Leseprobe
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Gliederung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Digitalisierung
2.1.1 Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen und Organisationen
2.1.2 Digitalisierung und Globalisierung
2.2 Digitale Führung
2.2.1 Notwendigkeit eines neuen Führungsverständnisses
2.2.2 Zentrale Aspekte, Kennzeichen und Herausforderungen
2.3 Digitale Unternehmenskultur
2.3.1 Kennzeichen und Merkmale
2.4 Zusammenfassung
3. Digitale Führung und Unternehmenskultur
3.1 Vertrauen herstellen und aufrecht erhalten in digitaler Führung
3.1.1 Zwischen den Mitgliedern eines virtuellen Teams
3.1.2 Zwischen den Teammitgliedern und der Führungskraft
3.2 Digitale Unternehmenskultur
3.2.1 Voraussetzungen, zentrale Treiber, und Maßnahmen für die Implementierung
4. Diskussion und Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: VOPA+ Modell
Abbildung 2: Digitale transformationale Führung (5 „I“-Dimensionen)
Abbildung 3: Das 3W-Modell nach Krüger
Abbildung 4: Konzeptaufbau und -ablauf des Transformationsprozesses
1. Einleitung
Unternehmen in einer freien Marktwirtschaft messen sich in einem ununterbrochenen Konkurrenzkampf mit anderen Unternehmen und Organisationen. Dabei steht die Anführung in Aspekten wie Technologie, Innovation, Marktzugänge und die Beherrschung von derzeitigen und zukünftigen digitalen Absatzmärkten im Vordergrund. Dieser Konkurrenzkampf führt zu einem enormen und andauernden Druck zur Veränderung und Adaption für Unternehmen. Zusätzlich müssen sich Unternehmen der anwachsenden Digitalisierung widmen (Dahm et al., 2020). Die digitale Transformation der Unternehmen ist notwendig, um im Wettbewerb weiterhin bestehen zu können (Laudon, 2017). Dieser Transformationsprozess betrifft in beträchtlichem Maße die Unternehmenskultur (Dahm et al., 2020).
Die Digitalisierung der heutigen Arbeitswelt wird zunehmend mit dem Begriff Arbeit 4.0 assoziiert, welcher Aspekte aufgreift wie die „Beschreibung zukünftiger Arbeitswelten, die von zunehmender Digitalisierung, Globalisierung und Individualisierung geprägt sind“ (Werther & Bruckner, 2018, S. 17). Die Nutzung digitaler Arbeitsmittel wie E-Mail, Smartphones, Apps und Tablets, sowie Robotik, steigt rasant an. Aber auch neue Arbeitsformen wie Homeoffice, Arbeiten von unterwegs, und virtuelle Besprechungen gehören inzwischen zum Arbeitsalltag in vielen Unternehmen und Organisationen (Ahlers, 2018).
Digitale Zusammenarbeit und Führung sind in den meisten Unternehmen anzutreffen und dennoch stehen digitale Projekt- und Teamarbeit vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen noch am Anfang der Bewegung, obwohl diese die Notwendigkeit einer Transformation erkannt haben (Demary et al., 2016). Insbesondere in diesen Unternehmen geht die Digitalisierung mit Herausforderungen einher, welche das Nutzen der Möglichkeiten hemmen und oft durch Unwissenheit begründet werden können (Leyh & Bley, 2016).
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bergen neben enormen Chancen auch Risiken, die nicht unbeachtet gelassen werden sollten (Morley et al., 2015). Die derzeitige Forschungslage digitaler Arbeit wird als unzureichend eingestuft (Schmidt et al., 2019). Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung bemängelt die Führungskompetenzen in Hinblick auf digitale Führung (Birska, 2015). Obwohl virtuelle Führung und Teamarbeit aufgrund der Digitalisierung und Globalisierung in schnellem Tempo an Wichtigkeit zulegen, werden diese in weniger als ein Prozent der zwischen 2000 und 2012 veröffentlichten Literatur zur Führungsforschung untersucht (Dinh et al., 2014).
