Der Computer als Medium im Geometrieunterricht der siebten Klasse


Examensarbeit, 2003

69 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Sachanalyse

3. Didaktische Analyse
3.1 Situationen der Klasse und des Computerraumes
3.2 Vorkenntnisse der Schüler
3.3 Mathematische Sachanalyse
3.4 Didaktische Reduktion
3.5 Groblernziele

4. Methodische Analyse
4.1 Vorteile des Mediums „Computer“ und Folgen für den Unterricht
4.2 Sozialformen und Ergebnissicherung
4.3 Verlaufsplanung der Unterrichtsreihe

5. Beschreibung der einzelnen Stunden
5.1 Einführung des Begriffs der Mittelsenkrechten
5.2 Konstruktion der Mittelsenkrechten
5.3 Eigenschaften und Konstruktion des Umkreises
5.4 Übungen zu Mittelsenkrechten und Umkreis
5.5 Einführung des Begriffs der Winkelhalbierenden
5.6 Konstruktion der Winkelhalbierenden
5.7 Eigenschaften und Konstruktion des Inkreises

6. Reflexion der Unterrichtsreihe

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang
8.1 Arbeitsblatt zur 1. Stunde
8.2 Arbeitsblatt zur 2. Stunde
8.3 Arbeitsblatt zur 3. Stunde
8.4 Arbeitsblätter zur 5. Stunde
8.5 Arbeitsblatt zur 6. Stunde
8.6 Arbeitsblatt zur 7. Stunde

Vorwort

In den Sommerferien 2001 verunglückte Timur, ein Schüler unserer Schule, sehr schwer. Er fiel aus dem dritten Stock eines Hauses und überlebte den Unfall nur durch sehr viel Glück.

Das veränderte schlagartig sein Leben. Er wurde aus seiner gewohnten Umgebung gerissen und fast ein ganzes Jahr lang von einem Krankenhaus zum nächsten gereicht, in der Hoffnung, ihn möglichst weit wieder herstellen zu können. Es blieb jedoch bislang bei einer Lähmung des Unterkörpers und einer starken Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit von Armen und Händen. Timur ist nicht in der Lage, einen Stift auch nur festzuhalten, geschweige denn, mit ihm zu schreiben.

Timur schöpfte während dieser schweren Zeit sehr viel Stärke aus den regelmäßigen Besuchen seines damaligen Klassenlehrers und vieler seiner Mitschüler, die ihn immer wieder mit kleinen Aufmerksamkeiten bedachten. So entstand bei ihm der sehnliche Wunsch danach, nicht auf eine spezielle Schule für Schüler mit ähnlichen Behinderungen gehen zu müssen, sondern auf seine eigene Schule zurückkehren zu dürfen.

Die Schule stimmte zu und ermöglichte so nach eingehender Beratung diesen Versuch, einen Schüler mit Timurs Behinderungen an einer allgemeinbildenden Schule für nichtbehinderte Schüler zu integrieren.

Hierzu stellte man eine spezielle Klasse zusammen, bei der besonders darauf geachtet wurde, möglichst ruhige Schüler zu finden, um ein entspanntes Klassenklima zu schaffen. Seit Beginn dieses Schuljahres ist Timur in dieser Klasse 7d untergebracht.

Da Timur alle schriftlichen Aufgaben mit Hilfe eines Notebooks bewältigen muss, war von Anfang an darauf zu achten, ob die entsprechenden Aufgaben des Schulbuchs für ihn insofern leistbar waren, dass er sie mit Hilfe seiner Officeprodukte umsetzen konnte. Es war jedoch klar, dass spätestens der Geometrieunterricht dem ein Ende setzen würde. Einen Ausweg boten diverse Geometrieprogramme, welche ich mir genauer betrachtete und schließlich als echte Alternative für alle Schüler erkannte. Anstatt Timur also zu integrieren, indem er möglichst authentische Konstruktionen mittels Computer nachahmen konnte, plante ich nun, die gesamte Klasse am Computer arbeiten zu lassen und so wirklich gleiche Voraussetzungen zu schaffen.

Meine Unterrichtsreihe beschäftigte sich mit der geometrischen Konstruktion von Mittelsenkrechten, Winkelhalbierenden sowie dem Um- und Inkreis von Dreiecken. Dabei verwende ich vornehmlich das Medium Computer, dessen besondere Eigenschaften gesondert besprochen werden.

In meiner Einleitung gehe ich auf aktuelle Forderungen des Lehrplans in Bezug auf den Computereinsatz an Schulen ein und werde skizzieren, wie bestimmte Punkte tatsächlich erreicht werden können.

Nach der anschließenden Sachanalyse, welche die behandelten Themen mathematisch bespricht, und einer didaktischen Analyse, welche die für die Schüler bedeutenden Lernziele herausstellt und in ihrem Zusammenhang bespricht, plane ich, die neuen Möglichkeiten des Mediums „Computer“ zu untersuchen. Dabei wird sich herausstellen, dass es weit mehr bietet als eine bloße Umsetzung der bekannten Methoden. Vielmehr ergeben sich daraus neue Möglichkeiten für den Unterricht, die völlig unabhängig von der

Integration Timurs sehr gewinnbringend für den Lernzuwachs der Kinder eingesetzt werden können.

Anschließend stelle ich sieben Stunden meiner Unterrichtsreihe vor, in denen ich mich bemüht habe, diese besonderen Vorteile effektiv zu nutzen. Eine methodische Analyse verdeutlicht dabei meine Stundenplanungen, welche um Feinlernziele der jeweiligen Stunde ergänzt werden. Die anschließende Reflexion soll dabei sowohl Fehler der Planung besprechen, die sich im Unterricht gezeigt haben, als auch Alternativen hierzu vorstellen. Besonders werde ich aber, in Hinblick auf mein Thema, behandeln, inwieweit der Einsatz des Computers für die gesamte Klasse oder speziell für die Integration Timurs vorteilhaft war oder aber medienimmanente Schwierigkeiten aufwarf.

