Frisch, Max - Homo Faber - Vergleich mit Werther
Literarische Erörterung
„Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer trifft sie der Zufall.“ Diese Aussage von Friedrich Dürrenmatt trifft auf Walter Faber zu, die Hauptperson in Max Frisch 1957 entstandenem Werk „Homo faber“. „Homo faber“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie der „Mensch (als) Schmied“. In diesem Fall bezeichnet es den nur in mathematischen Grundsätzen denkenden Techniker Walter Faber, der „seines eigenen Glückes/Lebens Schmied“ ist und dazu nur technische Fakten und keinerlei Emotionen benötigt. Sein Leben wird aber von einer Reihe von Zufällen, die sein Schicksal darstellen, durchkreuzt bis er aufgrund einer Magenkrankheit stirbt. Damit steht die literarische Figur „Homo faber“ völlig im Gegensatz zu der Figur des „Werther“ aus dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang von Goethe aus dem Jahr 1774. Der junge Werther ist kein Techniker, ganz im Gegenteil, er ist ein Gefühlsmensch. Werther flüchtet vor allen Konventionen in die Natur und in die unerreichbare Liebe, welche ihn dazu bringt Selbstmord zu begehen. Beide Figuren scheinen völlig verschieden, doch beide Schicksale weisen eine Gemeinsamkeit auf, trotz des Zeitunterschieds von 200 Jahren. Beide machen sich ein zu einseitiges Weltbild, und das führt dazu, dass beide am Leben scheitern. Doch welche Gründe, sind für das Scheitern der beiden Figuren verantwortlich und inwiefern kann man sie vergleichen?
Ein Grund für Werthers gescheitertes Leben stellt eindeutig die Gesellschaft dar, weil er nur ein einseitiges Bild von ihr hat, nur das Negative sieht und nichts Positives. Im Gegensatz zur Gesellschaft will Werther ein Leben führen das allein auf die menschliche Natur und seine Gefühle bezogen ist. Die damalige Gesellschaft ist eine Ständegesellschaft und der Dominanz des Adels gewesen. Die, für Werther überhebliche und beschränkte Adelschicht achtet nur darauf sich vom kleinen Bürger abzugrenzen und die höfische Etikette zu wahren. Dies zeigt sich durch den Grafen von C.. und das Fräulein von B.., beide aus der adeligen Gesellschaft, die zwar mit Werther befreundet sind, aber trotzdem verweist ihn der Graf aus der noblen Gesellschaft und das Fräulein von B.. setzt sich dabei nicht für Werther ein (Vgl.S.82). Aber Werther ist froh gewesen weg vom konformen, leidenschaftslosen Adel zu kommen: „- Hole sie der Teufel! ..., mir war’s lieb, daß ich in die freie Luft kam.“ (S.82) Hier wird schon sichtbar, dass Werther den Adel, nur negativ sieht, genauso wie das Bürgertum. Das einfache Volk steht zwar bei Werther besser da, doch sieht er dieses genauso wie das Bürgertum und den Adel nur negativ. Das einfache Volk kennt für Werther auch keine Leidenschaften und verharrt nur in seinem Alltag indem es immerzu arbeitet: „Es ist ein einförmig Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bißchen, das ihnen bleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden.“ (S.10).Wegen diesem einseitigen, sehr negativen Bild von der Gesellschaft, flieht Werther blindlings in seine einsame Idylle, in sein Wahlheim, um dort ein wahres gefühlvolles Leben zu führen. Diese Flucht vor der für Werther falschen Gesellschaft, ist der erste Schritt, der zu Werthers Scheitern am Leben führt. Also ist die damalige Gesellschaft auch ein Grund für Werthers gescheitertes Leben.
