Die Spuren der Tuareg - Die Transformation einer Nomadengesellschaft


Seminararbeit, 1997

31 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Gesellschaftsstruktur der Tuareg: eine traditionsverhaftete Kultur in einer stabilen Umwelt?
1.1 Einleitung
1.2 Chronologie

2. Vorbedingungen des heutigen sozialstrukturellen Wandels der Tuareg in Algerien.
2.1. Die Zerstörung der ökonomischen Basis
2.2 Abweichung und Widerstand gegen die erzwungene Transformation: Revolte, Gesellschaft und Umweltbedingungen in Gourma: die Aufstände der Tuareg 1915 - 1916
2.2.1 Die Kolonisationsereignisse
2.2.2. Die empfindlichen ökologischen Rahmenbedingungen und die Revolte unter den Stammesrepräsentanten

3. Die Periode der Dekolonisation am Beispiel der Kel Ajjer in Süd-Algerien
3.1 Die Fragmentarisierung der Stammesverbände durch Staatenbildung und Administration
3.2. neue Wirtschaftsbedingungen
3.3. Die Arabisierung
3.4 Die ökonomischen Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene
3.5 Die konkreten Trasformationsphänomene der jeweiligen sozialen Schichte der Tuareg
3.5.1 Die Adelsklasse der Imajeren
3.5.2 Die Vasallenklasse der Iforas
3.5.3. Die Klasse der Bauernvasallen, der Imrad
3.5.4. Die einstige Sklavenschichte der Iklan
3.5.5. Die Ineden als typischer Sonderfall einer handwerlkichen Sonderschichte
3.6. Zusammenhänge zwischen dem staatlichen Systems und den sozialen Schichten der Tuareg
3.7 Abschließende Bemerkung

4. Die jüngste Revolte der Tuareg 1990 - 1995.
4.1 Die vielschichtigen Ursachen der Rebellion
4.2 Die Situation der Tuareg in Mali
4.3 Die Situation der Tuareg in Niger
4.4 Die derzeitige Situation der Tuareg-Flüchtlinge und die notwenigsten Lösungsansätze

Literaturliste

1. Die Gesellschaftsstruktur der Tuareg: eine traditionsverhaftete Kulltur in einer stabilen Umwelt?

1.1 Einleitung

Das Wort "Tuareg" war immer mit dem romantischen Klischee einer typischen Nomadengesellschaft verbunden, die das Ideal der Unabhängigkeit und Freiheit lebten. Doch längst ist diese Kultur Opfer der abendländischen Kultur, deren Wesen durch den Fortschritt auf wissenschaftlicher, technologischer und wirtschaftlicher Ebene geprägt ist. Waren die Tuareg in Wahrheit auch immer in das makroökonomische Gesamtsystem Europas und Afrikas als Zwischenhändler in einem Randbereich eingebunden, ein Umstand, auf dem ihre eigentliche kulturelle Stellung beruhten, so droht sich die Gesellschaft der Tuareg im Trubel einer sich beschleunigenden und globalisierenden Fortschrittswelt zu verlieren. PONS stellte dazu lakonisch fest: "Les plus pessimistes ne vont-ils pas jusqu'à parler des "Indiens de l'Afrique"!"1

Es ist wahr und - aus einer humanitären Perspektive betrachtet - tragisch, daß die Gesellschaft der Tuareg solchen gravierenden Einflüssen und Veränderungen in ökonomischer wie politischer Hinsicht - ausgesetzt ist, Veränderungen, die aus der Verschmelzung abendländischer und traditioneller Lebensformen resultieren. Dieses kulturelle Phänomen ist bei allen Gesellschaften der modernen und postmodernen Welt zu beobachten. Im besonderen Fall des Staates Niger allerdings kann man nicht mehr nur von bloßen - mehr oder minder problematischen - Folgen einer kulturellen Transformation sprechen: läßt man eine menschliche Sichtweise im wissenschaftlichen Diskurs überhaupt zu, so unterscheidet sich die dort erzwungene kulturelle Zerstörung nur wenig von einem Völkermord.

In Anbetracht der Globalisierung der Weltwirtschaft und des rigorosen und vereinnahmenden Einflusses der abendländischen Kultur ist es dennoch notwendig, behutsam in der Begriffswahl vorzugehen, weshalb der Ausdruck "Opfer" für die Gesellschaft der Tuareg vermieden werden sollte, wenn man das Phänomen der Transformaiton einer Gesellschaft verstehen will. Freilich scheint gerade diese Forderung im wissenschaftlichen Diskurs das schwierigste Unterfangen zu sein: die Suche und Konstruktion von Erklärungshypothesen unter weitgehender Vermeidung von ideologischen Dogmen, ohne gleichzeitig die Fähigkeit für das Verständnis und das Mitgefühl gegenüber dem Schicksal des untersuchten "Objekts" aufzugeben". Denn niemals darf man vergessen, daß sich hinter diesem "Objekt" menschliche Wesen verbergen - wie der Beobachter selbst eines ist.

Besonders in dieser Arbeit gilt es festzuhalten, daß sich die Transformation oder Entwicklung der Tuareg-Gesellschaft stets als permanenter Prozeß vollzog - seit ihrem ersten Auftreten, also seit den ersten Indizien, die eine Identifikation der Tuareg erlauben. War und ist doch die Tuareg-Kultur - wie jede Kultur - ein soziales System, das im Sinne einer Wechselwirkungsweise primär an die schwierigen natürlichen Umweltbedingungen, die Wüste, angepaßt sein muß(te), um überleben zu können, so bewirkten darum Transformationen der natürlichen Außenwelt notwendigerweise auch eine reaktive Transformation der Kultur.

Im Gegensatz dazu verstand sich unsere abendländische Kutlur als ein "transformierendes" System, die seit dem Anbruch der Neuzeit gezielt nach Möglichkeiten und Wegen sucht, um die Natur als solche im Sinne eines bedrohlichen Feindes zu bezwingen und mit Hilfe der neugewonnenen Erkenntnisse die konkrete Umwelt den Vorstellungen der Gesellschaft zu unterwerfen. In der Wissenschaft machte sich dieser Wandel am Erstarken der naturwissenschaftlichen Methodologie unter gleichzeitiger Zurückdrängung der ganzheitlichen Alchimie bemerkbar. Dieser Wechsel der Paradigmen betreffend der Stellung des Menschen gegenüber der Natur mündete in das allumfassende und letztlich allkonstituierende Prinzip des "Fortschritts", der in wachsendem Maße zu einer technologischen Dominanz in militärischer Hinsicht als grundlegende Voraussetzung für die nachfolgende kulturelle Vereinnahmung führte. In unserem betrachteten Beispiel will ich somit das westliche Paradigma des "Fortschritts" als zentrale Ursache für die Transformation der Tuareg-Kultur in den Raum stellen, eine Transformation, die - gemäß den Gesetzen des Fortschritts - ihrerseits einer Beschleunigung unterworfen zu sein scheint.

Seit Beginn dieses Jahrhunderts wurde das Ausmaß des Einflusses des Westens auf die Tuareg-Kultur derartig grundlegend, die ausgelösten und erzwungenen Veränderungen derartig radikal und rasch, sodaß man nicht umhin kommt, von einer rogorösen Zerstörung der traditionellen Sozialstrukturen zu sprechen. Dies mag wohl die plausibelste Erklärung für die Revolte von Gourma 1915 sein, einem Akt des verzweifelten Widerstandes gegen diese kutlurelle und ökologische Unterwerfung.

Die Darstellung der Umstände von Gourma bildet den ersten Teil dieser Arbeit. Im zweiten Teil soll die Transformation der Sozialstruktur der Tuareg in Algerien genauer dargestellt werden.

Die aktuelle Situation des überwiegenden Teils der weit verstreuten Tuareg-Völker kann generell als trostlos bezeichnet werden. 1990 flackerte eine erneute Bewegung des Aufstandes der Tuareg gegen die schwarze Mehrheit in Niger und Mali auf, nachdem Proteste hungender Tuareg in Flüchtlingslagern gegen die Unterschlagung internationaler Hilfsgüter durch die Regierungen in Niamey und Bamako blutig niedergeschlagen wurden. Der folgende, jahrelange "Bürger"-Krieg der Aufständischen führte in erster Linie zum Verlust touristischer Ressourcen, zur Flucht von tausenden Familien in die algerischen Auffanglager um Tamanrasset - und letztlich wohl auch zu wohlwollenden Abkommen mit den schwarzen Regierungen, die mehr versprechen, als an Durchführungswille ermöglichen könne. Ein kurzes Resümee dieser Ereignisse und der aktuellen politischen Situation soll meine Arbeit abschließen.

1.2 Chronologie

13.-15. Jahrhundert: Südeuropa ist mit Schwarzafrika durch die "Goldroute" verbunden, der wichtigsten Handelsstraße für Salz, Gold und Sklaven, beherrscht durch die Karavanen der Tuareg.

1479 erreich Benedetto Dei als erster Europäer Timbuktu.2

16. Jahrhundert: Die Entdeckung Amerikas und die nachfolgende Plünderung der Inka- und Azteken-Schätze führte zum eigentlichen Ende des Transsahara-Handels und damit zum Ende der großen Karavanen. In den folgenden Jahrhunderten reduzierte sich der Handel auf die traditionellen Austauschgüter wie Salz und Hirse.3

1650: Nach einer Ära der Einheit unter den nördlichen Tuareg-Stämmen kommt es zur Sezession zwischen den Kel Hoggar und den Kel Ajjer.

1854: Sidi Otman, Amrar4 der Iforas5, führte Verhandlungen mit dem französischen Generalgouverneur in Algier über die Verlagerung der Endpunkt des Trans-Saharahandels von Libyen. Ziel der Franzosen ist es, den Handel mit Schwarzafrika ihrer Einflußsphäre einzuverleiben.

1862: Der Handelsvertrg von Radames (heutiges Ghadames in Libyen, nahe dem algerisch-tunesisch-libyschen Dreiländereck) zwischen dem Generalgouvernement von Algerien und dem Amenokal6 der Kel Ajjer7 besiegelt das der französischen und algerischen Karavanen, den Einflußbereich der Kel Ajjer unter den gleichen Bedingungen zu durchqueren wie die tripolitanischen Handelskarawanen.8

1867-1878: Krieg zwischen den Kel Aggar (i.d.F. Hoggar genannt) und den Kel Ajjer.

1874: Die Türken besetzen Rhat und installieren eine Garnison.

1899: Mission Fourneau-Larmy: ein militärischer Vorstoß-Versuch des französischen Militärs ins Gebiet der Kel Hoggar endet als tödliches Desaster für alle Missionsbeteiligten.

Fashoda-Krise: französisch-britische Deklaration über die Aufteilung der Interessens- und Einflußsphären in Afrika.

In Salah, ca. 1500 km südlich von Algier, wird von den französischen Truppen besetzt.

1902: Niederlage der Kel Hoggar gegen die Franzosen bei Tit.

1903: Der französisch-italienische Geheimvertrag garantiert das Desinteresse Frankreichs an Libyen und im Gegenzug die Anerkennung der italienischen Interessen.9

1904: Musa ag Amestan, de neue Amenukal der Kel Hoggar, unterwirft sich dem Franzosen. Zwischen den Franzosen und den Türken wird eine neutrale Zone in der Region von Tassili Tassili-n-Ajjer eingerichtet. In den Fogejahren unternehmen die Kel Hoggar, ausgerüstet vom französischen Militär, diverse Rezzus10 gegen die Kel Ajjer, die in der türkischen Einflußsphäre liegen.

1911/12: Türkisch-italienischer Krieg, der u.a. zur gänzlichen Einverleibung Libyens ins Osmanische Reich führt.

1915-18: Die Rebellion der Sanusiya und der Tuareg gegen die Kolonialmächte.

1931: In Libyen, das mittlerweile zur Gänze von italienischen Truppen besetzt ist, verliert die letzte Sanusiya-Bastion ihre Unabhängigkeit.

1951: Unabhängigkeit Libyens; die östlichen Kel Ajjer werden Teil der Republik Libyen.11

1962:, Unabhängigkeit der Republik Algerien, zu der nunmehr die westlichen Kel Ajjer gehören.12

1962-63: Tuareg-Revolte in Mali, die in der Folge mit härtesten Mitteln unterdrückt wird und zu einem massiven Exodus nach Algerien führt.

