Sozialökonomische Betriebe und ihre Verflechtung mit dem ersten Arbeitsmarkt


Seminararbeit, 2001

26 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG

EINLEITUNG

1. ZUR BEDEUTUNG SOZIALÖKONOMIS CHER BETRIEBE

2. BESCHREIBUNG VON VIER SOZIALÖKONOMISCHEN BETRIEBEN IN GRAZ
2.1. BYCICLE
2.1.1. Bicycle - das Entwicklungsprojekt Fahrrad Verein
2.1.2. Wie alles anfing Bicycle im Rückblick!
2.1.3. Die Vereinsstrukturen 8
2.1.4. Organisationsstruktur: Die Bicycle-Filialen im Ü berblick
2.1.5. Bycicle - Der sozialökonomische Betrieb
2.2. BAN
2.2.1. Entrümpelungen - Ü bersiedlungen - Transport
2.2.2. Die Laugerei
2.2.3. Altwaren
2.3. REHA-DRUCK
2.4. MODELLO

3. ZUR VERNETZUNG SOZIALÖKONOMISCHER BETRIEBE MIT DEM ERSTEN ARBEITSMARKT
3.1. STUDIE ZUR EFFIZIENZ VON SOZIALÖKONOMISCHEN BETRIEBEN
3.1.1. Zur Zielsetzung der Studie
3.1.2. Zu den Evaluierungs-Methoden in der Studie
3.1.3. Beschäftigungswirksamkeit der Sozialökonomischen Betriebe
3.2. PERSÖNLICHE BEFRAGUNGEN ZUR WIRKSAMKEIT DER EINZELNEN SÖBS
3.2.1. Bicycle: Fußfassen am ersten Arbeitsmarkt!
3.2.2. Reha-Druck
3.2.3. Chance B
3.3. DER WETTBEWERB
3.4. ZUR ROLLE DER SOZIALPÄDAGOGIK

LITERATUR

ZUSAMMENFASSUNG

In diesem Bericht wird die Bedeutung von Sozialökonomischen Betrieben behandelt. Nach einer eingängigen Beschreibung der Aufgaben von Sozialökonomischen Betrieben werden vier Unternehmen aus dem Raum Graz näher vorgestellt. Im Besonderen wird dabei auf die Verflechtung mit dem ersten Arbeitsmarkt eingegangen, wobei auch das Ergebnis einer Studie zur Effizienz von Sozialökonomischen Betrieben von großem Interesse ist. Abschließend wird die Thematik der Wettbewerbssituation mit marktwirtschaftlich orientierten Betrieben und der Stellenwert der Sozialpädagogik in diesem Zusammenhang diskutiert.

Im Rahmen des Seminars zur „Sozialpädagogik in der Berufsbildung“ beschlossen wir, uns mit Sozialökonomischen Betrieben auseinanderzusetzen. Da teilweise bereits Vorerfahrungen mit diesem Bereich vorhanden waren und einige von uns sich auch in anderen Lehrveranstaltungen mit diesen Inhalten beschäftigten, war es für uns sehr spannend, uns aus der Perspektive des Gegenstands der Sozialpädagogik dieser Thematik anzunähern.

In diesem Bericht wird dargestellt, wodurch diese Art von Unternehmen gekennzeichnet ist. Von besonderem Interesse ist ebenfalls die Verbindung zum sogenannten ersten, wettbewerbsregulierten Arbeitsmarkt.

Zur Veranschaulichung wurden von uns vier Sozialökonomische Betriebe im Raum Graz analysiert, welche in dieser Arbeit ausführlich beschrieben werden. Um einen authentischeren Bericht verfassen zu können, wurden diese von uns persönlich aufgesucht und Gespräche mit den GeschäftsführerInnen geführt.

Das Spannende an der Entwicklung von Sozialökonomischen Betrieben ist der Widerspruch, dass sie auf der einen Seite „sozial“ sein sollen, im Sinne des Wohlbefindens und der Entwicklung von einzelnen Menschen und der Gesellschaft, andererseits müssen sie sich jedoch auch ökonomisch rentieren. Die Verbindung mit dem ersten Arbeitsmarkt ist besonders deshalb interessant, da besondere Wettbewerbsvorteile speziellen Nachteilen gegenüber stehen.

Um den SeminarteilnehmerInnen einen besseren Einblick in die Situation von Sozialökonomischen Betrieben anbieten zu können, wurde die Sozialpädagogin des Vereins Bicycle, Frau Mag. Ullrich, eingeladen, um unmittelbar Fragen stellen zu können.

1. Zur Bedeutung Sozialökonomischer Betriebe

Sozialökonomische Betriebe (SÖB) wurden bereits in den 80er Jahren als Privatinitiativen gegründet. Man sah in ihnen eine geeignete Maßnahme zur Reintegration von am Arbeitsmarkt besonders benachteiligten Personen und förderte sie.

1991 wurde der Verein „Verband der Sozialökonomischen Betriebe Steiermark“ gegründet. Zum einen setzte man sich das Ziel in der Schaffung einer Interessensvertretung der Projekte gegenüber den Fördergebern und zum anderen übernahmen die Initiatoren die Projekterstberatung. Ein Jahr später beschloss die Steiermärkische Landesregierung ein eigenes Ressort zur Finanzierung von Sozialökonomischen Betrieben. Das bedeutete bereits die erste Initiative zugunsten von Kollektivverträgen in den Sozialökonomischen Betrieben.

