Auswirkungen der Digitalisierung auf die Unternehmensführung


Hausarbeit, 2019

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Relevanz der Arbeit
1.2. Problemstellung und Ziel der Arbeit

2. Darstellung und Gültigkeit von Führungstheorien
2.1. Traditionelle Führungstheorien
2.1.1. Eigenschaftstheorien
2.1.2. Verhaltenstheorien
2.1.3. Situationstheorien
2.2. Neuere Führungstheorien
2.2.1. Symbolische Führung
2.2.2. Transaktionale und transformationale Führung
2.2.3. Emotionale Führung

3. Auswirkung der Digitalisierung auf Führung
3.1. Führen aus der Distanz
3.1.1. Veränderung durch Flexibilisierung der Arbeit und virtuelle Teams
3.1.2. Auswirkungen und Handlungsempfehlung bzgl. Führen aus der Distanz
3.2. Dynamische Führung
3.2.1. Veränderung durch agile Strukturen und Ambidextrie
3.2.2. Auswirkungen und Handlungsempfehlungen bzgl. Dynamische Führung
3.3. Demokratisierung der Führung
3.3.1. Veränderung durch Eigenverantwortung und flache Hierarchien
3.3.2. Auswirkungen und Handlungsempfehlungen bzgl. Demokratisierung von Führung
3.4. Diversität der Führung
3.4.1. Veränderung durch demografischen Wandel und Diversität
3.4.2. Auswirkungen und Handlungsempfehlungen bzgl. Diversität der Führung

4. Diskussion

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

1.1. Relevanz der Arbeit

Künstliche Intelligenz, Augmented Reality, Internet of Things oder Big Data sind nur einige Begriffe, die der Megatrend Digitalisierung mit sich bringt. Der Begriff Digitalisierung ist dabei wie folgt definiert. „ Digitalisierung [Hervorhebung im Original] bezeichnet den Wandel der privaten und der Arbeitswelt durch den vermehrten Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien.“ (Franken, 2016, S. 4). Im Rahmen dieses Wandels entstehen neue Arbeitsprozesse und -strukturen. Eine immer größere Anzahl an Arbeitsschritten wird von Maschinen übernommen. Doch Menschen werden auch in Zukunft unentbehrlich sein, um die vernetzten Prozesse zu steuern und weiter zu entwickeln sowie mit den Maschinen zu kommunizieren (Franken, 2016, S. 6). In dem immer schneller und komplexer werdenden Wettbewerb nimmt die Geschwindigkeit einen immer größeren Stellenwert ein. Dieser Zustand wird als „Dynaxität“ bezeichnet, worunter die zunehmende Beschleunigung bzw. Dynamik wirtschaftsbezogener Veränderungsprozesse und die damit verbundene steigende Komplexität der Aufgaben verstanden wird (Kasa & Gatternig, 2018, S. 205). Bspw. erwarten Konsumenten eine zügige, wenn nicht sogar taggleiche Lieferung von Waren oder Dienstleistungen. Unternehmen, die in diesem Wettrennen nicht mithalten können, laufen Gefahr, Opfer des Gesetzes der Internetökonomie „...die Schnellen fressen die Langsamen“ (Hoffmeister, 2013, S. 19) zu werden. Unternehmen müssen entsprechend ihre internen Prozesse auf Schnelligkeit trimmen und ihre Abteilungen darauf ausrichten auf Chancen sowie Risiken schnell reagieren zu können. Flexible Strukturen und schnelle Entscheidungswege bilden hierfür die Basis (Franken, 2019, S. 18). Unternehmen versuchen dies u.a. durch den Einsatz von Digitalisierung, Globalisierung und der damit verbunden Nutzung aller Zeitzonen sowie unter Einbezug von agilen Arbeitsweisen zu generieren. Hochqualifizierte Mitarbeiter, globale Verteilung der Aufgaben und flexible sowie agile Arbeitsweisen wirken sich jedoch auf die Teams aus. Die Veränderungen durch die Digitalisierung bzw. die hierdurch initiierte Wandlung der Arbeitswelt, insb. auf der Ebene der Teamstruktur, haben ebenfalls Auswirkungen auf Führung. Die Folgen der Digitalisierung stellen neuartige Anforderungen und Herausforderungen an die Führungskräfte.