1.1 Zielsetzung
Ziel dieser Ausarbeitung ist es in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung die Notwendigkeit eines neuen Führungsverständnisses und einer digitalen Unternehmenskultur aufzuzeigen. Dafür soll zunächst die Bedeutung der Digitalisierung und Globalisierung für Unternehmen herausgestellt werden. Anschließend sollen die digitale Führung und die digitale Unternehmenskultur anhand von Merkmalen und Kennzeichen beschrieben werden.
Ein besonderer Fokus wird auf Maßnahmen zur Herstellung und Aufrechterhaltung von Vertrauen zwischen den Mitgliedern eines virtuellen Teams und unter diesen und der Führungskraft gelegt. Des Weiteren sollen Voraussetzungen, zentrale Treiber und Maßnahmen zur Implementierung einer digitalen Unternehmenskultur herausgearbeitet werden.
1.2 Gliederung
Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer Ausarbeitung der theoretischen Grundlagen. Dabei wird auf die Digitalisierung, ihre Auswirkungen auf Unternehmen und ihr Zusammenhang zur Globalisierung näher eingegangen. Überdies werden auch Entwicklungen und Phänomene der letzten Jahrzehnte aufgegriffen. Es folgen Ausführungen zur digitalen Führung und Unternehmenskultur. Hinsichtlich der digitalen Führung sollen zum einen die Notwendigkeit eines neuen Führungsverständnisses, zum anderen zentrale Aspekte, Kennzeichen und Herausforderungen aufgezeigt werden. Des Weiteren wird auch die digitale Unternehmenskultur bezüglich ihrer Merkmale und Eigenschaften näher betrachtet. Abgeschlossen werden die theoretischen Grundlagen mit einer Zusammenfassung.
Im dritten Teil der Arbeit werden praktische Implikationen für die digitale Führung und Unternehmenskultur aus den theoretischen Grundlagen abgeleitet und vorgestellt. Die Herstellung und Aufrechterhaltung von Vertrauen zwischen den Mitgliedern digitaler Teams und zwischen diesen und der Führungskraft steht dabei im Fokus. Ferner werden die Voraussetzungen, zentralen Treiber und Maßnahmen für die Implementierung einer digitalen Unternehmenskultur bestimmt.
Die Arbeit wird mit einer kritischen Diskussion und einem Fazit samt Zukunftsausblick abgerundet.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Digitalisierung
Der Begriff Digitalisierung kann die digitale Umwandlung und Durchführung von Information und Kommunikation, oder auch die digitale Modifikation von Instrumenten, Fahrzeugen, und Geräten bedeuten. Im zwanzigsten Jahrhundert fokussierte die Digitalisierung vor allem auf die Modernisierung des Eigenheimes und Arbeitsplatzes, der Automatisierung und Optimierung, der Entwicklung von Computernetzen und Softwareprodukten, wie Office-Programme, und wurde damit als dritte Revolution oder digitale Wende bezeichnet. Seit dem einundzwanzigsten Jahrhundert liegt das Hauptaugenmerk insbesondere auf disruptiven Technologien, innovativen Geschäftsmodellen, Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung, was zu der vierten Revolution oder auch der Industrie 4.0 führt (Bendel, 2018).
Die vierte industrielle Revolution führt zu erheblichen Veränderungen in der Wirtschaft. Branchen wie die Schreibmaschinenindustrie wurden vollständig ausgelöscht und andere, wie die Medienindustrie, stark umstrukturiert. Auch im Dienstleistungssektor gibt es zahlreiche Veränderungen, die beispielsweise in Anbetracht des Versandhandels und der Vermittlungsdienste deutlich werden (Wittpahl, 2017).
2.1.1 Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen und Organisationen
Der digitale Wandel betrifft insbesondere Unternehmen, Organisationen und ihr Management. Die neuen Technologien führen zu grundlegenden Veränderungen und helfen Unternehmen dabei auf verschiedenen Ebenen Kosten zu reduzieren. Diese Veränderungen betreffen die Wertschöpfungsketten, Arbeitsmethoden, und Kundenzugänge (Erner, 2018). Menschliche Arbeitsschritte werden sofern möglich durch Technologien ersetzt. Ist das Produkt selbst nicht digitalisierbar, wie ein Kleidungsstück, dann werden alle vor- und nachliegenden Schritte, wie die Produktionssteuerung, Qualitätskontrolle und Vertrieb, digitalisiert. Auch beispielsweise Taxi-Dienstleistungen wie Uber generieren eine Mehrheit des Wertes über die digitale Plattform selbst, da Kunden auf dieser wichtige Daten für die Analyse und die weitere Produktentwicklung hinterlassen (Frank et al., 2019).
