In der vorliegenden Arbeit werden die wichtigsten ökonomischen Argu-mente für und gegen den Insiderhandel bzw. für und gegen ein Insiderhan-delsverbot aus kapitalmarkttheoretischer Sicht analysiert. Zu diesem Zweck wird zwischen den einzelnen Kapitalmarktteilnehmern einerseits und den ökonomischen Funktionen des Kapitalmarktes andererseits unterschieden. In einem ersten Schritt werden die Auswirkungen von Insiderhandel auf die Vermögenspositionen der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer untersucht und mögliche Verhaltensänderungen der schlechter informierten Akteure darge-stellt. Anschließend werden die Auswirkungen eines wirksamen Insider-handelsverbotes auf die Vermögenspositionen der einzelnen Kapitalmarkt-teilnehmer betrachtet, um die Begünstigten bzw. Benachteiligten dieser Regelung zu identifizieren. In einem zweiten Schritt werden die Effekte des Insiderhandels bzw. eines wirksamen Insiderhandelsverbotes auf die Kapitalmarktfunktionen, insbesondere auf die Informations-, Allokations- und Kapitalaufbringungsfunktion herausgearbeitet. Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefaßt.
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INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung: Abgrenzung des Themas und Gang der Arbeit
2 Auswirkungen von Insiderhandel auf die einzelnen Kapitalmarktteilnehmer
2.1 Vom Insiderhandel begünstigte Kapitalmarktteilnehmer
2.2 Vom Insiderhandel benachteiligte Kapitalmarktteilnehmer
2.3 Mögliche Verhaltensänderungen der schlechter informierten Kapitalmarktteilnehmer
2.3.1 Buy-and-hold-Strategie
2.3.2 Grenzpreisänderung
2.3.3 Rückzug vom Markt
3 Auswirkungen eines wirksamen Insiderhandelsverbotes auf die einzelnen Kapitalmarktteilnehmer
3.1 Vom Insiderhandelsverbot begünstigte Kapitalmarktteilnehmer
3.2 Vom Insiderhandelsverbot benachteiligte Kapitalmarktteilnehmer
3.3 Zwischenergebnis
4 Der Kapitalmarkt unter funktionellen Aspekten
4.1 Auswirkungen von Insiderhandel auf die Kapitalmarktfunktionen
4.1.1 Auswirkungen auf die Kapitalaufbringung
4.1.2 Auswirkungen auf die Informations- und Allokationsfunktion
4.2 Auswirkungen eines wirksamen Insiderhandelsverbotes auf die Kapitalmarktfunktionen
4.2.1 Auswirkungen auf die Kapitalaufbringung
4.2.2 Auswirkungen auf die Informations- und Allokationsfunktion
5 Ergebnis und Ausblick
Literaturverzeichnis
1 Einleitung: Abgrenzung des Themas und Gang der Arbeit
In der vorliegenden Arbeit werden die wichtigsten ökonomischen Argu-mente für und gegen den Insiderhandel bzw. für und gegen ein Insiderhan-delsverbot aus kapitalmarkttheoretischer Sicht analysiert. Zu diesem Zweck wird zwischen den einzelnen Kapitalmarktteilnehmern einerseits und den ökonomischen Funktionen des Kapitalmarktes andererseits unterschieden. In einem ersten Schritt werden die Auswirkungen von Insiderhandel auf die Vermögenspositionen der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer untersucht und mögliche Verhaltensänderungen der schlechter informierten Akteure darge-stellt. Anschließend werden die Auswirkungen eines wirksamen Insider-handelsverbotes auf die Vermögenspositionen der einzelnen Kapitalmarkt-teilnehmer betrachtet, um die Begünstigten bzw. Benachteiligten dieser Regelung zu identifizieren. In einem zweiten Schritt werden die Effekte des Insiderhandels bzw. eines wirksamen Insiderhandelsverbotes auf die Kapitalmarktfunktionen, insbesondere auf die Informations-, Allokations- und Kapitalaufbringungsfunktion herausgearbeitet. Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefaßt.
2 Auswirkungen von Insiderhandel auf die einzelnen Kapitalmarktteilnehmer
2.1 Vom Insiderhandel begünstigte Kapitalmarktteilnehmer
Ein Insider wird eine bestimmte Menge eines Wertpapiers kaufen (verkaufen), wenn er aufgrund seines Informationsvorsprungs zu der Ein-schätzung gelangt, daß der „wahre Wert“[1] des betreffenden Wertpapiers über (unter) dem gegenwärtigen Kurs liegt[2]. Da der Insider auf diese Weise systematisch Gewinne erzielt bzw. Verluste vermeidet, ist er als Begünstigter des Insiderhandels anzusehen[3].
Darüber hinaus profitieren im Falle eines Insiderkaufs diejenigen Outsider, die zum bisherigen Gleichgewichtskurs ohnehin verkauft hätten und nun aufgrund der kurssteigernden Nachfrage des Insiders einen höheren Ver-kaufspreis erzielen[4]. Umgekehrt sind im Falle eines Insiderverkaufs die-jenigen Outsider begünstigt, die zum bisherigen Gleichgewichtskurs ohnehin gekauft hätten und nun aufgrund des kurssenkenden Angebots des Insiders einen geringeren Kaufpreis zahlen[5].