1.2. Problemstellung und Ziel der Arbeit

Die Digitalisierung sorgt für disruptive Veränderungen in der Unternehmenswelt. Um innovative Geschäftsmodelle zu realisieren, müssen Unternehmen ihre Prozesse und ihre Teams neu aufstellen. Geografisch verteilte, vernetzt agierende und autonom arbeitende Teams sind die Folge. Die durch die digitale Transformation verursachten Änderungen in den Teamstrukturen erfordern jedoch neue Führungsstile. Hatte die Führungskraft früher die Möglichkeit ihr Team regelmäßig, wenn nicht sogar täglich zu sehen und Gespräche von Angesicht zu Angesicht zu führen, erfolgt der Austausch der Führungskraft mit seinen Mitarbeitern unregelmäßiger und vermehrt über digitale Kommunikationsmedien. Traf die Führungskraft vorher meist alleine Entscheidungen, erfolgt die Entscheidungsfindung in agilen Teams meist selbstverantwortlich auf Mitarbeiterebene, was eine Delegation der Entscheidungskompetenz und ein Loslassen von Verantwortung erfordert (Kreutzer, 2018, S. 27). Franken (2016, S. 68-69) weist ergänzend darauf hin, dass Führungskräfte zudem mit einer zunehmenden Flexibilisierung konfrontiert werden. Mitarbeiter arbeiten flexibel und selbstorganisiert an sich abwechselnden Aufgaben, zu flexiblen Arbeitszeiten, an flexiblen Arbeitsorten, unter Nutzung moderner Technologien wie bspw. mobile Devices, spezieller Collaboration Tools sowie Cloud Computing. Die Auswirkungen der Digitalisierung stellen neue, anspruchsvolle Herausforderungen und Anforderungen an Führungskräfte. Bisher bewährte, traditionelle und neuere Führungstheorien werden zunehmend in Frage gestellt. Für Unternehmen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass ihre Führungskräfte mit den Auswirkungen der Digitalisierung umgehen und ihre Mitarbeiter beim digitalen Wandel entsprechend begleiten können.

Ziel dieser Arbeit ist es zu beleuchten, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Führung hat. Hierzu soll zunächst aufgezeigt werden, wie Führung definiert wird. Im Anschluss soll betrachtet werden, welche Führungstheorien existieren und wie deren Gültigkeit in der aktuellen Arbeitswelt von der Literatur gesehen wird. Insbesondere sollen traditionelle sowie neuere Führungstheorien vorgestellt werden. Anschließend sollen sowohl die wahrscheinlich größten Veränderungen im Zusammenhang mit Digitalisierung und deren Auswirkungen auf Führung dargestellt werden als auch wie Führungskräfte mit diesen umgehen können. Abschließend soll diskutiert werden, welche kritischen Sichtweisen bestehen.

2. Darstellung und Gültigkeit von Führungstheorien

In diesem Kapitel soll vorgestellt werden, wie Führung definiert ist und welche Führungstheorien existieren. Am Ende der jeweiligen Unterkapitels 2.1 sowie 2.2 soll kurz aufgezeigt werden, wie die Gültigkeit der vorgestellten Führungstheorien in der aktuellen, digitalen Arbeitswelt von der Literatur gesehen wird.

