlichen >>Kommunikationsapparat<< zu.“51. Die Beiläufigkeit des Gesprächs in der alltäglichen Interaktion reduziert nicht ihre Bedeutung, im Gegenteil, gerade sie ist Signal für die implizite und reziproke Wirklichkeits- definition.

Der reziproke, also wechselseitige Charakter der wirklichkeitsstiftenden Visà-vis-Situation basiert auf der oben geschilderten internalisierten Rolle des Gegenübers . „Mein Ausdruck orientiert sich an ihm und umgekehrt, und diese ständige Reziprozität öffnet uns beiden gleichermaßen Zugang zueinander.“52. Den Interaktionspartnern ist es gemeinsam, dass sie „(...) präreflexiv (...)“53 agieren, beide nehmen die Reaktion des Gegenübers aufgrund ihrer sozialen Erfahrungen implizit vorweg54.

Die Internalisierung und Interpretation des Individuums von Objekten und Ereignissen ist der innerpsychische Wirklichkeitsbereich (gesellschaftlich konstruierte subjektive Wirklichkeit) und die durch Externalisierung erzeugten Objektivation ist der von „außen erkennbare“ objektive Wirklichkeitsbereich (gesellschaftlich konstruierte objektive Wirklichkeit). Die gesellschaftlich kon- struierte Wirklichkeit, besonders die „(...) Wirklichkeit par excellence (...)“55, die Alltagswirklichkeit, wird über soziale Interaktionen56 integriert.

2.1 Erste Implikationen für die Massenkommunikation

Werden bei Berger und Luckmann Interaktionen besonders durch das re- ziproke Gespräch und die Sprache vollzogen57, so steht bei Mead Kommu- nikation58 über signifikante Symbole im Vordergrund. Beide Arbeiten beto- nen den verbindenden und objektivierenden Charakter benutzter Zeichen- sprache, der durch einen gemeinsamen Zeichen- und Bedeutungsvorrat59 somit reziproke, imaginäre Brücken zwischen den Innenwelten der Indivi- duen darstellt.

Der Einbezug massenmedialer Kommunikation als soziale Interaktion, die in der Vis-à-vis-Situation vollzogen wird, wirkt zunächst etwas weit herge- holt und bedarf einer Erklärung. Besonders das Merkmal der ReziprozitÄt durch den - oberflächlich betrachteten - einseitigen Informationsfluss vom Sender zum Empfänger scheint nicht gegeben. Aber: Will ein Medienpro- duzent etwas vermitteln, so bedient er sich bedeutungshaltiger Zeichen, die beim Rezipienten das selbe auslösen, wie bei ihm60. Nur wenn die Mittei- lungshandlung des Produzenten eine Verstehenshandlung des Rezipienten (und auch umgekehrt) einschließt, kann von einem Kommunikationsver- such61 gesprochen werden. M.a.W.: Der Produzent konstruiert den Kom- munikationsinhalt, in dem er sich auf den Rezipienten bezieht, seine Inter- pretation antizipiert. Der Rezipient rekonstruiert den Sinn des Kommunika- tionsproduktes, indem er sich auf die Absichten des Produzenten bezieht. Dieses auf Bedeutungsvermittlung angelegte, zielgerichtete (der Produzent will mitteilen, der Rezipient will verstehen) Handeln beinhaltet ein wechsel- seitiges aufeinander-bezogen-sein.

Damit wird deutlich, dass Massenkommunikation einen implizit reziproken Prozess darstellt, der „(...) prinzipiell eben keine einseitige Intention, Transmission und Rezeption .(..)“62 ermöglicht. Sie ist als Sonderform

sozialer Interaktion 63 zu verstehen, da sich die Kommunikationspartner wechselseitig an den Reaktionen des Gegenübers orientieren, sie antizipie- ren64. Das Konzept des Role-Taking hat unter dieser Voraussetzung auch für die Massenkommunikationssituation prinzipiell Gültigkeit, da die Rollen- übernahme der jeweils anderen Perspektive notwendig ist, um eine erfolg- reiche Kommunikation stattfinden zu lassen. In diesem Sinne wird im fol- genden Massenkommunikation als „scheinbar“ soziale Interaktion (paraso- ziale Interaktion) verstanden, da prinzipiell intentionales und wechselseitig aufeinander bezogenes Handeln vorliegt, allerdings Reziprozität nicht die absolute Form der Vis-à-vis-Situation hat65.

2.1.1 Die Interaktionssituation

Wurde oben die Wirklichkeitskonstruktion und -sicherung durch Interaktion besonders auf die Vis-à-vis-Situation bezogen, so sehen Berger und Luck- mann auch die Möglichkeit wirklichkeitskonstruierender medialer Interaktion durch z.B. „(...) Telefon, (...) Radio und (...) Schrift (...)“66, obwohl die Inter- aktion „(...) in steigendem Maße anonymer (...)“67 ist, je weiter sie sich von der Vis-à-vis-Situation entfernt. Auch schriftliche Gespräche können Signifi- kanz für die Aufrechterhaltung von Wirklichkeit haben, zumindest in einem zeitlich begrenzten Rahmen68. Trotz des medialen Charakters der Vermitt- lung scheinen sie Formen von Individualkommunikation zu meinen69. Expli- zit beziehen sie sich erst auf Massenkommunikation, indem sie schreiben:

„Die Zeitung garantiert unserem Mann natürlich die ganz große Welt seiner Wirklichkeit. Vom Wetterbericht bis >>Babysitter gesucht<< beteuert sie ihm, daß er die wirklichste aller möglichen Welten bewohnt.“70.

Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass Massenkommunikation, obwohl nicht zentraler Bestandteil ihrer Analyse, durchaus als wirklichkeitssichernder Interaktionsvorgang Relevanz beigemessen wird.

2.1.2 Die Signifikanz der Anderen

Die Anderen mit denen interagiert wird, oben wurde grob zwischen sonsti- gen und signifikanten Anderen unterschieden, weisen verschiede Grade von Anonymität auf. Die Anonymität ist dann am größten (und damit der wirklichkeitskonstruierende Effekt am geringsten), wenn sie „(...) höchst a- nonyme >>Abstraktionen<< (...)“71 darstellen, wie beispielsweise die „(...) öffentliche Meinung in England (...)“72, die reine Typisierung und damit nicht individualisierbar ist.

Auf der anderen Seite stehen signifikante Andere, jene Anderen, mit denen „(...) ich enge Kontakte pflege (...)“73, die (vor allem in der primären Soziali- sation, aber nicht nur dort) durch ständige Identifikation die wichtigsten Vermittler von objektiver Wirklichkeit sind74. Die sonstigen Anderen können allerdings auch in der sekundären Sozialisation75 durchaus zur „(...) subjek- tive(n) Identifikation mit der Rolle und ihren Normen (...)“76 benutzt werden, können aber auch „(...) institutionelle Funktionäre (...)“77 zur Vermittlung von Spezialwissen sein, die leicht austauschbar und daher für die Wirklichkeits- definition relativ bedeutungslos sind.

Um die Signifikanz der Anderen für die Wirklichkeitsbestimmung und - absicherung zu erhöhen, müssen möglichst Distanz, Anonymität und Typisie- rungen verringert werden78. Indem auf die „(...) Relevanzstruktur (...)“79 des In- dividuums eingegangen und die Beziehung möglichst „(...) mit Affekt aufgela- den wird (...)“80, schließen sonstige Andere auf die Position signifikanter Ande- rer auf. Es liegt auf der Hand, dass genau wie der reale, der mediale Andere mit positiven Eigenschaften (z.B. Seriosität, Kompetenz, Sympathie, Hilfsbereitschaft etc.) ausgestattet und durch häufige mediale Interaktionen beträchtlich individualisiert, eine enge, emotional aufgeladene Beziehung auf- bauen kann, dessen Einfluss wichtiger ist als ein oberflächlicher medialer Kon- takt.

2.1.3 InteraktionshÄufigkeit

Ob Andere einen signifikanten Einfluss auf die Wirklichkeitsabsicherung haben, hängt aber auch von der Interaktionshäufigkeit ab: „Wenn jedoch zehn Gelegenheitsbekannte nacheinander dieselbe Überzeugung ausdrücken, so kann das allmählich eine gegenteilige Ansicht meines besten Freundes aufwiegen.“81. Auch dieser Punkt scheint für massenmediale Interaktionen plausibel zu sein. Häufige Interaktionen werden einen vergleichsweise wichtigeren Beitrag liefern, als es ein singulärer Kontakt tun könnte.

2.1.4 Rollen- und Wirklichkeitspluralismus in der modernen Welt

Handelt es sich um eine - empirisch bisher nicht nachgewiesene - archai- sche Gesellschaft, in der allen Gesellschaftsmitgliedern der gesamte und damit identische Wissensvorrat vermittelt wird, der zudem keinen Verände- rungen unterworfen ist, wäre die Primärsozialisation ausreichend, um Symmetrie zwischen der subjektiven und objektiven Wirklichkeit herzustel- len und um dann von erfolgreicher Sozialisation zu sprechen82. Die indus- trielle, westliche Gesellschaft stellt eher das Gegenteil dar. Hochgradige Arbeitsteilung, Rollendifferenzierung und parallel existierende „(...) konträre Welten (...)“83 geben dem Individuum zwar die Wahlfreiheit, aber es interna- lisiert eine neue Wirklichkeit als eine neben anderen. „(...) subjektive Dis- tanz (...)“84 zu verschiedenen Wirklichkeiten und Rollen schafft ein allge- meines Gefühl der Relativität, denn diese können temporär angenommen und wieder abgelegt werden85.

2.1.5 Wissenüber diverse Subwelten

Erfolgreiche Sozialisation (im o.g. Sinn) in der modernen Gesellschaft be- deutet demnach, sein Wissen über neue Wirklichkeiten ständig zu aktualisieren, sich zumindest über die Existenz der mannigfaltigen Subwel- ten auf dem Laufenden zu halten. Dass routinemäßige Rezeption von Massenmedien diese Funktion erfüllt, ist nicht nur plausibel, sondern es scheint kaum weitere Alternativen zu geben, um einen gewissen Überblick über die vielfältigen Wirklichkeitssphären zu erhalten86.

2.1.6 Fazit für massenmediale Interaktionsformen

Art, Intensität und Häufigkeit der Interaktionen bestimmen anscheinend auch für die Massenkommunikation die wirklichkeitsstiftende Wirkung. Die interindividuellen Unterschiede sind wahrscheinlich genau so gross, wie es für Vis-à-vis-Interaktionen der Fall ist. Ist für das eine Individuum ein be- stimmter medialer Kontakt hochgradig relevant für die Wirklichkeitsabsiche- rung, kann es für ein anderes Individuum vollkommen bedeutungslos sein.

Um den Signifikanzgrad massenmedialer Interaktionen zu bezeichnen, muss eine Analyse meist verschiedene und verschachtelte Arten und Part- ner von Interaktionen berücksichtigen. So können z.B. bestimmte Überzeu- gungen über mediale Kommunikation verbreitet und in Vis-à-vis- Interaktionen „weiter verarbeitet“ werden. In jedem Fall deuten die Hinweise deutlich darauf hin, dass der „(...) Chor (...)“87 wirklichkeitssichernder sons- tiger Anderer durch massenmediale Andere erweitert werden muss. Ob die besondere Konzentration auf einen medialen Akteur sogar die Bedeutung eines signifikanten Anderen übernehmen kann, besonders wenn bestimmte Bedingungen gegeben sind, wie z.B. relativ eingeschränkte Vis-à-vis- Kontakte, wäre zu diskutieren.

3. Zusammenfassung

Menschen werden nach der Theorie des Symbolischen Interaktionismus als aktive und handelnde Organismen aufgefasst, die sich selbst und der Exis- tenz des Gegenübers bewusst sind. Sie interpretieren und versehen die sich wandelnde Welt mit Sinn durch Interaktionen, deren Bedeutungen sich wechselseitig etablieren und fortlaufend neu bestätigt werden müssen. In diesem Prozess wird ihre Bedeutung, ihr Platz in der Welt, ihre Identität ausgehandelt, indem sie sich selbst zum Objekt machen und im Handeln Anderer spiegeln. Daher kann ihre eigene Identität, sogar ihr Bewusstsein von sich selbst, nur im Zusammenspiel mit den Anderen existieren.

Diese ständigen Kontakte zwischen Ihnen und den Anderen konstruieren in ein und demselben Prozess gesellschaftliche Wirklichkeit, die dialektisch zwischen beiden in fortlaufenden und alltäglichen Interaktionsprozeduren neue Sicherung erfahren muss. Weder statisch noch vorbestimmt ist Wirklichkeit, da sie vielmehr die Synthese subjektiver Entäußerung und objektiver gesellschaftlicher Faktizität darstellt.

Die bisherigen Ausführungen haben erste Hinweise darauf gegeben, dass auch massenmediale Schein-Interaktionen im alltäglichen Prozess der Wirklichkeitskonstruktion von Bedeutung sind. Insbesondere die gesell- schaftliche Situation koexistierender und temporär annehmbarer Rollen- und Wirklichkeitsauffassungen scheint den Einfluss der Medien diesbezüg- lich zu verstärken. Man darf allerdings auch nicht die Situation des Indivi- duums Aus den Augen verlieren. Interaktionshäufigkeit und -intensität mit medialen und realen Anderen, Widerspenstigkeit oder Aufnahmebereit- schaft im Hinblick auf den medialen Einfluss wären erste Dimensionen, die den wirklichkeitsstiftenden Effekt der Medien bestimmen.

IV Realität und Massenmedien

1. Theoretische Ansätze zur Realitätsvermittlung

Theoretische Ansätze zur Realitätskonstruktion und -vermittlung durch Massenmedien sind vielfältig und postulieren auf verschiedensten Ebenen einen Zusammenhang zwischen einer „Medien-“ und „Publikumsrealität“. Es soll damit der immer wieder kritisierte verengte Blick88 auf kurzfristige Medienwirkungen durch eine umfassende Perspektive ersetzt werden. Be- sonders die Abnahme von Primärerfahrungen („direkte“ Erfahrungen durch die Sinnesorgane ohne zwischengeschaltete Medien) des immer komplexer werdenden Gesamtsozialsystems durch funktionale Differenzierung89 führt zum Verlust gemeinsamer, integrierender Vorstellungen über die objektive Realität. Durch die routinemäßige, in den Alltag eingebettete Medienrezep- tion90 deutet sich bereits deren Beitrag zur Bildung eines umfassenden Weltbildes an. Im Folgenden sollen einige Ansätze mit empirischen Unter- suchungen kurz besprochen werden, um einen - sicher nicht erschöpfen- den - Überblick über mögliche „Übertragungswege“ zu skizzieren und damit die Vielfältigkeit des medialen Einflusses auf die individuelle Wirklichkeits- auffassung aufzuzeigen.

Cohen formulierte 1963 mit der Agenda-Setting-These, dass die Medien nicht unbedingt erfolgreich vermitteln, was die Leute denken, sondern wor-über sie denken91. Damit lenkte er das Interesse auf kognitive Effekte in ei- ner überwiegend auf kurze Einstellungsmessung konzentrierte Persuasi- onsforschung92. In einer ersten Untersuchung zum Präsidentschaftswahl- kampf 1968 ließ sich ein starker Zusammenhang gerade bei unentschlos- senen Wählern der Medienagenda und der Publikumsagenda nachwei- sen93. In etlichen Nachfolgeuntersuchungen wurde die These differenziert geprüft, z.B. bezüglich Themeneigenschaften (z.B. lokal/global) und

Publikumsmerkmalen (z.B. politisch interessiert/nicht interessiert). Die A- genda-Setting These rückt die Macht der Journalisten und des Mediensystems in den Vordergrund, denn das, was Medien nicht thematisieren, findet auch keine öffentliche Aufmerksamkeit.

Mit der Kultivierungshypothese vertritt George Gerbner die Vorstellung einer tiefgreifenden medialen Beeinflussung der Wirklichkeitauffassung. Grundannahme ist, dass TV wichtigster kultureller Hebelarm zur Prägung von Rollen und Verhaltensmustern geworden ist und wesentliche Sozialisa- tionsinstanz94. Der Kultivierungseffekt wird theoretisch weit gefasst, denn der ubiquitäre Einfluss des Fernsehens auf das öffentliche Bewusstsein, handelnde Personen, Ereignisse etc. kann nicht auf einzelne, isolierte Pro- grammelemente zurückgeführt werden95. Zwei Gruppen, „Wenigseher“ und „Vielseher“ wurden gefragt, wie hoch der Prozentsatz in der Bevölkerung an Personen sei, die mit der Durchsetzung des Rechts beschäftigt wären, Personen also, die im Fernsehen überdurchschnittlich vorkommen. Die Er- gebnisse zeigten die Prägung des Fernsehens bezüglich dieser Fragestel- lung deutlich96, jedoch wurde das hochgesteckte Ziel, den Einfluss auf die Weltsicht zu messen, verfehlt. Neben heftiger methodologischer Kritik97 wurde vor allem demonstriert, wie schwer solche weit gefassten Effekte zu messen sind.

Werner Früh konzipierte das dynamisch-transaktionale-Modell 98 der Realitätsvermittlung durch Massenmedien. Als Para-Feedback werden Annahmen und Erwartungen über das Gegenüber im Massenkommunikationsprozess bezeichnet, das sich konzeptuell an das antizipierende Role Taking von Mead99 anlehnt. Damit wurde der Versuch gemacht, die komplexen psychischen und sozialen Prozesse, die für Medienwirkungen bedeutend sind, insbesondere unter Berücksichtigung der Prozesshaftigkeit von (Massen)kommunikation zu integrieren.

Empirische Evidenz sollte das Modell in einer umfangreichen Untersuchung von Früh (1994) erlangen. In zwei Wellen wurde die Reproduktion von Me- dienbeiträgen erfasst, die unter natürlichen Bedingungen rezipiert wurden. Reproduktion und Ursprungsbeitrag konnten anschließend bezüglich diver- ser Fragestellungen verglichen werden. Die zentrale Fragestellung bezog sich auf die Art der Verarbeitung eines Beitrages: Wurde er weitreichend verändert, z.B. mit persönlichen Erfahrungen vermischt oder in Form einer kognitiven Kopie gespeichert und im Laufe der Zeit einfach vergessen?

