Einstellungen Teil II - Grundsätze des Einstellungserwerbs und Strategien zur Einstellungsänderung


Skript, 2001

8 Seiten


Leseprobe


Einstellungen Teil 2 Grundsätze des Einstellungserwerbs und

Strategien zur Einstellungsänderung

Stroebe S. 253 –289 (stark gekürzt!!!)

Die Entstehung, Entwicklung bzw. das Lernen von Einstellungen sowie deren Änderung werden in der Wissenschaft unterschiedlich erklärt. Wir betrachten die drei wichtigsten Ansätze:

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(1) Die Rolle von Verstärkungen beim Erwerb und der Änderung von Einstellungen

Behavioristische Modelle setzen sich hauptsächlich mit dem Erwerb von Einstellungen auseinander in der Annahme, dass der Einstellungserwerb denselben Gesetzmäßigkeiten unterliegt, wie das erlernen beliebiger anderer Verhaltensweisen.

(1.1) Klassische Konditionierung

Die Basis bildet die Verbindung eines US (unbedingter Reiz) mit einem UR (unbedingte Reaktion). Die wiederholte Paarung eines US mit einem NS (neutralen Reiz) ergibt das Lernen (und somit auch das Lernen von Einstellungen). Der NS wird zum CS (konditionierten Reiz), der eine CR (konditionierte Reaktion) auslöst. Der Organismus spielt hier eine passive Rolle, denn er hat keine Kontrolle über die Reaktion.

Ausgehend von einer natürlichen SR-Verbindung, z.B. Nahrung (US) und Sättigung, angenehmes Gefühl (UR), können z.B. Eltern klassische Musik als NS einsetzen, indem sie ihr Kind bei Musik füttern. So ermöglicht man dem Kind eine positive Einstellung gegenüber klassischer Musik zu erwerben. Die klassische Musik lässt sich nun wiederum als CS für andere Einstellungsobjekte einsetzen. Man kann z.B. häufig das Wort „Demokratie“ (NS) mit klassischer Musik darbieten. Damit wird im Rahmen einer Konditionierung höherer Ordnung eine positive Einstellung zur Demokratie ausgebildet.

In einem Experiment von Staats und Staats (1958) zum Erwerb von Einstellungen gegenüber Nationalitäten hat man gleichzeitig positive und negative Adjektive vorgegeben, z.B. „Holländer“ mit

„schön, gesund, glücklich“ und „Schweden“ mit „schmutzig, hässlich, sauer“. Das Ergebnis war: Eine positive Einstellung gegenüber Holländern und eine negative Einstellung gegenüber Schweden.

Da solche Verbindungen im Alltag weit verbreitet sind, führen sie bereits bei kleinen Kindern zu entsprechenden Einstellungen.

Die Theorie der klassischen Konditionierung führt die Änderung der Bewertung auf eine assoziative Verknüpfung in Hinblick auf die Nationalitäten zurück, die auf die von Adjektiven ausgelösten positive Bewertung zurückzuführen ist.

Kritik: Die Vpn haben die systematische Verknüpfung durchschaut und haben die entsprechenden Antworten gegeben, die der Versuchsleiter ihrer Meinung nach hören wollte. „ Demand charakteristics“ führten nach Ansicht von Kritikern dazu, dass die Vpn den Zusammenhang zwischen Nationalitätsbezeichnungen und positiv / negativ bewerteten Wörtern erkannten.

In einem Versuch von Krosnick gelangte man zu Ergebnissen, die sich nicht auf „demand charakteristics“ zurückführen lassen:

Die Vpn sahen ein Diapositiv, auf dem eine Person in einer alltäglichen Handlung dargestellt wurde. Unmittelbar vor dem Dia blitzte (nicht bewusst wahrnehmbar) ein affekterzeugendes Photo auf (Brautpaar / Werwolf).

Die Vpn waren sich hier nicht darüber bewusst, den UCS ausgesetzt gewesen zu sein. Sie konnten daher auch keinen Zusammenhang zwischen den Reizen bemerkt haben. Die Ergebnisse zeigten, dass die unterschwelligen Photos die Bewertung des Zielobjektes mit der Valenz der UCS beeinflussten.

Folgerung: Unsere Einstellungen können OHNE UNSER WISSEN DURCH DEN KONTEXT, in dem ERFAHRUNGEN MIT EINEM OBJEKT gewonnen werden, beeinflusst werden. Dies hat positive und negative Auswirkungen.

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(1.2) Operante Konditionierung

Hier werden Aussagen über ein Einstellungsobjekt entweder verstärkt oder bestraft. Der Organismus muss also erst eine Reaktion hervorbringen, die dann verstärkt werden kann. Es werden diejenigen Einstellungen beibehalten und verfestigt, auf deren Äußerungen ein angenehmer Reiz folgt. Das Gegenteil ergibt sich mit der Bestrafung unerwünschter Einstellungen. Werden Einstellungen bzw. Äußerungen über einen bestimmten Zeitraum nicht mehr verstärkt, bzw. nicht beachtet, so besteht die Möglichkeit einer Abschwächung oder Löschung.