Werther flieht nicht nur vor der Beschränktheit der Gesellschaft, sondern auch weil er die Natur neu erleben will, nicht so wie die Gesellschaft, für die, die Natur lediglich „ein Objekt menschlicher Arbeit ist“1. Einen weiteren Grund für sein Scheitern findet man also in der Natur, da er von dieser wiederum ein einseitiges Bild macht, indem er einmal in der Natur nur das Vollkommene und Schöne sieht, blind für das Vergängliche, und dann nur das Zerstörerische an ihr. Werther flüchtet aus der menschlichen Zivilisation, vor ihren Regeln und Gesetzen, und verliert sich dann in der Natur. „Die Stadt selbst ist unangenehm, dagegen rings umher eine unaussprechliche Schönheit der Natur,“ (S.6) Werther sieht nur die Harmonie, das unendliche Leben, „...die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen...“ (S.7) in der Natur und will sogar ein Teil von ihr werden: „ ...man möchte zum Maienkäfer werden,...“(S.6). Die Natur ist also für Werther, genauso wie die Liebe, eine Existenzgrundlage. Als aber Werther wegen der unerreichbaren Liebe zu Lotte beginnt zu leiden, verändert sich die ’schöne’ Natur in die ‚zerstörerische Natur’, in „...ein ewig verschlingendes, ewig wiederkäuendes Ungeheuer.“ (S.62). Er wird von der zerstörerischen Natur in Besitz genommen und für Werther gibt es nicht mehr das positive sondern nur noch das schlechte Naturbild, an welchem er scheitert. Als Symbol für das Scheitern sollen die gefällten Nußbäume im Pfarrhof stehen (vgl. S.97) und die wechselnde Lektüre Werthers, von der idyllischen Welt des Homer zur grauen, stürmischen Natur des Ossian. (Vgl.S.98f.). Dies zeigt also, dass seine zu einseitige Sicht der Natur, einmal schön, und dann nur schrecklich, auch ein Aspekt ist, der zum Scheitern an seinem Leben führt.
Das Scheitern durch die Natur, also das zerstörerische Naturbild, wird durch sein Leiden hervorgerufen, das durch das Bild der Liebe zu Lotte, an das sich Werther klammert, ausgelöst wird. Damit ist die Liebe auch ein Bestandteil des einseitigen Weltbildes, an dem Werther scheitert. Er gibt sich, ohne auf die Nebenwirkungen zu achten, an das Gefühl der Liebe, auf das seine Existenz baut, hin und erlebt alles nur leidenschaftlich mit Herz und Seele. Und das ist die Gefahr, die in dieser einseitigen Sicht der Liebe steckt. Die Liebe des Bauernburschen ist dafür ein Paradebeispiel. Dieser Bursche verkörpert das Idealbild, „...die reine Neigung, die Liebe und Treue...“(S.19), das Werther von der Liebe hat. Er sieht nicht das Negative der Liebe, das in diesem Bauernburschen einen ungeheuren Trieb auslöst und dieser junge Mann deshalb den Liebhaber seiner Herrin tötet. Dadurch scheitert dieser Bursche am Leben, doch Werther erkennt dies nicht, da er den Burschen vor dem Amtmann sogar verteidigt, und hält an seinem einseitigen Idealbild der Liebe fest, das durch die Begegnung mit Lotte nicht nur intensiviert wird sondern auch Werther zum Scheitern an seinem Leben bringt. Werther ist von Lotte überwältigt, weil sie zugleich die Attribute Natürlichkeit, Naivität und auch eine gewisse Erotik vereint, das dem Idealbild Werthers entspricht. Dieses Bild, das für Werther keine Tücken und Gefahren birgt, sieht er bei Lotte erfüllt und sich in einen apathischen Glückszustand versetzt. „Ich war kein Mensch mehr.“(S.27). Er merkt nicht, dass er eher in sein eigenes Ideal der Liebe verliebt ist als in Lotte, denn auch sie hat etwas Kleinbürgerliches an sich. Werther steigert sich so in diese Scheinliebe hinein, dass er letztendlich an der Unerreichbarkeit Lottes scheitert und Selbstmord begeht. Sein einseitiges Idealbild der Liebe, das er in Lotte glaubt gefunden zu haben, führt also zum Scheitern an seinem Leben und ist somit auch eine Komponente, die zum einseitigen Weltbild zählt.
Der Gefühlsmensch Werther sieht nicht, dass er von der Gesellschaft, von der Natur und von der Liebe ein einseitiges Bild hat, denn sonst würde er wahrscheinlich einen Wandel vollziehen können, statt starr am einseitigen Weltbild festzuhalten und daran zu scheitern. Bei Werther kann man zwar die Bildnisproblematik als Grund für sein gescheitertes Leben erkennen, aber bei der literarischen Figur „Homo faber“ wird dies noch deutlicher, da Walter Faber ein noch einseitigeres Weltbild hat, das ihn genauso wie Werther am Leben scheitern lässt.