2.2 Vom Insiderhandel benachteiligte Kapitalmarktteilnehmer
Die zusätzliche Wertpapiernachfrage (Das zusätzliche Wertpapierangebot) des Insiders bewirkt zum einen, daß die Kaufaufträge (Verkaufsaufträge) der Outsider nunmehr zu einem höheren (niedrigeren) Kurs ausgeführt werden[6]. Folglich werden jene Outsider benachteiligt, die auf der gleichen Marktseite wie der Insider handeln. Zum anderen entstehen denjenigen Outsidern Opportunitätskosten, deren Kaufaufträge (Verkaufsaufträge) durch die zu-sätzliche Nachfrage (das zusätzliche Angebot) des Insiders vom Markt ver-drängt werden. Darüber hinaus sind jene Outsider benachteiligt, deren Kaufaufträge (Verkaufsaufträge) erst infolge des erhöhten Angebots (der erhöhten Nachfrage) des Insiders ausgeführt werden[7].
Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, daß die Benachteiligten des In-siderhandels ex-post eindeutig festzustellen sind. Ex-ante betrachtet wissen die schlechter informierten Marktteilnehmer jedoch nicht, ob sie zu den Be-günstigten oder Benachteiligten des Insiderhandels gehören werden[8]. Da die Gruppe der Outsider insgesamt einen Verlust erleidet[9], wenn Insider han-deln, bleibt zu fragen, ob die Outsider durch Veränderung ihres Anlagever-
haltens potentielle Verluste vermeiden oder zumindest vermindern können.
2.3 Mögliche Verhaltensänderungen der schlechter informierten Kapitalmarktteilnehmer
2.3.1 Buy-and-hold-Strategie
Als Buy-and-hold bezeichnet man eine Strategie, bei der Anleger Wert-papiere erwerben, um sie über einen längeren Zeitraum zu halten. Jedoch bietet diese Strategie keinen vollkommenen Schutz gegen die Nachteile des Insiderhandels. Zum einen ist sie für einige Gruppen von Kapitalmarkt-teilnehmern, so z.B. für die Market-Maker[10] und die kurzfristig orientierten Trader, gar nicht anwendbar. Zum anderen schützt sie weder davor, auf Basis des Insiderwissens als überbewertet geltende Wertpapiere zu kaufen, noch verhindert sie, bei einer notwendigen Portefeuille-Anpassung an geänderte Risiken oder Präferenzen zu vergleichsweise niedrigen Kursen verkaufen zu müssen[11].
2.3.2 Grenzpreisänderung
Eine Grenzpreisänderung besteht darin, daß die schlechter informierten Marktteilnehmer im Falle eines beabsichtigten Wertpapierkaufs (-verkaufs) ein geringeres (höheres) Kurslimit setzen, wenn sie Insiderhandel in dem be-treffenden Wertpapier vermuten[12]. Mit dieser Strategie wird das Risiko vermindert, ein auf Basis des Insiderwissens als unterbewertet (überbewertet) geltendes Wertpapier zu „teuer“ („billig“) zu kaufen (verkaufen). Eine Grenzpreisänderung ist somit gleichbedeutend mit der Forderung einer zusätzlichen Risikoprämie.
King/Roell haben diese Überlegungen auf ein Market-Maker-System über-tragen und ein Modell entwickelt, das eine Ausweitung der von den Market-
Makern gestellten Geld-Brief-Spanne anzeigt, wenn Insider am Markt ver-mutet werden. Dabei wird angenommen, daß die Market-Maker risiko- neutral eingestellt sind, untereinander konkurrieren und damit rechnen, daß mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch besser informierte Marktteil-nehmer als Handelspartner auftreten werden[13]. Die Market-Maker erhöhen ihre Briefkurse und senken ihre Geldkurse derart, daß die Verluste aus dem Handel mit Insidern und die Gewinne aus dem Handel mit Outsidern im Durchschnitt ausgeglichen werden, wobei unterstellt wird, daß die Outsider ihre Grenzpreise unverändert lassen[14]. Die Geld-Brief-Spanne ist nach diesem Modell um so größer, je höher der vermutete Anteil der Insider am Markt ist und je höher die Unsicherheit über die Schätzung des „wahren Wertes“ des jeweiligen Wertpapiers ist[15].
Tatsächlich würden somit alle Investoren im Durchschnitt verlieren, da ihre Transaktionen quasi „besteuert“ würden, um die Verluste der Market-Maker aus dem Handel mit besser Informierten zu decken[16].