Im gleichen Zeitrahmen legte man bereits auch erste Standards für Förderverträge fest. 1993 wurde in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice ein Transplacementkonzept erstellt, welches den Ablauf und den Inhalt der Betreuungsarbeit beinhaltet. Vertreter des Verbandes der Sozialökonomischen Betriebe und des Arbeitsmarktservice erarbeiteten gemeinsam einen Effizienzkriterien-Katalog, der die Bereiche der

- Betreuung
- Organisation
- Wirtschaftlichkeitg
- Förderinstrumente

generell definiert. Dieses Transplacementkonzept, sowie auch der Effizienzkriterien-Katalog, gelten als Vorreiter für die heutigen österreichweiten Standards. Zusätzlich wurde die Einrichtung eines vierteljährlichen Jour Fixe für SÖB- und AMS-MitarbeiterInnen festgelegt.

Zu weiteren Aufgabengebieten des Verbandes der sozialökonomischen Betriebe zählen heute :

- Interessensvertretung
- Ansprech- und VerhandlungspartnerIn
- Informations- sowie Öffentlichkeitsarbeit
- Schulungs- und Seminarorganisation
- Gründungs- und Erstberatung für andere Betriebe
- Organisations- und Produktentwicklung.

Sozialökonomische Betriebe sind Wiedereingliederungsunternehmen für langzeitarbeitslose Personen. Die Grundidee ist die Eingliederung von Arbeitslosen in Wirtschaftsbetriebe durch befristete Beschäftigung.

Die Sozialökonomischen Betriebe verstehen sich als neue ArbeitgeberInnen und führen Unternehmen, deren Ziel die berufliche und soziale Integration von Menschen in schwierigen Lebenslagen ist. Sozialökonomischen Betriebe schaffen aber auch Arbeitsplätze für qualifizierte Personen, sogenannte Schlüsselkräfte, die kaufmännische, sozialpädagogische oder handwerkliche Aufgaben übernehmen und Projekte managen, leiten, planen, und vieles mehr. Die Sozialökonomischen Betriebe sind einerseits wirtschaftlich orientierte Unternehmen, andererseits unterstützen sie besonders benachteiligte Personen beim Einstieg und auch Wiedereinstieg in die Berufswelt.

Derzeitige Vorstandsvorsitzende vom Verband der Sozialökonomischen Betriebe ist Gerlinde Hacker. Die Mitglieder des steirischen Verbandes sind BetreiberInnen der österreichweiten Vereinigung Sozialökonomischer Betriebe und Beschäftigungsprojekte. Dieses Netzwerk vertritt die Interessen der Mitgliedsbetriebe auf Bundes- und EU- Ebene.

Das Verbandsbüro ist zentrale Vermittlungsstelle für Informationen über Projekte, Partnerbetriebe und Institutionen. Zu aktuellen Entwicklungen und

Tendenzen am Arbeitsmarkt erfolgen regelmäßige Stellungnahmen. Interner Meinungsaustausch und interdisziplinäre Zusammenarbeit finden in kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit ihren Niederschlag. Der Verband Sozialökonomischer Betriebe organisiert für seine Mitglieder Einführungsschulungen und Weiterbildungsveranstaltungen. Sowohl GeschäftsführerInnen, FacharbeiterInnen und sozialpädagogischem Personal stehen die Bildungsangebote offen.

2. Beschreibung von vier Sozialökonomischen Betrieben in Graz

2.1. Bycicle

2.1.1. Bicycle - das Entwicklungsprojekt Fahrrad Verein

Als Verein wird der Sozialökonomische Betrieb Bicycle mit seinem Hauptsitz am Kaiser-Franz-Josefs-Kai 56 in Graz geführt. Langzeitarbeitslose Jugendliche im Alter von 17 bis 30 Jahren erhalten bei Bicycle die Chance auf einen Transitarbeitsplatz, an dem sie über unterschiedliche Qualifizierungs- und Schulungsmaßnahmen wieder fit für den ersten Arbeitsmarkt gemacht werden.

Im Folgenden werden wir einen kurzen Rückblick zur Entstehung von Bicycle geben, die Strukturen des Vereins genau beleuchten beziehungsweise die einzelnen Tätigkeitsfelder und Filialen beschreiben.

2.1.2. Wie alles anfing Bicycle im Rückblick!

In einem kurzen geschichtlichen Abriss zum Sozialökonomischen Betrieb Bicycle soll das rapide Wachstum des Vereines, sein geschäftlicher Erfolg und sein fester Platz in der heimischen Wirtschaft dargestellt werden: Mit der Adaptierung einer 100 Jahre alten Fahrradwerkstätte am Kaiser-Franz- Josefs-Kai legten Grazer Jugendliche im Jahr 1989 den Grundstein zur Organisation Bicycle. Anfang Jänner 1989 wurde die Organisation Bicycle als gemeinnütziger Verein bei der Vereinspolizei angemeldet. Sechs arbeits- suchende Burschen und Mädchen fanden im Bereich Fahrrad-Reparatur und Fahrrad-Verleih einen Arbeitsplatz. Schon zwei Jahre später vergrößerte sich das Team auf zehn Mitarbeiter und in der Rechbauerstraße wurde eine erste Zweigstelle eröffnet. Im Jahr 1992 dehnte Bicycle seine Geschäftsfelder auf den Handel mit Fahrrädern aus und musste darum zusätzliche Räumlichkeiten anmieten. 1994 vergrößerte sich das Team auf 13 Angestellte. Mit dem Projekt Wheelrider in der Karlauerstraße 39 konnten 1996 elf zusätzliche Transitarbeitsplätze geschaffen werden.

Um auch im Winter auf die geforderte Auslastung der Filialen zu kommen, erweiterte Bicycle sein Angebot um das Schi- und Snowboardservice. Das brachte 1998 weitere vier Arbeitsplätze für Jugendliche ein. Zum zehnjährigen Bestandsjubiläum gingen Kooperationsmodelle mit anderen Wirtschaftsbetrieben, zum Beispiel mit dem Schwarzl-Freizeitzentrum im Süden der Landeshauptstadt Graz, in Betrieb.