Die Kommunikationslosigkeit und der fehlende tiefere Kontakt mit seinen Mitmenschen, sowie sein einseitiges Bild von der Frau stellen eindeutig einen Grund für Fabers gescheitertes Leben dar. Homo Faer ist ein Techniker mit völlig rationalem Denken und in dieses passt der Mensch nicht hinein. Er fühlt sich als Techniker, als Mann, seinen Mitmenschen überlegen, weswegen er Kommunikation scheut und versucht nur berufliche Kontakte pflegen. Vor allem die Frau steht im starken Gegensatz zu Faber, weshalb er keine zwischenmenschliche Beziehung will. Für Faber sind seine Mitmenschen also minderwertig und einfach nur anstrengend, „Menschen sind eine Anstrengung für mich,...“ (S.92). Er möchte so weit es geht keinen Kontakt, wie zum Beispiel mit der schwarzen Klofrau am Flughafen (Vgl.S.11f.) und auch keine Kommunikation haben. Dies zeigt sich beim ersten Flug von New York weg, als sein deutscher Nachbar versucht eine Unterhaltung mit Faber zu beginnen, doch der Deutsche geht ihm nur „auf die Nerven“(S.8). Wenn Faber aber trotzdem mit jemanden reden muss, dann sind dies sehr kurze Unterhaltungen im Telegrammstil, das heißt in Kurzsätzen ohne Verb, nur um die nötigsten Informationen zu erhalten (Vgl.S.32). Genauso versucht er mit den Frauen, also in der Liebe zu verfahren. Alles was ‚nichttechnisch’ ist, ist für ihn „weibisch“(S.24). Für ihn sind Frauen einfach nur anhänglich, hysterisch und fordern Sexualität. Ein Paradigma dafür ist Ivy, die all diese Attribute vereint (Vgl.S.91). In der Beziehung zu Sabeth und in Cuba wandelt sich zwar Fabers Verhältnis zu den Menschen, indem er mit ihnen ganz ohne Anlass Gespräche führt, wie zum Beispiel mit der 18-jährigen Juana oder mit dem jungen Vater. Er legt also kurz sein Einzelgängerdasein ab und kommuniziert. Doch als Sabeth stirbt und Faber aus Cuba wieder zurück ist, holt ihn sein altes Technikerego wieder ein. Er hält also an seinem einseitigen Verhältnis zu seinen Mitmenschen fest, so wie es seinem Selbstbild des Technikers entspricht. Fabers Menschenbild ist also auch ein Grund für sein Scheitern am Leben.
Der Techniker Faber, der allein aus seinen eigenen Möglichkeiten lebt, versucht jede Lebenssituation zu kontrollieren, nicht nur in Bezug auf die Mitmenschen sondern auch auf die Natur2. Die Natur ist die gegensätzliche Macht zur Technik. Man kann also sein gescheitertes Leben auch auf sein Verhältnis zur Natur zurückführen. Die Natur ist für ihn nahezu unnötig und abstrakt, weshalb er sie auch nicht erlebt und er auch ein „Naturerlebnis“ nicht verstehen kann. „Ich habe mich schon oft gefragt, was die Leute eigentlich meinen, wenn sie von Erlebnis reden. Ich bin Techniker und gewohnt, die Dinge zu sehen, wie sie sind.“ (S.24). Faber hat ein sehr einseitiges Verständnis von der Natur, wie man schon an der Notlandung in der Wüste erkennen kann. Alle anderen Passagiere erleben die Wüste, auch wenn sie noch so kahl ist. Sie sehen in der Landschaft „urweltliche Tiere“ (S.24), „Dämonen“ (S.24), und „Gespenster“ (S.24). Faber tut das alles nur als „hysterisch“ (S.24) ab, aber auf einmal kann er nun nicht mittels seiner Technik auf Distanz zur Natur gehen. Er kann nicht filmen, „Zu filmen gab es überhaupt nichts.“ (S.27), denn mit dem Festhalten der Bilder hat Faber die eigentlich subjektiv zu erlebende Natur immer von sich fernhalten können. Dieses einseitige, negative Bild von der Natur steigert sich, als sich Faber im Dschungel aufhält, wo er zum Warten und zum Nichtstun also zur Starre vor der hektischen technischen Welt gezwungen wird. „...Apathie als einzig möglicher Zustand...“(S.38). Auch den Lebenszyklus in der Natur, die ewige Fortpflanzung verabscheut Faber „Wo man hinspuckt, keimt es!“ (S.51) Faber sieht die Natur wirklich nur negativ, denn er behauptet sogar, dass sie Joachim dazu gebracht hätte sich umzubringen, da er „...dieses Klima nicht ausgehalten hat,...“(S.55). Faber vollzieht zwar kurzzeitig einen Wandel, in Cuba und in Akrokorinth mit Sabeth, wo er nahezu von der Natur schwärmt. Trotzdem behält Faber sein verzerrtes, einseitiges Bild von der Natur, das also auch eine Komponente des einseitigen Weltbildes darstellt, und somit auch ein Grund für sein Scheitern ist.
