Die vorliegende Hausarbeit will eine Antwort auf die Frage geben, ob und in welcher Form die zeitgenössische Geschlechtersemantik in Lessings "Emilia Galotti" zum Ausdruck kommt. Richtungsweisend soll dabei die Arbeit des Soziologen und Kulturwissenschaftlers Christoph Kucklick beziehungsweise sein im Jahr 2008 erschienenes Buch "Das unmoralische Geschlecht" sein.
Im Kapitel 2 soll auf Kucklicks Untersuchung eingegangen werden. Der von den Genderforschern vertretenen Auffassung, die Aufklärer hätten im weiblichen Geschlecht das wesentlich schwächere Glied in einer vom Mann dominierten Gesellschaft gesehen, soll Kucklicks These entgegengestellt werden. Kucklick begründet nämlich in seinem Buch, dass ein Diskurs über eine schlechte Männlichkeit bereits ab 1750 existierte und dass dieser mit strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen zusammenhing. Kapitel 2.1 befasst sich mit dem Übergang von einer stratifizierten zu einer funktional differenzierten Gesellschaft, denn dieser war der Ausdruck der sozialen und kulturellen Moderne. Hier soll Kucklicks methodischer Ansatz zu Wort kommen, denn er richtet in seiner Untersuchung den Fokus auf die Gesellschaftstheorie beziehungsweise auf die Semantik im Gegensatz zum machtanalytischen Ansatz der Genderforscher. In Anlehnung an Nicklas Luhmanns Systemtheorie, der eine Interdependenz zwischen Gesellschaftsstruktur und Semantik sieht, soll die Entstehung der Funktionssysteme erläutert werden. Ausgehend von einer Heterarchie der modernen Geschlechtsverhältnisse soll im Kapitel 2.2 auf die strukturelle Verknüpfung zwischen Geschlecht und moderner Gesellschaft sowie auf die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Interaktion eingegangen werden. Kucklicks These „Geschlecht wird zu Beginn der Moderne in die Differenz von Interaktion und Gesellschaft eingebaut […]“ soll als Ausgangspunkt dienen, um die Bedeutung von Interaktion als zwischenmenschlicher Kommunikation innerhalb des privaten familiären Raums und Gesellschaft als jegliche Kommunikation außerhalb des Hauses zu erläutern. Die Reaktion der Geschlechtersemantik um 1800 auf die strukturelle Veränderung der Gesellschaft führte zur Idealisierung von Weiblichkeit, die im Kapitel 2.3 Raum finden soll. In diesem Kapitel wird erläutert, dass Männlichkeit für die Zeitgenossen das Problematische verkörperte und dass ihnen die Moderne das positive Bild der Frau entgegensetzte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kucklick über die negative Andrologie
2.1 Von der stratifizierten zur funktional-differenzierten Gesellschaft .
2.2 Interaktion und Gesellschaft.
2.3 Die Idealisierung des weiblichen Geschlechts.
3. Empfindsamkeit
3.1 Die Aufwertung der Gefühle in der Epoche der Empfindsamkeit
3.2 Die Wirkung der Moralischen Wochenschriften an einer neuen Semantik von Weiblichkeit.
4. Emilia Galotti
4.1 Lessings Wirkungsabsicht im Theater
4.2 Prinz Hettore Gonzaga und Kammerherr Graf Marinelli
4.3 Odoardo
4.4 Emilia
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit will eine Antwort auf die Frage geben, ob und in welcher Form die zeitgenössische Geschlechtersemantik in Lessings Emilia Galotti1 zum Ausdruck kommt. Richtungsweisend soll dabei die Arbeit des Soziologen und Kulturwissenschaftlers Christoph Kucklick beziehungsweise sein im Jahr 2008 erschienenes Buch Das unmoralische Geschlecht2 sein. Im Kapitel 2 soll auf Kucklicks Untersuchung eingegangen werden. Der von den Genderforschern vertretenen Auffassung, die Aufklärer hätten im weiblichen Geschlecht das wesentlich schwächere Glied in einer vom Mann dominierten Gesellschaft gesehen, soll Kucklicks These entgegengestellt werden. Kucklick begründet nämlich in seinem Buch, dass ein Diskurs über eine schlechte Männlichkeit bereits ab 1750 existierte und dass dieser mit strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen zusammenhing. Kapitel 2.1 befasst sich mit dem Übergang von einer