Sexualpädagogische Bildung in Schule und Jugendarbeit. Herausforderungen und Professionalisierungsbedarf


Bachelorarbeit, 2020

95 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmung „Sexualität“

3 Geschichtlicher Verlauf

4 Begriffsbestimmung „Pubertät“ und „Adoleszenz“

5 Sexualverhalten Jugendlicher

6 Kontrazeptionsverhalten Jugendlicher

7 Vertrauenspersonen bei sexuellen Fragen

8 Sozialisationsinstanz Schule
8.1 Sexuelle Bildung im schulischen Kontext
8.2 Kenntnisstand der Jugendlichen bei sexuellen Themen

9 Herausforderungen der sexuellen Bildung in Schule und Jugendarbeit
9.1 Geschlechtsspezifische Unterschiede
9.2 Scham in der sexuellen Bildung
9.3 Heikle Themen
9.3.1 Sexuelle Vielfalt und Heteronormativität
9.3.2 Sexuelle Identität
9.3.3 Sexuelle Bildung und Medien
9.3.3.1 Pornografie
9.4 Defizite pädagogischer Fachkräfte

10 Professionalisierungsmaßnahmen der sexuellen Bildung
10.1 Fokus: Offene Jugendarbeit als notwendige Instanz der (schulischen) sexuellen Bildung
10.2 Notwendige Kompetenzen der (sexual-)pädagogischen Fachkräfte
10.3 Fort- und Weiterbildungsangebote für (sexualpädagogische) Fachkräfte
10.4 Überlegungen zur Methodik und Didaktik eines theoretischen Unterrichtsentwurfs zum Thema sexuelle Bildung

11 Fazit

12 Literaturverzeichnis

13 Anhang

Zusammenfassung

Die vorliegende Bachelorarbeit gibt einen Überblick über das Thema Jugendsexualität und die daraus hervorgehenden möglichen Herausforderungen sowie erforderliche Professionalisierungsmaßnahmen der sexualpädagogischen Bildung in der Schule und Jugendarbeit. Es bedarf einer gewissen soziohistorischen und soziokulturellen Perspektive, um die Schwierigkeiten einer emanzipatorisch etablierten und Sexualität bejahenden sexualpädagogischen Bildung zu realisieren. Um die Forschungsfrage zu beantworten, welche Herausforderungen zu erkennen sind und welche erforderlichen Professionalisierungsmaßnahmen sich ergeben, wird diese Arbeit mit Hilfe einer systematischen Literaturanalyse erörtert. Diese umfasst diverse Literaturquellen aus den letzten 60 Jahren sowie eine repräsentative Wiederholungsbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2015, die sich mit Trendentwicklungen Jugendlicher auseinandersetzt und die Entwicklung im Übergang vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen verfolgt. Die Ergebnisse aus der Befragung übereinstimmend mit den diversen Standpunkten und Debatten der Autoren und Autorinnen aus der ausgewählten Literatur verdeutlichen die Problematiken, mit der die (sexual-)pädagogischen Fachkräfte konfrontiert werden. Im Anschluss werden einige notwendige Maßnahmen der Professionalisierung demonstriert. Diese stellen eine Anregung zur einer erneuerten und überarbeiteten Etablierung sexueller Bildung in der Schule und Jugendarbeit dar.

Abstract

The present bachelor thesis concentrates on adolescent sexuality and the consequential challenges for sexual education in schools and youth work as well as the measures of professionalism that concern many different facilities of social work and social work professionals. This specific topic involves a certain socio- historical and socio-cultural viewpoint that illustrates the difficulties in establishing an emancipatory and affirmative attitude towards sexual education. The bachelor thesis on hand uses the method of systematic literature analysis to answer the questions of what these challenges are and how to realize the measures of professionalism needed. The insight into this topic mostly confirms the assumptions that sexual education ist still to this day a subject that many social work, teaching or counseling professionals avoid in view of the fact that it is often followed by diverse difficulties such as the taboos on teenage sexuality, the predicament of sexual identity development or the increasingly excessive use of social media. The following proposals of improvement advertise the required redevelopment of the curriculum addressing sexual education.

1 Einleitung

In den letzten Jahrzehnten hat sich die sexuelle Bildung zunehmend verändert (Henningsen & Sielert, 2016:16). Sie etablierte sich seither als ein eigenständiges Tätigkeitsfeld, welches sich durch höchst wechselhafte gesellschaftliche Debatten zu sexuellen Themen kontinuierlich wandelte (Martin, 2018:7).

Insbesondere das Thema der Jugendsexualität greift ein soziales Phänomen auf, dass sich historisch sowie gesellschaftlich erst ausbilden musste. In den letzen Jahren wird sich vermehrt auf die Rechte der Kinder und Jugendlichen fokussiert, denn diese haben einen Anspruch auf eine selbstbestimmte und ungestörte Entwicklung sowie das Recht auf eine angemessene sexuelle Bildung. (Sielert, 2014:40)

Das Verständnis von sexualpädagogischer Bildung ist immer hochgradig ambivalent. Eine einfache Antwort ist diesbezüglich nicht möglich, ebenso auch kein richtig oder falsch. (Müller, 1992:76) Das sehr spezielle Bildungsangebot wird immer häufiger auch fächerübergreifend als notwendig angesehen (Henningsen & Sielert, 2016:16). Der heutige Anspruch an die sexuelle Bildung sollte nicht zuletzt auch immer soziale, psychische, ethische, religiöse, juristische und weltanschau­liche Zusammenhänge implizieren (Martin, 2018:7).

Das Ziel der sexualpädagogischen Bildung ist zweifelsohne emanzipatorisch. Angestrebt wird ein Zusammenleben in der Gesellschaft, frei von Zwängen und Unterdrückungen. Doch im Endergebnis wird sexuelle Bildung auch heute noch lückenhaft und mit relativ wenig Erfolgen praktiziert. (Kentler, 1985:2)

Die vorliegende Bachelorarbeit setzt sich mit dieser Problematik auseinander und fokussiert sich dabei auf die heutigen Herausforderungen der sexual­pädagogischen Bildung in den Bereichen der Schule und Jugendarbeit. Zunächst ist es erforderlich den Begriff der Sexualität näher zu erläutern. Ebenfalls aufschlussreich ist die Auseinandersetzung mit dem geschichtlichen Verlauf sexueller Bildung und der gesellschaftlichen Stellung zum Thema Jugendsexualität. Dazu werden zunächst körperliche, seelische und geistige Entwicklungen während der Pubertät und Adoleszenz dargestellt.

Der Exkurs zum Stand der Forschung soll einen Einblick in die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse zum Thema der Jugendsexualität darlegen.

In den darauffolgenden Kapiteln werden Herausforderungen der sexuellen Bildung sowie der Jugendlichen und pädagogischen Fachkräfte erörtert. Der Fokus wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf heikle Themen wie bspw. die sexuelle Vielfalt, sexuelle Identität und die veränderten Medienpräferenzen der Jugendlichen ausgerichtet.