Die abschließende Reflexion der gesamten Unterrichtsreihe wird diese einzelnen Beobachtungen wertend zusammenfassen und ein generelles Urteil über den Nutzen für meinen Unterricht abgeben.

1. Einleitung

Seit den 70er Jahren bestehen vielfältige Bemühungen und Ansätze, den Computer als Medium des Mathematikunterrichts didaktisch sinnvoll zu etablieren.[1] Litten diese Absichten zunächst noch an mangelnden Voraussetzungen der Soft- und Hardware, so ist diese Situation inzwischen als hervorragend zu bezeichnen. Fast alle Schulen verfügen über einen angemessen ausgestatteten Computerraum, der den vergleichweise geringen Anforderungen der Geometriesoftware gewachsen ist und die Software wird in verschiedensten Formen und zu sehr fairen Preisen angeboten.

Dass es bisher dennoch nicht zu einem breiteren Einsatz dieser Programme gekommen ist, liegt vor allem daran, dass der Computer als „Rechner“ zu sehr mit dem algorithmisch-algebraischen Teil der Mathematik verbunden wird, ohne sein enormes Potential der Visualisierung im Bereich der Geometrie zu beachten.[2] Hier eröffnet er völlig neue Möglichkeiten gegenüber der herkömmlichen Konstruktion mit Zirkel und Lineal.[3]

Der aktuelle Lehrplan hat dieses Potential offensichtlich noch nicht erkannt. Wie wäre es sonst zu erklären, dass in Kapitel 1.1 „Kriterien zur Auswahl der Inhalte und Lernziele“ zwar die „Benutzung des Taschenrechners nicht nur als numerisches Hilfsmittel, sondern auch als didaktisches Medium bei der Erarbeitung eines Stoffgebietes“[4] ausdrücklich erwünscht und in Kapitel 2.6 der korrekte Umgang und gezielte Einsatz explizit als allgemeines Lernziel deklariert wird, der Computer aber trotz seiner weit überlegenen Möglichkeiten mit keinem Wort erwähnt wird.

Dabei bietet der Lehrplan eine Vielzahl von Anforderungen, die den besonderen Vorteilen dieses Mediums sehr entgegenkommen. Abgesehen von der allgemeinen Aufgabe der Schule, ihre Schüler[5] dazu zu befähigen, Probleme des Alltags mit den Mitteln ihrer Gegenwart zu bewältigen, gibt es auch mathematikspezifische Forderungen, denen der Computer sehr entgegen kommt.

So sollte etwa das algorithmische Denken gefördert werden, welches heute nirgendwo mehr Eingang findet als in den Bereichen der Programmiersprachen und programmgesteuerten Prozessen. Anweisungen an Computer müssen vollständig, formal korrekt und in einer logischen Reihenfolge sein, sonst können sie nicht verarbeitet werden. Dass ein Geometrieprogramm, welches genau dieses Verhalten von seinem Benutzer erwartet, zur Schulung eines solchen Denkens hilfreich ist, liegt auf der Hand. Der zeitliche Mehraufwand, der zur Einübung des Umgangs mit dem Programm nötig ist, ist gerechtfertigt durch den Verweis auf pädagogische Freiräume zum Training von Grundfertigkeiten[6], welche des Weiteren auch anderen Fächern zu Gute kommen.

Außerdem fordert der Lehrplan auf, den Schüler Möglichkeiten zu eigenen Erfahrungen durch aktives Ausprobieren zu geben und sie in der Beschreibung und Darstellung von Figuren zu schulen. Dieses entspricht zum einen eindeutig den Lernzielen des Geome-trieunterrichts in den Bereichen der Abbildungsgeometrie in der Ebene und kann außerdem durch den Computereinsatz auf die gewünschte Weise erreicht werden. Ein entsprechender Ansatz mit Papier und Bleistift hingegen wäre undenkbar, da die Phase des Ausprobierens zwangsläufig zu zeitintensiv verliefe und durch ständig gleiche Grundkonstruktionen, die vor dem eigentlichen Entdecken nötig wären, sehr schnell zu Frustration führen müsste.

Ähnliche Vorteile zeigen sich auf den Gebieten der Schulung des Abstraktionsvermögens, des Erkennens funktionaler Zusammenhänge und des heuristischen Verhaltens. So ermöglicht der sogenannte Zugmodus eine dynamische Veränderung einer einmal gemachten Konstruktion, wodurch die Schüler mit minimalem Aufwand eine Unzahl von Variationen erzeugen und somit das Wesentliche ihrer Konstruktion in Form von Invarianten erkennen können[7]. Dadurch ist ein Vorgehen nach dem Try-and-Error-Prinzip erstmals im Geometrieunterricht wirklich umsetzbar und kann als sinnvolle Vorstufe zur Entwicklung heuristischer Problemlösungsstrategien dienen.

In Bezug auf funktionale Zusammenhänge besteht nun die Möglichkeit, auch schwächeren Schülern Einblicke in Folgen von kleinen Veränderungen der Konstruktion zu geben, welche ansonsten wegen der Vielzahl der benötigten Zeichnungen in der Vorstellung der Kinder hätte geschehen müssen.

Beispielhaft sei in der nebenstehenden Zeichnung[8] danach gefragt, wo sich der Mittelpunkt des Kreises, der immer durch die Eckpunkte des Dreiecks verlaufen soll, bewegen würde, wenn Eckpunkt A in seiner Lage variiert würde.