stratifizierten zu einer funktional differenzierten Gesellschaft, denn dieser war der Ausdruck der sozialen und kulturellen Moderne. Hier soll Kucklicks methodischer Ansatz zu Wort kommen, denn er richtet in seiner Untersuchung den Fokus auf die Gesellschaftstheorie beziehungsweise auf die Semantik im Gegensatz zum machtanalytischen Ansatz der Genderforscher. In Anlehnung an Nicklas Luhmanns Systemtheorie, der eine Interdependenz zwischen Gesellschaftsstruktur und Semantik sieht, soll die Entstehung der Funktionssysteme erläutert werden. Ausgehend von einer Heterarchie der modernen Geschlechtsverhältnisse3 soll im Kapitel 2.2 auf die strukturelle Verknüpfung zwischen Geschlecht und moderner Gesellschaft sowie auf die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Interaktion eingegangen werden. Kucklicks These „Geschlecht wird zu Beginn der Moderne in die Differenz von Interaktion und Gesellschaft eingebaut […]“4 soll als Ausgangspunkt dienen, um die Bedeutung von Interaktion als zwischenmenschlicher Kommunikation innerhalb des privaten familiären Raums und Gesellschaft als jegliche Kommunikation außerhalb des Hauses zu erläutern. Die Reaktion der Geschlechtersemantik um 1800 auf die strukturelle Veränderung der Gesellschaft führte zur Idealisierung von Weiblichkeit, die im Kapitel 2.3 Raum finden soll. In diesem Kapitel wird erläutert, dass Männlichkeit für die Zeitgenossen das Problematische verkörperte und dass ihnen die Moderne das positive Bild der Frau entgegensetzte. Damit ging die Entstehung der bürgerlichen Kleinfamilie ein, die das Konzept des „ganzen Hauses“ ablöste. Die Frau und mit ihr die neue bürgerliche Kleinfamilie wurde mit den positiven Eigenschaften der Liebe, der wahren Sozialität und der Gefühle konnotiert. Da diese neue Gefühlsgemeinschaft entscheidend von der Mentalität der Empfindsamkeit geprägt wurde, soll im Kapitel 3 die Epoche der Empfindsamkeit als Epoche der Aufwertung der Gefühle Raum finden. Anhand der neuen Gattung der Moralischen Wochenschriften zeigt sich sehr gut, wie die geistig-sozialen Defizite der Frau nicht mehr mit mangelnder Bildung begründet, sondern weitgehend über die Emotionalität definiert wurden.
Der vierte Teil der Arbeit befasst sich mit dem bürgerlichen Trauerspiel Emilia Galotti. Im Kapitel 4.1 wird Lessings Wirkungsabsicht im Theater kurz erläutert. Weiter soll im Kapitel 4.2 jeweils an der Figur des Prinzen Hettore Gonzaga und des Kammerherrn Grafen Marinelli, das, was im ersten Teil dieser Arbeit unter negativer Andrologie erläutert wurde, überprüft werden. Hier soll der Text selbst zu Wort kommen. Darin lässt Lessing die zeitgenössischen Bilder und Vorstellungen einfließen, die dem Zeitgeist entsprechen. Erst dann lassen sich die Charakterzüge dieser zwei Figuren abbilden. Damit geht zugleich Lessings Kritik an der modernen Gesellschaft einher, die hier die adlige Sphäre mit ihren Lastern und ihrer Wertlosigkeit verkörpert.
Durch die Darstellung der Familie Galotti stellt Lessing der höfischen Welt die bürgerliche Sphäre entgegen.5 Im Kapitel 4.3 und 4.4 soll jeweils auf die Figur des Vaters Odoardo und auf die der Tochter Emilia als zentrale Figuren dieses bürgerlichen Trauerspiels eingegangen werden.
Obgleich Odoardo nicht der höfischen Welt zuzuordnen ist, fließen in diese Figur semantische Elemente mit ein, welche einer negativen Andrologie zuzuordnen sind und angesprochen werden sollen. Odoardo erweist sich wie Prinz Marinelli als gemischter Charakter. Auch dies soll am Text belegt werden. Lessing drückt durch das Problematische an dieser Figur das aus, was in der bürgerlichen Kleinfamilie noch nicht funktioniert.
Emilia als Tochter Odoardos steht im Mittelpunkt dieses bürgerlichen Trauerspiels. Lange wurde diese Figur als „Opfer“ im Sinne von „victima“ gedeutet, welches in der Vorstellung der Genderforscher für die Unterlegenheit des weiblichen Wesens gegenüber dem Mann im 18. Jahrhundert stand.
