Schlink, Bernhard - Der Vorleser


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

4 Seiten


Leseprobe


Thema 4

Der Roman "Der Vorleser" wurde von Berhard Schlink geschrieben und 1995 veröffentlicht.Bernhard Schlink wurde 1944 bei Bielefeld geboren,war von 1982-1991 Professor an der Universität in Bonn und ist von da an bis heute Professor an der Humboldt-Universität in Berlin.Ausser "Der Vorleser" veröffentlichte er noch "Selbs Justiz","Die gordische Schleife","Selbs Betrug" und letztes Jahr die Erzählungen "Liebesfluchten"."Der Vorleser" wurde 1997 neu veröffentlicht und erhielt in selbigem Jahr den Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster.Der Roman handelt von Michael,einem 15-jährigen Gymnasiasten der sich in die 36-jährige Hanna verliebt und mit der er eine enge Beziehung aufbaut.Nachdem sie nach einem halben Jahr aus der Stadt verschwindet sieht Michael sie zwar erst nach sechseinhalb Jahren in einem Prozess wieder,kann sie aber die Jahre über nicht vergessen.Im Prozess wird ihr unter anderem vorgeworfen,dass sie den Bericht für ein Massensterben Gefangener in einer brennenden Kirche geschrieben hat.Diese Nachlässigkeit (Nichtaufschließen der Kirche bei Brand wegen Blitzeinschlages) wird ihr unter anderem auch noch vorgeworfen.Michael kommt nach langem Nachdenken darauf,dass Hanna Analphabetin ist und somit den Bericht gar nicht geschrieben haben kann.Er kommt dadurch in einen Gewissenskonflikt und überlegt ob er mit Hanna und/oder dem Richter darüber sprechen soll um sie dadurch zu entlasten und sie so vor einer lebenslänglichen Haftstrafe zu bewahren.Dieser Konflikt soll im Folgenden diskutiert werden.

Michael entschied sich dafür zu schweigen weil es ihm sinniger erschien Hanna diese wichtige,ihren weiteren Lebenslauf entscheidende Entscheidung zu überlassen als sich selber einzumischen und sich danach eventuell Hannas Hass zuzuziehen weil er sie innerlich verletzt hat.Ihm wäre es viel lieber gewesen wenn Hanna ihren Analphabetismus eingestanden hätte und sie mit einer wesentlich geringeren Haftstrafe davongekommen wäre.Aber er überließ ihr diese Entscheidung,was unter anderem an seiner Skrupel mit Hanna zu reden lag.

Er hatte einfach Angst weil er sie ja schon sehr lange nicht gesehen hatte und er nicht wusste wie sie reagieren würde wenn er sie ansprach.Sie war immer die dominantere Person ihrer Beziehung gewesen,er kannte ihre teilweise heftige,fast brutale Art.Er brauchte sich nur daran zu erinnern wie sie reagiert hatte als er ihr erzählte,dass er immer die letzte Schulstunde schwänzte.Sie reagierte sehr wütend,drohte ihm den Abbruch ihrer Beziehung an wenn er nicht immer zur Schule ging und das Jahr schaffte(S.361 ).Auch die Szene in den Osterferien bei ihrer viertägigen Fahrradtour als sie ihn mit dem Gürtel blutig schlug war sehr brutal(S.54).Michael musste mit einer derartigen Reaktion rechnen,daher ließ er das Gespräch mit Hanna bleiben.Das Risiko Hanna durch ein solches Gespräch zu verärgern und wütend zu machen schien ihm einfach zu groß.Er führte zwar ein Alibi-Gespräch mit dem Richter,doch er entschied sich auch darin für die defensive Variante und sprach nicht über Hanna,geschweige denn über ihren Analphabetismus.Dieses Gespräch diente ausschließlich Michael zur Selbstbestätigung,er wollte sich später nur nicht selber vorwerfen er hätte tatenlos zugesehen wie Hanna abgeurteilt wurde.Aber er musste die bittere Erfahrung machen,dass er durch das Gespräch mit dem Richter nichts bewegt hatte und sein Gefühl des Schuldigseins für Hannas Haftstrafe nicht verdrängen konnte. Als nächstes Argument dafür,dass Michael schwieg,ist zu nennen,dass Hanna ihre Ehre nicht verlor.Sie hatte sich dafür entschieden ihre fehlendenFähigkeiten in der Les- und Schreibkunst für den Rest ihres Lebens für sich zu behalten,selbst wenn ihr durch Eingestehung derselben eine gewaltige Strafe erspart geblieben wäre.Da hatte Michael wirklich Angst ihr dadurch ihr "Lebenswerk" zu vernichten,das ist etwas was nur sie zu bestimmen hat,dachte er.Wenn sie gewollt hätte,dass er von ihrem Fehl erfahre,hätte sie es ihm unlängst gesagt.Sie hatte es immer vor ihm verborgen:als sie ihn nach seinem Namen fragte und ihm nicht sagte sie könne den Namen auf den Heften nicht lesen(S.35),als sie ihm die Planung der Fahrradtour überließ und abwehrend sagte "Ich bin jetzt zu aufgeregt.Du machst das schon richtig,Jungchen."(S.52),die Auswahl der Speisen im Restaurant("Ich mag's,mich mal um nichts zu kümmern.",S.54)oder den Zettel angeblich nicht gefunden hatte obwohl Michael ihr erzählte er habe einen geschrieben (S.55).Sie hatte ihm auch nicht gesagt warum sie Schaffnerin geworden ist.Also entschloss Michael sich dem Richter gegenüber nicht darüber zu äußern um Hannas Würde zu erhalten.Das erschien ihm wichtiger als eine mildernde Strafe. Der wichtigste Aspekt zu schweigen war für Michael aber die gleiche Meinung wie Hanna zu haben.Er hatte Angst davor,mit Hanna einen Streit zu haben.Sie war immer die "Chefin" ihrer Beziehung gewesen,er hatte sich ihrer Meinung, wenn auch nicht immer sofort,angeschlossen.Als Beleg dafür ist der erste Tag der Osterferien zu nennen.Michael stieg früh in die Straßenbahn ein um Hanna zu sehen.Doch sie kam nicht zu ihm ins Abteil obwohl es leer war.Sie machte ihm später zum Vorwurf,dass er nicht zu ihr ins erste Abteil gekommen war,doch das sah er nicht ein und verliess Hanna.Doch nur eine halbe Stunde später kam er zurück,entschuldigte sich für sein Verhalten und gab ihr Recht(S.47/48).Dieses Beispiel kann man als Paradebeispiel nehmen,da solch eine Situation des öfteren vorkam,allerdings immer mit demselben Ausgang.An diese Momente erinnerte sich Michael und wollte nicht noch eine,viel schlimmere Meinungsverschiedenheit mit Hanna haben.Denn dieser Punkt ist viel wichtiger als irgendein Streit wegen einer "Kleinigkeit" wie Schuleschwänzen oder den anderen ignorieren.So entschied sich Michael dafür nichts zu sagen,das Risiko Hanna dazu zu bringen ihn nie mehr anzusehen geschweige denn mit ihm zu sprechen war ihm viel zu groß.