Nur ca. 15% der Medienbeiträge wurden erinnert, wobei über die Hälfte der Informationen dieser 15% durch andere Quellen gespeist wurden (vor allem Vorwissen, Schlussfolgerungen, Gespräche)100. Die Integration des Me- dienwissens erfolgt demnach durch subjektive Modifikation und Reduktion. Für ca. 15% der Probanden galt allerdings „Totaler Zerfall, ja beinah völli- ges Verschwinden des medienbezogenen Wissens und keinerlei eigene Überlegungen, Vorstellungen und Kommentierungen.“101. Früh kommt zu dem Schluss, dass Medienbeiträge als medial vorselektierte, „(...) einfluß- reiche Realitätsvorschläge (...)“102 aufgefasst werden können, die gerade „(...) durch selektive Reduktion und aktive Transformation (...) zur Wirklich- keit des Publikums (...)“103 werden.

Unter dem ethnographischen Ansatz 104 wird eine Strategie qualitativer Medienrezeptionsforschung verstanden, die sich u.a. mit der Analyse von Gesprächsroutinen von Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Häufig werden dabei Verweise auf Medienreferenzen benutzt105. Medien stellen ein Konglomerat von Orten, Personen, Handlungen, Stimmungen etc. zur Verfügung, die jeder als Beispiele nutzen kann.

Die kommunikative Aneignung von Fernsehen in alltäglichen Kontexten wurde innerhalb des DFG-Projekts „Über Fernsehen sprechen“ unter- sucht106. Zusammengefasst lässt sich dazu festhalten, dass die Parallelität von Fernsehen und Sprechen sowie die tiefe Verwurzelung der Fernsehre- zeption im Alltagshandeln der Zuschauer107 verschiedenste Tätigkeiten und Themen miteinander koordiniert. Das Gespräch erfüllt spezifische Funktio- nen wie das wechselseitige Unterstützen beim Verstehen, Interpretieren und Bewerten des Fernsehtextes108 oder das Austauschen und Abgleichen von Wissen und Meinungen innerhalb der Gruppe. In der sozialen Struktur wird die Interpretation von TV-Texten ausgehandelt: So kann ein Horrorfilm durchaus zur allgemeinen Belustigung beitragen. In der Rezeptionssituation treffen sich persönliche Alltags- und Fernsehwelt, die durch das fernsehbe- gleitende Gespräch vermittelt werden109.

Nach Angela Kepplers Meinung ist die emotionale Identifkation und das Moment der Distanzierung wesentlicher Mechanismus, der die Spannung zwischen Leben und Serie ausmacht110. Anhand von Beispielen wie der „Rudi-Carrell-Show“ zeigt sie, wie der Zuschauer einerseits „(...) aus der medialen Teilnahme am inszenierten Vergnügen ein illusionäres Bild ihres eigenen Vergnügens (...)“111 ableitet, andererseits „(...) von vorne herein eingeweiht (ist) in eine Inszenierung, dies sich zwar nach Kräften bemüht, den gesuchten Effekt der Überraschung zu erreichen, jedoch nur, um an- schließend den Mechanismus seiner Herstellung durchblicken zu las- sen.“112.

Deutlich weist sie, mit kritischem Bezug auf Baudrillard113 und Anhängern, auf die vorhandene Trennung zwischen Publikums- und Medienrealität hin, die theoretisch wie praktisch - abgesehen von Ausnahmen - als plausibel bezeichnet werden kann114. Allerdings konstatiert sie: „Die heutige Alltags- wirklichkeit steht in einem vielfachen Bezug zu dieser Wirklichkeit des

Fernsehens (...)“115, womit sie vergleichbar zu Früh von einer Realitäts transformation, aber nicht von einer Realitäts substitution ausgeht.

1.1 Zusammenfassung und Fazit

Schon diese kurzen Ausführungen zeigen, dass die oben (II.1) vorgestellte S-R-These nur unzureichend den Einfluss der Massenmedien beschreibt. Höchstens die Themensetzungsfunktion116 passt in dieses Schema. Wird vermitteltes Wissen betrachtet, was nicht selten implizit durch Unterhaltungsprogramme transportiert wird, zeigt sich die wenig realitätsnahe Darstellung in den Medien und die selektive und modifizierende Weise, wie es unsere - subjektive - „Vorstellung über die Welt“ wird.

Der Einfluss von Gesprächen über Medien und Medienfiguren deutet auf den diffizilen Effekt der Rezeption, der in Form von „Medienspuren“ in uns hinterlassen wurde und durch Gesprächsanalysen zu Tage kommt. Me- dien- und Publikumswirklichkeit werden gerade nicht 117 durch ihre Ununter- scheidbarkeit eins, sondern durch zunehmende wechselseitige Bezüge tre- ten sie in ein „enges Verhältnis zueinander“ und durchdringen sich gegen- seitig. Identifikations- und Distanzierungsprozesse zwischen Rezipient und Medium bzw. Medienakteur deutet die Analogie zum sozialen Handeln be- reits an. Diese wird daher im folgenden Kapitel, wie es die Hinweise auf In- teraktionsprozesse mit Medienakteuren als Bestandteil der gesellschaftli- chen Konstruktion der Wirklichkeit nahelegten (III.2.1), ausführlich behan- delt.

2.Realitätsvermittlung durch Massenmedien

2.1 Parasoziale Interaktion

Bereits in Kapitel II.2 wurde im Zusammenhang der „Geselligkeitskategorie“ der Begriff erwähnt und deutete auf den „quasi sozialen Nutzen“, der sich aus dem Rezeptionsprozess ergibt. Das theoretische Konzept der parasozi- alen Interaktion wird als Erweiterung der Theorie des symbolischen Interakti- onismus auf Rezeptionsprozesse verstanden, womit der Zusammenhang medialer symbolischer Umwelt und gesellschaftlicher symbolische Umwelt beschrieben werden kann. In diesem Sinne ist es eine Theorie der Realitätsvermittlung, die in dieser Arbeit zur Analyse und Beschreibung der Verflechtung von Medien- und Alltagswirklichkeit genutzt wird.

Obwohl Horton und Wohls Arbeit118 als Ursprung des Konzeptes „parasoziale Interaktion“ bereits 1956 erschienen ist, liegt bis heute keine „(...) kohärente Theorie parasozialer Interaktion (...) vor.“119. Die folgenden Darstellungen beziehen sich daher auf die in der Literatur weitgehend übereinstimmend behandelten wesentlichen Aspekte.

2.1.1 Theoretische Grundlage

Das Konzept der parasozialen Interaktion überträgt die Auffassungen des Symbolischen Interaktionismus auf Massenkommunikation, besonders auf die Film- und Fernsehrezeption. Zentralen Stellenwert hat der Mensch als interaktives Wesen, der aufgrund der Bedeutung von Symbolen und Zei- chen lebt und handelt. Die damit erschaffene (soziale) Wirklichkeit muss dementsprechend immer rekonstruktiv, also bezüglich der interpretierten Symbole hin untersucht werden120. Abgebildete Personen sind demnach auch Gegenstand sozialer Wahrnehmung und werden folglich auch als Be- standteil kommunikativer Aneignung von Wirklichkeit verstanden121.

Eine solche Person kann jegliche Verkörperung einer Rolle durch einen Schauspieler, Nachrichtensprecher oder Entertainer sein122. Wie bei realen Personen ist es möglich sie zu „verstehen“, ihre Wunschorientierung und Charakterzüge zu entdecken und festzustellen, ob sie sympathisch sind. Die Wahrnehmung abgebildeter Personen unterscheidet sich kaum von realen Personen - könnte vorschnell aufgrund der Ähnlichkeiten gefolgert werden. Das Verhältnis zwischen Parapersonen 123 - so werden die abgebildeten Personen in Analogie zum Begriff parasozial im weiteren bezeichnet - und Rezipienten wird im folgenden theoretisch erörtert.

Parasoziale Interaktion wird in Anlehnung an den alltäglichen Interaktionsprozess als „(...) simulacrum of conversational give and take (...)“124 verstanden. Über die direkte parasoziale Interaktionssituation hinaus baut der Rezipient langfristig parasoziale Beziehungen auf:

„One of the striking characteristics of the new mass media (...) is that they give the illusion of face-to-face relationship with the performer. The conditions of response to the performer are analogous to those in primary group.“125

Fundamentaler Bestandteil parasozialer Interaktion ist das am Role- Taking 126 angelegte Prinzip der Rollenübernahme, das auch auf die Mas- senkommunikation angewendet wird. Parafiguren werden damit als mediale Andere aufgefasst, die durch parasoziale Interaktion für die Identitäts- und Wirklichkeitsbildung eine vergleichbare Funktion übernehmen, wie es reale Andere tun. Die Gemeinsamkeiten sozialer und parasozialer Interaktionen sind besonders durch die symbolisch-interaktionistischen Grundannahmen offensichtlich, es bleiben aber deutliche Unterschiede bestehen.

2.1.2 Die Interaktionssituation und die Paraperson

Die Paraperson stellt sich als distanziert und unverbindlich da. Es herrscht Einseitigkeit (Unidirektionalität) im Kommunikationsfluss durch das zwi- schengeschaltete Medium. Bezogen auf „klassische“ Fernseh-, Film-, Zei- tungs-, Buch- und Theaterrezeption ist der Rezipient bedeutungslos und kann „nur“ aus gegebenen Beziehungsangeboten wählen, jedoch selbst keine erstellen127, denn ihm bleibt lediglich die „Answering-Role“. Anderer- seits erfolgt damit eine Entlastung aus dem Handlungszwang, er ist frei von Verpflichtungen und Verantwortung, er muss keinerlei Energien zur Selbst- darstellung aufbringen und kann einen auf Knopfdruck wechselbaren Kommunikationsprozess erzeugen.

Die Einseitigkeit der Massenkommunikationssituation ist allerdings zu relativieren. Erstens ist die Handlung der Medienakteure ohne die antizi- pierte Zuschauererwartung undenkbar128, womit der Zuschauer als struktu- relles Gegenüber mit in den Kommunikationsakt einbezogen wird. Hippel129 unterscheidet direkte (z.B. wenn Thomas Gottschalk in die Kamera fragt „Wussten Sie nicht? Ich auch nicht!“) bzw. indirekte Adressierung (z.B. wenn der Sportkommentator implizit nach einer Bestätigung fragt, die dann u.U. auch real zu beobachten ist). Zweitens lässt sich bezüglich neuer Me- dien und Technologien eine fortschreitende Interaktivität beobachten, womit die Grenze zur interpersonalen Bidirektionalität deutlich verschwimmt, was die parasoziale Interaktionssituation qualitativ verändert130.

Während Ersteres zwar einen implizit reziproken Prozess darstellt, der aber an der Einseitigkeit einer Massenkommunikationssituation131 nichts ändert, ist letztere Situation als explizit reziprok zu bezeichnen und bedarf einer besonderen Analyse bezüglich parasozialer Interaktion, die an dieser Stelle nicht durchgeführt werden kann.

2.1.3 Rollenübernahme

Zentraler Bestandteil der parasozialen Interaktion ist die hypothetische Rol- lenübernahme bzw. das Nachvollziehen fiktiver Figuren132, das auf Per- spektivenverschränkung zwischen Paraperson und Rezipient beruht133. Der Rezipient versetzt sich selbst in die Lage des medialen Gegenübers und nimmt sich aus dessen Perspektive wahr, um sich und sein Handeln zu be- urteilen und zu gestalten. Da die Paraperson nicht direkt bezüglich des Re- zipienten agiert, sondern in Bezug auf ein anonymes, disperses134 Publi- kum, ist Verständlichkeit und persönliche Relevanz der Paraperson Vor- aussetzung für parasoziale Interaktion. Nicht zuletzt muss sie über ein Ver- haltensrepertoire verfügen, das dem Rezipienten die Übernahme seiner Perspektive erlaubt135.

Damit bietet parasoziale Interaktion dem Zuschauer durch probeweise Rol- lenübernahme die Möglichkeit zur Entwicklung und Einübung neuer Verhal- tens- und Rollenmuster, die u.U. in der Alltagswelt nicht praktiziert werden können. Durch die Reflexion eigener Handlungsentwürfe an der Paraper- son kann folglich Massenkommunikation als Arbeit an der eigenen Identität verstanden werden.

2.1.4 Identifikation

Das Aneignen des Denkens und Handelns einer Person in der medialen Kommunikation folgt den selben Mustern wie die „(...) Identifikation in der Face-to-Face-Situation des Alltags“136, ist aber keinesfalls damit identisch. Soweit zu sehen ist, folgen die Autoren generell der Annahme, dass me- dienvermittelte Kommunikation als innerer Dialog aufzufassen ist, der durch hypothetischen Perspektivenwechsel die „Identität der Beteiligten konstitu- iert.“137.

Im Gegensatz zur primären Sozialisation ist die Identifikation in der sekun- dären Sozialisation durch Distanz und Reflexion gekennzeichnet138, was - bezogen auf die parasoziale Interaktionssituation - als „(...) bewußte Illusion einer Face-to-Face-Beziehung (...)“139, bzw. als Identifikation auf Abruf ver- standen werden kann, womit die Möglichkeit besteht, „(...) mit den gezeig- ten Verhaltensmustern zu spielen (...)“140. Ironischer Umgang mit Medien- akteuren kann danach als Identifikation verstanden werden, die nur durch- zuhalten ist, „(...) wenn sie durchbrochen wird (...)“141. Die Übernahme einer Paraperson kann sich deshalb auch nur auf bestimmte Aspekte beziehen, die durch die gegebene Distanz auch negativ beurteilt werden können. Das Interesse an „J.R“ aus der Serie „Dallas“ zeigte das beispielhaft142.

Dass eine Etablierung von Bindungen an Medienfiguren durch den Zu- schauer tatsächlich stattfindet, konnte z.B. Gleich nachweisen143. Er verglich sieben Beziehungsdimensionen wie Vertrauen, Charakter und n- tellektuelle Anregung zwischen den Befragten und einem guten Freund, ei- nem Nachbarn und einer TV-Person144. Zwar lagen die meisten Ergebnisse unter den Werten eines „guten Freundes“, aber die Annahme, dass Zu- schauer überhaupt Beziehungen zu TV-Personen aufbauen, ist offensicht- lich begründet.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die soziale Beziehung zu einem „guten Nachbarn“ durchaus durch die zu einer Lieblings-TV-Person über- troffen werden kann145. Die damit verbundenen positiven Gratifikationen können sich z.B. auf die Reduktion negativer Emotionen wie Einsamkeit oder mangelnde soziale Wertschätzung auswirken. Bei der Analyse der Nutzungsmotive146 zeigte das Interesse an bestimmten Personen im TV im Vergleich zu anderen Nutzungsmotiven die höchste Korrelation147. Die be- sondere Personenorientierung bei der TV-Rezeption findet einerseits bei der Produktion von Medieninhalten Berücksichtigung148, auf der anderen Seite scheint dies mit Blick auf die theoretische Konzeption von parasozia- ler Interaktion nur plausibel.

2.1.5 Parasoziale Interaktion und subjektive Wirklichkeit

Konnte im Kapitel III auf der Basis des symbolischen Interaktionismus eine Theorie der Wissenssoziologie vorgestellt werden, die Interaktionen als Bindeglied von objektiver und subjektiver Wirklichkeit begreift, weisen die Ausführungen an dieser Stelle auf die Funktion der Fernsehrezeption als eine Form der kommunikativen Aneignung von Wirklichkeit hin.

Parasoziale Interaktionen integrieren demnach das Individuum und die me- dialen Anderen in einer oben schon gekennzeichneten Form. Insbesondere das reziproke Verhältnis der Vis-à-vis-Situation ist nicht gegeben. Daher kann - zunächst - auch nur der Rezipient durch parasoziale Interaktion die Fernsehbotschaft als „(...) Deutungsmuster der Welt (...)“149 für sich selbst nutzbar machen.

Baut sich eine parasoziale Beziehung auf, die durch Relevanz und ver- gleichbares Rollenrepertoire gekennzeichnet ist, tendieren die Individuen besonders dazu, „(...) ihre Einschätzungen und Bewertungen der Realität vom Vergleich anderer Individuen abhängig zu machen.“150.

Parasoziale Interaktion kann daher als „(...) Fortsetzung sozialer Erfahrung auf ganz anderer Ebene (...)“151 verstanden werden, die in den „(...) situati- onalen Rahmungen des Alltags (...)“152 stattfindet und Bestandteil der sub- jektiven Wirklichkeit wird. Obwohl durch deutliche Unterschiede gekenn- zeichnet, ist diese Interaktionsform eine Art sozialer Interaktion, die durch zunehmende Rezeptionszeiten153 eine nicht zu vernachlässigende Interak- tionsform darstellt, deren Bedeutung für die Prozesse der subjektiven Reali- tätskonstruktion wahrscheinlich entsprechend ansteigen wird.

2.1.6 Personalisierung

Galtung und Ruge haben bereits 1965 in ihrer Nachrichtentheorie Persona- lisierung als einen von zwölf Nachrichtenfaktoren identifiziert154. D.h., dass Ereignisse, die in einem hohen Maß Handeln und Schicksal von Personen betreffen, besonders gute Chancen haben, als Nachrichten in den Mas- senmedien zu erscheinen. Personalisierung meint aber auch die Darstel- lung von Ereignissen anhand von Personenschicksalen, da - wie der Re- dakteur von „Retter“ meint - „... die Geschichte vielmehr Glaubwürdigkeit und Authentizität bekommt ...“155. Empirisch konnte diese Vermutung durchaus bestätigt werden. Besonders die Darstellung eines Unglücks durch Betroffene „(...) verlieh ihnen Kompetenz und Glaubwürdigkeit, die durch keinen Titel und kein Diplom so schnell aufzuwiegen war.“156.

Auch Spielfilme und Serien lassen sich durch einen hohen Grad an Perso- nalisierung charakterisieren157. Sie sind in aller Regel über und mit Menschen, die als Protagonisten mit stabilen Charakteren eine zentrale Funktion in der Geschichte ausmachen. Daher ist es nur plausibel, dass Personalisierung als mediales Gestaltungsmittel zur Etablierung stabiler Beziehungen zu Medienfiguren (parasoziale Beziehungen) von den Medienproduzenten angestrebt wird. Die Story ist um Stars als Ankerpunkte158 konzipiert, was die Perzeption und Rezeption des Medieninhaltes durch den Zuschauer verbessert und vereinfacht159.

Personalisierung kann als ein Kennzeichen von Medienprodukten verstan- den werden, das für parasoziale Interaktion und Beziehung Voraussetzung ist, denn damit wird erst der parasoziale Interaktionspartner präsent. Auch unter dem Kriterium des „lebensweltlichen Bezugs“ von Medien, der im nächsten Kapitel vorgestellt wird, deuten sich verstärkt Personalisierungs- tendenzen an.