Im letzten Teil der Bachelorarbeit werden die erforderlichen Professiona­lisierungsmaßnahmen dargestellt und analysiert. Dazu wird der Schwerpunkt zunächst auf die offene Jugendarbeit als notwendige Instanz der (schulischen) sexuellen Bildung gelegt. Außerdem beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit den erforderlichen Kompetenzen (sexual-)pädagogischer Fachkräfte und welche Veränderungen im institutionellen Kontext von Hoch- und Fachschulen stattfinden müssten, um diese Fachkräfte angemessen ausbilden zu können. Darüber hinaus werden Überlegungen zur Methodik und Didaktik eines theoretischen Unterrichtsentwurfs entwickelt. Diese theoretischen Erkenntnisse sollen dazu dienen, Überlegungen anzustellen, wie Schule und Jugendarbeit pädagogisch auf die resultierenden Anforderungen reagieren müssen.

Die Begriffe „sexuelle Bildung“, „sexualpädagogische Bildung“ und „Sexual­aufklärung“ werden in der vorliegenden Bachelorarbeit synonym verwendet.

2 Begriffsbestimmung „Sexualität“

Wie anhand der Maslowschen Bedürfnispyramide gezeigt wird, gilt Sexualität als Ganzes, zusammen mit Schlaf und Nahrung, zu einem der menschlichen Grundbedürfnisse (siehe Anhang A: Abb.1 „Bedürfnispyramide“). Nach Abraham Maslow (1908-1970) wird Sexualität auf der untersten Ebene eingeordnet, kann aber auch in höhere Ebenen, zum Beispiel der höchsten Ebene der „Selbstverwirklichung“, integriert werden. Anschaulich wird auch, dass Teilaspekte der Sexualität, unter anderem das Phänomen der Liebe, individuell von jedem Menschen verschieden definiert wird und infolgedessen auf jeder Ebene Bedeutung finden kann. (Becker, 2011:18)

Sexualität ist ein zentraler Bestandteil des menschlichen Lebens (Milhoffer, 1995:12). Sie betrifft nicht nur das soziale Geschlecht, die Altersgruppe oder die sexuelle Orientierung, sondern umfasst viele Aspekte des menschlichen Verhaltens, der Identitätsformung sowie Haltungen und Wertevorstellungen. Sexualität wird durch die verschiedensten Gedanken und Fantasien von Beziehungen, Intimität und Erotik, sowie durch Glauben und Wünsche erfahren und ausgedrückt. (WHO-Regionalbürofür Europa und BZgA, 2011:18)

Dabei beschränkt sich der Begriff seit dem 20. Jahrhundert nicht mehr nur auf den menschlichen „Trieb“. Stattdessen grenzt sich die moderne Begriffserklärung von der primären und ausschließlichen Zeugungs- und Fortpflanzungsfunktion ab und erweiterte die Vorstellung auf 5 Aspekte bzw. Funktionen der Sexualität. Diese umfassen die Aspekte der Fortpflanzung, Beziehung, Identität, Lust und Kommunikation. (BZgA, 1995:10) Spätestens seit der Erfindung von Verhütungsmitteln trennen sich vor allem die Aspekte Fortpflanzung und Lust vollkommen voneinander ab (Kunstmann, 1972:45). In der modernen Bedeutung der Sexualität liegt der Schwerpunkt stark auf dem individuellen Lustempfinden und Lusterleben und gilt als das wesentliche und einzige Merkmal, um Sexualität wahrhaftig und absolut zu erfahren (ebd.:41). Der Lustaspekt der Sexualität hebt das Eigenrecht des Individuums hervor, Glück, Genuss und Angenehmes erleben zu dürfen (BZgA, 1995:113).

Angegliedert an den Aspekt der Lust muss die Bedeutsamkeit der Erotik betrachtet werden. Hierbei kennzeichnet sich der Begriff durch die Offenheit, in dem sich ein Mensch ganzheitlich der Lust hingeben kann, dessen Hingabe sich nicht nur auf das Körperliche beschränkt und auch seelische, geistige und emotionale Hingabe fordert. (Kunstmann, 1972:32) Das Bedürfnis nach Erotik wird ebenfalls als Grundbedürfnis aller Menschen angesehen (ebd.:33). Erotische Beziehungen befriedigen das Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit, das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, nach Selbstwahrnehmung zum Beispiel als Mann oder Frau und nach Bejahung seines Körpers sowie seiner selbst als Individuum unserer Gesellschaft (Bellmund, 2011:24).

Gesellschaftlich betrachtet beinhaltet Sexualität immer auch eine Sozialfunktion. Sie ist stets in zwischenmenschliche Wechselbeziehungen eingebunden und wäre ohne gesellschaftliche oder politische Betrachtungsweisen nicht denkbar. Soziale und kommunikative Ziele der Sexualerziehung sind demnach unumgänglich und müssen im Sinne des sexuellen Fortschritts mit einbezogen werden. (BZgA, 1995:113) Dementsprechend umfasst Sexualität auch negative Funktionen. Sie kann im gesellschaftlichen Kontext zu Konsum und Ware werden und wird oft auf sichtbare Leistungen reduziert. Ebenso dient sie als Medium der Manipulation, um Menschen wirtschaftlich so anzupassen, dass Sexualität gewinnbringend und gesellschaftlich funktional ist (= Repressive Entsublimierung). (Becker, 2011:23) Sexualität beeinflusst jedes Individuum im Alltag, von der Art der Bekleidung, dem Umgang mit anderen Menschen in ihrem Umfeld und das Verhalten in der Öffentlichkeit. Sexualität ist im Leben allgegenwärtig. (Baum & Baum, 2010:11) Eine der wichtigsten Fragen, die in diesem Kontext zu stellen ist, lautet: Wie wird Sexualität gelernt? Die elterliche Erziehung und deren Umgang mit Sexualität, Intimität und Nacktheit dient hier zunächst als Vorbildfunktion. Dazu kommen andere sexuelle Beziehungen, genauso wie das soziale Umfeld und gesellschaftliche Normen, Moral- und Wertvorstellungen sowie Geschlechtsrollen. Deutlich wird, dass auch Gesellschaft und Politik in der Sexualerziehung und -aufklärung omnipräsent sind. (Milhoffer, 1995:13) Im folgenden Kapitel wird sowohl auf den geschichtlichen Verlauf eingegangen, als auch auf den Bezug zu gesellschaftlichen und politischen Gesichtspunkten gestellt.

3 Geschichtlicher Verlauf

Durch die weltlichen Gewalthaber und die verschiedenen Kirchenführer unserer Gesellschaft beeinflusst die Menschheit diverse soziale Normen und infolgedessen verschiedene sexuelle Normen, die zu einer in der Gesellschaft vorherrschenden Sexualmoral führen. Genauso wechselhaft wie die Gesellschaft im Ganzen, wandeln sich ebenfalls gesellschaftliche Normen- und Wertevorstellungen im Laufe der Zeit. Die Verfolgung und Hinrichtung von Lesbierinnen bis 1871 und der darauffolgende in Kraft gesetzte § 175 des deutschen Strafgesetzbuches, der Sexualität zwischen männlichen Personen strafbar machte, wäre zu heutiger Zeit kaum vorstellbar. Im Jahre 1969 wurde § 175 StGB infolgedessen abgeschafft. Von der Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts über die goldenen Zwanziger, die Rassenideologie der Nationalsozialisten, von der Adenauer-Ära hin zur deutschen Sexwelle der 1968er Jahre, wandelten sich die Moral- und Wertevorstellungen der Menschheit drastisch. (Becker, 2011:20)