Nun sollen die Argumente aufgeführt werden die gegen diese Entscheidung Michaels sprechen.

Primär muss natürlich die Haftstrafe genannt werden,die Hanna zu Unrecht erhielt.Sie wurde für die vier anderen Angeklagten teilweise mitverurteilt und diese Strafe hätte Michael durch das Gespräch mit dem Richter und dem Eingestehen von Hannas Analphabetismus leicht verhindern können.Er dachte lange Zeit darüber nach,ob er es dem Richter erzählen sollte oder nicht,entschloß sich dann dazu erst einmal mit seinem Vater darüber zu reden(auf dieses Gespräch wird weiter unten eingegangen).Auch wenn Hanna einen ungeheuren Kraftaufwand in die Verteidigung ihres Geheimnisses gelegt hatte,soviel Energie,mit der "hätte sie längst lesen und schreiben lernen können"(S.132), Michael überlegte ob er ihr nicht diese harte Strafe ersparen sollte. Doch durch diese Überlegungen,die ihn an jedem Tag quälten,wurde er in seinem Inneren sehr unzufrieden.Er wusste genau,dieses abscheuliche Gefühl wurde er nur durch Eines los.Er musste es dem Richter sagen,egal ob er vorher mit Hanna sprach oder nicht.Er fühlte sich schuldig.Er fühlte,dass er etwas tun musste("Für mich war die Verhandlung nicht zu Ende,sondern begann.",S.131 oder "...es ging nur um eines.Ich konnte zum vorsitzenden Richter gehen und ihm sagen,dass Hanna Analphabetin war.",S.132).Michael merkte,er würde erst wieder richtig frei denken und leben können wenn er Hanna von dieser Last befreit hatte,ob gegen ihren Willen oder nicht-das war egal.Doch genau wie Hanna nahm er etwas in Kauf obwohl es auch eine andere,vielleicht bessere Möglichkeit gegeben hätte.

Bei ihm handelt es sich auch in gewisser Weise um etwas lebenslängliches, er wusste,dass er immer darüber nachdenken würde ob diese Entscheidung richtig war oder nicht.Dafür behielt Hanna ihre Würde,das war es ihm wert. Doch man muss dazu sagen,es war nicht unbedingt ein Vorteil Hanna ihre Lebenslüge zu lassen,all das zu erhalten was sie "fesselte,lähmte,nicht entfalten ließ"(S.132).Im Gegenteil,all diese Nachteile wiegen sehr schwer,so schwer,dass Michael oder Hanna,nur einer von beiden,allen Mut zusammen hätte nehmen müssen um das alles aus der Welt zu schaffen,ein für alle Mal.Beide Personen drückte diese Last,dennoch waren beide nicht mutig genug ,dem Richter einzugestehen,dass Hanna den Bericht nicht geschrieben haben kann.Diese Situation hätte alle Vorraussetzungen dafür geboten;da Hanna hier nicht gestanden hat,wird klar,dass ihr dieses Geheimnis über allem anderen im Leben stand.