Zunächst stellt sich die Frage, was unter Führung zu verstehen ist bzw. welche Aufgaben Führungskräfte haben. Für Weibler (2016, S. 22) heißt Führung, „...andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt.“. Die Einflussnahme der Führungskraft ggü. ihren Mitarbeiter umfasst dabei die zwei Dimensionen Lokomotion und Kohäsion, wobei sich Lokomotion auf die Zielerreichung der Mitarbeiter in der Gruppe richtet und Kohäsion den menschlichen Zusammenhalt der Mitarbeiter im Unternehmen sichern soll (Klaus & Schneider, 2016, S. 187). Als Aufgabe von Führungskräften in der Unternehmenswelt sieht Franken (2019, S. 4) „...das Handeln aller Mitarbeiter im Unternehmen auf den gemeinsamen Erfolg hin auszurichten.“. Dabei sollen sich die Führungskräften nicht nur an den Aufgaben orientieren, sondern ebenfalls die Bedürfnisse der unterstellten Mitarbeiter berücksichtigen (Daigeler & Hölzl & Raslan, 2015, S. 8). Dies unterstreichen Nerdinger, Blickle und Schaper (2019, S. 96), die schreiben, dass neben der Berücksichtigung von Unternehmenszielen auch Humanziele im Rahmen der Führung verfolgt werden sollen, denn nur hierdurch wird neben der Leistung ein zweites wichtiges Kriterium des Führungserfolges erfüllt, und zwar das Wohlbefinden bzw. die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Ziel der Führungskraft sollte es folglich sein, „...die gegenwärtigen und zukünftigen ... Arbeits-bedingungen der ihnen folgenden Personen positiv (mit)zugestalten.“ (Weibler, 2016, S. 10).

Um Führungsphänomene besser beschreiben und erklären zu können, wurden diverse führungstheoretische Ansätze entwickelt. Die Populärsten werden nachfolgend vorgestellt.

2.1. Traditionelle Führungstheorien

Den traditionellen Führungstheorien ist gemein, dass sie sehr eng mit den personellen Eigenschaften und dem Verhalten der Führungskraft verbunden sind (Lang & Rybnikova, 2014, S. 20). Sie entstanden primär in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und folglich in der Zeit der maschinellen Massenproduktion, in der die meist wenig qualifizierten Mitarbeiter tendenziell als Teil der Maschine gesehen wurden und das Führungsverhalten von Kontrolle und Anweisung geprägt war (Franken, 2019, S. 312). Unter traditionellen bzw. klassischen Ansätzen werden die Eigenschafts-, die Verhaltens- und die Situationstheorie verstanden.

2.1.1. Eigenschaftstheorien

Die vielleicht historisch älteste Theorie ist die Eigenschaftstheorie. Geht die Alltagspsychologie hier eher von dem Charisma eines Führers aus, sieht die Organisationspsychologie bei dieser Theorie die Ursache des Führungserfolges in den Eigenschaften der Person bzw. seiner Persönlichkeit (Nerdinger et al., 2019, S. 98). Nach Franken (2019, S. 27) „...beschreibt der Begriff „Persönlichkeit“ ein zeitlich überdauerndes Muster des Verhaltens eines Menschen.“. Die Situation wird in dieser Theorie hingegen nicht beachtet. Vielmehr geht es um die angeborenen Persönlichkeitsmerkmale der Führungskraft, sprich den geborenen Führer. Bestimmte situationsunabhängige Eigenschaften der Person entscheiden folglich über Erfolg oder Misserfolg der Führung. Nerdinger et al. (2019, S. 100) zeigen angelehnt an das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit von Borkenau und Ostendorf (1993) auf, dass folgende Eigenschaften die Persönlichkeit beschreiben:

- Gewissenhaftigkeit (tendenziell disziplinierte, pünktliche, penible Menschen),
- Extraversion (tendenziell gesellige, aktive, energische Menschen),
- Neurotizismus (tendenziell nervöse, ängstliche, traurige Menschen),
- Verträglichkeit (tendenziell mitfühlende, verständnisvolle, wohlwollende Menschen)
- Offenheit für Erfahrungen (tendenziell wissbegierige, kreative, fantasievolle Menschen)