In diesem Fall wäre es den Schülern nur sehr schwer möglich, die Auswirkung einer beliebigen Lageveränderung eines Eckpunkts nur durch Vorstellung zu bestimmen. Einige wenige Zeichnungen hingegen könnten nie wirklich Sicherheit über das vermutete Ergebnis bieten, zumal die zu entdeckende Erkenntnis notwendige Voraussetzung zur Konstruktion des Umkreises ist. Dieser Ansatz, welcher den Schülern durch seine überraschende Lösung besonders gut in Erinnerung bleibt, wäre mit herkömmlichen Mitteln nicht machbar.

Geometriesoftware hingegen bietet fast immer die Möglichkeit, durch sogenannte Ortslinien Lageveränderungen einzelner Objekte festzuhalten. In diesem Fall stellt sich, für die Schüler überraschend, heraus, dass sich die scheinbar chaotischen Bewegungen des Kreismittelpunktes alle auf einer Geraden abspielen, welche ihnen aus der Vorstunde als Mittelsenkrechte von B und C bekannt ist. Mit dieser Erkenntnis ist es nun wesentlich einfacher danach zu fragen, warum das so sein muss. Die Schüler gelangen somit durch Beobachtung von Veränderungen, die sie selbst durch eigenes Handeln bewirken können, zu einer neuen Erkenntnis, welche aufgrund ihres überraschenden Effekts besonders gut im Gedächtnis haften bleibt.

Nicht zuletzt fordert der Lehrplan eine Schulung des Verständnisses und der Anwendung mathematischer Fachsprache. Auch dies wird im gewissen Sinn gefördert, da die Bedienung des Computers genaue Angaben und eine exakte Auswahl der zu konstruierenden Objekte verlangt. Anders als auf dem Papier, wo etwa der Zirkel einfach per Augemaß am Schnittpunkt zweier Mittelsenkrechten ohne Reflexion des eigenen Handels angesetzt wird, muss dem Computer zunächst erklärt werden, dass dieser Schnittpunkt überhaupt existiert, bevor er zur weiteren Konstruktion ausgewählt werden kann. Durch dieses sehr kleinschrittige Vorgehen, welches zwangsläufig Eingang in die zu formulierenden Konstruktionsanleitungen findet, werden den Schülern viele Details verdeutlicht, welche sonst womöglich unbewusst getätigt und somit wieder schnell vergessen würden.

Neben diesen Gründen, die prinzipiell für einen Einsatz dieses Mediums im Geometrieunterricht sprechen, ist der Computer für manche Menschen die einzige Möglichkeit, am Schul- und Berufsleben überhaupt teilzunehmen. Sind durch eine Behinderung die Arme soweit in ihrer Motorik gestört, dass ein Arbeiten mit den üblichen Mitteln nicht möglich ist, bietet der Computer den einzigen Ausweg. Solche Schüler können durch gängige Officeprodukte weitestgehend die Aufgaben von Papier und Stiften ersetzen. Diese Möglichkeit besteht nun auch in der Geometrie, welche durch den von vielen Schülern als schwierig empfundenen Umgang mit dem Zirkel besondere Anforderungen an die Feinmotorik stellt.

Möchte eine Schule solche Schüler integrieren, so darf auch der Geometrieunterricht nicht davon ausgenommen werden und muss eine adäquate Arbeitsweise bieten, die der jeweiligen Behinderung weitestgehend entgegenkommt. Dadurch hilft sie dem Behinderten selbst, der nicht durch einen Sonderstatus gebrandmarkt und noch weiter aus der Klassengemeinschaft gehoben wird, als er durch seine Behinderung ohnehin schon ist. Aber auch die Mitschüler können so den Umgang mit behinderten Mitmenschen lernen, der in unserer Gesellschaft noch vielen schwer fällt, und erfahren, dass diese durchaus als vollwertig und gleichberechtigt zu betrachten sind und gleiche Leistungen erbringen können, wenn man ihnen nur die nötigen Bedingungen dazu schafft.

2. Sachanalyse

Ich verwende in meiner Unterrichtsreihe das Geometrieprogramm Euklid-Dynageo in seiner derzeit aktuellen Version 2.4c. Durch seine grafische Benutzeroberfläche unter Windows sind mit diesem Programm alle Konstruktionen prinzipiell analog zur herkömmlichen Vorgehensweise möglich. Das ist wichtig, da es so zu Darstellungen kommt, die denen in den Schülerheften entsprechen und so möglichen Fehlinterpretationen vorgebeugt wird. Außerdem verhindert dies ein systembezogenes Lernen, wodurch sie bei einem Wechsel des Mediums ihr Wissen nicht mehr anwenden könnten.[9]

Die Bedienung ist einfach und sehr schnell intuitiv zu erlernen, da zum einen die zu konstruierenden Objekte auf den Schaltflächen ikonisch dargestellt sind und zusätzlich der erwartete nächste Schritt immer in der Statuszeile angezeigt wird.

Mögliche Fehleingaben, die zu logischen Fehlern und Widersprüchen in der Konstruktion führen könnten, fängt das Programm ab, bevor diese Probleme auftreten. Und sollte ein Schüler bemerken, dass seine Konstruktion in die falsche Richtung führt, so kann er jederzeit den letzten Schritt rückgängig machen bzw. einzelne Objekte löschen, ohne die ganze Konstruktion von vorne beginnen zu müssen.