1970-85: Zwei ungewöhnlich lange Dürreperioden (1970-73, 1984-86) verursachen eine Hungerkatastrophe von historischem Ausmaß im Sahel. Die Lebensmittelhilfen westlicher Staaten für betroffene Tuareg-Regionen werden von den lokalen Regierungen abgefangen. Sukzessive flüchten hunderttausende Tuareg-Familien in Richtung Algerien, Libyen und in die südlichen bzw. süd-westlichen Gebiete.

1985-90: Die Situation entspannt sich allmählich. Algerien weist 1987 18.000 nigerische Tuareg aus dem Land, ohne daß in Niger entsprechende Vorbereitungen getroffen werden. In Mali werden abermals internationale Hilfgüter für Tuareg-Flüchtlingslager abgefangen.

Mai 1990: Einen Tuareg-Angriff auf einen Posten der nigerischen Gendarmerie, motiviert durch die Proste gegen die Unterschlagung internationaler Hilfsgüter seitens der Regierung in Niamey, wird mit einem Massaker im Flüchtlingslager von Tchin-Tabaradène durch die nigerische Armee sanktioniert und fordert 2000 Todesopfer.

29.6.1990: Zusammenstoß zwischen Tuareg und der malinesischen Armee, provoziert durch die Arretierung nigerischer Tuareg-Flüchtlinge. Die Eskalation der malinesischen Repression führt einerseits zur Auslöschung zahlreicher Tuareg-Dörfern, andererseits zur dezidierten Erhebung der Rebellen.

8.-9.1990: Die malinesische Armee erleidet emp findliche Niederlagen.

13.9.1990: Das Parlement der Europäischen Union verfaßt eine Deklaration, wonach die Tuareg von der Vernichtung bedroht sind.

Jänner 1991: Malis Diktator Traoré unterzeichnet ein Waffenstillstandsabkommen mit den Rebellen in Tamanrasset.

Anfang 1992: Der charismatische Führer Mano Dayak aus Agadez muß ins Exil nach Frankreich flüchten.

11.4.1992: Ein "nationaler Friedenspakt" zwischen der malinesischen Regierung und den Tuareg-Rebellen soll das Ende der Rebellion besiegeln und verspricht einen regionalen Sonderstatus, Entwicklungsprogramme und die Integration der Tuaregkrieger in die Armee.

August 1992: 200 Tuareg-Zivilisten, vornehmlich traditionelle Klan-Chefs, werden von der nigerischen Armee arretiert.13

Frühling 1994: Erneute Erhebung der Rebellen in Mali und weitreichende Massaker durch schwarze Selbsthilfe-Milizen an Tuareg-Zivilisten.

Juni bis September 1994: 1.200 Tuareg werden in Mali massakriert.

22.8.1994: Auf der Sicherheitskonferenz in Bamako beraten die sechs betroffenen Staaten gemeinsame Lösungsaktionen für das "Problem Tuareg" - ohne Ergebnisse.

9.10.1994: Infolge der Bemühungen des neuen, demokratis ch gewählten Staatschef des Nigers, des Zivilist Mahamane Ousmane, wird in Ouagadougou ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und den Rebellen unterzeichnet.

19.12.1994: Das Europaparlament und die Entwicklungskommission veröffentlichen eine gemeinsame "Resolutionüber die Massaker an Tuareg durch die Armee Malis", verbunden mit weitreichenden Forderungen an die malinesische Regierung.

Ende 1994: An die 200.000 Flüchtlinge befinden sich in Algerien, Mauretanien und Boukina-Faso.

12.1.1995: Die PNUD, die Partei der Tuareg, wird erstmals zu freien Wahlen zugelassen erringt drei Parlamentssitze.14

24.4.1995: Unterzeichnung des ausführenden Friedensabkommens in Niamey, das weitgehende Autonomie und verstärkte Finanzhilfen für die Aîr-Region sowie eine Generalamnestie für alle Rebellen und Soldaten der Regierungstruppen vorsieht.

2. Vorbedingungen des heutigen sozialstrukturellen Wandels der Tuareg in Algerien.

Die heutigen sozialen Transformationsphänomene sind bereits selbst die Folgeerscheinungen von Problemen, die aus der algerischen Integrationspolitik resultierten. So war es das ehrgeizige, für endlich unabhängig gewordene Staaten typische Ziel Algiers, die nationale Einheit zu verwirklichen und zu diesem Zweck die Minderheiten der Berber in den Kabylen15 sowie der Tuareg in der Sahara einer modernen, sozialistischen und insofern "fortschrittlichen" Bevölkerung erzuverleiben.

Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß diese Wandlungserscheinungen letztlich die Fortsetzung der ersten Transformationen sind, die aus dem Kontakt mit den Kolonialmächten und deren späterer Befriedung der kriegerischen Tuareg resultierten. Auch die koloniale Verwaltung hatte bereits tiefe Scharten in das soziale System der Tuareg geschlagen. Dies soll nun kurz skizziert werden.

2.1. Die Zerstörung der ökonomischen Basis.

Der Trans-Saharahandel, die ursprüngliche und traditionelle Einkommensgrundlage der Tuareg, wurde seit der französischen Kolonisation marginalisiert. Insofern verloren die Tuareg ihre ökonomische Unabhängigkeit lange Zeit vor ihrer politischen Unterwerfung. In der Folge führte diese erzwungene wirtschaftliche Neuausrichtung zur weitgehenden Abhängigkeit der Tuareg-Regionen von staatlichen Subventionen in Form von Geld und Waren.

Wenn man vom einstigen Florieren des Karawanenhandels zwischen dem Mittelmeerraum und dem Sudan ausgeht, so darf man dabei jedoch nicht übersehen, daß dessen Intensität niemals stabil, sondern vielmehr starken und stetigen Schwankungen unterworfen war, abhängig von den jeweiligen politischen Umständen der verbundenen Länder.

Um das 15. und 16. Jahrhundert begann sich als logische Folge der Umstrukturierung und Ausrichtung der europäischen Wirtschaft nach den neuen Kolonien in Amerika der irreversible Bedeutungsschwund des Trans-Saharahandels abzuzeichnen. Bis ins 19. Jahrhundert blieben lediglich 4 wichtige Routen bestehen. So existierte die Route Radames - Air - Kano bis ins Jahr 1904, bei einer jährlichen Bilanz von drei Millionen Francs (6 Mio. öS) Umsatz. Eine radikale Zäsur in den Handelsangenden verursachte das amerikanische Verbot des Sklavenhandels am Ende des 19. Jahrhunderts, wurden doch noch im Jahr 1857 ganze 90 Prozent der angebotenen Handelsware von Skalven belegt, wie Heinrich Barth berichtet hatte. Dagegen wurde Salz von Amadror gegen Getreide und Stoffe aus dem Sudan auf der regionalen Route Radames - Air noch bis 1910 gehandelt.16

In weiterer Folge beschleunigte die französische Kolonisation sowie die Wandlung des regionalen Handels den Niedergang der Karawanenaktivitäten. Der endgültige Zusammenbruch wurde letztlichdurch die Konstruktion der jungen, unabhängigen Nationalstaaten herbeigeführt, deren neue, nach weitgehender Willkür gezogene Grenzen die unbehinderte Fluktuation der Nomaden verunmöglichten.

Ziel der französischen Kolonial- und Interventionspolitik in Nordafrika war es gewesen, zur besseren Kontrolle des Handels die Warenströme nach Algier umzuleiten. Dabei war es eine häufig praktizierte Methode, schwach bewaffnete Karawanen durch die Armee anzugreifen. Die geraubten Güter konnte man einige Zeit später wieder bei den französischen Händlern in Tripolis finden. Weil die Tuareg erbitterten Widerstand gegen die koloniale Penetration der Franzosen leisteten, richtete sich die zweite zentrale Methode gegen die Nomaden persönlich, indem ihr Zutritt zu den kontrollierten Warenumschlagplätzen mittels rigoroser Verbote unterbunden wurde.

Heute ist der Trans-Saharahandel der Tuareg zwischen dem Tassili-Gebirge in nödlichen Niger und dem Sudan praktisch tot - mit Ausnahme des mengenmäßig unbedeutenden Schmuggels und des Salzhandels. Dagegen wird Getreide per Lastwägen, staatlich subventioniert, von den fruchtbaren Regionen um Algier und Gardhaia geliefert. Einen relevanten Markt für regionale Produkte gibt es nicht - abgesehen von den kleinen lokalen Umschlagplätzen für Gemüse und Handwerksprodukte bzw. vom alljählich stattfindenden großen "Afrika-Marktes" Ende Jänner in Tamanrasset.17

In den 80er-Jahren machte sich sogar ein gewisses Wachstum des Handels zwischen Agadez und Libyen bzw. Tunis bemerkbar.18 Diese Entwicklungstendenz wurden jedoch durch die Tuareg-Revolte in Niger und Mali, insbesondere aber durch die Abriegelung der Grenzen infolge des zweiten Golfkriegs wieder vollig zunichte gemacht.19

2.2 Abweichung und Widerstand gegen die erzwungene Transformation: die gesellschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen der Tuareg-Revolte in Gourma 1915 - 1916

Die Jahre 1915 und 1916 hatten eine Periode der Wut und Verzweiflung 20 in die französische Kolonie Obersenegal und Niger gebracht. Die Erfordernisse des ersten Weltkriegs hatten auch der dortigen unterworfenen Bevölkerung hohe Tribute abverlangt, hauptsächlich in Form von umfassenden Rekrutierungen, die jedoch gerade in eine Phase fiel, da die Lage der Versorgung mit Lebensmitteln äußerst gespannt war. Die Tuareg-Stämme waren vom Gefühl der Unsicherheit gezeichnet, sahen sie sich und die Reproduktion ihrer Gruppe doch von plötzlich völlig neuen Existenzbedingungen bedroht:

Die koloniale Intervention, die aufgezwungene neue Wahrheit des französischen Imperiums in Gestalt der regionalen Administration, die unausweichliche Konrontation mit dieser fremden Ordnung hatte für die Turareg zu weitreichenden Beeinträchtigungen der sozialen Strukturen im ganzen, insbesondere aber des Gefüges innerhalb der Führungsschichte geführt. Zu diesen Perturbierungen des kulturellen Selbstverständnisses kam noch die entwürdigende Hungerkatastrohe einer Dürreperiode hinzu. In Anbetracht dieser Tatsachen läßt sich der Ausbruch und Verlauf der Revolte fast wie der gezielte Versuch einer Wiederherstellung des einstmals vertrauten symbolischen und materiellen Raums lesen, ein Raum, die die neu geschaffene Wirklichkeit wieder überlagern und verdrängen sollte.

2.2.1 Die Kolonisationsereignisse

Bis zu ihrer kolonialen Unterwerfung im Jahr 1894 hatten die Stämme von Gourma niemals eine Niederlage gekannt. Von diesem Zeitpunkt an waren sie nunmehr mit der Verwaltung Durch das französische Militär konfrontiert, das den Lebensraum und die Beziehungen innerhalb der Tuareg-Stämme vereinnahmte, ständig neue Verbote erließ und völlig neue Verhaltenskodizes wie den "code penal", das französische Strafgesetzbuch, auferlegte. Darin spiegelte sich die grundelgende Strategie der neuen Herrscher wider, die in Gestalt ihrer zentralisitschen Verwaltungsstruktur ein neues System zur Regulation der sozialen Beziehungen untereinander errichten wollten.

Doch gerade die ursprünglichen Beziehungsschemata waren die tragenden Säulen des Tuareg-Selbstverständnisses gewesen, die elementare Ausprägung einer Krieger-Identität. Die Absicht dieser normativen und disziplinären Vereinnahmung war es, aus einem Tuareg-Krieger einen friedlichen Hirtennomaden zu machen, um den Bewegungsraum der nomadisierenden Bevölkerung effektiver regeln und kontrollieren zu können.

Die Friedensverträge, die im Anschluß an die jeweilige militärische Niederlagen und völlige Kapitulation aufoktoyiert wurden, teilten jedem Stamm ein genau abgegrenztes Gebiet als Raum für ihre zyklichen Wanderungen zu. Jede Bewegung war somit der strengen behördlichen Genehmigung unterworfen, ohne in irgendeiner Weise Rücksicht auf die Erfordernisse einer Nomadengesellschaft zu nehmen, nämlich die Aufrechterhaltung der Anpassungsfähigkeit an eine karge, lebensfeindliche Umwelt, die sich einer Umgestlatung und Kultivierung mit herkömmlichen agrikulturellen Techniken weitgehend entzog.

