Möglichkeiten der Bilanzierung von Emissionsrechten

Analyse der Bilanzierung bei europäischen Fluggesellschaften


Bachelorarbeit, 2019

30 Seiten, Note: 2,3

Steffen Arning (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anhangverzeichnis

1. Einleitung

2. Überblick Emissionshandel
2.1 Grundlagen des Emissionshandels
2.1 Europäisches Emissionshandelssystem

3. Möglichkeiten der Bilanzierung
3.1 Bilanzierungsstandard IFRIC 3
3.2 Government Grant Approach
3.3 Erinnerungswertmethode
3.4 Bilanzierung nach IDW RS HFA 15

4. Analyse der Bilanzierung bei europäischen Fluggesellschaften

5. Fazit und Ausblick

6. Anhang

Literaturverzeichnis

Gesetzesverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 - Tätigkeiten im Geltungsbereich des EU EHS

Abb. 2 - Bilanzierungsmethoden der untersuchten Fluggesellschaften

Abkürzungsverzeichnis

CDM Clean Development Mechanism

CORSIA Carbon Offset and Reduction Scheme for

International Aviation

EEX Leipziger Strombörse

EFRAG European Financial Reporting Advisory Group

EHS Emissionshandelssystem

EUA European Union Allowance

EUAA European Union Aviation Allowance

EU ETS European Union Emission Trading Scheme

IAS International Accounting Standard

IASB International Accounting Standards Board

ICAO International Civil Aviation Organization

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer

IDW RS HFA 15 Stellungnahme zur Rechnungslegung: Bilanzierung

von Emissionsberechtigungen nach HGB des

deutschen Institutes der Wirtschaftsprüfer (verab-

schiedet vom Hauptfachausschuss am 01.03.2006)

IFRIC International Financial Reporting Interpretations

Committee

IFRS International Financial Reporting Standards

GGA Government Grant Approach

JI Joint Implementation

TEHG Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz

VFE-Lage Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

Anhangverzeichnis

Anhang A: Bilanzierungsansätze untersuchter Fluggesellschaften

Anhang B: Berechnung Anteil bei Air France-KLM

1. Einleitung

Das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz rückt immer mehr in den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Fokus. Die Politik ist angehalten, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu ergreifen und sieht die Reduzierung des Treibhausgases CO2 als zentralen Ansatzpunkt. Im Kyoto-Protokoll von 19971 wurde der Grundstein für einen Emissionshandel gelegt, woraufhin weltweit die Ausarbeitung von Systemen begann. Am 01.01.2005 trat mit dem European Union Emission Trading Scheme (EU ETS) das erste und bis heute größte Emissionshandelssystem der Welt in Kraft.2 Unternehmen diverser Branchen müssen nun Emissionsberechtigungen erwerben, um für einen Mehrausstoß von CO2 zu bezahlen. Als Hilfestellung für betroffene Unternehmen, in Hinblick auf die Bilanzierung der Emissionsberechtigungen, veröffentlichte das International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) im Dezember 2004 die Interpretation IFRIC 3 („Emission Rights“). Aufgrund heftiger Kritik wurde diese allerdings Mitte 2005 wieder zurückgezogen.3

Seitdem gibt es keinen einheitlichen Bilanzierungsstandard für Emissionsberechtigungen. Über die Jahre wurden viele Bilanzierungsmöglichkeiten entwickelt. Dennoch herrscht Unsicherheit bei der Anwendbarkeit der Möglichkeiten. Ziel der Arbeit ist es, einen Überblick über den aktuellen Stand des Themas zu geben und für europäische Unternehmen anwendbare Bilanzierungsmöglichkeiten herauszustellen.

Beginnend mit einer Erläuterung der grundlegenden Funktionsweise eines Emissionshandels folgt eine kurze Vorstellung des European Union Emission Trading Scheme. Anschließend werden der IFRIC 3 und drei weitere häufig genannte Bilanzierungsmöglichkeiten näher vorgestellt. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zueinander herausgestellt und eine kritische Würdigung vorgenommen. Abschließend wird die Bilanzierung von Emissionsrechten in der Praxis, anhand von Geschäftsberichten europäischer Fluggesellschaften, untersucht. Am Ende werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und ein Ausblick in Bezug auf aktuelle politische Diskussionen um die Ausweitung des Emissionshandels gegeben.