2.3.3 Rückzug vom Markt
In einem Market-Maker-System kann es infolge einer durch Insiderhandel bedingten Ausweitung der Geld-Brief-Spanne zu einem Rückzug einzelner Outsider vom Markt kommen, da diese wegen der erhöhten Briefkurse nicht mehr kaufen und wegen der verminderten Geldkurse nicht mehr verkaufen werden. Insider dagegen werden sich aufgrund ihres Informationsvor-sprungs weiterhin am Handel beteiligen und ausschließlich überbewertete Wertpapiere anbieten und unterbewertete Wertpapiere nachfragen. Folglich sinkt der Anteil der Outsider am Markt, während der der Insider steigt, was zu einer weiteren Ausdehnung der Geld-Brief-Spanne führt[17]. In diesem Zusammenhang spricht man von einem Prozeß negativer Auslese (Adverse-Selection), der zu einem Markzusammenbruch führen kann[18].
Ein Rückzug der schlechter informierten Marktteilnehmer aus dem Handel mit einzelnen Wertpapieren oder aus dem Gesamtmarkt und ein damit verbundenes Ausweichen auf andere Märkte und Anlagemöglichkeiten kann somit als weitere Alternative zum Schutz vor potentiellen Verlusten durch Insiderhandel erwogen werden. Der Nachteil einer solchen Strategie besteht jedoch darin, daß das Problem asymmetrischer Informationsverteilung auch auf anderen Märkten existieren kann[19]. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß ein Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt mit einem Verzicht auf dessen Vorteile, wie z.B. die einfachere Veräußerung von Anteilen oder die Möglichkeit zur diversifizierenden Portefeuille-Bildung, verbunden ist[20].
3 Auswirkungen eines wirksamen Insiderhandelsverbotes auf die einzelnen Kapitalmarktteilnehmer
3.1 Vom Insiderhandelsverbot begünstigte Kapitalmarktteilnehmer
Zu den Begünstigten eines wirksamen Insiderhandelsverbotes gehören zum einen diejenigen Outsider, deren Kaufaufträge (Verkaufsaufträge) im Falle des Insiderhandels zu einem höheren (niedrigeren) Kurs ausgeführt worden wären. Zum anderen handelt es sich um diejenigen Outsider, denen Oppor-tunitätskosten dadurch erspart bleiben, daß ihre Kaufaufträge (Verkaufs-aufträge) aufgrund des wirksamen Insiderhandelsverbotes nun nicht mehr vom Markt verdrängt werden. Außerdem sind jene Outsider begünstigt, deren Kaufaufträge (Verkaufsaufträge) im Falle des Insiderhandels erst infolge des erhöhten Angebots (der erhöhten Nachfrage) des Insiders ausge-führt worden wären.
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[1] Der Begriff des „wahren Wertes“ ist problematisch; vgl. Schörner (1991), S. 46-49; Schweizer (1996), S. 29, Fn. 7. Vereinfachend sei angenommen, der „wahre Wert“ sei der Kurs nach Bekanntwerden der Insiderinformation; vgl. Schweizer (1996), S. 31.
[2] Es wird angenommen, der (Unternehmungs-)Insider unterliege keiner Budgetbeschrän-kung, erteile seine Kauf- bzw. Verkaufsaufträge unlimitiert und könne deren Kurswir-kungen abschätzen; vgl. Schweizer (1996), S.28. Andernfalls liefe er Gefahr, durch seine eigene Kauf- bzw. Verkaufsorder den Kurs über bzw. unter den „wahren Wert“ zu treiben, was seiner Absicht, Gewinne zu erzielen bzw. Verluste zu vermeiden, zuwiderliefe.
[3] Vgl. King/Roell (1988), S. 168; Schweizer (1996), S. 32-33.
[4] Vgl. Macey (1991), S. 24; Schweizer (1996), S. 32.
[5] Vgl. Macey (1991), S. 25; Schweizer (1996), S. 33.
[6] Vgl. Macey (1991), S. 26-28; Schweizer (1996), S. 32-33.
[7] Vgl. Schweizer (1996), S. 32-33.
[8] Dies hängt davon ab, ob sie als Käufer oder Verkäufer in den Markt eintreten und ob der Insider aufgrund einer guten oder schlechten Nachricht handelt; vgl. Dennert (1991), S.188.
[9] Vgl. King/Roell (1988); S. 168; Schweizer (1996), S. 34 -35.
[10] Das Ziel der Market-Maker besteht darin, durch Ankauf zum Geldkurs und Verkauf zum höheren Briefkurs Gewinne zu erzielen. Da dieses Geschäft mit Risiken verbunden ist, streben sie einen häufigen Umschlag der Wertpapiere an und sind nicht bereit, größere Bestände über einen längeren Zeitraum zu halten; vgl. Weber (1994), S. 51.
[11] Vgl. Schörner (1991), S.147; Rudolph (1994), S. 1348-1349.
[12] Vgl. Schörner (1991), S. 149.
[13] Vgl. King/Roell (1988), S. 168 (192).
[14] Vgl. King/Roell (1988), S. 169.
[15] Vgl. King/Roell (1988), S. 192-193.
[16] Vgl. King/Roell (1988), S.169.
[17] Vgl. Schörner (1991), S.156.
[18] Vgl. Schörner (1991), S. 156-157; Rudolph (1994), S. 1338.
[19] Vgl. Schörner (1991), S. 167; Schweizer (1996), S.46.
[20] Vgl. Schörner (1991), S. 168.
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