Kucklick belegt hingegen mit seiner Studie, dass die Moderne einer schlechten Männlichkeit ein positives Bild der Frau entgegenstellte. Vor diesem Hintergrund soll Emilia als weibliche Figur in diesem Bühnenstück eine neue Dimension erhalten, die es hier ans Licht zu bringen gilt. Zentral ist dabei die Bedeutung des Begriffs Opfer6 , welcher anhand entsprechender religionsgeschichtlicher und altertumswissenschaftlicher Nachschlagewerke in seiner Grundbedeutung näher zu betrachten ist. Unter diesem Begriff werden im deutschen Sprachgebrauch victima sowie sacrificium verstanden. So sollen beide in Bezug auf Emilia überprüft werden. Mit ihrem Leiden zeigt sich Emilia also als victima, ein wehrloses Opfer der Macht. Erst mit ihrem Tod schreitet sie zum Opfer im Sinne von sacrificium, wodurch das wehrlose Opfer zur Macht gelangt. Als sacrificium erfährt Emilia ein zweites Leben, in dem ihre Weiblichkeit wiederauferstanden ist und in dem sie wie eine Märtyrerin idealisiert wird. Hierzu soll auch Girards Auffassung über die Bedeutung des Sündenbocks zu Rate gezogen werden, um Lessings Absicht besser zu verstehen.
Im Fazit des Kapitels 5 wird versucht, anhand der Ergebnisse die einleitende Fragestellung zu beantworten.
2. Kucklick über die negative Andrologie
Die Genderforschung erforscht die historische Entwicklung des Verhältnisses von Männern und Frauen, die gesellschaftlichen Rollenzuweisungen sowie gegenseitigen Zuschreibungen. Nach den Genderforschern haben die Aufklärer das weibliche Geschlecht als wesentlich schwächeres Glied in einer vom Mann dominierten, also hierarchischen Gesellschaft begriffen: ein minderwertiges Wesen, eine einfältige, emotionale „Schwundform des Menschlichen“7 ohne Vernunft. Sein Pendant, der Mann, wurde hingegen zum „Inbegriff der Menschheit“8, zum Patriarch, zum überlegenen Geschlecht erhoben: rational, autonom, intellektuell und sittlich. So kommen die Gender Studies zu dem Ergebnis, dass die Aufklärer den Mann mit der Vernunft und der Kultur, die Frau hingegen mit der Natur identifiziert hätten. Ihrer Meinung nach festigte und baute sich diese Ansicht zwischen 1750 und 1850 weiter aus.9
Die Genderwissenschaftler sind sich somit einig: Die moderne Gesellschaft war eine misogyne Gesellschaft mit einer festgelegten Hierarchie und Rollenzuweisung. Die Frau gehörte zur häuslichen Sphäre, hier war der Mann wie in der Öffentlichkeit Inhaber der Macht. Die Männer hatten sich seit der Aufklärung als perfekte Wesen betrachtet, um sich die Macht über die als minderwertiges Wesen begriffene Frau zu sichern.
Die Geschlechterrollenproblematik in der einsetzenden gesellschaftlichen Moderne um 1770 wird vom Soziologen und Kulturwissenschaftler Christoph Kucklick in seinem Buch aus dem Jahr 2008 Das unmoralische Geschlecht. Zur Geburt einer negativen Andrologie untersucht.
Kucklick zieht dabei das gleiche Quellenmaterial wie die Genderforscher heran und kommt zu einem anderen Ergebnis.10 Er belegt, dass im Gegensatz zu der Position der Gender Studies bereits ab 1750 ein Diskurs über eine schlechte Männlichkeit existierte.11 Im Zentrum des modernen Geschlechterdiskurses stand laut Kucklick der Mann, der nicht als perfektes Wesen, sondern als egoistisch, gefühlskalt, gewalttätig, kommunikationsunfähig und asozial definiert wurde.12 Kucklick belegt mit seiner Untersuchung, dass die menschliche Natur mit dem Übergang von der Stände- zur funktional differenzierten Gesellschaft neu verhandelt wurde.