Die zuvor genannten fünf Persönlichkeitsdimensionen werden häufig auch als „Big Five“ bezeichnet, mit deren Hilfe sich Persönlichkeitsunterschiede in allen Kulturen beschreiben lassen und die zudem zu der meist genutzten Trait-Taxonomie in der Persönlichkeits-forschung zählt (Rauthmann, 2017, S. 627). Um zu ermitteln, welche Persönlichkeits-eigenschaften eine hohe Bedeutung für den Führungserfolg haben, wurden verschiedene empirische Studien durchgeführt. Nerdinger et al. (2019, S. 100) zeigen am Beispiel der umfangreichen Metaanalyse von Judge, Bono, Ilies und Gerhardt aus dem Jahr 2002 auf, dass Gewissenhaftigkeit sowie Extraversion einen hohen positiven Zusammenhang und Neurotizismus einen negativen Zusammenhang zum Führungserfolg aufweisen. Daneben existieren noch diverse Studien, die einen ebenfalls moderaten positiven Zusammenhang zwischen der allgemeinen Intelligenz und Führungserfolg aufzeigen (Franken, 2019, S. 313). Die Persönlichkeit hat folglich Einfluss auf den Führungserfolg, kann diesen jedoch nicht vollständig erklären, da u.a. die Untersuchungen lediglich einen moderaten Zusammenhang aufweisen (Nerdinger et al., 2019, S. 100). Aus diesem Grund müssen weitere Aspekte, wie das Verhalten des Führenden beleuchtet werden.

2.1.2. Verhaltenstheorien

Sah die zuvor genannte Eigenschaftstheorie die Persönlichkeit des Führenden als Quelle des Erfolges an, geht die Verhaltenstheorie davon aus, dass das konkrete Verhalten der Führungskraft den Führungserfolg bestimmt. Peters (2015, S. 22-23) zeigt auf, dass das Führungsverhalten von den drei unabhängigen Dimensionen Aufgaben-, Mitarbeiter- und Partizipationsorientierung bestimmt wird. Steht bei der aufgabenorientierten Führung primär die erfolgreiche Erledigung der Aufgaben im Fokus, werden bei der mitarbeiterorientierten Führung die Wertschätzung und die Bedürfnisse der Mitarbeiter hervorgehoben. Daneben zeigt der Partizipationsgrad an, wie intensiv die Beteiligung der Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen ist (ebd.). Den Grad der Partizipation stellt Franken (2019, S. 315-316) mit dem von Tannenbaum und Schmidt (1958) entwickelten „Führungskontinuum“ dar. Dieses umfasst sieben Führungsstile, die vom autoritären und patriarchischen Führungsstil (Willensbildung beim Vorgesetzten) über den informierenden, beratenden und kooperativen Führungsstil (tendenziell ausgewogene Willensbildung Vorgesetzte/Mitarbeiter) bis zum delegativen und teilautonomen Führungsstil (Willensbildung beim Mitarbeiter) reicht. Ein weiterer bekannter Ansatz ist das von Blake und Mouton im Jahr 1964 entwickelte Gitter zu den beiden Verhaltensdimensionen Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung, welches als „Managerial Grid“ bezeichnet wird und überwiegend auf den Forschungsergebnissen der Ohio-State-Führungsstudien und der Michigan-Studien basiert (Becker, 2015, S. 26-27). Innerhalb des Gitters, mit den beiden Achsen „Betonung des Menschen“ (Mitarbeiterorientierung) und „Betonung der Produktion“ (Aufgabenorientierung), werden von Blake und Mouton fünf primäre Führungsstile definiert. Eine grafische Darstellung des „Managerial Grid“ ist im Anhang zu ersehen. Bspw. kann ein Managerial Grid bei der Analyse einer Akkordarbeit eine hohe Aufgabenorientierung und eine niedrige Mitarbeiterorientierung als Führungsstil aufzeigen. Häufig streben Unternehmen ein Führungsstil mit hoher Aufgaben- und hoher Mitarbeiterorientierung an. Viele Unternehmen nutzen daher das sog. Grid-Training, um ihre Führungskräfte auszubilden. Hierbei werden die Führungskräfte, basierend auf einer Analyse ihres individuellen Führungsstils, gezielt in Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung geschult (Becker, 2015, S. 27-28). Die drei zuvor genannten Dimensionen Aufgaben-, Mitarbeiter- und Partizipationsorientierung helfen der Führungskraft zwar ihr Führungsverhalten zu reflektieren, jedoch werden bei der Verhaltenstheorie die situativen Gegebenheiten, wie bspw. die aktuelle Arbeitssituation vollständig ausgeblendet, was für Kritik an dieser Theorie sorgt (Peters, 2015, S. 23).