2.2 Medien und die Entwicklung zum lebensweltlichen Bezug

In den Medien ist die Tendenz erkennbar, vermehrt „lebensweltliche Bezü- ge“ zu schaffen. Einige Indikatoren dafür werden im Hinblick auf die aktuel- le Situation in der Medienlandschaft im Weiteren vorgestellt und mit Bei- spielen verdeutlicht. Es soll die historische Entwicklung, aus der das mo- mentan viel diskutierte und populäre Fernsehereignis Big-Brother erwach- sen ist, erhellen.

Reality-TV160, Daily Talk, Beziehungsshows, Spielshows, Suchsendungen, Reality-Doku und Gerichtshows erlebten mit der Einführung des dualen Rundfunksystems und damit der kommerziellen Sender161 in der BRD ei- nen regelrechten Boom. Als Merkmal zur Abgrenzung bis dato vorhandener TV-Sendekonzepte lässt sich eine lebensweltliche Orientierung feststellen.

2.2.1 „ Real-People “ in den Medien

Die Talkshow greift gezielt Teilbereiche des Alltags der Kandidaten auf, thematisiert sie und wirkt u. U. auf sie zurück162. Fromm spricht von intimen Formaten 163, die immer tiefer in ehemals private Bereiche vordringen und die persönlichen Belange unprominenter Kandidaten in einem meist live- artigen Stil inszenieren. In Quizsendungen und Spielshows kann von einer Funktionalisierung der Kandidaten im Sinne des Wettbewerbs gegeneinan- der gesprochen werden, zwar bemerkt Fromm auch hier eine Entwicklung, „(...) dass bei der Produktion von Spielshows zunehmend persönliche, ins- besondere Beziehungsaspekte bedeutsam werden, die die Selbstdarstel- lung und Innenperspektive der Kandidaten in den Mittelpunkt stellen.“164.

Im Gegensatz dazu inszeniert die Talk-Show primÄr „Menschen wie du und ich“ und zwar nicht als Kandidaten oder Spielfiguren, sondern als Menschen, die selbst Protagonisten ihrer authentischen Geschichte sind und ihre persönlichen Belange medial offenbaren. Ein alltagsnaher Kommunikationsstil165 in einer live-artigen Inszenierung suggeriert Intimität und Authentizität, die besonders durch die geringe Medienerprobtheit und hohe emotionale Involviertheit Nachdruck erhält.

Emotionalität zeigt sich nicht nur in diesen Formaten, wenn gestritten, ver- söhnt, Liebe oder Hass offenbart wird, sondern lässt sich auch in den zum Informationsbereich zuzurechnenden Sendungen erkennen. Infotainment- Magazine (z.B. „Taff“ (PRO7), „stern TV“ (RTL), „Brisant“ (ARD, MDR)) präsentieren tagesaktuelle Meldungen, in denen der authentische promi- nente wie unprominente Betroffene und sein eigenes, zuweilen sehr per- sönliches Erlebnis in häufig subjektiv gefärbter und stark emotionaler Art in den Mittelpunkt gerückt wird. Personalisierung 166 als Merkmal des Medien- produktes findet sich entsprechend auch hier wieder, indem Themen und Sachverhalte über Personen vermittelt werden.

Big-Brother Star Zlatko Trpkovski oder Regina Zindler (Stacheldrahtsong) sind beste Beispiele für Personen wie „du und ich“, die für einen Augenblick im Rampenlicht der Medien stehen und suggerieren: „Ich bin ein ganz nor- maler Mensch und das kann jeder erreichen“167. Andy Warhol brachte es bereits 1968 auf den Punkt: „In the future everybody will be world famous for 15 minutes“168. Auch Selbstinszenierung durch das Internet scheint dem zu entsprechen.

Als „Überdosis Realität“169 betitelte „Der Spiegel“ die Welle realitätsbezogener TV-Formate - es wird sich zeigen ob sie sich langfristig etablieren können. Momentan ist das Interesse an „Real-People-Formaten“ sowohl der kommerziellen wie auch der privaten Sender riesig170.

Lebensweltlichen Bezug schaffen auch Soaps wie z.B. die „Lindenstraße“. Durch hohe raumzeitliche Konstanz und periodische Ausstrahlung werden sie zum ständigen Begleiter des Rezipienten, der sie in habitualisierter Form rezipiert. Der Aufgriff gesellschaftsrelevanter Probleme171 und die Adaption von realen Ereignissen wie Wahlen, Feiertage oder Sportwettkämpfe schafft gemeinsame Verknüpfungspunkte zwischen dem Leben der Medienfiguren und des Rezipienten.

2.2.2 RezipientenaktivitÄten

Bei der Show „Geld für dein Leben“172 kommt es zu einer konkreten Vermi schung von Medienprodukt und Rezipientenwelt: Die besten selbstproduzierten Aufnahmen der 14 Kandidaten werden nach Auswahl gesendet und mit zehn DM pro Sekunde vergütet. Fernsehen und Amateurfilm gehen in diesem Format eine Symbiose ein. Die individuellen Aktivitäten des Rezipienten werden Bestandteil des medialen Produktes.

Nicht nur TV-Sendungen oder Talk-Radio173 integrieren Rezipienten- feedback durch vielfältige Möglichkeiten wie Telefon, Fax und E-Mail.

Mittlerweile kann der gesamte Ablauf einer Radiosoap bestimmt werden174 oder die Netzgemeinde ist - als gewinnbringendes Spiel - auf „Menschenjagd im Internet“175.

2.2.3 Individual- und Medienkommunikation

Lebensweltlicher Bezug der Medienrealität drückt sich zunehmend durch die Verschränkung von Alltags- und Medienkommunikation176 aus. Die Ka- tegorie „neue Medien der Massenkommunikation“ schiebt sich zwischen die klassischen Kategorien der Individual- und Massenkommunikation und weicht deren Grenzen deutlich auf177. Sowohl für die oben behandelten Formate des Fernsehens, wie auch für die Entwicklung der neuen Medien lässt sich daher folgern, dass die ehemals zweifelsfreien Konstrukte „privat“ und „öffentlich“ gerade an ihren Grenzen die prinzipielle Unterscheidbarkeit verloren haben. Kontroversen über Exhibitionismus vor der Kamera und Voyeurismus vor dem Fernseher zeugen nicht erst seit Big-Brother da- von178.

Gerade das Internet verbindet mediale Individual- und Medienkommunika- tion179 und ist geradezu geschaffen für Selbstinzenierungsstrategien durch Veröffentlichung individueller Biographien, Fotos oder Live-Bilder via Web- Cam. Mediale Präsenz kann, nun nicht mehr nur für Prominenz bestimmt und der breiten Bevölkerung vorenthalten, zum individuellen Existenzbe- weis schlechthin werden. Folgt man der These Baudrillards von einer voll- ständigen Simulation der Realität durch Medien (Hyperrealität), ist Existenz nur noch durch mediale Präsenz möglich und bewiesen180. Das große Inte- resse an der Teilnahme an Talk-Shows und Big-Brother181 ließe die Inter- pretation zu, dass Identität und individuelle Existenz erst durch mediale n- szenierung entsteht. Für Prominente gilt in jedem Fall: „Wenn nicht über mich geschrieben wird, bin ich nicht“182.

2.2.4 RealitÄtskonstruktion und der lebensweltliche Bezug

Wurde in Kapitel III.2.3 die Steigerung der Signifikanz der Interaktionspartner zur Wirklichkeitssicherung beschrieben, indem auf die Relevanzstruktur des Individuums eingegangen und möglichst mit Affekt aufgeladen wird, so kann an dieser Stelle die Vermutung formuliert werden, dass in den Medien bewusst Strategien angewendet werden, um das Verhältnis zwischen Medienfiguren und Rezipienten signifikant zu gestalten.

Es konnte der steigende Anteil von „Menschen wie du und ich“ als zentraler Bestandteil diverser Medienprodukte, insbesondere der Real-People- Formate gezeigt werden, womit die Pseudo-Interaktionspartner dem Rezi- pienten ebenbürtig sind. Medienakteure sind - in diesen Formaten - keine professionellen, bezahlten Schauspieler, Entertainer oder Nachrichtenspre- cher mehr, sondern es sind Menschen wie jedermann. Damit wird das An- gebot an möglichen, gleichwertigen Interaktionspartnern in den Medien deutlich erweitert. Auch wird dem Rezipienten ständig die Möglichkeit offe- riert, als Kandidat, Bewohner oder Quizpartner dabei zu sein, also als n- teraktionspartner zu partizipieren. Auf diese Weise gleichen sich die Men- schen in den Medien und die Möglichkeiten, mit ihnen zu interagieren (nämlich: „einfach anrufen, Faxen etc.“), immer mehr der alltäglichen Inter- aktionsform an.

Die möglichen Arten der Emotionalisierung von Medienprodukten wurde nur kurz angerissen und bedürften einer eigenen Untersuchung. Doch ist es wahrscheinlich, dass durch emotional aufgeladene und personalisierte Darstellungsweisen, die häufig Probleme thematisieren, die den Rezipienten betreffen, der Relevanzgrad deutlich erhöht wird. Gerade Film und Fernsehen bieten durch audio-visuelle Reizmuster die Möglichkeit affektgeladener Darstellungen wie keine anderen Medien183.

Durch den Einbezug realer gesellschaftlicher Ereignisse in Soaps wird auf (mögliche) Erfahrungen des Rezipienten verwiesen, die als gemeinsame Bezugspunkte zwischen Rezipientenwelt und Medienwelt zu werten sind. Indem Rezipientenaktivitäten über Formen der Interaktivität zum Bestandteil des medialen Produktes werden, wird auf einen gemeinsamen - sozusagen außenstehenden - Bezugspunkt verzichtet. Es erfolgt vielmehr eine entäußernde Objektivierung direkt in den entsprechenden medialen Raum. Internetsoaps kennzeichnen wohl erst den Anfang einer Entwicklung, in der die subjektive Wirklichkeit des Rezipienten über Interaktionen in und mit den Medien eine Objektivierung erfahren kann184.

Führt man sich den Doppelcharakter der klassischen Medienrezeption vor Augen, dass zwar Wirklichkeit - entbunden vom Selbstdarstellungsdruck - internalisiert werden kann, aber nicht durch Externalisierung objektiviert werden kann, so ist die Tatsache, in „die Medien“ gelangen zu wollen, als Drang zur Objektivierung eigener Aktivitäten zu interpretieren.

Wird dieser Denkansatz konsequent weitergeführt und die beobachtete Verschiebung von Vis-á-vis-Interaktion zu medial vermittelten Interaktionen unter der Perspektive der Wirklichkeitskonstruktion betrachtet, dann wird Wirklichkeit in steigendem Maße durch medial vermittelte Interaktion ent- stehen. Ob in letzter Konsequenz nur noch mediale Interaktion Wirklich- keitskonstruktion bedeutet, scheint m.E. zweifelhaft, denn damit wäre der wirklichkeitskonstruierende Effekt der Vis-à-vis-Interaktion nicht mehr exi- stent. An dieser Stelle kann dieser Zusammenhang nicht weiter diskutiert werden, aber es gibt Zeichen, die die Bedeutung medialer Präsenz für die individuelle Existenz betonen.

2.2.5 Fazit

Alltagsnaher Kommunikationsstil „normaler Menschen“, Live-Charakter und Intimisierung der medialen Kommunikation185 und verschiedenste interakti- ve Möglichkeiten des Feedbacks steigern die authentische Qualität des Medienproduktes. Der Authentizitätsanspruch scheint für einige Produkte wesentlicher Garant für dessen Erfolg zu sein. Wurde oben (III.2.1.1) von

Anonymität mit steigendem Abstand der Interaktion zur Vis-à-vis-Situation gesprochen, lässt sich damit die Vermutung begründen, dass gerade Au- thentizität, oder, um es genau zu formulieren, das Bemühen um Authentizi- tät die Künstlichkeit der medialen Interaktionssituation reduziert und so - zumindestens scheinbar - in die Nähe der Vis-à-vis-Situation bringt.

Lebensweltlicher Bezug der Medien kann als Entwicklung verstanden wer- den, durch authentische personalisierte und emotionalisierte Interaktionssi- tuationen die Nähe der Medien zum Individuum zu verringern und die Be- ziehung mit Relevanz aufzuladen. Diese Strategien deuten auf die Simula- tion von alltagsnaher Wirklichkeit, bzw. auf vielfachen Bezug zur realen All- tagswirklichkeit hin.

3. Zusammenfassung

Die vorgestellten Ansätze zur Realitätsvermittlung durch Massenmedien deuten auf die Vielschichtigkeit des Phänomens hin, die sich auch in der Vielfalt theoretischer Konzepte widerspiegelt. Das Phänomen lässt sich demnach nur aus einer expliziten Erklärungsperspektive analysieren, dem bestimmte Grundannahmen zugrunde liegen.

Die gewählte symbolisch-interaktionistische Perspektive legt das Konzept der parasozialen Interaktion nahe, um Prozesse der Realitätskonstruktion durch Interaktionen mit Parapersonen - vergleichbar mit „realen“ sozialen Interaktionen - theoretisch zu erfassen. Durch den Aufbau parasozialer Beziehungen werden dem Rezipienten unter entlastenden Bedingungen Wirklichkeitsinterpretationen offeriert, die er sich unter Einbezug seiner Identität verfügbar machen kann, aber nicht muss.

Durch intensive lebensweltliche Bezüge steigern die Medien immer mehr den Alltagsbezug im Bemühen um Authentizität. „Wirkliche Menschen“, die unter - scheinbar - realen Bedingungen in und mit Medien agieren, konnten innerhalb verschiedener Medienprodukte vorgestellt werden. Der Aspekt der Personalisierung verdeutlicht die Tragfähigkeit des Konzeptes der parasozialen Interaktion. Parapersonen als vermeintliche „natürliche“ Andere bieten ein permanent präsentes, parasoziales Interaktionsumfeld, das in steigendem Maße in Bezug zur Alltagswirklichkeit steht.

V Das Fallbeispiel Big-Brother

Big-Brother ist eine von der niederländischen TV-Produktionsfirma Endemol produzierte Real-Life-Soap. Nach einem überraschendem Erfolg in den Niederlanden186 startete Big-Brother am 28.02.2000 in Hürth bei Köln und endete am 09.06.2000.

1. Die Regeln

Fünf Frauen und fünf Männer lebten 100 Tage in einem hermetisch abgeschirmten Wohncontainer und Garten. Die Bewohner wurden ständig von über 28 Kameras und 60 Mikrofone begleitet, jeden Abend wurde ein Zusammenschnitt des vorherigen Tages von 20.15 Uhr bis 21.00 Uhr auf RTL2 gesendet. Jeweils sonntags folgte ein Wochenzusammenschnitt und „Der Talk“ mit Einspielern, Talk und Gästen.

Die Bewohner hatten sich vorher niemals getroffen, jederzeit konnten sie das Haus verlassen, womit allerdings das Spiel für denjenigen beendet war. Jeden zweiten Sonntag gab jeder Bewohner anonym eine Nominie- rung für den Auszug eines Bewohners ab. Das Fernsehpublikum konnte zwischen den beiden Höchstnominierten eine Woche lang per TED wählen und damit endgültig den Auszug einer Person veranlassen. Wer bis zuletzt durchgehalten hatte, erhielt die Siegerprämie von DM 250.000,--. Das Le- bensprinzip lautete „Back to the Basics“, es gab keinen Luxus oder Kom- fort, es mußte gesät und geerntet, Holz gehackt und gebacken werden.

Außerdem stand ein kleines Budget zu Verfügung, über das die Gruppe gemeinsam entschied, um sich beispielsweise mit Lebensmitteln oder Ziga- retten einzudecken, die dann durch eine Warenschleuse in den Container gelangten. Durch erfolgreich erledigte Wochenaufgaben (z.B. auf einem Trimm-dich-Rad virtuell durch ganz Deutschland fahren), konnte weiteres Geld verdient werden. Täglich mußte jeder Bewohner ohne das Dabeisein anderer Bewohner in das schalldichte „Sprechzimmer“ und ein Statement über die Situation im Haus, Nominierungsentscheide oder ähnliches abge- ben,187.

2. Boykottforderungen und Quoten

Noch vor der ersten Ausgabe gab es heftige Kritik an dem neuen TV- Format von Medienwächtern und Politikern, Aufrufe zum Verbot und Boy- kott brachten damit das Thema in die öffentliche Diskussion. Auch die Presse beurteilte kritisch und konform, meistens in einer moralisierenden Art188.

Die sowohl in Europa als auch in den USA vorhandenen teils heftigen Kon- troversen in der Öffentlichkeit deuteten einen Konflikt zwischen der kriti- schen nicht-mediensozialisierten älteren Generation und der liberal - aufge- schlossenen „GZSZ-Generation“189 an. Auch die Zusicherung von RTL2, für eine Stunde die Kameras in einem Raum abzuschalten190, was aber die Bewohner mit dem Argument ablehnten, es verstoße gegen die Spielre- geln, kann als weiterer Hinweis für diesen Konflikt interpretiert werden.

In den ersten Wochen nach dem Start passierte nichts Außergewöhnliches, womit die Kritik weitgehend verstummte. Mit den ersten Konflikten stieg auch die Quote und erreichte mit dem Besuch des TV-Stars Verona Feld- busch den Spitzenwert von 7,51 Mil. Zuschauern191. Durch den Erfolg konnte Endemol das Sendekonzept fast unverändert an TV-Sender in Spa- nien, der Schweiz, Großbritannien, Portugal und, als das erste TV-Produkt, das von Ost nach West den Atlantik überquert, in die USA verkaufen192. In Schweden und Belgien sind Staffeln geplant, die Termine für die zweite Staffel in Deutschland und den Niederlanden stehen bereits fest. Die spa- nische Big-Brother Sendung Gran-Hermano, die auch bereits abgeschlos- sen wurde, war ein ähnlicher Erfolg wie in Deutschland mit anfänglichen Spitzenzuschauerzahlen von 7,1 Mil., „ (...) ein Rekord, den höchstens Hochzeiten der spanischen Königsfamilie noch brechen können.“193.

Insgesamt lösten Sehbeteiligungen der 14-29-Jährigen von über 40% und der 14-49-Jährigen von ca. 20% RTL2 aus der zweiten Liga der TV-Sender. Auch die Big-Brother Internetseite spiegelt den Erfolg wider: Sie wurde zur meist aufgerufenen Seite Europas194. Grundsätzlich war der Erfolg in den anderen Länder vergleichbar.

Ein weiteres Kennzeichen des Fernsehereignises Big-Brother waren volks- festartige Menschenansammlungen, wie es normalerweise nur von Groß- veranstaltungen wie Fußballspielen oder Rockkonzerten bekannt ist. Kara- wanen von Fans pilgerten zu den Ein- und Auszügen der Container- Bewohner nach Hürth, um ihre Sympathien für bestimmte Bewohner zu be- kunden, durch Buh-Rufe Bewohner zur Aufgabe zu bewegen oder um in den Container einzudringen195. Jedenfalls mußten, für Fernsehereignisse untypisch, die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden, um dem Aktivi- tätsdrang Einhalt zu gebieten.

