Revitalisierung von Wohnimmobilien. Handlungsempfehlungen unter Berücksichtigung der Energieeffizienz


Magisterarbeit, 2021

130 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Revitalisierung von Wohnimmobilien
2.1 Einordnung des Begriffs Revitalisierung
2.1.1 Instandhaltung
2.1.2 Modernisierung
2.1.3 Revitalisierung
2.1.4 Redevelopment
2.2 Revitalisierungsstrategien
2.2.1 Revitalisierung in einem Zug oder in Stufen
2.2.2 Revitalisierung mit Erweiterungsmaßnahmen
2.3 Revitalisierungsprozess

3. Rahmenbedingungen bei Revitalisierungen
3.1 Beteiligte am Revitalisierungsprozess
3.2 Institutionen
3.2.1 Bauplanungs- und Bauordnungsrecht
3.2.2 Regelungen zur Mietpreisfindung
3.2.3 Regelungen zur Energieeffizienz und zum Wärmeschutz
3.3 Wohnungsmarkt
3.3.1 Struktur des Wohnungsbestandes
3.3.2 Baualtersklassen und Bautypologien
3.3.3 Eigentümerstruktur
3.3.4 Zahl der Haushalte und Haushaltsgrößen
3.4 Finanzierung, Steuern und Förderung
3.4.1 Finanzierung von Revitalisierungen
3.4.2 Steuerliche Beurteilung von Revitalisierungen
3.4.3 Förderung von Revitalisierungen
3.5 Kosten und Wirtschaftlichkeit
3.5.1 Lebenszykluskosten bei Revitalisierungen
3.5.2 Wirtschaftlichkeit von Revitalisierungen

4. Handlungsbedarf bei Wohnimmobilien unter Berücksichtigung der Energieeffizienz ...
4.1 Energieverbrauch, Energiekennwerte und Energetischer Zustand
4.1.1 Energieerzeugung und Energieverbrauch
4.1.2 Energiekennwerte
4.1.3 Energetischer Modernisierungszustand
4.2 Energieberatung
4.3 Energetische Gebäudebewertung und -analyse

5. Revitalisierungsmaßnahmen bei Wohnimmobilien unter Berücksichtigung der Energieeffizienz
5.1 Nachträgliche Wärmedämmung der Gebäudehülle
5.1.1 Außenwände
5.1.2 Dach/Oberste Geschossdecke
5.1.3 Keller
5.1.4 Fenster
5.1.5 Wärmebrücken
5.2 Energieeffiziente Anlagentechnik
5.2.1 Heizung
5.2.2 Warmwasserversorgung
5.2.3 Lüftungsanlagen
5.2.4 Solarenergie
5.2.4.1 Solarthermie
5.2.4.2 Photovoltaik
5.3 Kosten und Einsparerfolge der energietechnischen Maßnahmen
5.3.1 Das Kopplungsprinzip
5.3.2 Kosten
5.3.3 Studie „Kosten energierelevanter Bau- und Anlagenteile bei der energetischen Modernisierung von Altbauten“
5.3.4 Einsparpotential durch energetische Maßnahmen
5.4 Energietechnische Gebäudemodernisierung - Beispiel (EnEV-XL 5.1)
5.5 Handlungsempfehlungen

6. Schlussbetrachtung

Anhang 1 - Umlegbare und nicht umlegbare Modernisierungsmaßnahmen

Anhang 2 - Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten von Außenbauteilen bei Änderung an bestehenden Gebäuden nach GEG, Anlage 7

Anhang 3 - Technische Ausführung des Referenzgebäudes (Wohngebäude) nach GEG, Anlage 1

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Typische Abbaukurve des Abnutzungsvorrats

Abbildung 2: Wirkung der Instandhaltungsmaßnahmen auf den Abnutzungsvorrat nach DIN 31051

Abbildung 3: Abgrenzung Revitalisierung und Redevelopment

Abbildung 4: Phasenkonzept der Projektentwicklung im Bestand

Abbildung 5: Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen in Deutschland

Abbildung 6: Wohngebäude- und Wohnungsanteile der Bundesländer in Deutschland

Abbildung 7: Wohngebäude und darin befindliche Wohnungen nach Baualtersklassen in Deutschland

Abbildung 8: Eigentümer des Wohnungsbestands

Abbildung 9: Haushaltsgrößen 2008, 2013 und 2018 in Deutschland

Abbildung 10: Zinsbindung - variable Zinsbindung und feste Zinsbindung

Abbildung 11: Förderung der energetischen Gebäudesanierung

Abbildung 12: Verteilung der Lebenszykluskosten/ Nutzungsdauer 50 Jahre

Abbildung 13: Energieflussbild 2019 für Deutschland

Abbildung 14: Endenergiebezogener Gebäudeenergieverbrauch

Abbildung 15: Durchschnittliche Energieverbrauchskennwerte der Wohngebäude nach Baujahr und Gebäudegröße

Abbildung 16: Durchschnittliche Endenergiebedarfskennwerte der Wohngebäude nach Baujahr und Gebäudegröße bezogen auf die Gebäudenutzfläche

Abbildung 17: Durchschnittlicher Heizwärmebedarf und Endenergiebedarf von Wohngebäuden nach Energieträger und Gebäudeart

Abbildung 18: Energieverbrauchskennwerte und Modernisierungszustand für den Bautyp der Ein- und Zweifamilienhäuser nach Baualtersklassen

Abbildung 19: Energieverbrauchskennwerte und Modernisierungszustand für den Bautyp der Mehrfamilienhäuser nach Baualtersklassen

Abbildung 20: Modernisierungsstand des Wohngebäudebestands in Deutschland nach Gebäudetypen und Bauteilen (Betrachtungszeitpunkt 2013)

Abbildung 21: Energieberatung für Wohngebäude - Entwicklung der Antragszahlen

Abbildung 22: Blower-Door-Messsystem für Luftdichtheit

Abbildung 23: Erhöhung des Dachüberstands

Abbildung 24: Vergleich Außendämmung, Innendämmung und Kerndämmung

Abbildung 25: Wärmedämmverbundsystem und Vorhandfassade

Abbildung 26: Dämmvarianten Dach

Abbildung 27: Luftdichter Aufbau und Aufbau mit fehlerhafter Luftdichtheitsschicht

Abbildung 28: Stoffbezogene Wärmebrücke im Bereich eines Fenstersturzes im Infrarotbild

Abbildung 29: Vergleich Wärmebrücken am Gebäude und eine lückenlose Wärmedämmung

Abbildung 30: Preisentwicklung der Energieträger

Abbildung 31: Mehr- oder Minderbedarf (Primärenergie) verschiedener Heizungsarten zum Niedertemperaturkessel

Abbildung 32: Wasserverwendung im Haushalt 2018

Abbildung 33: Generatoren

Abbildung 34: Solarertrag in Abhängigkeit von der Dachausrichtung

Abbildung 35: Spezifische Kosten und Kostenfunktion für die nachträgliche Dämmung einer Fassade mit einem Wärmedämmverbundsystem

Abbildung 36: Kostenstruktur für ein Wärmedämmverbundsystem mit 15 cm Dämmung bei der energetischen Modernisierung einer Fassade im Zuge einer ohnehin anstehenden umfassenden Instandsetzung

Abbildung 37: Energieersparnis durch Sanierung

Abbildung 38: Vergleich der Sanierungswirkung bei Ein- bis Zweifamilienhäusern mit Baujahr vor 1979

Abbildung 39: Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Standardbedingungen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Idealtypische Bündelung von Revitalisierungsmaßnahmen

Tabelle 2: Mögliche Finanzierungsarbeiten für Revitalisierungsmaßnahmen

Tabelle 3: Unterscheidung Anschaffungskosten, Erhaltungsaufwendungen und Herstellungskosten

Tabelle 4: Förderkredite und Zuschüsse für Wohngebäude

Tabelle 5: Übersicht bestehende Beratungsangebote und Fördermöglichkeiten

Tabelle 6: Vergleich dezentrale und zentrale Wohnraumlüftung

Tabelle 7: Investitionen und laufende Kosten von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung

Tabelle 8: Investitionskosten und jährlicher Ersparnis der Heizkosten von Solarthermie- Anlagen

Tabelle 9: Verschiedene Aspekte einer Photovoltaik-Anlage

Tabelle 10: Sanierungskosten nach Gebäudeart und Sanierungszustand

Tabelle 11: Gebäudesteckbrief Einfamilienahaus im Ist-Zustand vor der energietechnischen Modernisierung

Tabelle 12: Hausdatenblatt Einfamilienhaus: energietechnische Eigenschaften, geplante Maßnahmen und Kosten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Unter Klimawissenschaftlern herrscht Einigkeit darüber, dass die hohen Treibhausgase wesentlich zum Klimawandel beitragen. So werden in Deutschland aktuell etwa 9,2 Ton­nen COz pro Kopf und Jahr emittiert. Werden sämtliche Treibhausgase und nicht nur CO2 betrachtet, werden durchschnittlich 11,4 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr ausgestoßen.1 Dies liegt etwa um einen Faktor 10 über den Grenzwerten, wie sie im Sinne eines langfris­tigen Klimaschutzes erforderlich wären. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 erheblich zu reduzieren.