In einem Versuch von Verplanck (1955) wurden Meinungsäußerungen von Studenten in einer Diskussion positiv verstärkt oder bestraft.

Ergebnis war, dass bei positiver Verstärkung die Meinungsäußerungen zunahmen. Bei Bestrafung verringerten die meisten Vpn ihre Meinungsäußerungen.

Geäußerte Einstellungen können durch differentielle Verstärkung verändert werden:

Hildrum und Brown befragten Studenten mit einer Reihe von Einstellungsfragen zum Thema

„Studienfächerangebot“, die auf einer Skala zu beantworten waren, die verschiedene Grade der Zustimmung und Ablehnung zuließ. Die eine Hälfte der Vpn wurde bei Zustimmung positiver Aussagen positiv verstärkt, bei Ablehnung negativer Aussagen ebenfalls positiv verstärkt. Die andere Hälfte wurde genau umgekehrt verstärkt.

Ergebnis war, dass die in positiver Richtung verstärkte Gruppe eine positive Einstellung zum Thema zum Ausdruck brachte. Die andere Hälfte der Vpn brachte eine negative Einstellung zum Ausdruck. Es wurde später nachgewiesen, dass Gruppen, die unterschiedlich verstärkt worden waren, sich noch eine Woche danach hinsichtlich ihrer Einstellung unterschieden.

Die Frage ist nun: Laufen diese Wirkungen automatisch ab, oder werden sie durch kognitive Prozesse vermittelt?

Cialdini und Insko schlagen die „ZWEIFAKTORENTHEORIE DER VERBALEN VERSTÄRKUNG“ vor. Demnach hat die Zustimmung des Versuchsleiters zwei Funktionen:

- Hinweisfunktion auf die Einstellung des Interviewers € INFORMATION
- Beziehungsschaffung zwischen Interviewer und Interviewten € SYMPATHIE

K URZ UND BÜNDIG :

- Einstellungen können durch klassische und operante Konditionierung beeinflusst werden
- Mechanismen, die für die Beziehung verantwortlich (kognitiv oder automatisch?) sind bleiben unklar

(2) Überredung und die Rolle von Informationen (Theorien der Informationsverarbeitung)

Seit den 60er Jahren dominieren kognitive Ansätze bei der Einstellungsforschung. Kognitive Theorien beschreiben, WIE

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Einstellungen ERWORBEN WERDEN und sich VERÄNDERN. Sie sind eine REAKTION AUF KOMPLEXE

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Einstellungen bestehen demnach aus einer bestimmten vertretenen POSITION und einem oder mehreren ARGUMENTEN, die diese Position stützen sollen.

(2.1) Theorien der systematischen Verarbeitung

Die EINSTELLUNGSÄNDERUNG ist hier von der SYSTEMATISCHEN VERARBEITUNG PERSUASIVER

KOMMUNIKATION abhängig.

(2.1.1) Das Zweifaktorenmodell der Überredung von McGuire

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Bei der Verarbeitung persuasiver Kommunikationen sind nach dem Informationsverarbeitungsmodell von McGuire verschiedene Stufen beteiligt. Hervorgehoben wird die ROLLE DES VERSTEHENS (=Rezeption) einer Botschaft. Die Überredungswirkung einer Botschaft ist also das Ergebnis von fünf Schritten:

- Aufmerksamkeit
- Verstehen
- Beibehalten
- Verhalten

Man kann das Modell McGuires vereinfacht als ZWEIFAKTORENMODELL DER ÜBERREDUNG darstellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kommunikation zu einer Änderung der Einstellung führt, ist dabei gleich dem Produkt aus Rezeption und Akzeptierung. Stehen also Faktoren in positiver Beziehung zu Rezeption und Akzeptierung, so sollte dies auch eine positive Auswirkung auf die Überredung haben.

Welche Auswirkungen aber haben dabei individuelle Unterschiede?

Das 2-Faktoren-Modell sagt zunächst voraus, dass intelligente Menschen schwer zu überreden sind (Grund: Akzeptierung) und weniger intelligente Menschen ebenso (Grund: Rezeption). Demnach wären Menschen von mittlerer Intelligenz am leichtesten zu überreden. Ist es aber wirklich so einfach? - Anscheinend nicht! Denn McGuire führte das PRINZIP DER SITUATIONSBEZOGENEN GEWICHTUNG sicher nicht aus Langeweile ein. Danach variiert die relative Bedeutung der Rezeption und der Akzeptierung je nach Beschaffenheit des Überredungskontextes. Man beachtet hier die Unterschiede in der relativen Bedeutung von Rezeption und Akzeptierung:

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Folgerung:

- Bei komplexen, gut begründeten Botschaften sind intelligente Empfänger leichter zu überzeugen, als weniger intelligente Empfänger. Die REZEPTION ist der entscheidende Faktor.
- Für nicht durch Argumente gestützte Empfehlungen ist die AKZEPTIERUNG der entscheidende Faktor. Die Beziehung zwischen Intelligenz und Einstellungsänderung ist hier negativ.