Ende 2000 präsentiert sich Bicycle neben dem traditionellen Grazer Kaufhaus Kastner+Öhler und dem Fahrrad-Spezialgeschäft Bratschko als drittgrößter Anbieter am Sektor Fahrrad im Großraum Graz.

2.1.3. Die Vereinsstrukturen

Bicycle wurde im Jahr 1989 als gemeinnütziger Verein bei der Vereinspolizei angemeldet. Dem Vorstand gehören der derzeitige Obmann Gerd Kronheim, ein Kassier, eine Schriftführerin und ein Geschäftsführer an. In einer jährlichen Generalversammlung wird der Vorstand gewählt. Dem Vorstand untersteht die Geschäftsführung, die direkt verantwortlich ist für die Werkstätte in der Körösistraße, für die Filiale in der Rechbauerstraße, für den Verkauf am Kaiser-Franz- Josef-Kai und für die Schlosserei (Wheelrider) in der Karlauerstraße. Ebenso liegen die Schulungsmaßnahmen und die Sozialbetreuung, die in allen Bereichen von Bicycle begleitend durchgeführt werden, im Verantwortungsbereich der Geschäftsführungsebene. Auch der „Veloblitz“, ein Fahrradbotendienst, der Fahrradclub für Freizeitsportler und sämtliche Kooperationspartner stehen im Organigramm unter Obhut der Geschäftsführung.

2.1.4. Organisationsstruktur: Die Bicycle-Filialen im Überblick

Der Sozialökonomische Betrieb Bicycle, in dem derzeit 36 Transitarbeitskräfte, elf Facharbeiter, zwei SozialarbeiterInnen und ein Schulungsleiter beschäftigt sind, unterteilt sich in vier Filialen.

2.1.4.1. Filiale Körösistraße: Fahrradservice&-reparatur

Das Arbeitsgebiet der Transitarbeitskräfte in der Körösistraße umfasst die komplette Service-Palette zu Fixpreisen: Großes Service (inklusive Radreinigung), kleines Service, Einspeichen (Umspeichen), Zentrieren, Tretlager fetten oder neues einbauen, Achslager fetten, Rücktritt- oder 3-Gangnabe fetten oder reparieren, Schlauch- oder Reifenmontage, Schaltung oder Bremse einstellen, Speichenschutz montieren, Dynamo, Scheinwerfer, Rücklicht od. Ständer montieren. Um den saisonbedingten Umsatzrückgängen im Winter entgegenzuwirken, erweiterte Bicycle sein Angebot auf das Schi- und Snowboardservice. Seit 1998 sind in der Körösistraße vor allem in den Wintermonaten Transitarbeitskräfte in den Arbeitsfeldern Kanten schleifen, Belagbearbeitung beziehungsweise Tuning beschäftigt.

2.1.4.2. Filiale Kaiser-Franz-Josef-Kai: Der Fahrrad-Shop

Im Bereich der Neuräder bietet Bicycle ein breites Programm, vom Trekking- und Stadtrad bis hin zu Mountainbikes für den Renneinsatz, von der Fahrrad- bekleidung bis hin zu Ersatzteilen. Zahlreiche bekannte Fahrradfirmen finden sich im Standardsortiment. Auch in diesem Bereich arbeiten bis zu vier Transitarbeitskräfte.

2.1.4.3. Filiale Karlauerstraße: Wheelrider

Das ständig steigende Bedürfnis nach Integration und Anerkennung und daraus resultierend nach mehr Mobilität war Motivation für die Entwicklung des Projektes „Wheelrider“ voranzutreiben. Seit 1996 gibt es in der Karlauerstraße 39 eine eigene Schlosserei und Werkstätte, wo auf rund 12 Transitarbeitsplätzen Sonderkonstruktionen für Rollstühle und Handantriebssysteme - das Handbike - gefertigt werden. „Wheelrider“ hat sich am internationalen Markt in diesem Bereich einen Namen gemacht und vertreibt einen Großteil seiner Produkte auch in Länder wie Großbritannien oder Südafrika.

2.1.5. Bycicle - Der sozialökonomische Betrieb

Jeder Sozialökonomische Betrieb hat vom Arbeitsmarktservice vorgegebene Richtlinien und Kennzahlen - zum Beispiel die Mindesterfordernis der Eigenwirtschaftlichkeit - zu erfüllen. Diese wollen wir im Folgenden genauer beleuchten.

Mädchen/Burschen-Verteilung bei Bicycle:

Bis dato waren 42% der Transitarbeitsplätze bei Bicycle mit Mädchen, 58% mit Burschen besetzt. Das durchschnittliche Alter betrug bei den Mädchen 18,6 Jahre bei den Burschen 19,2 Jahre.

Schulbildung vor Bicycle:

Als die höchste Schulbildung manifestierte sich bei fast der Hälfte der Burschen der Abschluss des Polytechnischen Lehrganges, gefolgt vom Hauptschulab- schluss (18;6%) und vom Sonderschulabschluss (16%). Ähnliche Zahlen ergaben sich bei den Mädchen: Abschluss des Polytechnischen Lehrganges:

46,4%, Hauptschulabschluss: 18;1%, abgebrochene Ausbildung an einer Allgemeinbildenden Höheren Schule: 15,9%, Sonderschulabschluss: 14,5%.

Arbeitslosigkeit vor Bicycle:

Vor dem Dienstverhältnis bei Bicycle waren 47,1% Mädchen (49% Burschen) bis sechs Monate arbeitslos, 30,4% Mädchen (35,6% Burschen) bis 12 Monate und 22,5% Mädchen (15,5% Burschen) über 12 Monate arbeitslos. 52,9% der Mädchen (49% der Burschen) bei Bicycle hatten vor ihrem Dienstantritt noch kein Lehrverhältnis, 44,2% der Mädchen (44,3% der Burschen) eine abge- brochene Lehre und 2,9% der Mädchen (6,7% der Burschen) eine fertige Lehre.