Die „68er Bewegung“ hatte unter anderem die (sehr radikale) Befreiung von sexuellen Zwängen zum Ziel und ging durch Forderungen in öffentlichen Demonstrationen mit einer gesellschaftlichen Revolutionierung einher (Müller, 1992:17). Anstoß dieser sexuellen Revolution machte so auch die Erfindung der Antibabypille, die zum ersten Mal die Verbindung von Sexualität und Fortpflanzung trennte und ganz Deutschland enthemmte (Meves, 2008:12). Gleichzeitig wurde die für die christliche Religion typische normative Bindung von Sex und Ehe aufgehoben (Menne & Rohloff, 2014:10). Unter Einsatz akribisch eingesetzter Mithilfe von staatlichen Organisationen brachte die deutsche Gesellschaft Parteilichkeit und Despotie zu sexuellen Themen hervor. Durch die Verbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere der Geschlechtskrankheit AIDS, wurde der Fokus vollständig auf die Verhütungsindustrie, wie auch der Wissensvermittlung deutscher Bürger gelegt. Dazu kam die vermehrte Nutzung der Medien und die Erfindung des Mikrocomputers (vgl. Heimcomputer) in den 1970er Jahren, der den Zugang zu unkontrolliert massenhaften Informationen, speziell pornografischen Inhalten, ungemein vereinfachte. (Meves, 2008:12)

Da bis in die 1960er Jahre Sexualität durch Kirche und Staat auf die Ehe begrenzt wurde, wurden unter anderem Jugendliche und junge Erwachsene, die ihre Sexualität ausleben wollten, als gesellschaftliche Abnormalität und Abweichung der Norm gesehen (Christoffer & Böttcher, 2019:54). Mithilfe der sexuellen Befreiung, die Sexualität vom Privaten, Schambehafteten und Verschwiegenem befreite, lösten sich auch die Moralvorstellungen der jugendlichen Sexualität (Müller, 1992:63). Darauf folgte am 03.10.1968 der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zu „Empfehlungen für Sexualerziehung in den Schulen“, welche der sexuellen Befreiungsbewegung entgegenwirken sollte. Dies sollte der erste Versuch werden, den sexuellen Boom in geregelte Bahnen zu lenken. (ebd.:64) Die KMK-Empfehlungen wurden als notwendig angesehen und in fast allen Bundesländern konstituiert (Milhoffer, 1995:21). Anschließend musste ein geeignetes didaktisches und methodisches Konzept aufgebaut werden, um den Schulen die Einführung eines neuen Unterrichtsfaches zu ermöglichen. 1969 führte die Bundesrepublik Deutschland den „Sexualkunde-Atlas“ ein. Das Buch war ab 1969 das Programm für gezielten Aufklärungsunterricht, der sich ausschließlich an biologischen Fakten orientierte. Für die immer noch überwiegend konservative deutsche Gesellschaft war der Atlas Sinnbild des Unreinen und Abnormalen und wurde als Angriff auf ihre Werte- und Normenvorstellungen gesehen. Besonders Eltern wehrten sich gegen die Etablierung eines solchen Aufklärungsbuches, da es nach ihrer Meinung gegen das Moralgefühl der deutschen Gesellschaft ging. Ein Spannungsfeld zwischen dem Erziehungsauftrag des Elternhauses und dem Erziehungsauftrag der Schule formte sich. Angesichts der Tatsache, dass die Umsetzung des Buches kaum mit viel Erfolg zusammenhing, gingen viele Eltern gegen eine schulische Sexualaufklärung an. Grund für eine so ernüchternde Umsetzung ließ sich in der rein technisch-biologischen Aufklärung ohne faktische wie auch praktische Erklärung von Einzelheiten benennen. (Chhstoffer& Böttcher, 2019:54)

Der Liberalisierungsprozess der 68er Sexwelle wirkte sich direkt auf die nachfolgende Jugend aus. Aus der Studie von Sigusch und Schmidt 1973 lässt sich eine Vorverlegung des Alters in Hinblick auf sexuelle Aktivitäten erkennen. Die 1970er Jahre waren unter anderem auch die Ära der „Wiederkehr des Körpers“, unter dieser die Bedeutung von Emotionalität und Sinnlichkeit zu verstehen ist. Die deutsche Gesellschaft orientierte sich mit steigender Tendenz an dem Lustaspekt der Sexualität und der Autonomisierung des Sexuellen. (Schmidt, 1993:1) Mit Beginn der 1980er Jahre lässt sich jedoch feststellen, dass die schulische sexualpädagogische Bildung exorbitant vernachlässigt wurde. Trotz der steigenden Bedeutung von Emotionen, Sinnlichkeit und Erotik wurde im schulischen Kontext weiterhin auf alles verzichtet, was über medizinisch­biologische Informationen hinausging. (Müller, 1992:71) In der Konsequenz setzten sich Expertinnen in den 80er Jahren erneut mit der Notwendigkeit einer schulischen sexualpädagogischen Bildung auseinander. Ein gänzlich neuer Faktor stellte das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen in einer reinen Mediengesellschaft dar. (Milhoffer, 1995:60) Der gesellschaftliche Wandel ist im wachsen. Dennoch fehlt es besonders in der Toleranz der jugendlichen Sexualmoral an Umfang und Kontinuität. Die Sexualität erlag im Allgemeinen weitgehend Konformismus angesichts einer Individualisierung und Pluralisierung. Damit scheint Sexualität endgültig zu einem sozialen Phänomen geworden zu sein, welches mitunter eine selbstreferenzielle Autonomie gewann. Die Autonomisierung der menschlichen Sexualität basiert hingegen nicht auf der gedachten sexualemanzipatorischen Bewegung, sondern respektiv auf sozial­strukturelle Entwicklungen der deutschen Gesellschaft. (Menne & Rohloff, 2014:34)

Primär bei der jugendlichen Sexualität im schulischen Kontext setzte sich ein niedriges Niveau durch. Defizite sind in der Organisation von Schulen und der Problematik des Themas Sexualität im gesellschaftlichen Status zu sehen. (Valtl, 1994:6) Im anknüpfenden Kapitel 4 wird zunächst auf die Phasen der Pubertät und Adoleszenz eingegangen. In Kohärenz dazu sollen die ersten Ansätze einer Problematik als auch Herausforderungen der sexuellen Bildung in Schule und Jugendarbeit erörtert werden und eine erste Eröffnung in das Thema notwendiger Professionalisierungsmaßnahmen wird gesetzt.