"Nomadiser, c´est-à-dire faire rendre au millieu tout ce qu´il peut donner en vue de la reproduction de la vie matérielle, supposait une libert é qui n´était plus acquise. 21 " ("Nomadisieren, das bedeutet, alles der Erde zurückzugeben, was sie geben kann, um das täglicheüberleben zu ermöglichen - was ein Ausmaßan Freiheit bedinge, deren Bestand nicht mehr gesichert war.")

Die Verwaltung errichtete zahlreiche Lager und unterwarf die Nomaden ihrem Regime der Anhäufung von Menschenund Güternmengen und des Wohlstands, einem Prinzip, das im diamentralen Widerspruch zu den grundlegenden Überlebensregeln in der Wüste stand. Gleichzeitig verloren die Stämme mit jenen Städte der Seßhaften, die bislang ihrer Autorität unterworfen waren, eine wichtige Quelle des Reichtums, hatten doch die Nomaden von eingehobenen Abgaben und zeitweiligen Razzien profitiert.

Durch das neue Verwaltungssystem wurde auch das soziale Beziehungsgefüge zwischen den Imajeghen, den Adeligen, und den Imghad, den Vasallen, in wachsendem Maße aufgelöst. Die rigide Restriktion der traditionellen Einkommensressourcen war eine kolonialpolitische Strategie zur Verteidigung der Interessen der bäuerlichen Bevölkerung und bezweckte gleichzeitig die Untergrabung der Güterumverteilung innerhalb der Tuareg-Stämmegeriet, die jedoch eine Grundbedingung für die Aufrechterhaltung der Allianzen war. Der dadurch ausgelöste soziale Wandel nahm sehr schnell die Ausmaße einer radikalen Umwälzung an, sodaß TATAMLY von einem realen Versagen der bisherigen sozialen Regelungsmechanismen spricht.22 So kam es beispielsweise zum plötzlichen Erlöschen traditioneller Abgrenzungen von Kompetenzen und Anspruchsberechtigungen der Schichten untereinander. So sind Klagen der Imrads überliefert, die sich von den Ichchars in regelwidrigem Maße ausgenutzt fühlten.23

Doch damit nicht genug, erzwang doch die Verwaltung darüber hinaus auch ein rigides Regime einer radikalen Teilung der Stämme. In diesem Rahmen der weitgehenden Kontrolle war auf jede Feindseligkeit von Seiten einer Tuareg-Gruppe gegen die neue Macht mit weiteren Zwangsteilungsmaßnahmen zu rechnen. Dazu wurde die jeweilige Gruppe geteilt und die Stammeschefs als politische Mittelsmänner der neuen herrschenden Ordnung installiert und instrumentalisiert. In ihrer Gesamtheit bewirkte diese Strategie binnen relativ kurze Zeit eine völlige Umkehrung der internen Verhaltenskodizes. Das ging so weit, daß die Sklaven, seit 1908 befreit und von jeder Verpflichtung entbunden, bereits ihre ehemaligen Herren bestahlen.

Erschwerend zu diesen Interventionen der Kolonialverwaltung auf den verschiedenen Ebenen der sozio-ökonomischen Struktur der Tuareg kam hinzu, daß deren Auswirkungen in einer Periode angespannter Versorgungsverhältnisse Gestalt annahmen.

2.2.2. Die empfindlichen ökologischen Rahmenbedingungen und die Revolte unter den Stammesrepräsentanten

Die Jahre der Einflußausdehnung und Durchsetzung durch die Kolonialmacht war von einer langen Phase eines sinkenden Wasserspiegels des Nigers bei ausbleibenden Regenfällen begleitet. In einer Region, wo unter normalen Umständen pro Jahr kaum mehr als 200 mm Niederschläge das Land befruchten, wurde das labile biologische Gleichgewicht schon vor der Trockenperiode durch die Ausweitung der bewirtschafteten Böden gefährdet. Der dadurch erzielten, anfänglichen Steigerung der Getreideproduktion folgte bald ein fortschreitender Rückgang der Ernten und endete letztendlich, nach der kompletten Austrocknung einiger als Notreservoirs dienenden Seen, mit der großen Hungersnot von 1914. Im März hatte die Welle der Todesopfer bereits 30 Prozent der seßhaften Bevölkerung erreicht. Die Nomadenstämme, die Dank ihrer Kenntnisse über wilde Früchte erst um einiges später betroffen wurden, verloren bis Ende August, dem Zeitpunkt der ersten Ernten, zwischen 25 und 60 Prozent ihrer Bervölkerung.

Im Folgejahr stabilisierte sich zwar die Versorgungslage, doch hatten sich das Jahr 1914 und die mageren vorangegangenen Jahre tief in Erinnerung der Tuareg eingebrannt.

Die ideologisierende Rolle des Islam In dieser Zeit ökonomischer und sozio-kultureller Umwälzungen übernahm insbesondere auch der Islam eine wichtige Rolle. Unter den traditionellerweise überzeugten Atheisten24 war die hiesige Einführung des Islams noch in einem Anfangsstadium, doch gab es zu der damaligen Zeit die äußerst dynamische geistige Unterstützung durch einige einige Marabouts, muslimische Prediger, was ihnen eine große Zuhörerschaft unter den irritierten Nomaden sicherte. Dies ist insofern bemerkenswert, als dieses neue religiöse Interesse sehr wohl zu Konflikten zwischen überlieferten Sitten und den Gesetz des Korans führte, insbesondere auf der sozialen Ebene der Imrhad, deren Aufgabenbereich sich auch auf die Pflege des geistigen Erbes ertreckte.

Die Marabouts verstanden es, die Züge eines strengen Predigers anzunehmen und ihre Themen einem neuen Begründungsschema unterzuordnen. Insofern verfügten sie über eine ausgeprägte Fähigkeit, dem sozialen Bedürfnis nach symbolischen Gütern in aller Glaubwürdigkeit gewercht zu werden. Insondere war es auch die Auflösung und weite Verstreuung zweier Stämme, die schon lange eine Marabout-Tradition geflegt hatten, den Kel es Suq und den Kel Horma, was den heiligen Männern eine große Resonanz bezüglich ihrer aufrührerischen Reden sicherte: schon vor 1915 hatte es zahlreiche Rebellionsversucht der Bevölkerung gegeben.

Im Mai des Jahres 1915, in der Zeit der schärfsten Hungersnot, profitierte ein Marabout von dem Gerücht, wonach er "auf eine quasi wundersame Weise eine seltsame Krankheit heilen konnte". Dafür wurde ihm von den erstaunten und heilshungrigen Menschen der Titel eines "Quali", eines "Heiligen" zugeschrieben, in denen zugleich endlich wieder das Gefühl der Unabhängigkeit und Überlegenheit erweckt wurde.25 Die "wundersame Heilung" deuteten die Tuareg als die Fähigkeit, die Effekte der neuen Umstände zu beherrschen. Auf diesem Wege hätte er es vermocht, den verlorenen Glauben - und damit die ursprüngliche geistige Welt der Tuareg - zu seinem alten Selbstverständnis zurückzuführen.

Die Verhaftung dieses wundersamen Marabouts im Juni 1915 und schließlich seine Verurteilung zu langjähriger Haftstrafe und Verbannung durch die Kolonialmacht führte in einer Kettenreaktion zu einer insgesamten Erstarkung der Überzeugungskraft jener Männer des Korans und zum Erstarken der Religiosität unter den Stämmen. Durch die Revolte, die von den Marabouts angekündigt wurde, erschien den Stämmen plötzlich eine Wiedererstarkung und -durchsetzung des eigenen, unabhängigen Bewußtseins realisierbar. Und die Revolte, ein radikaler Akt der Versicherung der eigenen Person, war die Verwirklichung dieser Rückkehr ihrer eigenen, ursprünglichen Welt.

Nach großen anfänglichen Erfolgen seit Dezember 1915, die sie ihrer großen Mobilität zu verdanken hatten, begann wieder die Trockenzeit: das Niveau der Wasserreservoirs sank, die Spielräume ihrer Mobilität sanken und die Konfrontation kündigte sich unabwendbar an: Die Schlacht vom 2 Juni 1916 bedeutete nicht nur für eine große Anzahl an Kriegern den Tod, sie wurde auch zur de-facto-Niederlage der Revolte, hatte doch die angespannte Lage der Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser schon zu lange angehalten und die Körper der Männer ausgemergelt. Es war die ökologischen Umstände, die das Ende der Revolte herbeiführten, denn die Perspektiven eines etwaigen Sieges waren längst geschmolzen.

Wenn letztendlich auch das Faktum der Kolonialherrschaft bestehen blieb, so hatte die Revolte dennoch eine neue und vertiefte Verbundenheit unter den Stämmen verwirklichen können, da nunmehr eine neue, weitreichende Identitätsreferenz gegeben war: der islamische Glaube konnte das ideologische Vakuum ausfüllen, Gemeinsamkeiten schaffen und den Verlust traditioneller Autoritätszuteilungsschemata innerhalb der sozialen Klassen der Tuareg nach neuen, aber nunmehr akzeptieren Regeln kompensieren.26

Diese kurze Analyse der Revolte von 1915 vermag doch ein gewisses Verständnis für die Dynamik der Rebellion in Mali et en Niger der Jahre 1990 bis 1994 vermitteln, zu der es bislang keine adäquaten Analysen gibt.

3. Die Periode der Dekolonisation am Beispiel der Kel Ajjer in Süd- Algerien

3.1 Die Fragmentarisierung der Stammesverbände durch Staatenbildung und nationale Administration

Während der Periode der Kolonisation waren fast sämtliche Tuareg-Stämme vom gleichen Administrationssystem betroffen, nämlich jenem Frankreichs. Nach der Entlassung in die Unabhängigkeit praktizierte dagegen jeder neuentstandene Nationalstaat eine unterschiedliche Poilitik, was die Behandlung der Nomaden-Minderheiten betrifft.

Das Volk der Tuareg ist in seiner Gesamtheit über die Staaten Libyen, Algerien, Mali, Niger und Bukina Faso verbreitet und umfaßt an die 1.3 Millionen Individuen. Dabei werden all jene als Mitglieder dieser Ethnie betrachtet, die Tamashequ sprechen und gemäß den Prinzipien der Tuareg-Kultur leben. Typisch ist für die heutigen Lebensumstände der Tuareg, daß sie in allen Staaten an der Peripherie als marginalisierte Minderheiten leben müssen.27

1. In Algerien leben etwa 60 000 Individuen algerischer Herkunft, das sind etwa 0,25 Prozent der Gesamtbevölkerung der Republik Algerien (27 Millionen). Hinzu kommen noch etwa 28.000 Flüchtlinge aus Mali und 23.000 aus Niger (Stand Ende 1994).28
2. In Mali gibt es etwa 700 000 Individuen, d.s. ca. 7 Prozent der malinesischen Gesamtbevölkerung von mehr als 10 Millionen, doch befinden sich insgesamt 173.000 in Anrainerstaaten, davon 82.000 in Mauretanien und 51.000 in Boukina Faso.29
3. Im Niger leben mehr als 750 000 Tuareg, d.s. ca. 9,2 Prozent der nationalen Gesamtpopulation von 8,5 Millionen Menschen.30
4. Für Boukina Faso sind keine genauen Zahlen auffindbar. Ende 1994 hielten sich dort 51.000 Flüchtlinge aus Mali auf, wobei deren ethnische Herkunft nicht nachvollziehbar ist.31
5. Darüber hinaus befanden sich Ende 1994 in Mauretanien an die 82.000 Flüchtlinge aus Mali.32

Der Stamm, der von den Tuareg am meisten von den Repressionen der Mehrheit in Mitleidenschaft gezogen wird, ist jener der Kel Ajjer, deren Weiden und Wirtschaftsräume zwischen Libyen und Algerien zerteilt und durch Zollformalitäten massiv behindert sind. Gerade weil ihre Grenzpassagen zumeist weitab offizieller Grenzübergänge vorgenommen werden, wurden sie stets gezielten Kontrollen der Meharisten, der ursprünglich mit Kamelen berittenen Beduinen-Polizei, unterworfen. Die anfänglichen Motive solcher schikanösen Kontrollen wurzelt in der Abgrenzung zwischen den Interessenssphären der Franzosen und der Türken im 19. Jahrhundert sowie dem französisch-italienischen Geheimvertrag von 1900.