Während die Natur der Prämoderne als inhalts- und zielbestimmt galt, wird die Natur der Moderne durch Unbestimmtheit und Selbstbezug definiert. Damit ging im 18. Jahrhundert eine Umdeutung der Natur des Mannes einher, die als negativ und somit problematisch für die Gesellschaft empfunden wurde.13 So schreibt Kucklick: „Die unbestimmte menschliche Natur wurde im Laufe des späten 18. Jahrhunderts zur Natur des Mannes, und nicht der Frau“.14 Es folgte, dass das Problematische an der Moderne ursächlich in dem Wesen des Mannes verortet wurde.15 Vor diesem Hintergrund setzte die Moderne dem negativen Bild des Mannes ein positives Bild der Frau entgegen, auf das ich in ausführlicher Weise im Unterkapitel 2.3 eingehen werde. Die Frau wird idealisiert, ihr wird moralische Überlegenheit bescheinigt, sie wird mit Vernunft, wahrer Menschlichkeit identifiziert und kann dank ihren positiv konnotierten Eigenschaften den verderbten wilden Mann zum besseren Menschen erziehen.16
2.1 Von der stratifizierten zur funktional-differenzierten Gesellschaft
Kucklicks Untersuchung unterscheidet sich von dem genderwissenschaftlichen machtanalytischen Ansatz in seinem methodischen Ansatz. Mit dieser Verfahrensweise verzichtet Kucklick darauf, die Hierarchie der Geschlechter als zentralen Punkt im Diskurs der Geschlechterwissenschaften zu erachten. Er negiert nicht, dass es Machtstrukturen und Hierarchien gegeben hat, er legt jedoch seinen Fokus auf die Gesellschaftstheorie und die Semantik und nicht auf die Machtanalytik.17 Mit der Geschlechtersemantik rücken in den Mittelpunkt der Untersuchung die erfahrene Wirklichkeit, die allgemeine Wahrnehmung der Zeitgenossen, die Bilder, die Zuschreibungen und Vorstellungen, welche mit Mann und Frau ab 1750 verbunden wurden.18 Dabei geht Kucklick insbesondere auf die Semantik des Männlichen ein und befasst sich mit den eher bedrohlichen Facetten, die mit Männlichkeit verbunden wurden. Daraus entsteht der Begriff der negativen Andrologie.19 Kucklicks Untersuchung lehnt sich an die soziologische Systemtheorie von Niklas Luhmann an. Der Soziologe Luhmann sieht eine Interdependenz zwischen dem Strukturwandel der Gesellschaft und dem der Semantik.20
Die Gesellschaft der Vormoderne war eine stratifikatorisch differenzierte Gesellschaft, in der das Individuum einen bereits festgelegten Platz innerhalb einer hierarchisch organisierten Gesellschaft hatte.21 Der Wandel der Gesellschaft von einer stratifizierten zu einer funktional differenzierten Gesellschaft setzte ab 1750 an. Mit dem Zerbröckeln der hierarchisch strukturierten Geschlechterordnung und der Entstehung der Arbeitsteilung entstand die Moderne. Die moderne Gesellschaft war von Teilbereichen wie Wirtschaft, Religion, Politik, Wissenschaft gekennzeichnet. Es handelt sich dabei um Funktionssysteme, die unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen haben und autonom agieren. Sie stellen eigene Regeln auf und sind nicht von anderen Funktionssystemen abhängig.22 Die Funktionssysteme greifen auf nur einen Teil des Individuums zu. Im Teilsystem der Politik handelt das Individuum beispielweise als Politiker und nicht als ganzer Mensch, es handelt und denkt hier nur in dieser Kategorie.23 Der Mann war also Funktionsträger der Funktionssysteme. Männlichkeit verkörperte einerseits Effizienz und Leistungsfähigkeit, andererseits wurde sie mit bedrohlichen Aspekten wie Rationalität, Differenzierung und Fragmentierung in Verbindung gebracht.24 Die Moderne wurde aufgrund ihrer heterarchischen Struktur zum unüberschaubaren und komplexen Gebilde, in dem der Mann als „Täter“25 und „Opfer“26 empfunden wurde. Ausgehend von einer Heterarchie der modernen Geschlechtsverhältnisse stellt Kucklick eine strukturelle Verknüpfung zwischen Geschlecht und moderner Gesellschaft fest.27 Entgegen der Auffassung der Gender Studies, die Aufklärer hätten um 1800 den Mann als Inhaber der Kultur und die Frau als Inhaber der Natur betrachtet, wurden nach Kucklick dem männlichen beziehungsweise dem weiblichen Geschlecht im Diskurs über die Geschlechter verschiedene Naturen und unterschiedliche Kulturen zugesprochen. Der zunehmend in die arbeitsteilig-differenzierte Welt eingebundene Mann besaß die Natur und die Kultur der Moderne. Damit verkörperte er unter anderem die „unheimlichere“, „instabilere“ und „gefährlichere“28 Natur der Moderne, während die Frau mit einer „solidere[n], stabilere[n], vertrautere[n]“29 Natur ausgestattet wurde. Die Zeitgenossen waren davon überzeugt, dass die weiblichen Eigenschaften der Frau angeboren waren, dass sie diese von Natur her besaß. Entsprechend galt der Mann nicht mehr als Garant der Werte und Stifter der Ordnung, sondern das weibliche Geschlecht.30 Vor diesem Hintergrund driftete das, was in der archaischen und segmentären Gesellschaft als deckungsgleich galt, nun auseinander: Interaktion und Gesellschaft.
