Die Politik der Sowjetunion gegenüber der jüdischen Minderheit von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs


Hausarbeit (Hauptseminar), 1994

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Vorgeschichte: Judenfeindschaft im zaristischen Rußland

3. Nationalitätentheorie im Marxismus-Leninismus

4. Maßnahmen zur Proleterisierung der jüdischen Massen
4.1 Jüdisches Kommissariat und Jewsekzija
4.2 Ausschaltung der jüdischen Parteien
4.3 Der Kampf gegen die jüdische Religion

5. Blütezeit der jiddischen Kultur in den 20er Jahren

6. Landansiedlung
6.1 Siedlungsprojekte im Westen der UdSSR
6.2 Birobidschan

7. Repression und Verfolgung unter Stalin
7.1 Die große Säuberung von 1936/
7.2 Das sowjetische Judentum während des Krieges

8. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Diskriminierung von Juden in der ehemaligen UdSSR ist eines der Themen der sowjetischen Innenpolitik, die bisher weitgehend tabuisiert wurden. Offiziell galt jeglicher Judenhaß1mit der Errichtung der klassenlosen Gesellschaft als ausgemerzt. Die in Rußland weitverbreitete antijüdische Haltung kam jedoch auch in der Politik der Bolschewiki gegenüber der Minderheit zum Ausdruck. Zwar wurden mit den Umwälzungen der Revolution von 1917 alle Benachteiligungen von Juden abgeschafft, doch dauerte es nicht lange, bis sich wiederum diskriminierende Elemente bemerkbar machten - zunächst nur versteckt, dann aber immer offener.

Diese Arbeit stellt den Versuch dar, einen möglichst umfassenden Querschnitt über die sowjetische Judenpolitik in knapper Form vorzulegen. Es sollen darin sowohl die historischen und theoretischen Grundlagen, als auch der Verlauf der administrativen Maßnahmen gegenüber den Juden in der UdSSR dargestellt werden. Auch neuere Forschungsergebnisse werden -soweit schon vorhanden- dabei Berücksichtigung finden.

Nach einer kurzen Darstellung der Geschichte der Judenfeindschaft in Rußland wird Lenins Haltung zur Judenfrage diskutiert; anschließend soll auf die "Blütezeit" des russischen Judentums während der 20er Jahre eingegangen werden. Eine ausführliche Betrachtung erfahren die jüdischen Siedlungsprojekte, mit denen die sowjetischen Behörden zeitweise gar das Ziel einer autonomen jüdischen Republik in der UdSSR verfolgten. Ein letztes Kapitel wird sich dann der ersten Phase des stalinistischen Terrors bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs widmen und die Folgen dieser Zeit für die jüdische Bevölkerung aufzeigen.

Die Ergebnisse dieser Arbeit können beim Umfang des zu untersuchenden Zeitraums zwangsläufig nur oberflächlich bleiben. Dies jedoch entspricht weitgehend unseren Kennnissen über den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung.

2. Vorgeschichte: Judenfeindschaft im zaristischen Rußland

Rußland blieb in seiner Geschichte lange Zeit von der jüdischen Frage unberührt. Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein lebten im Zarenreich praktisch keine Juden. Erst mit der polnischen Teilung von 1772 wurde die russische Regierung damit konfrontiert, Hunderttausende Juden dem Land eingliedern zu müssen2. Im aufgeklärt-absoluti- stischen Zarenreich unter Katharina II. diskriminierte man die neue Minderheit zunächst nicht, sondern versuchte eine Integration zu erreichen. Doch sollte sich diese Politik bald schon von Grund auf ändern.

Im Jahr 1835 erließ Zar Nikolaus I. eine neue Judengesetzgebung, in der die Juden zum Fremdvolk erklärt wurden und ihre Freizügigkeit innerhalb Rußlands stark eingeschränkt wurde. Der sogenannte Ansiedlungsrayon beschränkte sich auf Polen, Weißrußland, Litauen, die Ukraine und die Krim. Im "Maßregelgesetz" von 1882 wurden die Siedlungsrechte von Zar Alexander III. weiter beschnitten. Dazu kamen Einschränkungen der Bildungs- und Berufsmöglichkeiten, sowie auf wirtschaftlichem Gebiet.

Das Maßregelgesetz war bereits eine Reaktion der Regierung auf den ständig stei- genden Judenhaß in der russischen Führungsschicht, wie auch in der Bevölkerung. Zu einer Eskalation kam es 1881 mit der Ermordung Zar Alexanders II. Kurz nach dem Tod des liberalen Herrschers brachen in der Ukraine die sogenannten "Stürme im Süden" aus, eine vom traditionellen Judenhaß geprägte Pogromwelle, die neben Kiew und Odessa noch über 100 weitere Gemeinden überzog. Das schnelle Ausbreiten der Welle ließ auf eine planmäßige Organisation der Pogrome schließen. Auf ein Einschreiten der Behörden wartete man vergeblich.3

Unter Nikolaus II. wurde der offizielle Judenhaß zunehmend zu einem politischen Instrument. Sich althergebrachter Vorurteile bedienend, stellte der Zar den stärker werdenden revolutionären Terror als jüdische Verschwörung dar, um sich dadurch die Rückendeckung der Volksmassen zu sichern.4Angestachelt von der antisemitischen Regierungspropaganda kam es 1903 zu Pogromen im bessarabischen Kischinew und im weißrussischen Homel. Seit 1905 zogen bewaffnete Schlägerbanden, die sogenannten "Schwarzen Hundert" durch die Straßen der Städte und versuchten, neue Pogrome anzuzetteln. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, Revolutionäre und Juden auszurotten.5

Ebenfalls 1905 wurden die "Protokolle der Weisen von Zion" verbreitet. Sie berichten von einer angeblich 1897 in Basel stattgefundenen geheimen Versammlung von Juden und deren Plan von der Errichtung einer jüdischen Weltherrschaft. Das Pamphlet wurde wahrscheinlich von der zaristischen Geheimpolizei Ochrana hergestellt und diente wiederholt als Begründung für judenfeindliche Ausschreitungen.

Eine Demonstration gegen die Garantierung der Grundrechte im selben Jahr führte zu Massenausschreitungen gegen Juden in Dutzenden von Städten. Der Pogrom von Bialystok gehörte zu den furchtbarsten in der Geschichte Rußlands.6Auch hier war die Regierung mit finanzieller Unterstützung beteiligt. Jedenfalls wurde die Schuld der Behörden von einem Untersuchungsausschuß nachher festgestellt.7Ein letzter, überaus zynischer antisemitischer Ausbruch des alten Regimes war der Beilis-Prozeß von 1913, in dem eine der letzten bekannten Ritualmordbeschuldigungen gegen einen Juden verhandelt wurde. Der Mord an einem kleinen Jungen in Kiew führte auf Betreiben des reaktionären Verbandes des russischen Volkes dazu, daß der unschuldige Ziegeleiarbeiter Mendel Beilis unter Anklage gestellt wurde. Obwohl der wahre Täter der Polizei bekannt war, wurde der Prozeß vom Justizministerium vorbereitet. Man sammelte Aussagen und Indizien, die den Ritualmord belegen sollten. Das Verfahren erregte großes Aufsehen im In- und Ausland und führte schließlich zu einem Freispruch des Angeklagten. Als die Inszenierung des Prozesses später in der Presse publik gemacht wurde, erhob sich ein Proteststurm im Ausland.8Das Zarenreich ging zu diesem Zeitpunkt schon seinem Untergang entgegen. Die schweren Verfolgungen der Juden jedoch sollten noch einen traurigen finalen Höhepunkt erleben. Die Kriegshandlungen nach 1914 im Osten fanden in erster Linie auf den Gebieten des Ansiedlungsrayons statt. Von beiden gegnerischen Seiten wurden dabei die an- sässigen Juden als Sündenböcke benutzt. Man beschuldigte sie wechselseitig der Spionage und Kollaboration für Rußland und für Deutschland, bzw. Österreich. Die Folgen waren Erschießungen, Geiselnahmen, Massenvertreibungen und Pogrome durch Kosaken.9

Der Bürgerkrieg nach dem Frieden von Brest-Litowsk 1918/19 brachte abermalige Pogrome in der Ukraine mit sich. Die Bewegung wurde getragen von Banden aus der sich auflösenden russischen Armee. Die neue Unabhängigkeit der Ukraine entfachte den Nationalismus, welcher sich mit dem alten Judenhaß verband. Dazu kam die Abneigung gegen die Städter und Bolschewiki, die man grundsätzlich mit Juden gleichsetzte. Die Pogrombewegung verband sich mit der "Weißen" Armee Deninkins und löste einen Massenmord an den Juden aus, deren Opfer auf 75.000 geschätzt werden.10

1919 fanden die Juden ihr Siedlungsgebiet völlig verwüstet vor. Durch die Pogrome waren zusätzliche Zerstörungen angerichtet worden. Die Vorgänge hatten zur totalen Verarmung des Judentums geführt.