Problemstellungen vor und während des Dienstverhältnisses:

Als die drei größten Problemstellungen kristallisierten sich sowohl bei den Mädchen als auch bei den Burschen Familienkonflikte (?65,2%; ?60;8%), persönliche Instabilität (?34,1%; ?31,4 %) und Suchtproblematiken (?29%; ?42;3%) heraus. Daraus resultierend ergeben sich meist auch finanzielle Nöte (?18,1%; ?26;3%) und Probleme rund ums Wohnen (?27,5%; ?25;3%).

Bewerbung bei Bicycle:

Der Weg zu Bicycle führt bei 56,6 % der Mädchen (50,5% der Burschen) über die Selbstbewerbung, 24,6% der Mädchen (28;9% der Burschen) kommen aus Sozialeinrichtungen, 14,5% der Mädchen (16,5% der Burschen) werden über das Arbeitsmarktservice direkt zugewiesen, 1,4% der Mädchen (2,1% der Burschen) kommen aus AMS-Maßnahmen und 2,9 % der Mädchen (2,1% der Burschen) fallen unter sonstige Zugänge.

2.2. BAN

Die BAN ( Beratung - Arbeit - Neubeginn ) ist ebenfalls ein Sozialökono- mischer Betrieb. Sie gibt jenen Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, die Chance auf einen Neubeginn, und sie geben jenen Dingen, welche in der Gesellschaft nicht mehr gebraucht werden, eine neue Bedeutung.

Die BAN wird vom AMS, dem ESF, dem Land Steiermark und der Stadt Graz gefördert. Geschäftsführer ist Herr Mag. Christian Wolf.

2.2.1. Entrümpelungen - Übersiedlungen - Transport

Für die BAN ist die Entrümpelung der erste Schritt des Kreislaufs:

„ SAMMELN - TRENNEN - RECYCLEN - WIEDERVERWENDEN “

Die BAN führt Abholungen von Altstoffen bzw. Entrümpelungen von Wohnungen, Dachböden, Kellern, Büros, Werkstätten, etc. durch. Die Palette ihrer Aufträge reicht von der Abholung eines einzelnen Gegenstandes bis zur kompletten Räumung von Gebäuden oder Hallen. Ihre Kunden sind Hausverwaltungen, Haus- und Wohnungseigentümer sowie Mieter, vorwiegend im Raum Graz. Pro Jahr werden etwa 15.000 - 20.000 m³ an Altwaren und Altstoffen gesammelt und verwertet. Preiswerte Transporte und Übersiedlungen runden ihr Angebot ab.

2.2.2. Die Laugerei

In der Laugerei werden einerseits Möbelstücke zur eigenen Weiterbearbeitung vom Lack befreit, andererseits wird das Ablaugen auch als Dienstleistung angeboten. Dem ökologischen Grundgedanken entsprechend beheizt die BAN das Laugenbecken über die hauseigene Solaranlage. Die Mitarbeiter in der Laugerei arbeiten nach strengen Umweltauflagen. Somit ist gewährleistet, dass keine Lauge- oder Säurerückstände in das Kanalnetz gelangen. Obwohl die Laugerei organisatorisch der Tischlerei eingegliedert ist, konnte sie sich mittlerweile zu einem eigenständigen Geschäftsbereich entwickeln.

2.2.3. Altwaren

Die erfolgreichste Schiene des Kreislaufes

„ SAMMELN - TRENNEN - RECYCLEN - WIEDERVERWENDEN “

ist jene des Wiederverkaufs von entrümpelten sowie reparierten Gegenständen. In der 500 m² großen Verkaufshalle bekommt man in nostalgischer Einkaufsatmosphäre nahezu alles, was es im Bereich Gebraucht- und Altwaren gibt. Das Sortiment läßt sich in drei Bereiche untergliedern:

1. Die GEBRAUCHTWARENHALLE für Tiefpreiskunden: Hier kann man kostengünstig Möbelstücke, Geschirr und sonstige Gebrauchtgegenstände erwerben, die in den meisten Fällen direkt aus der Entrümpelungen stammen.

2. Die ELEKTROABTEILUNG, der jüngster Geschäftsbereich: Sie entstammt der Gebrauchtwarenhalle und ist die konsequente Weiterführung der Reparaturphilosophie im Sinne eines ökologischen Produktkreislaufes.

3. Die VERKAUFSRÄUMLICHKEITEN für Weichholz- oder Stilmöbel: Die Weichholzmöbel stammen aus der eigenen Tischlerei.

4. Das TEXTILGESCHÄFT im ersten Stock: Dort gibt es ein großes Angebot an „Second Hand Kleidung“.

Die MitarbeiterInnen der BAN haben erkannt, dass das Schlagwort „Wegwerfgesellschaft“ durchaus seine Bedeutung hat. Auf längere Zeit kann die Gesellschaft sich zwar das Wegwerfen leisten, nicht jedoch die damit verbundene Entsorgung.

Das Problem ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern vor allem ein Ökologisches und Soziales. Und manchmal sogar ein Emotionales. Ökologisch deshalb, weil die Müllberge ständig wachsen und weil das, was täglich auf den Deponien verscharrt oder durch Rauch verpustet wird, ein wichtiger Rohstoff der Zukunft sein könnte.

Sozial deshalb, weil die Erzeugung ständig neuer „Wegwerfgegenstände“ seinen Preis hat, und den kann eben nicht jeder bezahlen.

Nicht zuletzt emotional: die Dinge, die weggeworfen werden, haben Geschichte! Egal ob es ein alter, ererbter Schrank ist oder der eigene Konfirmationsanzug.

Mit solchen Dingen sind Erinnerungen verbunden Sie erzählen ihre eigene Geschichte, sie haben Charakter.