Daß Schmuggel nicht nur zwangsläufig aufgrund unterschiedlicher Auffassungen von Raum bzw. unterschiedlicher ökonomisch-systembedingter Umstände für die Tuareg notwendig ist, sondern zuweilen auch aufgrund einer schlichten Überlebensnotwendigkeit, sei anhand der Preisunterschiede für Inigostoffe, dem Material für ihren blauen Tagelmust, das berühmte Turbantuch, das aus der nigerianischen Stadt Kano importiert wird, illustriert: Wegen der exorbitanten Zollgebühren kosten diese Tücher in Libyen das Doppelte und in Algerien das Vierfache des ursprünglichen Kaufpreises. Ebenso sind Kamele und Ziegen in Algerien empfindlich teurer als in Niger. Es ist darum kein Wunder, daß sich daraus die neue Schattenwirtschaft des Schmuggels anstelle eines Hirtennomadismus entwickelt hat, da es an alternativen Ressourcen mangelt.

Politisch hatten die Kel Ajjer ihre Autonomie bereits durch die französische Okkupation verloren. Die zurückgelassenen Forts der französischen Fremdenlegion wurden nach dem algerischen Unabhängigkeitskrieg 1963 durch die Soldaten der neuen algerischen Armee besetzt.

So hatte auch die Konstruktion der Piste von der Erdgasregion In Amenas nach Djanet kein anderes Motiv als die Unterstützung militärischer und administrativer Kontrolle durch die nötige Infrastruktur. Gerade diese Piste hatte das Leben der Tuareg rasch und nachhaltig verändert: so wurden die Gütertransporte nunmehr nur noch durch Lastwägen durchgeführt, was zur beschleunigten Maginalisierung von Transportkaravanen beitrug.

Die Verwaltungssprache, das Arabische, hat das Tamashequ weitgehend verdrängt, und die autochtone Schrift, das Tifinag, wird immer seltener gebraucht.

Doch hatte die jeweilige herrschende Macht auch durch direkte Interventionen die Sozialstruktur der Tuareg beeinflußt. Einige jener Beispiele, da Maßregelungen von der französischen Kolonialregierung installiert und von den algerischen Behörden übernommen wurden, sind folgende:

Die Vasallen mußten nur noch die Hälfte ihrer Ernte an die besitzenden Adeligen abgeben, im Gegensatz zu den ursprünglichen 80 Prozent.

Die Iklans, die schwarzen Sklaven, wurden formell befreit, was praktische jedoch weiter nichts bedeutete, als daß sie von ihren Tuareg-Familien entfernt und letztlich unter noch menschenunwürdigeren Umständen als Hilfsarbeiter in staatlichen Industriebetrieben eingestellt wurden.

Anstelle der Steuern, die von den Franzosen eingehoben worden waren und dann von Algier abgeschafft wurden, hat die neue Regierung die "carditi" (cart d´identité: Personalausweis) eingeführt - als Beweis der algerischen Staatsbürgerschaft. Insofern hat sich die politische Situation nach den Worten eines Kel Ajjer nur folgendermaßen gewandelt: "Früher regierte unser Amrar, dann regierte "Fransa" und heute regiert Boumedienne."33

3.2. Ökonomie

Heute muß Weizen und34 anderes Getreide aus dem Norden per Lastwagen importiert werden, während es keinerlei Export mehr in südliche Gebiete gibt. Das Kamel spielt nur noch innerhalb der ökonomischen Einheit der Familie eine beschränkte Rolle, da für größere Strecken nur mehr der Lastwagen oder der Bus benutzt wird.

Allerdings hatte man in der Periode des erstarkenden Tourismusaufkommens bis 1990 ein parallel fortschreitendes Wachstum der Kamelbestände feststellen können. So erreichte die Gesamtzahl der Kamele der Kel Ajjer bis zur Zäsur des Golfkriegs, des algerischen Bürgerkriegs und der Tuareg-Rebellion bereits ein höheres Ausmaß, als es noch in der Ära vor der französischen Kolonisation gegeben war!

Die ökonomische Situation ist allgemein triste. Trotz der staatlichen Investitionen in Oasenwirtschaft, Bewässerungstechnik und landwirtschaftliche Genossenschaft mußten etwa im Jahr 1972 250 000 kg Getreide importiert werden.

Nach allgemeiner Ansicht wird diese massive wirtschaftliche Abhängigkeit dem Ende des Karawanenhandels, dem raschen Bevölkerungswachstum und der Landflucht der Arbeiter zu den Ölfeldern von Hassi Messaoud und InAmenas zugeschrieben.

Innerhalb dieser sozialen Umwälzung kann man das Phänomen beobachten, daß es traditionell seßhaften Sozietäten bei weitem leichter fällt, sich neuen Gegebenheiten anzupassen und auch notwendige Ortsveränderungen auf sich nehmen, während Nomadengesellschaften eine viel stärker ausgeprägte Bindung an ihre traditionelle Lebenswelt unterhalten. Die einzige Ausnahme unter den Tuareg stellt die Klasse der Iklan, der Sklaven, für welche die Arbeit in der Industrie eine Chance zur Integration in die arabische Gesellschaft darstellte. Zumeist stellte sich diese Hoffnung jedoch als Illusion heraus, da diese Menschen gerade in ihrer neuen Umgebung weitreichenden Diskriminationen unterworfen wurden, weshalb der Großteil früher oder später zu ihren ursprünglichen Herren zurückkehrte.

3.3. Die Arabisierung

Seit dem 35 Beginn der französischen Penetraiton haben Araber in einem permanenten Prozeß die Region der Kel Ajjer bevölkert und kolonisiert. Allerdings muß man sorgfältig differenzieren, wenn man von "Arabern" spricht. STÜHRENBERG unterscheidet darum folgende zwei Kategorien von Arabern:

- solche, die unter den Tuareg problemlos integriert sind,
- und jene, die eine klare Distanz zu den Tuareg einhalten.

Von der ersten Kategorie, den Sa´anba Araber, hatten früher in der französischen Fremdenlegion gedient, zumeist hattes sie überhaupt der "Méharisten-Kompanie" angehört, dem effizientesten Instrument der Franzosen zur Unterwerfung und Befriedung der Tuareg. Viele von ihnen heirateten eine hiesige Targia. Zur Zeit, da diese Studie erstellt wurde (1979/80) trugen sie den Tagelmust, sprachen Tamasheq, waren matrilinear organisiert und unter den Imrads gut integriert.

Eine andere Teilgruppe der selben Kategorie sind die Kel Rezzi aus der Region von In Salah, etwa 1000 km nördlich von Tamanrasset. Wie ihre Vorfahren sind auch sie als Marabouts angesehen. Dem neuen Dasein als Tuareg haben sie sich so gänzlich unterworfen, daß sie kaum mehr Arabisch sprechen. Obwohl sie auch weiterhin Kontakte zu ihren Verwandten in In Salah pflegen und dort auch über Besitztümer verfügen, sind sie von den Kel Ajjer wie ihresgleichen akzeptiert.

Die zweite Kategorie von Arabern sind die Händler: Sie wohnen zwar in Elezi oder Djanet, pflegen aber ihre arabische Kultur in einer ausgeprägt konsequenten Weise. Insofern unterscheiden sie sich von den Tuareg durch ihre Sprache, ihre Gewohnheiten und Sitten. In ihren Geschäften, die zumeist Filialen von größeren Handelsunternehmen der nördlicher gelegenen Oasen sind, verkaufen sie den Tuareg all jene Güter, die früher durch die Tuareg-Karawanen geliefert wurden: Getreide, Öl, Tee, Zucker, Streichhölzer und sonstige Artikel des täglichen Gebrauchs. Die offiziellen Preise werden durch den Staat festgelegt.

Die "Spirale der Abhängigkeit"

Weil der Warentausch von diesen Händlern nicht akzeptiert wird, sind die Tuareg gezwungen, sich für einige Monate anderweitig zu verdingen, um bares Geld verdienen zu können. Weil die Tuareg nicht wirklich in das monetäre System integriert sind, wie sie doch auch unter ihresgleichen noch Tauschhandel betreiben, sind sie gezwungen, von den Händlern schlechte Kredite aufzunehmen, ohne jemals in der Lage sein zu können, um diese Beträge zurückzuzahlen. Statt dessen sind sie gezwungen, nunmehr auch weiterhin beim gleichen Händler zu kaufen - gegen weiteren Kredit für Waren zu exzessiv überhöhten Preisen Zwischen den einzelnen Händlern kann man eine gewisse Aggressivität feststellen, deren Motiv eine Art von Konkurrenzdenken in wirtschaftlicher und religiöser Hinsicht ist, bekleiden diese Händler doch nicht selten auch die Position eines Marabouts.

Diese Araber sprechen untereinander ausschließlich arabisch.

Daneben gibt es nach noch eine zweite Gruppe dieser Kategorie, bestehend aus den Angehörigen des Militärs und der Administration, die sich streng von den Tuareg abgrenzen.

3.4. Die ökonomischen Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene

Die "Landwirtschaftliche Revolution" in Algerien vermochte die Abhängigkeit von Fleisch- und Milchimporten stark reduzieren. Dazu hatte die Regierung in Algier die Tierproduktion in den nördlichen Regionen und solchen Gegenden neu organisiert, wo jährlich mehr als 100 mm Jahresniederschläge fallen. Dadurch wurden die Hoggar- und TassiliRegionen zwangsläufig von staatlichen Subvention ausgeschlossen. Gelder flossen nur für die Programme zur Seßhaftmachung der Nomaden und für die Forschung nach regionalen Bodenschätzen im Tassili.

Die Seßhaftmachung der Nomaden ist ein deklariertes Ziel der Regierung in Algier. Dazu werden die Tuareg bewogen, ihre Weidewirtschaft aufzugeben und statt dessen neue Dörfer zu bauen. Derartige Projekte werden als die einzige und beste Alternative gegenüber der "veralteten" Lebensweise betrachtet. "Die Verwirklichung der Dörfer und einer modernen Landwirtschaft wird ihnen endlich die Möglichkeit verschaffen, bodenständig zu werden, eine feste Behausung zu besitzen, auf den Böden zu arbeiten, wodurch sie sich und ihren Familien das zukünftige Überleben sichern können werden, doch auch, und vor allem, wodurch sie ihren Kindern eine normale Schulbildung sichern können, die ihnen die Tore des Wissens öffnen und ihnen den Zutritt zu einem besseren Leben erlauben werden."36

Ein weiterer "vorteilhafter" Aspekt dieses Sedentarisierungsprogramms ist - aus der Sicht der Regierung - die Schaffung eines Recervoirs an Arbeitern, die für die Ausbeutung der Bodenschätze in den Hoggarbergen (Kupfer, Gold, Erz etc.) benötigt werden.

Zusammenfassung

Infolge der Vorenthaltung von Subventionen für die Tierproduktion wird den Tuareg die Integration in das nationale ökonomische System verwehrt. Gleichzeitig wird ihnen aber auch ihre eigene, ursprüngliche ökonomische Quelle vorenthalten, der Karawanenhandel, wodurch sie in eine einstweilen nicht zu durchbrechende Spirale der Abhängigkeit vom lokalen und regionalen Handel geraten, der durch den Staat oder die arabischen Händler monopolisiert ist. Um Geld zu verdienen, müssen sie aber am nationalen ökonomischen System partizipieren, was zumeist in Form von Industrie- oder Tourismusarbeit geschieht.

3.5 Die konkreten Trasformationsphänomene der jeweiligen sozialen Schichte der Tuareg

3.5.1. Die Adelsklasse der Imajeren

Ende der 70er-Jahre repräsentierten die Angehörigen der Imajeren der Kel Ajjer nur noch eine kleine Minderheit von 50 Personen. Der Großteil war schon sehr frühzeitig nach Libyen geflüchtet. Innerhalb des traditionellen Systems hatte diese Klasse ihren Lebensaufwand durch Kamlezucht, Karawanenhandel und durch die Besteuerung der Imrads, ihrer Vasallen, bestritten.

Heute leben einige wenige vom Kamelhandel mit dem Staat oder der Vermietung von Kamelen an Toruisten. Zudem beziehen sie noch einen Teil ihrer traditionellen Steuereinkünfte. Die überwiegende Mehrheit wird von der algerischen Verwaltung aufgrund ihrer sozialen Schlüsselrolle eingesetzt. Dadurch gelangen sie in den Genuß eines regelmäßigen Einkommens in Form baren Geldes, das jedoch äußerst gering bemessen ist. Dennoch haben fast alle in der Verwaltung Tätigen die Kamelzucht aufgegeben und leben hauptsächlich vom staatlichen Salär. Dazu muß man wissen, daß die Imajeren aus ihrem Selbstverständnis heraus und gemäß ihrer Anschauung von "Würde" ein instinktives Mißtrauen gegenüber jeder Form von manueller Arbeit heben.