4 Begriffsbestimmung „Pubertät“ und „Adoleszenz“

Lange Zeit wurde die Kindheitsphase als ein direkter Übergang in die Erwachsenenphase angesehen. Durch die Verbesserung des Gesundheits- und Hygienesystems im 20. Jahrhundert verlängerte sich die Lebensspanne der Menschen. Daraufhin wurde die Übergangsphase der Jugend als obligatorische Ergänzung gerichteter Erziehung konstituiert. (Bellmund, 2011:22) Ziel dieser Phase ist die gesellschaftliche Integration. Derweil ist die prägnanteste Phase der Jugend die Pubertät (durchschnittlich vom 10-13 Lebensjahr) und die darauffolgende Adoleszenz (durchschnittlich vom 14-20 Lebensjahr). Körperliche, emotionale und soziale Umgestaltungen rücken in dieser Zeit in den Vordergrund, was für viele Jugendliche kräftezehrend sein kann. (ebd.:17) Aus biologischer Sichtweise wird das Kind zum Jugendlichen, wenn es die Pubertät erreicht hat. Durchschnittlich erfolgt dies zwischen dem 10. und 13. Lebensjahr, wobei Mädchen durchschnittlich früher in die Pubertät kommen als Jungen. Die Pubertät markiert den Beginn der hormonellen Entwicklung, zu welchem Zeitpunkt der Jugendliche fähig ist sich fortzupflanzen. (ebd.:18) Über die Hirnanhangsdrüse beginnen diverse hormonelle Wirkungsketten und setzen kontinuierlich Hormone frei, welche die Keimdrüsen stimulieren. Viele der in Gang gesetzten Regulie­rungsmechanismen wirken sich exzeptionell auf die Muskulatur, das Skelett, die Körpertemperatur, das Blutbild und das vegetative Nervensystem aus. Bei den Mädchen wirken sich die Hormone währenddessen auch auf die Schleimhäute von Eileiter und Gebärmutter aus, die Brustdrüsen werden aktiviert und die zyklische Veränderung der Scheidenhaut wird induziert. Sexualhormone sind von Anfang an im Körper vorhanden, jedoch in so kleinen Mengen, dass sie vor dem Erreichen der Pubertät keine eindrücklichen Auswirkungen auf den Körper und dasVerhalten haben. (Esser-Mittag, 1994:19)

Erwähnt werden muss, dass Mädchen in Bezug auf den Durchschnittswert der Menarche, bekanntlich als erste Regelblutung, die geschlechtliche Reife schon mit 13,5 Jahren erreichen und damit ein Jahr früher als ihre Mütter. Jungen werden im Durchschnitt etwa ein dreiviertel Jahr später geschlechtsreif und erfahren ihre erste Ejakularche, bekanntlich als erster Samenerguss, somit typischerweise im 14. Lebensjahr. (Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:120) Zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr setzt bei den Jungen durchschnittlich die Pubertät ein. Penis und Hoden beginnen zu wachsen, der erste Bartwuchs, die erste Schambehaarung und der Stimmbruch treten ein. (WHO-Regionalbüro für Europa und BZgA, 2011:29)

Zusammenfassend sind die signifikantesten Veränderungen der allgemeine Wachstumsschub, die Veränderung von Muskelmasse und Körperfett, Veränderungen im Herzkreislaufsystem sowie im Atemsystem, die Ausbildung der primären Geschlechtsorgane und damit die erste Menarche und Ejakularche. Zudem entwicklen sich die sekundären Geschlechtsorgane, die Veränderungen der Genitalien, Brust, Scham- und Körperbehaarung anregen. (Bellmund, 2011:18ff)

Ab dem zehnten Lebensjahr nimmt zusätzlich die sexuelle Neugier zu, die später von dem sexuellen Trieb abgelöst wird. Im männlichen Blut steigt der Testosteron­Spiegel ab dem 12. Lebensjahr exponentiell an, wobei dieses Hormon im engen Zusammenhang mit dem Sexualverhalten steht. Das Testosteron nimmt bis zum 16. Lebensjahr zu, bis es im 23. Lebensjahr seinen Höhepunkt findet und dann flacher wird. Auch die Mädchen haben Testosteron im Blut, jedoch drastisch weniger und trotzdem genug, um ihnen die alterstypische neugierige Unruhe zu verschaffen. (Esser-Mittag, 1994:65) Erotische Fantasien und sexuelle Impulse werden vordringlicher und der Drang zur Selbstbefriedigung steigt. Sekundär wird die Entdeckung und das Ausprobieren, im Kontext von ersten Petting Erfahrungen oder dem ersten Geschlechtsverkehr, immer wichtiger. Diese sexuellen Erfahr­ungen können jedoch bei den Jugendlichen sehr unterschiedlich ausfallen. (Gnielka, 2016:7) Dabei können Jugendliche bei ihrer eigenen körperlichen Veränderung stark verunsichert werden. Fragen wie „Bin ich normal?“ oder „Entwickle ich mich im Gegensatz zu den Anderen zu langsam/zu schnell?“ können entstehen. Jugendlichen wird die große Aufgabe zuteil, sich mit ihren Körpern zu arrangieren und sich daran zu gewöhnen. Des Weiteren entwickeln sie in dieser Zeit ein sexuell geprägtes Selbstbild. Sie reflektieren sich selbst als jemand, der Sexualität erleben möchte und primär Gleichaltrige werden sexuell attraktiv. Während des ersten Verliebtseins wird ebenfalls mit ersten Flirtversuchen experimentiert. (WHO-Regionalbüro für Europa und BZgA, 2011:30)

Zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr stehen die Jugendlichen auf der Schwelle zum Erwachsenenalter. Sie finden sukzessiv und allmählich heraus, welche sexuelle Orientierung sie haben. Sie experimentieren zunehmend mit Beziehungsmustern, binden sich immer weniger an Erwachsene und empfinden mit steigender Tendenz das Gefühl unabhängig sein zu wollen. Zudem sammeln sie tendenziell mehr sexuelle Erfahrungen. (ebd.:30 & vgl. Menne & Rohloff, 2014:68)

Die verschiedenen Entwicklungsaufgaben, die Jugendliche in dieser Zeit bewältigen müssen, weisen besondere Wichtigkeit für das spätere Erwachsenenalter auf. Unter anderem müssen Jugendliche sich von den Eltern emotional unabhängig machen, eine eigene Identität bilden, intellektuelle Kompetenzen im Kontext eines „bürgerlichen Auskommens“ gewinnen, ein eigenes Wertesystem für ihr Verhalten aufbauen und eine gewisse Perspektive für die Zukunft entwickeln. (ebd.:62) Der permanent stattfindende Vergleich unter Gleichaltrigen und die Frage der eigenen Attraktivität sind gesellschaftlich stark geprägt (Gnielka, 2016:36). Vor allem Mädchen müssen in dieser Phase ein positives und lustvolles Verhältnis zu ihrem eigenen Körper entwickeln, welches die Basis eines zukünftig positiven Selbstbildes und Selbstbewusstseins ist. Die heutigen Rollenbilder und Repräsentationen von Frauen in den Medien können in diesem Rahmen unrealistische Vorstellungen und besonders negative Selbstwahr­nehmung hervorrufen. (Hopf, 2008:34)

Der unablässige Wunsch nach Attraktivität betrifft jedoch nicht nur Mädchen. Jungen legen heutzutage ebenso viel Wert auf Attraktivität unter Gleichaltrigen. Sie tendieren zu einem gepflegten Äußeren, indem sie sich exemplarisch die Haare stylen und Deodorant benutzen. Meist kommen Fragen auf, bspw. ob sie groß genug sind oder athletisch genug. Auch hier ist der Vergleich zwischen Gleichaltrigen besonders prägnant. Grundsätzlich lässt sich dennoch eine Tendenz zu weniger selbstkritischem Denken erkennen. Jungen sind durchschnittlich zufrieden mit ihrem Aussehen. In diesem Zusammenhang unterscheiden sie sich stark von der Selbstwahrnehmung und der Zufriedenheit der Mädchen. (Gnielka, 2016:40) Im Besonderen der Sportunterricht wird im schulischen Kontext oft gescheut oder geschwänzt. Das dringende Bedürfnis nach Konformismus birgt eine reale Angst, die sich im Regelfall durch das Verbergen des eigenen Körpers äußert oder auch der Grund für einen bestimmten Kleidungsstil, die Präferenz für ein bestimmtes Musikgenre oder das Schwärmen von Idolen darstellt. (Esser-Mittag, 1994:15)