2. Überblick Emissionshandel

2.1 Grundlagen des Emissionshandels

Die Idee eines Emissionshandels zur Begrenzung von umweltschädlichen Abgasen stammt von Dales aus dem Jahr 1968.4 Heute existieren weltweit 20 Emissionshandelssysteme, wovon 15 auf regionaler, vier auf nationaler und eines auf multinationaler Ebene implementiert wurde.5 Weitere Systeme befinden sich im Aufbau. Das erste und bisher größte Emissionshandelssystem der Welt wurde in Europa eingeführt und umfasst 31 Länder.6

Es gibt zwei Ansätze, um mithilfe von marktbasierten Instrumenten eine Reduzierung von Treuhausgas-Emissionen und damit die Erreichung von Klimaschutzzielen zu erzielen. Den Cap-and-Trade Ansatz und den Baseline-and-Credit Ansatz.

Beim Cap-and-Trade Ansatz wird eine Obergrenze, das sogenannte „Cap“, für die erlaubte Menge an Treibhausgasemissionen innerhalb einer Handelsperiode festgelegt. Diese Grenze wird gemäß umweltpolitischen Zielen gesetzt.7 Für die Menge an erlaubten Emissionen werden Berechtigungen ausgegeben. Volkswirtschaftlich betrachtet wird das freie Gut „Luft“ künstlich verknappt und somit in ein Kostenelement umgewandelt.8 Die ausgegebenen Emissionsberechtigungen bekommen somit einen Preis und können gehandelt („trade“) werden.

Beim Baseline-and-Credit Ansatz werden Zertifikate für die nachgewiesene Reduzierung von Treibhausgasemissionen unter einen bestimmten Referenzwert („baseline“) ausgegeben. Diese Zertifikate können frei auf dem Markt gehandelt werden. Ein Preis kommt zustande, indem die Berechtigungen als eine Art Gutschrift („credit“) für Systeme nach dem Cap-and-Trade Ansatz genutzt werden können, und somit ein Anreiz zum Kauf besteht. Als Beispiel für diesen Ansatz ist der im Kyoto-Protokoll festgelegte Clean Development Mechanism (CDM) zu nennen.9

2.1 Europäisches Emissionshandelssystem

Durch die im Kyoto-Protokoll eingegangene Verpflichtung zur Reduzierung von Treibhausgasen entwickelte die Europäische Union (EU) das European Union Emission Trading Scheme.10 Das System basiert auf dem Cap-and-Trade Prinzip und trat zum 01.01.2005 in Kraft.11 Zu Beginn wurden nur Emissionsberechtigungen für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) ausgegeben. Nach und nach wurden weitere Treibhausgase und Branchen einbezogen (Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 - Tätigkeiten im Geltungsbereich des EU EHS12

Zu Beginn jeder Handelsperiode wird die Menge an erlaubten Treibhausgasemissionen festgelegt und dementsprechend Emissionsberechtigungen erstellt. Ein Zertifikat berechtigt zum Ausstoß einer Tonne CO2 oder eines äquivalenten Treibhausgases.13 Unterschieden wird zwischen Emissionsberechtigungen für den stationären Bereich, den EU Allowances (EUAs) und Berechtigungen für den Luftverkehr, den EU Aviation Allowances (EUAAs).14 Die Emissionsberechtigungen werden teilweise unentgeltlich auf Grundlage historischer Emissionsdaten und teilweise per Auktionen im Einheitspreisverfahren an die Besitzer der im EU ETS erfassten Anlagen ausgegeben. Dabei verringert sich der Anteil der unentgeltlich ausgegebenen Berechtigungen kontinuierlich.15

Die 2012 eingeführten EUAAs für den Luftverkehr werden überwiegend unentgeltlich anhand der Benchmark-Methode16 an die Luftverkehrsunternehmen ausgegeben und nur zu einem geringen Teil versteigert. Dabei wird auch eine Reserve für potenzielle neue Marktteilnehmer zurückbehalten.17 Vom EU ETS werden alle Flüge innerhalb der beteiligten Staaten erfasst.18 Dies bedeutet, dass bspw. die Treibhausgasemissionen eines Fluges von Berlin nach Madrid durch Emissionsberechtigungen kompensiert werden müssen, wohingegen die Emissionen eines Fluges von München nach Istanbul nicht durch das EU ETS abgedeckt sind, da die Türkei kein Mitgliedstaat des EU ETS ist. Luftverkehrsunternehmen können zur Kompensation ihrer Treibhausgasemissionen sowohl EUAAs als auch EUAs verwenden, Betreiber von stationären Anlagen hingegen nur EUAs.19