Die Fehlersuche wird zudem durch die Funktion „Rückblende“ sehr vereinfacht. Sie wiederholt die gesamte Konstruktion automatisch in einzelnen Schritten und zeigt so detailliert auf, wie welche Objekte miteinander verknüpft wurden. Die Schüler erhalten so Gelegenheit, ihre eigene Vorgehensweise noch einmal kritisch zu verfolgen und so selbständig Fehler, meist die Auswahl eines falschen Punktes, zu finden. Die Hilfe des Lehrers wird auf diese Weise seltener benötigt.

Das Programm beherrscht die Konstruktion der üblichen Objekte[10], wie sie mit den herkömmlichen Werkzeugen auch zu konstruieren sind. Dazu zählen Punkte, Verbindungsgeraden, Strecken, Kreise um einen vorgegebenen Mittelpunkt durch einen Peripheriepunkt, ebensolche Kreise mit frei wählbaren Radius und Schnittpunkte zweier Objekte. Hinzu kommt die übliche Distanz- und Winkelmessung sowie die freie Positionierbarkeit der Basisobjekte und deren geometrieübliche Benennung, ohne dass ein Zwang hierzu besteht.

Bisher handelt es sich also um eine möglichst originalgetreue Umsetzung der herkömmlichen Werkzeuge. Dies allein würde den Zeit- und Medienaufwand, den ein Unterricht im Computerraum mit sich bringt, noch nicht rechtfertigen. Der besondere Nutzen offenbart sich meist erst nach der Konstruktion, wenn die Schüler damit beauftragt werden, das entworfene oder vorgegebene Konstrukt zu untersuchen.

Besonders nützlich erweist sich hierbei der sogenannte Zugmodus, der es erlaubt, Basisobjekte zu verändern, wodurch sich alle auf sie aufbauenden Objekte gemäß ihrer Konstruktion[11] mitverändern. Das bedeutet, dass eine einmal gemachte Konstruktion nicht nur eine Figur repräsentiert, sondern eine ganze Klasse von Figuren, die im Zugmodus Invarianten aufzeigen. Das sind Eigenschaften, die sich gegenüber den Veränderungen der Basisobjekte resistent zeigen und dadurch grundlegende Eigenschaften der Klasse verraten. Auch das Messen von Strecken und Winkeln erfolgt dynamisch, die angezeigten Werte passen sich also der veränderten Situation sofort an.

Eine weitere Möglichkeit zur Untersuchung besteht in der bereits erwähnten[12] Möglichkeit, Ortskurven einzeichnen zu lassen. Die optisch festgehaltene Lageveränderung einzelner Punkte ist dann hilfreich, wenn die Invarianten nicht in konstanten Eigenschaften, etwa der Tatsache, dass sich die Mittelsenkrechten der Seiten eines Dreiecks immer in genau einem Punkt schneiden, bestehen, sondern in der Regelmäßigkeit der Veränderung. Ein Beispiel hierfür ist die schon angesprochene[13] Lage des Umkreismittelpunktes auf einer Mittelsenkrechten des zugehörigen Dreiecks.

Um keine unnötige Zeit mit inzwischen routiniert beherrschten Grundkonstruktion zu verschwenden, ist es hilfreich, eine weitere Möglichkeit von Euklid-Dynageo zu nutzen, die in vorgefertigten Makros besteht. Diese Makros erlauben es, mehrere Grundkonstruktionen zusammen zu fassen und auf ein passendes Basisobjekt anzuwenden, ohne alle Schritte einzeln ausführen zu müssen. Dies hat mehrere Vorteile. Haben die Schüler beispielsweise einmal die Konstruktion der Winkelhalbierenden verstanden und ausreichend eingeübt, so kann zur Erarbeitung des Inkreises, der die Winkelhalbierenden voraussetzt, auf das zugehörige Makro zurückgegriffen werden. Das spart zum einen Zeit, weil die Schüler nicht durch die umständliche und sich dreimal wiederholende Konstruktion der Winkelhalbierenden aufgehalten werden, und erleichtert zum anderen weitere Erkenntnisse. Da das Makro sofort das gewünschte Ergebnis präsentiert, fällt eine Vielzahl von Hilfslinien weg. Dies erleichtert das weitere Untersuchen deutlich, da die Schüler im Gewirr der Schnittpunkte sonst sehr leicht den Überblick verlieren[14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bevor diese Makros aber zum Einsatz kommen, ist unbedingt sicherzustellen, dass die Schüler die kleinschrittige Vorgehensweise beherrschen. Um nun einem Missbrauch der Makros vorzubeugen, bietet Euklid-Dynageo die Möglichkeit, die Benutzermenüs an den Kenntnisstand der Schüler anzupassen, das heißt verschiedene Funktionen auszublenden. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass die Schüler nicht durch mehrere ihnen unbekannte Funktionen irritiert und dadurch überfordert werden.

Trotz der genannten Vorzüge des Computereinsatzes sollte der Geometrieunterricht nicht völlig auf den Umgang mit Lineal und Zirkel verzichten, sondern diesen vielmehr parallel zur Arbeit am Computer schulen. Die herkömmliche Art der Konstruktion sollte nur ergänzt, nicht aber ersetzt werden, da der korrekte Umgang mit diesen Werkzeugen ein Lernziel an sich darstellt. Unabhängig von Frage, welchen Beitrag der taktile Umgang beim Erlernen der geometrischen Grundkenntnisse hat, stellt er eine Kulturtechnik dar, die weit über die Mathematik hinausgeht. So ist schon allein zur Wahrung des schulischen Curriculums die Handhabung des Zirkels zu üben, da dieser etwa in der Geographie oder Physik Verwendung findet. So stellen diese Werkzeuge und ihre Kombination einen Kommunikationsstandard dar, indem ausgehend von der griechischen Kultur weltweit nach denselben Prinzipien vorgegangen wird.[15]

Nicht zuletzt verwendet auch das Handwerk heute noch Zirkel. Eine Qualifikation unserer Schüler für entsprechende Berufe setzt also die Handhabung des Zirkels unbedingt voraus. Auch spricht die Tatsache, dass die Module der Geometriesoftware letztlich auf konstruktiven Abhängigkeiten basieren, wie sie bei Konstruktionen mit Lineal und Zirkel auftreten, dafür, den Schülern eben diese Bedingungen zu verdeutlichen.