Die Selbstwahrnehmung eines Individuums wirkt sich signifikant auf die Erwartungen an (erste) sexuelle Erfahrungen aus. Dies bedeutet im Umkehr­schluss außerdem, dass negative Selbstwahrnehmungen eine negative sexuelle Entwicklung entgegenbringen. Die Pubertät ist ein ausgesprochen risikoreicher Prozess des menschlichen Lebens. Während sich die biologische Entwicklung mehr nach vorne verlegt, wird das Erlangen der sozialen Reife nach hinten verschoben. Der Zwischenraum wird als „Reifelücke“ (maturity gap) beschrieben. Gleichermaßen werden Jugendliche in diesem Zeitraum mit schwierigen Entwick­lungsaufgaben konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. (Bellmund, 2011:21)

Mit steigender Tendenz wird Kindern und Jugendlichen eine angemessene, selbstbestimmte und ungestörte sexuelle Entwicklung eingeräumt. An erster Stelle ist dies ein Recht auf „Schutz vor Fremdbestimmung“ und entspricht zum einen einem Schutz vor sexuellen Übergriffen und zum anderen der gesellschaftlichen Verpflichtung, Kinder und Jugendliche angemessen über Sexualität aufzuklären. Selbstbestimmung kann nur durch Informations- und Wissensvermittlung zunehmen, in dessen Rahmen genügend Reflexionsangebote, Beratung und Stärkung zu finden ist. (Sielert, 2014:40) Bestimmte Entwicklungsaufgaben, die in Verbindung mit gesellschaftlichen und sozialen Kompetenzen und Haltungen stehen, können nur durch externe Unterstützung bewältigt werden. Da der Reifungsprozess von Kindern und Jugendlichen nicht isoliert stattfindet, sondern innerhalb der gesellschaftlichen Sozialsysteme, wird die jugendliche Entwicklung und Erfahrung stark geprägt. Das Vorhandensein von Hilfesystemen, die auf die Jugendlichen zugeschnitten sind, erlangen zunehmend an Bedeutung. (WHO- Regionalbüro für Europa und BZgA, 2011:37) Bei Herausforderungen und Konflikten, die Jugendliche im alltäglichen Leben überwinden müssen, kann das Elternhaus, die Gesellschaft und besonders die Sozialisationsinstanzen Schule und Jugendarbeit unterschützend wirken (Schröder, 2016:480). Im folgenden Kapitel wird zunächst das heutige Sexualverhalten von Jugendlichen erläutert, um einen späteren Einstieg in die Thematik der notwendigen sexuellen Bildung zu erleichtern und verständlich zu gestalten.

5 Sexualverhalten Jugendlicher

Kinder- und Jugendsexualität ist bis heute stark tabuisiert (Milhoffer, 1995:161). Gleich einer Vogelstrauß-Pädagogik konstatierte sich in den letzten Jahrzehnten das Phänomen des Wegguckens und Übersehens in Hinsicht auf kindliches und jugendliches Sexualverhalten (Kluge, 1985:86). Die Angst vor sexuellen Gefühlen gegenüber Kindern impliziert die Angst der verfrühten Sexualisierung. Die These, das Kind als „reines“, „unschuldiges“ und in diesem Sinne asexuelles Wesen zu betrachten, ist eine überholte Annahme. Bereits im Säuglingsalter verspürt das Kind primäre Befriedigungserlebnisse, wie zum Beispiel bei der Nahrungs­aufnahme, aus dersich die sexuelle Lust entwickelt. (Esser-Mittag, 1994:61) Repräsentativ zeigt die Wiederholungsstudie „Jugendsexualität“ der Bundes­zentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2015 in den Tabellen Abb. 51 und 52, dass statistisch gesehen zwei Drittel aller Mädchen und die Hälfte aller Jungen mit 14 Jahren, genauso wie fast alle Mädchen und sechs von sieben Jungen mit 17 Jahren Zärtlichkeiten hinsichtlich Schmusen und Küssen mit einem andersgeschlechtlichen Partner durchlebt haben. Bei Jugendlichen mit Migrations­hintergrund liegt der Prozentsatz in jeder Altersgruppe unter dem Wert der Jugendlichen deutscher Herkunft, mit einem Unterschied von bis zu 20%. (Heßling Bode, 2015:98-99) Derweil begründen Mädchen ihre sexuelle Abstinenz immer mehr mit mangelnder Bereitschaft, wohingegen Jungen besonders häufig mit mangelnden Möglichkeiten begründen. Als weitere Begründung nennen Mädchen am häufigsten die Angst vor Ungeschick, die Angst vor Schwangerschaft und das Fehlen des Richtigen. Männliche Jugendliche nennen zudem Schüchternheit und die Angst vor Ungeschicklichkeit. Besonders aussagekräftig ist die Stellungnahme, dass wesentlich mehr Mädchen durch Angst vor Schwangerschaft abstinent bleiben. (Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:130)

Vor dem Eintreten in die Geschlechtsreife haben nur wenige Jugendliche Erfahrungen mit Petting. Mit dem Einstieg in die Pubertät und der Geschlechtsreife steigt die Anzahl der sexuellen Aktivitäten stark an. Mit 14 Jahren haben ein Drittel der Mädchen und ein Viertel der Jungen bereits Brustpetting erlebt. Passives Genitalpetting wurden von einem sechstel der Mädchen und jedem 25sten Jungen getestet. Beim aktiven Genitalpetting haben ein Zehntel der Mädchen und einer von acht Jungen Erfahrungen machen können. Im Alter von 17 Jahren steigen die Prozentzahlen signifikant stark an. 85% der Mädchen geben an, bereits Brustpetting, 73% passives und 62% aktives Genitalpetting erfahren zu haben. Bei den Jungen sind es vergleichbar 76% Brustpetting, 60% passives und 43% aktives Genitalpetting. Ungefähr ein Viertel der Jungen und ein Zehntel der Mädchen kamen beim Petting schon einmal zum Orgasmus. (ebd.:146)