Zusätzlich zu den EUAs und EUAAs besteht beim EU ETS die Möglichkeit, Emissionen durch zertifizierte Emissionsreduktionen zu kompensieren.20 Es sind die im Kyoto-Protokoll beschriebenen Zertifikate des Clean Development Mechanism (CDM) und des Joint Implementation (JI) zulässig.21 CDM-Zertifikate werden für emissionseinsparende Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgegeben und JI-Zertifikate für Projekte in Industriestaaten.22

„Gut aufgearbeitete und richtige Daten sind zentraler Bestandteil für einen funktionierenden Emissionshandel.“23. Beim EU ETS müssen die Betreiber der in das ETS eingebundenen Anlagen ihre Emissionsdaten bis zum 31. März des Folgejahres per europaweit einheitlichem Verfahren an die zuständige Landesbehörde melden. Geschieht dies nicht oder sind die übermittelten Daten fehlerhaft, werden die Emissionen von den Behörden geschätzt.24 Es besteht die Möglichkeit, bei einer negativen Differenz zwischen den verursachten Emissionen und den vorgehaltenen Emissionsberechtigungen, fehlende Berechtigungen auf dem freien Markt zu erwerben. Bei einem Überschuss können nicht benötigte Emissionsberechtigungen verkauft oder in die kommende Periode übertragen werden.25 Jedes Unternehmen kann den für sich kosteneffizientesten Weg wählen: Investition in umweltschonende Technologien oder Emissionsberechtigungen.26 Sind zum Stichtag 30. April nicht genügend Emissionsberechtigungen für die gemeldete Menge an emittierten Treibhausgasen vorhanden, wird der Betreiber der Anlage doppelt bestraft. Die Strafe besteht aus einem Ordnungsgeld, dessen Höhe länderspezifisch ist27, und der Reduzierung der für das aktuelle Kalenderjahr zugewiesenen Menge um die fehlenden Emissionsberechtigungen.28 Am Ende jeder Periode sind die Berechtigungen an die zuständige Behörde abzugeben und werden dort aus einem zentralen Register gelöscht. Im System der EU gibt es emissionshandelspflichtige Unternehmen und Finanzintermediäre29. In dieser Arbeit werden nur die Bilanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen betrachtet, die Emissionsberechtigungen am Ende des Jahres vorhalten müssen.

3. Möglichkeiten der Bilanzierung

Bei Emissionsberechtigungen handelt es sich um Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen. Folglich gelten diese Berechtigungen nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) wie auch nach HGB als immaterielle Vermögensgegenstände.30 Welche Möglichkeiten der Bilanzierung von Emissionsrechten existieren und was für Unterschiede und Gemeinsamkeiten diese zueinander aufweisen, wird in diesem Abschnitt näher erläutert. Es werden Erstansatz, Folgebewertung, Bilanzierung bei Kauf und Verkauf, sowie die Bilanzierung der Rückgabeverpflichtung betrachtet.

3.1 Bilanzierungsstandard IFRIC 3

Das zum IASB gehörende International Financial Reporting Interpretations Committee, welches für die Schließung von Regelungslücken zuständig ist, veröffentlichte im Dezember 2004 die Interpretation IFRIC 3.31 Darin empfiehlt das Komitee Emissions-rechte nach folgenden Aspekten zu bewerten.32

- Emissionsrechte sind als immaterielle Vermögenstände zu interpretieren und fallen damit unter den IAS 38 (immaterielle Vermögensgegenstände).
- Unentgeltlich von der Regierung zugeteilte Berechtigungen sind als staatlicher Zuschuss im Sinne des IAS 20 (Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand) zu werten. Als Gegenpart zum beizulegenden Zeitwert des zu aktivierenden immateriellen Vermögensgegenstandes ist ein passiver Abgrenzungsposten zu bilden.
- Der passive Abgrenzungsposten ist über die Periode erfolgswirksam aufzulösen.
- Während der Periode, in der das Unternehmen Treibhausgase emittiert, ist eine Rückstellung nach IAS 37 (Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen) für die vorzuhaltenden Emissionsberechtigungen zu bilden. Die Höhe der Rückstellung wird am Ende der Periode festgelegt und entspricht dem Wert der vorzuhaltenden Berechtigungen zum aktuellen Marktpreis (Bruttomethode).
- Die Emissionsberechtigungen sind zum Zeitpunkt eines Verkaufs oder der Rückführung an die Regierung auszubuchen. Solange die Berechtigungen auf einem aktiven Markt handelbar sind, werden sie nicht abgeschrieben.