2.2 Interaktion und Gesellschaft
Kucklick schreibt: „Geschlecht wird zu Beginn der Moderne in die Differenz von Interaktion und Gesellschaft eingebaut, die im 18. Jahrhundert als gesellschaftliches Strukturmerkmal wahrgenommen und semantisch bewältigt wird“.31 Mit der Entstehung der funktional differenzierten Gesellschaft wird also eine deutliche Unterscheidung zwischen Interaktion und Gesellschaft operiert. Das Geschlecht symbolisiert in der Moderne die Differenz zwischen Interaktion und Gesellschaft.32 Die Frau verkörpert die Interaktion, der Mann die Gesellschaft.33 Interaktion findet in Geselligkeit wie in Salons und in der Familie statt, sie steht für direkten zwischenmenschlichen Kontakt, sie findet dort statt, wo sich Anwesende gegenseitig wahrnehmen und aufeinander Rücksicht nehmen.34 Gesellschaft definiert die Systemtheorie als das umfassende System aller Kommunikationen „[…] die ohne Anwesenheit auskommen“35, also alle Funktionssysteme.
2.3 Die Idealisierung des weiblichen Geschlechts
Die Reaktion der Geschlechtersemantik um 1800 auf die strukturelle Veränderung der Gesellschaft führte zugleich zur Idealisierung von Weiblichkeit.36
[...]
1 Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Stuttgart: Reclam 2014 (Studienausgabe).
2 Christoph Kucklick: Das unmoralische Geschlecht. Zur Geburt der Negativen Andrologie. 2. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2015.
3 Vgl. ebd., S. 216.
4 Ebd., S. 211.
5 In vielen Schriften des 18. Jahrhunderts werden das gehobene Bürgertum und der Landadel, zu dem die Familie Galotti gehört, als eine gesinnungsmäßig relativ einheitliche Gruppe betrachtet. Vgl. Gerlinde Anna Wosgien: Literarische Frauenbilder von Lessing bis zum Sturm und Drang. Ihre Entwicklung unter dem Einfluss Rousseaus. Frankfurt am Main: Lang 1999 (=Münchener Studien zur literarischen Kultur in Deutschland, Bd. 30), S. 29. Pikulik verweist hingegen auf den gewaltigen Standesunterschied, der beide im 18. Jahrhundert trennte. Im bürgerlichen Trauerspiel steht bürgerlich jedoch in der Bedeutung von allgemein-menschlich, in dessen Mittelpunkt der ganze Mensch steht. Es ging dabei nicht um die soziale Klasse, sondern um die sozialen Räume: das Öffentliche und das Private. Vgl. Lothar Pikulik: „Bürgerliches Trauerspiel und Empfindsamkeit“. Köln: Böhlau 1966, S. 7ff, 171ff.
6 Vom Lateinischen offere (darbieten). Vgl. Christof Gestrich: Opfer. In: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Religion in Geschichte und Gegenwart. Religionsphilosophisch (Bd. 6 N-Q). Hrsg. von Hans D. Betz u.a. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Tübingen: Mohr 2003, S. 583-585, hier S. 584.
7 Kucklick: Das unmoralische Geschlecht, S. 14.
8 Ebd.
9 Vgl. ebd.
10 Vgl. ebd., S. 15.
11 Vgl. ebd., S. 12, 19ff.
12 Vgl. ebd., S. 12.
13 Vgl. ebd., S. 29, 68.
14 Ebd., S. 68.
15 „Das Unbehagen an der Moderne wird zum Unbehagen am Mann, und umgekehrt“. Ebd., S. 13.
16 Vgl. ebd., S. 84.
17 Vgl. ebd., S. 25.
18 Vgl. ebd., S. 26.
19 Vgl. ebd., S. 26ff. (Hervorhebung von mir; P.B.).
20 Vgl. ebd., S. 27ff.
21 Vgl. ebd., S. 66.
22 Vgl. ebd., S. 212.
23 Vgl. ebd., S. 66ff.
24 Vgl. ebd., S. 12.
25 Ebd., S. 17.
26 Ebd.
27 Vgl. ebd., S. 216.
28 Ebd., S. 91.
29 Ebd., S. 92.
30 Vgl. ebd.
31 Ebd., S. 211.
32 Vgl. ebd.
33 Vgl. ebd., S. 216.
34 Vgl. ebd., S. 217.
35 Ebd., S. 218.
36 Vgl. ebd., S. 88.
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