Durch die steigende soziale Kontrolle in der Gesellschaft fordern Mädchen verstärkt Autonomie in Beziehungen und übernehmen immer häufiger die Kontrolle in heterosexuellen Beziehungen (Schmidt, 1993:5). Geschlechts­rollenerwartungen nehmen einen bedeutsamen Stellenwert in der Entwicklung des jugendlichen Sexualverhaltens ein. Die feministische Diskussion nimmt daran immer mehr teil und der allgegenwärtige Disput um sexuelle Gewalt in Form von Sexismus, Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Zwang und Übergriffe treten häufiger in den Vordergrund. Dadurch akzentuiert die heutige Gesellschaft das Bewusstsein über die Vulnerabilität der Frau deutlich stärker. (ebd.:9) Im Zuge dessen lässt sich eine verstärkte Bindung von Sexualität an Liebe, Beziehung und Treue bei den männlichen Jugendlichen verzeichnen. Als wichtigster Anlass für den ersten Geschlechtsverkehr wird heutzutage immer häufiger Liebe genannt. Auch ein stärkeres Moralverhalten bei dem Thema Treue ist zu verzeichnen. Insgesamt sind romantisierende Vorstellungen bei Mädchen höher als bei Jungen, doch gleichen sie sich langsam immer mehr an. (ebd.:4) Folglich erfahren immer mehr Jungen den ersten Geschlechtsverkehr mit einer festen Partnerin. Im Vergleich: 2015 liegt die Prozentzahl bei 60%, 1980 lag sie noch bei 41%. Auch die Vertrautheit im Kontext von sexueller Treue hat einen hohen Stellenwert zugeschrieben bekommen. 80% der Mädchen und 67% der Jungen benennen die sexuelle Treue als .notwendig'. Zu verzeichnen ist, dass männliche Jugendliche häufiger.wünschenswert' anstatt .notwendig' angeben. (Heßling & Bode, 2015:9) In der Tabelle Abb. 55 „Geschlechtsverkehr-Erfahrung“ werden erste Geschlechtsverkehr-Erfahrungen aufgezeigt, die bei den Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren bei durchschnittlich 69% liegen. Bei den unter 16-Jährigen bleibt der Prozentsatz dabei noch unter den 50%, mit 17 Jahren liegt die Quote bei 58% und nach dem Erreichen des 20. Lebensjahres liegt der Wert fortlaufend über 84% und ab dem 23. Lebensjahr liegt der Wert sogar über 90%. (ebd.:107) Die größte Dispersion der koituserfahrenen Jugendlichen lässt sich bei denen finden, die aus der Unterschicht stammen, die evangelisch oder konfessionslos sind, die ein abwertendes Verhalten gegenüber den Eltern haben und keine oder unzureichende sexuelle Bildung erhielten (Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:198).

Das Erleben des ersten Geschlechtsverkehrs (siehe Anhang A: Tabelle Abb. 95) fällt höchst unterschiedlich aus. Bei beiden Geschlechtern lässt sich ein annähernder Wert bei der Antwort .nichts besonderes' erkennen (m1:16% & w2:20%). Weitaus am meisten benannten die Jugendlichen die Frage nach dem Erleben des ersten Geschlechtsverkehrs, der als .etwas schönes' erlebt wurde. Die Prozentzahl variiert jedoch bei Jungen und Mädchen stark. Rund drei viertel (76%) der männlichen Jugendlichen und nur rund die Hälfte (51%) der weiblichen Jugendlichen empfanden das erste Mal als .etwas schönes'. Besonders signifikant ist der Wert der Jugendlichen, die das erste Mal als .etwas Unangenehmes' empfunden haben. Hierbei liegt die Prozentzahl der Mädchen bei 28%, wobei die Zahl bei den Jungen nur bei 7% lag. Mädchen empfinden den ersten Geschlechtsverkehr somit merklich öfter als .etwas Unangenehmes'. Auch die Antwort .schlechtes Gewissen dabei' wurde öfter von Mädchen benannt als von Jungen (m:8% & w:13%). (Heßling & Bode, 2015:132)

Ein weiteres Element des Sexualverhaltens nimmt die Selbstbefriedigung ein. Sie stellt die partnerlose sexuelle Betätigung als Vorstufe zu partnerschaftlicher Sexualbetätigung dar. (Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:126) In den letzten Jahrzehnten kam es zu einer kontinuierlichen Vorverlegung des Masturbations­verhalten, das bei den 13-16 Jährigen beider Geschlechter um etwa 10% gestiegen ist. Besonders signifikant ist hierbei der steigende, fast doppelt so hohe Prozentanteil der masturbationserfahrenen Mädchen seit den 60er Jahren. (Schmidt, 1993:14) Derweil beginnen Jungen durchschnittlich früher mit der Selbstbefriedigung und masturbieren, unabhängig vom Alter, im Schnitt mindestens einmal im Monat (siehe Anhang A: Tabelle Abb. 62). Im Alter von 15 Jahren liegt die Prozentzahl der männlichen Jugendlichen bereits bei 69%. Ab dem 16. Lebensjahr bleiben die Prozente zwischen 80% und 90%. Bei den Mädchen steigen die Prozente erst ab dem 19. Lebensjahr auf 56%. Davor liegen die Werte bei den Mädchen zwischen 20% und 44%. Den höchsten Erfahrungswert bei Masturbation lässt sich mit 22 Jahren feststellen und liegt bei 68%. (Heßling & Bode, 2015:119)

Ebenfalls aufschlussreich gestaltet sich das Betrachten des Verhütungsverhalten Jugendlicher heutzutage. Im Zusammenhang mit dem jugendlichen Sexual­verhalten wird dieses Thema im nächsten Kapitel aufgegriffen.

6 Kontrazeptionsverhalten Jugendlicher

Das Thema Verhütung oder auch Kontrazeption wird von Jugendlichen bis heute noch als eine der meistgenannten Themen benannt, über die sie sich nicht ausreichend informiert fühlen. Für männliche Jugendliche spielt primär die Schule als Informationsquelle eine große Rolle. Die Mädchen haben zudem den Frauenarzt, um sich über Kontrazeptiva aufklären zu lassen. Tatsache ist jedoch auch, dass Beratungsstellen für Jugendliche immer noch eine nur sehr kleine Rolle spielen. Durchschnittlich haben 7% der 14 bis 25 Jährigen schon einmal eine Beratungsstelle aufgesucht. (Heßling & Bode, 2015:7)

Die reine Existenz von Verhütungsmitteln reicht nicht aus. Auch die einmalige Bearbeitung der Vielfalt, Anwendung und Wirkung verschiedener Kontrazeptiva im schulischen Kontext zeigt sich als ungenügend. Als förderlich hat sich jedoch ergeben, die unterschiedlichsten Arten von Verhütungsmitteln im Rahmen der Schule und Jugendarbeit fortlaufend immer wieder vorzustellen und den Jugendlichen so nahezubringen. Derartige Konzepte müssen im optimalsten Fall einen geschützten Raum schaffen und in diesem Zusammenhang für jede Art von Fragen und Diskussionen Zeit einplanen. (Esser-Mittag, 1994:93) Bei der Entscheidung ob und für welche Verhütungsmittel sich die Jugendlichen entscheiden, werden unterschiedliche Aspekte genannt und von unterschiedlicher Bedeutung angesehen. Für die Mehrheit der Jugendlichen ist eine hohe Verhütungssicherheit von größter Bedeutung, ebenso wie eine einfache Benutzung und ein geringer Kostenaufwand. (Gnielka, 2016:54) Die vorliegende Tabelle „Verhütung beim ersten Geschlechtsverkehr“ (Abb.86) gibt Auskunft über das Kontrazeptionsverhalten Jugendlicher bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr. Die Tabelle zeigt, dass der größte Teil männlicher und weiblicher Jugendlicher das Präservativ (73%) am häufigsten angewendet haben. An zweiter Stelle wurde die Pille (47%) angegeben und mit 7% werden sonstige Verhütungsmittel aufgelistet. Damit spielen andere Verhütungsmittel beim ersten Geschlechtsverkehr nur eine untergeordnete Rolle. 8% der Jugendlichen verwendeten beim ersten Mal gar keine Kontrazeptiva. (Heßling & Bode, 2015:156)