2.1.1.1 Entwicklungen und Phänomene
Die vergangenen drei Jahrzehnte betonen die ökonomische Relevanz der Digitalisierung. Computer ermöglichen ein dezentrales Arbeiten an jedem Schreibtisch eines Unternehmens oder auch vom Eigenheim aus. Das Internet in Kombination mit dem Smartphone prägen die gesellschaftlichen Kommunikationsformen und digitale Daten können auf allen Endgeräten abgerufen werden, was zu einer Konvergenz der Medien führt (Frank et al., 2019).
Seit Mitte der 1980er-Jahre steigen die Informationsgeschwindigkeit und Datenspeichermengen kontinuierlich, während die Informationskosten fallen. Gleichzeitig steigen die Nutzerzahlen an und Nutzergewohnheiten erfahren immer wieder Änderungen (Koch, 2017).
Transformative Technologien werden branchenübergreifend eingesetzt. Zu diesen zählen beispielsweise Cloud-, Neuro-, und Mikrotechnologien, Roboter, Blockchain, und Künstliche Intelligenz (Erner, 2018).
Vor allem die Cloud-Lösungen sind zur Grundlage vieler Geschäftsmodelle, wie beispielsweise „Software as a Service (SaaS)“, geworden (Erner, 2018). Mit der Cloudtechnologie werden Bestell-, Liefer- und Kundenprozesse fast vollständig automatisiert. Unternehmen, die diese Technologie nutzen, haben einen Wettbewerbsvorteil zu ihren Konkurrenten, die noch auf herkömmliche IT setzen, da sie schneller und kostengünstiger Geschäftsmodelle auf- und nachbauen können. Die Cloud wird somit für alle digitalen Geschäftsmodelle zur Notwendigkeit, um ökonomisch erfolgreich zu sein. Lokale Geschäftsmodelle für nicht-digitale Produkte haben den Nachteil, dass diese enorme Investitionen benötigen, Produktions- und Vertriebsstätten etabliert und die internationale Logistik organisiert werden muss. Digitale Geschäfte dagegen benötigen weniger Investitionen für Betriebsstätten und Logistik. Cloud-Infrastrukturen werden meist erst im Erfolgsfall, wenn die Produkte und Dienstleistungen tatsächlich durch die Kunden genutzt werden, bezahlt (Frank et al., 2019).
Big Data gehören zu dem Fundament digitaler Unternehmen. Intelligente Algorithmen können riesige Datenmengen analysieren und dem Unternehmen so zu besseren Entscheidungen und mehr Kundennähe verhelfen. Plattform-Technologien verändern das Verhältnis zu Kunden am nachhaltigsten, da die Kundenschnittstelle neue Besetzung erfährt. Exemplarisch können für solche Plattformen Amazon, Google und Apple iTunes genannt werden. Des Weiteren ersetzen Robotik und Künstliche Intelligenz den Menschen in der Produktion und Blockchain kann komplette Branchen hinfällig machen (Erner, 2018).
Auch der Kunde hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Wegen des Internets ist dieser beträchtlich über das Produkt informiert. Preis- und Produktvergleiche finden durch Bewertungsplattformen innerhalb weniger Sekunden statt. Der typische Kunde ist somit anspruchsvoll und will jederzeit bedient werden, ein ausgezeichnetes Einkaufserlebnis, Schnelligkeit und Individualität erleben.
2.1.2 Digitalisierung und Globalisierung
Als Globalisierung wird die Verschmelzung internationaler Volkswirtschaften und somit die Entstehung weltweiter Märkte für Waren, Kapital und Dienstleistungen bezeichnet. Der Prozess der Globalisierung wird durch die neuen Technologien im Kommunikations-, Informations- und Transportwesen gefördert (Bundeszentrale für politische Bildung, 2016). Die Digitalisierung nimmt eine wichtige Rolle in der Beschleunigung der Globalisierung ein, da sie durch geeignete Geräte und Technologien die Möglichkeit bietet, an fast allen Orten der Welt kostengünstig auf Informationen zuzugreifen und zu kommunizieren. Beispielsweise kostete 1990 ein dreiminütiges Gespräch von New York nach London drei US-Dollar und in den 50er-Jahren waren dies noch über 50 US-Dollar. Heute sind solche Gespräche wegen Messenger-Diensten wie Skype kostenlos (Koch, 2017).
Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen steigen immer weiter an, was sich anhand weltweiter Produktions-, Arbeits- und Finanzbeziehungen zeigt. Für Global Player, also Unternehmen die am weltweiten Wettbewerb teilnehmen, bietet die Digitalisierung einfache Informationsbeschaffung und weltweite Steuerung der Aktivitäten, was die Kosten für den Zugang zu einem Markt verringern kann und neue Chancen ermöglicht globale Märkte einzunehmen. Gleichzeitig gilt zu beachten, dass Wissen immer schneller und immer öfter auf den neuesten Stand gebracht werden muss, um mit entsprechenden Leistungen, Strategien und Produkten zu antworten und die notwendigen Gewinne zu erreichen. Somit weitet sich die weltweite Markttransparenz fortschreitend aus, während die Märkte und politischen Systeme immer stärker aufeinander reagieren und der Wettbewerb intensiver wird (Koch, 2017).
Zudem geht die Digitalisierung der Arbeit mit einer zeitlichen, räumlichen und organisatorischen Flexibilisierung und Beschleunigung der Arbeitsprozesse einher. Die Zusammenarbeit der Teams und die Führung erfolgen nunmehr über Länder, Zeitzonen und Unternehmen hinweg. Ermöglicht wird dies über moderne Informations- und Kommunikationstechnologien, wie E‑Mail-, Chat‑, und Videokonferenz-Systeme. Ferner werden Managementinformations‑, Wissensmanagement- und Customer-Relation-Management-Systeme, sowie Groupware, beziehungsweise Kollaborationssoftware eingesetzt, welche eine Echtzeit-Kommunikation über Standorte hinweg erlauben (Antoni & Syrek, 2017).
Ein Wettbewerbsvorteil entsteht dadurch, dass Teams nach fachlichen Qualifikationen statt nach räumlicher Verfügbarkeit zusammengestellt werden (Konradt & Hertel, 2002). So können Teams auch über alle Zeitzonen und zu jeder Uhrzeit an Projekten arbeiten. Regional zur Verfügung stehende Experten werden eingesetzt, um lokale Märkte einzunehmen und zu kontrollieren. Durch die Standortunabhängigkeit, wie bei Home-Office-Arbeit, können Unternehmen Kosten einsparen, beispielsweise durch geringere Lohn- oder Lohnnebenkosten, Raum- und Energieeinsparungen. Durch digitale Medien werden Arbeitsabläufe komplexer und teilweise nebenbei dokumentiert. Die erhöhte Flexibilität führt zu einer besseren Vereinbarkeit zwischen Privat- und Berufsleben, daher sind solche Arbeitsmodelle nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Mitarbeiter attraktiv. Arbeitsprozesse können zudem an die lebensphasenbezogenen Bedürfnisse des Mitarbeiters angepasst werden (Kauffeld et al., 2016)
2.2 Digitale Führung
2.2.1 Notwendigkeit eines neuen Führungsverständnisses
Die Analyse von 400 Studien zu digitalen Teams durch Gilson et al. (2015) resümiert in der Aussage, dass die Effekte neuer Technologien und ihre Wechselwirkung mit Teamprozessen und Führungsverhalten in der Forschung vernachlässigt wurden.
Die Führung in digitaler Zeiten erfordert ein neues Verständnis der Führungskultur in Anbetracht der Konfrontation mit Transformationen wie digitalen Teams. Herkömmliche Führungsstile werden mehr und mehr in Frage gestellt und neue Führungsstile werden weiterentwickelt. Langfristige Führungsansätze, die eher auf top-down Führung setzen sind immer seltener anzutreffen (Hasenbein, 2020).
400 Tiefeninterviews mit Führungskräften stützen diese Aussagen. Ein hierarchisch steuerndes Management wird mehrheitlich abgelehnt und Flexibilität, Diversität und Kooperation gewinnen an Bedeutung. Auch werden selbstorganisierte Netzwerke bevorzugt und Einfühlungsvermögen, Selbstbestimmung und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern werden betont. Insgesamt wird ein Paradigmenwechsel in der Führungskultur von fast 75 Prozent der befragten Führungskräfte als wichtig empfunden (INQA, 2014).