3. Die Medienkarriere eines Medienproduktes

Der Beginn der außerordentlichen Karriere von Big-Brother war vermutlich die oben bereits kurz erläuterte Diskussion um das neue TV-Format und eine Werbekampagne, die durch Trailer (Programmankündigungen) innerhalb des Programmes von RTL2 und einer groß angelegten Plakataktion realisiert wurde. Die einzige vorliegende Information über die Werbekampagne besteht darin, dass zehn Mio. Mark für Werbung und Marketing ausgegeben wurden196. Damit kann man davon ausgehen, dass eine gewisse Einführung des Themas stattgefunden hat.

Die Verbreitung von Big-Brother durch Verbots- und Boykottforderungen war indirekter, denn es ging primär um eine moralische Fragestellung bezüglich eines Medienproduktes. Es handelte sich bei den Kritikern um re- lativ hochkarätige Persönlichkeiten aus Politik, Religion und Medien, die mit dem Thema an die Öffentlichkeit traten, wodurch es sich etablierte. Sie sa- hen darin einen Verlust der Menschenwürde, die „(...) zum bloßen Objekt degradiert (...)“197 werde und schlussfolgerten, dass das „Menschenexperi- ment“198 „(...) unvorhersehbare psychische Folgen für die Kandidaten (...)“199 habe. Ohne an dieser Stelle die Diskussion inhaltlich aufzunehmen, lässt sich festhalten, dass Sender wie auch Sendung genannt wurden und ihren Bekanntheitsgrad steigern konnten. Inwieweit RTL2 durch Pressemit- teilungen, es könne im Wohncontainer zu Drogenexessen und Gruppensex kommen, denen begegnet werden müsse200, die Diskussion förderte, kann nur vermutet werden.

Selbst das renommierte deutsche Nachrichtenmagazin Tagesschau im Leitmedium Fernsehen widmete am 06.03.2000 Big-Brother eine Meldung. Die relativ hohe Quote der ersten Tage201 scheint die These zu bestätigen, dass sowohl die Werbekampagne als auch die Presseaktivitäten im Rah- men der öffentlichen Diskussion den Bekanntheitsgrad steigerten und damit das Interesse forcierten.

Im Laufe der folgende Wochen wurde es ruhiger um Big-Brother, Lange- weile wurde mit niedrigen Quoten quittiert. Die Präsenz in der Presse ver- ebbte und verließ die moralische Fragestellung. Zwar war noch ein kriti- scher Unterton wahrzunehmen, aber ein Verbot stand nicht mehr zur De- batte. Die Wende wurde durch die zunehmende Popularität von Zlatko Trpkovski (Sladdi), einem Bewohner der TV-WG, eingeleitet. Zwar musste er das Haus am 09.04.2000 verlassen, damit war aber nur der Beginn einer bemerkenswerten Medienkarriere202 gekennzeichnet. 5000 Fans vor Ort und 4,7 Mio. Fernsehzuschauer, ein seit Bestehen von RTL2 unerreichter Wert, konnten die Geburt des Medienphänomens „Sladdi“ beobachten203. Laut „Bild“-Zeitung wurde über Nacht aus dem „TV-Knast: (der) Schwerste psychische Schäden für TV-Zuschauer (hervorrufen kann)“ ein Spaß für die ganze Nation204.

Es geschah das, was sich RTL2 nur wünschen konnte: Big-Brother war in aller Munde und Begriffe wie Hype und Kult wurden selbstverständlich zur Beschreibung genutzt. Auch distanzierten Presseorganen war es zu die- sem Zeitpunkt unmöglich, Big-Brother zu ignorieren. Das öffentliche Inte- resse an dem Thema übte auf alle Medien Druck aus, sich seiner anzu- nehmen. Im Folgenden eine Auflistung der redaktionellen Presseresonanz auf Big-Brother. Sie stellt eine Auswahl dar und es ist zu vermuten, dass bei einer Totalerhebung ein Vielfaches an Artikeln gefunden werden würde.

Tabelle 1:

Auswahl aus Beiträgen und Artikeln zu Big-Brother, bis 25.06.2000:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grundsätzlich wurden keine Tageszeitungen und Nachrichtensendungen mit in die Liste aufgenommen, wobei z.B. „Bild“ und „Express“ annähernd täglich über Big-Brother berichteten, andere Tageszeitungen verhielten sich vielleicht etwas zurückhaltender, aber generell, und das gilt auch für das Radio, wurde Big-Brother in allen Medien thematisiert. Immer häufiger wa- ren Meldungen, die sich mit den allgemeinen PresseaktivitÄten 205 beschäf- tigten.

4. Die mediale Präsenz der Ex-Bewohner

Damit war eine neue Qualität der Big-Brother Medienkarriere gekennzeichnet. Nicht nur, dass es sich um Verweise innerhalb des Pressewesens in selbstreferentieller Art handelt, sondern die Berichterstattung fand auf einer weiteren Metaebene statt: Medien berichteten über die Berichterstattung der Medien bezüglich eines medialen Ereignisses.

Das sukzessive Ausscheiden der Kandidaten lieferte immer weiteren Stoff zur medialen Verarbeitung. Es blieb aber nicht bei Auftritten in diversen Talkshows, Interviews, Artikeln und Beiträgen in sämtlichen Medien, son- dern einige der Kandidaten schafften den Sprung vom Objekt des medialen Interesses zum aktiven Subjekt innerhalb der Medien. Das deutet auf die selbstreferentielle Verwertungsstruktur innerhalb verschiedener Medien hin. Folgende Beispiele stehen stellvertretend für die weitere mediale Nutzung von Bekanntheitsgrad und Beliebtheit der Ex Big-Brother Bewohner:

➱ „Slatkos Welt“, 7 Folgen auf RTL2, Start 17.04.2000206

➱ „Die Wache“, Nebenrolle von Slatko207

➱ „Call TV“, auf RTL2 Gameshow mit Kerstin und Manuela, täglich im Vormittagsprogramm208, ca. ab 01.08.2000 nur noch mit Manuela

➱ „Fit For Fun TV“, Vox Magazin mit Alex209

➱ „Mr. Boogie“, Kinofilm mit Zlatko, der Ende des Jahres in die Kinos kommen soll210

Die Presseresonanz zu Big-Brother, wie sie bisher dargestellt wurde, war noch vor dem Start der Show durch ein auffälliges Merkmal gekennzeichnet, das im Weiteren erörtert wird.

5. Der ironisierende Unterton und Bezüge auf die Big- Brother Welt

Persiflagen und Parodien auf Big-Brother, die nicht einfach das Bewusstsein bezüglich bestimmter Informationen aktualisieren, sondern durch Hinweise und Anspielungen bewerten und zu völlig anderen Bedeutungskomplexen Beziehungen aufbauen, waren häufig zu finden.

„Zu "Big-Brother" sind inzwischen eine Reihe Persiflagen in Funk und Fern- sehen gestartet. Auch die Ankündigung einen (...) Mann 100 Tage lang in die Kellerräume des (Radio) Senders einzusperren, hat sich inzwischen als Werbegag entpuppt.“211. Eine Verarbeitung des Big-Brother Themas in o.g. Art zeigt das selbstverständliche Voraussetzen bestimmter Wissensele- mente, z.B. die Existenz der Show an sich, der Regeln oder Eigenschaften bestimmter Bewohner.

Der provokative Aktionskünstler Christoph Schlingensief ging noch einen Schritt weiter, denn er brachte vom 11. bis 17. Juni zwölf gespielte Asylbe- werber in einem Container vor der Staatsoper Wien unter, die rund um die Uhr über Fernsehkameras im Internet gezeigt wurden212. Das Publikum konnte per TED die - ebensfalls gespielte - Abschiebung veranlassen. Als Kritik am ausländerfeindlichen und rechtsorientierten politischen System Österreichs und Jörg Haider wird mit dieser Aktion auch Bezug auf die eu- ropäische Fernsehrealität genommen und parodiert. Damit werden für den durchschnittlichen Big-Brother Interessierten völlig neue Themen und Fra- gestellungen an die Real-Live-Soap gekoppelt, welche kognitive Aktivitäten, wie Bewertungen und Interpretationen voraussetzen.

Auch unzählige zoologische Persiflagen der Medien, z.B. Pic Brother 213, sind aufgetaucht und zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung der Medienproduzenten und -rezipienten mit dem Thema214.

Für diese Kategorie des Responses auf ein mediales Ereignis ein letztes schlichtes Beispiel, gefunden Anfang August 2000 an der Werstener Kirche in Düsseldorf.

Als Einladung zur „Jugendwall- fahrt 2000“ operiert dieses Plakat mit dem Big-Brother- Logo in abgewandelter Form. Hier werden zwei lebensweltli- che Bereiche verknüpft, die auf den ersten Blick diametral ge- genüberstehen: Aus Big- Brother wird Big Father.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Rückgriff auf gemeinsame Merkmale wie Allwissenheit und Omnipotenz kann nur durch eine intensive Einbettung des Phänomens Big-Brother in vorhandene Wissensstrukturen erfolgen. Das Beispiel kann die ubiquitäre Präsenz von Big-Brother illustrieren.

Insgesamt lässt sich die Durchdringung der Öffentlichkeit mit Symbolen aus der Big-Brother-Welt konstatieren. Big-Brother wurde für unterschiedlichste Bedeutungszuweisungen genutzt, auch in gesellschaftlichen Kontexten, die keinerlei Beziehungen zum Big-Brother-Medienereignis hatten.

Die Beiträge und Verweise auf Big-Brother, zunächst redaktioneller Art, lie-ßen sich nach qualitativen Unterschieden, wie es die Analyse nahelegt, gliedern.

Denkbar wäre eine Unterteilung wie folgt:215 216 217

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Erhebung der Beiträge nach qualitativer Ordnung setzt eine Kategorienschema voraus, nach dem „(...) die Einheiten des Materials in problemrelevante Dimensionen codiert werden (...)“218. Notwendig wäre eine Totalerhebung aller medialen Einheiten und Symbole der Big-Brother Welt im Zeitraum vor, während und nach der Laufzeit von Big-Brother, anschließend eine entsprechende Vercodung, um dann die Untersuchung in eine quantitative Analyse zu überführen. Das wäre ein nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten unmögliches Unterfangen.

Allerdings wäre damit, besonders unter dem Aspekt der zeitlichen Gliederung, eine Rekonstruktion der Kommunikationsdynamik möglich, um Zusammenhänge des Mediensystems - z.B. unter dem Aspekt des Selbstbezuges - zu analysieren. Auch könnte damit der Frage nachgegangen werden, inwieweit die moralische Diskussion die Popularität gesteigert und redaktionelle Beiträge - auch wenn sie negativ und kritisch gefärbt waren - einen positiven Effekt auf den Bekanntheitsgrad gehabt haben.

Schon hier lässt sich erahnen, dass der Big-Brother-Boom durch eine in- termediale Präsenz in Presse, Internet und Fernsehen zustande kam. Der Erfolg von Medienprodukten, so lässt sich im Weiteren vermuten, hängt besonders vom Zusammenwachsen verschiedener Medien zu einem multimedialen Komplex ab, in dem wechselseitig Themen aufgegriffen, verarbeitet und erneut bereitgestellt werden. Big-Brother jedenfalls konnte, angeheizt durch die moralisch, öffentliche Debatte, einen maximalen Bekanntheitsgrad erreichen.

6. Die mediale Vermarktungsmaschinerie

Die mediale Verbreitung von Big-Brother war von Anfang an eng verzahnt mit kommerziellen Interessen wie z.B. der Produktvermarktung. Die nach den Spielregeln nötigen Nominierungen durch Telefonanrufe, die ein we- sentliches interaktives Element in der Konzeption des TV-Produkts dar- stellt, kostete bereits pro Anruf DM 0,97. Am Entscheidungstag haben „Mil- lionen von Fans“219 an der Abstimmung teilgenommen. Laut Endemol gab es für den niederländischen Big-Brother über 4 Mio. Anrufe zur Nominie- rung220. Die Möglichkeit eines Faxabrufs über Informationen, den Grundriss des Hauses u.a., ein Anruf, um Live Ton aus dem Haus zu hören oder ein Gruß-Anruf war für DM 1,21/min zu haben221.

Folgend nun eine Auswahl der Produkte, die im Rahmen des Big-Brother Merchandising vertrieben wurden:

Musik:

➱ Zlatko Maxi-CD „Ich vermiss dich (wie die Hölle)“ DM 11,90 bisher knapp 850 000 mal verkauft222

➱ Maxi-CD Jürgen und Zlatko „Großer Bruder“ DM 11,90 bisher 700 000 mal verkauft223

➱ 3 Generation, „Leb“ (Titelsong) DM 11,99 von 0 auf Platz 1, ca. 700 000 mal verkauft224

➱ Doppel CD, verschieden Interpreten „Big-Brother“ DM 29,90 bisher 200 000 mal verkauft225

➱ Zlatko CD, „Ich bleibe wer ich bin“ DM 27,99 ➱ Alex Maxi-CD „Ich will nur dich“ DM 9,99

Bücher:

➱ Professor Zlatko. Die ganze Wahrheit DM 9,90

➱ Big-Brother, Zlatko, the brain DM 8,90

➱ Big-Brother, Halbzeit DM 19,90

➱ Big-Brother, Die Entscheidung DM 19,90

Verschiedens:

➱ 46 verschieden T-Shirts, Sweat-Shirts u.ä.226

➱ Brettspiel DM 49,90 bisher 50 000 mal verkauft227

➱ Computerspiel DM 29,95228 ab Mitte April auf dem Markt

➱ Zeitschrift „Big-Brother Magazin“, während der Laufzeit alle zwei Wochen erschienen DM 3,20, 1.Ausgabe 320 000 mal verkauft229

➱ Video „Best of Zlatko“ DM 28,99

➱ Video „Die Highlights der ersten 40 Tage“ DM 24,95 bisher 50 000 mal verkauft230

Falls nicht weiter mit Fußnoten versehen, stammen die Preise von www.amazon.de (Zugriff 05.08.2000) und unterliegen möglichen Schwankungen.

Wichtig für die Analyse der Zusammenhänge ist die Tatsache, dass die Präsentation und Herstellung einiger Produkte innerhalb des TV- Ereignisses Big-Brother geschah. Beispielsweise wurde das Big-Brother Lied von den Bewohnern direkt im Haus aufgenommen, wobei diese Sze- nen selbstverständlich in der Tageszusammenfassung gesendet wurden231. Auch das Brettspiel, wovon immerhin 50.000 verkauft wurden, wurde am Tag 24 im Haus eingeführt und von den Kandidaten begeistert gespielt. Big-Brother-Mützen und -Pullover, -Bettwäsche und andere Produkte der Merchandisingpalette tauchten ständig auf und wurden nicht selten domi- nant in Szene gesetzt. In den alltäglichen Spielablauf integriert wurde auch die Produktion des Big-Brother-Videos, dass von RTL2 als Aufgabe 232 ge- stellt wurde und damit die Spielregeln in kommerzieller Art funktionalisierte.

Auch die Einführung des Zlatko-Bieres „Shakesbier“ geschah im Big- Brother-Haus, womit sich die Firma „traditionelle Werbung (..) sparen (kann)“, wie Christian Renfordt von der Brauerei Iserlohn bestätigt, „denn selbstverständlich werden alle Produkte - vom Computerspiel über Regen- jacken bis hin zu Sladdis Shakesbier - ausführlich in den abendlichen Zu- sammenfassungen auf RTL2 bedacht“233. Insbesondere der hohe Anteil an Musik-Artikeln, als konstituierend für die Jugendkultur bezeichnet234, zeu- gen von der zielgruppenspezifischen Konzeption der Merchandisingproduk- te.

Interessant ist auch die Wahl der Gruppe „3. Generation“ für den Titelsong. Alter (um die 20 Jahre), Aufmachung und Songkonzeptionen235 sind auf die junge, Big-Brother interessierte Generation zugeschnitten. Ihr Auftritt in der Daily-Soap "Marienhof"am 08/09.02.00 deckt sich hervorragend mit den Rezeptionsgewohnheiten des Big-Brother Publikums.

VI Realitätskonstruktion und Big-Brother

Das „echte Leute Fernsehen“ hat sich nach Reality-TV und Talkshow nun zur Real-Live-Soap entwickelt. Das Big-Brother-Konzept beinhaltet Muster von Quizshows236 (Sieger und Gewinn) und lehnt sich an Reality-TV Formate237 (alltägliche Handlungen) an. Die 10 Bewohner haben nun nicht mehr, wie es üblich gewesen wäre, einen 30-90 minütigen Aufenthalt im Studio einer Fernsehshow, sondern „leben“ maximal 100 Tage in einem kameraüberwachten, dafür hergerichteten Wohncontainer.

Die folgenden Überlegungen beziehen das populäre Fernsehereignis BigBrother auf das in Kapitel III beschriebene symbolisch-interaktionistische Verständnis von Identitätsbildung und gesellschaftlicher Wirklichkeitskonstruktion. Andere Medienprodukte, insbesondere Serien und Spielfilme werden häufiger zum Vergleich herangezogen, um die Bewertbarkeit bestimmter Merkmale zu verbessern.

1. Inszenierung oder Authentizität?

„Und das wahre Leben wird in Big-Brother noch am e- hesten wiedergegeben, im Gegensatz zu diesen anderen Soap-Serien“ Benni, 17 Jahre, Big-Brother Fan238

Dass Big-Brother nicht ein von professionellen Schauspielern gespieltes, Spektakel darstellt, das nach Drehschluss alle Mitarbeiter in ihre soziale Realität entlässt, ist klar geworden. Allerdings ist Big-Brother auch nicht die soziale Realität, in der das unbeeinflusste Handeln von Personen gefilmt und an ein Millionenpublikum gesendet wird.

Zunächst handelt sich um ein Spiel mit einer bestimmten Menge Teilneh- mern, das nach festgelegten Regeln vollzogen wird und am Ende einen Gewinner hat. Es findet in isolierten Räumen einer TV-Sendeanstalt statt, die es mit Kameras und Mikrofonen aufnimmt und nach weiterer Bearbeitung - von den live-Schaltungen Sonntags abgesehen - täglich sendet. Für die Bewohner hat der Aufenthalt allerdings schon Qualitäten der sozialen Realität, denn sie vollziehen dort alltägliche gewohnte Handlungen wie Essen, Körperpflege und Hausarbeit. Sie wohnen und schlafen im bereitgestellten Container, sprich sie leben dort für maximal 100 Tage.