3. Nationalitätentheorie im Marxismus-Leninismus

Mit Ausbruch der Revolution wandten sich viele Juden den Bolschewiki zu, da ihnen von dort die Abstellung der Verfolgung und Gleichberechtigung versprochen wurde. Schon im Juli 1918 erließ der Rat der Volkskommissare ein Dekret über die Ausrottung der antisemitischen Bewegung. Darin wurde die Pogrombewegung als verderblich für die revolutionäre Sache erklärt, und man forderte die Werktätigen auf, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen anzukämpfen. Alle Pogromisten und -agitatoren stellte das Dekret außerhalb des Gesetzes. Die Behörden wurden angewiesen, scharf gegen die antisemitische Bewegung einzuschreiten.11

Die weitere Vorgehensweise gegenüber der jüdischen Minderheit bereitete dem neuen Regime jedoch Schwierigkeiten. Die Behandlung der jüdischen Frage im Marxismus- Leninismus steckte voll von Widersprüchen. Die Theorie von Karl Marx, nach der das Judentum zusammen mit der bürgerlichen Gesellschaft verschwinden würde, spielte nur eine marginale Rolle, da sie nur schwer auf die russischen Verhältnisse übertragbar war.12Die besondere Problematik lag für die bolschewistischen Theoretiker in der Definition des Judentums. Die Juden galten in Rußland offiziell als Nation. Diesen Status sprach ihnen Lenin jedoch ab, da ihnen dafür ein konstitutives Merkmal fehlte: ein geschlossenes, von ihnen bevölkertes Territorium. Dennoch verhielt sich die offizielle Regierungspolitik nach dem Krieg ihnen gegenüber wie zu den anderen Nationalitäten des Vielvölkerstaates.13Auch Lenin selbst bezeichnete die Juden in seinen Aufsätzen mehrfach als Nationalität; er scheint dies aber nur mangels einer anderen, seine Vorstellung treffenderen Definition gemacht zu haben. Die Vermutung liegt nahe, daß der Revolutionsführer an einer vertieften Auseinandersetzung mit der jüdischen Frage nicht besonders interessiert war.14

Lenins Nationalitätentheorie beruhte auf zwei gegensätzlichen Polen. Grundsätzlich betonte er die Unabhängigkeit und das Selbstbestimmungsrecht aller Völker. Ande- rerseits aber propagierte er gleichzeitig den Zusammenschluß der Völker im Zeichen des Sozialismus. Die Nationen der Sowjetunion sollten durch die KP zu einem neuen Ganzen verschweißt werden. Dieser Internationalismus mündet in einen straffen Zentralismus, welcher der Idee von der nationalen Emanzipation zuwiderläuft. Lenins Haltung zur Nationalitätenfrage ist durch und durch widersprüchlich.15Nationale Absonderung war für den Sowjetführer ein reaktionäres Verhalten, wenn sie sich nicht den Zielen des Sozialismus verschrieb. Diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis sollte vor allem in der Judenpolitik der Sowjetunion deutlich zum Vorschein kommen. Obwohl man es von offizieller Seite ablehnte, die sowjetischen Juden als Volk zu definieren, galten sie doch de facto als solches. Die Entfaltung einer nationalen Kultur lag nicht im Interesse des Regimes. Für die Behandlung der Judenfrage sollte Westeuropa als Vorbild dienen. Die westeuropäischen Juden waren für Lenin pro- gressiv, weil sie für die fortschrittlichen Bewegungen des Zeitalters aufgeschlossen waren und sich ihnen anglichen. Die Juden in diesen Ländern assimilierten sich zu- nehmend, was auch von den sozialistischen Theoretikern der Epoche (Marx, Kautsky, Luxemburg) als Lösung der Judenfrage nachdrücklich empfohlen wurde. In der Überwindung des Kapitalismus sah man das Ende jeglicher Diskriminierung gegenüber den Juden erreicht.16Diese Lösung bedeutete allerdings nichts anderes als die völlige Aufgabe aller Merkmale, welche die Juden von der übrigen Bevölkerung unterschied. Assimilierung oder Absonderung - das waren für Lenin die beiden möglichen Wege17, wobei letzterer aber als reaktionär empfunden wurde und daher für die Sowjetunion nicht gangbar war.

Lenin war gewiß kein Antisemit.18Er versuchte im Gegenteil überall dort, wo er konnte, gegen die Vorurteile gegenüber Juden anzugehen.19Aber seine Haltung zur jüdischen Frage war ein reines Theoriegebilde, welches nicht einmal in sich logisch war. Als man von offizieller Seite Ende der 20er Jahre gar an die Errichtung eines geschlossenen jüdischen Siedlungsgebietes im Fernen Osten ging, wurde die Theorie ganz und gar umgekehrt. Das war allerdings kein Zeichen für eine Abkehr von der leninschen Position, was sich später auch an der Umsetzung des Siedlungsprojektes deutlich zeigen sollte. Vielmehr beweist das Vorgehen der sowjetischen Behörden die eigentliche Nebensächlichkeit des Themas für die Bolschewiki, denen an einer Lösung des theoretischen Widerspruchs gar nicht gelegen war.20

Man ging in der Sowjetunion immer mehr dazu über, für alle offenen Fragen die Antwort im Marxismus zu suchen. Er galt als Schlüssel zu allen Problemen, mit denen man sich konfrontiert sah. Die Entfaltung einer jüdischen Identität -in welcher Form auch immer paßte nicht mit der sozialistischen Zielvorgabe zusammen. Das sollten die sowjetischen Juden in den folgenden Jahren noch deutlich zu spüren bekommen.

4. Maßnahmen zur Proletarisierung der jüdischen Massen

4.1 Jüdisches Kommissariat und Jewsekzija

Schon bald nach ihrer Machtübernahme im Oktober 1917 wurde den bolschewistischen Parteiführern klar, daß sie keinerlei Handhabe besaßen, um auf den immerhin beträchtlichen jüdischen Bevölkerungsanteil ideologisch einzuwirken. Die Muttersprache der sowjetischen Juden war in erster Linie das Jiddische. Doch gab es unter den bolschewistischen Propagandisten trotz der vielen Juden in der KP fast niemanden, der dies Sprache beherrschte.21

Im Januar 1918 wurde daher innerhalb des Ministeriums für Nationalitätenfragen ein jüdisches Kommissariat geschaffen. Seine Aufgabe bestand darin, kommunistische Aktivitäten unter den Juden zu organisieren. Man beauftragte das Kommissariat mit der Aufsicht über die jüdischen Schulen und begann mit seiner Hilfe, den Einfluß der jüdischen Parteien zurückzudrängen. Dazu wurden Publikationen in jiddischer Sprache erstellt.

Weiter wurden lokale jüdische Sektionen (Jewsekzija) in den allgemeinen Sowjets geschaffen, um auf die jüdischen Gemeinden vor Ort im Geist des Kommunismus einzuwirken. Die Vertreter dieser Sektionen agierten als Vertreter der KP unter den Juden. Die Jewsekzija-Leiter waren entsprechend von der Partei ernannte Funktionäre. Es versteht sich von selbst, daß die Jewsekzija nicht die nationale Autonomie der sowjetischen Juden zum Ziel hatte. Es handelte sich bei ihr einzig und allein um ein Instrument zur Agitation unter den werktätigen jüdischen Massen, die mit der kommunistischen Ideologie vertraut gemacht werden sollten. Da dies nur in jiddischer Sprache geschehen konnte, mußte dafür in der Partei eine eigene Sektion eingerichtet werden.22

4.2 Ausschaltung der jüdischen Parteien

Der Kampf gegen die jüdischen Parteien23war ein erstrangiges Ziel der Jewsekzija zu Anfang der 20er Jahre. Die linksgerichteten jüdischen Parteien gerieten noch während des Bürgerkrieges zunehmend in Bedrängnis, als die KP durch die Erfolge der Roten Armee gegen die "weißen" Pogromisten schließlich als einzige Verteidigerin der Juden in der Öffentlichkeit stand. Diese Entwicklung führte im Zusammenspiel mit prokommunistischen Tendenzen innerhalb der Parteien nach und nach zu ihrem Anschluß an die Bolschewiki und letztendlich zu ihrer Auflösung.24

Im Sommer 1919 folgte das offizielle Verbot aller zionistischen Organisationen und Parteien. In der Praxis kam es zwar vorerst nur zu einer Beschränkung in ihren Aktivitäten, aber spätestens ab April 1920 wurde jede zionistische Äußerung in der UdSSR brutal verfolgt. Briefe wurden zensiert, Wohnungen beschlagnahmt und Versammlungen auseinandergetrieben. In den 20er Jahren füllten tausende Zionisten die sowjetischen Gefängnisse und die Deportationszüge nach Sibirien.25

In engem Zusammenhang mit der Zerschlagung der zionistischen Organisationen stand auch die Unterdrückung des Hebräischen, das nicht nur als traditionelle Sprache der jüdischen Religion von Bedeutung war, sondern auch von den Zionisten als die nationale Sprache des Judentums betrachtet wurde. Gegen Mitte der 20er Jahre wurden sämtliche hebräisch publizierenden Verlage geschlossen, und auch das Hebräische Theater "Habima" in Moskau mußte seinen Spielbetrieb einstellen.26

4.3 Der Kampf gegen die jüdische Religion

Nach der Liqidation der jüdischen Parteien wurde verstärkt das religiöse Element des Judentums zur Zielscheibe des Regimes. Der atheistische Staatsapparat erachtete die Religion als solche für rückständig und reaktionär und ging daher mit großer Brutalität gegen sie vor. Bis Ende der 20er Jahre wurde der Religionsunterricht verboten und der Druck von religiösen Büchern eingestellt. Viele Synagogen hat man geschlossen. Antireligiöse Propagandakampagnen führten zu zahlreichen Verhaftungen und Prozessen; nicht selten wurden Rabbiner nach Sibirien deportiert.