Als letztes Argument ist das Gespräch Michaels mit seinem Vater zu nennen. Michaels Konflikt war so groß,dass er seinen Vater um Rat fragte.Dieser sagte ihm dann,dass das "Problem keine angenehme Lösung hat"(S.137).Weiterhin erzählte ihm der Vater"Natürlich muss man handeln,wenn die von dir beschriebene Situation eine Situation zugewachsener oder übernommener Verantwortung ist.Wenn man weiß,was für den anderen gut ist und dass er die Augen davor verschließt,muss man versuchen ihm die Augen zu öffnen.Man muss ihm das letzte Wort lassen,aber man muss mit ihm reden,mit ihm,nicht hinter seinem Rücken mit jemand anderem."(S.137/138).Eine sehr aufschlußreiche Auskunft, sein Vater macht unmißverständlich klar,er muss über seinen eigenen Schatten springen,er muss mit Hanna reden.Ein Alibi-Gespräch mit dem Richter in dem er sowieso nichts zu sagen hat ist sinnlos.Mit "man muss versuchen,ihm die Augen zu öffnen" meint Michaels Vater ganz klar,dass Michael Hanna überzeugen sollte,dass es wirklich besser wäre dem Richter alles einzugestehen.Aber sein Vater weiß auch,dass der Person,deren Sache das eigentlich ist,das letzte Wort überlassen werden muss. Doch Michael hatte keine Ahnung was er Hanna eigentlich sagen sollte.Er wußte nicht einmal "wie er(ich) ihr gegenübertreten sollte"(S.138).Und in diesem Punkt konnte ihm auch sein Vater nicht helfen.Michael "musste sich nur noch entscheiden"(ebenda).Sein Vater hatte ihm klar und deutlich gesagt,was er in diesem Problemfall tun muss.Das Einzige was Michael sich noch überlegen musste war sein Auftritt,wenn er mit Hanna sprach.Das wäre alles gewesen um ein riesiges Problem aus der Welt zu schaffen.

Doch Michael war dazu nicht fähig,und so entschied er sich gar nichts zu tun.

Nun soll dieser Gewissenskonflikt abschließend noch bewertet werden. Ich bin der Meinung Michael hat falsch gehandelt indem er geschwiegen hat.Erst kommt er durch langes Nachdenken darauf,dass Hanna Analphabetin ist und sie sich somit nicht auf den Prozess vorbereiten konnte und zudem noch die Schuld der vier anderen Aufseherinnen zugeschoben bekommt.Dann entschließt er sich Hannas Würde zu erhalten und verletzt sie so auch nicht,doch genaugenommen war er einfach ein Feigling.Hätte er auf seinen Vater gehört und mit Hanna und/oder dem Richter gesprochen wäre es sicherlich besser gewesen.Doch er ist Hanna gegenüber nicht besonders sicher und handelt einfach nicht obwohl er sich keinen besseren Augenblick hätte wünschen können um diese Lebenslüge ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen.

[...]


1 alle Seitenangaben aus "Bernhard Schlink,Der Vorleser"

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Schlink, Bernhard - Der Vorleser
Autor
Jahr
2001
Seiten
4
Katalognummer
V101092
ISBN (eBook)
9783638995139
Dateigröße
328 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bernhard Schlink - Der Vorleser Literarische Erörterung
Arbeit zitieren
Timon Spies (Autor:in), 2001, Schlink, Bernhard - Der Vorleser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101092

Kommentare

  • Gast am 10.2.2008

    s.

    schäde dass du ungefähr die ersten 50 seiten so unpräzise geschildert hast, sozusagen wie alles entstanden ist und die charakterisierung der personen

  • Gast am 18.12.2003

    super.

    Dein Text war sehr hilfreich.
    Der von meinem Vorredner kritisierte Mangel, du hättest das Buch nicht richtig gelesen, kann ja wohl nur ein Witz sein.
    Spitze Arbeit

  • Gast am 14.4.2002

    Gute Arbeit!.

    Mir hat diese arbeit sehr weiter geholfen! Vielleicht kommt in meiner ABI klausur dieses Thema vor und der Text hat mir geholfen mich besser vorzubereiten! Sehr hilfreich! Danke!

  • Gast am 27.9.2001

    Der Vorleser.

    Ich würde Dir raten das Buch zu lesen! Die Leute sind nicht bei einem Blitzeinschlag sondern durch einen Bombentreffer gestorben! (bzw. durch das anschleißende feuer)

  • Gast am 31.5.2001

    Der Vorleser.

    Hallo!
    Ich finde deine Arbeit nicht schlecht! Mußte es auch lesen(kurzfristig)!
    Hat mir geholfen!
    Angie

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Titel: Schlink, Bernhard - Der Vorleser



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