In einer weiteren Abbildung (siehe Anhang A: Tabelle Abb. 87) zeigen sich die Unterschiede der Verhütungsweisen männlicher und weiblicher Jugendlicher, sowie Jugendlicher verschiedenster Herkunft. Der Tabelle lässt sich entnehmen, dass die Unterschiede nach Geschlecht gering sind. Mädchen achten jedoch mehr darauf, dass Verhütungsmittel beim ersten Geschlechtsverkehr aber auch den folgenden Malen vorhanden sind und sie benennen Präservative als Kontrazeptiva etwas häufiger als die Jungen. Außerdem ist zu erkennen, je älter die weiblichen Jugendlichen bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr sind, desto mehr Neigung wird zur Anwendung der Pille gezeigt. In dieser Tabelle lässt sich ebenfalls erkennen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund generell weniger auf Kontrazeptiva zurückgreifen. Die Werte liegen niedriger als bei den Jugendlichen deutscher Herkunft. Nur bei sonstigen Mitteln wie bspw. dem Koitus interruptus, worunter das Herausziehen des Penis aus der Scheide vor dem Samenerguss zu verstehen ist, und bei fehlenden Verhütungsmitteln liegt der Prozentsatz mit bis zu 13% über dem der deutschen Jugendlichen. Jugendliche mit Migrationshintergrund verhüten in diesem Kontext weniger häufig und greifen eher auf Alternativen zurück. (Heßling & Bode, 2015:157)

Im Vergleich zu einer Studie des Instituts für hausärztliche Fortbildung (IHF) von 1992 zeigen die Prozentzahlen der Mädchen einen Unterschied der verwendeten Verhütungsmittel. An diesem Punkt verwendeten an erster Stelle und damit rund drei Viertel der Mädchen die Pille als bevorzugtes Mittel. Erst an zweiter Stelle mit 12,5% benannten sie Barrieremethoden wie Präservative. Die Mädchen, die zwischen 15 und 19 Jahren keine Verhütungsmittel benutzten, liegt im Gegensatz zu der Studie aus 2015 nur bei 2,3%. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass weibliche Jugendliche generell mehr Wert auf die Benutzung von Kontra­zeptiva legen. Dieser Zustand hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert. (Esser-Mittag, 1994:106)

Trotz allem sind sexuell übertragbare Krankheiten, ausgenommen von AIDS, bei Jugendlichen und jungen Menschen unter 25 Jahren am häufigsten vorzufinden. Der Wandel des Sexualverhaltens und der vielfältigen Beziehungsformen begünstigte dieses hohe Risiko. (ebd.:102) Die meisten deutschen Jugendlichen wissen zwar über das Risiko von AIDS Bescheid, richten ihr Verhütungsverhalten jedoch generell nicht darauf aus. 2% der Jugendlichen geben an, Präservative nur wegen AIDS zu benutzen und 39% benutzen Präservative auch bezogen auf das AIDS-Risiko. Über 50% denken bei der Wahl ihrer Kontrazeptiva gar nicht an AIDS oder andere sexuell übertragbare Krankheiten. (Schmidt, 1993:168) Im Durchschnitt beschäftigt Jugendliche eher das Thema ungewollte Schwanger­schaft. Hierbei geht eine gebündelte Angst von den weiblichen Jugendlichen aus. Zwei Drittel der Mädchen hatten trotz Verhütung Angst vor einer Schwangerschaft. Bei den Jungen liegt der Wert bei einem Drittel. (ebd.:147) Prädisponierende Faktoren für eine Teenagerschwangerschaft sind falsche Anwendung von Kontrazeptiva, mangelnde Aufklärung oder auch der spontane Geschlechts­verkehr. Zusätzlich werden besonders soziale Gründe benannt. (Riedel, 2011:17) Eine Studie des Münchner Instituts für Jugendforschung befragte zu diesem Thema 536 Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren. Rund 20% der Jugendlichen gaben an, dass ein geeignetes Verhütungsmittel der Tampon sei. 8% der weiblichen Jugendlichen, die die Pille nahmen, wussten nicht über die akkurate Einnahme Bescheid. 3% der Mädchen nahmen die Pille einmal pro Monat ein, 2% nahmen sie kurz vor dem Geschlechtsverkehr und 1% nahm die Pille nach jeder Mahlzeit. (ebd.:21-22)

Ein höheres Schwangerschaftsrisiko liegt generell bei den Mädchen vor, die aus ländlichen Regionen stammen, eine geringe Schulbildung vorzeigen, ein distanziertes Verhalten mit ihren Eltern haben und keinerlei andere Vertrauenspersonen für sexuelle Fragen aufweisen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko bei den Mädchen, die keine ausführliche Sexualaufklärung erhalten haben und infolgedessen ihr Sexualwissen als mangelhaft einstufen oder auch solche Mädchen, die nur von Freunden, Geschwistern und/oder Medien aufgeklärt wurden. Im Umkehrschluss zeigt sich ein hohes Kontrazeptions­verhalten und ein niedrigeres Schwangerschaftsrisiko bei den Mädchen, die in Großstädten leben, ein offenes Verhältnis zu ihren Eltern aufzeigen und ein Gymnasium besuchen. (Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:245) Des Weiteren sind Faktoren wie das Vorhandensein einer Vertrauensperson, eine kontinuierliche Sexualaufklärung durch Eltern, Schule und Jugendarbeit und das Vorhandensein eines festen Partners entscheidend. Im Vergleich bestehen nur sehr geringe Unterschiede im Zusammenhang mit der sozialen Herkunft, der Konfessions­zugehörigkeit und deräußeren Familiensituation. (ebd.:246)

Bei dem Vergessen oder Versagen der Kontrazeptiva besitzen die wenigsten Jugendlichen gute Kenntnisse über Notfallmaßnahmen. Generell besitzen weibliche Jugendliche mehr Wissen darüber als die männlichen Jugendlichen. (Riedel, 2011:23)

Die Kenntnis der weiblichen Jugendlichen in den letzten Jahrzehnten über die „Pille danach“ wird mit steigendem Wert deutlich elaboriert (siehe Anhang A: Tabelle Abb. 40). Laut der Tabelle wissen rund 95% der Mädchen über die „Pille danach“ Bescheid. In diesem Kontext besteht ein höherer Kenntnisstand bei den Jugendlichen, die bereits über sexuelle Erfahrungen verfügen. Im Gegensatz zu den Mädchen, die noch keinerlei sexuelle Erfahrungen gemacht haben (86%) besteht bei den Mädchen mit sexuellen Erfahrungen (98%) fast vollständig eine gute Kenntnis. (Heßling & Bode, 2015:81) Bei knapp 44% der Jugendlichen ist der Grund für die Einnahme der „Pille danach“ das abgerutschte oder gerissene Kondom. Jede Dritte vergass die Pille regelmäßig einzunehmen und etwa die Hälfte befürchteten die möglichen Nebenwirkungen der Pille, wie zum Beispiel, Durchfall oder Erbrechen. (ebd.:12)