Die wohl ersichtlichste Ursache für sein Scheitern ist, dass sich Faber nur über sein Selbstbild des Technikers definiert. Faber, der als Ingenieur bei der UNESCO arbeitet, geht voll und ganz in seinem Technikerdasein auf, das für ihn ein wirkliches Leben, gekennzeichnet durch Rationalität, Zweckmäßigkeit und Durchschaubarkeit3, darstellt. Als Zeichen für sein Technikerbild sollen seine Schreibmaschine, die Hermes-Baby, seine Kamera, sowie das Schachspiel4stehen. Diese Dinge sind alle technisch, mathematisch oder strategisch aufgebaut, so wie Faber es haben will. Faber klammert sich so an diese Rolle, dass er alles andere aus seinem Leben ausschließen will, weswegen er auch scheitert. Er erkennt dabei nicht nur die Natur nicht an, sondern auch die menschliche Physis nicht. Er stellt gemäß seiner Technikerrolle den Roboter über den Menschen, da dieser weder Träume noch Ängste hat, die der Techniker Faber verdrängen will. „Der Roboter erkennt genauer als der Mensch, er weiß mehr, ...und träumt nicht,... und kann sich nicht irren;“(S.75). Dies zeigt, dass Faber sich in der Rolle des einfachen Menschen nicht zurecht finden kann, und deshalb in die Rolle eines Technikers schlüpft. Dies sieht man auch an seiner Sprache, da Faber gemäß dem Titel des Romans „Homo faber - Ein Bericht“ in einer sachlichen, telegrammartigen Weise mit genauen Zeitangaben schreibt. Auch durch die häufige Bezeichnung „üblich“ (Vgl.S.7, 8, 10, 11, 12;)versucht er alles Neuartige, also Unübliche zu kompensieren, um nicht aus dem Rahmen des Technikerbildes herauszufallen. Man sieht also, dass Faber eine einseitige Identität hat, an der er auch scheitern wird. Aber nicht nur die Betrachtungsweise der Welt und seine Verwendung der Sprache zeigen, dass Faber sein „Ich“ nur über die Technik definiert, sondern auch wie er über das Leben, den Lebensablauf denkt. Für Faber gibt es nur mathematisch und statistisch berechenbare Zufälle. Alles was Faber erlebt, wie das Aufeinandertreffen mit Herbert Hencke oder die Schiffsreise, auf der er Sabeth kennen lernt, ist für ihn ein Zufall. Er sieht aber nicht, dass die Menge der Zufälle so überwiegt, dass sie von Quantität in Qualität umschlagen, dass aus diesen Zufällen sein Schicksal wird. Um es symbolisch auszudrücken: aus einzelnen „Constellationen“ wird die „Super-Constellation“5 Er erkennt also sein Schicksal nicht an und wenn ein Mensch das nicht tut, dann lebt er am Leben vorbei. Genauso wie er sein Schicksal nicht akzeptiert und deswegen scheitert, nimmt er auch den Tod nicht an. Das sieht man daran, dass er nie richtig über den Selbstmord Joachims redet, einfach nur beschreibt, was er sieht. „Er hatte es mit einem Draht gemacht.“(S.55). Er als Techniker steht über dem Leben und, da der Tod etwas Natürliches ist, verdrängt er ihn. Am Ende im Krankenhaus nimmt er zwar den Tod hin, hat sein zu einseitiges Technikerbild erkannt, und hätte sich wahrscheinlich geändert, doch dann stirbt er, womit er also durch sein Scheinbild des Technikers seine Existenz verfehlt6und scheitert.