Das Vorgehen der Bolschewiki erwies sich als so wirkungsvoll, daß es schon in den 30er Jahren nur noch wenige Gruppen gab, die noch an ihrer traditionellen Lebens weise festhielten.27Die sinkende Religiosität der Juden machte sich auch an den Synagogenzahlen bemerkbar. Während es im September 1926 noch 1003 religiöse Gemeinschaften allein in der Ukraine gab, sank die Anzahl der Synagogen im ge- samten Gebiet der UdSSR bis 1955 auf etwas mehr als 100. 1966 waren es nur noch 62.28

5. Blütezeit der jiddischen Kultur in den 20er Jahren

Als die provisorische Regierung Rußlands nach der Februarrevolution von 1917 die Diskriminierung der Juden offiziell abschaffte, wurden durch die neu gewonnene Freiheit unglaubliche soziale und kulturelle Kräfte freigesetzt. Die jüdischen Parteien wurden neubelebt und steigerten ihre Aktivitäten, wodurch sie schnellen Zulauf gewannen. Verlage publizierten Zeitschriften und Tageszeitungen in jiddischer Sprache. In kurzer Zeit entstanden 250 jüdische Bildungseinrichtungen, die vom einfachen Kindergarten bis hin zu Lehrerseminaren reichten.29

Forderungen nach einem Autonomierecht für die jüdische Nationalität wurden laut, und bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung traten die jüdischen Parteien mit einer gemeinsamen nationaljüdischen Liste an. Doch verhinderte die Oktoberrevolution letztlich die weitere Ausbildung einer gesamtjüdischen Vertretung in Rußland. Die Verfassungsgebende Versammlung wurde am 5.1.1918 von Rotarmisten auseinandergejagt. Die jüdischen Organisationen wollten deswegen aber noch nicht sofort klein beigeben. Noch im Juli 1918 wählten sie ein Zentralbüro der Gemeinden durch deren Vertreter.30Zu einer echten, demokratisch legitimierten Vertretung der russischen Juden sollte es jedoch unter dem Regime der Bolschewiki nicht mehr kommen.Die jüdischen Gemeinden -kleine demokratische Körperschaften, die sich unmittelbar nach der Revolution organisiert hatten- wurden bereits 1919 von den Bolschewiki wieder aufgelöst; ihr Vermögen wurde eingezogen. Sie durften zwar in der Form von Synagogengemeinden weiterexistieren, wurden aber zunehmend unter behördliche Aufsicht gestellt.31

Mit dem Wegfall der religiösen, hebräisch geprägten Traditionen durch die bereits o.a. Eingriffe der Bolschewiki wurde die Entfaltung der jiddischen Kultur weiter gefördert. Die KP hatte ein großes Interesse daran, brauchte sie doch die jiddische Sprache und

Literatur als Instrument zur Indoktrination der jüdischen Massen. Die Jewsekzija machte den Juden das Angebot einer weltlichen, kommunistisch geprägten Kultur in jiddischer Sprache. Sie sollte als Ersatz für den Verlust ihrer angestammten Traditionen dienen.32In der Folge entwickelte sich eine reiche jiddische Kulturblüte, die von einer großen Zahl von Journalisten, Schriftstellern33 und Theaterleuten getragen wurde. Selbst zwei kommunistische wissenschaftliche Institute wurden gegründet, die in jiddischer Sprache arbeiteten.

Die Schulen allerdings konnten sich nicht durchsetzen. Sowohl religiöse, als auch die sich assimilierenden Eltern schickten ihre Kinder lieber auf russische Schulen, wo die Ausbildung besser war und die nicht gegen die kulturellen Traditionen des Judentums agitierten.

Während der ganzen 20er Jahre galt unterdessen die Jewsekzija als Repräsentantin der sowjetischen Juden, obwohl sie von diesen selbst nicht als solche anerkannt wurde. Als man sie jedoch im Januar 1930 auflöste, wurde den Juden sehr schnell klar, daß man fortan in der Sowjetunion keinerlei Rücksicht mehr auf eine spezifisch jüdische Existenz nehmen und diese stattdessen unterdrücken würde.34

6. Landansiedlung

6.1 Siedlungsprojekte im Westen der UdSSR

Durch den wirtschaftlichen Niedergang der Schtetel im Ansiedlugsrayon -bedingt durch Pogrome, Weltkrieg und v.a. durch die Massaker der "Weißen" während der Revolutionsjahre- drohte vielen Juden die Verelendung. Bereits Anfang der 20er Jahre suchten tausende von ihnen Zuflucht auf dem Land, wo das Leben in der Landwirtschaft wenigstens die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherte. Während noch vor dem Krieg 1913 nur 52758 Juden in der Landwirtschaft beschäftigt waren, stieg ihre Zahl bis 1924 auf 94158.35

Während der Phase der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) verschärfte sich das Problem der Verarmung breiter jüdischer Bevölkerungsschichten abermals. Die Mehrzahl der ehemaligen jüdischen Gewerbetreibenden nutzte die Möglichkeiten der NEP und versuchte als Kleinhändler im neuen System Fuß zu fassen. Doch brachte ihnen das baldige Ende der Politik nicht nur den Verlust ihrer Erwerbsmöglivchkeit, sondern machte sie überdies als ehemalige "Kapitalisten" zulischenzi. Sie waren nicht im Besitz der Bürgerrechte und hatten auch keinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz. Ihre Lage verschlechterte sich durch die wirtschaftliche Not dramatisch, so daß sie entweder zu verhungern, oder sich in ein gefährliches antisoziales Element zu verwandeln drohten.36Die Sowjetführung hatte dies zu berücksichtigen und mußte daher ihre Position zum jüdischen Problem neu definieren. Den Ausweg aus der Misere sah man in der Rückführung der Juden in die Landwirtschaft.

Bereits im Oktober 1918 hatte Dimanstejn, der Sekretär der Jewsekzija, die Schaffung eines jüdischen Agrarproletariats empfohlen. Das Jüdische Kommissariat unterbreitete sodann einen Plan für die Errichtung von jüdischen landwirtschaftlichen Kommunen und Kooperativen, der im Juli 1918 vom Volkskommissariat für Landwirtschaft genehmigt wurde. Der Bürgerkrieg und der Krieg mit Polen machten eine Umsetzung des Konzepts allerdings unmöglich.37

Die fortschreitende Verelendung großer Teile der jüdischen Bevölkerung ließen die Sowjetführung 1924 diese Pläne wiederaufgreifen. Am 29.8.1924 beschloß das Präsidium des Zentralexekutivkomitees der Sowjetunion die Gründung eines "Komitees für die Landansiedlung werktätiger Juden" (Komzet) als offizielles Organ der Regierung. Die Aufgaben dieser neuen Einrichtung bestanden in der Förderung der jüdischen Kolonisation. Das Komitee sollte Boden für die Besiedlung bereitstellen, die benötigten Gelder verwalten und mit ausländischen jüdischen Hilfsorganisationen in Verhandlungen treten, um zusätzliche finanzielle Mittel für das Projekt zu erwirken.38

Parallel zur Komzet wurde 1925 die "Gesellschaft für die landwirtschaftliche Ansiedlung jüdischer Werktätiger" (Ozet) gegründet. Die Ozet war eine nichtstaatliche Massenorganisation, deren Mitglieder bis zu 60% aus Nichtjuden bestanden.39Sie fand ihre Aufgabe darin, um öffentliche Unterstützung für die Siedlungsanstrengungen des Regimes zu werben und stellte Kontingente von Kolonisten zusammen. Darüberhinaus versuchte sie ebenso wie die Komzet, mit linksgerichteten jüdischen Organisationen im Ausland wegen finanzieller Hilfen in Kontakt zu treten.

Der Plan der Komzet vom Juni 1925 sah vor, innerhalb von wenigen Jahren 100.000 jüdische Familien umzusiedeln. Die Kolonisation sollte nach Zielsetzung der Jewsekzija die Grundlage für eine spätere territoriale Autonomie bilden.40Mitte Juni 1926 wurde der Plan vom Präsidium des Zentralexekutivkomitees der Sowjetunion gebilligt. Für die Siedlungsmaßnahmen vorgesehen waren Gebiete innerhalb des ehemaligen Ansiedlungsrayons in Weißrußland, der Ukraine und auf der Krim. Die angestrebten Zahlen von Umsiedlern wurden zwar niemals erreicht, jedoch nahm die Kolonisation einen überrschend günstigen Verlauf. Volkszählungen zufolge lebten 1926 bereits 6% der Sowjetjuden auf dem Land; 1928 waren es schon 8,5% und im Oktober 1930 10,1%. Diese Zahl bildete den historischen Höchststand, der nie zuvor, aber auch niemals danach wieder erreicht wurde.41

In der Ukraine bildeten sich drei autonome Regionen um Kalinindorf, Stalindorf und Nowoslatopol heraus. Hier wurde das Jiddische sogar eine der vier Amtssprachen.42Zwei weitere nationale Bezirke entstanden auf der Krim um Fraydorf und Larindorf.43Darüberhinaus gab es in vielen Dörfern und Kleinstädten jüdische Sowjets, sowie Gerichte, die ihre Verhandlungen in Jiddisch führten. Die Anstrengungen zur Kolonisation in Weißrußland verliefen ebenfalls günstig.