Die Interpretation des IFRIC ist stark umstritten. Bei deren Anwendung entstehen bilanzielle Ungereimtheiten. Zum einen kann ein sogenannter „measurement mismatch“33 und zum anderen ein “reporting mismatch“34 entstehen. Der „measurement mismatch“ ist eine Ergebnisverschiebung, die bei Anwendung des Anschaffungskostenmodells entsteht. Zugegangene Emissionsberechtigungen werden nach IAS 20 und IAS 38 zu Anschaffungskosten bewertet. Die Rückstellung nach IAS 37 erfolgt hingegen zum beizulegenden Zeitwert.35 Es ergeben sich somit Differenzen bei der Bewertung von Emissionsrechten zwischen der Aktiv- und Passivseite, welche in einer Ergebnisverschiebung resultieren. Schwankende Marktpreise können den „measurement mismatch“ verstärken.36 Findet die Neubewertungsmethode Anwendung, kann es zum „reporting mismatch“ kommen, da Gewinne bzw. Verluste aus der Neubewertung nach IAS 20 und IAS 37 in die Gewinn- und Verlustrechnung einfließen und nach IAS 38 bilanziell abgebildet werden. Diese Diskrepanz bei der Anwendung des IFRIC 3 führte zur Ablehnung des Standards durch die Europäische Union.37 Da das 2005 eingeführte EU ETS das größte Emissionshandelssystem der Welt ist und dadurch die im System eingebundenen Unternehmen die Hauptanwender des Standards sein sollten, verlor der IFRIC 3 durch die Ablehnung der EU seine Bedeutung. Konsequenterweise zog das IASB den Standard am 23. Juni 2005 zurück.38 Damit ist dieser zwar nicht mehr für Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, verbindlich, aber dennoch eine gültige Bilanzierungsmöglichkeit.39

Die Bilanzierung von Emissionsrechten unterliegt seitdem keinem international einheitlichen Standard. Auch einheitliche Interpretationen gibt es bis heute nicht. In der Literatur werden diverse Bilanzierungsalternativen diskutiert. Gibt es keinen Bilanzierungsstandard für einen Sachverhalt, wie in diesem Fall, sehen die IFRS die eigenständige Entwicklung einer Rechnungslegungsmethode vor. Dabei werden im IAS 8 (Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler) sowohl das Vorgehen bei der Entwicklung als auch die zu erfüllenden Anforderungen an die selbst entwickelte Rechnungslegungsmethode festgelegt.40

3.2 Government Grant Approach

Eine daraus entwickelte Methode zur Bilanzierung von Emissionsrechten ist der sogenannte „Government Grant Approach“ (GGA).

Bei diesem in der Literatur viel diskutierten Ansatz41 werden die Berechtigungen als „homogene Vermögenswerte“42 angesehen. Dies bedeutet, dass beim erstmaligen Ansatz nicht zwischen entgeltlich erworbenen und unentgeltlich zugeteilten Emissionsberechtigungen unterschieden wird, sondern beide Arten zum beizulegenden Zeitwert angesetzt werden.43 Bei den erworbenen Emissionsberechtigungen entspricht der beizulegende Zeitwert zum Zugangszeitpunkt nahezu den Anschaffungskosten.44 Bei den unentgeltlich zugeteilten Berechtigungen greift eine Sonderregel des IAS 38. Sie erlaubt, mit Verweis auf den IAS 20, zwischen einem Ansatz zum beizulegenden Zeitwert und dem üblichen Ansatz zu Anschaffungskosten zu wählen.45 Gleichzeitig schreibt der IAS 20 beim Ansatz zum beizulegenden Zeitwert vor, einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in gleicher Höhe zu bilden.46 Dies führt zwangsläufig zu einer Bilanzverlängerung.47 Im Laufe der Periode ist der Abgrenzungsposten entsprechend den verursachten Emissionen erfolgswirksam aufzulösen. Die Darstellung der möglichen Gewinne bzw. Verluste kann gemäß IAS 20.29 saldiert oder gesondert erfolgen.48

Bei der Folgebewertung kann zwischen dem Anschaffungskostenmodell (IAS 38.74) und dem Neubewertungsmodell (IAS 38.75-87) gewählt werden.49

Nach dem Anschaffungskostenmodell werden die Emissionsberechtigungen zu ihren fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert. Dies bedeutet, dass sie gemäß dem IAS 36 außerplanmäßig abgeschrieben werden, falls ihr Marktwert unter die Anschaffungskosten gesunken ist.50 Bei einer Wertsteigerung gilt das Wertaufholungsgebot. Eine planmäßige Abschreibung ist bei Emissionsberechtigungen nach generell nicht vorzunehmen51 und wird dementsprechend bei keiner in dieser Arbeit vorgestellten Bilanzierungsmöglichkeiten vollzogen.