2.1.3. Situationstheorien

Ausgehend von der Erkenntnis, dass es nicht den einen Führungsstil für alle Situationen gibt, wurden in den 1960er Jahren die sog. Situationstheorien der Führung entwickelt. Kerngedanke ist, dass je nach Situation ein anderer angemessener Führungsstil zum Erfolg beiträgt, den jedoch die Führungskraft zuvor selbstständig erkennen soll (Franken, 2016, S. 34). Folglich wird der „richtige“ Führungsstil von der jeweiligen Situation bestimmt (Peters, 2015, S. 23). Unter den vielen entwickelten Ansätzen, soll zunächst das Reifegradmodell von Hersey und Blanchard aus dem Jahr 1982 skizziert werden. Wie der Name vielleicht bereits vermuten lässt, steht bei diesem Modell der Reifegrad des Mitarbeiters im Fokus und bestimmt den Führungsstil der Führungskraft. Der Reifegrad des Mitarbeiters wird dabei von seiner persönlichen Reife (u.a. Motivation zur Übernahme von Verantwortung und Selbstsicherheit) sowie seiner Arbeitsreife (u.a. arbeitsrelevanten Fähigkeiten und das fachliche Wissen) definiert. Durch diese beiden Dimensionen entsteht ein vier Quadranten-Schema, woraus sich vier mögliche Reifegrade mit den jeweils passenden Führungsstilen ergeben (ebd., S. 23-24). Ausgehend vom Reifegrad nutzt die Führungskraft entsprechend einen tendenziell eher Aufgaben- und/oder Mitarbeiterorientierten Führungsstil. Wobei mit zunehmender Reife des Mitarbeiters sich die Aufgabenorientierung abschwächt. Unreife Mitarbeiter benötigen jedoch eine hohe Aufgabenorientierung, da sie genau angewiesen werden müssen. Der Reifegrad eines Mitarbeiters ist jedoch nicht statisch, sondern entwickelt sich durch ständiges Hinzulernen kontinuierlich weiter (Peters, 2015, S. 24). Die vier Führungsstile werden als „telling“ (autoritärer Führungsstil), „selling“ (überzeugender Führungsstil), „participating“ (unterstützender Führungsstil) oder „delegating“ (delegierender Führungsstil) bezeichnet (Franken, 2019, S. 317). Eine grafische Darstellung des Modells der situativen Führung nach Hersey und Blanchard ist im Anhang zu ersehen.

Ein weiteres situatives Führungsmodell ist das normative Entscheidungsmodell nach Vroom und Yetton aus dem Jahr 1973, was hier nur kurz erwähnt und grob umrissen werden soll. Kern des Entscheidungsmodells ist ein Entscheidungsbaum, der die Führungskräfte in die Lage versetzen soll den effizientesten Führungsstil bzw. den Partizipationsgrad des Mitarbeiters je nach Situation auswählen zu können. Dies gelingt der Führungskraft mit Hilfe von sieben Entscheidungsfragen, deren Beantwortung mit ja oder nein zu einer von fünf Führungsstilen führt (Peters, 2015, S. 27). Auch wenn sich die situative Führung als deutlich flexibler ggü. der Eigenschafts- und Verhaltenstheorien zeigt, kritisiert Franken (2019, S. 318), dass die Kompetenz der Führungskraft nicht berücksichtigt wird.

Grote und Hering (2012, S. 2) zeigen auf, dass zwar traditionelle Führungstheorien noch allgegenwärtig angewendet werden, jedoch die meisten Konzepte mit ihren durchschnittlich ca. 40 Jahren tendenziell veraltet sind und nicht mehr als vollständig gültig angesehen werden können. Auch Franken (2019, S. 319) unterstreicht, dass mit der Veränderung der Arbeitswelt, u.a. durch Automatisierung und dem höheren Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, die traditionellen Führungstheorien mit ihren zum Teil autoritären Führungsstilen kontraproduktiv wirken und nicht mehr zeitgemäß sind.