Dennoch ist die soziale Wirklichkeit von der medialen und spielerischen Ausnahmesituation gekennzeichnet. Die Bewohner wissen um die mediale Weiterverarbeitung, sie befinden sich mit - zunächst - Unbekannten in einer fremden Umgebung, die sie, soweit sie nicht das Spiel vorzeitig beenden wollen, nicht verlassen können.

Ihre Verhaltensweisen lassen sich daher auch des öfteren als kamera- bzw. publikumsgerecht bezeichnen, z.B. durch direkte Ansprache an das Publi- kum und Zuwendung zu einer der Kameras. Solche offensichtlichen Kenn- zeichen „gespielten“ und vom Alltagshandeln unterschiedlichen Verhaltens finden sich allerdings nicht allzu oft. Ob allerdings einer der Bewohner die gesamte Zeit eine Rolle spielt, wie es ein Schauspieler tut, ist auch zweifel- haft.

Einerseits wäre das konträr zum eigentlichen Konzept, daher als eine vor- sätzliche Täuschung zu bezeichnen, die gerne von anderen Medienorga- nen aufgedeckt werden würde239, andererseits ist es fraglich, ob eine Per- son über diesen Zeitraum eine auferlegte Rolle spielen kann, ohne seine „eigenen“, individuellen Verhaltensstrukturen konsequent zu unterdrücken. Es kann daher vermutet werden, dass es immer wieder zu authentischen „Verhaltensausbrüchen“ kommt, die durch spontane, affektive und unwill- kürliche Reaktionen verursacht sind. Die lange Laufzeit und die teilweise geringe Medienerfahrung der Kandidaten wären dafür eine weitere Erklä- rung.

Das Verhalten der Bewohner bewegt sich demnach einerseits auf der Ebe- ne einer alltäglichen, sozialen Interaktionssituation, andererseits auf der Ebene einer kameragerechten, für das Publikum (und auch für die anderen) arrangierten Rolle, die vor allem dem Zweck dient, das Ziel des Spieles zu erreichen. „Die Kandidaten müssen sich sozial verhalten und sich zugleich hervortun“240 schreibt Hügel in Bezug auf verhaltensorientierte Game- shows, in denen Interaktions- und Persönlichkeitsspiele dominieren. Dies gilt durch die extremeren Bedingungen erst recht für Big-Brother. Die Be- wohner agieren daher im Spannungsfeld einer gespielten medialen Figur oder eines authentischen Selbst.

1.1 Ergebnisse einer Internetbefragung und Gruppendiskussion

Das Ergebnis einer qualitativen, nicht repräsentativen Internetbefragung241 bestätigt die Vermischung beider Verhaltensebenen auch bei der Rezeption. Das wesentliche Interesse an Big-Brother wurde relativ übereinstimmend durch einen, im Gegensatz zu den herkömmlichen Daily-Soaps, hohen Grad an Authentizität erzeugt, der auch für Zlatkos Bekanntheits- und Beliebtheitsstatus als Erklärung dient. Annähernd durchweg wurde er mit „echt“, „natürlich“ und „direkt“ charakterisiert242.

Die Ergebnisse decken sich weitestgehend mit zwei Gruppendiskussionen über Big-Brother243. Einmal handelt es sich um sechs Schülerinnen einer 9. Klasse eines Potsdamer Gymnasiums (15 Jahre alt), die andere Gruppe bestand aus sechs Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen (27-31 Jahre alt). Alle bezeichneten sich als Big-Brother Fans. Ein wesentliches Moment der Faszination von Big-Brother waren die verschiedenen Ebenen, auf denen die Bewohner agieren und der darauf Bezug nehmenden Frage nach der Authentizität der Kandidaten. Diese zog sich besonders in die „psychologische Nachanalyse“ im Gespräch auf dem Schulhof oder der studentischen WG, die erst dann beantwortet wurde244. Es zeigte sich, dass Big-Brother wesentlicher Teil von popkulturellen Alltagsgesprächen ist245, die zumindest teilweise als Rezeptionsgrund betrachtet werden können.

Für beide Gruppen ist die Internetnutzung der Live-Kameras aus Kosten- und Qualitätsgründen relativ unbedeutend, obwohl fast alle der Studieren- den die Big-Brother-Seite einmal angeklickt haben. Vielmehr stellte sich das Internet n Form von Chatrooms als Diskussionsforum zum Meinungs- austausch dar.

1.2 Zusammenfassung

Es kann festhalten werden, dass die unterschiedlichen Ebenen, auf denen die Big-Brother Bewohner agierten erkannt wurden und das Spannungsfeld zwischen inszenierter Rolle und authentischem Selbst ausmachen. Das wurde als wichtiger Grund für die Faszination und den Erfolg von Big- Brother gewertet. Der Authentizitätsgrad galt als relativ hoch, trotz des Wis- sens um die Einbettung der scheinbaren Alltagssituation in das mediale Showkonzept. Die Konversation mit Menschen aus der Bezugsgruppe drehte sich häufig um die Frage nach authentischem vs. gespieltem Verhal- ten der Bewohner und kann als wichtiger Bestandteil zur weiteren Verarbei- tung des Materials angesehen werden.

2. Big-Brother und der lebensweltliche Bezug

Wurde unter dem Rubrum des „lebensweltlichen Bezugs der Medien“ (IV.2.2) die generelle Tendenz gezeigt, dass „Menschen wie du und ich“ in einer bestimmten Weise inszeniert und dargestellt werden, um eine authentisch wirkende Kommunikationssituation zu erzeugen, kann das im besonderen Maße für Big-Brother geltend gemacht werden.

Einige der oben behandelten Merkmale werden im Weiteren in Bezug auf Big-Brother diskutiert. Wurde bereits auf die trennbaren Verhaltensebenen gespielt vs. authentisch verwiesen, so sind auch diese Merkmale als eine Adaption in einer medialen Inszenierung und von der Situation in der Reali- tÄt verschieden zu sehen. Darauf wird im Weiteren nicht wiederholt hinge- wiesen.

2.1 „Real-People“ im Big-Brother Container ?

Das Merkmal der „Real-People“, die dem Publikum eine gleichwertige Pa- raperson abgeben, gilt sicher auch für Big-Brother. Normale Menschen und „keine Paradiesvögel“246, darauf weist Heiner Laux, verantwortlicher BigBrother Produzent, deutlich hin, werden auch für die zweite Staffel als Bewohner gesucht.

Die aufgezeigte Tendenz der Intimisierung bzw. Privatisierung von Medien- inhalten liegt bei Big-Brother durch das gefilmte „Privatleben“ der zehn Be- wohner bereits im Konzept. Werden in der Talkshow Intimitäten verbal of- fenbart, kann bei Big-Brother zugeschaut werden. Der Vorwurf des Voyeu- rismus bezog sich primär auf diesen Punkt und der damit veränderten Auf- fassung von Öffentlich und Privat. Denn erotische und pornographische n- halte, in diesem Sinne Spitze des Intimen, bieten Medien schon lange, aber der quasi authentische Rahmen, die Echtheit des Intimen, erhitzt die Ge- müter.

Analog lässt sich das Merkmal „alltagsnaher Kommunikationsstil“ bewerten, da es sich auch qua Konzept um scheinbare Alltagskommunikation handelt. Wird für die Talk-Show das Duzen als außergewöhnlich für die Fernseh- kommunikation bewertet, ist bei Big-Brother von bösartigen Beschimpfun- gen bis liebevollen Schmeicheleien in umgangssprachlicher Form alles zu finden. Das klassische Fernsehen als öffentliches Medium ist auch durch einen entsprechenden Kommunikationsstil gekennzeichnet. Dieser Form gegenübergestellt, lässt sich die Big-Brother Kommunikation als teilweise intim, alltagssprachlich und privat charakterisieren. Durchgehend und ohne Moderatorunterbrechung ist der alltägliche Kommunikationsstil unter „Gleichgesinnten“ zu beobachten, der auch durch die Aufnahme von The- men, die durch die Redaktion gestellt werden, häufig auf „intime“ Bereiche gelenkt wird, womit auch diesbezüglich die Intimisierungstendenz auszu- machen ist.

Das Merkmal des Live-Charakters ist bei Big-Brother, obwohl die einzelnen Szenen der Tageszusammenfassungen zeitlich gekennzeichnet sind, m.E. deutlich gegeben. Die einzelnen Szenen sind zeitlich ohne Schnitte und daher durch Linearität gekennzeichnet, d.h. es entsteht die Wahrnehmung eines subjektiven Zuschauers, der sich imaginär im Raum bewegt. Die zusammengeschnittenen Szenen vermitteln das Gefühl zeitlich versetzter Live-Übermittlung, wie es bei diversen Talk- und Comedy-Shows üblich ist.

Fasst man die aufgeführten Merkmale Real-People, Intimisierung, alltags- naher Kommunikationsstil und Live-Charakter zusammen, könnte von ei- nem alltagsnahem Interaktionsstil gesprochen werden, der auf ein um Au- thentizität bemühtes und auf Alltagswirklichkeit bezogenes Medienformat deutet. Konnte in Kapitel IV.2.2.5 bereits die Vermutung begründet werden, dass damit die Reduktion der Künstlichkeit der medialen Darstellung ver- bunden ist, um eine möglichst vis-à-vis-artige Interaktionssituation zu schaf- fen, scheint diese Vermutung besonders für das Fernsehformat Big-Brother zu gelten.

„Real-Live“ mit „Real-People“ in üblicher Wohnumgebung sind via Fern- sehapparat zu betrachten, womit ein scheinbar authentisches Zugegen ei- ne von Verantwortung entbundene Rezeption des Interaktionsgeschehens zulässt. Obwohl im medialen Rahmen eingebettet, wirkt der Großteil des Ablaufs als glaubwürdige Vis-à-vis-Interaktion, deren Authentizität - vergli- chen mit anderen medialen Konzepten - bisher nicht überboten werden konnte.

2.2 Personalisierung

Wird Big-Brother auf das Charakteristikum Personalisierung, wie es oben (IV.2.1.6) kurz erläutert wurde geprüft, lässt sich eine sehr deutliche Perso- nenorientierung konstatieren. Obwohl es sich um ein Spiel handelt geht es weder um Wissensleistungen noch um körperliche Begabungen, die in ei- ner wettkampfähnlichen Situation, wie bei Quizshows üblich, gemessen werden. Vielmehr stehen die Personen und ihr Verhalten im Vordergrund, die durch das Spielcharakteristikum der Show einem gewissen Interakti- onsdruck ausgesetzt sind, sich zu behaupten, was allerdings nicht zu sehr durch Inszenierung auffallen darf (vgl. dazu auch die Ausführungen oben 2.1). Bei der Wochenaufgabe „Feuer hüten“ wurden beispielsweise genau die Personen zu einer Gruppe zusammen gefasst, die erkennbare Antipathien gegeneinander aufwiesen.

Das Konzept der parasozialen Interaktion scheint gerade durch die reine Personalisierung des Medienproduktes geeignet, da infolge der Produktstruktur nur das Interesse am menschlichen Verhalten als möglicher Rezeptionsgrund vorliegen kann. Andere Gründe, wie beispielsweise Informationssuche247 können ausgeschlossen werden, da der soziale Aspekt dominiert. In diesem Sinne ist Big-Brother ein Sozialexperiment, das unter extremen Bedingungen das Verhalten von Menschen durch die mediale Verbreitung einem Millionenpublikum zugänglich macht.

3. Parasoziale Interaktion mit Big-Brother Bewohnern

Im Kapitel IV.2.1 wurde parasoziale Interaktion allgemein als Möglichkeit der Rollenübernahme zur Identifikation und Reflexion der eigenen Identität behandelt. Die Interaktionsmöglichkeiten mit Parapersonen sind zwar ein- geschränkt und deutlich von der interpersonalen Vis-à-vis-Situation ver- schieden, aber es konnte der generelle Charakter der kommunikativen An- eignung von Wirklichkeit durch parasoziale Interaktion beschrieben werden. An dieser Stelle sei nochmals auf die Bedeutung von Verständlichkeit, per- sönlicher Relevanz und einem vergleichbaren Verhaltensrepertoire der Pa- raperson hingewiesen, deren verbale Umgangsform als „(...) personally and privately (...)“248 bezeichnet wird, um die Möglichkeiten parasoziale Interak- tion zu verbessern.

3.1 Direkte und indirekte Adressierung

Ein Kennzeichen parasozialer Interaktion ist die direkte und indirekte Ad- ressierung. Beide werden als deutliche Indikatoren für die Interaktion zwi- schen Parapersonen und Rezipienten gewertet. Big-Brother hat bereits durch die täglich abzugebenden Statements der einzelnen Bewohner im Sprechzimmer diese Interaktionsform ins Konzept integriert. Strukturell ist die Botschaft immer an das Publikum gerichtet, meist erfolgt auch eine konkrete direkte Ansprache, in Form von „Hallo Fans, ihr ...“ mit Blick in die Kamera249. Indirekte Adressierungen ist durch neutrale Beschreibung der Situation und einen abgewendeten Blick gekennzeichnet250.

Auch bei letzterer Form kann von deutlicher parasozialer Interaktion gesprochen werden, denn es ist zu bedenken, dass der Bewohner sich der „Ansprachesituation“ an das Publikum bewusst ist, wie auch dem Publikum bewusst ist, dass der Bewohner sich dieser Tatsache bewusst ist.

Wurde Massenkommunikation als impliziter, reziproker Prozess beschrie- ben (Kapitel III.2.1), indem die Interaktionspartner aufeinander bezogen a- gieren, zeigt das Beispiel der Sprechzimmersituation diesen wechselseiti- gen Bezug deutlich. Adressierungen an das Publikum, sowohl direkt wie auch indirekt, sind aber auch sonst häufig: Selbstironische Äußerungen von „Jürgen“, Anspielungen auf ihr „Zickenimage“ von „Manuela“, Hinweise auf die Führungsweise seiner Kneipe von „Alex“, Grüße an das Webpublikum von „Kerstin“. Jede Folge wies Inhalte auf, die potentiell an das Publikum gerichtet waren. Der Einbezug parasozialer Interaktionen mit dem Publikum als elementarer Bestandteil des Big-Brother Medienproduktes ist demzufol- ge gegeben.

3.2 Die Bewohner und ihre Rollen

Während die Parapersonen einer Serie einen „(...) bestimmten Typus Mensch (...)“251 präsentieren, der nicht allzu häufig einen Gestaltwechsel verordnet bekommen darf, damit „(...) die Serienfigur ihre Kontur nicht ver- lieren soll“252 ist die Situation im Big-Brother-Haus gänzlich unterschiedlich. Das Setting ist offen, d.h. es gibt weder vorgeschriebene Interaktionsmus- ter oder Drehbücher, noch sind die Personen bestimmten Rollen verpflich- tet. Interaktionen entwickeln sich durch alltägliche Routinen - wie im echten Leben - und durch redaktionelle Eingriffe in Form von Aufgaben und Dis- kussionsthemen im Rahmen des Aufenthaltes im Container.

Die Personen werden anfangs als anonyme Typen wahrgenommen, die sich im Laufe der Zeit durch fortschreitende Interaktionen zu Individuen mit vielschichtigem Rollenrepertoire entwickelten. Rollenwechsel der Bewohner waren daher nicht nur häufig zu beobachten, sondern so, wie es real interagierende Individuen in aller Regel tun.

Ist eine Serie gerade durch eine Fixiertheit der Charaktere gekennzeichnet, die auch den Reiz der Rezeption ausmacht253, so zeigen die Big-Brother- Bewohner Offenheit und Rollenpluralität. Auch wenn es die oben (IV.1) dargelegte Tendenz gab, für das Publikum und die Bewohner eine Rolle zu inszenieren, so deutet die Einschätzung der hohen Authentizität - im Ge- gensatz zu Serien - auf einen hohen Grad an Rollenpluralität der Paraper- sonen hin.

Über die Zeit hinweg ergeben sich unterschiedlichste Figurengefüge, die immer wieder mit Rollenwechseln der einzelnen Bewohner einhergehen. Wechselseitiges Nominieren, das Schrumpfen der Gruppe, das Erledigen gestellter Aufgaben führt zu wechselnden Gruppenkonfigurationen. Es ist zentraler Bestandteil des Showkonzepts, dass die soziale Struktur im Con- tainer mit den Eigenschaften der Individuen im engem Zusammenhang steht und sich in einem ständigen, dynamischen Prozess weiterentwickelt, der durch die Spielsituation eine besondere Schubkraft erhält.

Es läßt sich daher die Behauptung aufstellen, dass die Big-Brother Bewoh- ner in wesentlich geringerem Umfang festgelegte Repräsentativrollen254 übernehmen, wie es üblicherweise in Serien der Fall ist. Wird daran fest- gehalten, kann der Rezipient - je nach eigener Interessenlage - flexibel zwischen den mannigfaltigen Rollenangeboten wählen. Big-Brother bietet demnach ein reichhaltiges Identifikationsangebot, das besonders unter Be- rücksichtigung der sozialen Struktur und deren Entwicklung eine Reflexion auf den eigenen Handlungsentwurf zulässt. Es lässt sich z.B. überprüfen, ob die „anvisierte“, erfolgversprechende Rolle des Außenseiters tatsächlich erfolgreich ist, um damit eigene Handlungsentwürfe zu bestätigen oder zu korrigieren.

In diesem Punkt bestätigt die Big-Brother Rezeption besonders die generel- len, positiven Gratifikationen, die aus der Medienrezeption allgemein ent- springen. Denn unabhÄngig von den zur Identifikation gewählten Aspekten einer Person, kann sich der Rezipient die verbundenen Rollenwechsel be- sonders gut nutzbar machen. Die entlastete para soziale Interaktionssituati- on macht es möglich, dass selbst „falsche“ Identifikationen belohnt werden, indem Aspekte einer Person nicht angenommen, sondern verworfen wer- den. Die Rezeption von Big-Brother veranschaulicht auch erfolglose oder negative Identitätsaspekte, deren Überprüfung in der realen Interaktionssi- tuation dem Rezipienten erspart bleibt, da die negativen Konsequenzen eben vom Big-Brother Bewohner getragen werden müssen. Durch die an- nähernd reale Situation im Container können sich die Ergebnisse beson- ders gut in der sozialen Realität bewähren.

Daher bietet die gegebene Rollenpluralität nicht nur vielfÄltige Möglichkei- ten der Annahme einer Person durch den Rezipienten, sondern durch das authentische Vis-à-vis im Container sind auch die Rollenwechsel als Situa- tionsinterpretation und -lösungsmöglichkeit für den Rezipienten nutzbar.