Durch den Erfolg der Kolonisation wurde das Nationalbewußtsein unter des sowjeti- schen Juden nachhaltig gestärkt. Die Entwicklung der Dinge schuf neue Vorausset- zungen für die Behandlung der jüdischen Frage. Mitglieder der Jewsekzija begannen nun laut über ein autonomes jüdisches Gebiet in der Sowjetunion nachzudenken. Es wurde die Idee von einer territorialen Konsolidierung der jüdischen Volksgruppe unter der Diktatur des Proletariats in den Raum gestellt. Die Partei verfolgte mit den Siedlungsmaßnahmen allerdings andere Interessen. Ihr ging es in erster Linie darum, die wirtschaftliche Not unter den jüdischen Massen zu lindern. Ferner sollten die Maßnahmen Sympathien unter den Auslandsjuden wecken und den Zionismus im eigenen Land zurückdrängen.44Dann aber nahm der Verlauf der Siedlungsmaßnahmen eine Wendung, welche die Sowjetführung von ihrer bisherigen Politik abweichen ließ.

Bereits im Frühsommer 1925 kam es zu ersten gewalttätigen Übergriffen von Bauern auf jüdische Siedler. Die Ansiedlung von Juden führte zu heftigem Widerstand der alteingesessenen Landbevölkerung. Es wurden Stimmen laut, man bevorzuge die Juden, indem man ihnen die besten landwirtschaftlichen Flächen zur Verfügung stelle. Zwar handelte es sich bei vielen Angriffen nur um Steinwürfe, Prügeleien und Abschneiden von Feldfrüchten, doch wurden bei einzelnen Kämpfen zwischen Bauern und Juden auch Menschen getötet.45Auf der Krim kam es sogar zu einer regelrechten Welle antisemitischer Gewalt.

Die Klagen darüber, daß zu viele jüdische Siedler ins Land kämen, wurden noch 1927 auf der 10. Allukrainischen Sowjetkonferenz zurüchgewiesen.46Doch führte die massive Ablehnung der Siedlungspläne durch die einheimische Bevölkerung zu einem allmählichen Umdenken der Sowjetführung. Man legte nun den Hauptaugenmerk in der jüdischen Frage weg von den Siedlungsplänen hin auf eine Beschäftigung in der Industrie. Die Vorbereitungen für eine Industrialisierung der sowjetischen Gesellschaft waren zu diesem Zeitpunkt schon im Gange. Ziel war es, daß das Proletariat künftig die stärkste Gruppe innerhalb der jüdischen Bevölkerung bilden sollte. Ein solches war allerdings bis dahin kaum existent. Die KP betrachtete die Industrialisierung als Hauptweg zum Sozialismus und stufte sie folglich wesentlich wichtiger ein als die andere Alternative der Agrarisierung.47Die Pläne zur Rückführung der jüdischen Masse in die Landwirtschaft behielt man jedoch ebenfalls bei.

Der Sekretär der Jewsekzija Tschermeriski benannte in einer Rede auf der 6. Konferenz der Parteiorganisation, daß es für Juden künftig zwei Wege zum Sozialismus gebe: der eine führe über die Industrialisierung zur Assimilation und damit direkt zum Ziel. Der andere Weg der Agrarisierung sei zwar ein Umweg, könne aber die territoriale Autonomie mit sich bringen.48

Die Siedlungsgebiet im Westen der UdSSR mußten aufgrund der Ablehnung der dortigen Bauern aufgegeben werden. Immer stärker wurde jetzt die Idee von einem jüdischen autonomen Gebiet diskutiert, und sie fand im Präsidenten des Zentralexe- kutivkomitees Kalinin einen starken Befürworter. Er unterstützte die Ansiedlung der Juden als Bauern, weil er in ihr "eines der wirksamsten Mittel zur Selbsterhaltung der jüdischen Nationalität als Nation"49sah. Diese Meinung wurde zwar innerhalb der

Sowjetführung nicht von jedem geteilt, doch brachte sie die Suche nach einem ge- eigneten Siedlungsgebiet einen beträchtlichen Schritt weiter. Der Blick der Jewsekzija richtete sich dabei in den Fernen Osten des Landes, wo man ein geeignetes freies Territorium zu finden hoffte. Man hatte dort schon ein bestimmtes Gebiet im Sinn, mit dessen Besiedelung die Sowjetmacht auch strategische Probleme an der Ostgrenze zu lösen hoffte.

6.2 Birobidschan

Die theoretische Grundlage für das Projekt einer autonomen jüdischen Provinz lag in der leninschen Position der Gebietsautonomie. Wenn eine ethnische oder kulturelle Gemeinschaft Kulturautonomie beanspruchen wollte, mußte sie nach Lenin zunächst über ein geschlossenes, von ihr besiedeltes Gebiet verfügen.50Eine autonome Provinz war folglich die Vorbedingung für die Konstituierung der jüdischen Bevölkerung als Nation.51Die Nationalitätentheorie Lenins zeigte sich hier widersprüchlich, denn obwohl die Juden nirgendwo über ein solches Gebiet verfügten, wurden sie offiziell als Nationalität definiert. Wohl auch um diesen Widerspruch auszuräumen und das Gleichheitsprinzip in der sowjetischen Nationalitätenpolitik zu erhalten, sollte ein autonomes jüdisches Siedlungsgebiet neu geschaffen werden.

Die Behörden verfolgten mit dem Projekt aber nicht das Ziel, einen jüdischen Natio- nalstaat zu errichten. Die Provinz sollte zum Lebensraum einer sozialistischen und damit nach sowjetischem Selbstverständnis atheistischen Gesellschaft werden. Diese Konzeption schränkte das mögliche Siedlerpotential von vornherein stark ein. Die gebildeten jüdischen Schichten versuchten bereits seit längerer Zeit ihre "Nationalität" wegen der vielen Benachteiligungen loszuwerden und assimilierten sich. Sie hatten kein Bedürfnis nach einer Autonomie.52Die religiösen Juden waren für das Vorhaben ebenfalls nicht zu gewinnen, da sie jeden Gedanken an einen atheistischen Judenstaat prinzipiell ablehnten. Übrig blieb somit nur eine relativ kleine Klientel mit einem areligiösen jüdischen Selbstverständnis, die sich am Aufbau einer jüdischen Provinz beteiligen konnte.53

Die Suche nach einem geeigneten, d.h. weitgehend unbesiedelten Gebiet konzentrierte sich zunächst auf die Region um das Asow´sche Meer, auf den Nordkaukasus und Kasachstan. Als man dort nicht fündig wurde, richtete sich der Blick in den Fernen Osten des Landes. Dort stießen die sowjetischen Behörden schließlich auf ein Territorium an der Grenze zur Mandschurei: Birobidschan. Die Initiative zur Auswahl der Region für die

jüdische Besiedlung lag hier nicht bei der Jewsekzija, sondern sie kam vom Volkskommissariat für Landwirtschaft und wurde stark unterstützt vom Volkskommissariat für Verteidigung, sowie von der Landwirtschaftsakademie.54Daran läßt sich unschwer erkennen, daß die Kolonisation Birobidschans weniger aus Gründen der Nationalitätenpolitik, als aus strategischen Erwägungen heraus beschlossen wurde.55Mit der Besiedlung der Region sollte gleichzeitig die Ostflanke der Sowjetunion gegen China und Japan gesichert werden. Wie ernsthaft die Bedrohung der sowjetischen Grenzen im Fernen Osten war, zeigte sich spätestens 1931/32 an der japanischen Besetzung der Mandschurei. Außerdem lag es im Interesse der Sowjetführung, durch die Ausweisung einer autonomen Region für die jüdischen Bevölkerungsteile ihre Beziehungen zu den westeuropäischen Staaten zu verbessern.56Vor allem die Sympathien der amerikanischen Juden wollte man gewinnen und im eigenen Land vom noch immer starken Zionismus ablenken.57

Birobidschan liegt am Unterlauf des Amur, grenzt im Süden an die Mandschurei und ist mit einer Fläche von 36.000mgrößer als Palästina. Erst 1858 war Birobidschan in mehreren Expeditionen für Rußland in Besitz genommen worden; vorher gehörte es völkerrechtlich zu China. Seither gab es immer wieder Versuche, die Region zu kolonisieren. Diese schlugen jedesmal fehl, da es nie gelang, ausreichende Ver- kehrsverbindungen zwischen den einzelnen Orten herzustellen. Die einheimische Bevölkerung bestand aus nur wenigen tausend Nomaden, die den Völkern der Tun- gusen und Udechen angehörten. Darüberhinaus lebten dort noch ca. 7.500 russische Bahnarbeiter und einige koreanische und chinesische Übersiedler.58Das Klima ist vom Mosum und von den Bergen im Norden und Westen des Landes beeinflußt. Die Winter sind kalt und trocken mit wenig Schnee, die Sommer hingegen heiß und feucht. Das Gebiet ist wasserreich, von vielen Flüssen und Seen überzogen, jedoch sehr sumpfig; ca. 1/3 davon ist bewaldet.59