2.2. Neuere Führungstheorien

Im Zuge der Weiterentwicklung der Arbeitswelt wurden neuere Führungstheorien entwickelt und diese stellen zugleich einen Versuch dar, das Führungsverständnis zu modernisieren. Lang und Rybnikova (2014, S. 20) schreiben, dass diesen neuen Führungstheorien gemein ist, dass sie eine breitere Perspektive auf Führung durch die stärkere Fokussierung auf die Bedeutung von Mitarbeitern und den Interaktionsprozess zwischen Mitarbeiter und Führungskraft erlauben. Bei dem Wandel von „traditionellen“ zu „neueren“ Theorien kann von einem Übergang von einer Verhaltens- hin zu einer Prozessperspektive gesprochen werden (ebd.). Zu den neueren Führungstheorien gehören vor allem die symbolische, die transaktionale und transformationale sowie die emotionale Führung.

2.2.1. Symbolische Führung

Gegenüber den traditionellen Führungstheorien, bei denen primär universelle Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Fokus standen, basiert die symbolische Führung auf dem interpretativen Paradigma, was eine subjektive Deutung von Führungsgeschehen beinhaltet (Lang & Rybnikova, 2014, S. 234). Zu den Instrumenten der symbolischen Führung zählt Franken (2016, S. 38) u.a. Geschichten, Legenden und Hymnen als verbale Symbole, Rituale, Zeremonien und Tabus als interaktionale Symbole sowie Logos, Kleiderordnung und Bürogestaltung als objektivierte Symbole. Bei dieser Theorie wird nicht nur betrachtet was eine Führungskraft macht, sondern ebenso auch wie die Führungskraft dies tut (Nerdinger et al., 2019, S. 106). Hintergrund ist, dass das Verhalten der Führungskraft, also wie sie es macht, bestimmte Werte, Überzeugungen und Kultur des Unternehmens widerspiegelt (Franken, 2019, S. 320). Nerdinger et al. (2019, S. 107) verdeutlichen dies an dem Beispiel, dass die Abschaffung automatischer Erfassungsanlagen von Arbeitszeit ein Vertrauen der Unternehmensleitung in die Mitarbeiter symbolisieren kann. Ein weiteres Beispiel ist die prinzipiell offene Bürotür des Vorgesetzten, der damit Transparenz und Gesprächsbereitschaft für seine Mitarbeiter symbolisieren möchte, woraus die Mitarbeiter ihren Wert für den Vorgesetzten bzw. das Unternehmen schließen (ebd.). „So gesehen ist jedes Führungsverhalten immer auch symbolische Führung, da die Mitarbeiter aus dem Verhalten des Vorgesetzten Rückschlüsse auf seine Werte und Zielsetzungen ziehen.“ (Nerdinger et al., 2019, S. 107). Dies ähnelt dem 1. Axiom aus Paul Watzlawicks (1969) Kommunikationsmodell, dass man nicht nicht kommunizieren kann und folglich, „...dass jedes Verhalten in einer interpersonalen Situation Mitteilungscharakter aufweist...“ (Röhner & Schütz, 2016, S. 30). Franken (2019, S. 321) weist bezüglich der zuvor erwähnten Rückschlüsse der Mitarbeiter auf die Werte des Vorgesetzten darauf hin, dass Werte eine sehr bedeutende Rolle für menschliches Verhalten einnehmen, weshalb es wichtig ist, dass die verkündeten und gelebten Werte übereinstimmen, da sonst symbolische Führung nicht wirken kann. Nerdinger et al. (2019, S. 107) unterstreichen dies, indem sie Führungskräften dazu raten authentisch zu agieren, da sonst die Gefahr besteht, nicht glaubwürdig zu sein. Daneben zeigen sie auf, dass Handlungen immer mehrdeutig sein können und es in der Interpretation des Mitarbeiters liegt, wie die Botschaft ankommt. An dieser Stelle sei ein kurzer „Schulterblick“ zum Kommunikationsmodell von Schulz von Thun erlaubt. Er verweist ebenfalls mit seinem Kommunikationsquadrat und den „Vier Seiten einer Nachricht“ darauf, „... dass ein und dieselbe Nachricht stets viele Botschaften gleichzeitig enthält“ [Hervorhebung im Original] (Schulz von Thun, 1981/2016, S. 27), was zu Störungen in der Kommunikation führen kann. Für die symbolische Führung heißt dies, dass das gewünschte Verhalten bei den Mitarbeitern nur dann erfolgen kann, wenn diese die Botschaft bzw. das Symbol richtig deuten (Lang & Rabnikova, 2014, S. 239). Es zeigt gleichzeitig, wie zentral die Rolle des Mitarbeiters in dieser Theorie ist und welchen Einfluss sie damit auf den Führungserfolg haben, was dazu führt, dass nicht nur Vorgesetzte ihre Mitarbeiter führen, sondern auch umgekehrt die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten führen (Nerdinger et al., 2019, S. 107).