3.3 Der Handlungsrahmen: fiktional vs. nicht-fiktional

Wird der Vergleich zwischen dem Handlungsrahmen eines - vor allem fikti- onalen - Spielfilms, einer Serie und Big-Brother gemacht, ergibt sich fol- gende qualitative Veränderung: Der Spielfilm hat (i. d. Regel) einen relativ dichten und überzogen Handlungsrahmen. Spielfilmhelden können und tun alles, was vollkommen unmöglich ist. Für das fiktionale Genre gilt, dass die Aktivitäten und Handlungen Bezug zur Realität haben255, aber eben nicht von Rezipienten realisierbar sind. Die Familien- oder Jugendserie spiegelt schon eher existente Handlungsmöglichkeiten wider. Zwar wird durch um- fangreiche Dramatisierung Spannung erzeugt, die sich aber letztlich auf der Basis möglicher realer Interaktionsmuster abspielt. Big-Brother erhebt den Anspruch, selbst reale Interaktion zu sein. Es bieten sich demnach Hand- lungsmöglichkeiten, die sich nicht nur imitieren lassen, sondern die von quasi real interagierenden Personen vorgelebt werden.

Mögen Spielfilme Handlungsalternativen aufzeigen, wovon jeder einmal ge- träumt hat (und es auch weiterhin tun kann), so bietet die Serie konkrete Anhaltspunkte, Interaktionen im eigenen Leben in einer bestimmten Art zu vollziehen. Big-Brother hat deswegen nicht nur Modellcharakter, sondern es liegt ein - scheinbar - realer Handlungsrahmen vor, der als quasi an der RealitÄt getestetes Interaktionsgeschehen aufzufassen ist. Durch den hohen Anspruch an Authentizität kann es als Extremform nicht-fiktionaler Darbietung verstanden werden.

Der gängige „James Bond“ - als Beispiel aus dem fiktionalen Genre - ist durch erfolgreiche Kämpfe im Wasser, in der Luft und auf der Erde gekenn- zeichnet, deren Nachvollzug große Freude bereiten kann, da es sich um eine Rolle handelt, die weder von realen Grenzen beschränkt, noch von unglücklichen Schicksalsschlägen betroffen ist. Die involvierte Rezeption funktioniert allerdings nur mit dem Wissen, dass die dargebotenen Hand- lungen in der Realität nicht existieren256. Big-Brother mit einem alltagsna- hen, authentischen Handlungsrahmen mit „echten Menschen“ bietet einen Nachvollzug an, der für die gegebene Interaktionssituation als weder über- trieben noch beschränkt bezeichnet werden kann. Damit kann auch in die- sem Sinne von einem Authentizitätsvorsprung gegenüber anderen Medien- produkten gesprochen werden, der zum Nachvollzug geradezu einlädt.

3.4 Individualisierungsgrad

Ganz am Anfang sind die Bewohner, wie es auch in einer Vis-à-vis- Situation der Fall wäre, Unbekannte und daher anonym257. Ihre Typisierung als „Big-Brother-Bewohner“ ist total, d.h. sie tragen keinerlei Zeichen von Individualität. Das ändert sich durch die Einführung der Kandidaten schlagartig. Name, Lebens- und Wohnsituation, Freizeitaktivitäten, Beruf etc. wandeln den anonymen Typus „Big-Brother-Bewohner“ zur ersten individualisierten Vorstellung der Person258 bei den Zuschauern.

Im Laufe der Zeit schreitet dieser Prozess fort. Die Bewohner offenbaren ih- re Individualität, reduzieren ihre Anonymität und werden als Individuen mit vielschichtigen Persönlichkeitszügen in manigfaltigen Rollen wahrgenom- men259. Die Personen werden, im Gegensatz zu Serien-Figuren, als weitgehend authentische Menschen bewertet, die vielleicht als „gute Bekannte“ der Rezipienten einzustufen sind.

Tägliche Ausstrahlungsintervalle über 100 Tage ermöglichen tägliche parasoziale Interaktionen, durch diverse Hintergrundberichte260 erfährt der geneigte Rezipient von Lebensgeschichten, Beziehungspartnern, Einstellungen etc. des Bewohners. Für weiteres zeigt das Big-Brother-Magazin alles, „was sie nicht im TV sehen“261. D. h. der Rezipient kann die medialen Erfahrungen mit der Paraperson erweitern, um neue Aspekte deren Persönlichkeit kennenzulernen, damit der anonyme Typus „Big-Brother-Bewohner“ durch sein individualisiertes Bild der Person ersetzt wird.

Parasoziale Interaktionen gleichen sich durch den hohen Grad an Individualisierung der Big-Brother Bewohner, so lässt sich vermuten, an soziale Interaktionen an, wobei die einschränkenden Bedingungen parasozialer n- teraktion vorhanden bleiben. Durch die Individualisierung könnte eine stärkere Bindung und damit Identifikation entstehen (wenn sie entsteht), womit sich die Signifikanz der parasozialen Interaktion erhöht. Auch könnten damit Verhaltensentwürfe „genauer“ reflektiert werden, als es bei der schematischen Rollendarbietung einer Serie der Fall ist.

3.5 Fazit parasozialer Interaktionen

„Real-People“ als parasoziale Interaktionspartner mit einem ausgeprägten Rollenrepertoire und Individualisierungsgrad, dessen Handlungsrahmen sich durch die Adaption einer alltäglichen, sozialen Situation als real konstituiert, spiegeln im Vergleich zu existierenden Medienprodukten noch am ehesten authentische Interaktion wider. Die Voraussetzungen für parasoziale Interaktionen mit den Big-Brother Bewohnern können der Argumentation folgend, als sehr gut beurteilt werden.

Annähernd jeder Rezipient kann - zeitlich begrenzt - „seine“ Rolle finden, die durch die bunte Mischung „normaler Menschen“262 und deren Interakti- onsdynamik allerdings immer wieder neu entdeckt und interpretiert werden muss. Damit deutet sich auch das für parasoziale Interaktion förderliche vergleichbare Verhaltensrepertoire an, dass durch die individuelle Wahl mit der entsprechende Verständlichkeit ausgestattet ist. Auch der intime und private Kommunikationsstil, in Horton und Wohls Arbeit als interaktionsför- dernd beschrieben, wurde schon oben (2.2) diskutiert und stellt sich durch die scheinbare Alltagssituation fast selbständig ein. Durch die lange Lauf- zeit sind damit zum Aufbau parasozialer Beziehungen beste Voraussetzun- gen gegeben.

Durch den authentischen Charakter der Menschen und der fast realen n- teraktionssituation kann sich der Rezipient besonders - so lässt sich vermuten - die Big-Brother Paraperson nutzbar machen. Antrieb für die Reflexion von Handlungsentwürfen könnte außerdem aus dem Spielcharakter, der den ungeplanten, offenen und durch Wettbewerb gekennzeichneten Handlungsverlauf konstituiert, entspringen.

4. Subjektive Wirklichkeitskonstruktion

Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit, insbesondere der All- tagswirklichkeit, wurde in Kapitel III mit Interaktionsprozessen begründet, die durch wechselseitige Perspektivenübernahme in der reziproken Vis-à- vis-Situation ihren Ursprung hat. Externalisierung bedeutet Objektivation des entäußerten, subjektiv gemeinten Sinns, dessen Bedeutung die Indivi- duen im Rahmen habitualisierter Handlungen im Laufe der Zeit aushandeln und internalisieren. Interaktionen produzieren nach dieser Vorstellung eine objektive gesellschaftliche Wirklichkeit, die allerdings einer ständigen Si- cherung bedarf.

Als para sozialer Interaktionsprozess mit Medienfiguren bezeichnet, wurde der wirklichkeitsstiftende Effekt durch die Rezeption von Massenmedien als eine kommunikative Aneignung von sozialer Wirklichkeit beschrieben (Kapi- tel IV.2.1). Denn durch die generell einseitige Interaktionssituation kann der Rezipient nur Wirklichkeitsvorschläge internalisieren, ist allerdings auch von seiner Selbstdarstellungsverpflichtung entbunden. Er muss keine, kann a- ber auch keine identitätsdarstellende und objektivierende Entäußerung vornehmen, die ein wirklichkeitskonstruierendes Ergebnis hätte.

4.1 Die Parapersonen im Big-Brother Container

In Kapitel III.2.1.2 wurde für den Prozess der Wirklichkeitskonstruktion fest- gehalten, dass möglichst Distanz, Anonymität und Typisierungen verringert werden müssen, um den Signifikanzgrad der (Para)Person zu erhöhen. Die Ausführungen zur parasozialen Interaktion lassen sich diesbezüglich inter- pretieren.

Der für Medienprodukte ungewöhnliche Grad an Individualisierung der Pa- rapersonen zeigt auf die hohe Signifikanz für wirklichkeitskonstruierende, parasoziale Interaktionsvorgänge. Der Individualisierungsgrad der Bewoh- ner kann sicher nicht der einer Person aus der Bezugsgruppe sein, mit der „(...) ich enge Kontakte (in der Vis-à-vis-Situation) pflege (...)“263, aber, dass lässt sich mit Bezug auf Serien-Figuren sagen, es sind bekannte Individuen mit facettenreichen Persönlichkeitsprofilen, die trotz der medialen „Überwa- chungssituation“ einem überdurchschnittlichen Authentizitätsanspruch ge- recht werden264.

Das in die-Rolle-der-Paraperson-schlüpfen, womit die Wirklichkeitsdefiniti- on der Paraperson für den Rezipienten verfügbar wird, wird wahrscheinlich durch den hohen Individualisierungsgrad unterstützt, da die Paraperson gut bekannt ist und damit das Nachvollziehen der Wirklichkeitsinterpretation er- leichtert wird. Andererseits werden, im Verhältnis zu den schematischen Rollenmustern einer Serie, immer wieder unplanmäßige Rollenwechsel das Nachvollziehen erschweren, was allerdings auch als Reiz an der individuel- len Wirklichkeitsauffassung der Paraperson verstanden werden kann.

Durch die weitreichende Individualisierung und das authentische Zugegen der Paraperson kann von einer emotionalen - positven wie negativen - Auf- ladung ausgegangen werden, die sich besonders über die lange Rezepti- onsdauer und -häufigkeit aufbauen kann. Das unterstützt, im Kapitel III.2.1.2 wurde es bereits allgemein formuliert, die Signifikanz für wirklichkeitskonstruierende Prozesse des medialen Anderen. Es kann aufgrund der geringen Distanz und weitreichenden Individualisierung eine verhältnismäßig hohe Signifikanz der Paraperson angenommen werden.

4.2 Die Interaktionssituation

Die in Kapitel 2.1 bereits erörterten Merkmale Privatisierung und Intimisie- rung, Live-Charakter und alltagsnaher Kommunikationsstil verweisen auf das Bemühen, die Vis-à-vis-Situation möglichst gut zu adaptieren und de- ren mediale Künstlichkeit zu reduzieren, denn die Interaktion wird „(...) in steigendem Maße anonymer (...)“265, je weiter sie sich von der Vis-à-vis- Situation entfernt. Wird daran festgehalten, dass die Big-Brother Bewohner aufgrund der geschilderten Eigenschaften die größte Signifikanz unter mo- mentan verfügbaren Medienfiguren besitzen, erhält der wirklichkeitsstiften- de Effekt der parasozialen Interaktion mit den Big-Brother Personen durch die Vis-à-vis-artige Situation eine weitere Verstärkung.

Kann für die Talk-Show bereits die bewusste Simulation der authentischen Vis-à-vis-Situation konstatiert werden, um Signifikanz durch die Interaktionssituation zu erzeugen, gilt das durch die extrem lebensnahen Bedingungen und deren Aufzeichnungs- und Wiedergabeverfahren im BigBrother Container erst recht.

4.3 Die Relevanz für den Rezipienten

Sowohl für die parasoziale Interaktion wie auch für die gesellschaftliche Wirklichkeitskonstruktion wurde die Dimension Relevanz für das Individuum benannt. Relevanz wurde m.E. besonders durch die sich entfaltende Kom- munikationsdynamik erzeugt, da plötzlich Big-Brother, wie in Kapitel V be- schrieben, als omnipräsentes Ereignis in aller Munde war. Der intermediäre Kommunikationsmix aus Presse, Internet und Fernsehen, verbunden mit persönlichen Gesprächen, liess den Anschein entstehen, Big-Brother hat für alle Anderen besondere Relevanz.

Die tatsächliche Rezeptionswirkung interagiert mit dem angenommenen Ef- fekt auf Andere und multipliziert sich so zu der vorhandenen Relevanz. In diesem Sinne lässt sich von einem sich selbst verstärkenden Prozess spre- chen, der entweder rezipieren, darüber sprechen und damit sozial integrie- ren, oder verweigern und damit sozial ausgrenzen bedeutete. Für fast die Hälfte der bundesdeutschen 14-29 jährigen kann mit einiger Sicherheit konstatiert werden, dass die Bedeutung der Parapersonen durch die Be- zugsgruppe und die angenommene gesellschaftliche Relevanz deutlich verstärkt wurde.

4.4 Ein abschließendes Beispiel der Realitätsvermittlung

Bedeutungen konstituieren sich als soziale Schöpfungen an signifikanten Gesten und Symbolen, die intersubjektiv ausgehandelt und damit objekti- viert werden.

Die geballte Faust - als Geste einer feindseligen Haltung - wurde im Big- Brother Haus als ironischer Hinweis auf Zlatkos Muskelpakete verwendet. Der intersubjektiv neu geschaffene Bedeutungsaspekt der Geste „geballte Faust“ wurde bald von der Big-Brother Fangemeinde internalisiert und in wechselseitig bestätigender Weise objektiviert. Die Bewohner haben damit in der symbolischen Umwelt des Containers eine Veränderung vorgenom- men, die durch Fernsehrezeption in die symbolische Umwelt der Rezipien- ten transformiert wurde.

Auch wenn es sich um einen scheinbar marginalen Effekt handelt, kann damit der prinzipielle Charakter der Realitätsvermittlung des medialen Pro- duktes Big-Brother auf die Alltagswirklichkeit demonstriert werden. Denn so wie die Bedeutung der geballten Faust im Container modifiziert und in die soziale Wirklichkeit durch Rezeption übersetzt wurde, findet auch die Über- tragung der sozialen Wirklichkeit im Container in gesellschaftlich konstruier- te Wirklichkeit statt.

Dass es sich nicht um ein simples S-R-Prinzip der Realitätsvermittlung han- delt, ist schon aufgrund der Konstruktionsprinzipien von Alltagswirklichkeit of- fensichtlich und verdeutlicht nur den diffizilen Einfluss der Massenmedien.

5. Zusammenfassung und Fazit

Big-Brother bietet aufgrund des differenziert betrachteten Real-Live- Charakters Identifikationspotential, indem „normale Menschen“ in scheinbar alltäglichen Interaktionen mediale Distanz weitestgehend reduzieren. Die Situation, in der sich die Handlungen abspielen, kann mit Hinweis auf die Entwicklung der Medien zum lebensweltlichen Bezug als authentisch wirkend und vis-à-vis-artig bezeichnet werden. Vielfältige Bezüge zum Alltagshandeln verstärken die Integration des Rezipienten, der seinen subjektiven Wirklichkeitsentwurf durch parasoziale Interaktion überprüfen und gegebenenfalls modifizieren und erweitern kann.

In diesem Sinne bieten die Big-Brother Bewohner dem Rezipienten den re- alistischeren Wirklichkeitsvorschlag, als es andere mediale Produkte tun können. Der Wettbewerbsrahmen gab dem gesamten Interaktionsgesche- hen einen gewissen Druck, womit die Wirklichkeitsdefinition, die zur Aneig- nung offeriert wird, unter authentischen Bedingungen ihre Tragfähigkeit beweisen muss. Wird davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Me- dien zu Alltagsnähe und Adaption der Publikumswirklichkeit tendiert und Big-Brother einen momentanen Endpunkt dieser Entwicklung kennzeichnet, kann man gespannt sein, welche Produkte die Medienindustrie für die Zu- kunft bereithält, die noch wirklicher als die Wirklichkeit sind.

Die enorme Popularität von Big-Brother wurde aber auch durch die inter- mediale Präsenz erklärt, die mit einer anfänglichen skandalartigen öffentli- chen Diskussion die Aufmerksamkeit schürte und in Millionen von Gesprä- chen reflektiert wurde. Symbole aus der Big-Brother-Welt stellten Verweise aus gesellschaftlichen Bereichen her, die eigentlich unabhängig von Me- dienprodukten existieren. Die angenommene Bedeutung für die Anderen ist demnach durch die Omnipräsenz als überhöht einzustufen, was den Ein- fluss von Big-Brother nur verstärkte.

Die Situation koexistierender Wirklichkeitssphären in der modernen Gesell- schaft hat vermutlich Big-Brother weiteren Antrieb gegeben. Subjektive Wirklichkeitsvorschläge der Bewohner könnten dem Individuum als Orien- tierung dienen, um sich in der problematischen gesellschaftlichen Situation erfolgversprechende Wirklichkeitsinterpretationen anzueignen. Die Tatsache, dass Big-Brother bei den Jungen und Jüngsten, die noch keine gefestigte Vorstellung von sozialer Wirklichkeit ausgearbeitet haben, so erfolgreich ist, stützt die Vermutung der Realitätsaneignung. Big-Brother kann ihnen vor allem durch den realistisch - authentischen Charakter Möglichkeiten aufzeigen, die durch die extremen Bedingungen einer ausgiebigen sozialen Prüfung unterzogen worden sind.

Der Bezug des medialen Produktes Big-Brother zur Alltagswirklichkeit der Rezipienten zeigte sich aber noch in einem weiteren Phänomen: Volksfestartige Menschenansammlungen deuten den Wandel von medialer paraso zialer Interaktion zu realer sozialer Interaktion an und verweisen auf die weitere Durchdringung von Alltags- und Medienwirklichkeit.

Zusammenfassend lässt sich zum Fallbeispiel und dessen Analyse resümieren, dass die Ausführungen einen theoretischen Weg beschreiben, wie sich die Transformation der medialen Wirklichkeit von Kulturprodukten auf die Alltagswirklichkeit der Rezipienten analysieren und darstellen lässt. Aufgrund des komplexen Phänomens „Wirklichkeit“ scheint aber der Umfang der Realitätsvermittlung schwer spezifizierbar zu sein und findet daher bei der Beschreibung von Übertragungsmöglichkeiten und einigen damit verbundenen Bedingungen seine Grenzen.