Im Sommer 1927 bereiste eine wissenschaftliche Kommission Birobidschan, um die Region auf ihre Tauglichkeit für eine landwirtschaftliche Besiedlung hin zu prüfen. Nach der verblüffend kurzen Zeit von nur sechs Wochen stand das Untersuchungsergebnis fest: Birobidschan wurde als geeignet für die landwirtschaftliche Kolonisation erklärt.60

Am 28. März 1928 erklärte Kalinin nach einem Beschluß des Zentralexekutivkomitees der Sowjetunion die offizielle Freigabe des Gebiets für die jüdische Besiedlung. Gleichzeitig wurde die Komzet mit der Überwachung der Kolonisationsmaßnahmen beauftragt.61Es setzte eine lautstarke Propagandakampagne v.a. durch die Jewsekzija- Führern ein, um Kolonisten für das Projekt zu gewinnen.62Mereschin, der Sekretär der Komzet prägte das Losungswort "Tsu a yiddisch land". Der Slogan war allerdings nicht als Appell an die nationalen Gefühle der siedlungswilligen Juden gedacht, sondern diente als reines Mittel dem einfachen Zweck, Siedler nach Birobidschan zu locken.63Seit 1928 wurden viele Vorträge über Birobidschan abgehalten, um das Vorhaben potentiellen Siedlern näherzubringen. In jüdischen Zeitungen wurden völlig übertriebene Meldungen verbreitet, das fernöstliche Siedlungsgebiet könne 1 Million Menschen aufnehmen.64Ein Propagandist namens L. Josefowitsch schrieb 1929 in einem Aufsatz, daß die Ernten in Birobidschan besser als auf der Krim sein würden, da es dort keine Dürren gäbe. Der Direktor des Fernöstlichen Landes- ,Lehr- und Forschungsinstitutes bezeichnete Birobidschan als eine der besten landwirtschaftlichen Gegenden des Fernen Ostens. Beide sollten sie zynischerweise Recht behalten: Dürren gab es in dem Gebiet keine; allerdings waren die Sommer dagegen so regenreich, daß jedes Jahr ein beträchtlicher Teil der Ernte verdarb. Der Ferne Osten ließ sich überhaupt kaum landwirtschaftlich gut nutzen.65

Für die Durchführung des Projekts sollten wiederum jüdische Organisationen im Ausland, v.a. in Westeuropa und in den USA, als Unterstützer gewonnen werden. Diese entwickelten bald schon großes Interesse an dem Vorhaben der Sowjetführung und erklärten sich bereit, es in verschiedenen Punkten finanziell zu fördern.66Der Verlauf der Siedlungsmaßnahmen selbst endete in einem Debakel. Im April/Mai 1928 machten sich die ersten 654 Kolonisten auf den Weg. Doch schon nach wenigen Monaten kehrten mehr als 40% von ihnen wieder in ihre Heimat zurück. Die starken Regenfälle während des Sommers hatten einen Teil des Siedlungslandes überschwemmt, und das Vieh litt unter der Stechfliege und der sibirischen Pest.67Jetzt erwies sich, daß die "wissenschaftlichen" Expertisen bezüglich der landwirtschaftlichen Nutzung Birobidschans falsch waren. Hatte man den Kolonisten vor der Abreise ein mildes Mittelmeerklima angekündigt, so zeigte sich, daß sich die diesbezüglichen Durchschnittstemperaturen aus kontinentalklimatischen Sommer- und Winterwerten zusammensetzten, welche voneinander bis zu C differierten. Tierhaltung war in dem unwirtlichen Landstrich kaum möglich, da man das Vieh mangels vorhandener Verkehrswege nicht transportieren konnte.68

Die Organisation des Projekts versagte vollständig. Auf die Ankunft der Siedler war man in Birobidschan 1928 nicht vorbereitet. Um die Kolonisation möglichst schnell in Gang zu setzen, hatte man große Zahlen von Siedlern auf die strapaziöse Reise in den Fernen Osten geschickt, obwohl dort kaum Unterbringungsmöglichkeiten für sie vorhanden waren. Die örtlichen jüdischen Behörden im Westen der Sowjetunion ver- suchten mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, die planmäßigen Kontingente an Siedlern zusammenzustellen. Sie scherten sich dabei aber nicht um deren Qualifikation für die Pionierleistungen zum Aufbau des Landes. So wurden im Jahr 1929 aus Rogatschow Taube, Stumme, Blinde und Epileptiker auf die Reise geschickt. Aus Uman kam eine Gruppe alter Menschen, die nicht mehr arbeitsfähig waren. Die Behörden aus Smolensk siedelten Geisteskranke über. Und im Zug aus Bobruisk befanden sich Prostituierte.

Zudem fand bei den Kolonisten eine negative Auslese statt. Junge Handwerker und Arbeiter, welch die entsprechenden Qualifikationen für die Aufbauarbeit mitbrachten, erkannten das Dilemma schnell und wanderten ab in die großen Städte Wladiwostok und Chabarowsk. Zurück blieben nur diejenigen, die sich auch von einer Rückkehr nichts mehr versprachen.69Über 50% der Juden, die zwischen 1928 und 1932 übersiedelten, verließen das Gebiet wieder.

Die Fehler der zuständigen Behörden blieben auch der Sowjetregierung nicht verborgen. 1932 wurden die Führer der Komzet wegen Unfähigkeit entlassen und durch neue ersetzt.70Mit den 1933 eintreffenden 3.130 Siedlern erhöhte sich die Gesamtzahl der jüdischen Bevölkerung in der Provinz auf 7.500, obwohl zwischen 1928 und 1932 mehr als 18.000 wieder abgewandert waren.71

In den 30er Jahren unternahmen die Behörden verstärkte Anstrengungen, um den jüdischen Bevölkerungsanteil anzuheben. Man war bestrebt, die Fehler der An- fangsjahre zu vermeiden. Und tatsächlich wurden deutliche Fortschritte erreicht. 1937 lebten 20.000 Juden in Birobidschan. Es entstanden Schulen, jiddische Zeitungen und Periodika wurden herausgegeben und ein jüdisches Theater eröffnet. In der Hauptstadt Birobidschan72wurde die Shalom Aleichem Bibliothek gegründet, die Judaica und jiddische Literatur sammelte. Die Entwicklung der Siedlung gab erstmals zu Hoffnungen Anlaß.73

Dann jedoch wurde die Provinz von der Säuberungswelle 1936-38 schwer getroffen. Nachdem Kalinin im August 1936 die schlechte Organisation der landwirtschaftlichen Kolonisation heftig kritisiert hatte, machten sich die Behörden auf die Suche nach den "Sündenböcken". Im September desselben Jahres wurden die beiden Spitzen- funktionäre der Provinz Liberberg und Wolobrinski als verkappte trotzkistische Natio- nalisten "entlarvt".74In weiteren Säuberungsaktionen wurden noch andere führende Persönlichkeiten liquidiert. In der Folge ging der Einwandererstrom schlagartig zurück und kam schließlich ganz zum Stillstand. 1938 wurden die beiden Organisationen Komzet und Ozet aufgelöst, da sie von offizieller Seite als "voll von Volksfeinden" befunden worden waren.75

Die Annexionen im Westen im Jahr 1939 vergrößerten den jüdischen Bevölkerungs- anteil in der Sowjetunion immens. Die in dieser Situation angestellten Überlegungen, die Kolonisation Birobidschans wieder stärker voranzutreiben, wurden mit Ausbruch des Krieges 1941 wieder fallengelassen.76Bis 1945 traf nur noch ein einziger Zug mit 3.000 jüdischen Kriegswaisen in der Autonomen Provinz ein.77

Es ist sehr auffällig, daß der totale Stillstand der Einwanderung besonders in die Jahre des Krieges und des Holocaust fällt, der ja bekanntlich die Ostjuden aus den Gebieten der Sowjetunion sehr stark getroffen hat. Gerade in dieser Zeit hätte sich sicher die Chance ergeben, große Siedlerströme ins Land zu holen. Ob der Siedlungsstop auf eine gezielte Entscheidung der Sowjetregierung zurückzuführen ist, oder ob er eine Folge der sowjetischen Kriegsanstrengung war, ist bislang nicht untersucht worden.

Erst Anfang 1947 kamen wieder Immigranten ins Land. Es handelte sich dabei i.d.R. um Juden aus den westlichen Gebieten der Sowjetunion, die von deutschen Truppen besetzt gewesen waren. Ihre Dörfer und Städte waren zumeist völlig zerstört, so daß es ihnen nicht schwer fiel, an einem weit entfernten Ort ein neues Leben zu beginnen. In den zwei Jahren von 1946 bis 1948 wanderten so etwa 10.000 Juden zu, was ihren Bevölkerungsanteil um etwa ein Drittel erhöhte. Mit 30.000 Personen war dann aber der historische Höchststand erreicht. Mehr Juden sollte es in der Jüdischen Autonomen Provinz niemals geben.