Werther und Homo Faber könnte man als das Yin und Yang bezeichnen, was die Sicht des Weltbildes betrifft. Beide Figuren sind sehr gegensätzlich. Das, was der eine als bedingenden Teil seines Lebens sieht, verabscheut der andere und umgekehrt. Während bei Werther die Natur und die Liebe wie das Atmen zum Leben gehören, verdrängt Faber diese Dinge und klammert sich an seine Technik, an die Konformität, die Werther wiederum verachtet. Genauso ist es mit dem Verhältnis zum Tod. Werther akzeptiert den Tod so sehr als Teil seines Lebens, dass er sogar den Selbstmord als moralisch vertretbar ansieht, während Faber durch sein Technikerdasein versucht den Tod zu annullieren, indem er ihn nicht als Teil des Lebens sieht. Ein großer Unterschied zeigt sich auch darin, dass Werther in seinem ganzen Leben starr bleibt, also seine Sicht nie verändert, im Gegensatz zu Walter Faber, der einen sichtbaren Wandel vollzieht, diesen aber wegen seines Todes nicht vollenden kann. Man könnte nun denken, dass diese beiden literarischen Figuren keine Gemeinsamkeit haben. Dennoch haben sie etwas gemeinsam, was schon in der ähnlichen Abfassung ihrer Geschichten klar wird: Die eine ist zwar ein Briefroman und die andere ein Bericht, doch es sind beide eine Art Tagebuch vom
Scheitern an ihrem Leben. Sie finden also ihre Gemeinsamkeit darin, dass beide an ihrem jeweils zu einseitigem Weltbild scheitern. Beide haben von sich ein einseitiges Selbstbildnis: Werther sieht sich als Genie, der ein wahrhaftigeres Leben führt und Homo Faber sieht sich als absoluten Techniker, der versucht über den Dingen zu stehen. Beide streben, jeder auf seine Weise, nach Freiheit und nach ihrer eignen Identität, nach dem „wirklichen Leben“. Doch da sie alles nur einseitig sehen und jeweils nicht merken das mehr zum Leben gehört als das was sie denken, sind sie zum Scheitern verurteilt.
Die Bildnisproblematik ist sowohl bei Goethe als auch bei Frisch vorhanden. Beide wollen die Missstände in der Gesellschaft anprangern, jedoch tun sie dies indirekt. Sie wollen zeigen, das jeder sich von sich selbst und von seinen Mitmenschen und umgekehrt ein Bild macht und so ein reales Leben gar nicht möglich ist. Sowohl Goethe als auch Frisch lassen ihre Figuren am Ende ihrer beiden Romane sterben, um so die Gefährlichkeit des Bildnisses deutlich darzustellen und zum Nachdenken anzuregen. Das Problem des Bildnisses ist schon in der Bibel verankert: „Du sollst dir kein Bildnis machen.“. Viel später ist sie durch Johann Wolfgang von Goethe wieder aufgegriffen worden und 200 Jahre später durch Max Frisch. Die Bildnisproblematik ist also allgegenwärtig, auch heute noch. Das Problem hat sich bis in unsere Zeit kaum verändert, denn wir Menschen im Jahr 2001 haben auch, sowohl ein Selbstbildnis als auch ein ieinseitiges Weltbild. In diesem Rahmen des verzerrten Bildnisses versuchen wir die Natur zu verändern, z.B. BSE, und lassen die Technik, z.B. Internet, unser Leben bestimmen. Wir gehen also wie diese literarischen Figuren mehr oder weniger planmäßig im Leben vor, solange bis uns der Zufall wirksam treffen wird.
Verwendete Primärliteratur:
1. Max Frisch: Homo faber. Frankfurt: Suhrkamp 1977, TB 354
2. Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werther. Reclam 1986, UB 67
Verwendete Sekundärliteratur:
1. Eisenbeis, Manfred: Lektürehilfen Max Frisch, Homo faber. Stuttgart: Klett, 1991
2. Siepmann, Thomas: Lektürehilfen Johann Wolfgang von Goethe, Die Leiden des jungen Werther. Stuttgart: Klett, 1991
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1Vgl. S.62, Siepmann, Thomas: Lektürehilfen Johann W. von Goethe, Die Leiden des jungen Werther
2Vgl. S.56, Eisenbeis, Manfred: Lektürehilfen Max Frisch, Homo faber
3Vgl.S.62 Eisenbeis, Manfred: Lektürehilfen Max Frisch, Homo faber.
4Vgl. ebenda S.55
5Vgl.S.71 Eisenbeis, Manfred: Lektürehilfen Max Frisch, Homo faber
6Vgl. ebenda S.52
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- Verena Kick (Autor:in), 2001, Frisch, Max - Homo Faber - Vergleich mit Werther, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101597