Das Neubewertungsmodell darf nach IAS 38.75 nur für immaterielle Vermögensgegenstände angewendet werden, für die ein aktiver Markt existiert. Da beim EU ETS die Emissionsberechtigungen an Strombörsen, wie z. B. der Leipziger Strombörse (EEX), gehandelt werden, ist ein aktiver Markt vorhanden und das Neubewertungsmodell entsprechend anwendbar.52 Bei diesem Modell erfolgt regelmäßig eine Anpassung der bilanzierten Werte an den beizulegenden Zeitwert.53 Liegt der Zeitwert am Bilanzstichtag über dem ursprünglich angesetzten Wert, wird die Differenz gemäß IAS 38 erfolgsneutral in der Neubewertungsrücklage innerhalb des Eigenkapitals verbucht.54 Liegt der Zeitwert am Bilanzstichtag darunter, erfolgt ein erfolgswirksamer Ausweis der Differenz in der Gewinn- und Verlustrechnung. Ausnahmen bilden Wertaufholungen bzw. Wertberichtigungen.55 Hebt ein Neubewertungsgewinn einen zuvor erfolgswirksam erfassten Neubewertungsverlust auf, wird der Gewinn ebenfalls erfolgswirksam erfasst.56 Selbiges gilt für Neubewertungsverluste. Solange eine Neubewertungsrücklage vorhanden ist, werden Neubewertungsverluste gegen die Rücklage gebucht und nicht erfolgswirksam erfasst.57 Beide Modelle zur Folgebewertung waren auch im IFRIC 3 zugelassen.58

Bis hierhin ähnelt der GGA stark der Interpretation des IFRIC. Im Gegensatz zum IFRIC 3 wird die Verpflichtung zur Abgabe von Emissionsberechtigungen jedoch nicht brutto, sondern netto bilanziert.59 Die Frage, ob die Verpflichtung als Rückstellung oder Verbindlichkeit anzusetzen ist, wurde von Rogler et al. umfänglich erläutert.60 Demnach erfüllen die Emissionsberechtigungen des EU ETS „sämtliche Ansatzkriterien einer Rückstellung“61 und sind gemäß IAS 20.11 nach den Grundsätzen des IAS 37 (Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen) anzusetzen.62 Der Wert der Rückstellung wird durch eine „bestmögliche Schätzung der zur Erfüllung der gegenwärtigen Verpflichtung erforderlichen Ausgabe“63 gebildet. Bei der im Government Grant Approach verwendeten Nettomethode werden die vorhandenen Emissionsberechtigungen mit dem Buchwert und die noch zu beschaffenden Berechtigungen zum beizulegenden Zeitwert erfasst.64 Da die Auflösung des gebildeten passiven Rechnungsabgrenzungspostens und die Bildung der Rückstellung für unentgeltlich zugeteilte Berechtigungen zeitgleich und in gleicher Höhe erfolgen, entstehen bei dieser Methode keine Ergebnisverzerrungen durch unentgeltlich zugeteilte Berechtigungen. Ist eine Strafzahlung für fehlende Emissionsberechtigungen wahrscheinlicher als der Zukauf, wird stattdessen für die Höhe der Strafzahlung eine Rückstellung gebildet. Die Rückstellung wird am Tag der Übertragung der Emissionsberechtigungen an die zuständige Behörde aufgelöst. Gleichzeitig werden die Berechtigungen auf der Aktivseite ausgebucht.65

[...]


1 Vgl. Sekretariat der Klimarahmenkonvention (1997).

2 Vgl. Amelung, Adrian (2014), S. 7.

3 Vgl. Wulf, Inge / Lange, Heinrich (2011), S. 485.

4 Vgl. Dales, John (1968), S. 793ff.

5 Vgl. International Carbon Action Partnership (2019).

6 Vgl. European Commission (2016), S. 1.

7 Vgl. Amelung, Adrian (2014), S. 2f.

8 Vgl. Hoffmann, Wolf-Dieter / Lüdenbach, Norbert (2006), S. 57.

9 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2016), S. 8.

10 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 3.