VII Schlussbetrachtung und Fazit

Die Theorie des symbolischen Interaktionismus wurde als Grundlage genommen, um anhand einer wissenssoziologischen Theorie die gesellschaftliche Konstruktion von Alltagswirklichkeit aufzuzeigen.

Annahmen über die wechselseitige Durchdringung von Medien- und All- tagswirklichkeit konnten aufgrund lebensweltlicher Bezüge der Medien erör- tert und anhand einiger Merkmale präzisiert werden. Es zeigte sich die ge- nerelle Tendenz der Simulation alltÄglicher Interaktionen, insbesondere durch „wirkliche Menschen“ in den Medien und Integration von Rezipiente- naktivitäten. Das Zusammenrücken von Individual- und Massenkommuni- kation stellt aber nur einen Aspekt der medialen Realitätsvermittlung dar.

Unter Zuhilfenahme des Konzepts der parasozialen Interaktion wurde das Fallbeispiel Big-Brother auf Wirklichkeitsinterpretationen der dortigen Be- wohner und der Aneignung durch das Publikum analysiert. Einige Merkma- le des populären TV-Konzepts zeigten deutlich auf die Möglichkeiten para- sozialer Interaktion, womit der Rezipient in der Lage ist, objektivierende Wirklichkeitsbestimmungen durch Fernsehrezeption zu verinnerlichen.

Wird parasoziale Interaktion als wirklichkeitskonstruierender Prozess ak- zeptiert, für das Big-Brother besonders gute Voraussetzungen bereitstellt, dann kann von einem Einfluss medialer Kulturprodukte auf die gesellschaft- liche Alltagswirklichkeit ausgegangen werden. Damit ist weder gesagt, dass es sich um eine Vereinnahmung der Rezipienten durch die Medien, noch um ein autonomes Aneignen der Wirklichkeitsinterpretationen der Medien seitens der Rezipienten handelt. Vielmehr kann davon ausgegangen wer- den, dass die gesellschaftliche Beschaffenheit Voraussetzungen für die Ak- zeptanz medialer Wirklichkeitsvorschläge und deren Internalisierung bereit- stellt.

Damit werden die Medien jedoch keineswegs von ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entbunden, denn sie legen wesentliche Bestandteile der sozialen Wirklichkeit vor.

Welche Konsequenzen lassen sich nun aufgrund der beschriebenen Interaktionsvorgänge mit Medienfiguren und der damit verbunden kommunikativen Aneignung von gesellschaftlicher Wirklichkeit vermuten?

Wegen der festgelegen Answering-Role wird das Verhalten des medialen Anderen zwar interpretiert und hat möglicherweise Folgen für Identität und soziale Wirklichkeit aufgrund des Verfügbar-machens durch den Rezipien- ten, aber die Verbindlichkeit der Selbstdarstellung, wie es so charakteris- tisch für soziale Vis-à-vis-Situationen ist, fehlt. Das könnte sich allmählich auf soziale Interaktionssituationen übertragen und die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Gefühle zu präsentieren, zurückbilden. Wahrscheinlicher scheint m.E. aber ein allgemeines Gefühl der Unverbindlichkeit sozialer Si- tuationen, wie es eben auch für die Rezeptionssituation typisch ist.

Gerade ein auf zukünftige Begegnungen angelegtes, durch Erwartungssi- cherheit gekennzeichnetes soziales Handeln, wäre durch die Adaption der Eigenschaften parasozialer Interaktion in das reale Interaktionsprinzip ad absurdum geführt. Verhaltensorientierungen, die besonders den Menschen als soziales Wesen konstituieren, indem Norm- und Wertevorgaben durch die reziproke Bestimmung Verbindlichkeit erfahren, könnten in eine kriti- sche Asymmetrie gelangen.

Das dialektische Verhältnis zwischen subjektiv gemeintem Sinn und objek- tiver gesellschaftlicher Faktizität wäre durch eine Dominanz Letzterer ge- kennzeichnet, da objektivierende Entäußerungen des Individuums einen verhältnismäßig geringen Beitrag zu einer integrierenden Wirklichkeitsbe- stimmung leisten können. Insofern ist zwar die Forderung nach gesell- schaftlicher Verantwortung der Medienindustrie notwendig und gerechtfer- tigt, da ihr in Folge dessen eine dominante Wirklichkeitsbestimmung zu- kommt, die aber durch die strukturell bedingte, einseitige Informationsüber- tragung prinzipiell nicht einlösbar ist. Wird der Argumentation gefolgt, könn- te der Einfluss der medialen Kulturindustrie langfristig auf die Konstrukti- onsprinzipien gesellschaftlicher Alltagswirklichkeit gegeben sein.

Das Fernsehereignis Big-Brother bestätigt jedenfalls nicht die Vision des Autors Georg Orwell von einer diktatorischen Überwachung der Gesell- schaft durch Medien. Führt wenn man sich die Tatsache vor Augen, dass 70.000 Menschen zur zweiten Big-Brother Staffel 100 Tage überwacht werden wollten, lässt sich das Verhältnis Medien und Gesellschaft nur als kompliziertes, wechselseitiges Durchdringen auffassen.

Jegliche globale Ursachen-/Wirkungshypothese, wie sie gerne vom me- dienkritischen Flügel formuliert wird, scheint demnach als zu kurz gegriffen.

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Hiermit erkläre ich, dass ich die Magisterarbeit mit dem Titel

Mediale Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit

Selbständig verfasst und keine anderen als die angegebene Quellen benutzt habe. Die Stellen der Arbeit, sowie evtl. beigefügte Zeichnungen, Skizzen oder graphische Darstellungen, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, habe ich unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht.

Düsseldorf, den 20.12.2000

[...]


1 Welt online vom 27.12.95, http://www.welt.de/daten/1995/12/27/1227ku116428.htx

2 Codex Hammurapi

3 Gilgamesch Epos

4 Wehmeier, S.: 1998, S.175f

5 Noelle-Neumann, E. et al.: 1989, S.288

6 Die erste Tageszeitung der Welt ist 1650 in Leipzig erschienen. Ebd., S.291

7 Nipperdey, T.: 1983, S.587

8 Ebd., S.589

9 Knaurs Lexikon: 1981, S.670

10 Noelle-Neumann, E. et al.: 1989, S.331

11 Knaurs Lexikon: 1981, S.774

12 Vgl. Weber, M.:1910

13 Die Payne Fund Studies (1929-32) können als Ausgangspunkt einer empirischen Medienwirkungsforschung betrachtet werden. Noelle-Neumann, E. et al.: 1989, S.361

14 Schenk, M.: 1987, S.22ff

15 PrÄdispositionale Faktoren tragen individuellen Differenzen, wie z.B. der intellektuellen Fähigkeiten einer Per- son Rechnung, während interne Mediatisierungsprozesse verschiedene Wirkungen bei der gleichen Person, z.B. durch unterschiedliche Aufmerksamkeit oder Bezugsgruppeneinflüsse, betonen. Beide Faktorengruppen wurden in ein Grundmodell der Medienwirkungen auf Einstellungswandel integriert. Hovland, C.I. et al.: 1970

16 Festinger, L.: 1957, S.123-137

17 Beispielsweise wurden Eigenschaften des Stimulus (Kommunikatorglaubwürdigkeit, einseitige vs. zweiseitige Argumentation etc.) und der Wirkung (emotional, kognitiv etc.) differenziert betrachtet. Schenk, M.: 1987, S.49-96

18 Herzogs Untersuchung Anfang der 40er Jahre zu Gratifikationen, die das Publikum aus Quizsendungen im Ra- dio erhält, kann als einer der ersten empirischen Arbeiten unter dieser Perspektive gewertet werden. Herzog, H.: 1940

19 Blumer, J. G. & Katz, E.: 1974

20 Das bedeutet, dass sowohl das massenmediale Angebot, wie auch andere Quellen der Bedürfnisbefriedigung unter Einbezug der Präferenzen des Publikums berücksichtigt werden sollten. Ein Individuum steht, wenn es Ablenkung von den täglichen Routinen sucht, vor beispielsweise möglichen Alternativen wie Freunde treffen, Sport treiben, Tagträumen oder Fernsehen rezipieren. Individuelle Präferenzen kennzeichnen dann die Ent- scheidung des Individuums.

21 Mc Quail, D. et al.: 1972, S.155

22 Siehe z.B. auch als eines der ersten Escape Konzepte: Katz, E. & Foulkes, D.: 1962, S.377-388

23 Siehe z.B. Greenberg, B.S.: 1973, S.137-188

24 Vgl. die Differenzierung der Selective Exposure Hypothese. Sears, D.O.: 1968, S.777

25 Schenk, M.: 1987, S.385

26 Nachrichtenfaktoren, professionelle Normen etc. selektieren im Informationsfluss zwischen Ereignissen und Medienangebot. Siehe z.B. den Überblick in: Noelle-Neumann, E. et al.: 1989, S.232ff

27 Konkretes Feedback, z.B. in Form von Leserbriefen, Anrufen, E-Mail etc. sind sicher auch Bestandteil und leis- ten wichtige Orientierungsfunktion.

28 Beispielsweise sollte der Einfluss der Primärgruppe auf die Medienwirkung durch die Hypothese de s Two-Step- Flow of Communication bewerkstelligt werden. Lazarsfeld P.F. et al.: 1948, S. 151. Erst mit sozialen Netz- werkkonzepten kann dem annähernd Rechnung getragen werden. Siehe Schenk, M.: 1987. Oder Arbeiten zum Prozess der Themenentstehung in den Massenmedien: „Von der simplen Annahme, die Medien allein setzten die Themenstruktur“, entwickelte sich die Vorstellung, dass „Themenselektion als Ergebnis eines komplexen Wechselwirkungsprozesses zwischen Medienorganisationen und der gesellschaftlichen Umwelt anzusehen“ ist. Ehlers, R.: 1983, S.172

29 Palmgreen veranschaulicht diesen Prozess mit dem Erwartungs/Bewertungsmodell. Palmgreen, P.: 1984, S.56

30 bereits 1926 hielt G.H. Mead (1863-1931) einen Vortrag über „The objective reality of perspectives“. Vgl. Blu- mer, H.: 1973

31 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.31

32 Mead, G.H.: 1978, S.180

33 Mead, G.H.: 1978, S.196

34 Ebd., S.196, Kursivstellung durch Verfasser A.K.

35 Ebd., S.86

36 Ebd., S.84

37 Blumer, H.: 1973, S.83. Erst wenn wir erfahren haben, wie Personen z. B. bezüglich eines Stuhls gehandelt (nämlich darauf gesessen) haben, können wir die Bedeutung dieses Objektes für uns definieren (als Sitzmög- lichkeit). Das Objekt „Stuhl“ hat durch den Handlungskontext eine Bedeutung erhalten und ist damit zu einem Symbol geworden.

38 Blumer, H.: 1973, S.92

39 Das entspricht der Konzeption des „Spiegel-Selbst“ von Cooley, C.H.: 1983

40 angelehnt an Miebach, B.: 1991, S.323f

41 Ebd., S.324. In der deutschen Übersetzung wird statt des ´I´ ´Ich´ und statt des ´Me´ ´ICH´ benutzt. Klammer- einschub vom Verfasser A.K.

42 Ebd., S.238

43 Mead, G.H.: 1978, S.206

44 Berger, P.L & Luckmann, T.: 1972, S.139

45 Unter signifikanten anderen verstehen Berger & Luckmann wichtige Bezugspersonen für die Sozialisation. Sie beziehen sich hier explizit auf die Sozialisationstheorie von Mead. Ebd., S.141

46 Ebd., S.143

47 Ebd., S.53, Kursivstellung durch Verfasser A.K.

48 Ebd., S.24, Kursivstellung durch Verfasser A.K.

49 Ebd., S.20

50 Ebd., S.160

51 Ebd., S.163

52 Ebd., S.31

53 Ebd., S.32

54 Siehe das Interaktionsmodell und die Erläuterungen in Kapitel III.1. Die „sozialen Erfahrungen“ sind im Sinne des generalisierten Anderen im Me durch Role-Taking erworben worden.

55 Ebd., S.24

56 Der Begriff Interaktion wird nicht besonders definiert, ihm kommt aber eine Schlüsselfunktion zu, z.B. ebd., S.34, S.36, S.43

57 Für sie ist „Sprache, ein System aus vokalen Zeichen, (...) (dass) das wichtigste Zeichensystem der menschli- chen Gesellschaft“ (ebd., S.39) ist und als „Hauptvehikel“ (ebd., S.144) objektive und subjektive Wirklichkeit verbindet. siehe auch ebd., S.36-44

58 Mead, G.H.: 1978, z.B. S.118, S.119, S.136, während Blumer meistens den Begriff Interaktion verwendet. Z.B. Blumer, H.: 1973, S. 83

59 Vgl. das Kommunikationsmodell von Aufermann, J.: 1971, S.13.

60 Siehe auch die Erklärungen zum signifikanten Symbol in Kapitel III.1

61 Wird noch Bedeutung vermittelt, dann kann von erfolgreicher Kommunikation gesprochen werden. Kommunika- tion ist daher nur ex post bestimmbar.

62 Merten, K.: 1977, S.46, siehe auch Reimann, H.: 1968, S.75

63 Auch wenn die „Auffassung, ob Interaktion oder Kommunikation der weitere Begriff ist, (auseinandergehen)...“ (Graumann, C.F.: 1972, S.1118), so scheint es im Hinblick auf das hier vertretene Verständnis von Massen- kommunikation (als kein einseitiger Informationstransport) sinnvoll, den Begriff Interaktion für das kommunika- tive Handeln zu verwenden. Ein Überblick über divergierende Auffassungen gibt Merten, K.: 1977, S.42-89

64 Man stelle sich die absurde Situation vor, jemand sollte einen Artikel „für niemanden“ schreiben oder jemand hätte eine Nachricht „von niemandem“ erhalten. Kommunikation impliziert die Existenz eines Kommunikati- onspartners und die Vorwegnahme dessen Reaktionen bzw. Absichten.

65 Auf diesen Punkt wird unten (IV.2) noch ausführlich eingegangen.

66 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.39

67 Ebd., S.34

68 Ebd., S.165f

69 Siehe dazu auch die allgemein bekannte Definition der Massenkommunikation von Maletzke, G.: 1963, S.32. Besonders das „disperse Publikum“ wird als Empfänger deklariert. Oben wird von Kommunikation gespro- chen, die zwischen zwei konkreten Individuen stattfindet, daher ist Sender wie Empfänger eindeutig definiert.

70 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.160

71 Ebd., S.36

72 Ebd.

73 Ebd., S.36, sie beziehen sich damit auf die Bezugsgruppe.

74 Ebd., S.140

75 Der als lebenslanger Prozess aufgefaßt wird. Ebd., S.148

76 Ebd., S.149

77 Ebd., S.152

78 Ebd., S.34

79 Ebd., S.154

80 Ebd., S.155

81 Ebd., S.162

82 Ebd., S.148, siehe auch ebd., S.175

83 Ebd., S.184, siehe auch S.182f

84 Ebd., S.184

85 „Identitätspluralismus“ (ebd., S.184) als Folge von Individualisierungsprozessen kann leider im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter vertieft werden. Siehe stellvertretend das populäre Werk von Beck, U.: 1986.

86 Siehe auch die Bedeutung von Routinen zur alltäglichen Wirklichkeitsabsicherung. Berger, P.L. & Luckmann, T: 1972, S.159

87 Ebd., S.162

88 Siehe Schenk, M.: 1987, S.423f

89 Ebd., S.436

90 Fernsehrezeption liegt alleine bei fast 3 Stunden täglicher durchschnittlicher Sehdauer. Wehmeier, S.: 1998, S.175, siehe auch: Zehnter Kinder und Jugendbericht, Hrsg. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 1998, S.71

91 Cohen, B.C.:1963, S.13

92 siehe auch Kapitel II.1 dieser Arbeit

93 McCombs, M.E. & Shaw, D.L.: 1972, S.177ff, die Korrelation bewegt sich fast gegen 1.0.

94 Gerbner, G.L. et. al.: 1976, S.175

95 Ebd., S.180ff

96 Ebd., S.192

97 Siehe Hirsch, P.M.: 1981

98 Früh, W.: 1991

99 Siehe auch Kapitel III.1 dieser Arbeit

100 Früh, W.: 1994, S.393

101 Ebd., S.371, damit bestätigt Früh eine ähnlich angelegte Untersuchung von Merten, K.: 1985, S.753-763102 Früh, W.: 1994, S.404

103 Ebd., S.400

104 Harold Garfinkel prägte den Begriff, unter dem - wird er weit gefasst - oben beschriebene interaktionistische und wissenssoziologische Arbeiten subsumiert werden können.

105 Bachmair, B. et al.: 1990, S.146-171

106 Siehe für einen ersten Überblick: Zugriff am 17.09.2000 http://www.tu- chemnitz.de/phil/germanistik/sprachwissenschaft/projekte/fernsehen/index.html

107 Rezeption ist alltagsstrukturierend und bestimmt damit Handlungen, z. B. indem nach der Tagesschau die Kinder ins Bett gebracht werden.

108 Mit „Text" ist das gesamte Medienprodukt gemeint.

109 Siehe dazu auch Keppler, A.: 1994a

110 Keppler, A.: 1994b, S.27-29

111 Keppler, A. & Steel, M.: 1991, S.883

112 Ebd.

113 Baudrillard, J.: 1994

114 In einer amerikanischen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Kinder ab etwa 8 Jahren verstehen, dass Fernsehsendungen das Ergebnis eines Produktionsprozesses sind. Charlton, M. & Neumann-Braun, K.: 1992, S.36, das bedeutet allerdings auch, dass Kinder bis zu diesem Alter nicht den Konstruktionscharakter von Medien durchschauen. Populäre Gegenbeispiele, die das Vermischen von Fernseh- und Publikumsrealität darzustellen versuchen, sind Bewerbungen um die Wohnung einer „verstorbenen“ Lindenstraßenperson, oder ärtztlicher Rat von „Dr. Welbey“, der Titelheld einer TV-Serie, der mehr als eine Viertelmilionen Zuschriften er- halten haben soll. Früh, W.: 1994, S.63

115 Keppler, A.: 1994b, S.27

116 Agenda-Setting ist im eigentlichen Sinne keine Theorie der Realitätsvermittlung.

117 Ganz nach Keppler, A.: 1994

118 Horton, D. & Wohl, R.R.: 1956, S.215-229

119 Vorderer, P: 1996, S.7

120 Vgl. zu weiteren grundlegenden Annahmen des Symbolischen Interaktionismus und den Prozess der Wirklich- keitkonstruktion Kapitel III

121 Vgl. Vorderer, P.: 1992, S.112f

122 Zeichentrickwesen (z.B. Homer Simpson, Donald Duck) und comutergenerierte Figuren (z.B. Laura Croft) werden zwar in der Literatur nicht explizit erwähnt, aber es ist fraglich, ob nur mit menschlichen Figuren para- sozial interagiert werden kann.