Das erneute Aufblühen der Region kam Ende 1948 wiederum zum Stillstand. Stalins Kampagne gegen den "Kosmopolitismus" setzte ein und versuchte, jegliche Äußerung jüdischer Kultur in der UdSSR zu unterdrücken. Eine weitere Säuberungswelle überzog die Region und zerstörte nahezu alles, was in den vergangenen Jahren mühevoll wiederaufgebaut worden war. Das Jüdische Theater wurde geschlossen, der Großteil der jüdischen Autoren inhaftiert; aus der Shalom Aleichem Bibliothek hat man einen beträchtlichen Teil der jiddischen Literatur entfernt. Der Jiddisch-Unterricht an den Schulen wurde verboten. Die Einwanderung riß daraufhin abermals ab, und der jüdische Bevölkerungsantei ging in der Folgezeit wieder merklich zurück.78

Bis zur "Tauwetter"-Periode 1958 gibt es kein weiteres Material aus der Jüdischen Autonomen Provinz. Bei einer Volkszählung im Jahre 1959 bezeichneten sich von 162.000 Einwohnern gerade einmal 14.000 als Juden, was einen Anteil von 8,8% ausmacht. Die meisten davon hatten sich assimilert. Die wenigen gläubigen Juden waren zumeist alte Menschen. Die einzige, 1947 erbaute Synagoge der Provinz war bereits 1956 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden.79

Das gesamte Projekt einer jüdischen autonomen Provinz in der Sowjetunion muß als gescheitert betrachtet werden. Schon Lage und Beschaffenheit des Gebiets machten es für eine landwirtschaftliche Besiedlung ungeeignet. Doch hätten viele Schwierigkeiten bei einer konsequenten Förderung des Vorhabens durch die sowjetischen Behörden behoben werden können, so daß das Experiment doch noch zu einem relativen Erfolg hätte geführt werden können. Die beiden Säuberungswellen von 1936/38 und von 1948 zerstörten jedoch alles, was zuvor an Aufbauleistung erbracht worden war und machten alle Hoffnungen auf das Aufblühen der Region zunichte. Sie sind der Hauptgrund dafür, daß Birobidschan gescheitert ist.80

Dennoch muß man sich die Frage stellen, ob dem Projekt auch ohne die stalinistischen Terrorwellen Erfolg beschieden gewesen wäre. Am Beispiel Birobidschan zeigte sich die sowjetische Nationalitätenpolitik von einer ganz anderen Seite als bei den übrigen Minderheiten der UdSSR. Selbst bei den kleinsten Ethnien wurden zunächst künstliche Schriftsprachen geschaffen, sodann wissenschaftliche und kulturelle Einrichtungen aufgebaut, damit man ihnen im nächsten Schritt die Kulturautonomie gewähren konnte.81Die sowjetischen Juden bekamen dazu weder in Birobidschan, noch im übrigen Gebiet der UdSSR eine realistische Chance. Es erscheint fraglich, ob eine solche jemals für sie vorgesehen war.

7. Repression und Verfolgung unter Stalin

7.1 Die große Säuberung von 1936/38

Den Höhepunkt des stalinistischen Terrors bildete die Säuberungswelle während der 30er Jahre. Lasar Kaganowitsch, enger Vertrauter Stalins und selbst Jude, fungierte dabei als Organisator und Schlüsselfigur hinter den Kulissen des Parteiapparats. Die Säuberung selbst hatte Stalin von langer Hand vorbereitet, ehe die vielen Verhaftungen, Schauprozesse und Hinrichtungen 1936 einsetzten.

Seit Mitte der 20er Jahre sammelte Kaganowitsch in Listen die Namen von tausenden Gegnern.82Der damalige Leiter von Stalins Personal- und Berufungszentrale hegte - ähnlich wie sein Chef- einen besonderen Haß gegen die jüdischen Intellektuellen, deren Zahl mit der Abschaffung der zaristischen Quoten für die Universitäten seit 1917 sprunghaft angestiegen war. Die Juden hatten begonnen, die sich ihnen bietenden neuen Bildungsmöglichkeiten auf breiter Front zu nutzen und waren dadurch bis in die Spitzenpositionen von Staat und Partei vorgedrungen.

Man kann schwerlich behaupten, die Juden seien das Hauptangriffsziel des stalini- stischen Massenterrors der 30er Jahre gewesen, bildeten ihre Opfer doch nur einen vergleichsweise geringen Teil der auf insgesamt 7-10 Millionen geschätzten Toten.83Dennoch saßen in den größten Schauprozessen viele jüdische Parteifunktionäre auf der Anklagebank, die während der Revolution an vorderster Front gekämpft hatten.84Sie und viele andere Juden wurden aus den politischen Führungsetagen des Regimes entfernt. Von den 24 Jewsekzija-Funktionären wurden Ende der 30er Jahre 18 unter dem Vorwurf des jüdischen Nationalismus liquidiert85; von den Ausmaßen der Säuberung im Jüdischen Autonomen Gebiet in Birobidschan wurde bereits oben be- richtet.

Verschärft wurde die gefährliche Situation für die Juden durch die in den 30er Jahren allgegenwärtige Spionagehysterie. Durch die breite geographische Verteilung der Ostjuden und die vielen Emigrationsströme war den sowjetischen Juden ein weites Netz von verwandtschaftlichen Beziehungen ins Ausland zugewachsen. Das machte sie jetzt für mögliche Spionagetätigkeiten grundsätzlich verdächtig.86

Die sowjetische Agitation im Dienste Stalins nutzte die antisemitischen Vorurteile in der Sowjetunion zu einem rigorosen Vorgehen gegen die Juden. Die Zahl der jüdischen Opfer während des stalinistischen Terrors werden auf 500-600.000 geschätzt.

Wahrscheinlich trugen sie damit den größten Anteil unter den sowjetisschen Nationalitäten.87

Im Zuge der Terrorwelle wurden auch die gerade wiedererstandene kulturelle Blüte des russischen Judentums zugrundegerichtet. Bis 1939 wurde die große Mehrzahl der jüdischen Kultureinrichtungen einschließlich der 750 jiddischen Schulen geschlossen.88Zwar kam die jiddische Kultur dadurch nicht völlig zum erliegen, doch wurde ihr durch die Liquidierung zahlreicher Künstler und Intellektueller die Basis für eine weitere Entwicklung entzogen. Die Publikation jiddischer Literatur nahm bis 1939 rein zahlenmäßig nicht merklich ab. Während 1934 348 Buchtitel verlegt wurden, waren es 1939 noch 339. In den Jahren dazwischen bewegten sich die Zahlen auf ähnlichem Niveau.891938 aber wurden viele jüdische Tageszeitungen eingestellt, und auch bei den Periodika hatte sich seit einigen Jahren der Niedergang abgezeichnet.

Der Höhenflug der jiddischen Kulturproduktion war vorbei; die Terrorwelle hatte viele ihrer führenden Repräsentanten verschwinden lassen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten sollten die sowjetischen Juden nie wieder Gelegenheit zu einer ähnlichen Entfaltung ihrer kulturellen Kräfte erhalten.

7.2 Das sowjetische Judentum während des Krieges

Durch die Annexionen der polnischen Gebiete im Westen der UdSSR 1939/40 erhöhte sich die Anzahl der sowjetischen Juden von zwei auf fünf Millionen. Noch bevor das vitale Leben des traditionell-religiös geprägten polnischen Judentums einen stärkeren Einfluß auf die sowjetischen Juden ausüben konnte, wurde das gesamte jüdische Gemeinschaftsleben in den polnischen Gebieten liquidiert. Soziale Einrichtungen, auf die man nicht verzichten wollte, wurden in staatlich gelenkte Systeme einbezogen.90Etwa 500.000 Juden wurden verhaftet und nach Sibirien deportiert.91In weniger als zwei Jahren war dort so das eigenständige jüdische Leben gänzlich verschwunden.

Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in die UdSSR am 22.6. 1941 begann das dunkelste Kapitel des Judentums überhaupt. Die sowjetischen Juden waren von ihrer Regierung über die Vorgänge in den von Deutschland besetzten polnischen Gebieten bewußt im Unklaren gelassen worden. Auch nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion änderte Stalin nichts an dieser Informationspolitik. So kam es, daß die Juden in den westlichen Teilen des sowjetischen Imperiums nach 1941 nichtsahnend ihrem sicheren Untergang entgegen sahen. Diese Entwicklung der Dinge wurde durch

das bewußte Unterlassen jeglicher Evakuierungsmaßnahmen von Stalin gezielt gefördert.92

Die Opfer der jüdischen Massenerschießungen in den besetzten Gebieten wurden im sowjetischen Rundfunk und in den Zeitungen nur als Polen oder Ukrainer bezeichnet. Der spezifisch antisemitische Charakter der Hinrichtungen wurde bewußt verschleiert. Selbst als 1943 deutlich wurde, daß durch den deutschen Vernichtungsfeldzug die gesamte jüdische Bevölkerung der Ukraine von etwa einer Million Meschen umgebracht worden war, wurde diese Tatsache von den offiziellen sowjetischen Behörden weiter vertuscht.93 Die Vermutung drängt sich geradezu auf, daß Stalin den Holocaust stillschweigend tolerierte. Zwei der fünf Millionen Juden in der Sowjetunion wurden dabei ermordet.