Kritik:

Im allgemeinen gilt, dass die Rezeption einer Botschaft (wenn sie mit Hilfe der Erinnerung an die Argumente einer Botschaft gemessen wird) nicht in signifikanter Weise mit Einstellungsänderungen korreliert. Die Hauptgründe dafür sind:

- Gemäß des Prinzips der situationsbezogenen Gewichtung steht die Rezeption nur für komplexe Botschaften mit der Einstellungsänderung in Beziehung.
- Individuen bilden während der Darbietung einer Botschaft spontane Eindrücke (on-line). Sie vergessen daher vielleicht Informationen anstatt sie zu speichern.
- Korrelationen zwischen Erinnerung an die Argumente und Einstellung treten am wahrscheinlichsten auf, wenn Individuen während des Empfangs einer Botschaft davon abgehalten werden, eine Einstellung zu erwerben. In einem Versuch wurde nachgewiesen, dass Vpn, die abgelenkt wurden (d.h. deren Möglichkeit on-line Urteile zu bilden reduziert war), gedächtnisgestützte Einstellungsänderungen aufwiesen. M.a.W. Faktoren, die die Fähigkeit einer Person vergrößern Informationen zu durchdenken, reduzieren die Korrelation zwischen Einstellungsänderung und erinnerten Informationen.

(2.1.3) Das Modell der kognitiven Reaktionen von Greenwald

Hier wird die VERMITTELNDE ROLLE VON INDIVIDUELLEN GEDANKEN oder kognitiven Reaktionen hervorgehoben. Es wurde ein Instrument zur Messung kognitiver Reaktionen entwickelt: Die GEDANKENAUFLISTUNGSTECHNIK. Damit konnten Forscher den Prozess, von dem man annimmt, dass er Einstellungsänderungen verursacht, direkter untersuchen. Vpn werden dabei aufgefordert ihre Gedanken oder Ideen aufzulisten, die für das Thema relevant sind. Später werden die Gedanken eingeteilt (negative/positive Bewertung der Position einer Botschaft).

Der Zuhörer wägt während einer Kommunikation die Argumente ab. Botschaften sollten in dem Maß persuasiv sein, wie sie zustimmende Gedanken hervorrufen. Die Effekte der Bewertung sind umso größer, je mehr sich die Empfänger in botschaftsrelevantem Denken engagieren.

Die wichtigsten Variablen der Informationsverarbeitung sind hier (a) die QUALITÄT DER ARGUMENTE und (b) die ABLENKUNG (weitere wären Involviertheit usw.). Bei Experimenten beeinflusste man dann eine Variable von der man annahm, dass sie das Ausmaß der Botschaftsverarbeitung beeinflusst. Die erste wichtige Variable der Überredung war die Ablenkung. Experiment: Die Vpn mussten sich einer einstellungskonträren Botschaft aussetzen und wurden durch irrelevante Tätigkeiten abgelenkt. Bei solchen Versuchen kam man auf widersprüchliche Ergebnisse. Einmal stellte jemand fest, dass mit wachsender Ablenkung die Einstellungsänderung zunahm, dann wieder stellte jemand genau das Umgekehrte fest. Dem Modell der kognitiven Reaktionen war das zu erwarten. Denn durch die Ablenkung ist die Fähigkeit des Empfängers vermindert, kognitive Reaktionen auf eine Botschaft zu erzeugen. Die Auswirkung der Ablenkung ist deshalb ABHÄNGIG VON DEN DURCH DIE BOTSCHAFT HERVORGERUFENEN POSITIVEN ODER NEGATIVEN GEDANKEN. Sind diese dominierenden Gedanken eher ablehnend, so verstärkt auch die Ablenkung die Überredung. Sind die dominierenden Gedanken positiv, so wird die Überredungswirkung durch die Ablenkung beeinträchtigt. Ein Versuch von Petty sah wie folgt aus:

Vpn mussten Reize registrieren, während sie einer Botschaft zuhörten. Die Botschaft enthielt entweder starke (Auslösung zustimmender Gedanken) oder schwache Argumente (Auslösung ablehnender Gedanken).

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Einstellungen Teil II - Grundsätze des Einstellungserwerbs und Strategien zur Einstellungsänderung
Autor
Jahr
2001
Seiten
8
Katalognummer
V101153
ISBN (eBook)
9783638995740
Dateigröße
365 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einstellungen, Teil, Grundsätze, Einstellungserwerbs, Strategien, Einstellungsänderung
Arbeit zitieren
Christoph Obermeier (Autor:in), 2001, Einstellungen Teil II - Grundsätze des Einstellungserwerbs und Strategien zur Einstellungsänderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101153

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