Da letztlich der Medien- und Kostenaufwand zu hoch wäre, alle Schüler von Seiten der Schule mit Computern und Software zu versorgen, der für die Anfertigung der Hausaufgaben per Computer nötig wäre, erscheint es sinnvoll, gerade hier auf die herkömmlichen Mittel zurück zu greifen.

3. Didaktische Analyse

3.1 Situationen der Klasse und des Computerraumes

Die Klasse 7d besteht aus 24 Schülern. Seit Beginn des Schuljahres unterrichte ich sie in meinen beiden Fächern eigenverantwortlich, in Mathematik jedoch im Teamteaching-Verfahren mit meinem Kollegen Herrn Jindra, welcher gleichzeitig auch Klassenlehrer ist. Diese Konstellation ist vor allem dadurch begründet, dass der Schüler Timur nach einem schweren Unfall querschnittsgelähmt ist und größere motorische Schwierigkeit hat, die seine schriftliche Mitarbeit sehr beeinträchtigen. Im Unterricht kümmert sich deshalb immer ein Kollege vorwiegend um ihn, während der andere den Unterricht führt. Dadurch soll eine Integration Timurs in den Klassenverband ermöglicht werden, was bislang auch recht erfolgreich gelungen scheint. Timur arbeitet mit einem Notebook, welches über Excel sein Rechenheft ersetzt und auf dem sich eine Kopie von Euklid-Dynageo befindet.

Mein Verhältnis zur Klasse ist als gut zu bezeichnen. In beiden Fächern herrscht ein sehr angenehmes Unterrichtsklima, so dass die Arbeit sowohl den Schülern als auch mir sehr viel Spaß macht. Sie sind der Mathematik gegenüber aufgeschlossen und arbeiten bereitwillig, qualitativ allerdings auf eher schwachem Niveau mit.

Bis auf zwei Ausnahmen waren alle Schüler im Umgang mit Windows erfahren. So kam es in den ersten Stunden der Einführung in die Arbeit mit dem Computer zu keinerlei Problemen, zumal das Medium von sich aus eine große Motivation bot. Die Schüler arbeiteten dabei in Zweiergruppen, so dass den Schwächeren immer ein leistungsstarker Partner zugeteilt war und sich das Team bei Schwierigkeiten beraten konnte. Da insgesamt 18 Computer zur Verfügung standen, war dies kein Problem.

Timur benutzt sein eigenes Notebook und sitzt somit allein, hat aber direkten Kontakt zu einer Gruppe am selben Tisch, so dass auch er sich austauschen kann.

Ein größeres Problem besteht in der kargen Ausstattung des Computerraums selbst. Der Raum hat keine Tafel, auf der Entdeckungen der Schüler vermerkt werden könnten, und auch das Netzwerk erwies sich in den vorangegangenen Stunden als sehr instabil. Es kam häufiger vor, dass ein einzelner Rechner keinen Zugriff auf die zu bearbeiteten Dateien hatte oder gar völlig abstürzte, was zu deutlichen Verzögerungen führte. Ich bemühe mich, diesen beiden Problemen zu begegnen, indem ich immer einen Rechner frei lasse, so dass eine Gruppe notfalls dorthin wechseln kann, und außerdem alle Aufgaben zusätzlich von Diskette geladen werden können.

Bei der Erarbeitung von Definitionen werde ich auf einen Flipchart zurückgreifen und erkannte Regeln schließlich auf Folie festhalten lassen. Dies ist aber deshalb besonders ungünstig, da nur eine Projektionsfläche existiert und so entweder die zu beschreibende Konstruktion per Beamer oder aber die Beschreibung auf Folie projiziert werden kann. Es wäre sehr viel günstiger, beides gleichzeitig darstellen zu können.

Ein weiteres Problem beim Vergleich der Schülerergebnisse und der Sicherung der erarbeiteten Konstruktionsweise besteht darin, dass der Beamer immer nur das Bild eines bestimmten Rechners darstellen kann und somit nur die Gruppe ihr Ergebnis für alle sichtbar präsentieren kann, die an diesem Rechner sitzt. Es ist technisch weder möglich, den Bildschirm eines Computer auf alle anderen umzuleiten, noch einen beliebigen zu projizieren. Ein Vergleichen mehrerer Schülerergebnisse wird somit sehr erschwert und kann nur verbal erfolgen. Ein Versammeln der Schüler vor den betreffenden Computern ist wegen der Enge des Raumes nicht möglich.

3.2 Vorkenntnisse der Schüler

Bereits vor Beginn meiner Unterrichtsreihe konnten sich die Schüler mit dem neuen Programm vertraut machen und haben durch spielerische Übungen die wesentlichen Grundfunktionen erlernt. Neben dem Setzen von Punkten, dem Zeichnen von Verbindungsstrecken und –geraden und dem Markieren von Schnittpunkten, übten die Schüler den Umgang mit den Makros „Senkrechte einzeichnen“, „Mittelpunkt markieren“ und das Zeichnen von Kreisen mit festem Radius bzw. durch einen vorgegebenen Peripheriepunkt.