Für das gesamtgesellschaftliche Ziel des Klimaschutzes spielt der Energieverbrauch des Gebäudebereichs eine wesentliche Rolle. Gebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland. Gebäude in Deutschland verursachen etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen. Das Energieeinsparpotenzial ist ebenso wie das CO2- Reduktionspotenzial im Bereich der Gebäudewärme so hoch wie in kaum einem anderen Sektor.

Die klimapolitischen Vorgaben erfordern nicht nur, Energie klimaverträglicher zur Verfü­gung zu stellen, sondern der Energieverbrauch als solcher muss wesentlich reduziert wer­den. Damit hat die Revitalisierung von Wohnimmobilien in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Beim Neubau bringt die Gebäudekonzeption vielfältige Möglichkei­ten zur Energieeinsparung. Bei baulichen Maßnahmen im Bestand lassen sich jedoch Ver­besserungen, wie zum Beispiel die Bildung eines kompakten Baukörpers oder die Ausrich­tung des Gebäudes nach Süden, im Nachhinein kaum oder nur mit großem Aufwand reali­sieren. Die Handlungsmöglichkeiten konzentrieren sich deshalb auf die Wärmedämmung der Gebäudehülle und der Fenster, die Optimierung von Heizung und Warmwasserberei­tung sowie Lüftungskonzept und die Nutzung erneuerbarer Energien. Die Einsparpotenzia­le sind insbesondere bei Wohnimmobilien im Bestand enorm. Gerade einmal 1 Prozent der Bestandswohnungen in Deutschland werden pro Jahr energetisch saniert. Wohnimmobi- lien, die mit marktgängigen Techniken energetisch modernisiert werden, können ihren Energiebedarf um bis zu 85 Prozent senken.2 Etwa zwei Drittel der Bestandsgebäude wur­den vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 errichtet und sind in der Regel noch kei­ner vollständigen energetischen Modernisierung unterzogen worden.3

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, Handlungsempfehlungen für die Revitalisierung von Wohnimmobi- lien unter Berücksichtigung der Energieeffizienz zu geben. Durch das Aufzeigen unter­schiedlicher Handlungsmöglichkeiten, sollen die Potenziale der Maßnahmen verdeutlicht werden. Die Handlungsempfehlungen gelten insbesondere für revitalisierungsbedürftige Wohnimmobilien, die für die langfristige Vermietung durch professionell-gewerbliche Wohnungsanbieter vorgesehen sind. Die Einblicke in die Revitalisierung von Wohnimmo- bilien unter Berücksichtigung der Energieeffizienz sind nicht nur für professionell­gewerbliche Eigentümer, sondern auch für private Kleinanbieter, Projektentwickler, Bera­ter, Investoren, Hausverwalter oder Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) etc. rele­vant. Die Empfehlungen zielen auf technische, energetische und wirtschaftliche Verbesse­rungen der Wohngebäude.

Auf die vorangegangene Einführung in die Thematik der Arbeit mit Problemstellung und Zielsetzung folgt der Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 beschreibt die Grundlagen zum Thema Revitalisierung von Wohnimmobilien. Hierbei wird in Abschnitt 2.1 der Begriff Revitali­sierung von den weiteren mit Bauen im Bestand in Verbindung gebrachten Begriffen In­standhaltung, Modernisierung, Sanierung und Redevelopment abgegrenzt. Des Weiteren werden in den Abschnitten 2.2 und 2.3 mögliche Revitalisierungsstrategien dargestellt und der idealtypische Revitalisierungsprozess beschrieben.

Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen bei der Revitalisierung von Wohnimmobilien. Hierfür werden in Abschnitt 3.1 die am Revitalisierungsprozess Betei­ligten aufgeführt. Abschnitt 3.2 stellt den institutionellen Rahmen bei Revitalisierungen dar, der sich insbesondere aus bestehenden Gesetzen, Verordnungen und Normen ableitet. Wesentliche Aspekte auf deutschen Wohnungsmärkten werden im Abschnitt 3.3 beschrie­ben. In Abschnitt 3.4 werden die Themen Finanzierung, Steuern und Fördermöglichkeiten behandelt. Lebenszykluskosten bei Revitalisierungen und deren Wirtschaftlichkeit sind Inhalt von Abschnitt 3.5.

In Kapitel 4 werden Handlungsbedarfe bei Wohnimmobilien unter Berücksichtigung der Energieeffizienz erforscht. Dazu wird der Energieverbrauch, Energiekennwerte und der energetische Zustand von Wohnimmobilien untersucht. Des Weiteren wird die Bedeutung der Energieberatung und die energetische Gebäudebewertung und -analyse erläutert.

Gefundene bauliche und technische Handlungsbedarfe sind die Grundlage für die in Kapi­tel 5 vorgenommene Ableitung von Revitalisierungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Energieeffizienz. Hierzu werden in den Abschnitten 5.1 und 5.2 die nachträgliche Wärmedämmung der Gebäudehülle und die energieeffiziente Anlagentechnik behandelt. Abschnitt 5.3 stellt die Kosten und Einsparerfolge der energietechnischen Maßnahmen dar. Ein konkretes Beispielgebäude beinhaltet Abschnitt 5.4. Das Kapitel endet in Abschnitt 5.5 mit den Handlungsempfehlungen als Kernergebnis der Arbeit.

In Kapitel 6 werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengetragen.

2. Revitalisierung von Wohnimmobilien

2.1 Einordnung des Begriffs Revitalisierung

Begriffe wie Instandhaltung, Modernisierung, Sanierung, Revitalisierung und Redevelop­ment werden sowohl von Praktikern aus der Bau- und Immobilienwirtschaft als auch in der Fachliteratur, vor allem in Verbindung mit energetischen Maßnahmen, unterschiedlich verwendet. Begünstigt wird dies durch sich überschneidende und widersprechende Inhalte in unterschiedlichen Gesetzen, Normen und Richtlinien.4 Deshalb werden zum besseren Verständnis Verbindungen und Abgrenzungsmerkmale von Revitalisierung zu den weiter genannten Begriffen dargestellt.