11 Vgl. Umweltbundesamt (2017), S. 19.

12 Sonntag, Sebastian (2011), S. 5.

13 Vgl. European Commission (2016), S. 2.

14 Vgl. Umweltbundesamt (2017), S. 19.

15 Vgl. Fornaro, Jim / A Winkelman, Kenneth / Glodstein, David (2009), S. 41; Sonntag, Sebastian (2011), S. 3.

16 Bei der Benchmark-Methode werden die Angaben zu Verbrauch und verursachten Emissionen der Anlagen, in dem Fall der Flugzeuge, als Zuweisungsschlüssel genutzt. (vgl. Amelung, Adrian (2014), S. 22f.)

17 Vgl. Amelung, Adrian (2014), S. 23.

18 Vgl. European Commission (2016), S. 3.

19 Vgl. Umweltbundesamt (2017), S. 19.

20 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2016), S. 8.

21 Vgl. RICHTLINIE 2004/101/EG, S. 18.

22 Vgl. Ratnatunga, Janek (2007), S. 4.

23 Amelung, Adrian (2014), S. 20.

24 Vgl. Lorson, Peter / Toebe, Marc (2008), S. 499.

25 Vgl. Fornaro, Jim et al. (2009), S. 41.

26 Vgl. Hoffmann, Wolf-Dieter et al. (2006), S. 57f.; Fornaro, Jim et al. (2009), S. 41.

27 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 4.

28 Vgl. Haupt, Madlen / Ismer, Roland (2013), S. 73.

29 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 5.

30 Vgl. IDW RS HFA 15 Abs. 4; Wulf, Inge et al. (2011), S. 486.

31 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 11.

32 Vgl. International Accounting Standards Board (2008), S. 4

33 European Financial Reporting Advisory Group (2005), S. 2.

34 European Financial Reporting Advisory Group (2005), S. 2.

35 Vgl. European Financial Reporting Advisory Group (2005), S. 2; Hommel, Michael / Wolf, Sandra (2005), S. 317.

36 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 12.

37 Vgl. European Financial Reporting Advisory Group (2005), S. 2.

38 Vgl. Wulf, Inge et al. (2011), S. 485.

39 Vgl. Sonntag, Sebastian (2011), S. 14.

40 Vgl. IAS 8.10-12.

41 Vgl. Lorson, Peter et al. (2008); Rogler, Silvia / Lange, Diana / Straub, Sandro V. (2009), S. 374; Sonntag, Sebastian (2011); Wulf, Inge et al. (2011); Haupt, Madlen et al. (2013).

42 Haupt, Madlen et al. (2013), S. 77.

43 Vgl. Haupt, Madlen et al. (2013), S. 77.

44 Vgl. Wulf, Inge et al. (2011), S. 486.

45 Vgl. IAS 38.44.

46 Vgl. IAS 20.24.

47 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 374.

48 Vgl. IAS 20.24-29.

49 Vgl. Lorson, Peter et al. (2008), S. 503; Rogler, Silvia et al. (2009), S. 375f.; Wulf, Inge et al. (2011), S. 487; Haupt, Madlen et al. (2013), S. 77.

50 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 375 ff.; Wulf, Inge et al. (2011), S. 487.

51 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 376.

52 Vgl. Wulf, Inge et al. (2011), S. 487.

53 Vgl. IAS 38.75 Satz 3.

54 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 376.; Wulf, Inge et al. (2011), S. 487.

55 Vgl. Haupt, Madlen et al. (2013), S. 77f.

56 Vgl. IAS 38.85 Satz 2.

57 Vgl. IAS 38.86 Satz 2.

58 Vgl. Wulf, Inge et al. 2011), S. 488.

59 Vgl. Lorson, Peter et al. (2008), S. 503.

60 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 374.

61 Rogler, Silvia et al. (2009), S. 374.

62 Vgl. Wulf, Inge et al. (2011), S. 488.

63 IAS 37.37 Satz 1.

64 Vgl. Wulf, Inge et al. (2011), S. 488f.

65 Vgl. Rogler, Silvia et al. (2009), S. 379.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Bilanzierung von Emissionsrechten
Untertitel
Analyse der Bilanzierung bei europäischen Fluggesellschaften
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
30
Katalognummer
V1007957
ISBN (eBook)
9783346396181
ISBN (Buch)
9783346396198
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bilanzierung, Emmissionsrechte, Fluggesellschaften
Arbeit zitieren
Steffen Arning (Autor:in), 2019, Möglichkeiten der Bilanzierung von Emissionsrechten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1007957

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