Zusätzlich lernten die Schüler, dass es bewegliche Punkte gibt, deren Lageveränderung Auswirkungen auf die gesamte Konstruktion haben. An dieser Stelle wurde vereinbart, dass eine Konstruktion der Schüler in Zukunft nur dann als korrekt angesehen werden kann, wenn sie ebenfalls im Sinne ihrer Konstruktion auf Veränderungen von Basisobjekten reagieren können. Beispielhaft hierfür wurde die Übung „Hampelmann“ verwendet, in welcher die Schüler eine vorgegebene Grundstruktur gemäß einem Vorbild zu ergänzen hatten. Es handelte sich dabei um eine bewegliche Raute, in welche durch Halbieren der Seiten ein Rechteck eingefügt werden sollte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch die Verwendung von Ortslinien wurde an einem Beispiel eingeübt. Eine Schiffschaukel konnte dabei gefasst und bewegt werden. Ließen die Schüler nun die Ortslinie der Schaukel einzeichnen, entstand ein Teil eines Kreisbogens, dessen Mittelpunkt und Radius sie nun leicht identifizieren konnten. Zusätzlich zu dem selbsterklärenden Menü von Euklid-Dynageo erhielt jeder Schüler eine Übersicht der für unsere Unterrichtsreihe relevanten Befehle und Symbole.[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mathematisch schließt das Thema an die Achsenspiegelung an. Die Schüler haben eingehend die Eigenschaften dieser Abbildung untersucht und die Konstruktion mit dem Geodreieck nachvollzogen. Ich nutzte diese Kenntnisse, um ihnen die Funktion eines Makros zu zeigen, indem sie mehrere Achsenspiegelungen mittels der Funktion „Achsenspiegelung“ ausführten. Dabei verlief die Spiegelachse immer senkrecht zur Verbindungsstrecke von Punkt und Bildpunkt und durch deren Mittelpunkt. Sie entsprach somit der Mittelsenkrechten, deren Untersuchung Thema der ersten Stunde meiner Unterrichtsreihe am Computer ist.

3.3 Mathematische Sachanalyse

Der Lehrplan sieht für das siebte Schuljahr der Realschule die Behandlung der Themen Mittelsenkrechte und Winkelhalbierenden im Zusammenhang mit der Achsenspiegelung vor.

Dabei sollen die Schüler „zu einem vorgegebenen Punktepaar die Spiegelachse [Mittelsenkrechte] konstruieren und die Konstruktion begründen können“ sowie wissen, dass für „jeden Punkt P der Mittelsenkrechten einer Strecke AB gilt:

P ist von A und B gleich weit entfernt.“[17]

Diese Eigenschaften beruhen auf der Tatsache, dass die Mittelsenkrechte auch als Spiegelachse interpretiert werden kann, welche per Definition axiomatisch senkrecht zur Verbindungsstrecke von Punkt und Bildpunkt steht. Der Schnittpunkt von Mittelsenkrechte und Verbindungsstrecke (M) bildet dann zusammen mit jedem beliebigen Punkt P auf der Mittelsenkrechten und Punkt A ein Dreieck. Dieses Dreieck ist somit kongruent zum Dreieck MPB, was die identische Länge aller drei Seiten begründet. Da eine Gerade durch zwei ihrer Punkte genau definiert ist, reicht es somit, zwei Punkte P zu finden, die die genannte Bedingung erfüllen. Ihre Verbindungsgerade entspricht dann der Mittelsenkrechten. Dies gelingt durch das Einzeichnen zweier Kreise mit identischem Radius um A und B, wobei bei genügend großem Radius zwei Schnittpunkte entstehen, die somit von A und B gleich weit entfernt sind.

In einem Dreieck schneiden sich die drei Mittelsenkrechten in genau einem Punkt, der somit von allen drei Eckpunkten des Dreiecks gleich weit entfernt ist.

Da die Seiten eines Dreiecks nicht parallel verlaufen, sind auch die Mittelsenkrechten nicht parallel und haben somit einen Schnittpunkt[18]. Für den Schnittpunkt der Mittelsenkrechten der Punkte A und B sowie der Mittelsenkrechten der Punkte A und C (S) gilt somit:

1. S ist von A und B gleich weit entfernt.
2. S ist von A und C gleich weit entfernt.
3. S ist somit auch von B und C gleich weit entfernt (Transitivität).

Um diesen Punkt S lässt sich somit ein Kreis zeichnen, der durch alle drei Eckpunkte des Dreiecks verläuft. Dieser Kreis heißt Umkreis.

Im Folgenden sieht der Lehrplan vor, dass die Schüler „zu einem von einem Punkt ausgehenden Halbgeradenpaar die Spiegelachse [d.h. die Winkelhalbierende] konstruieren und die Konstruktion begründen können“ sollen.[19]

Die Eigenschaften einer Winkelhalbierenden ergeben sich unmittelbar aus ihrer Bezeichnung: Sie halbiert einen durch drei Punkte definierten Winkel.

Wählt man auf den vom Scheitel (S) des Winkel ausgehenden Halbgeraden zwei Punkte A und B so, dass beide von S den selben Abstand haben, so kann die Winkelhalbierende wieder als Spiegelachse betrachtet werden, welche A auf B abbildet, während S als Fixpunkt erhalten bleibt. Zusammen mit dem gedachten Schnittpunkt der Winkelhalbierenden mit der Verbindungsstrecke von A und B entstehen so zwei kongruente Dreiecke, die in sämtlichen Winkeln, so auch in den beiden Winkeln in S, übereinstimmen. Aus demselben Grund sind auch die Abstände von Punkt und Bildpunkt zur Spiegelachse immer identisch.