Die Menschen, die bei der BAN den Dingen eine neue Bedeutung geben, wurden aus verschiedensten Gründen aus dem geradlinigen Arbeitsmarkt unserer Gesellschaft ausgestoßen. Sie sind die „Wegwerfprodukte“ des liberalisierten Arbeitsmarktes. Nicht nur darin ähneln sie den Gegenständen, die sie bearbeiten: Es sind vor allem Menschen mit Geschichte und Erfahrungen. Die Menschen, die bei der BAN entrümpeln, recyclen, ablaugen und verkaufen, können ihre Erfahrungen über ein Jahr kultivieren, um sie dann in einem „normalen“ Arbeitsprozess einbringen zu können. Die BAN begleitet sie dabei, betreut sie in ihrem Umfeld, ermöglicht ihnen eine Weiterbildung und vermittelt sie am Ende ihres Arbeitsverhältnisses an Unternehmen weiter, die Menschen mit Erfahrungen brauchen.

2.3. Reha-Druck

Sämtliche Daten im Rahmen der Analyse des Sozialökonomischen Betriebes Reha-Druck wurden mittels eines Interviews mit dem Geschäftsleiter des Vereins, Herrn Mikl, sowie anhand von Dokumentenanalysen erhoben.

Reha-Druck ist Teil der Reha Dienstleistungs- und Handelsges.m.b.H, welche 1984 von den Vereinen „Steirische Vereinigung zugunsten behinderter Kinder und Jugendlicher“ und „Ein Prozent für behinderte Kinder und Jugendliche“ gegründet wurde. Ursprünglich beabsichtigte man die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für behinderte Schulabgänger aus dem Bereich „Hirtenkloster“ in verschiedenen Produktionsbereichen einer geschützten Werkstätte. Jedoch ist Reha-Druck der einzige Produktionszweig der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die Beschränkung auf Schulabgänger des Hirtenklosters wurde jedoch aufgehoben und das Ziel dahingehend variiert, dass mittlerweile die Ausbildung zum/zur Typographen/in oder Drucker/in und die Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen als Grundlage zur eigenständigen und selbstverantwortlichen Lebensführung ist. Weitere Veränderungen beziehen sich auf die technischen Erneuerungen sowie den ständig steigenden Umsatz bei einem derzeitigen Jahresbudget von ca. 11 Millionen Schilling. Das Unternehmen finanziert sich zu 85 % aus Eigenmitteln, der Rest stammt von der Stadt, dem Land und dem Bundessozialamt.

Die Geschäftstätigkeiten beziehen sich auf den Satz, den Druck und die Endfertigung von Drucksorten jeder Art (Mappen, Formulare, Kuverts, Briefe, Taschen, Zeitschriften, Flugblätter...) bis zur Größe des Formats von 35x50 Zentimeter. Die Aufträge kommen von privaten Personen, Firmen und Sozialen Vereinigungen. Bedeutende Auftraggeber sind beispielsweise die Straßenzeitung „Megaphon“, die bei Reha gedruckt wird, sowie einige Institute der Karl-Franzens-Universität Graz, welche ihre Visitenkarten in diesem Unternehmen herstellen lassen, aber auch andere Sozialökonomische Betriebe. Ein Anreiz für die Auftragvergabe von Unternehmen an Reha-Druck stellt die Möglichkeit dar, am Jahresende 15 Prozent von der Summe der Nettorechnungsbeträge aller Aufträge vom Bundessozialamt zurückerstattet zubekommen. Der Bekanntheitsgrad der Druckerei wird meistens durch „Mund- zu-Mund-Propaganda“ gesteigert.

Derzeit sind im Unternehmen insgesamt 18 Personen beschäftigt, wovon mehr als die Hälfte mit einem Behinderungsgrad von über 50% eingestuft ist. Die Formen der körperlichen Einschränkungen sind vielfältig. Aber nicht das Defizit ist ausschlaggebend für die Aufnahme im Betrieb, sondern das Können der MitarbeiterInnen. Der Frauenanteil in der Druckerei liegt bei über 50%. Am Arbeitsprozess sind Personen aller Altersklassen beteiligt. Derzeit sind fünf Lehrlinge im Betrieb, vier Mädchen und ein junger Mann. Die Lehrlingsausbildung wird über ein Ausbildungsprojekt des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert.

Bei Reha-Druck werden folgende Ausbildungsmöglichkeiten angeboten:

- DruckvorstufentechnikerIn (Dauer der Lehre: 3 ½ Jahre)
- FlachdruckerIn (Dauer der Lehre: 3 Jahre)

Da Reha-Druck nicht als Druckerei anerkannt, sondern als eine Handels GesmbH registriert ist, haben die Lehrlinge keinen Lehrlingsvertrag, sondern einen Ausbildungsvertrag. Damit verbunden ist auch eine außerordentliche Berufsschulzulassung. Praktisch hat das aber nach Angabe des Geschäftsführers keine Konsequenzen für die reibungslose Absolvierung der Ausbildung.

In den letzten Jahren wurden von Reha-Druck zehn Personen ausgebildet. Es gibt keine betriebseigene Evaluation der Karrieren der Ausgebildeten. Von vielen ehemaligen MitarbeiterInnen weiß man nicht, was aus ihnen geworden ist. Nach der Lehre gibt es für die ausgelernten Angestellten eine Behaltezeit von vier Monaten, anschließend werden sie entlassen. Manche können auch in der Druckerei bleiben. Bislang sind zwei Personen in der Druckerei geblieben. Eine Frau kam bei der Grazer Druckerei Styria im Geschäftsbereich „Satz“ unter. Allerdings ist aus ihrer beruflichen Biografie nicht eindeutig ersichtlich, ob sie noch in diesem Unternehmen tätig ist.

Einige andere fertig ausgebildete Jugendliche kamen in artfremden Berufen unter, beispielsweise beim Finanzamt oder in der Krankenpflege.