Die Rolle von Führungskräften in virtuellen Teams ändert sich stetig (Syrek et al., 2013). Die Verantwortung für Leistung und Prozesse wird an die Mitarbeiter delegiert und die herkömmliche Kontrolle ist durch die räumliche und zeitliche Distanz eingeschränkt. Damit das Engagement aufrecht bleibt müssen Führungskräfte neue Maßnahmen implementieren. Bereits die Delegation von Verantwortung auf die Mitarbeiter kann ein höheres Engagement bewirken. Damit die Mitarbeiter diese Autonomie jedoch in Anspruch nehmen und Aufgaben effektiv bewältigen, ist Vertrauen in die Führungskraft notwendig (Gallenkamp et al., 2010).
In der heutigen „VUCA“-Welt (Volatility = Flüchtigkeit, Uncertainty = Unsicherheit, Complexity = Komplexität, Ambiguity = Mehrdeutigkeit) ist Agilität, das schnelle und flexible Reagieren und das Ausprobieren, sowie aus Fehlern lernen, wichtig. Auch ist Offenheit auf Führungsebene essenziell, damit offen kommuniziert, Feedback gegeben und selbst Kritik erhalten werden kann. Führungskräfte müssen stark vernetzt sein und sich gegenseitig unterstützen, um den ständig wechselnden Anforderungen gerecht zu werden. Dies geht mit Partizipation und daher auch mit partizipativer und verteilter Führung einher. Für diese vier Aspekte bietet Vertrauen die unbedingt notwendige Basis. Diese Erkenntnisse werden in dem nachfolgenden VOPA+ Modell von Buhse (2014) dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: VOPA+ Modell. (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Buhse, 2014)
Führungskräfte sind von zentraler Bedeutung für den digitalen Transformationsprozess, da diese mit wachsenden Komplexitäten und daher auch mit dem Managen von Veränderungen konfrontiert werden (Hays, 2017).
2.2.2 Zentrale Aspekte, Kennzeichen und Herausforderungen
Im breiter gefassten Sinn beschreibt digitale Führung oder auch E-Leadership eine durch digitale Medien vermittelte Aufgabenerfüllung in digitalen Organisationskontexten (Hasenbein, 2020). Berninger-Schäfer (2019) definiert digitale Führung in einem engeren Sinn:
Führung über Medien, die die Möglichkeiten der virtuellen Zusammenarbeit und der Online-Kommunikation professionell für die Steuerung von Organisationen nutzt, […], und Mitarbeitende und Teams in die Lage versetzt, ihre Aufgaben selbstverantwortlich und medienkompetent zu gestalten, sich medial zu vernetzen und vertrauensvoll auszutauschen sowie sich weiterzuentwickeln (S. 76).
Greßer und Freisler (2020) betonen selbstorganisierte Teams und grenzen digitale Führung daher als „eine hierarchieübergreifende, kooperative und teamorientierte Führung, deren Aufgabe es ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen MitarbeiterInnen ihre intrinsische Motivation und ihre spezifischen Fähigkeiten einbringen können und vor allem wollen“ ein (S. 73).
Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (2016) kennzeichnet digitale Führung und die neuartigen Aufgaben für Führungskräfte folgendermaßen (nach Werther et al., 2018). Demnach muss die Führungskraft den digitalen Transformationsprozess im Unternehmen aktiv mitgestalten und Teams durch diesen Prozess führen. Zudem werden Führungskräfte mit mehr Diversität in ihren digitalen Teams bezüglich Alter, Kultur und Erfahrungen konfrontiert. Dies bedeutet die Einbeziehung von neuen Technologien und Methoden, sowie jeweils unterschiedlicher Umgang mit den Mitarbeitern. Des Weiteren wird von Führungskräften ein agiles und dynamisches Projektmanagement gefordert aufgrund der nunmehr volatilen und komplexen Arbeitsanforderungen und -bedingungen. Wegen flexiblerer Arbeitsmodelle und -orte wird die Zusammenarbeit und Kommunikation in den Teams umgewandelt. Führungskräfte müssen sich demgemäß mit den Rahmenbedingungen und Herausforderungen des Führens von virtuellen Teams vertraut machen und sich anpassen.