Im Kreis der Sowjetführung sah man allerdings auch, daß die verbleibenden jüdischen Kräfte gebündelt werden mußten, sollte die sowjetische Kriegsanstrengung erfolgreich sein. Am 7.4. 1942 kam es daher zur Gründung des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, dem die prominentesten Vertreter der (noch verbleibenden) jüdischen Intelligenz angehörten. Den Vorsitz übernahm der international bekannte Schauspieler und Regisseur des Moskauer Jüdischen Theaters Solomon Michoels.

Das vorrangige Ziel des Komitees war es, die Kontakte zu den Auslandsjuden zu intensivieren, um diese für eine Unterstützung der sowjetischen Kriegsanstrengung zu gewinnen. Das Komitee war damit in erster Linie ein Propagandainstrument der Partei, das den Widerstand gegen den äußeren Feind im Inneren stärken und nach außen um finanzielle Hilfe werben sollte. Es war dem sowjetischen Propagandaministerium auch als Abteilung angegliedert.94

Darüberhinaus ließ sich durch das Engagement Stalins und der Bolschewiki für das Jüdische Antifaschistische Komitee das Nichtstun der Behörden in den bedrohten westlichen Gebieten geschickt vertuschen.95

Das Komitee arbeitete erfolgreich und blieb auch nach Kriegsende noch einige Jahre bestehen. Als mit dem Fortgang des Krieges allmählich die Ausmaße des Holocausts bekannt wurden, stärkte diese Erfahrung das fast schon verschwundene Bewußtsein einer jüdischen Existenz als Nation in der UdSSR. Die Arbeit des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, welches ja als einzige verbliebene jüdische Einrichtung geradezu zum Sammelpunkt des jüdischen Lebens werden mußte, förderte die neugewonnene Identifikation der sowjetischen Juden nachhaltig. Seine Auflösung und die Liquidierung der maßgeblichen Mitglieder folgte daher schon bald.

Noch während des Krieges verschwanden die beiden polnischen Bundisten-Führer Henrik Erlich und Viktor Alter, welche die Anregung zur Bildung des Komitees gegeben hatten. Aufgrund ihrer hevorragenden Verbindungen ins Ausland waren sie bei der Gründung sehr wertvoll gewesen. Als Stalin sie dann aber nicht mehr brauchen konnte, wurden sie am 4. Dezember 1941 insgeheim verhaftet und einige Zeit darauf umgebracht. Erst auf internationalen Protest hin gaben die sowjetischen Behörden im Februar 1943 ihre Hinrichtung zu.96Als Grund für ihre Verurteilung wurde Spiona- getätigkeit für Deutschland angegeben. Den anderen Mitgliedern des Komitees erging es zumeist nicht viel besser. Bis 1948 waren die meisten von ihnen einschließlich ihres berühmten Vorsitzenden Michoels getötet worden. Nur der bekannte Journalist und Schriftsteller Ilja Ehrenburg überlebte sämtliche Terrorwellen Stalins auf glückliche Weise. Das Jüdische Antifaschistische Komitee wurde 1948 aufgelöst. Eine jüdische Vertretung oder eine Parteiorganisation, die sich um jüdische Belange kümmerte, gab es danach in der Sowjetunion nicht wieder.

8. Zusammenfassung

Die Russische Revolution von 1917 beseitigte sämtliche Gesetze, welche die Juden im Zarenreich bis dahin massiv in ihrer Freiheit beschnitten hatten. Doch auch unter dem Regime der Bolschewiki erwiesen sich diese emanzipatorischen Verfügungen auf Dauer nur als bloßes Papier. Zwar wurden offene antisemitische Ausbrüche von staatlicher Seite bekämpft, bis sie schließlich verebbten, doch blieb die in Rußland tief verwurzelte Judenfeindschaft unterschwellig weiter existent.

Eine völlige Gleichberechtigung der jüdischen Bevölkerung in der Sowjetunion war nicht einmal theoretisch denkbar, da die Bolschewiki ihr Verhältnis zu den Juden nicht geklärt

hatten. Offiziell gelten Juden bis zum heutigen Tag in Rußland als Angehörige einer eigenen Nationalität. In der Praxis jedoch war die Sowjetführung nicht gewillt, ihnen diesen Status zuzugestehen. Autonomierechte, die den Juden analog zu denen der anderen Nationalitäten in der UdSSR zugestanden wären, wurden ihnen daher stets vorenthalten. Die Folge davon war, daß die sowjetischen Juden sich weiterhin als Außenseiter fühlen mußten und diese Rolle trotz zunehmender Assimilation wegen ihres Paßeintrags nie ganz verlieren konnten.

Die Assimilierung der Juden war das eigentliche Ziel der KP, falls es ein solches jemals gegeben hat. Die Maßnahmen der sowjetischen Behörden gegenüber den Juden waren so widersprüchlich wie ihre theoretischen Grundlagen. Die alten, religiös geprägten Traditionen wurden von den Machthabern brutal unterdrückt, bis sie schließlich verschwanden. Dasselbe geschah mit den Parteien. Als Ersatz bot man der jüdischen Bevölkerung eine weltliche kommunistische Kultur in jiddischer Sprache. Das, was von den Behörden nur als Instrument zur Indoktrination gedacht war, entwickelte sehr bald ein reges Eigenleben. Die jiddische Kultur erwuchs zu einer ungeahnten Blüte und stärkte die jüdische Identität. Diese Entwicklung lag nicht im Interesse der kommunistischen Machthaber, wurde aber während der gesamten 20er Jahre toleriert. Es waren zunächst soziale und wirtschaftliche Gesichtspunkte, welche das Sowjet- regime Mitte der 20er Jahre an die Errichtung von geschlossenen Siedlungsgebieten für die jüdische Minderheit vorbereiten ließ. Entsprechende Projekte im Westen der UdSSR scheiterten dann aber am Widerstand der einheimischen judenfeindlichen Bauernschaft. Dann wurde mit großem propagandistischen Aufwand mit dem Aufbau eines autonomen jüdischen Gebiets begonnen, dem man für später gar die Um- wandlung zu einer selbständigen Republik zusicherte. Die Beschaffenheit des Gebiets im Fernen Osten der UdSSR und der Verlauf der Besiedlungsmaßnahmen zeigten aber schnell, daß man niemals ernsthaft daran dachte, den Juden wirklich eine eigene Republik zu geben. Die Sowjetunion benötigte schlichtweg Menschenmaterial, um eine strategische Schwachstelle an ihrer Südostflanke zu kolonisieren. An einem weiteren Ausbau des "kommunistischen Judenstaates" hatte niemand ein gesteigertes Interesse

- nicht einmal die Juden selbst.

Unter der Diktatur Stalins trat die judenfeindliche Haltung der Russen wieder deutlicher hervor. Auch innerhalb der KP vermehrten sich jetzt die antisemitischen Äußerungen. Die Säuberungswelle von 1936/38 war nicht alleine gegen die Juden gerichtet, doch entfernte sie nahezu alle jüdischen Funktionäre aus den oberen Führungszirkeln der Partei. Die einfachen Juden konnten ebenso schnell Opfer des Massenterrors werden, waren sie doch wegen ihrer vielen Auslandskontakte zu ausgewanderten Verwandten prinzipiell der Spionage verdächtig. Die vielfältigen jüdischen Kultureinrichtungen wurden in dieser Zeit fast gänzlich zugrundegerichtet.

Nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion 1941 gab es von sowjetischer Seite keinerlei Evakuierungsmaßnahmen für die gefährdeten jüdischen Bevölkerungsteile. Stalin warnte die Juden im Westen seines Imperiums nicht einmal. Er überließ damit zwei Millionen bewußt desinformierter Menschen ihrer sicheren Ermordung durch die Nazis. Mit der Gründung des Jüdischen Antifaschistischen Komitees wurde dieser Verrat an den Juden obendrein dreist kaschiert. Das Komitee war ein reines Propa- gandainstrument, um die Sympathien der amerikanischen Juden und damit Gelder für die sowjetische Kriegsanstrengung zu erwirken. Als es nach Kriegsende nicht mehr gebraucht wurde, wurde es aufgelöst, nachdem man die meisten seiner Mitglieder liquidiert hatte.

Als Fazit kann man ziehen, daß es wohl kaum jemand in den Reihen der Bolschewiki gab, der ein ernsthaftes Interesse für die Lösung der Judenfrage in der UdSSR gehabt hätte. Die sowjetische Judenpolitik erscheint nach allem als pragmatisch im Sinne der wechselnden Politik der jeweiligen Machthaber in der Sowjetunion. Sie konnte sich stetig ändern und verfolgte nie ein klares Ziel. Auch nahm sie niemals Rücksicht auf die eigentlichen Betroffenen. Offener und latenter Antisemitismus kamen immer wieder zum Vorschein, obwohl er bei Todesstrafe verboten war. Ein tatsächliches Ende ihrer Diskriminierung erfuhren die Juden auch unter dem Regime der Bolschewiki nicht.