Der Geschäftsführer hat bereits bei der Kontaktaufnahme betont, dass es sich bei Reha-Druck um keinen typischen Sozialökonomischen Betrieb handelt. Die wesentlichen Unterschiede sieht er in folgenden Punkten:

- Es wird keine Kurzzeitausbildung angeboten; es gibt keine Transitausbildung.
- Es gibt keine Schlüsselkräfte, stattdessen gibt es immer Hilfskräfte.
- Es ist nicht möglich, den MitarbeiterInnen eine professionelle Arbeits- und Sozialbetreuung anzubieten. Aufgaben dieser Art werden von der Leitung übernommen.
- Ein weiteres atypisches Kennzeichen dieses Sozialökonomischen Betriebes ist die Weitervermittlung, die normalerweise direkt vom Betrieb erfolgt. Im Fall von Reha-Druck wird die Arbeitsassistenz, also eine externe Stelle mit der Vermittlung an eine neue Arbeitsstelle beauftragt.

Die Mitgliedschaft der Druckerei beim Verband sozialökonomischer Betriebe bringt den Vorteil, dass damit ihre Interessen vom Dachverband mitgewahrt werden können.

Der Geschäftsführer sieht die Aufgabe von Reha-Druck darin, dass Menschen mit Behinderung überhaupt die Möglichkeit geboten wird, irgendeine Ausbildung zu machen, damit es ihnen leichter fällt, ü berhaupt eine Arbeit zu finden. Weiters ist es sehr wichtig, dass die betroffene Gruppe mit einem Ausbildungsplatz auch sämtliche Rechte in bezug auf die Sozialversicherung erwerben kann.

Reha-Druck verfügt auch über einen Betriebsrat. Sehr betont wurde vom Geschäftsführer, dass alle beruflichen Positionen kollektivvertraglich abgegolten werden und es keine Sonderkonditionen gibt.

Intern ist das Unternehmen in die Bereiche Satz, Druck und Endfertigung gegliedert. Die Verrechnung der Aufträge wird von der internen Verwaltung durchgeführt. Das Rechnungswesen wird vom Geschäftsführer betreut, ebenso wie die Kundenverwaltung und -betreuung. Die Buchhaltung und die Lohnverrechnung betreut eine externe Stelle.

Nachdem es sich bei Reha-Druck um ein leistungsorientiertes Unternehmen handelt, ist die Verknüpfung der Geschäftsfelder Produktion und Soziales ein Problempunkt. Es ist wichtig, dass die MitarbeiterInnen zumindest 50% der Leistung einer nichtbehinderten Person erbringen. In Grenzfällen werden andere Betätigungsfelder innerhalb der Druckerei gesucht. Es ist jedoch auch schon vorgekommen, dass Personen nach einem Praktikum aufgrund einer zu geringen Leistungsfähigkeit nicht aufgenommen werden konnten. Trotz des hohen Eigenerwirtschaftungsanteils ist der Betrieb von öffentlichen Subventionen abhängig. Obwohl die Produktivität ständig gesteigert wird, fließen die zusätzlichen Einnahmen in das soziale Geschäftsfeld.

2.4. Modello

MODELLO ist eine Maß- und Änderungsschneiderei. Diesen Betrieb gibt es seit 1990. Die derzeitige Leitung liegt bei Andrea Stadlhofer.

Folgende Aufgabengebiete umfasst MODELLO:

§ - individuelle Neuanfertigungen für Damen-, Herren- und Kinderbekleidung
§ - Herstellung von Vorhängen, Bettwäsche, Tagesdecken und Pressknöpfen

§ Änderungen und Reparaturarbeiten aller Art im Textilbereich

Ziel des Betriebes ist es, Frauen die bereits im Bereich Textil-Näherei gearbeitet haben, jedoch schon seit längerer Zeit arbeitslos sind beziehungsweise durch soziale und psychische Faktoren benachteiligt sind oder als Wiedereinsteigerinnen gelten, in den regulären ersten Arbeitsmarkt einzugliedern.

3. Zur Vernetzung sozialökonomischer Betriebe mit dem ersten Arbeitsmarkt

Innerhalb der Analyse sozialökonomischer Betriebe in Graz stellte sich uns auch die Frage nach der Vernetzung dieser zum ersten Arbeitsmarkt beziehungsweise zu regionalen Betriebsstrukturen:

Wie kommunizieren, wie agieren Betriebe mit Unternehmen der freien Wirtschaft, die ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand auskommen müssen? Wie stehen die Chancen der Transitarbeitskräfte nach Beendigung eines Dienstverhältnisses in einem Sozialökonomischen Betrieb einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Wie effizient arbeiten die SÖBs eigentlich - alles Fragen, deren Beantwortung für die „arbeitsmarkt- politische Rechtfertigung“ der einzelnen Betriebe von Bedeutung sind.

Bei Recherchen in einigen Betrieben kamen wir nicht zu den erhofften Daten und Fakten. Zwar wurde uns von den jeweiligen Ansprechpartnern, zum Beispiel Geschäftsführern oder Projektleitern, versichert, dass die einzelnen Unternehmen interne Aufzeichnungen führen, allerdings wurden wir mit unserer Anfrage an den Verband der Sozialökonomischen Betriebe weiterverwiesen. Von dort leitete man an das Institut für Arbeitsmarktbetreuung und -forschung in Graz weiter, das im Auftrag des Arbeitsmarktservice im März 2000 eine Studie zur Effizienz der Sozialökonomischen Betriebe in der Steiermark publizierte, welche unter dem Titel „Effekte der Tätigkeiten von Sozialökonomischen Betrieben“ veröffentlicht wurde.