2.1.1 Instandhaltung

Die Instandhaltung ist in der DIN 31051 und DIN EN 13306 geregelt. Als Instandhaltung werden nach DIN 31051 die Maßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Ver­besserung zusammengefasst.5 Diese dienen dazu, Gebäude und deren Bestandteile im Soll­Zustand zu erhalten oder diesen wiederherzustellen.6

Einzelne Instandhaltungsmaßnahmen lassen sich anhand des Abnutzungsvorrats erklären, der sich im Zeitverlauf abbaut, bis zum Ausfall des Bauteils, falls keine Instandsetzung durchgeführt wird. Zeitverläufe unterscheiden sich in der Regel von Bauteil zu Bauteil. Die typische Abbaukurve des Abnutzungsvorrats nach DIN 31051 ist in Abbildung 7 darge­stellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Typische Abbaukurve des Abnutzungsvorrats

Quelle: Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 31051, 2019, S. 8

Bei Erst-Inbetriebnahme liegt der Abnutzungsvorrat eines Bau- oder Anlagenteils bei 100 Prozent. Die Inspektion beeinflusst den Abnutzungsvorrat nicht direkt, sondern dient der Feststellung des Ist-Zustandes des Bau- oder Anlagenteils. Darauf basierend werden War- tungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Abhängigkeit des Abnutzungsvorrats veranlasst. Durch die Wartung kann die Geschwindigkeit des Abbaus des vorhandenen Abnutzungs­vorrates reduziert werden. Die Instandsetzung beseitigt die Schädigung und führt die tech­nische Anlage zu einem funktionsfähigen Zustand zurück, der dem Normalzustand ent­spricht. Die Verbesserung kann den Abnutzungsvorrat auf mehr als 100 Prozent des ur­sprünglichen Wertes steigern.7 Die Wirkung der einzelnen Instandhaltungsmaßnahmen auf den Abnutzungsvorrat zeigt Abbildung 2.7 8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Wirkung der Instandhaltungsmaßnahmen auf den Abnutzungsvorrat nach DIN 31051

Quelle: Pawellek G. 2016, S. 19

2.1.2 Modernisierung

Modernisierungsmaßnahmen sollen nach der DIN 32736 zur Verbesserung des Istzustan- des von baulichen und technischen Anlagen beitragen, bestehende technische Standards erreichen und die Wirtschaftlichkeit der Liegenschaft erhöhen.9 Nach § 16 Abs. 3 WoFG und § 555b BGB werden Modernisierungsmaßnahmen als bauliche Veränderung beschrie­ben, die den Gebrauchswert der Wohnimmobilie nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser erzielen. Des Weiteren stellen bauliche Maßnahmen, durch die neuer Wohnraum geschaffen wird, Modernisierungsmaßnahmen dar. Instandsetzungen können auch als Mo­dernisierung bezeichnet werden, wenn sie durch Modernisierungsmaßnahmen verursacht werden.10 Von Modernisierung ist der Begriff Sanierung abzugrenzen, bei der die Wieder­herstellung des Sollzustandes von baulichen und technischen Anlagen im Vordergrund steht, die nicht mehr den technischen, wirtschaftlichen und/oder ökologischen sowie ge­setzlichen Anforderungen entsprechen und somit keine Verbesserungen erzielt werden.11

2.1.3 Revitalisierung

Unter einer Revitalisierung kann in der Bau- und Immobilienwirtschaft eine umfassende bauliche Anpassung der Qualität und Funktionalität von bereits genutzten Bestandsobjek­ten an spezifische z.B. technische und/oder ästhetische Nutzerbedürfnisse verstanden wer­den.12 Hierbei geht es insbesondere um die Instandhaltung und Modernisierung von Ge­bäuden vor dem Hintergrund der Wiederbelebung der ursprünglichen Nutzung.13 Das Er­gebnis ist ein effektiv neues Gebäude.

Ziel einer Revitalisierung ist es, für von Leerstand bedrohte Bauwerke durch technische, konstruktive, funktionelle und/oder optische Maßnahmen eine Neupositionierung und ver­besserte (Wieder-)Nutzbarkeit zu erreichen. Die Nutzung der Immobilie bleibt unverän­dert. Der Auslöser für eine Revitalisierung ergibt sich hauptsächlich aus der Alterung der Immobilie.14 Insbesondere Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen tragen dazu bei, die Nutzerzufriedenheit zu steigern und neue Nutzergruppen anzusprechen. Das Ziel von Revitalisierungen ist es, den Wert der Immobilie zu steigern und die Wertschöpfung, im Sinne von Rentabilitätssteigerungen durch Kosten- und Ertragsoptimierungen, zu erzie- len.15

2.1.4 Redevelopment

Unter einem Redevelopment ist die Entwicklung eines Immobilienvorhabens auf Grund­stücken und in Gebäuden zu verstehen, die bereits heute oder in absehbarer Zukunft nicht mehr ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden, wobei die bestehenden Gebäude durch Umbau oder Rückbau einer neuen Nutzung zugeführt werden sollen. Kennzeichnend für ein Redevelopment ist die Absicht, die Immobilie für neue Nut­zungen baulich umzugestalten und damit eine Aufwertung des vorhandenen Immobilien­bestands sowie eine neue wirtschaftliche Nutzungsdauer der Immobilie zu erzielen.16 Die wirtschaftliche Nutzungsdauer von Wohnimmobilien liegt zwischen 25 Jahren und 80 Jah­ren.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Abgrenzung Revitalisierung und Redevelopment

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Conzen G. 2016, S. 286

2.2 Revitalisierungsstrategien

Die Auswahl von Revitalisierungsmaßnahmen, deren Umfang und deren Abfolge sind ab­hängig von der individuellen Revitalisierungsstrategie. Die Strategie orientiert sich u.a. an dem Gebäudezustand, den individuellen Erneuerungszielen des Bauherrn, der Finanzier­barkeit, der Nachfrage am Wohnungsmarkt sowie der Vermietungssituation. Zu Beginn muss festgelegt werden, ob eine umfassende Erneuerung (Vollmodernisierung) durchge­führt werden soll oder ob nur die Teilerneuerung einzelner Bereiche angestrebt wird. Bei einer umfassenden Erneuerung ist dann zu bestimmen, ob diese in einem Zug oder in meh­reren Stufen ausgeführt werden soll.18

2.2.1 Revitalisierung in einem Zug oder in Stufen

Soll eine umfassende Erneuerung durchgeführt werden, ist im nächsten Schritt festzulegen, ob die Revitalisierungsmaßnahmen in einem Zug oder in Stufen durchgeführt werden sol­len.

Revitalisierungsmaßnahmen in einem Zug sind insbesondere dann empfehlenswert, wenn ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und das Gebäude leer steht. Der Vor­teil bei der Revitalisierung in einem Zug ist, dass alle Maßnahmen in einem ganzheitlichen Planungs- und Bauprozess durchgeführt werden. Dadurch, dass die Kosten für die Baustel­leneinrichtung und das Gerüst nur einmalig anfallen und in der Summe Architekten- und Ingenieurhonorare niedriger ausfallen, können Kosten eingespart werden. Der Verwal­tungsaufwand des Eigentümers für die Vergabe der Aufträge für die Maßnahmen, Buch­haltung und Mieterbetreuung ist ebenfalls geringer. Ein weiterer Vorteil bei einer Erneue­rung in einem Zug ist, dass erneuerte Bauteile nicht in späteren Stufen wieder beschädigt oder zerstört werden. Es werden auch keine Not- oder Behelfslösungen bis zur nächsten Stufe erforderlich. In bewohnten Gebäuden werden die Mieter nur einmal belastet, jedoch ist diese Belastung in der Regel so groß, dass sie dem Mieter nicht zugemutet werden kann. Hinzu kommt die Gefahr, dass die Mieter bei der Ankündigung von Modernisie­rungsmaßnahmen in ihren Wohnungen von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch ma­chen. Deshalb entscheiden sich vor allem Wohnungsunternehmen bei bewohnten Gebäu­den eher für eine Erneuerung in Stufen. Alternativ müssen Mieter vorübergehend oder endgültig anderweitig untergebracht werden. Ein weiterer Nachteil bei der Revitalisierung in einem Zug ist, dass die Kosten nicht ausreichend durch Mieterhöhungen refinanziert werden können. Sollen Förderprogramme genutzt werden, die nur innerhalb einer be­stimmten Frist zur Verfügung stehen, bietet sich die Revitalisierung in einem Zug an, um einen möglichst großen Förderbetrag zu erhalten. Des Weiteren ist der bürokratische Auf­wand für Antragstellung und Abrechnung bzw. den Verwaltungsnachweis bei einmaliger Beantragung geringer.19