Im Gegensatz zum algerischen Staat, welcher der sozialen Stellung der Imagizen zumindest andeutungsweise entgegenkommt, hat die nigerische Administration - jedenfalls bis zur Unterzeichnung des Friedensabkommens37 in Niamey am 24.4.1995 -- die Imagizen wie Angehörige der Tuareg generell von der Betrauung mit behördlichen oder amtlichen Aufgaben ausgeschlossen. Darum waren die Adeligen der Kel Aîr stets gezwungen, manuell zu arbeiten oder sich im Tourismus zu verdingen. Ein Chef der Kel Aîr brachte die Situation seines Volkes auf den Punkt: "Nous sommes devenus les esclaves de nos anciens esclaves!"38

3.5.2 Die Vasallenklasse der Iforas

Traditionsgemäß sind die Iforas die Vasallen im feudalen Sinn, deren wichtigste Aufgabe früher der Krieg war. Wie ihre Herren sind auch sie großteils bereits um das Ende des 19. Jahrhunderts nach Osten emigriert, wo sie sich in der Region zwischen Radames und Rat von Viehzucht und nomadischer Weidewirtschaft ernährten.

Daran erkennt man bereits, daß die Iforas generell, insbesondere aber die wenigen im Ajjer-Gebiet verbliebenen die Grundlagen ihrer ökonomischen Lebenshaltung völlig verändert haben. Überwiegend betreiben sie nunmehr Gartenbau, doch genügen die dadurch gewonnenen Einkünfte beiweitem nicht zur Erhaltung ihrer Familien, weshalb sie zusätzlich in der petrochemischen Industrie in Hassi-Messaoud und In Amenas als Aufseher, Fahrer u.dgl. zu arbeiten gezwungen sind. Übriggebliebenes Einkommen, das nicht für die Lebenshaltung verbraucht wird, wird in die Erweiterung ihrer Gartenanlagen investiert.

Die Kinder der Iforas besuchen zumeist das Internat und die technischen Schulen in Ouargla und Ghardaia, rund 1000 km nordwestlich von Djanet.

Schon in der traditionellen Gesellschaft hatten die Iforas eine intermediäre Position. Diese Zwitterstellung, die Elemente des Adels gleichsam wie Elemente der Untergebenen beinhaltete, mochte es ihnen erleichtern, sich an die Bedingungen der modernen arabisierten Gesellschaft anzupassen. Insofern beurteilt STÜHRENBERG den Grad ihrer Integration in das heutige algerische Wirtschaftssystem als gut; auch innerhalb der höheren algerischen Gesellschaftsschichten sind sie akzeptiert, was auf ihre guten Arabischkenntnisse zurückgeführt wird. Allerdings ist diese Integration mittlerweile soweit fortgeschritten, daß sie heute zur Tassili-Region keinerlei Beziehungen mehr haben.39

3.5.3. Die Klasse der Bauernvasallen, der Imrad

Die Imrad waren in der traditionellen Gesellschaft für den Ackerbau zuständig. Ihre Entwicklung ist jedoch sehr differenziert vor sich gegangen, sodaß man heute drei verschiedene soziale Formen der Imrad unterscheiden kann. Das sind

1. die Halbnomaden, die neben der Weidewirtschaft auch Gartenbau betreiben
2. die Vollnomaden und
3. die angesiedelten Imrad, die in der Oase von Djanet nur noch ausschließlich Gartenbau betreiben, auf die jedoch nicht näher eigegangen wird.

3.5.3.1. Die Halbnomaden

Die wichtigen Gebiete des Ackerbaus werden im Zuge des Ansiedlungsprogrammes für Nomaden staatlich subventioniert. So wird insbesondere der Bau von Brunnen gefördert, um saisonale Arbeitsplätze zu schaffen, die dann von den Imrad belegt werden. Darüber hinaus werden die Imrad in den touristischen Zentren, den Steingravuren des Tassili-n-Ajjer Gebirges, bevorzugt als Touristenführer eingesetzt.

Besonders die Beschäftigung im Tourismus, die zunehmend zur wichtigsten Einnahmequelle wurde, führte zu gravierenden Veränderungen der traditionellen Wirtschaftsstruktur der Imrad. So wurden die Weidezyklen an die Touristensaison angepaßt, damit sich die Männer dann nahe der Stadt befinden, wenn die Touristen kommen. Daraus folgt, daß der Tourismus für das Fortschreiten der Seßhaftwerdung eine viel wirksamere Rolle spielt als die staatlichen Ansiedelungsprogramme.

OLIVER berichtet vom Fall des Imrad Entayente ag Mana, der einen Kompromiß gefunden hat, um die Vergangenheit, die ihm sehr wichtig ist, und die Gegenwart, aus der er das Beste zu machen versucht, als Lebensform unter einen Tagelmust zu bekommen. So hat er zwei "Zuhause", eines in Tamarasset, das andere in einem Zeltlager in den Bergen. Er ist mit zwei Frauen verheiratet, die sich niemals sehen. Auch Kinder hat er von beiden Frauen. Sein Beruf ist jener seiner Vorfahren gebliegen, angepaßt an die moderne Epoche: Hirte während der überwiegenden Jahresheit und Toyota-Chauffeur für Touristen-Exkurisonen wärend der Hochsaison.40

Eine kurze Bilanz eines Imrad ermöglicht den Einblick in die Dimensionen ihrer Wirtschaftsgrundlage:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit den Mehreinnahmen werden entweder teurere Anschaffungen wie Ferngläser zur besseren Kontrolle der Herden getätigt, oder es wird der ehemalige Iklan, der Sklave, wieder eingestellt, um die Gartenarbeiten zu erledigen.

Rinderzucht wird vornehmlich aus Prestiggründen betrieben. Außerdem werden Rinder auch weiterhin für die Aufrechterhaltung der Endogamie benötigt, da der Brautpreis bislang vorzugsweise in Rindern zu erlegen ist.

3.5.3.2. Die Imrad als Vollnomaden

Die Imrad, die über keine Gärten verfügen, können allein durch den Verkauf ihrer Ziegenherden keinesfalls ihr Auslangen finden, weshalb sie gezwungen sind, sich für zwei bis drei Monate pro Jahr als Wanderarbeiter - vornehmlich im Straßenbau - zu verdingen.

Auch ihre Lebensweise wurde durch den Tourismus nachhaltig beeinflußt. So richtet sich die Wahl ihrer Zeltlager nach der Lage der Touristenrouten bzw. der Pisten, um auf diese Weise die passierenden Touristen durch Einladungen zum Tee zum Anhalten zu bewegen. Als Gegenleistung erbeten sie sich Geschenke in Form von Geld, Lebensmitteln und zunehmend auch Wasser, richten sich doch die strategischen Überlegungen nach der Chance auf Kontakt mit Touristen, was zumeist auf Kosten der Nähe zu natürlichen Wasserressourcen geht. STÜHRENBERG merkte dazu an, daß "d ie Touristen aufgrund des ihnen gebotenen exotischen Erlebnisses gerne dazu bereit (sind, anzuhalten bzw. Geschenke zu geben), zumal wenn der Targi noch versichert, sie seienüberhaupt die ersten Fremden in seinem Camp." 41 Diese Erscheinung wird immer häufiger - mit der oben angedeuteten Folge, daß die Abhängigkeit von Lebensmittel- und wassergaben durch Douristen wächst.

Abhängigkeit von Zulieferungen von außen ist überhaupt das zentralen Probleme in Djanet. Das Erreichen der angestrebten Selbstversorgung mit Feldfrüchten erscheint - trotz der Investitionen und staatlichen Subventionen in diverse Erweiterungs- und Bewässerungsprojekte - in immer weitere Ferne zu rücken, weil die Bevölkerung permanent wächst: 1912: 1000 EW, 1958 2000 EW, 1970 5400 EW

3.5.4. Die einstige Sklavenschichte der Iklan

Nach der offiziellen Verkündung der allgemeinen Gleichheit seitens der algerischen Regierung in den frühen 60er-Jahren versuchten die Iklan, sich eine gewisse unabhängige Zukunft aufzubauen, indem sie sich um Anstellungen als bezahlte Arbeiter bemühten. Allerdings wurde für viele die mangelnde Kenntnis der arabischen Sprache zum entscheidenden Hindernis, washalb sie zumeist gar keine oder nur solche Arbeit fanden, die mit großen Gefahren verbunden ist und darum von "normalen", also arabischen Arbeitern gemieden wird. Insofern sind die Iklan zwar theoretisch "frei", tatsächlich aber von den Arabern verachtet, von denen sie abfällig als "Sif" - "Sklave" - gerufen werden.

Manche von ihnen arbeiten auch im fruchtbareren Norden als Dienstboten von wohlhabenden Arabern. Ihre gesellschaftliche Position hat sich somit in keiner Weise verändert.

Das ist wohl einer der zentralen Gründe, weshalb viele der Iklan zu ihren einstigen Herren, Imajeren, Iforas oder Imrad, zurückkehren, wo sie wenigstens von deren neugeschaffenen Ressourcen mitprofitieren können. Spiegelbildlich dazu neigen auch die ehemaligen Herren dazu, ausschließlich ihre einstigen Sklaven einzustellen. Da es den Iklan an eigenen Weiden und Mobilar fehlt, sodaß ihnen nicht einmal ein äußerst bescheidenes, selbständiges Nomadendasein möglich wäre, verschmelzen sie mit ihrem Herren wieder zu einer ökonomischen Einheit, die - zwangsläufig aufgrund mangelnder eigener Habe - wieder zu einer sehr engen und stabilen Bindung führt. So wachsen auch die Kinder aus beiden sozialen Klassen miteinander auf.

Die einzige Möglichkeit eines zusätzlichen Einkommenserwerbs bietet die Dattelernte, eine Arbeit, die sich wiederum durch ihre enorme Gefährlichkeit "qualifiziert" und darum von anderen gemieden wird. Solche Einkommen sind jedoch nur von untergeordnetem Ausmaß und können bestenfalls die Funktion eines "Taschengeldes" erfüllen.

3.5.5. Die Ineden als typischer Sonderfall einer handwerlkichen Sonderschichte

Die Schmiede profitierten am meisten vom neuen übergeordneten Wirtschaftssystem. Seßhaft seit den 60er-Jahren, haben sie sich schon früh als Unternehmer betätigt, indem sie Autowerkstätten eröffneten. Damit lagen sie voll im Trend, denn die Zahl ihrer Kunden wuchs permanent. So halten sie vor allem die motorisierten "Kamele" der Tuareg und Araber ins Schuß, und bis vor dem Golfkrieg arbeiteten sie immer häufiger für Touristen, die ihren Landrover vor einer Hoggar- Expeditionen oder ihren Peugeot, für den Verkauf in Westafrika bestimmt, vor der Saharadurchquerung auf Vordermann bringen ließen.

Eine weitere Einkommensquelle ist der Silberschmuck, den an die Händler im Norden geliefert bzw. vor Ort an Touristen verkauft wird. Zusammenfassend kann man sagen, daß den Ineden die Integration in das moderne übergeordnete Wirtschaftssystem am schnellsten und ihre Anpassung am besten vollzogen haben.

3.6. Zusammenhänge zwischen dem staatlichen Systems und den sozialen Schichten der Tuareg

Ziehen Tuareg in der Regel nur kurzfristig in den Norden, um saisonäre Arbeit in der Petrochemie zu finden. so werden im Gegensatz dazu die Tuareg-Region von Arabern relativ stark frequentiert. Eine direkte Auswirkung dieses Umstandes auf die sozio-kulturelle Struktur ist insbesondere hinsichtlich der Rolle der Frau, der Targia, festzustellen, deren Regeln einer weitreichenden Modifikation unterworfen sind. So ist es heute keinesfalls mehr unüblich, daß ein Tuareg seinen Gästen verbietet, seine Frau zu grüßen. Um die geradezu paradigmatische Dimension dieser Veränderung nachvollziehen zu können, muß man sich vor Augen halten, daß es in der traditionellen Tuareg-Gesellschaft die Targia ist, welche die Hosen anhat und darum keineswegs von ungefähr als stolze "Herrscherin des Zeltes"42 bezeichnet wurde. War vielmehr sie es, deren Entscheidung in der Wahl des Ehemannes ausschlaggebend war und die in jedem Fall die Besitzerin des Hausrats blieb, während sich der - hinausgeworfene - Ehemann zu seiner Mutter zurückziehen mußte...