Komplexe, dynamische und interdependente Projektaufgaben fordern von Führungskräften ihre Mitarbeiter über Medien zu führen, zu motivieren und sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen (Antoni & Syrek, 2017).
Das digitale Arbeiten birgt jedoch auch einige Herausforderungen. So kann die Abstimmung der Arbeitsschritte erschwert sein, da gemeinsames Wissen und Urteilen beeinträchtigt ist (Gibson & Gibbs, 2006). In Übereinstimmung mit dieser Erkenntnis kam Straus (1996) zu dem Resultat, dass Gruppen, die über digitale Medien kommunizieren, weniger als halb so viele Wörter austauschen wie Gruppen, die sich persönlich gegenüberstehen. Das Auslassen von Details und das Fokussieren auf die berufliche Aufgabe werden somit wahrscheinlicher, während persönliche Informationen weniger eingebunden werden. Dies wiederum wirkt auf affektive Variablen wie Vertrauen und Teamzusammenhalt (Kauffeld et al., 2016). Auch sind Teamkonflikte wahrscheinlicher, da weniger Gelegenheiten für eine spontane Besprechung bestehen (Hinds & Mortensen, 2005). Das Risiko für affektive Konflikte auf der Beziehungsebene ist bei virtuellen Teams besonders erhöht (Gilson et al., 2015), da eine gemeinsame Basis und Vertrauen fehlt. Infolgedessen wird die Vorhersehbarkeit der Tätigkeiten anderer Mitglieder abgeschwächt und Konflikte werden somit wahrscheinlicher (Hinds & Bailey, 2003). Aufgrund von möglichen Sprachbarrieren und mangelndem Informationsaustausch kann ebenfalls das Konfliktpotential ansteigen (Konradt & Hertel, 2002). Durch die asynchrone Kommunikation werden Konflikte verzögert wahrgenommen und geschlichtet (Hertel et al., 2005). Des Weiteren führt die empfundene Anonymität zu ungehemmteren Verhalten, sodass auch Beleidigungen einfacher ausgesprochen werden (Martins et al., 2004).Die zunehmende räumliche und zeitliche Ungebundenheit lässt die Häufigkeit von Face-to-Face-Kontakten abflachen, was der Entwicklung von Vertrauen entgegenstehen kann (Jäckel, 2020). Handy (1995, S. 46) betont mit der Aussage „trust needs touch“ die Notwendigkeit von persönlichem Kontakt für den Vertrauensabbau. Andere Autoren, wie Olson und Olson (2012), stehen dieser Annahme gegenüber und argumentieren, dass es zwar schwieriger ist in virtuellen Teams Vertrauen aufzubauen, jedoch nicht unmöglich. Die erschwerte Entwicklung von Vertrauen ohne persönlichen Kontakt wird vor allem durch das Fehlen informellen sozialen Austausches begrünet (Purvanova, 2014). Da die Kommunikation, anders als in Präsenzteams, größtenteils asynchron stattfindet werden Chat-logs verwendet. Selbstständiges Arbeiten ist bei virtuellen Teams somit mehr gefordert und der Zusammenhang zwischen Vertrauen und Effizienz größer (Christina Breuer et al., 2016). Einzelne Mitarbeiter müssen ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen, damit das Team als Ganzes sein Ziel erreicht. Problematisch wird somit beispielsweise das Trittbrettfahren. Alnuaimi et al. (2010) konnten zeigen, dass Trittbrettfahren in virtuellen Teams häufiger vorkommt, als in Präsenzteams mit Face-to-Face-Kommunikation.
Eine weitere Herausforderung ist, dass durch die räumliche und zeitliche Distanz Informationen verloren gehen und der Arbeitsprozess weniger transparent ist für die Teammitglieder. Diese wahrgenommene oder tatsächliche Intransparenz kann die Entwicklung von Vertrauen die Kooperation behindern. Zudem ist die Bewertung der quantitativen und qualitativen Arbeitsleistung der Mitarbeiter wahrscheinlich bei einer persönlicheren Zusammenarbeit einfacher (Kremer & Janneck, 2013).
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