Bei der Revitalisierung in Stufen ist die Akzeptanz bei vorhandenen Mietern meist höher, da die Belastung durch die Maßnahmen geringer ausfällt. Allerdings werden die Mieter dadurch häufig hintereinander belastet. Dadurch, dass der Finanzbedarf über einen länge- ren Zeitraum gestreckt wird, kann bereits mit Maßnahmen begonnen werden, auch wenn das Budget für die gesamte Revitalisierung noch nicht vorhanden ist. Die Kosten einer Revitalisierung in Stufen sind meistens höher als bei einer Revitalisierung in einem Zug, da Mehrkosten für Planung und Ausführung entstehen, Gerüst- und Baustelleneinrich­tungskosten mehrmals anfallen und die Baunebenkosten in der Regel höher sind. Des Wei­teren ist der Verwaltungsaufwand des Eigentümers bei einer Revitalisierung in Stufen ebenfalls höher. Darüber hinaus werden möglicherweise Mehrfachaufwendungen notwen­dig, weil Maßnahmen einer späteren Stufe Maßnahmen aus einer vorangegangenen Stufe beschädigen oder zerstören, z.B. Treppenhäuser. In einzelnen Bereichen können Not- oder Behelfslösungen bis zur nächsten Stufe erforderlich werden. Ein großer Vorteil der Erneu­erung in Stufen ist, dass sich die Kosten durch die zeitliche Verteilung besser über Mieter­höhungen refinanzieren lassen. Allerdings kann es sein, dass die Realisierung des Erneue­rungsziels erst spät erreicht wird, zum Beispiel, wenn einzelne Wohnungserneuerungen erst bei Mieterwechsel durchgeführt werden können.20 21

Besonders bei der Revitalisierung in Stufen ist die Reihenfolge der Maßnahmen bzw. die Maßnahmenbündelung von der individuellen Revitalisierungsstrategie abhängig. Die nach­folgende Tabelle stellt idealtypische Hauptbündelungen nach Gebäudehülle, Wohnungen, Heizung sowie Allgemeinbereiche und Außenanlagen dar. Zusammenhängende Gewerke sind zum Beispiel möglichst in einer Stufe durchzuführen. Eine Heizungsanlage sollte auf eine spätere zentrale Warmwasserbereitung ausgerichtet sein und zeitlich nach Wärme­dämmmaßnahmen erneuert werden, damit die neue Heizungsanlage den neu geschaffenen Wärmedämmstandards entsprechend dimensioniert werden kann. Maßnahmen an Allge­meinbereichen und Außenanlagen sind möglichst abschließend in letzter Stufe durchzuführen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Idealtypische Bündelung von Revitalisierungsmaßnahmen

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Johann S. 2016, S. 15

2.2.2 Revitalisierung mit Erweiterungsmaßnahmen

Als Erweiterungsmaßnahmen werden Dachausbauten, -aufstockungen oder Anbauten ver­standen. Wesentliche technische Voraussetzungen für Wohnraumerweiterungen sind der Zustand und die Tragfähigkeit der obersten Geschossdecke (OGD) und die Statik des Ge­bäudes. Gute Bedingungen für Dachausbauten bestehen, wenn ausreichend Raumhöhe vorhanden und das Dach noch langfristig nutzbar ist. Bei unzureichender Raumhöhe sollte lediglich der Kniestock erhöht und das Dachgeschoss ausgebaut werden, wenn eine Dacherneuerung ohnehin notwendig ist. Dabei können Gauben und Dachloggien neue Wohnqualität schaffen und das Gebäudeerscheinungsbild verbessern. Vom Dachausbau (mit Anhebung) ist die Wohnraumerweiterung mit einem oder mehreren neuen Stockwer­ken (Aufstockung) zu unterscheiden. Sowohl bei Dachausbauten als auch bei Aufstockun­gen sind die Anforderungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, des Wärme-, Brand- und Schallschutzes und ggf. des Denkmalschutzes zu beachten.22 Die Erweite­rungsmaßnahmen sind genehmigungspflichtig und je nach Landesbauordnung unter ver­schiedenen Anforderungen durchzuführen.23 Der Mieter hat nach § 554 Abs. 2 BGB die Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums zu dulden.24 Im Gegenzug haben Mieter ggf. Mietminderungsrechte. Gemäß dem Urteil des LG Berlin vom 15.03.2002 zum Dach­geschossausbau sind die im Hause wohnenden Mieter während der Bauzeit zu einer durch­schnittlichen Mietminderung von 20 Prozent berechtigt.25

Aus dem Bebauungsplan sind besonders die Vorgaben zu Geschossflächenzahl (GFZ), Grundflächenzahl (GRZ), Anzahl der Vollgeschosse und Anzahl der Wohnungen einzuhal­ten. Nach § 2 Abs. 6 LBO Baden-Württemberg ist das Dachgeschoss ein Vollgeschoss, wenn die Höhe von 2,3 m (gerechnet von Oberkante Fertigfußboden bis Oberkante Dach­haut) über mehr als drei Viertel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses hinweg vorhanden ist.26 Des Weiteren sind Vorgaben zu Stellplätzen, Abstandsflächen, einem zweiten Rettungsweg oder der Feuerwiderstandfähigkeit von Bauteilen zu beachten. Ent­stehen durch die Erweiterungsmaßnahmen neue Wohnungen, können eine Neuberechnung des Stellplatzbedarfs und ggf. zusätzliche Stellflächen notwendig bzw. Stellplatzablösen fällig werden. Zusätzlich ist ein zweiter Rettungsweg aus Brandschutzgründen neben dem Treppenhaus nachzuweisen. Der zweite Rettungsweg kann eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein.27

2.3 Revitalisierungsprozess

Der Revitalisierungsprozess wird in fünf einzelne Phasen unterteilt: Projektinitiierung, Projektkonzeption, Projektkonkretisierung, Projektrealisierung/-management, sowie Pro- jektvermarktung.28

Im Rahmen der Projektinitiierung wird das Ziel verfolgt, für einen gegebenen Standort mit vorhandener Bestandsimmobilie eine neue Projektidee und frisches Kapital zu generieren. In dieser Phase wird die angedachte Revitalisierung skizziert und wörtlich verfasst, sowie eine einfache Projektentwicklungsrechnung bzw. Developer-Rechnung erstellt.29

In der Projektkonzeptionsphase wird die Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit des ge­planten Revitalisierungsobjekts überprüft und die damit verbundene Investition im Detail abgebildet. Um hohe Risiken auszuschließen und die Wirtschaftlichkeit eines Revitalisie­rungsprojektes unter den gegebenen Umständen zu prüfen, werden verschiedene Analysen durchgeführt, die in ihrer Gesamtheit als Machbarkeitsstudie bezeichnet werden. Typische Analysen in dieser Phase sind Standortanalyse, Marktanalyse, Nutzungsanalyse, Be­standsanalyse der Wohnimmobilie, Kostenanalyse, Risikoanalyse sowie Wettbewerbsana­lyse.30

In der Projektkonkretisierungsphase wird die Fertigstellung des Bauantrags, also die Ein­reichung der Baugenehmigungsunterlagen beabsichtigt. Des Weiteren werden die Ausfüh­rungsplanung und die Ausschreibung der Bauarbeiten (Erstellung der Leistungsverzeich­nisse, Einholung von verbindlichen Angeboten von Bauunternehmen) durchgeführt.

Die Projektrealisierungs/-managementphase beinhaltet die Vergabe und die Bauüberwa­chung bis zur Abnahme aller Bauleistungen. Ziel ist es, die zeitlichen und finanziellen Vereinbarungen einzuhalten sowie die geforderte Qualität zu erreichen.

Nach Fertigstellung und Abnahme aller Bauleistungen und der Inbetriebnahme kann die Liegenschaft im Rahmen der Projektvermarktung an Eigentümer/Mieter übergeben wer­den. Nach der Übergabe an Eigentümer/Mieter geht das Objekt in die Nutzungsphase über.31

Die Abwicklungsdauer des Phasenkonzepts kann aufgrund der jeweiligen Ausgangssituati­on bei den Bestandsimmobilien sowie aufgrund des jeweiligen Projektumfangs, der Ar­beitskapazitäten und Vorgehensweisen der Akteure stark variieren.

Die nachfolgende Abbildung stellt das Phasenkonzept der Projektenwicklung im Bestand in idealtypischer Form grafisch dar. Bei der Projektvermarktung handelt es sich um eine Aufgabe, die parallel zum Gesamtprozess der Projektentwicklung im Bestand ablaufen soll.32

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Phasenkonzept der Projektentwicklung im Bestand

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Alda W. & Hirschner J. 2016, S. 24 und Zimmermann M. 2006, S. 32

3. Rahmenbedingungen bei Revitalisierungen

Bei der Revitalisierung von Wohnimmobilien müssen bestimmte Rahmenbedingungen beachtet werden, die im Folgenden näher erläutert werden.

