Diese Arbeit soll eine Einführung in die revolutionäre Forschungsmethode Vicos in der "Neuen Wissenschaft" darstellen. Anhand einzelner, ausgewählter Passagen seiner Frühwerke wird hier der Anlass für Vicos philosophische Arbeit -die Ablehnung der kartesianischen Methode des Erkenntnisgewinns- dargelegt. Descartes Werk Meditationes de prima philosophia , welches den wissenschaftlichen Zeitgeist und die folgende Wissenschaftskultur bis heute entschieden geprägt hat, brachte Vico dazu ihr eine Alternative Methode gegenüberzustellen. Vico sah in der kartesianischen Methode eine große Gefahr für die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten der Jugend. Sie sei nicht zweckmäßig, indem sie die Lernenden zu „dogmatischen Besserwissern werden“ lasse, die „bar jeden gesunden Menschenverstandes […] unfähig [würden] in der Gesellschaft zu leben.“
Seinem Hauptwerk Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker (im Folgenden Neue Wissenschaft abgekürzt) stellt Vico einen Schlüssel zum besseren Verständnis voran; die Pintura. Dieses von Vico in Auftrag gegebene Bild, soll den Inhalt des Buches zeigen. Es dient als Abbild dessen, was in der Neuen Wissenschaft sprachlich ermittelt wird; es ist ihr Symbol. Vicos Werk betont, im krassen Gegensatz zur Kartesianischen Methode, den Stellenwert von Gedächtnis, Fantasie und Scharfsinn beim Erkenntnisgewinn. Sie werden in der Pintura gezielt angesprochen, um ein tieferes Verständnis und ein besseres Erinnern der Inhalte zu ermöglichen. Besonders jenes erste Paar von Eigenschaften des menschlichen Geistes -Gedächtnis und Fantasie- zieht Vico heran, um die Entstehung der Welt der primitiven Völker zu erforschen und findet in ihnen das Fundament seiner Wissenschaft. Er stellt sich mit seinem Werk gegen den sich ausbreitenden Rationalismus kartesianischer Prägung, widmet sich „dem Studium der ‚Kindheit‘ der Völker zu und äußert die Ansicht, dass hier wie in der Kindheit der Individuen nicht die Vernunft, sondern die Phantasie im Vordergrund steht.“ Die Relevanz kultureller Werke und ihre konstituierende Funktion für die sittliche Welt der Völker bildet die Neuausrichtung des viccianischen Denkens deutlich ab. Diesem Gebiet werden wir uns ausführlich im späteren Kapitel zum Verum ipsum factum widmen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Descartes
- Die kritische Methode
- Descartes' Wahrheitsbegriff
- Vico und die weltenschaffende Kreativität
- Poesie
- Topik versus Kritik
- Topica sensibile
- Philologie und Philosophie
- Verum ipsum factum
- Sensus Communis
- Poesie
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der revolutionären Forschungsmethode von Giambattista Vico in seiner „Neuen Wissenschaft“ und stellt sie der kartesianischen Methode gegenüber. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung von Vicos Methode und der Abgrenzung zu Descartes' kritischem Ansatz, insbesondere im Hinblick auf Vicos Kernkonzepte: Topik, Verum ipsum factum und die Beziehung zwischen Philosophie und Philologie.
- Gegenüberstellung von Vicos und Descartes' Forschungsmethoden
- Analyse von Vicos Kernkonzepten: Topik, Verum ipsum factum
- Bedeutung des Verhältnisses von Philosophie und Philologie in Vicos Werk
- Vicos Kritik am kartesianischen Rationalismus und dessen Auswirkungen auf die Bildung
- Die Rolle der Fantasie und des Gedächtnisses in Vicos Geschichtsphilosophie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in Vicos „Neue Wissenschaft“ ein und stellt die Pintura als Schlüssel zum Verständnis des Werkes vor. Vicos Methode wird als Gegensatz zur kartesianischen Methode dargestellt, die den Stellenwert von Gedächtnis, Fantasie und Scharfsinn beim Erkenntnisgewinn betont. Die Arbeit soll die viccianische Methode anhand ausgewählter Passagen aus Vicos Frühwerken analysieren und den Anlass für seine philosophische Arbeit – die Ablehnung der kartesianischen Methode – aufzeigen.
- Descartes: Dieses Kapitel widmet sich Descartes' kritischer Methode und seinem Wahrheitsbegriff. Descartes' Suche nach unbedingtem, gesichertem Wissen führt ihn zur Abwertung der Wahrnehmung und der Betonung des Verstandes- und Vernunftdenkens. Er sieht in der Sinnlichkeit eine Quelle von Irreführung und setzt auf den Rückzug in die absolute Einsamkeit, um zu gesicherten Erkenntnissen zu gelangen. Descartes' Wahrheitsbegriff basiert auf der Gewissheit und Unbezweifelbarkeit und beinhaltet eine starke Skepsis gegenüber den traditionellen Erkenntniszugängen wie Sensus, Imaginatio und Intellectus/Ratio.
- Vico und die weltenschaffende Kreativität: Dieses Kapitel beleuchtet Vicos Konzept der Poesie als Ursprung der Kultur und der Erkenntnis. Vico stellt die Topik, eine Methode der Wahrscheinlichkeit, der kartesianischen Kritik gegenüber und betont die Bedeutung der „Topica sensibile“ – der Fähigkeit, sinnliche Eindrücke zu erfassen und zu interpretieren. Es wird außerdem das Verhältnis von Philosophie und Philologie sowie das Konzept des „Verum ipsum factum“ behandelt, welches besagt, dass die Wahrheit von der menschlichen Erfahrung und der Geschichte geschaffen wird. Vico kritisiert die kartesianische Methode als unfähig, die Komplexität der menschlichen Kultur und Geschichte zu erfassen und setzt auf die Einbeziehung von Erinnerung, Fantasie und Scharfsinn, um ein tieferes Verständnis der menschlichen Welt zu ermöglichen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die folgenden Schlüsselbegriffe: Giambattista Vico, Neue Wissenschaft, Descartes, kartesianische Methode, kritische Methode, Topik, Verum ipsum factum, Philosophie, Philologie, Sensus Communis, Phantasie, Gedächtnis, Erkenntnis, Geschichte, Kultur, menschliche Erfahrung.
- Arbeit zitieren
- Felix Krenke (Autor:in), 2019, Vicos Forschungsmethode in der Scienza Nuova in Abgrenzung gegen die kartesianische Methode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1007982