Literaturverzeichnis

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Vetter, Matthias: Antisemiten und Bolschewiki. Zum Verhältnis von Sowjetsystem und Judenfeindschaft 1917-1939. Berlin 1995.

[...]


1 Die russische Judenfeindschaft ist Teil eines uralten europäischen Phänomens und traditionell religiös geprägt. Sie hat insofern nichts mit dem modernen Antisemitismus zu tun, der in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts in Deutschland aufgekommen ist. Erst dieser versuchte, die Abneigung gegenüber den Juden mit einem Antagonismus zwischen einer fremden, orientalisch-jüdischen Rasse und einer arisch-christlichen Rasse zu begründen. Derartige Erklärungsmodelle blieben den Russen immer fremd. Heute jedoch werden die Begriffe der traditionellen Judenfeindschaft und des modernen Antisemitismus zumeist synonym verwendet. Deshalb soll von einer expliziten Differenzierung zwischen beiden Begrifflichkeiten auch in dieser Arbeit abgesehen werden. Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.183f.

2Vgl. Kappeler, S.82f. Dies fiel den damaligen Behörden gewiß nicht leicht, da die jüdische Gemeinschaft völlig andere Strukturen aufwies als die russische Gesellschaft. So fehlten den Juden etwa die beiden sozialen Gruppen des Adels und der Bauern, welche die tragenden Säulen des Zarenreichs bildeten.

3Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes III, S.195f.

4Vgl. ebd. S.201.

5 Vgl. ebd. S.202. Cohn, Protokolle, S.140ff. Kappeler, Rußland als Vielvölkerreich, S.274.

6Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.81.

7Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.203.

8Vgl. ebd. S.203f.

9Vgl. ebd. S.204f.

10 Vgl. ebd. S.284f.

11Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.83.

12Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.73f.

13Vgl. ebd. S.77.

14 Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.77.

15Vgl. Abosch, Antisemitismus in Rußland, S.83.

16Vgl. ebd. S.87.

17Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.84.

18Vgl. ebd. S.74.

19Lenin selbst sprach einmal "von der am meisten unterdrückten und gehetzten Nation: der jüdischen." Abosch, Antisemitismus in Rußland, S.90.

20 Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.78.

21Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.299.

22 Vgl. ebd. S.299.

23 Jüdische Parteien waren in Rußland schon in seit dem späten 19. Jahrhundert aktiv, wurden unter dem reaktionären Zarenregime aber stark in ihren Entfaltungsmöglichkeiten beschnitten. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs nahmen sie einen ungeheuren Aufschwung. Sie waren hauptsächlich sozialdemokratisch oder zionistisch orientiert.

24Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.300f.

25Vgl. ebd. S.301.

26 Vgl. ebd. S.302.

27Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.309.

28Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.172. Der Autor weist allerdings darauf hin, daß es sich bei dieser Entwicklung auch um ein modernes Geschichtsphänomen handelt, das nicht zwingend spezifisch an den Bolschewismus gebunden ist.

29Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.297.

30Vgl. ebd. S.298.

31 Vgl. ebd. S.302.

32Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.309.

33Bekannte Autoren waren z.B. Izi Kharik, Itzik Fefer, David Bergelson, Perez Markish, Pinchas Kahanowitsch/Der Nister, David Hofstein, Mose Kulbak, Leib Kwitko u.a. Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.310.

34 Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.311.

35Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.150.

36Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.305.

37Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.150.

38 Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.151.

39Vgl. Kolarz, Nationalitätenpolitik, S.203. Die Ozet war natürlich auch von Kommunisten kontrolliert. Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.151.

40Vgl. ebd. S.151. Prinzipiell war die KP gegen jede national-personelle oder national-kulturelle Autonomie der Juden. Wenn sie sich aber bereit erklärte, den jüdischen Sowjetbürgern Autonomie zu gewähren, so hatte sie dabei nur einen Teil der jüdischen Bevölkerung im Blick und wollte dies auch nur unter der Voraussetzung dulden, daß die Juden innerhalb des jeweiligen Territoriums die Mehrheit bildeten.

41Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.306.

42Vgl. ebd. S.306.

43 Vgl. Kolarz, Nationalitätenpolitik, S.203.

44Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.153.

45Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.143.

46Im September 1926 protestierte V. Ibraimow, der Vorsitzende des ZEK der Krim, gegen die Kolonisierungspläne. Der Protest veranlaßte Larin zu einer Untersuchung, die ihn schließlich zur "kulakischen Agitation" erklärte. Die Angelegenheit endete mit der Erschießung Ibraimows. Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.144.

47Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.156.

48Vgl. ebd. S.157.

49 Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.307.

50Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.204.

51Vgl. Ve tter, Antisemiten und Bolschewiki, S.245.

52Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.204.

53 Vgl. ebd. S.209.

54Vgl. Abramski, Le projet de colonisation, S.100.

55Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1045. Die genauen Gründe für die Besiedlung wurden bislang nicht dokumentarisch festgestellt, da die Parteiarchive geschlossen waren. Eine Monographie über die Jüdische Autonome Provinz (JAP), hg. vom Pädagogischen Institut Chabarowsk nennt hauptsächlich ökonomische Gründe, wie die hohe Arbeitslosigkeit in der UdSSR während der 20er Jahre, unter der v.a. die Juden zu leiden hatten. Die militärischen und politischen Erwägungen wurden hingegen verschwiegen. Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.160.

56Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1045.

57Vgl. Abramski, Le projet de colonisation, S.101.

58Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.205.

59Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1045.

60 Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.208.

61Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1046.

62Die nachhaltige Unterstützung des Birobidschan-Projektes entsprach allerdings nicht der tatsächlichen Meinung der betreffenden Funktionäre. In Wirklichkeit waren viele von ihnen gegen das Vorhaben eingestellt, was eine heftige interne Debatte auslöste. Gegner waren z.B. Bragin, Larin, Mereschin und Tschemeriski. Larin äußerte im privaten Kreis gar die Meinung, einige Antisemiten unter den sowjetischen Spitzenfunktionären hätten den Leuten der Ozet das Projekt eingeredet, um ihnen einen antisemitischen Streich zu spielen. Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.161ff. Doch fand die jüdische Kolonisation des Landstrichs in Kalinin, dem nominellen Staatsoberhaupt, auch einen einflußreichen Befürworter. Kalinin stellte auch die Umwandlung der Region in eine Republik in Aussicht. Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1046.

63Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.162. Tschemeriski prägte gar die Parole "Oib ir welt dos weln - wet dos sein." Dies war eine Abwandlung von Theodor Herzls Programm "Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen." Dieses allzu deutliche Zitat der zionistischen Losung mußte nach heftiger Kritik sofort wieder dementiert werden. Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.209.

64Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.162.

65Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.208.

66 So stellte etwa das prosowjetische Komitee ICOR in den USA Gelder zur Unterstützung von Neusiedlern zur Verfügung. Weiter förderte es den Straßenbau mit finanziellen Mitteln und übernahm das Patronat über die landwirtschaftliche Siedlung IKOR. Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.207.

67Vgl. Encyclopaedia Judaica (1929), S.832.

68Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.208.

69Vgl. ebd. S.210.

70Vgl. Kolarz, Nationalitätenpolitik, S.208.

71 Vgl. ebd. S.209.

72ehemals Tichonkaja

73Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1048.

74Vgl. Kolarz, Nationalitätenpolitik, S.210.

75Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.211. Kolarz, Nationalitätenpolitik, S.209. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1048.

76Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1048.

77 Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.211.

78Vgl. Encyclopaedia Judaica (1971), S.1048f.

79Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.213.

80Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.168.

81 Vgl. Golczewski, Jüdische Autonome Provinz, S.213.

82Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.59.

83Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.61.

84Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.65. So wurden verurteilt: Trotzki (in Abwesenheit), Sinowjew, Kamenew, Radek und Rykow.

85Vgl. Silberner, Kommunisten zur Judenfrage, S.149.

86 Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.330.

87Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.69f.

88Vgl. ebd. S.73.

89Vgl. Vetter, Antisemiten und Bolschewiki, S.331f.

90Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.315.

91 Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.73.

92Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.74.

93Vgl. ebd. S.75.

94Vgl. Ben-Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, S.390.

95 Vgl. Rapoport, Hammer, Sichel, Davidstern, S.78.

96 Vgl. Conquest, Am Anfang. S.577.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Politik der Sowjetunion gegenüber der jüdischen Minderheit von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
Hochschule
Universität Regensburg
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
1,3
Autor
Jahr
1994
Seiten
26
Katalognummer
V101359
ISBN (eBook)
9783638997768
Dateigröße
405 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Juden, UdSSR, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Christian Plätzer (Autor:in), 1994, Die Politik der Sowjetunion gegenüber der jüdischen Minderheit von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101359

Kommentare

  • Gast am 25.3.2002

    Juden in der UdSSR.

    Schade für diese Arbeit, unvollständig
    da nicht erwähnt, dass Juden Stalins
    Terrorapparat beherrschten und für
    die absolut grössten Völkermorde im
    20. Jahrhundert mitverantwortlich sind,
    ausserdem fehlt ein Kapitel darüber,
    wie Juden die GULags aufbauten und
    betrieben.

    Siehe Frankfurter Allgemeine
    vom 30. März 2000

Blick ins Buch
Titel: Die Politik der Sowjetunion gegenüber der jüdischen Minderheit von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs



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