3.1 Beteiligte am Revitalisierungsprozess

Die Anzahl der Beteiligten wird von der Art, der Größe und von der Bedeutung der Maß­nahme bestimmt. Die Beteiligten am Revitalisierungsprozess sind nachfolgend aufgeführt:

- Bauherr, üblicherweise der Eigentümer des Bauwerks
- Planer (Entwurfsverfasser, Architekt)
- Fachplaner wie Statiker, Fachingenieure
- Bauaufsichtsbehörden
- Stadtplaner (Stadtplanungsamt)
- Denkmalpfleger (Denkmalschutzbehörde)
- B auleiter/ Projektl eiter
- Bauunternehmer/-ausführende Firmen
- Handwerker
- Banken
- Hausverwaltung
- Nutzer/ Mieter
- Anwohner/Nachbarn
- Makler
- Spezialisten für Bauwerkserhaltung33

3.2 Institutionen

Institutionelle Regelungen, die die Errichtung und Änderung von Immobilien betreffen, leiten sich aus dem privaten Baurecht, dem öffentlichen Baurecht sowie aus dem Baune­benrecht ab.34 Im Folgenden wird auf wesentliche Institutionen des öffentlichen Baurechts und des Mietrechts, sowie auf Regelungen zur Energieeinsparung von Gebäuden, die Revi­talisierungen beeinflussen können, eingegangen.

3.2.1 Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

Bauherr und weitere am Bau Beteiligte sind verantwortlich dafür, dass bei Errichtung, Umbau, Erweiterung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Die Zulässigkeit eines Bauvorhabens wird durch das Bauplanungsrecht (Vorschriften des Baugesetzbuchs BauGB und Vorschriften der Baunut­zungsverordnung BauNVO) und das Bauordnungsrecht (Vorschriften gemäß der jeweili­gen Landesbauordnungen) geregelt.35

Rechtsverbindliche Festsetzungen aus dem Bauplanungsrecht resultieren aus dem Bebau­ungsplan in Verbindung mit der BauNVO aus Art und Maß der baulichen Nutzung, Zahl der Vollgeschosse, Höhe der baulichen Anlage oder der höchstzulässigen Zahl der Woh­nungen in Wohngebäuden.36

Die jeweiligen Landesbauordnungen regeln, wie im Einzelnen gebaut werden darf. Die Landesbauordnung enthält Vorschriften über die Errichtung, Änderung und den Abbruch von baulichen Anlagen, insbesondere von Gebäuden. So definiert die Landesbauordnung unter anderem, was ein Gebäude ist, teilt Gebäude in verschiedene Gebäudeklassen ein, regelt die Abstandsflächen, allgemein die Brand- und Betriebssicherheit sowie die Nutz­barkeit von baulichen Anlagen. Wesentlich für Revitalisierungsmaßnahmen sind Vor­schriften zu den Themen Bestandsschutz, Baugenehmigung, Brandschutz, Abstandsflä­chen, Stellplätze und Kinderspielplätze.

Bestandsschutz ist ein aus dem Grundgesetz Artikel 14 abgeleitetes Rechtsinstitut. Grund­sätzlich besteht für alle Gebäude Bestandsschutz, welche mit einer gültigen Baugenehmi­gung errichtet worden und somit als „rechtmäßig“ einzuordnen sind. Es wird zwischen passivem und aktivem Bestandsschutz unterschieden. Der passive Bestandsschutz bewahrt ein Gebäude vor Anforderungen, die sich durch eine Veränderung der Rechtslage ergeben haben. Der aktive Bestandsschutz bezieht sich auf Baumaßnahmen, die Änderungen des bestehenden Gebäudes beinhalten. Bei unwesentlichen Instandsetzungs- oder Modernisie­rungsmaßnahmen, die die wesentliche Substanz des Gebäudes erhalten, bleibt der Be­standsschutz bestehen. Bei wertgreifenden baukonstruktiven Maßnahmen, die eine erneute statische Berechnung des Gebäudes erforderlich machen, sowie beim Austausch von Bau­teilen oder einer wesentlichen Volumenerweiterung des Gebäudes kann der Bestands­schutz erlöschen. Des Weiteren können Gebäude ihren Bestandsschutz durch Nutzungsän­derung und fehlende Verkehrssicherheit verlieren.37 Der Ausbau eines bisher als Speicher dienenden Dachgeschosses ist zum Beispiel eine Nutzungsänderung.38

Ob eine Baugenehmigung für eine Revitalisierungsmaßnahme erforderlich ist, hängt von der Maßnahme ab. Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedür­fen einer Baugenehmigung.39 In den jeweiligen Landesbauordnungen ist geregelt, welche Maßnahmen genehmigungsfrei sind. Genehmigungsfrei sind grundsätzlich Instandhal­tungsarbeiten bzw. der Instandhaltungsanteil von Revitalisierungsmaßnahmen. Eine Bau­genehmigung ist ebenfalls nicht notwendig bei Anlagen der technischen Gebäudeausrüs­tung. Ausgenommen sind freistehende Abgasanlagen mit einer Höhe von mehr als 10 m oder Solaranlagen in, an und auf Dach- und Außenwandflächen, Außenwandbekleidungen einschließlich Maßnahmen der Wärmedämmung oder eine neue Bedachung einschließlich Maßnahmen der Wärmedämmung.40 Die Regelungen können sich in den Landesbauord­nungen unterscheiden und sind deshalb genau zu prüfen.

Weitere Regelungen leiten sich aus den Anforderungen zum vorbeugenden Brandschutz ab. In der Regel müssen bauliche Anlagen so angeordnet und errichtet werden, dass ein Brand nicht leicht entstehen und sich das Feuer nicht ausbreiten kann. Bei einem Brand müssen wirksame Löscharbeiten und die Rettung von Menschen und Tieren möglich sein.41 Bei Erweiterungsmaßnahmen wie Aufstockung und Dachausbauten wird ein zweiter Rettungsweg notwendig. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Hierbei ist zu prüfen, ob die Leiter der Feuerwehr alle Nutzungseinheiten erreichen kann. Die zulässige Rettungshöhe wurde bundesweit einheitlich für diese Leitern auf 8 m festge­legt. Das bedeutet, dass die Fenster von Gebäuden die Brüstungshöhe von 8 m zum Erdbo­den nicht überschreiten dürfen. Oberhalb dieser 8 m bis zu einer Höhe von 23 m müssen die Kommunen Drehleiterfahrzeuge vorhalten, um die Aufgabe zu übernehmen. Der Ab­stand zwischen Gebäude und Drehleiterfahrzeug darf 3 m nicht unterschreiten und nicht größer als 12 m sein. Zusätzlich dürfen keine Hindernisse, wie zum Beispiel Bäume den Weg versperren. Verfügt die Feuerwehr nicht über ein solches Fahrzeug so ist ein zweiter Rettungsweg zum Beispiel durch eine zusätzliche Außentreppe aus Stahl erforderlich. Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen sicher erreichba­ren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können, ein soge­nannter Sicherheitstreppenraum. Die Wände und die Treppen dürfen nur aus nicht brenn­baren Baustoffen hergestellt werden und müssen über einen Rauchabzug verfügen. Des Weiteren haben diese Treppenräume eine Schleuse vor der Treppe, die das Eindringen von Feuer und Rauch verhindert. Der nachträgliche Einbau ist allerdings selten möglich.42

Abstandsflächen sind bei bestehenden Wohnimmobilien ebenfalls bestandsgeschützt, auch wenn diese gegenwärtigen Anforderungen nicht erfüllen. Bei baulichen Maßnahmen kön­nen Abstände zu Nachbargebäuden relevant werden. Aufstockungen oder Balkonanbauten mit zu geringen Abstandsflächen können die Maßnahme unzulässig machen.43