2.2.2. Transaktionale und transformationale Führung

Das Konzept der transaktionalen und transformationale Führung geht auf Burns (1978) zurück, welches von Harold Bass (1985) aufgegriffen und für die Wirtschaft weiterentwickelt wurde (Peters, 2015, S. 52). Im Zentrum der transaktionalen Führung steht eine rationale und stabile Austauschbeziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, die an die Erwartungs-Valenz-Theorie von Vroom (1964) angelehnt ist (Boerner, 2004, S. 319-320). Diese Austauschbeziehung besagt, dass Vorgesetze ihre Mitarbeiter dazu bringen bestimmte Ziele zu erfüllen, im Austausch für eine Belohnung, welche bspw. aus einer Bonuszahlung, einer Beförderung oder einem Lob bestehen kann (Peters, 2015, S. 52). Es wird deutlich, dass dieses Konzept eine extrinsische Motivationswirkung für den Mitarbeiter hat und primär den Homo oeconomicus anspricht. Im Gegensatz zur transaktionalen Führung steht bei der transformationalen Führung die Sinnorientierung im Fokus und versucht die Ziele, Werte, Motive und das Vertrauen der Mitarbeiter zu beeinflussen (Franken, 2016, S. 40). Bei diesem, an der ganzen Persönlichkeit der Mitarbeiters ausgerichteten Führungsansatzes, versucht der Vorgesetzte die Ziele, Werte und Motive sowie die Bedürfnisse und Präferenzen der Mitarbeiter zu verändern bzw. zu transformieren und diese zugleich auf eine höhere Reifestufe anzuheben (ebd.). Um eine Erfolgswirkung zu erzielen, haben transformationale Führungskräfte begeisternd für bestimme Werte einzutreten und zu versuchen auch ihre Mitarbeiter davon zu begeistern, sodass „...die Mitarbeiter wichtige Werte der Führungskräfte übernehmen [Hervorhebung im Original].“ (Pundt & Nerdinger, 2012, S. 35). Nach Peters (2015, S. 55) ist es zudem erforderlich, dass die Führungskraft den Mitarbeitern mehr Entscheidungskompetenz einräumt, sie selber als Vorbild agiert und wahrgenommen wird sowie die Führungskraft durch eine hohe Kooperationsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit die Veränderung fördert als auch das Selbstvertrauen der Mitarbeiter stärkt. Gelingt dieses, steigt die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen der Führungskraft bzw. dem Unternehmen und lässt die Anstrengungen zur Erreichung der Ziele zunehmen, da die intrinsische Motivation der Mitarbeiter steigt (Franken, 2016, S. 40). Nerdinger et al. (2019, S. 103) beschreiben dies als eine Transformation der normalen Anstrengung hin zu einer Extra-Anstrengung. Es sei noch angemerkt, dass sich die beiden Führungsstile nicht ausschließen oder entgegenwirken, sondern eher komplementären Charakter haben. Peters (2015, S. 57) weist darauf hin, dass transaktionale Führung zwar auch alleine wirken kann, jedoch nur durch ergänzende transformationale Elemente eine höhere Motivation und Effizienz erwartet werden kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Unternehmensführung
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
23
Katalognummer
V1014361
ISBN (eBook)
9783346408402
ISBN (Buch)
9783346408419
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeits- und Organisationspsychologie
Arbeit zitieren
MBA, M. A. Jens Kellner (Autor:in), 2019, Auswirkungen der Digitalisierung auf die Unternehmensführung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014361

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