Somit ist es zur Konstruktion der Winkelhalbierenden zunächst nötig, auf jedem Strahl einen Punkt zu bestimmen, die beide gleich weit von S entfernt sind. Dies gelingt durch die Bestimmung der Schnittpunkte beider Strahlen mit einem Kreis um S. Die Mittelsenkrechte der Verbindungsstrecke von A und B fällt dann aufgrund der Eigenschaften der Spiegelachse mit der Winkelhalbierenden zusammen und ist entsprechend zu konstruieren.

Da die Seiten eines Dreiecks nicht parallel verlaufen, schneiden sich die Winkelhalbierenden zweier Winkel in einem Punkt. Nimmt man an, es handle sich um die Winkelhalbierenden in A und B, so kann man von diesem Schnittpunkt (W) sagen:

1. W ist gleich weit von b und c entfernt.
2. W ist gleich weit von c und a entfernt.
3. W ist somit auch gleich weit von b und a entfernt (Transitivität).
4. W liegt also auch auf der Winkelhalbierenden in C.

Da also der Abstand von W zu allen drei Seiten des Dreiecks gleich groß ist, ist es möglich, einen Kreis um W zu zeichnen, zu dem alle drei Seiten des Dreiecks Tangenten bilden. Der Radius dieses Kreises entspricht dem Abstand von W zu den Seiten des Dreiecks. Dieser Kreis heißt Inkreis.

3.4 Didaktische Reduktion

Die im Lehrplan vorgesehenen Lernziele betreffen Kenntnisse der Eigenschaften von Mittelsenkrechte und Winkelhalbierende ohne dabei einen Beweis im mathematischen Sinne zu verlangen. Es wäre zudem auch schwierig die Schüler zu motivieren etwas zu beweisen, das ihnen durch bloße Anschauung als wahr erscheint. Dies zu verlangen erschien ihnen vermutlich willkürlich und unnötig. Zudem vermerkt der Lehrplan für die Sekundarstufe I, dass zum Thema Begründen und Beweisen drei Stufen existieren, die in einem Prozess des stufenweisen Aufsteigens durchschritten werden sollen, wobei die dritte Stufe nur im Gymnasium erreicht wird.[20]

Dabei sieht die erste Stufe davon ab, unmittelbar einsichtige Sachverhalte durch das Verlangen eines Beweises in Frage zu stellen[21], während in der zweiten Stufe durch das schrittweise Lösen von konkreten Beispielen allgemeine Aussagen durch eine sprachlich-logische Argumentationskette begründet werden sollen.

Meine Unterrichtsreihe hat somit vorrangig zum Ziel, Kenntnisse der angesprochenen Eigenschaften von Winkelhalbierenden und Mittelsenkrechten und die zu ihrer Konstruktion nötigen Schritte als eine Art Algorithmus zu vermitteln.

Dieser darf aber nicht unreflektiert bleiben. Daher sollte jeder Schritt der Konstruktion durch die Schüler verbal begründet werden können. Die Schüler müssen zu jeder Zeit verstehen, warum sie die einzelnen Schritte ausführen, da nur so ein echtes Verständnis erreicht werden kann, welches zu einem zielorientierten Einsatz dieser Konstruktionen im Rahmen problemlösender Aufgaben nötig ist. Die Schüler sollen also keine automatischen Programme abspulen, sondern bewusst ihnen vertraute Methoden anwenden lernen.

3.5 Groblernziele

kognitiv

Die Schüler sollen

- die Begriffe Winkelhalbierende und Mittelsenkrechte und ihre Eigenschaften kennen.
- ihre Konstruktion durchführen und begründen können.
- die Begriffe Inkreis und Umkreis und ihre Eigenschaften kennen.
- ihre Konstruktion durchführen und begründen können.
- den Computer als Hilfsmittel im Geometrieunterricht begreifen.

psychomotorisch

Die Schüler sollen

- Geometrische Konstruktionen sowohl mit Euklid-Dynageo als auch mit Zirkel und Lineal anfertigen können.
- den Computer als zukunftsorientiertes Medium bedienen lernen.

sozial[22]

Die Schüler sollen

- ihre Ergebnisse im Team erarbeiten und der Klasse erläutern können.
- Besondere Rücksicht auf Schwächen dieser Mitmenschen zu nehmen.
- lernen, Behinderten die für sie notwendigen Hilfen zukommen zu lassen, ohne sie dabei zu bevormunden.
- behinderte Mitschüler als vollwertigen Teil der Klassengemeinschaft erkennen.

4. Methodische Analyse

4.1 Vorteile des Mediums „Computer“ und Folgen für den Unterricht

Der Einsatz dynamischer Geometriesoftware ermöglicht erstmals durch lange Phasen des Ausprobierens und Vermutens als Vorstufe des Beweisens eine echte Operationalisierung des Unterrichts. Die Schüler können durch diesen experimentellen Ansatz ab-strakte Zusammenhänge sichtbar machen und durch eigene Handlung erleben, was neben einer starken Motivation auch zu einem tieferen Verständnis führt.

Die herkömmliche Konstruktion ermöglichte nur mit einem sehr hohen Zeitaufwand bei gleichzeitig hoher Fehleranfälligkeit eine hinreichend große Anzahl an Zeichnungen, aus denen Invarianten abgelesen werden konnten. Zeichenungenauigkeiten erschwerten dabei den Vergleich statischer Fertigprodukte, die aus zeitökonomischen Gründen oft auf vom Lehrer vorgegebene besonders markante Konfigurationen beschränkt werden musste. Der Zugmodus hingegen ermöglicht es jedem einzelnen Schüler selbst, alle isomorphen Konfigurationen zu betrachten und dabei die Veränderungen als dynamischen Prozess zu beobachten, was das Erkennen gleichbleibender Eigenschaften zusätzlich erleichtert. Diesem operativen Forschen muss als echtem induktiven Ansatz ein großer Teil des Unterrichts zur Verfügung gestellt werden, da so nicht nur einige wenige, die den gedanklichen Transfer auch auf Basis eigener Vorstellungen geschafft hätten, erreicht werden, sondern fast alle Schüler die angestrebten Lernziele alleine erarbeiten können.