Darüber hinaus ist zu prüfen, welche Anforderungen an die Anzahl der PKW-Stellplätze sowie gegebenenfalls auch Fahrrad-Stellplätze gestellt werden. Neue Stellplatzanforderun­gen können sich bei der Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen erge­ben, wenn zusätzlich Wohnraum geschaffen wird. Diesbezüglich sind die Landesbauord­nung und Stellplatzverordnung der jeweiligen Gemeinde zu konultieren. Kann der Stell­platzbedarf nicht abgedeckt werden fallen in der Regel Stellplatzablösen an.44

Bei bestehenden Wohngebäuden kann die Herstellung von Spielplätzen für Kleinkinder verlangt werden. Kinderspielplätze sind nach § 8 MBO entweder auf dem Grundstück von Gebäuden mit mehr als drei Wohneinheiten oder in unmittelbarer Nähe herzustellen. Die Art, Größe und Ausstattung der Kinderspielplätze bestimmen sich nach der Zahl und Grö­ße der Wohnungen auf dem Grundstück. Es muss kein Spielplatz gestaltet werden, wenn die Art der Wohnungen einen Kinderspielplatz nicht erfordert.45 Nach der Landesbauord­nung Baden-Württemberg kann die Baurechtsbehörde mit Zustimmung der Gemeinde zu­lassen, dass der Bauherr zur Erfüllung seiner Verpflichtung einen Geldbetrag an die Ge­meinde zahlt. Dieser Geldbetrag muss für die Errichtung oder den Ausbau eines nahegele­genen kommunalen Kinderspielplatzes verwendet werden.46

In einigen Fällen ist auch der Denkmalschutz bedeutsam, der einen Ausnahmetatbestand darstellen kann (z.B. § 24 Abs 1 EnEV) oder durch den zusätzliche Anforderungen an das Gebäude bestehen.47 Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, so sind alle baulichen Ver­änderungen, auch reine Instandhaltungsmaßnahmen, genehmigungspflichtig. Ist das Vor­haben auch baurechtlich genehmigungspflichtig, wird das Denkmalschutzrecht in das Ge­nehmigungsverfahren integriert. Vollzugsbehörden sind die unteren Denkmalschutzbehör­den. Die untere Denkmalschutzbehörde führt die Aktualisierung und Überwachung des Denkmalbestands und die Sicherung der Denkmäler aus. Ziel des Denkmalschutzes ist es, erhaltenswerte Gebäude zu schützen, zu pflegen und zu erfassen. Der Denkmalpflege ist es äußerst wichtig, das ursprüngliche Erscheinungsbild und die ursprüngliche Ausstattung zu erhalten.48

Gemäß BauGB kann eine Gemeinde per Satzung Gebiete festlegen, in denen besondere städtebauliche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Diese städtebaulichen Sanie­rungsmaßnahmen dienen der wesentlichen Verbesserung oder Umgestaltung eines Gebie­tes zur Behebung städtebaulicher Missstände. Instrumentarien sind städtebauliche Sanie­rungsmaßnahmen, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, Stadtumbaumaßnahmen, Maßnahmen der sozialen Stadt, Erhaltungssatzungen und städtebauliche Gebote.49

3.2.2 Regelungen zur Mietpreisfindung

Werden bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nach­haltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern, nachhaltige Ein­sparung von Energie oder Wasser bewirken oder werden bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, so kann die jährli­che Miete um 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöht werden.50 An­hang 1 stellt einen Überblick der umlegbaren und nicht umlegbaren Modernisierungsmaß­nahmen nach § 555b BGB dar.

Der Vermieter hat die Mieter spätestens drei Monate vor dem Beginn der Maßnahme schriftlich zu informieren. Die Modernisierungsankündigung muss Angaben enthalten über die Art und den voraussichtlichen Umfang der Modernisierungsmaßnahme, Beginn und die voraussichtliche Dauer, die zu erwartende Mieterhöhung sowie die voraussichtlichen künf­tigen Betriebskosten. Der Mieter hat die Modernisierungsmaßnahme des Vermieters in der Regel zu dulden, es sei denn, er kann sich auf einen Härtefall berufen.51 In diesem Fall kann der Mieter widersprechen.

Die Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen kann erst verlangt werden, wenn die baulichen Maßnahmen fertiggestellt sind. Der Vermieter muss in der Mieterhöhungserklä­rung darlegen, inwiefern die von ihm durchgeführten baulichen Maßnahmen solche sind, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhält­nisse auf Dauer verbessern oder eine nachhaltige Einsparung von Energie oder Wasser bewirken. Für bauliche Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie ist mindestens die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (k- bzw. U-Wert) erforder- lich.52 Wurden die alten Wärmedurchgangswerte nicht festgehalten, kann der Vermieter auf allgemein anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen.53

Wird eine Festmiete, eine Staffel- oder eine Indexmiete vertraglich vereinbart, darf die Miete trotz Modernisierung nicht erhöht werden. Eine Ausnahme besteht bei Indexmieten und baulichen Maßnahmen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat.54 Der Mieter schuldet die erhöhte Miete grundsätzlich mit Beginn des dritten Monats nach Zugang des Mieterhö­hungsverlangens. Stimmt der Mieter der Mieterhöhung nicht zu, kann der Vermieter auf Erteilung der Zustimmung klagen.

Des Weiteren besteht nach § 555 e BGB und § 561 BGB ein Sonderkündigungsrecht des Mieters bei einer Modernisierungsankündigung, ebenso nach Zugang der Mieterhöhungs­erklärung. Der Mieter kann nach Zugang der Modernisierungsankündigung das Mietver­hältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Nach Zugang der Mieterhöhungserklärung kann der Mieter bis zum Ablauf des zweiten Monats nach Zugang der Mieterhöhung zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen.55

Wie schon beschrieben kann der Vermieter die jährliche Miete um 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Die Höhe der nach § 559 BGB umlagefähigen Sanierungskosten umfasst nicht die gesamten energetisch relevanten Kosten, sondern le­diglich die über die notwendigen Instandhaltungskosten (Ohnehin-Kosten bzw. Sowieso­Kosten) hinausgehenden Mehrkosten, die durch die Verbesserung der energetischen Stan­dards anfallen.56

Für die Berechnung der Mieterhöhung müssen als Erstes die aufgewendeten Kosten ermit­telt werden. Zu den ansatzfähigen Kosten zählen die Baukosten und die Baunebenkosten. Maßgeblich sind die tatsächlich entstandenen Kosten. Zu den nicht ansatzfähigen Kosten gehören Abschreibungen für Bauteile, Finanzierungskosten, Kosten der Rechnungsprü­fung, Mietverluste infolge der Minderung der Miete aufgrund modernisierungsbedingter Gebrauchsbeeinträchtigung sowie Verwaltungskosten. Von den Gesamtkosten sind Kosten für Erhaltungsmaßnahmen, Mittel aus öffentlichen Haushalten, zinsgünstige Darlehen so­wie Mieterdarlehen und -zuschüsse abzuziehen. Werden Modernisierungsmaßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Woh­nungen aufzuteilen.57 Bei Erhöhungen der jährlichen Miete ist zu beachten, dass sich die monatliche Miete innerhalb von 6 Jahren, von Erhöhungen bis zur ortsüblichen Ver­gleichsmiete und Veränderungen von Betriebskosten abgesehen, nicht um mehr als 3 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen darf. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass wenn die monatliche Miete vor der Mieterhöhung weniger als 7 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche beträgt, sich die monatliche Miete nicht um mehr als 2 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen darf.58

3.2.3 Regelungen zur Energieeffizienz und zum Wärmeschutz

Das neue „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“ - kurz Gebäudeenergiegesetz (GEG) - enthält Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden, die Erstellung und die Ver­wendung von Energieausweisen sowie an den Einsatz erneuerbarer Energien bei zu errich­tenden Gebäuden. Das Gebäudeenergiegesetz ist am 1. November 2020 in Kraft getreten. Hierzu wurden das bisherige Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die bisherige Energieein­sparverordnung (EnEV) und das bisherige Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWär- meG) zusammengeführt.59

Im § 48 GEG sind die Anforderungen an ein bestehendes Gebäude bei einer Änderung festgehalten. Werden Außenbauteile erneuert, ersetzt oder erstmalig eingebaut, so sind diese Maßnahmen so auszuführen, dass die betroffenen Flächen des Außenbauteils die Wärmedurchgangskoeffizienten nicht überschreiten. Anhang 2 zeigt die Anforderungen des GEG für die Änderung von Außenbauteilen bei bestehenden Gebäuden. Ausgenom­men sind Änderungen von Außenbauteilen, die nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Fläche der jeweiligen Bauteilgruppe des Gebäudes betreffen.60 Beispielsweise müssen neue, ersetzte oder erneuerte Fenster mindestens einen Wärmedurchgangskoeffizienten (U- Wert61 ) von 1,30 W/(m2K) erreichen.