3.1. Studie zur Effizienz von Sozialökonomischen Betrieben

3.1.1. Zur Zielsetzung der Studie

Als Schwerpunkte in der Studie sollten auf Wunsch von ArbeitsmarktexpertInnen, ProjektvertreterInnen und regionalen MultiplikatorInnen vor allem Daten über die Integration der Transitarbeitskräfte in den ersten Arbeitsmarkt eruiert werden. Damit einher gehen auch Daten zur Nachhaltigkeit in den einzelnen beruflichen Karrieren, zur Qualität der Arbeitsplätze und zu psychosozialen Effekten.

3.1.2. Zu den Evaluierungs-Methoden in der Studie

Das Untersuchungsteam des Institutes für Arbeitsmarktbetreuung und - forschung stellte die Literaturanalyse, die Sichtung von Konzepten und Jahresberichten sowie explorative Interviews mit SÖB-VertreterInnen an den Beginn des Evaluierungsauftrages.

Mit einer Fragebogenerhebung wurde die spezielle Zielsetzung der Evaluierung beruflicher Biografien nach Austritt aus den SÖB´s in Angriff genommen: 875 SÖB-Transitarbeitskräft erhielten einen umfangreichen Fragebogen. Die Rücklaufquote betrug erstaunliche 33 Prozent - das heißt 284 Personen schickten den Fragebogen ausgefüllt zurück. In der Stichprobe wurden alle Transitarbeitskräfte der steirischen Sozialökonomischen Betriebe, die zwischen Jänner 1995 und Juni 1999 ausgetreten sind, erfasst.

3.1.3. Beschäftigungswirksamkeit der Sozialökonomischen Betriebe

Den erhobenen Daten stellen wir einige theoretische Grundüberlegungen zur Evaluierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen voraus. Drei Indikatoren, die über Erfolg beziehungsweise Misserfolg einer Maßnahme entscheiden können, werden angewandt:

1. Der unmittelbar an die Maßnahme anschließende Arbeitsmarktstatus der TeilnehmerInnen, zum Beispiel in Beschäftigung, in Ausbildung, arbeitslos, etc., wird erhoben.
2. Eine Anteilsberechnung der in bestimmten Arbeitsmarktpositionen verbrachten Zeiten innerhalb von definierten Zeiträumen nach Beendigung einer Maßnahme wird durchgeführt.
3. Zeitvolumina, zum Beispiel Beschäftigungstage innerhalb definierter Zeiträume (z.B. ein Jahr) vor und nach einer Maßnahme im Vergleich zueinander, werden errechnet.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über den Verlauf der Berufskarrieren:

Rund 41% der Transitarbeitskräfte fand gleich im Anschluss an ihr SÖB- Dienstverhältnis am ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung. 19% gelangten nach einer ungefähr sechsmonatigen Suchperiode in den ersten Arbeitsmarkt.

Tab. 1: Verlauf der Berufskarrieren von SÖB-KlientInnen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die durchschnittliche Verweildauer an der ersten Arbeitsstelle betrug bei einem Drittel der Befragten weniger als ein halbes Jahr, 18% der Befragten arbeiteten zwischen 7 - 12 Monate an ihrem ersten Arbeitsplatz und knapp ein Drittel konnte seinen Job schon über ein Jahr lang erfolgreich ausüben.

3.2. Persönliche Befragungen zur Wirksamkeit der einzelnen SÖBs

Nachdem der Endbericht „Effekte der Tätigkeit von Sozialökonomischen Betrieben“ keine auf einzelne Betriebe oder Sparten aufgegliederte Zahlen aufweist, versuchten wir nochmals in mündlichen Befragungen mit SÖBGeschäftsführern Daten herauszufiltern.

3.2.1. Bicycle: Fuß fassen am ersten Arbeitsmarkt!

In einem Interview mit Gerd Kronheim, Geschäftsführer von Bicycle - das Entwicklungsprojekt Fahrrad Verein, konnten wir die folgenden angeführten Fakten zur Weitervermittlungsrate eruieren.

Auf die Frage: „Wie viele der KlientInnen von Bicycle konnten am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen, beziehungsweise wie lange verbleiben sie in diesen Folgedienstverhältnissen?“ erhielten wir die Antwort:

„Bicycle hat eine Vermittlungsrate auf den 1. Arbeitsmarkt von ca. 40%. Dies schwankt von Jahr zu Jahr um +/- 3%. Rund 25% der Jugendlichen besuchen im Anschluss eine weiterbildende Maßnahme (Schulausbildung, Kurs, usw.), 35% verbleiben in Arbeitslosigkeit.

Als Vermittlungserfolg gelten: „in Arbeit“ und „in Ausbildung“. Daher sprechen wir von immerhin ca. 65%, die nicht zurück in die Arbeitslosigkeit fallen! Gemessen wird direkt nach Austritt aus Bicycle und sechs Monate danach. Der Schnitt beider ergibt die angeführten Zahlen.

Bezüglich des Verbleibes an den Arbeitsplätzen gilt Folgendes: Wir wissen aufgrund unserer Messung, dass die Dienstverhältnisse sechs Monate sehr stabil sind. Danach erheben wir die Daten nicht mehr. Daher kann ich für das Danach keine klaren Aussagen treffen.

Es gab eine Langzeitstudie über SÖB´s in Österreich, in der Längsschnittanalysen zu Transitarbeitskräften durchgeführt wurden. Die Beschäftigungsanteile drei Jahre vor Eintritt und drei Jahre nach Austritt aus dem SÖB wurden untersucht. Daraus geht hervor, dass sich die Jahresbeschäftigungsanteile vom Jahr vor Eintritt zum Jahr nach dem Austritt um 65% verbessert und sich in den zwei darauf folgenden Jahren nochmals um je 12% verbessern. Ich leite daraus ab, dass die Vermittlungsrate in Folge eher noch verbessert als sich verschlechtert. Dies ist jedoch nur eine Ableitung aller SÖB´s und könnte für Einzelprojekte durchaus falsch sein.