Die Adeligen, wie beschrieben als politische Funktionäre tätig, sind bereits längst von ihren arabischen Kollegen oder Vorgesetzten sozialisiert und demgemäß von der staatlichen Ideologie und den praktizierten Verwaltungsmethoden überzeugt. Dies führ beispielsweise dazu, daß sie alle Tuareg-Angehörigen trotz deren starken Widerstand zwingen, ihre Kinder ab dem zehnten Lebensjahr auf die Schule zu schicken. Da die Schulen zumeist sehr weit entfernt gelegen sind, fehlen nun die Kinder als Arbeitskräfte, sind sie doch traditionellerweise für das Hüten der Ziegenherden verantwortlich.

Eine der wenigen realen Möglichkeiten, am übergeordneten System zu partizipieren, ist das passive Wahlrecht. Doch wird von diesem Recht kaum Gebrauch gemacht. Wegen etwaiger Probleme, für deren Lösung eine Behörde kompetent wäre, wenden sich die Tuareg ausschließlich an die traditionellen Autoritäten, die sich ihrerseits für diese Anliegen in der Versammlung der regionalen Ve rwaltungsinstitution einsetzen.

Die sozialen Beziehungen zwischen Tuareg und Arabern

NACH STÜHRENBERG43 sind die Beziehungen zwischen Tuareg und Arabern durch drei Faktoren geprägt:

1. durch die Integrationsbestrebungen des übergeordneten politischen und ökonomischen Systems
2. durch die Struktur der arabischen Bevölkerung und
3. durch die klaren kulturellen Unterschiede.

Die sozialen Beziehungen zwischen den beiden ethnischen Gruppen gestalten sich äußerst komplex. Persönliche Kontakte sind allerdings sehr selten und weitgehend nur auf den administrativen Kontext reduziert, wofür die drohende Kollision ihrer so grundlegend unterschiedlichen Wertsysteme verantwortlich gemacht wird. Dennoch vervielfältigen sich die Interaktionen zwischen den beiden Gruppen mit der wachsenden Notwendigkeit, mit der sich Gruppen und Individuen im Rahmen des übergeordneten Systems reproduzieren müssen:

So treffen sich die Imajeren mit ihren Freunde und Arbeitskollegen, mit denen sie in den autonomen Verwaltungszentren arbeiten, auch im privaten Rahmen und passen in der Folge ihre Denkweise zunehmend der arabischen an. Generell werden von den Tuareg die interethnischen Kontakte mit den Autoritäten des Nordens als konkrete Erfahrung mit dem übergeordneten System empfunden.

Ehen zwischen Tuareg und Arabern

Es gibt nur wenige arabische Frauen, die im Süden, in der "Sahara" leben. Dieser Mangel führt dazu, daß zahlreiche arabische Offiziere und Soldaten eine Targia zur Frau wählen. Sobald jedoch ihr Verwaltungs- oder Militärdienst beendet ist, kehren sie in die Oasen des Nordens zurück, gemeinsam mit ihren Tuareg-Gattinnen und den bi-ethnischen Kindern. Dabei läuft die überwiegende Anzahl solcher Ehen nach dem selben Schema ab: Sobald der arbische Ehemann nach dem Recht des Korans eine zweite Ehefrau heiratet, kehrt die Targia zu ihrer Familie zurück, da ihre grundverschiedene Auffassung von der Rolle der Frau und der weiblichen Würde innerhalb der TuaregKultur niemals mit einer zweiten Ehefrau zu vereinbaren sei. Doch muß sie die Kinder aus dieser Ehe - gemäß dem arabischen Recht - bei deren Vater zurücklassen. Widerstand gegen eine eheliche Verbindung mit einem Araber hegen die Targia schon vor einer konkreten Beziehung aufgrund der patrilinearen Tradition der Araber, die in radikalem Widerspruch zum matrilinearen System der Tuareg steht.

Allerdings ist es verbreitete Praxis vermögensloser Imrad, ihre Töchter mit Arabern zu verheiraten, die in jedem Fall um vieles vermögender sind als Tuareg-Heiratskandidaten. Umgekehrt wiederum ist von Seiten der Araber eine Targia als Ehefrau sehr begehrt, weil ihre Schönheit berühmt ist, vor allem aber aufgrund des Brautpreises, der um vieles geringer ist als für arabische Frauen im Norden. In dieser Praxis manifestiert sich insbesondere der gravierende Unterschied zwischen den Wohlstandsniveaus: Für eine mittellose Imrad-Familie hat der Brautpreis eines arabischen Schwiegersohns die Dimension einer wichtigen ökonomischen Einkommensquelle

3.6. Abschließende Bemerkung

Die herangezogene Untersuchung von STÜHRENBERG aus den späten 70er-Jahren krankt grundsätzlich an einer mangelnden Aktualität. So haben sich in den vergangenen 15 Jahren die Entwicklungen nicht nur beschleunigt, sie haben infolge der grundlegend veränderten Rahmenbedingungen auch eine andere Richtung angenommen. So ist der Tourismus in Südalgerien seit etwa nach 1991 zum Erliegen gekommen, nachdem die Volksrepublik gleichzeitig mit dem Golfkrieg die Grenzen abgeriegel hatte, während nur kurze Zeit später auch die fundamentalistischen Spannungen in den nördlichen Regionen zu eskalieren begannen.

Zum Zusammenbruch der Tourismus, einer der zentralen Einnahmequellen der Kel Aîr, kam es insbesondere durch den Aufstand der Tuareg in Niger und Mali, nachdem Reisende mehrmals von bewaffneten Tuareg überfallen und beraubt wurden44. (Näheres dazu im Folgekapitel). In den fünf Folgejahren wurden dadurch die politischen, gesetzlichen, sozio- ökonomischen und insbesondere sozio-kulturellen Rahmenbedingungen für die Tuareg in Niger und Mali völlig neu gestaltete, doch auch die Kel Hoggar durch die großen Flüchtlingsströme in nicht mehr nachvollziehbarer Weise beeinflußt.

Aus den genannten Gründen sind einigermaßen zutreffende Aussagen über die heutige Lebensweise der Kel Ajjer auf der Basis des vorhandenen Materials kaum möglich. Für den Winter 1997/98 ist eine mehrmonatige Expedition zu den Kel Ajjer in Libyen und Djanet, und weiter zu den Kel Aîr geplant, um anhand neuer Untersuchungen die Auswirkungen des Tourismus bzw. des plötzlichen Austrocknen dieser Ressourcen zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Studie werden die Grundlage für meine Diplomarbeit aus Philosophie und Ethnologie zur Problematik von "Tourismus und ethnische Minderheiten" bilden, die in enger Zusammenarbeit mit Frau Eva Kretzmacher, der Leiterin der "Arbeitsgruppe Tuareg" der "Gesellschaft für bedrohte Völker", einhergehen wird.45

4. Die jüngste Revolte der Tuareg in Mali und Niger von 1990 bis 19954

Seit dem Jahr 1990 sind die von den Tuareg bevölkerten Regionen in Mali und Niger permanenter Schauplatz zahlreicher Zusammenstöße. Zunehmend entglitten die Grenzgebiete der malinesischen und nigerischen Sahara der Kontrolle der Regierungen in Bamako und Niamey: bis vor wenigen Monaten war es noch unmöglich, die Strecke zwischen Agadez und dem Uran-Gebiet von Arlit ohne militärischen Schutz zu befahren, da die permanente Gefahr eines Angriffs durch Tuareg-Rebellen bestand:

Fernab der traditionellen und poetischen Klischees der "Hommes bleus", motorisiert durch Fahrzeuge von örtlichen Touristenagenturen, hat sich die Lebensweise der "Wüstenritter" südlich der arabischen Welt genauso radikal über die vergangenen 25 Jahre gewandelt46. Die einstmals typischen Charakteristika der dortigen Gruppen haben sich teilweise bis zum völligen Verschwinden zurückgebildet., denn die Welt der Tuareg ist eine andere geworden: die soziale Hierarchie, die Transportweise, das Nomadenleben, die täglichen Handlungsabläufe, die familiären Bande, die Lebensräume...

4.1 Die vielschichtigen Ursachen der Rebellion

Der beschleunigte Zerfall der sozio-ökonomischen Basis begann südlich der algerischen Sahara mit der Einführung des Lastwagens in den 50er- und 60er-Jahren, der von dieser Zeit an zunehmend die großen Karawanen im Dreieck zwischen Bilma, Zinder an der nigerianischen Grenze und Agadez verdrängte. Einige der ehemaligen Karawanenführer wurden nunmehr als LKW-Chauffeure eingesetzt, doch verloren tausende Männer ihre traditionelle Beschäftigung und wurden damit zur Abwanderung gezwungen. Denn nicht nur die Karawanen und ihre Führer selbst, auch Kamelzüchter und eine Vielzahl an weiteren, mit dem Karawanentransport eng verbundenen Gewerben (Zeltmacher, Gerber, div. Handwerker, Hirten etc.) wurden binnen kurzer Zeit überflüssig.

Die zweite Zäsur waren die extremen Dürreperioden zwischen den Jahren 1979 bis 1985. Die Menschen verloren in dieser Zeit ihr gesamtes Vieh, und die Kamelherden verendeten größtenteils im Herbst 1984 an mangelnder Nahrung.

Die Rückkehr der Dürrejahre, der Hungesnot infolge verdorrter Weiden und schließlich des Todes war für die Alten keine Besonderheit, handelte es sich doch grundsätzlich um einen traditionellerweise vertrauten Zyklus, der alle sieben bis 10 Jahre wiederkehrt, wenn man nur an die oben genannte Dürreperiode des Jahres 1915 zurückdenkt. Nur hatte sich die Lebensweise der Tuareg mittlerweile so sehr modernisiert, wodurch das Gleichgewicht ihrer Anpassung an genau solche Klimaschwankungen massiv destabilisiert wurde. Einer dieser Faktoren ist das Bevölkerungswachstum von 2,8 Prozent pro Jahr. Auch die Herden, die früher durch Ungeziefer und Seuchen regelmäßig dezimierten, waren nunmehr durch Impfungen geschützt, wodurch sie sich in einer Weise vermehrten, die zwangsläufig zu enormen Schäden für die empfindliche Ökologie führen mußte. Im besonderen werden die Ziegen für die Desertifikation der Weide verantwortlich gemacht, weil sie die Triebe mitsamt den Wurzeln ausrupfen.47

Die Probleme, die sich infolge der neuen Grenzen nach 1962 ergaben, wurden bereits oben angesprochen. Für die TuaregGruppen der südlichen Sahara bedeutete jedoch die Übernahme der Regierungsverantwortlichkeit durch Schwarze in Niamey und Bamako einen radikalen Wechsel ihrer bisherigen Rahmenbedingungen, waren doch die Tuareg in den dreißig Folgejahren von jeglicher Partizipation an Regierung und Verwaltung völlig ausgeschlossen.48 Im gesamten nigerischen Militär fanden sich lediglich drei Tuareg in Offiziersrang, fünf Stipendien wurden pro Jahr an TuaregStudenten vergeben, und die Karriere eines Tuareg-Akademikers endete endgültig auf dem Niveau eines kleinen Sekretärs49. In Arlit oder in Agadès, wo die Tuareg 54,6 Prozent der Bevölkerung stellen50, wies die Préfecture sowie die Unter-Préfecture nicht ein einziges Mitglied dieser Ethnie als Verantwortungsträger auf. Soweit mögen nur einige wenige Beispiele die Ursachen für den tief verwurzelten Groll der Tuareg illustrieren.