Bei der Erweiterung und dem Ausbau eines Wohngebäudes darf der spezifische, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogene Transmissionswärmeverlust der Außen­bauteile der neu hinzukommenden Räume das 1,2-fache des entsprechenden Wertes des Referenzgebäudes gemäß Anhang 3 nicht überschritten werden. Ist die hinzukommende Nutzfläche größer als 50 m2, sind zusätzliche Anforderungen des sommerlichen Wärme­schutz nach § 14 GEG zu beachten.62

Neben den Anforderungen an Wärmedurchgangskoeffizienten werden im Gebäudeener­giegesetz verschiedene Nachrüst- und Austauschpflichten für Bestandsgebäude festgelegt. Diese betreffen vor allem Pflichten für den Austausch von Heizkesseln sowie die Däm­mung von Verteilleitungen und obersten Geschossdecken. So müssen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen gespeist werden (Öl- und Gasheizkessel) und vor dem 01. Januar 1991 eingebaut wurden, ausgetauscht werden. Ab 01. Januar 1991 einge­baute Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden, dür­fen nach 30 Jahren nicht mehr betrieben werden. Diese Regelungen gelten nicht, wenn die vorhandenen Heizkessel Niedertemperatur- oder Brennwertkessel sind oder die Nennleis­tung der Heizungsanlage weniger als 4 Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt.63 Bei Zentralheizungen muss die Wärmezufuhr regelbar sein. Die Regelung der Wärmezufuhr erfolgt in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der Zeit. Dämmpflichten bestehen nach § 69 GEG für Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen sowie Armaturen in unbeheizten Räumen.64 Des Weiteren bestehen ebenso Dämmpflichten für zugängliche oberste Geschossdecken (OGD) zum unbeheizten Dachraum, wenn diese die Anforderun­gen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 (R > 0,90 m2K/W65 ) nicht erfüllen. Der Wärmedurchgangskoeffizient von 0,24 W/(m2K) darf mit der nachträglichen Dämmung nicht überschritten werden. Diese Forderung gilt als erfüllt, wenn anstelle der obersten Geschossdecke das darüber befindliche Dach entsprechend gedämmt wurde oder den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 aufweist.66

Das Gebäudeenergiegesetz fordert einen aktuellen Energieausweis bei Erwerb bzw. Ver­kauf und Vermietung von Immobilien sowie bei Änderungen bei bestehenden Gebäuden. Energieausweise liefern Informationen über den energetischen Gebäudezustand und dienen als Vergleichsinstrument. Des Weiteren enthält ein Energieausweis Empfehlungen für Maßnahmen zur kosteneffizienten Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz (Moderni- sierungsmaßnahmen). Zusätzlich ist die Energieeffizienzklasse des Wohngebäudes im Energieausweis angegeben. Die Energieeffizienzklassen richten sich nach dem Endener­giebedarf oder Endenergieverbrauch und geben die Qualität eines Gebäudes von A+ über A bis H in neun Stufen an. Es besteht Wahlrecht zwischen einem verbrauchsbasierten oder bedarfsorientierten Energieausweis, der in der Regel für das gesamte Wohngebäude und nicht für einzelne Wohnungen erstellt wird.67

Beim Verbrauchsausweis wird die Effizienz eines Gebäudes anhand des gemessenen Ener­gieverbrauchs der letzten drei Jahre bestimmt, der stark vom Verhalten der Bewohner ab­hängt. Angaben in einem Bedarfsausweis beruhen auf technischen Gebäudedaten wie Ab­messungen und verwendeter Technik. Ein Energieausweis ist in der Regel zehn Jahre gül­tig, es sei denn, das Gebäude wurde zwischenzeitlich umfassend saniert (bei Modernisie­rungen an Außenbauteilen eines Gebäudes gemäß Anhang 2). In diesem Fall muss ein neu­er Energiebedarfsausweis unter Zugrundelegung der energetischen Eigenschaften des ge­änderten Gebäudes erstellt werden.68

3.3 Wohnungsmarkt

3.3.1 Struktur des Wohnungsbestandes

Der deutsche Wohnungsbestand setzte sich im Jahr 2018 aus über 19,05 Mio. Wohngebäu­den und 41,98 Mio. Wohnungen mit unterschiedlichen Gebäudeformen und Baualtersklas­sen zusammen.69 Von dem gesamten Wohnungsbestand liegen 31 Prozent in Einfamilien­häusern und ca. 15 Prozent in Zweifamilienhäusern. Mehr als die Hälfte aller Wohneinhei­ten in Deutschland (über 52 Prozent) befinden sich in Mehrfamiliengebäuden, das bedeutet in Objekten mit mindestens drei Wohneinheiten.70 Der Anteil der Wohneinheiten, die sich in Wohnheimen befinden, betrug 2018 ca. 1,2 Prozent.

Bezogen auf die Zahl der Wohngebäude ist die Aufteilung verständlicherweise eine deut­lich andere. Die Einfamilienhäuser haben mit knapp 67 Prozent den größten Anteil am Wohngebäudebestand. Der Anteil der Zweifamilienhäuser betrug 2018 ca. 16 Prozent und die Mehrfamilienhäuser machen 17 Prozent des Wohngebäudebestands aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an: Statistisches Bundesamt 2019 (1), S. 42

Die folgende Abbildung stellt die Anteile der Bundesländer am gesamten Gebäude- und Wohnungsbestand dar. Die Anteile der Bundesländer am gesamten Gebäude- und Woh­nungsbestand zeigen, dass sich fast die Hälfte aller Gebäude und Wohnungen in Deutsch­land in den drei einwohnerstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Ba­den-Württemberg befinden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Wohngebäude- und Wohnungsanteile der Bundesländer in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an: Statistisches Bundesamt 2019 (2), S. 19 und Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019, S. 29

Besonders auffallend sind die Werte für Berlin, dessen Wohnungsanteil deutlich über dem Gebäudeanteil liegt. Ursächlich ist die urbane, hoch verdichtete Wohnbebauung, die von großen Mehrfamilienhäusern in Reihen- und Geschossbauweise geprägt ist.71

3.3.2 Baualtersklassen und Bautypologien

Der Großteil der Wohngebäude und Wohnungen in Deutschland ist in den Jahren 1949 bis 1978 entstanden, also in der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg. In der Nach­kriegszeit bis 1979 lag der Anteil an Wohneinheiten etwas weiter über der Zahl der Wohn­gebäude, wonach in diesem Zeitraum mehr große Mehrfamilienhäuser gebaut wurden als in anderen Zeiträumen.72

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Wohngebäude und darin befindliche Wohnungen nach Baualtersklassen in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Cischinsky H. & Diefenbach N. 2018

Abbildung 7 zeigt die Auswertung der Datenerhebung Wohngebäudebestand 2016 des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) und gibt einen Überblick über die Verteilung des Wohngebäudebestandes nach Baualtersklassen in Deutschland. Die Häufigkeitsverteilung ist nach Wohngebäuden und Wohnungen getrennt angegeben.73

Die technische Beschaffenheit von Wohngebäuden ist abhängig von deren Bauzeit. In be­stimmten vergangenen Zeitabschnitten haben ähnliche Bautechniken und technische Stan­dards, energetische Anforderungen, wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen, Nutzeranforderungen und der Zeitgeschmack zu ähnlichen Bautypologien geführt.74 Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt entwickelte 1989 die erste Version der deutschen Gebäudetypologie für Wohngebäude. Die Wohngebäudetypologie in Deutsch­land wurde im Laufe der Zeit weiterentwickelt, bei der Wohngebäude nach Größe und Baualtersklasse aufgegliedert werden. Die Unterteilung nach der Größe erfolgt nach Ein­familienhäusern (EFH), Reihenhäusern (RH), Mehrfamilienhäusern (MFH), großen Mehr­familienhäusern (GMH) und Hochhäusern (HH). Die Typologie enthält eine detaillierte tabellarische Aufstellung der häufig anzutreffenden Ausprägungen der Geometrie der Ge­bäude, der Baukonstruktion und deren für die energetische Performance bedeutenden Ei­genschaften.75