123 Der Begriff Paraperson stammt von Wulff, H.J.: 1992

124 Horton, D. & Wohl, R.R.: 1956, S.33. Die Zitate wurde nicht der Erstpublikation, sondern neueren Veröffentli- chung der Originaltextes von 1979 entnommen, in der die zitierten Textstellen zu finden sind.

125 Ebd., S.32

126 Siehe Kapitel III.1

127 Ebd., S.215

128 Siehe auch die Ausführungen oben (III.2.1)

129 Hippel, K.: 1993, S.85ff

130 Krotz, F.: 1996, S.85, weiteres dazu siehe unten (2.2.3)

131 Siehe dazu auch die allgemein bekannte Definition von Maletzke, G.: 1963, S.32, der als wichtige Unterschei- dung zwischen interpersonaler Kommunikation und Massenkommunikation die Einseitigkeit hervorhebt, die aber nicht das oben (III.2.1) beschriebene Merkmal der impliziten Reziprozität aufhebt.

132 Vgl. Charlton, M. & Neumann, K.: 1990

133 Krotz, F.: 1996, S. 78

134 Maletzke, G.: 1963, S.32

135 Horton, D. & Strauss, A.: 1957, S.41f

136 Keppler, A.: 1996, S.20

137 Krotz, F.: 1996, S. 78

138 Berger, L.B. & Luckmann,T.: 1972, S.151

139 Mikos, L.: 1996, S.98

140 Keppler, A.: 1996, S.21

141 Visscher, A.: 1996, S.28, siehe auch Kepplers Konzept in Kapitel IV.1

142 Keppler, A.: 1996, S.22

143 Gleich, U.: 1997, siehe auch Sturm, H. et al.: 1972

144 Gleich, U.: 1997, S.227

145 Ebd., S.148-166

146 Siehe dazu auch die Ausführungen in Kapitel II.2.

147 Das Ergebnis ist „Ähnlich wie in zahlreichen Studien zur parasozialen Interaktion (...)“. Gleich, U.: 1996, S.140f

148 Unter dem Stichwort Personalisierung, siehe auch unten 2.1.6

149 Mikos, L.: 1996, S.105

150 Bente, G. & Fromm, B.: 1997, S.47

151 Keppler A.: 1996, S.17

152 Mikos L.: 1996, S.105

153 Mit fast drei Stunden täglicher Nutzung ist das Fernsehen an erster Stelle im intermediären Vergleich, Weh- meier, S.: 1998, S.175f

154 Galtung, J. & Ruge, M.H.: 1965, S.64-91

155 Eisfeld S.3 zitiert in Wegener, C.: 1994, S. 56

156 Hamm, I. & Koller, K.: 1992, S.242

157 Gleich, U.: 1997, S.10ff

158 Gleich, U.: 1996, S.113f. Der zentrale Medienakteur ist oft Programm. Titel des 26.09.2000 von Fernsehsen- dungen, die direkt auf den Moderator oder Protagonisten weisen und damit als Personalisierungsindikator verstanden werden können (BWZ Nr. 38): Boulevard Bio, Dr. Specht, Ellen, Sabrina, Die Oliver-Geissen- Show, Hans Meiser, Quincy, Ellen, Die Larry-Sanders-Show, Vera am Mittag, Sonja, Peter Imhof, Richterin Barbara Salesch, Die Harald-Schmid-Show, Matlock, Rosanne, Arabella, Andreas Türk, Nicole, Max, Sissi, Domian, Der Prinz von Bel-Air, Cagny & Lacey, Ally McBeal, Bob Morane, Roswell, Clarissa, Goofy & Max, Yasmine, Alfred Kwak, Siebenstein, Shirley Homes, Sissi, Amanda und Betsy, Mona der Vampir, Fliege, Sa- bine Christiansen, Kommissar Beck

159 Vgl. Löffelholz, M.: 1993, S.11-32

160 „Das wahre Leben“ 1994 auf Premiere gestartet, kann als Ausgangspunkt des Reality-TV Konzepts in Deutschland betrachtet werden. Es folgten z.B. „The real world“ (1996 MTV), „Die Fussbroichs“ etc.. Vgl. zur Eingrenzung des Genres, Wegener, C.: 1994

161 SAT1 startete als erster deutscher Privatsender den Programmbetrieb am 01.01.1985. Noelle-Neumann, E.: 1989, S.344

162 als Konsequenz „Verhaltensorientierten Spielshows“ lässt sich diese Entwicklung erkennen, Müller, E.: 1995, S.100ff

163 Fromm, B.: 1999, S.19

164 Ebd., 1999, S.26

165 Das „Duzen“ beispielsweise ist die Regel und schafft damit eine Atmosphäre der Vertrautheit.

166 Ebd., S.27, siehe auch die Ausführungen oben 2.2.5

167 Diese Interpretation vertritt die Medienpsychologin Schorr, A.: Rheinische Post vom 20.05.2000

168 Zugriff am 10.09.2000, http://members.aol.com/ralphjk/niceguys/excerpt.htm

169 Sendungen, die dem Big Brother Konzept sehr ähnlich sind (teilweise noch in der Planung, teilweise schon auf Sendung): Der Bus, Expedition Robinson, Gefesselt, Das Inselduell, Big Diet, Fort Boyard, Der Rätselflug, Der Maulwurf, Taxi Orange, Der Frisör. Spiegel online vom 14.08.2000, http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,88912,00.html und Spiegel online vom 23.08.00, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,90359,00.html

170 W&V 38/2000, S.124-128

171 Beispielsweise wurden in der „Lindenstraße“ Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Rechtsradikalismus oder Homosexualität verarbeitet.

172 Gestartet am 27.02.2000 auf tm3, Berliner Morgenpost online vom 20.01.2000, http://www.berliner-

morgenpost.de/cgi-bin/e?u=/bm/themen/thema133.html

173 Z.B. das erfolgreiche Talk-Radio „Domian“ auf Eins-Live.

174 Spiegel online vom 28.02.2000, http://www.spiegel.de/netzwelt/medien/0,1518,66754,00.html

175 Spiegel online vom 21.08.2000, http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,89979,00.html

176 Mit Medienkommunikation ist vor allem das Internet mit der medienvermittelten Individualkommunikation E- Mail gemeint, wie auch der - eher massenmedial einzustufende - Zugriff über das WWW auf die großen Kommunikationsdienstleister wie AOL, Yahoo, etc. oder die klassischen Medienorgane wie Tageszeitungen und Zeitschriften, die sich auch im Internet etabliert haben.

177 Vgl. Kressin, R.: 1998, S.124

178 zum Format „Talkshow“ siehe die Übersicht an Presseresonanz in Fromm B.: 1999, S.13ff

179 Vgl. Wehner, J.: 1997

180 Baudrillard, J.: 1994

181 Haben sich zur ersten Staffel 10.000 Bewerber gemeldet, waren es zur zweiten 70.000. W&V 38/2000, S.124

182 Damit ist die Präsenz in den Klatschspalten der Boulevardpresse gemeint. Sahner, Paul (Bunte Reporter) zi- tiert in Gehrens, O.: Der Spiegel Nr.41/09,10.2000, S.101

183 Siehe Huth, S.: 1978, S.235-290

184 In Kapitel III.2.1 wurde bereits die grundsätzliche Möglichkeit medialer Interaktion zur Wirklichkeitskonstruktion dargelegt.

185 Einerseits sind es private Themen in Talkshow und -radio, andererseits Darbietungen im Internet z.B. durch Web-Cams. Weiteres siehe oben und vgl. Hickethier, K.: 1985, S.87-92

186 Am 30. Dezember 1999, dem Entscheidungstag der Show, schauten über 3,5 Mio. niederländische Zuschauer Big-Brother, das entspricht einer Sehbeteiligung von 73%. Mit 52 Mil. Page-Views während der gesamten Laufzeit wurde die Internetseite www.big-brother.nl extrem häufig besucht. Pressemeldung von Edemol des 03.01.2000, http://www.endemol.com/

187 Sieben Regeln wurden aufgestellt, die den Spielablauf maßgeblich bestimmten. Zugriff am 23.08.2000, http://www.bigbrother.de/

188 Beispielweise mit „Stoff für TV-Voyeure“, Berliner-Morgenpost online vom 20.02.2000, http://212.172.17.10/archiv2000/000120/fernsehen/story25341.html

189 GZSZ steht für „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, eine erfolgreiche deutsche TV-Serie im öffentlich-rechtlichen Vorabendprogramm. Die Fernsehkritikerin Klaudia Brunst (2000) bezeichnet so die neue, junge TV- Generation.

190 Tagesschau online vom 06.03.2000, http://www.tagesschau.de/archiv/2000/03/06/aktuell/meldungen/bigbrother

191 Spiegel online vom 19.05.2000, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,77200,00.html

192 Siehe Pressemeldungen Endemol vom 03.02.2000, http://www.endemol.nl

193 Welt online vom 28.04.2000, http://www.welt.de/daten/2000/04/28/0428mm164853.htx

194 170 Mio. Seitenaufrufe auf http://www.big-brother.de/, auch die spanische Seite http://www.granhermano.telecinco.es/ hat entsprechend überdurchschnittliche Zugriffszahlen, W&V: Nr. 19/2000, S.175

195 Spiegel online vom 24.04.2000, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,73994,00.html

196 Rheinische Post online vom 13.04.2000, http://www.rp- online.de/news/multimedia/tv/bb_sladdi_dukatenesel.html

197 Presseerklärung der CDU vom 31.01.2000

198 Kurt Beck (SPD) begründete so seine Verbotsforderungen am 23.01.2000.

199 Frau im Spiegel 02.02.2000

200 Süddeutsche Zeitung vom 17.02.2000

201 Spiegel online vom 02.03.2000, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,67341,00.html

202 Siehe auch Tabelle 1 unten

203 Berliner Zeitung online vom 11.04.00, http://www.berlinonline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/2000/0411/medien/0013/index.html

204 Zitiert in Berliner Morgenpost online vom 28.04.2000, http://212.172.17.10/archiv2000/000428/fernsehen/story55398.html

205 Berliner Morgenpost online vom 28.04.2000, http://212.172.17.10/archiv2000/000428/fernsehen/story55398.html

206 Rheinische Post online vom 13.04.2000, http://www.rp-online.de/news/multimedia/tv/zladdy_geht.html

207 NEWS online vom 17.05.2000, http://www.news.at/magazin/ausgaben/200020/stories/0400.asp

208 Rheinische Post online vom 17.05.2000, http://www.rp- online.de/news/multimedia/tv/bb_sladdi_dukatenesel.html

209 Ebd.

210 Spiegel online vom 27.07.2000, http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,86897,00.html

211 Rheinische Post online vom 01.03.2000, http://www.rp-online.de/news/multimedia/tv/bigbrother_einzug.html

212 Spiegel online vom 05.06.2000, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,79478,00.html und Süddeut- sche Zeitung online vom 15.06.2000, http://www.szarchiv.de/REGIS_A10636635;internal&action=hili.action&Parameter=big-brother

213 Rheinische Post online vom 22.03.2000, http://www.rp-online.de/news/multimedia/tv/bb_persiflage.html

214 Die Parodie „Sick Brother“ mit Niels Ruf auf Viva 2, gesendet am 30.06.2000 um 22.00 Uhr, mit Ex Bewohnern und Pseudo-Nominierungen oder die Verarbeitung auf Radio EinsLive verfuhr analog.

215 Rheinische Post online vom 02.03.2000, http://www.rp-online.de/news/multimedia/tv/rtl_bb.html

216 Finacial Times Deutschland online vom 02.05.2000, http://www.ftd.de/tm/me/FTDC92JSR7C.html?nv=se

217 Siehe die Erläuterungen im Text

218 Friedrichs, J.: 1982, S.316

219 Rheinische Post online vom 15.06.2000, http://www.rp-online.de/news/multimedia/tv/bb-juergen-keine- auftritte.html

220 Pressemeldung Endemol vom 03.01.2000, http://www.endemol.com/

221 Zugriff am 20.06.2000, http://www.big-brother.de/

222. Spiegel online vom 21.09.2000, http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,91557,00.html

223 Ebd.

224 ZDF online vom 27.04.2000, http://www.zdftext.de/unterhaltung/chartattack/interviews/37355/index.html, laut RTL2 ist das Zlatko Lied „Ich vermiss dich“ und der Titelsong der 3.Generation „Leb“ über 1,4 Mio mal ver- kauft worden. Zugriff am 25.06.2000, http://www.rtl2.de/serien/bigbrother/content/shop.htm

225 Spiegel online vom 21.09.2000, http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,91557,00.html

226 auf der offiziellen Big Brother Merchandising Seite der Schweiz, Zugriff am 04.05.2000, http://www.mailorder.ch/0016_00.htm

227 Rheinische Post online vom 17.05.2000, http://www.rp- online.de/news/multimedia/tv/bb_sladdi_dukatenesel.html

228 Zugriff am 23.06.2000, http://www.games-guide.de/pcgames/geschicklich/b/big_brother_game.htm

229 Financial Times Deutschland online vom 02.05.2000, http://www.ftd.de/tm/me/FTDC92JSR7C.html?nv=se

230 Hamburger Abendblatt online vom 06.06.2000, http://www.abendblatt.de/bin/ha/set_frame/set_frame.cgi?seiten_url=/contents/ha/news/wirtschaft/html/060600 /1906MITT23.HTM

231 Mikos, L. et al.: 2000, S.124

232 Siehe auch die Regeln oben 1.1

233 Hamburger Abendblatt online vom 06.06.2000 http://www.abendblatt.de/bin/ha/set_frame/set_frame.cgi?seiten_url=/contents/ha/news/wirtschaft/html/060600 /1906MITT23.HTM

234 Charlton, M. & Neumann-Braun, K.: 1992, S.70

235 Ihr erster Hit war „Vater, wo bist Du ?“ (goldene Single 19.02.99), womit sie das komplizierte Verhältnis zw i- schen Eltern und Kindern besonders während der Pubertät thematisieren.

236 Vgl. zur genauen Differenzierung von Quiz-, Game- und Sportspielen, Hallenbergener, G.: 1990, S.120ff

237 Vgl. Wegener, C.: 1994

238 Mikos, L. et al.: 2000, S.132

239 Es gab immer wieder Meldungen, in denen angebliche Schauspieler unter den Bewohnern ausgemacht wur- den, aber es blieb bei unspezifischen Verdächtigungen.

240 Hügel, H.O.: 1993, S.39

241 Mikos, L. et al.: 2000, S.123-140

242 Sein Auszug wurde deshalb als Bruch empfunden, da er danach weitreichend durch Medien inszeniert wurde. Mikos, L. et al.: 2000, S.149

243 Ebd., S.163-180

244 Ebd., S.171ff

245 Es wurde schnell zum „Pausenthema Nr.1“. RP-online vom 20.05.2000, http://www.rp- online.de/news/lokales/mettmann/2000-0520/meb0000003_14000.html

246 Interview am 14.09.2000 auf RTL: 21.15 Uhr „Big Brother - die 2. Runde“

247 Siehe Kapitel II.2

248 Horton, D & Wohl, R.R.: 1956, S.33

249 So verhielt sich vor allem „Jürgen“. Ganz präzise betrachtet war selbstverständlich die Kamera adressiert.

250 „Alex“ verhielt sich fast durchweg so.

251 Keppler, A.: 1996, S.16, Teichert spricht von „Repräsentativrollen“. Teichert, W.: 1973, S.378

252 Keppler, A.: 1996, S.16

253 So wird eine Serie wohl erst dann interessant, wenn Kenntnisse über die Protagonisten und ihre Rollen und Aufgaben vorhanden sind. Auch Umberto Eco weist darauf hin, dass bereits erkennbare Repetitionen bekann- ter Elemente die Wirkungskraft der Fernsehunterhaltung ausmacht. Eco, U.: 1987

254 RTLII war durchaus bemüht, Bewohner in bestimmten Rollen zu inszenieren, wie es z.B. bei „Alex“ als typi- scher Macho der Fall war. Allerdings wurden diese Konstruktionen durch reales Handeln häufig durchbrochen. So konnte man „Alex“, der ein Liebesverhältnis mit Manuela verband, dann auch minutenlang weinend auf dem Sofa betrachten, als sie freiwillig den Container verlassen hatte. Dort durchbrach das reale Handeln die inszenierten Rollentypisierungen. Siehe auch oben Kapitel 1, Inszenierung oder Authentizität ?

255 Sonst wären sie ein unverständliches Konglomerat an Handlungen.

256 Siehe in diesem Zusammenhang auch Kepplers Konzept der identifizierenden und distanzierenden Rezeption (IV.1 und auch IV.2).

257 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.35, siehe auch Kapitel III.2.1.2

258 So wurde z.B. aus einem Big-Brother-Bewohner, Alex, Single, Szene Kneipier, körperbetont, Porschefahrer etc.

259 Siehe auch oben 2.3.2

260 Für die 2. Staffel gibt es z.B. jeden Sonntag „Big Brother - Family & Friends Talk und aktueller Background“ 16.45 bis 17.45 Uhr.

261 Auszug des original Untertitel des Magazins zur Serie

262 Von der Waldorf-Schülerin bis zum Automechaniker war alles dabei.

263 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.36

264 Siehe auch oben 2.1

265 Berger, P.L. & Luckmann, T.: 1972, S.34

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Mediale Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Autor
Jahr
2001
Seiten
82
Katalognummer
V100636
ISBN (eBook)
9783638990615
Dateigröße
818 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die vorliegende Arbeit skizziert die gesellschaftliche Konstruktion von Alltagswirklichkeit auf der Basis der Theorie des symbolischen Interaktionismus, um im Weiteren Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich die Rezeption von Massenmedien in das theoretische Konzept integrieren lassen könnte. Mit Hilfe des aktuellen Fernsehereignisses ?Big-Brother? können einige aufgezeigte Möglichkeiten illustriert werden, um in einem abschließenden Fazit die Bedeutung des Rezeptionsvorgangs für die Konstruktion der Alltagswirklichkeit anhand der vorgestellten Theorie zu erörtern. Die Arbeit ist vor der Fragestellung über den Zusammenhang medialer Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit zu lesen, der aufgrund des theoretischen Ansatzes in einer spezifischen Weise erörtert wird.
Schlagworte
Mediale, Kulturproduktion, Alltagswirklichkeit
Arbeit zitieren
Axel Kilian (Autor:in), 2001, Mediale Kulturproduktion und Alltagswirklichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100636

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