In den Dürreperioden waren zahlreiche junge Männer von den regelmäßigen und hohen Gehältern der ölfördernden Industrie und der "Islamische Legion" von Colonel Gaddhaffi in Libyen angezogen worden. Diesen "Chomeurs", die Arbeitslosen ohne Identität, bildeten später nach ihrer Rückkehr den harten Kern der aufständischen Tuareg-Kämper, die sich darum nun "Ischomar" nennen.51

Darüber hinaus fanden sich tausende Flüchtlinge in den Lagern in den Hoggarbergen zusammen. Die algerische Regierung, die sich im "Fall Tuareg" stets gerne die Rolle des Vermittlers anmaßte, wagte unter dem Druck der wachsenden Flüchtlingsflut die Flucht nach vorn und intensivierte die Kontakte und Initiativen, um ihrerseits Druck auf die Regierungen in Bamako und Niamey auszuüben: Die beiden Staaten sollten der Repatriierung von 25.000 Dürreflüchtlinge, davon 18.000 aus Niger, für den Sommer 1987 zustimmen. Schlecht vorbereitet, trotz einer umfangreichen französischen Sprende an Zelten und anderen lebensnotwendigen Versorgungsgütern, mündete die Rückkehr der nigerischen Exilanten in ein Desaster: 80 Prozent der Zelte waren in Niamey unterschlagen worden! Anfang Mai 1990 forderte der eskalierte Protest einer Gruppe von jungen Tuareg den Tod eines Gendarmen, worauf die nigerische Armee mit schwersten Repressalien antwortete: Unter den Flüchtlingen des Lagers von Tchin-Tabaradène massakrierten die Soldaten 2000 Menschen.52

4.2. Die Situation der Tuareg in Mali

Nachdem "durch gezielte und planmäßige Vergewatigung, Vergiften der Brunnen, Belagerungen, Aushungern und selbst gezielte Massager (...) General Moussa Traoré die Endlösung für die Tuareg in Mali vorbereitet"53 hatte, wurde am 29. Juni 1990 der malinesische Aufstand der Tuareg eröffnet:

Die Männer der "Mouvement populaire de libération de l'Azaouad" (MPLA) hatten die Gendarmerie und das Gefängnis von Ménaka angegriffen, um einige verhaftete Flüchtlinge aus Niger zu befreien. Bilanz: 14 Gendarmen wurden getötet, die Gefangenen befreit und das umfangreiche Lager an Waffen und Munition geraubt.54 Die Gegenaktion der malinesischen Armee wurde zur blamablen Niederlage, da die Soldaten nur schlecht für den Kampf in dieser wüsten und gebirgigen Region vorbereitet waren. Als Revange vergriffen sich die Militärs dafür an der Zivilbevölkerung, woraus sich im Laufe des August 1990 eine regelrechte Hetzjagd auf die Angehörigen der Tuareg entwickelte. Etwa zur gleichen Zeit organisierte sich die Dissidentenbewegung der Tuareg in den nigerischen Aîr-Bergen. Zu ihrem charismatischen Führer ernannten sie Mano Dayak, bekannt und gefeiert durch die Organisation der Rally "Paris Dakar". Ab dieser Zeit mehrten sich die Diebstähle von Touristenfahrzeugen und die überfallsartigen Handgemenge gegen die Polizei, die sich Mitte des Folgejahres vervielfältigten.

Nachdem die malinesische Armee zwischen August und September 1990 in der Gegend von Adrar des Iforas nahe der Tanezrouft, der "Straße des Durstes", von den Aufständischen schwere Prügel bezogen hatten, erklärte sich der alte Diktator Malis, General Moussa Traoré, bereit, mit den Rebellen ein Waffenstillstandsabkommen zu treffen. Das Papier, dessen Zustandekommen dnr algerischen Vermittlungsbemühungen zu verdanken war, wurde im Jänner 1991 in Tamanrasset unterzeichnet. Die Gefechtspause überdauerte nur wenige Monate, bis die Rebellion erneut aufflackerte. Erst als die Macht Traorés im Mai 1991 einem Putsch zum Opfer fiel, schien der Weg zur Versöhnung dank des Offiziers Amadou Toumani Touré frei zu werden: Dessen Bemühungen war es zu verdanken, daß schließlich am 11. April 1992 in Bamako ein "Pacte national de paix" vereinbart wurde. Das Dokument regelte die Modalitäten des Waffenstillstandes, konstituierte einen Sonderstatus für den Norden Malis und versprach die progressive Integration der aufständischen Kämper in die reguläre Armee. Die Regionen von Tombouctou, Gao et Kidal sollten dezentralisiert und durch 10-Jahres- Programme gefördert und entwickelt werden.

So vielversprechend diese Pläne auch klingen mochten, so scheiterte ihre Verwirklichung an der Schwäche der Zivilregierung, die nach wie vor unter dem Einfluß des Militärs stand. In die Armee integriert wurden nur einige wenige Tuaregkrieger, und das in der Hoffnung, man könne wie gegen den Rest der Rebellen einsetzen55. Zusätzliche Schwierigkeiten wirtschaftlicher, sozialer und generell politischer Art erschütterten in der Folge das gesamte Land und ließen die Lösungsansätze im Sand verlaufen: Die ethnischen Spannungen könnten in Bamako nicht verringert werden, genauso wenig wie die Zahl der Flüchtlinge in Mauretanien und Algerien.56

Am 22. August 1994 wurde ein erneuter Lösungsversuch unternommen: Auf der internationalen Sicherheitskonferenz in Bamako trafen sich alle sechs Staaten, die vom Problem Tuareg betroffen sind, um gemeinsame Aktionen zur Eindämmung der Unsicherheit zu definieren. Seit dem Frühling 1994 hatten sich die Rebellen wieder zu verschärften Angriffen erhoben, während die seßhafte schwarze Bevölkerung mittels organisierter Selbstverteidigungsmilizen repressive Aktionen gegen Tuareg-Zivilisten setzte. Im Zeitraum zwischen Juni und September wurden an die 1.200 Tuareg in Mali getötet.57

Auf der Konferenz unterstrich Mali erneut die Verbindlichkeit des Nationapaktes, deren verzögerte Umsetzung allein auf den Mangel an materiellen und finanziellen Mitteln beruhe. Außerdem wurde nicht verabsäumt, massive Kritik an die Adresse Libyens zu richten, das angeblich eine zentrale Rolle für die Ausbildung und Bewaffnung der Rebellen spielen solle. Damit waren der großen Worte auch genug gewechselt, wogegen es zu keiner Übereinkunft hinsichtlich konkreter Aktionen kam.58

Nachdem die Regierung in Bamako dem Morden nicht Einhalt zu gebieten imstande oder willens war, wurde nach einer Anhörung von Vertretern der Tuareg aus Mali und Niger und offiziellen Vertretern der beiden Staaten von einer Kommission, bestehend aus Abgeordneten des Europaparlaments und Vertretern der Kommission für Entwicklung und Zusammenarbeit am 19. Dezember 1994 eine gemeinsame "Resolution über die Massaker an Tuareg durch die Armee Malis" unterzeichnet. Im Dokument wurden die Greueltaten verurteilte und eine internationale Untersuchungskommission zur Untersuchung der Massaker gefordert. Die Regierung in Bamako solle den Dialog mit Tuareg und Mauren wieder aufnehmen und der betroffenen Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommen lassen und sie in weiterer Folge an internationalen Förderungsprojekten beteiligen. Soweit der letzte Stand der Dinge in Mali.

4.3 Die Situation in Niger

In Niger entflammten die Aufstände mit etwa einjähriger Verzögerung, worauf sie sich jedoch rasch wie ein Lauffeuer über die gesamte Tuareg-Region ausbreiteten. Die Bewegung organisierte sich durch die Gründung der FLAA. die letztlich von der Regierung in Niamey am 9. Jänner 1992 anerkannt wurde.

Gegenüber der an sich ähnlichen Problematik in Mali unterscheiden sich die Situation in Niger durch drei Charakteristika:

1. die Nähe zu Libyen, dessen Chef Ghadaffi sich stets sehr aktiv zeigte;
2. die Durchquerung der Rebellenregion durch die wichtigste westafrikanische Transsahara-Route, der Route du Hoggar, die Algier mit dem Golf von Benin verbindet: diese Handelsachse ist die zentralen Lebensader für die gesamte Region, außerdem wird auf ihr das Uran von Arlit transportiert. Nördlich von Arlit ist der gesamte Verkehr durch die Rebellen unterbunden;
3. die Uran-Minen in der Gegend von Arlit, deren Erlös 80 Prozent des nigerischen Budgetsaufkommen deckt.

Hält man sich diese Umstände vor Augen, so wird es leicht verständlich, warum sich die nigerische Regierung nicht recht mit den Autonomiebestrebungen der Tuareg anfreunden kann. Auch finden sich unter den Eliten des Südens nicht wenige, die eine "Reduktion der Tuareg" als sehr angebrachte Lösung empfänden. Entfesselt durch ihre Militärs, hatten es die zivilen Verantwortlichen für die Affäre von Tchin Tabaraden nicht an Beweisen für ihre Absichten mangeln lassen: die Ausrufung eines nächtlichen Ausgehverbots über das gesamten Aîr-Gebiet sowie die Durchsetzung zahlloser weiterer Verbote und Schikanen, was letztlich in die Verhaftung von 240 "Verdächtigen" zwischen August und September 1992 mündete.59

Der im April 1993 demokratisch gewählte Staatschef, der Zivilist Mahamane Ousmane, signalisierte sofort nach seiner Amtseinsetzung seinen Verhandlungswillen, doch hatte Mano Dayak, der charismatische Führer aus Agadez, Anfang des Jahres 1992 nach Frankreich ins Exil flüchten müssen, und die nigerischen Tuareg-Stämme schienen von einer Einigkeit weit entfernt zu sein. Dennoch gelingt es schließlich, am 9. Oktober 1994 in Ouagadougou ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und den Rebellen zu unterzeichnen. Am 24. April 1995 folgt in Niamey die Vereinbarung eines Friedensabkommens, das weitgehende Autonomie und verstärkte Finanzhilfen für die Aîr-Region sowie eine Generalamnestie für alle Rebellen und Soldaten der Regierungstruppen vorsieht.

Bei den Neuwahlen am 12. Jänner 1995 wurde die Partei der Tuareg, die "Parti Nigérien pour l'Unité et la Démocratie", erstmals zugelassen und konnte drei Parlamentssitze erringen.60

4.4. Die derzeitige Situation der Tuareg-Flüchtlinge und die notwenigsten Lösungsansätze

Im Dezember 1991 befanden sich zwischen 30.000 und 50.000 Flüchtlinge in zahlreichen,61 zumeist zufällig entstandenen Lagern hinter der malinesischen Grenze beim algerischen Bordj Moktar, dem algerischen Ende der "Tanezrouft". 25.000 weitere Flüchtlinge verließen Mali im Laufe des Jahres 1992, um sich an verschiedenen Punkten der Hoggar-Berge zu anzusammeln. Ende 1992 umfaßte die Gesamtheit der Tuareg in Algerien, die aus einem anderen Land stammten, an die 100.000 Menschen, bis Ende 1994 sank dieser Stand wenigstens auf 28.000 malinesische und 23.000 nigerische Flüchtlinge. Im März 1992 sammelten sich etwa 30 000 malinesische Flüchtlinge in der Region von Néma im Südosten Mauritaniens, bis Ende 1994 wuchs dieser Bestand auf 82.000 Menschen an. Hinzuzuzählen sind zudem noch die 51.000 Flüchtlinge in Boukina Faso.

Zusammenfassend befinden sich zur Zeit zwischen 180.000 und 200.000 Tuareg in den Staaten Algerien, Mauretanien und Boukina-Faso, die ihre Heimat Mali oder Niger verlassen mußten und unter zumeist prekären Umständen ihr Leben fristen.

Die Grundvoraussetzung für die Lösung der Tuareg-Problematik ist ein umfassender und dauerhafter Friede. Die Ergebnisse in Niger sind vielversprechend, doch wird sich erst abzeichnen, wie ernst es der Regierung in Niamey mit ihren Autonomie- und Finanzierungszusagen ist. Die Autonomie im Sinne einer Selbstverwaltung ist jedenfalls unumgänglich, will man nicht zum ursprünglichen Status quo zurückverfallen. Dies bedeutet darum auch, daß kleine lokale Selbstverwaltungseinheiten installiert werden müssen.

Auf nationaler Ebene wäre es vorteilhaft, die Mitglieder der Tuareg in den verschiedenen Körperschaften und Institutionen wie der Verwaltung, der Armee und der Justiz zu integrieren. Dazu müßte man vor allem die notwendigen Ausbildungsstätten zur Ausbildung von Kadern und Technikern in den Tuareg-Regionen installieren.

Schließlich sind auch die nötigen finanziellen und technischen Ausstattungen sowie wirtschaftliche und soziale Förderungen unumgänglich, um diese von Kapital ausgesogenen Gebiete wieder zu befruchten. Nach PONS' Ansicht könne der Tourismus eine vielversprechende Trumpfkarte zur Verwirklichung dieser Lösungsansätze sein.