Dennoch zeigt sich wie nachhaltig diese Form der Arbeitsmarktsteuerung ist.“

3.2.2. Reha-Druck

Was die Verknüpfung dieses Betriebes mit dem ersten Arbeitsmarkt anbelangt, wurde bereits unter Punkt 2.3. erwähnt, dass man von einem Großteil der ausgeschiedenen Beschäftigten nicht weiß, in welchem Bereich sie in weiterer Folge eine Anstellung gefunden haben. Aus Kostengründen ist eine interne Evaluation des weiteren beruflichen Werdegangs nicht möglich.

3.2.3. Chance B

Von einem weiteren Sozialökonomischen Betrieb, der Chance B in Gleisdorf, erhielten wir auf die Frage nach der Verknüpfung mit dem ersten Arbeitsmarkt vom Geschäftsführer Franz Wolfmayr die im folgenden angeführte Antwort: „Die Chance B hat vielfache Verflechtungen mit dem Arbeitsmarkt. Erstens bieten wir allen Betrieben der Region Beratung und Unterstützung in der Beschäftigung behinderter ArbeitnehmerInnen sowie Krisenintervention durch unsere Arbeitsberatungsstelle und unsere Arbeitsassistenz. Diese Leistung wird vielfach in Anspruch genommen. Weiters ist die Chance B als relativ großes Unternehmen der Region mit zahlreichen Firmen in Geschäftskontakten, was natürlich die Akzeptanz unserer Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung und diese Personengruppe auch wesentlich erhöht.“

3.3. Der Wettbewerb

Ein Punkt, welcher in der Diskussion um Sozialökonomische Betriebe nicht vernachlässigt werden kann, ist der Vergleich von Unternehmen dieser Art mit Unternehmen am freien Markt, da diesen gegenüber sowohl Vor- als auch Nachteile bestehen. Auf der einen Seite stehen den SÖBs öffentliche Unterstützungen und Förderungen zur Verfügung, welche den reibungsfreien Ablauf garantieren sollen. Beispielsweise die Rückerstattung eines gewissen Ausmaßes der Ausgaben bei Aufträgen von Unternehmern für Reha-Druck. Andererseits haben Söbs einen Wettbewerbsnachteil in bezug auf die Personalauswahl, können sie doch nicht die Besten aus dem am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Personenkreis auswählen. Personalauswahl ist aber ein wichtiger Punkt bei Unternehmen auf ihrem Weg zum Erfolg.

Für Sozialökonomische Betriebe selbst scheint die Frage nach dem Wettbewerb mit marktwirtschaftlichen Betrieben und Wettbewerbsnachteilen wenig im Vordergrund zu stehen. So hat etwa Reha-Druck eine enorme Auslastung mit Arbeitsaufträgen. Werbung wird nicht als notwendig erachtet. Ebenso hat Bicycle wenig Angst vor der Konkurrenz, gehören sie immerhin schon zu den wichtigsten Unternehmen dieses Arbeitsbereichs in Graz (siehe Kap. 2.1).

Des weiteren kann es auch einen Konkurrenzvorteil aus der Tatsache geben, dass es sich um einen „guten Zweck“ handelt, auf Serviceleistungen von Sozialökonomischen Betrieb zurückzugreifen. Doch trotzdem ist es wesentlich, dass die Qualität der Leistung stimmt, da die KundInnen andernfalls nicht wiederkommen würden.

3.4. Zur Rolle der Sozialpädagogik

Mit der Einführung von Sozialökonomischen Betrieben tat sich für die SozialpädagogInnen ein neues Beschäftigungsfeld auf. Ihre Aufgabe ist es, im Berufsleben benachteiligte Personen während des (Wieder-)Einstiegs in den Arbeitsprozess zu begleiten.

Als eine Vertreterin dieses Berufsstandes stellte sich Frau Mag. Ullrich, Sozialpädagogin des Vereins Bicycle, zu einem persönlichen Gespräch zur Verfügung. Sie schilderte ihren Arbeitsbereich und führte auch die Probleme, mit denen sie im Arbeitsalltag konfrontiert wird, an. Ihre Tätigkeit besteht vor allem in der Auswahl von KandidatInnen für die Aufnahme an einen Arbeits- platz, die Führung von Bewerbungsgesprächen sowie die Begleitung der Jugendlichen am Arbeitsplatz. Wenn Schwierigkeiten auftreten, versucht sie, gemeinsam mit den Beteiligten eine Lösung zu finden. Es kommt beispiels- weise vor, dass Jugendliche Schwierigkeiten haben, sich an den Arbeitsr- hythmus zu gewöhnen, was insbesondere zu Spannungen mit anderen Angestellten führen kann. Des weiteren sind oft Interventionen im persönlichen Bereich nötig, da die Personen oftmals mit Familienkonflikten und Alkohol- oder Drogenproblemen konfrontiert sind. Eine ständige Begleitung während der Arbeit ist somit unumgänglich.

Jedoch ist diese Begleitung mit der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Sozialökonomischen Betrieb zu Ende. Sollte der Übergang zum ersten Arbeitsmarkt nicht funktionieren, werden die Maßnahmen der öffentlichen Arbeitsmarktpolitik wieder von vorne durchlaufen.

LITERATUR

Lechner, H.; Seiler, E., Stoppacher, P. (2000). Effekte der Tätigkeit von Sozialökonomischen Betrieben". Graz: Institut für Arbeitsmarktbetreuung und - forschung.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Sozialökonomische Betriebe und ihre Verflechtung mit dem ersten Arbeitsmarkt
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz
Autor
Jahr
2001
Seiten
26
Katalognummer
V101455
ISBN (eBook)
9783638998710
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialökonomische, Betriebe, Verflechtung, Arbeitsmarkt
Arbeit zitieren
Sonja Straussberger (Autor:in), 2001, Sozialökonomische Betriebe und ihre Verflechtung mit dem ersten Arbeitsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101455

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