Auch dem heuristischen Ansatz beim Lösen von Konstruktionsaufgaben in der Ebene bieten sich neue Möglichkeiten. Wurde das Ausprobieren mit Zirkel und Lineal allein dadurch schon sehr erschwert, dass ein Fehler nur bedingt zu korrigieren war und so oft eine völlig neue Konstruktion verlangte, so ermöglicht es Euklid-Dynageo sowohl einzelne Objekte wieder zu löschen als auch nachträglich die Lage der Basisobjekte zu ändern. Dadurch kann eine Korrektur wesentlich effektiver geschehen und führt nicht die sonst zu erwartende schnelle Demotivierung mit sich. Auch ist es möglich, Vorlagen zu präsentieren, die allein der Erforschung ihrer Eigenschaften dienen, ohne dabei statische Fertigprodukte zu sein, die die Schüler nur noch betrachten können.

Hinzu kommt, dass eine Konstruktion nicht mehr an fehlender Genauigkeit scheitern kann und die sonst unvermeidlichen Hilfslinien ausgeblendet werden können, was sehr der Übersichtlichkeit dient. Sollte es dennoch zu einer Fehlinterpretation einzelner Objekte, meist von Schnittpunkten, kommen, so können die Schüler diesen Fehler mit Hilfe der Rückblende selbst finden und benötigen auch hierfür nicht die Hilfe des Lehrers.

Die Möglichkeit, die zur Verfügung stehenden Funktionen zu verändern und so an den Wissensstand der Lerngruppe anzupassen, bietet eine sinnvolle Ergänzung, da so schon bekannte aufwendige Konstruktionen, die mehrmals hintereinander ausgeführt werden müssen, verkürzt werden können. Das spart Zeit und lenkt die Aufmerksamkeit auf die neuen Inhalte. Nach und nach lässt sich so ein Repertoire aufbauen, dessen Entstehen die Schüler durch die Unterrichtsreihe begleitet.

[...]


[1] Menzel, Klaus (Hg.), Schulgeometrisches Konstruieren mit dem Computer, Stuttgart 1991. S. 8.

[2] Ebenda.

[3] Auf die einzelnen Vor- und Nachteilen des Computergestützten Geometrieunterrichts gehe ich in Kapitel 4.1 genauer ein.

[4] Lehrplan Mathematik in Rheinland-Pfalz. Klassen 7-10, Grünstadt 1984. S. 7.

[5] Ich verwende im Folgenden „Schüler“ geschlechtsneutral. Gemeint sind somit Schülerinnen und Schüler.

[6] Lehrplan, S. 7.

[7] Auf die Funktionen und deren Bedeutung für den Unterricht gehe ich in Kapitel 4.1 genauer ein. Ähnliches ist in einigen Fällen auch durch geeignete Modelle zu leisten, in denen etwa ein Dreieck durch Spannen eines Gummis gebildet wird. So ließe sich beispielsweise der Thaleskreis untersuchen.

[8] Alle angeführten Konstruktionen befinden sich auf der beigefügten CD.

[9] Diese Problematik sehe ich etwa bei der Software Geolog, welche den Schülern eine Art Programmierung in einer speziellen Metasprache abverlangt.

[10] Ich verwende im Folgenden den Begriff Objekte für alle durch eine Konstruktion erzeugbaren geometrischen Objekte, die auch in Abhängigkeit mit anderen Objekten stehen können (etwa Senkrechten). Basisobjekte hingegen basieren auf Grundkonstruktionen. Andere Objekte können auf ihnen aufbauen und so wirkt sich die Veränderung ihrer Eigenschaften auf alle auf sie aufbauenden Konstruktionen aus.

[11] Erhalten bleiben Parallelität, Orthogonalität, Teilverhältnisse, Punkt- und Geradensymmetrie.

[12] Siehe Kapitel 1.

[13] Ebenda.

[14] Natürlich stützt eine mehrfache Wiederholung den Lernerfolg. Der Einsatz des Makros darf daher weder zu früh noch zu häufig erfolgen. Die Sinnhaltigkeit hängt immer vom aktuellen Stand der Lerngruppe ab.

[15] Menzel, S. 251.

[16] Siehe Anhang.

[17] Lehrplan, S. 100.

[18] Sollten sich die Erläuterungen zu verschiedenen Grafiken unmittelbar aus dem nebenstehenden Text ergeben, verzichte ich im Folgenden auf eine weitere Beschriftung.

[19] Lehrplan, S. 101.

[20] Lehrplan, S. 14.

[21] Ebenda, S. 16.

[22] Da diese sozialen Lernziele für die gesamte Unterrichtsreihe gelten und unabhängig vom konkreten Inhalt der Stunden sind, werde ich sie im Folgenden nicht mehr eigens aufführen.

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Der Computer als Medium im Geometrieunterricht der siebten Klasse
Hochschule
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Realschulen in Koblenz  (Fachbereich Mathematik)
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
69
Katalognummer
V10114
ISBN (eBook)
9783638166447
ISBN (Buch)
9783638723053
Dateigröße
777 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geometrie Computer Mathematik Winkelhalbierende Mitelsenkrechte Inkreis Umkreis
Arbeit zitieren
Stefan Knechtges (Autor:in), 2003, Der Computer als Medium im Geometrieunterricht der siebten Klasse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10114

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