Allgemein ist zu benennen, dass eine gute sexuelle Bildung in Schule und Jugendarbeit zu häufigerer Kontrazeption der Jugendlichen führt (Milhoffer, 1995:24). Eine höhere Aufnahme an Informationen in der sexuellen Bildung besteht allgemein dort, wo die Jugendlichen eine gewisse Reife erreicht haben und sich für Informationen zu diesem Thema auch informieren lassen möchten. Wenn dies nicht zutrifft, geschieht es oft, dass Jugendliche die gelernten Informationen verdrängen. Sie empfinden sie übermäßig als .unbequeme' Fakten. (Esser-Mittag, 1994:96-97)

7 Vertrauenspersonen bei sexuellen Fragen

Bei sexuellen Fragen stehen den Jugendlichen theoretisch verschiedene Anlaufstellen zur Verfügung, denen im Kontext unterschiedlicher Aspekte diverse Bedeutungen zugeschrieben werden. Insbesondere für männliche Jugendliche gewinnt die Sozialisationsinstanz Schule in den letzten Jahren immer mehr an Gewicht. Digitale Medien, vorrangig das Internet, erlangen ebenfalls zunehmend Relevanz für Jungen und Mädchen. Dabei geraten die vorherig beliebten und zahlreich gelesenen Jugendzeitschriften, bspw. die Bravo, immer mehr in Rivalität mit den digitalen Medien. Primärfür die Jungen hat das Internet die Printmedien in der Bedeutung schon überholt. (Heßling & Bode, 2015:13) Stetig fallend befindet sich die Stellung der Eltern in der sexuelle Bildung und wird zunehmend von der schulischen Arbeit substituiert. Auch hier finden männliche Jugendliche signifikant weniger viel Unterstützung im Elternhaus. Einen ebenso großen Einfluss hat die Peer Group im Thema sexuelle Fragen. Im Langzeittrend lässt sich erkennen, dass 70% der deutschen Mädchen und 60% der deutschen Jungen von ihren Eltern über Verhütung beraten wurden. Damit ließ sich 2005 der Höchstwert der elterlichen Beratung verzeichnen. Zugleich markierte dies jedoch ebenfalls einen Wendepunkt. Die sinkende Entwicklungstendenz wurde 2014 sichtbar. Nur noch 63% der deutschen Mädchen und 51% der deutschen Jungen lassen sich von ihren Eltern beraten. Dies kennzeichnet damit einen 10 prozentigen Rückgang vom Höchstwert. (ebd.:5)

Trotz allem lässt sich verzeichnen, dass Eltern und vor allem Mütter in den letzten Jahrzehnten immer noch eine große Bedeutung als Vertrauenspersonen bei sexuellen Fragen einnehmen und Lehrerinnen noch heute eine untergeordnete Rolle von männlichen und weiblichen Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren spielen (Hopf, 2008:11). In der vorliegenden Tabelle (siehe Anhang A: Abb. 2) werden die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen bei der bevorzugten Person der sexuellen Bildung aufgezeigt. Zu erkennen ist, dass für weibliche Jugendliche deutscher Herkunft auch 2014 die Mutter als erster Platz im Kontext Sexualaufklärung (64%) überzeugen. Bei den Mädchen mit Migrationshintergrund steht diese nur an zweiter Stelle (46%). Den ersten Platz nehmen die beste Freundin oder der beste Freund ein (53%). Dafür steht der beste Freund oder die beste Freundin bei den deutschen Mädchen nur an zweiter Stelle (51%) und damit wechseln sie sich bei den Jugendlichen nach Herkunft ab. Den dritten Platz nehmen, bei beiden Gruppen, mit 35% die Lehrer und Lehrerinnen ein. Bei den männlichen Jugendlichen werden andererseits große Unterschiede deutlich. Lehrer und Lehrerinnen nehmen hierbei bei den Jungen deutscher Herkunft den ersten Platz ein (45%). Für die Jungen mit Migrationshintergrund steht wie bei den Mädchen auch hier der beste Freund oder die beste Freundin an erster Stelle (42%). Im Gegensatz zu den Mädchen überzeugt die Mutter als Vertrauensperson für die Jungen nicht. Erst nach dem Lehrer oder der Lehrerin und dem besten Freund bzw. der besten Freundin wenden sich Jungen generell an die Mutter (38%), gefolgt vom Vater (36%). Einen großen Unterschied lässt sich in der Bedeutung des Vaters als Vertrauensperson erkennen. Die männlichen Jugendlichen verlassen sich deutlich mehr auf ihren Vater als die Mädchen (11%).

Auf der anderen Seite bietet die Instanz Arzt/Ärztin eine größere Anlaufstelle für Mädchen als für Jungen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um den Frauenarzt. (Heßling & Bode, 2015:15) Aus einer weiteren Tabelle (siehe Anhang A: Tabelle Abb. 5) der gleichen Studie über präferierte Personen der Wissensübermittlung bei sexuellen Fragen wurde die Instanz der Beratungsstelle mit aufgenommen. Sie stellt bei den weiblichen und männlichen Jugendliche eine eher nachrangige Position dar. Bei den Mädchen weist sie jedoch eine etwas größere Bedeutung auf als bei den Jungen. Die Unterschiede nach Herkunft sind hierbei nicht signifikant. (ebd.:19)

Im Vergleich wird ein großer Unterschied in der Studie der BZgA aus dem Jahre 2006 deutlich. In diesem Jahr waren Lehrer hierbei als Vertrauenspersonen recht selten konsultiert worden. Mit rund 4% bei weiblichen wie auch männlichen Jugendlichen zeigt sich ein signifikant höherer Prozentsatz von 35%/45% (w/m) und macht den zeitlichen Wandel der Bedeutung von Lehrer*innen und Schule als Sozialisationsinstanz deutlich sichtbar. (Hopf, 2008:42)

Allgemein ist zu benennen, dass ein Fünftel der Mädchen und ein Drittel der Jungen niemanden haben, zu dem sie gehen können, um offen über sexuelle Fragen zu sprechen. In den meisten Fällen ziehen Jugendliche gerne Gleichaltrige zu Rate. ( Schmid-Tannwald & Urdze, 1983:89)

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die meisten Jugendlichen generell für aufgeklärt halten und im Gegensatz zu ihren Eltern erhalten fast alle Jugendliche heutzutage eine persönliche Aufklärung. In den letzten Jahrzehnten nahm vor allem die schulische Aufklärung an Bedeutung zu. Außerdem nennen fast die Hälfte aller Jugendlicher Gleichaltrige als eine der wichtigsten Aufklärungspersonen. Genauso wichtig scheint gegenwärtig unpersönliche Aufklärung durch digitale Medien, die darüber hinaus zu einer der wichtigsten Informationsquellen für sexuelle Fragen wurde. (ebd.:62)

[...]


1 m: männlich

2 w: weiblich

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Sexualpädagogische Bildung in Schule und Jugendarbeit. Herausforderungen und Professionalisierungsbedarf
Hochschule
MSB Medical School Berlin - Hochschule für Gesundheit und Medizin
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
95
Katalognummer
V1011889
ISBN (eBook)
9783346432124
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sexualpädagogische, bildung, schule, jugendarbeit, herausforderungen, professionalisierungsbedarf
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts (Soziale Arbeit) Nadja Uffelmann (Autor:in), 2020, Sexualpädagogische Bildung in Schule und Jugendarbeit. Herausforderungen und Professionalisierungsbedarf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1011889

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