3.3.3 Eigentümerstruktur

Auch die Eigentümerstruktur hat wesentliche Auswirkungen auf die Intensität energeti­scher Sanierungen. Hierbei ist insbesondere die Eigentumsquote entscheidend, da Selbst­nutzer durch die Sanierung Einsparungen erzielen, wohingegen ein Vermieter von energe­tischen Maßnahmen nur indirekt über die an die Nutzer weitergegebene Mieterhöhung profitiert.76 Die Wohneigentumsquote ist in Deutschland verglichen mit den anderen euro­päischen Ländern und den USA relativ gering, in den Jahren 1998 bis 2018 aber von 40,9 Prozent auf 46,5 Prozent gestiegen.77 In absoluten Zahlen ausgedrückt wohnten 2018 von den insgesamt knapp 37 Mio. bewohnten Wohnungen in Wohngebäuden (ohne Wohnhei­me) ca. 17,2 Mio. von Wohnungs- bzw. Hausbesitzern bewohnt.78

[...]


1 Vgl. Berkel M. 2020

2 Vgl. Discher H. (dena) et al. 2010, S. 8 und vgl. Bühren K. 2020, S. 5

3 Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) 2019, S. 133 und vgl. Ochs J. 2020, S. 7

4 Vgl. Johann S, 2016, S. 6

5 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 31051, 2019, S. 12

6 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 31051, 2019, S. 4 und vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN EN 13306, 2018, S. 17

7 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 31051, 2019, S. 5-12

8

9 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 32736, 2000, S. 3

10 Vgl. § 16 WoFG 2019 und vgl. § 555b BGB 2020

11 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 32736, 2000, S. 3

12 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S.6 und vgl. Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif) 2016, S. 9

13 Vgl. Conzen G. 2016, S. 286

14 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S.6, 10

15 Vgl. Johann S. 2016, S. 8 und vgl. Sturm V. 2006, S. 49

16 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S. 10

17 Vgl. Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 BelWertV 2009

18 Vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 41, 43 und vgl. Johann S. 2016, S. 13

19 Vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 44 ff. und vgl. Johann S. 2016, S. 13, 14 9

20 Vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 46, 47

21 Vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 47 und vgl. Johann S. 2016, S. 14

22 Vgl. Johann S. 2016, S. 16

23 Vgl. § 59 Abs. 1 MBO 2019

24 Vgl. § 554 Abs. 2 BGB 2020

25 Vgl. LG Berlin, Urteil vom 15.03.2002 63 S 54/00

26 Vgl. § 34 und § 2 Abs. 6 LBO Baden-Württemberg 2019

27 Vgl. § 37 und § 15 Abs. 3, Abs. 5 LBO Baden-Württemberg 2019

28 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S. 17 und vgl. Zimmermann M. 2006, S. 32

29 Vgl. Zimmermann M. 2006, S. 33

30 Vgl. Bielefeld B. & Wirths M. 2010, S. 12 und vgl. Zimmermann M. 2006, S. 33

31 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S. 19 und vgl. Zimmermann M. 2006, S. 33, 34

32 Vgl. VDI/gif- Richtlinie 6209, 2019, S. 17 und vgl. Zimmermann M. 2006, S. 35

33 Vgl. Kolbmüller H. & Stahr M. 2015, S. 11 und vgl. Herke S. 2019, S. 9 ff. 16

34 Vgl. Johann S. 2016, S. 40

35 Vgl. Schwalbach G. 2010, S. 35, 36

36 Vgl. § 9 BauGB 2020

37 Vgl. Streck S. 2011, S. 33 und vgl. Bielefeld B. & Wirths M. 2010, S. 201

38 Vgl. Mohr H. 2020

39 Vgl. § 59 MBO 2019

40 Vgl. § 61 MBO 2019

41 Vgl. § 15 Abs. 1 LBO-Baden-Württemberg 2019

42 Vgl. § 15 LBO-Baden-Württemberg 2019 und vgl. Ries R. 2020

43 Vgl. Johann S. 2016, S. 42

44 Vgl. § 37 LBO-Baden-Württemberg 2019 und vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 64

45 Vgl. § 8 Abs. 2 MBO 2019 und vgl. § 9 Abs. 2 LBO Baden-Württemberg 2019

46 Vgl. § 9 Abs. 3 LBO-Baden-Württemberg 2019

47 Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) 2019, S. 139

48 Vgl. Friedrichsen S. 2018, S. 65 und vgl. Streck S. 2011, S. 34

49 Vgl. § 131-191 BauGB und vgl. Bielefeld B. & Wirths M. 2010, S. 42

50 Vgl. § 555 b, § 559 BGB 2020

51 Vgl. § 555 c, § 555 d BGB 2020

52 Vgl. BGH, Urteil vom 25.1.2006, VIII ZR 47/05 und vgl. BGH, Urteil vom 07.01.2004, VIII ZR 156/03, S. 6 und vgl. KG Berlin, Urteil vom 20.4.2006, 8 U 204/05

53 Vgl. § 555 c Abs. 3 BGB 2020

54 Vgl. § 555 c, § 557 a, § 557 b BGB 2020

55 Vgl. § 558 b und § 555 e BGB, 2020

56 Vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. 2017, S. 7

57 Vgl. §§ 559, 559 a BGB 2020 und vgl. Krolkiewicz H. J. et al. 2008, S. 75 22

58 Vgl. §§ 559, 558, 560 BGB 2020

59 Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

60 Vgl. § 48 GEG 2020

61 Der U-Wert wird verwendet, um die Wärmedämmfähigkeit eines Bauteils zu bestimmen. Je kleiner der U- Wert, umso besser ist der Wärmeschutz und umso weniger lässt das Bauteil die Wärme entweichen. 23

62 Vgl. § 51 GEG 2020

63 Vgl. § 72 GEG 2020 und vgl. Wild U. 2015, S. 91

64 Vgl. § 61 und § 69 GEG 2020

65 Der Wärmedurchlasswiderstand R bezeichnet den Widerstand einer Schicht gegen das Durchströmen von Wärme. Je größer der Widerstand einer Baustoffschicht, umso weniger Wärme strömt durch diese.

66 Vgl. § 47 GEG 2020 und vgl. Deutsches Institut für Normung e.V, DIN 4108-2: 2013-02, S. 15 24

67 Vgl. §§ 79, 84, 86 GEG 2020 und vgl. Bosch Thermotechnik GmbH, Effizienhaus-online

68 Vgl. §§ 79, 80 GEG 2020

69 Vgl. Statistisches Bundesamt 2019 (2), S. 19 und vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019, Tab. 1

70 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019, Tab. 4

71 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 29

72 Vgl. Herr T. 2017, S. 426

73 Vgl. Cischinsky H. & Diefenbach N. 2018, S. 40

74 Vgl. Herr T. 2017, S. 427

75 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt (IWU) 2015, S. 7, 13 und vgl. Herr T. 2017, S. 429

76 Vgl. Deutsche Immobilien-Akademie Freiburg GmbH (DIA) 2012, S. 15

77 Vgl. Statistisches Bundesamt 2020 (Stand 2019)

78 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2019, S. 29

Ende der Leseprobe aus 130 Seiten

Details

Titel
Revitalisierung von Wohnimmobilien. Handlungsempfehlungen unter Berücksichtigung der Energieeffizienz
Hochschule
HBC Hochschule Biberach. University of Applied Sciences
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
130
Katalognummer
V1014727
ISBN (eBook)
9783346417428
ISBN (Buch)
9783346417435
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Revitalisierung von Wohnimmobilien, Revitalisierung, Wohnimmobilien, Energieeffizienz, Energieeffizienz bei Wohnimmobilien, Immobilien
Arbeit zitieren
Sandra Brezina (Autor:in), 2021, Revitalisierung von Wohnimmobilien. Handlungsempfehlungen unter Berücksichtigung der Energieeffizienz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014727

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