PONS sieht als einzig zielführende Überlebensstrategie und -chance für die Erhaltung der Tuareg-Kultur deren Flucht nach vorn:

"En tout cas, la société touarègue devra faire un gros effort d'adaptation pour préserver sa cultur, sa langue, sa personnalité . Le déclin du nomadisme, le nivellement des classes sociales, la s é dentarisation, l'adaptation à la technologie et aux contraintes du monde moderne sera le prix indispensable que les anciens "hommes bleus" (...) pourront suivre, retrouver une place convenable et préserver l'essentiel de leur culture tout en épousant les temps nouveaux."62

Dummerweise unterschlägt der Autor, was seiner Ansicht nach - bei Aufgabe all der genannten traditionellen Züge der Tuareg - an "Essentiellem" von ihrer Kultur übrigbleibt. Der Blaue Turban zum Gaudium fotogeiler Touristen?

Bibliographie:

ACTUALITÉ AFRICAINE: Mali. Conférence régionale sur les Touaregs. In: Marchés Tropicaux, August 1994, 1792.

ALAMIN-ALKALY, Mohammed: Opfer der Willkür der Verwaltung: die Tuareg. In: Kulturverein Schloß Goldegg: Die Tuareg. Überleben in der Wüste; Goldegg 1995, 48 - 58.

AOUTCHIKI, Mohamed: Das Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Interview. In: Amnesty Magazin 1/95, 13. BARATTA, Mario von: Fischer Weltalmanach 1996, Frankfurt/Main 1995.

BERNUS, Edmond et Suzanne / DESJEUX, Catherine et Bernard: TOUAREGS. Ed. l´harmattan 1983.

BOURDIEU, Pierre: Sociologie de l'Algérie. Ed. "Que sais -je?" 802, Paris 1958, 7e. ed. 1985.

BOUGAR, Francois / LARONDE, André: La Libye. Ed. "Que sais -je?" 1634, Paris 1996.

CLAUDOT-HAWAD, Hélène: LES TOUAREGS. Portrait en fragments. Aix-en-Provence 1993.

DECRAENE, Philippe: Les dirigeants du Niger cherchent sans succès à tempérer l´irrédentisme des Touareg. In: Marchés Tropicaux, September 1994, 1877 f.

FERRI, Camile: Angle mort dans le desert: la question Touaregue; (Interview mit Mano Dayak). In: Sciences humaines hors série Nr. 1, Feber 1993, 46 f.

FRIEDL , Harald: Die letzte Karawane. Das leise Sterben der "Blauen Wüstenritter". In: "Pfeil" Nr. 43, Graz, Mai 1992,8 - 9. Ders.: Betreten auf eigene Gefahr. In: "Kleine Zeitung" Graz, 30. April 1992, 48.

GÖTTLER, Gerhard: Die soziale Rolle der Frau in der Tuareggesellschaft. In: Kulturverein Schloß Goldegg (Hg.): Die Tuareg. Überleben in der Wüste. Goldegg 1995, 117 - 120.

GRETZBACHER, Eva: Aman iman - ach isudar. Wasser ist Leben - Milch unsere Nahrung. In: Bedrohte Völker Nr. 40, Oktober 1995, 18 - 20.

JOHNSON, Dominic: Krieg der Klischees. In: NZZ. Hinweis von KRESCHTMER, Eva, "Gesellschaft für bedrohte Völker". LHOTE, Henri: Le Hoggar. Espace et temps; Paris 1984.

OLIVER, Jaque: Le coeur du Sahara bat très fort. In: GEO (frz. Ausg.) Nr. 70, Dezember 1984, 104 ff. Ders.:Quand un mirage devient réalité. In: ebd., 82 ff.

PONS, Roger: Le problème touareg: hier, aujourd´hui..., demain? In: Marchés Tropicaux Nr. 2478, Mai 1993, 1185 ff. STÜHRENBERG, Michael: Der soziale Wandel der Tuareg Südost-Algeriens. Bern 1980. Ders.: Triologie des Überlebens. In: GEO Spezial (dt. Ausg.) Nr. 6, Dezember 1992, 67 ff.

TATAMLY, Oumar: Révolte, société et environnement dans le Gourma: le Soulèvement Touareg de 1915 - 1916. In: "Colloque d´histoire au present: révolte et société", Sorbonne, Paris 1988, 157 - 165.

THIOLAY, Boris: La langue errance des hommes bleus. In: GEO (frz. Ausg.) Nr. 178, Dezember 1993, 92 ff.

[...]


1 Pons, Roger: Le problème touareg: hier, aujourd´hui..., demain?; en: Marchés Tropicaux Nr. 2478, mai 1993, p. 1187.

2 GRETZMACHER, Eva: Aman iman - ach isudar. Wasser ist Leben - Milch unsere Nahrung. In: Bedrohte Völker Nr. 40, Oktober 1995, 18.

3 OLIVER, Jaque:Quand un mirage devient réalité. In: GEO (frz. Ausgabe) Nr. 70, Dezember 1984, 82 f.

4 Amrar: oberster adeliger Führer einer Föderation.

5 Iforas: Vasallen im feudalen Sinn, die in der sozialen Hierarchie den Imajeren, den Noblen, untergeordnet sind.

6 Amenokal: Angehöriger der Klasse der Imajeren, der einen Quasi-Vorsitz unter den Adeligen eines Stammes innehat und zuweilen repräsentative Funktionen nach außen erfüllt.

7 Das heutige Zentrum der Kel Ajjer ist infolge der Unabhängigkeit der beiden Staaten Libyen und Algerien nach Djanet verlagert worden.

8 LHOTE, Henri: Le Hoggar. Espace et temps; Paris 1984.

9 BOUGAR, Francois / LARONDE, André: La Libye. Ed. "Que sais-je? 1634, Paris 1996, 43.

10 Rezzu = überfallsartige Raubzüge gegen benachbarte Stämme oder Städte; das deutsche Wort "Razzia" leitet sich davon ab.

11 BOUGAR / LARONDE, La Libye, 55.

12 STÜHRENBERG, Michael: Der soziale Wandel der Tuareg. Bern 1980, 109.

13 FERRI, Camile: Angle mort dans le desert: la question touagegue. In: Sciences Humaines Hors Série Nr. 1, Feber 1993,

14 FISCHER WELT ALMANACH 1996, 497.

15 Vgl.: BOURDIEU, Pierre: Sociologie de l'Algérie. Ed. "Que sais-je? 802, Paris 1958, 7e. ed. 1985, 9 ff.

16 STÜHRENBERG, Wandel, 114.

17 Nach meinen persönlichen Erfahrungen fand diese große Messe unter Beteiligung von Händlern aus allen angrenzenden Ländern jedenfalls noch bis 1990 statt.

18 STÜHRENBERG, Wandel, 116.

19 FRIEDL, Harald: Betreten auf eigene Gefahr. In: Kleine Zeitung, Graz, 30.4.1992, 48.

20 TATAMLY, Oumar: Révolte, société et environnement dans le Gourma: le Soulèvement Touareg de 1915 - 1916. In: "Colloque d´histoire au present: révolte et société", Sorbonne, Paris 1988, 157 - 165.

21 Ders., 158.

22 Ders., 159.

23 Archives Nationales du Mali, Fonds Ancien, carton 1E42, Rapport Politique du Cercle du Gourma, moins de juillet 1914, 3; vgl.: TATAMLY, revolte, 159.

24 Auch das arabische Wort "Tuareg", das als "die von Gott Verstoßenen" übersetzt wrden kann, spiegelt dieses Verhältnis wieder. In Tamaschek nennen sich die Tuareg dagegen "Imazighen": die Freien!

25 Archives Nationales du Mali, Fonds Ancien, carton 1E42, Rapport de tournée du 4 mai 1915, 5; vgl.: TATAMLY, revolte, 162.

26 Ders., 164.

27 PONS, Roger: Le problème touareg: hier, aujourd´hui..., demain?; en: Marchés Tropicaux Nr. 2478, Mai 1993, 1186.

28 FISCHER WELT ALMANACH 1996, 65.

29 Ders., 452.

30 Ders., 495.

31 Ders., 133.

32 Ders., 458.

33 STÜHRENBERG, Michael: Der soziale Wandel der Tuareg. Bern 1980. S 114.

34 Ders., 115 ff.

35 Ders., 117 ff.

36 "Oasis: Des perspectives d`avenir." In: El Moudjahid, 7.1.1974; Zitiert von: STÜHRENBERG, Wandel, 121.

37 FISCHER WELT ALMANACH 1996, 497.

38 ("Wir sind die Sklaven unserer ehemaligen Sklaven geworden!" Zit. von: PONS, problème, 1188.

39 STÜHRENBERG, Wandel, 123.

40 OLIVER, Jaque: Le coeur du Sahara bat très fort. In: GEO (frz. Ausg.) Nr. 70, Dezember 1984, 109.

41 STÜHRENBERG, Wandel, 127.

42 GÖTTLER, Gerhard: Die soziale Rolle der Frau in der Tuareggesellschaft. In: Kulturverein Schloß Goldegg (Hg.): Die Tuareg. Überleben in der Wüste. Goldegg 1995, 118.

43 STÜHRENBERG, Wandel, 153.

44 FRIEDL , Harald: Die letzte Karawane. Das leise Sterben der "Blauen Wüstenritter". In: "Pfeil" Nr. 43, Österreich, Mai 1992, 9.

45 PONS, problème, 1187 ff.

46 Vgl. auch: JOHNSON, Dominic: Krieg der Klischees. In: NZZ. Hinweis von KRESCHTMER, Eva, "Gesellschaft für bedrohte Völker".

47 BERNUS, Edmond et Suzanne / DESJEUX, Catherine et Bernard: TOUAREGS. Ed. l´harmattan 1983, 58.

48 PONS, problème, 1188.

49 STÜHRENBERG, Michael: Triologie des Überlebens. In: GEO Spezial (dt. Ausg.) Nr. 6, Dezember 1992, 70.

50 PONS, problème, 1187.

51 AOUTCHIKI, Mohamed: Das Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Interview. In: Amnesty Magazin 1/95, 13.

52 ALAMIN-ALKALY, Mohammed: Opfer der Willkür der Verwaltung: die Tuareg. In: Kulturverein Schloß Goldegg: Die Tuareg. Überleben in der Wüste; Goldegg 1995, 53.

53 Ders., 51.

54 PONS, problème, 1188. ALAMIN-ALKALY spricht dagegen davon, daß die Männer unbewaffnet gewesen wären und erwähnte auch nichts von Opfern auf Seiten der Gendarmerie. Vgl.: ALAMIN-ALKALY, Opfer, 53.

55 ALAMIN-ALKALY, Opfer, 56.

56 PONS, problème, 1190.

57 ALAMIN-ALKALY, Opfer, 57.

58 ACTUALITÉ AFRICAINe: Mali. Conférence régionale sur les Touaregs. In: Marchés Tropicaux, August 1994, 1792.

59 PONS, problème, 1189.

60 FISCHER WELT ALMANACH 1996, 497.

61 PONS, problème, 1190.

62 Ü bersetzung: "In jedem Fall wird die Tuareg-Gesellschaft große Anstrengungen unternehmen müssen, um ihre Kultur, ihre Sprache, ihre Persönlichkeit erhalten zu können. Der Untergang des Nomadismus, die Nivellierung der sozialen Klassen, die Seßhaftmachung, die Anpassung an die Technologie und an die Zwänge der modernen Welt sind der unvermeidbare Preis dafür, daß die einstigen "Blauen Männer" aufrücken, einen angemessenen Platz wiederfinden und das Wesentliche ihrer Kultur erhalten können - all dies, indem sie sich mit der modernen Zeit verbinden." Vgl. PONS, problème, 1191.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Die Spuren der Tuareg - Die Transformation einer Nomadengesellschaft
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz
Veranstaltung
Seminar Entwicklungspolitik
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
1997
Seiten
31
Katalognummer
V100717
ISBN (eBook)
9783638991414
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spuren, Tuareg, Transformation, Nomadengesellschaft, Seminar, Entwicklungspolitik
Arbeit zitieren
Mag. Harald Friedl (Autor:in), 1997, Die Spuren der Tuareg - Die Transformation einer Nomadengesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100717

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Spuren der Tuareg - Die Transformation einer Nomadengesellschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden