Die geschichtliche Entwicklung der Entfernungsmessung in der Astronomie


Hausarbeit, 2000

15 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die Antike: Die ersten Messversuche
II.I. Erste Verhältnisbestimmungen
II.II. Finsternisdiagramm

III. Das Mittelalter - Die Kopernikanische Wende

IV. Von der Neuzeit bis zur Gegenwart
IV.I. Planetenentfernungen
IV.II. Die Trigonometrische (jährliche) Parallaxe
IV.III. Doppelsterne
IV.IV. Fotometrische Parallaxen:
IV.V. Sternstromparallaxen
IV.VI. Geschichte der Veränderlichen Parallaxen- Die PLB
IV.VII. Geschichte der spektroskopischen Parallaxen
IV.VIII. Die Rotverschiebung

V. Überblicküber weitere Methoden der Entfernungsbestimmung
V.I. Dynamische Parallaxen
V.II. Säkulare Parallaxen und Rotationsparallaxen
V.III. Nebelstatistik

IX. Überblick

VII. Schlusswort

VIII. Literaturverzeichnis

XI. Begriffserklärung

Vorwort:

Wenn die Astronomie als eine derältesten Wissenschaften bezeichnet wird, kann dies jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eben diese in engster Symbiose mit später entstandenen Wissenschaftsdisziplinen steht. Aber nicht jeder Hinweis, den wir aus oft recht dürftigen alten Quellen herausnehmen, ist ein Beweis für die Existenz der „Wissenschaft Astronomie“ zu dieser Zeit. Zumal die Astronomie somanche Vorstufen durchlaufen hat.

In diesem wissenschaftlichen Werk wird die geschichtliche Entwicklung der Entfernungsmessung beschrieben. Doch lässt sich dieses Thema desöfteren nicht von anderen Bereichen in der Astronomie trennen. Deshalb wird sich der Leser manchmal fragen, wozu manche Sachverhalte hier aufgelistet worden sind. Diese Hausarbeit ist allen Freunden der Astronomie gewidmet.

Ich möchte weiters all jenen Personen danken, die mein Interesse an der Astronomie geschürt haben, und diese Personen hier im Vorwort aufscheinen lassen, obwohl ich sie ebenso im Literaturverzeichnis als Informationsquelle angeben hätte können. In erster Linie soll hier der Name meines Physiklehrers Prof. Mag. Peter Schmitzberger aufscheinen, der mich durch seine fachliche Kompetenz bestens informiert und motiviert hat. Ebenso möchte ich Johannes Puschnig erwähnen, der mich durch seinen kindlichen Enthusiasmus ebenfalls motiviert hat und der der Urheber dieses Hausarbeit-Titels ist.

Ich habe mich stets um die Verständlichkeit gesorgt und hoffe somit, dass dieses Schriftwerk von jedermann gelesen und verstanden werden kann. Wegen der Beschränktheit der Seitenzahl sind beiweitem nicht alle Astronomen angeführt, die der Vollständigkeit halber angeführt werden hätten sollen. Ich bitte um Verständnis.

In der Hoffnung auf positive Kritik wünsche ich viel Spaß beim Lesen!

Martin Peterlechner

11.Nov.1999

I Einleitung:

Die Bestimmung der Entfernung von Himmelskörpern beschäftigt die Menschen seit ca. 2 1/2 Jahrtausenden. Zuvor wurden die Beobachtungen von Sternen und Planeten fast ausschließlich für die Kalenderrechnungen genutzt. Dieses ist unsüberliefert von den frühen Hochkulturen wie z.B.: der Ägyptischen, Babylonischen oder von den Süd- und mittelamerikanischen Kulturen. Ebenso lässt sich dieser Zweck bei chinesischen Hochkulturen nachvollziehen.

Die Wissenschaft, die sich anfangs auch sehr viel mit den Gestirnen auseinander setzte, war die Philosophie. Vor allem die griechischen Philosophen waren von den Sternen fasziniert. Und es wurden auch die wildesten Theorienüber diese Körper aufgestellt. Oft wurden die Sterne als Götter oder Götterabbildungen gesehen. Doch es wurden auch schon wissenschaftliche Überlegungenüber das „Weltall“ angestellt.

So deutete der Grieche Anaximandros (ca. 611 bis 545 v.u.Z.) den Kosmos als einen leeren Raum in dessen Mitte sich die Erde befindet (=geozentrisches Weltbild). Die Erde ist von Planeten und Fixsternen umgeben, denen in großem Abstand Sonne und Mond folgen.1

II Die Antike: Die ersten Messversuche

Aristoteles ging von einem geozentrischen Weltbild aus. Doch er versuchte bereits die Entfernungen zu den einzelnen Gestirnen in Relation zueinander zu stellen. Er glaubte, dass sich alle Planeten gleichschnell bewegen. Je länger der Weg ist den ein Planet zurücklegen muss, also je größer der Durchmesser seiner Laufbahn ist, desto länger dauert ein Umlauf von diesem. Demnach müsste der Planet Saturn am weitesten von der Erde entfernt stehen. Dann folgen Jupiter, Mars, Sonne und Mond. Für die zwei Planeten Merkur und Venus war jedoch eine Entscheidung auf Grundlage dieses Gesetzes nicht möglich, da sie dieselbe mittlere Umlaufzeit wie die Sonne haben.2

II.I. Erste Verhältnisbestimmungen:

Der erste, von dem es schriftlichüberliefert ist, dass er die Entfernung Erde-Mond und Erde-Sonne bestimmen wollte, ist der Aristarch von Samos (ca. 310 bis 230 v.u.Z.). Wegen des von ihm stammenden Ansatzes zu einem heliozenritischen Weltbild wird er auch als „Kopernikus der Antike“ bezeichnet. Er hatte den geistreichen Einfall, die Bewegung in einer ganz bestimmten Stellung zu fixieren und dann die Gesetze der Trigonometrie darauf anzuwenden. Diese bestimmte Stellung war folgende: Sonne, Mond und Erde stehen so, dass auf der Erde Halbmond zu sehen ist. Er ermittelte den Winkel zw. der Strecke Mond-Sonne und Mond-Erde auf. 87° (tatsächlicher Wert 89°5´) (siehe Abb.1.). Aufgrund dieses Werts kam er auf ein Verhältnis Erde-Mond : Erde-Sonne = 1:19. Der tatsächliche Wert ist um Faktor 19,5 different. Diese Überlegung war die Grundsteinlegung für das tägliche und jährliche Parallaxenmessverfahren3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II.II. Finsternisdiagramm:

Eine weiterer Gedankengang des Aristarch war, dass bei vielen Mondfinsternissen die Konstellation wie folgt aussieht (=sog. Finsternisdiagramm“):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Mond liegt genau zwischen der Ekliptik und dem obersten Sonnenstrahl. Durch das bekannte Entfernungsverhältnis lässt sich nun ein Rückschluss auf das Größenverhältnis zw. Mond, Sonne und Erde machen. Aufgrund des durch Eratosthenes (siehe nächster Absatz) bekannten Erdradius können die Größen und Entfernungen bestimmt werden. Diese Berechnungen hat Aristarch aber nicht mehr durchgeführt. Seine Aufzeichnungen hören aus einem unbekannten Grund abrupt auf. Der Hipparch aus Nikaia (190 bis 120 v.u.Z) führte diese Berechnungen in abgewandelter Form zuende.4

Eratosthenes aus Cyrene bestimmte den Erdradiusüber den Schatten, den die Sonne zum Sommeranfang in Alexandria und in Syenne warf. Unter der Annahme, dass Alexandria genau im Norden von Syene liegt, und dass die Sonnenstrahlen parallel auf die Erde treffen, begann er zu messen. Durch die Kenntnis der Entfernung dieser beiden Orte von einander und der Größe der Winkel der beiden Schatten berechnete er den Erdradius auf 250 000 Stadien. Da es sehr viele verschiedene Definitionen von Stadien gab, wissen wir nicht, wie genau seine Berechnungen waren.

Nun ist nur noch Al Biruni (973 bis 1048) zu erwähnen, der selbst zwar keine Messungen angestellt hat, doch die Ergebnisse anderer kritisierte und auswertete. Er selbst stellte nur eine Theorieüber die Planetenanordnung auf, und versuchteüber trigonometrische Beziehungen auf Entfernungen zu schließen. So kam er auf die konstante Erdentfernung des Saturns von 19 696 Erdradien. Dieser Wert weicht weit von der Realität ab.5

Ab dieser Zeit gab es eine lange Pause ohne für dieses Thema relevante Astronomen.

III. Das Mittelalter - Die Kopernikanische Wende

Im Mittelalter wurden keine wichtigen Errungenschaften gemacht. Erst an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit gelang ein großer Fortschritt in der Astronomie. Das in der Antike schon teilweise vertretene heliozentrische Weltbild, dass wieder verdrängt worden war, wurde durch Kopernikus (1473 bis 1543) abermals aufgegriffen (=sog. Kopernikanische Wende). Mit dieser Voraussetzung konnten die Planetenschleifen als parallaktischer Effekt gedeutet und später die Planetenentfernung mit hoher Genauigkeit berechnet werden.6

IV. Von der Neuzeit bis zur Gegenwart

IV.I Planetenentfernungen:

Die genaue Kalkulierung der Planetenentfernungen und der Planetenbahnen wurden einige Jahre nach Kopernikus´ Tod durch Johannes Kepler (1571 bis 1630) möglich. Kepler leitete aus genauen Messdaten seines Lehrers Tycho Brahe (1546 bis 1601) folgende Gesetze ab.

1.Die Planeten bewegen sich auf Ellipsenbahnen, in deren gemeinsamen Brennpunkt die Sonne steht.
2.Der Radiusvektor von Planeten zur Sonneüberstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
3.Die Quadrate der Umlaufzeiten t1 und t2 zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen a1 und a2 ihrer Bahnellipsen.

Diesen Gesetze beschreiben grundlegende Zusammenhänge zwischen Sternen oder Planeten mit gravitativen Zusammenhang. Durch diese Erkenntnis war es möglich, genauere Angabenüber die Planeten unseres Sonnensystems zu geben.

IV.II. Trigonometrische (jährliche) Parallaxen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die tägliche Parallaxe, die vom Prinzip her seit der Antike bekannt war (siehe Abb.3.), doch deren Reichweite gering war, wurde im späten Mittelalter durch die Annahme einer jährlichen Parallaxe von Kopernikus verdrängt. Kopernikus war der folgerichtigen Meinung, dass sich die Sterne, von der Erde aus gesehen, im Laufe eines Jahres aufgrund der Bewegung der Erde um die Sonne scheinbar bewegen müssten (siehe Ellipse e in Abb.4.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da dieser Effekt für die damaligen Messgeräte nicht erfassbar war, nahm Kopernikus an, dass sich die Sterne in sehr großer Entfernung befanden. Dieser Verschiebungsvorgang kann in einem Winkel v, der auf eine große Halbachse der Erdbahn ausgerichtet ist, angegeben werden. Bei Winkel v = 1“ ist die Entfernung genau eine Parsec (=pc =Parallaxensekunde =3,0857*1016 m =3,26 Lichtjahre =206 265 AE ).7

Nach der kopernikanischen Wende versuchten viele auf diese Weise Entfernungen zu messen. Der erste war Tycho Brahe (1546 bis 1601), der durch seine sehr genauen Messeraufzeichnungen die Daten für die Berechnungen von Kepler lieferte. Tycho Brahe, ein Gegner des kopernikanischen Weltbildes, versuchte als Beweis für die Falschheit dieses Systems, eine Messung einer trigonometrischen Parallaxe. Als Messergebnis erwartete er v=0“. Doch dieser von ihm gewünschte Wert wurde wiederlegt. Jedoch nicht von ihm selbst. Erst mit dem Aufkommen der Teleskope, Anfang des 17 Jahrhunderts, wurden die Messungen genauer und es kam zu ersten Ergebnissen. Diese waren aber meist nur ein Aufzeichnen von Störungen. So entdeckte James Bradley (1692 bis 1762) bei der Messung einer Fixsternparallaxe die Aberration und die Nutation. Das erste wirkliche trigonomische ParallaxenmessungsErgebnis wurde erst von Bessel (1784 bis 1846) 1838 erzielt8.

IV.III. Doppelsterne:

Friedrich Wilhelm Herschel (1738 bis 1822) versuchte eine andere Messmethode zu entwickeln. Er betrachtete Doppelsterne, von denen einer im Vergleich zum Anderen eine viel kleinere scheinbare Helligkeit aufwies. Durch dieses Kriterium, und durch langfristige Beobachtungen stellte Herschel fest, ob sich die beiden Sterne gegenseitig anziehen?9. Wenn nicht, schloss Herschel auf die weitere Entfernung des weniger hellen Planeten und auf dessen geringe parallaktische Bewegung. Er konnte diesen als fix ansehen. Durch untersuchen der parallaktischen Bewegung des zweiten Sternes schloss er auf die Entfernung. Diese Entfernungsbestimmungsmethode gibt eine relative Parallaxe an. Relativ, weil keine Bestimmung des absoluten Abstandes möglich ist. Ab 1886 wurde mit fotographischen Mitteln die relative Parallaxe bestimmt.10

IV.IV Fotometrische Parallaxen

Kennt man die absolute Helligkeit M eines Sternes, so lässt sich die Entfernung aus dem Vergleich mit der scheinbaren Helligkeit m berechnen, da die scheinbare Helligkeit nur eine Folge der Tatsache ist, dass sich der Stern nicht in der Einheitsentfernung 10pc befindet, auf die die absolute Helligkeit M bezogen ist. Unter der Berücksichtigung der quadratischen Abnahme der Lichtintensität:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und der Definitionsgleichung der Größenklassen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

woraus r direkt entnommen werden kann. Unter Berücksichtigung der Absorption wird die Gleichung noch durch den Absorptions-Koeffizienten l (mal Entfernung) erweitert.11

Diese Art der Entfernungsmessung lässt sich prinzipiell schon auf Aristarch zurückführen. Die erste absolute Entfernungsbestimmung wurde von James Gregory (1638 bis 1675) durchgeführt. Etwa zur gleichen Zeit führte Christian Huygens (1629 bis 1695) Messungen dieser Art durch. Beide waren der Annahme, dass die Messobjekte dieselbe Leuchtkraft wie unsere Sonne besaßen.

Da dies nicht zutrifft benötigt man Verfahren zur Bestimmung der absoluten Helligkeiten.12

IV.V. Sternstromparallaxen:

Die für das gesamte Entfernungsproblem wesentliche Idee der Anwendung von Sternstromparallaxen geht auf Lewis Boss (1846 bis 1912) zurück. Aus seinen eigenen Untersuchungen sowie auch aus Arbeiten von Richard Anthony Proctor (1837 bis 1888), Jacobus Cornelius Kapteyn (1851 bis 1922), Karl Schwarzschild (1873 bis 1916) und Arthur Stanley Eddington (1882 bis 1944) war bekannt, dass es einige Sternenhaufen gibt, deren Mitglieder allesamt dieselbe Bewegung im Raum ausführen. Werden die Eigenbewegungen der Mitglieder eines solchen Haufens nach Richtung und Größe in ein Diagramm eingetragen, so zeigen die Eigenbewegungspfeile alle zu einem einzigen Zielpunkt. Kennt man die Eigenbewegung der Mitglieder des Haufens, so lässt sich ihre Geschwindigkeit auch in km/s angeben, sofern man wenigstens von einem Mitglied des Haufens auch die Radialgeschwindigkeit kennt. Für die Entfernung des Haufens ergibt sich dann unter Benutzung der messbaren Größen m, Vr und g, die in vereinfachter Weise folgendermaßen aussieht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Solcherart ermittelte Parallaxen sind insbesondere von größter Bedeutung, da sie einerseits sehr genau, andererseits von größerer Reichweite als die trigonometrischen Parallaxen sind13.

IV.VI. Geschichte der Veränderlichen Parallaxen - Die PLB:

Die Sterne mit zeitlich variabler Helligkeit wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem der zentralen Forschungsobjekte der Astrophysik. Durch bessere Helligkeitsmessverfahren im Zuge der raschen Entwicklung in der Fotometrie war die Anzahl solcher Sterne bis 1900 auf etwa 500 angewachsen. Die Perioden dieser Sterne erstreckten sich zw. 1,25 und 127 Tagen. Die Astronomin Henrietta Swan Leavitt (1868 bis 1921) veröffentlichte 1908 einen Sternenkatalog mit insgesamt 1777 veränderlichen Sternen. Sie verwies auf den zwar nicht unwiderleglich beweisbaren, doch trotzdem auffälligen Zusammenhang zwischen den Lichtwechselperioden dieser Sterne und den scheinbaren Helligkeiten: je länger die Periode desto größer die Helligkeit. Frau Leavitt formulierte daraufhin das Gesetz, dass die scheinbare Helligkeit dieser Sterne linear mit dem Logarithmus ihrer Perioden anwachsen. Dieser Zusammenhang wird allgemein als Perioden-Leuchtkraft-Beziehung (=PLB) bezeichnet.14

Ejnar Herzsprung (1873 bis 1967) ermittelte im Jahr 1913 anhand der Analyse von statistischen Parallaxen, dass Cepheiden der Periode von 6d,6 um 7m,7 +/- 0m,5 heller sind als die Sonne. Unter Verwendung der Resultate von Miss Leavitt leitete er damals bereits eine PLB ab, die durch folgende Formel wiedergegeben wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese PLB wurde mehrmals geändert, doch die Grundform blieb die gleiche. Durch diese Beziehung konnte 1923 Edwin Powell Hubble (1889 bis 1953) die erstmalige Bestimmung der Entfernung eines extragalaktischen Sternsystems durchführen. Baade fand einige Jahre später heraus, dass nicht für alle Cepheiden eine einzige PLB angewandt werden kann. Es ergaben sich zwei verschiedene PLBs, je nachdem ob die Cepheiden der Population I oder der Population II angehörten. Wozu noch zu sagen ist, dass die Cepheiden der Population II um ca. 1,5m schwächer sind als die Cepheiden der Population I. Diese Korrektur hatte die Konsequenz, dass alle extragalaktischen Entfernungen verdoppelt werden mussten. Somit schwand die Ausnahmestellung unserer Galaxis als „Riesensystem“.15

Die von Hubble einige Jahre vorher aufgestellte Hubblekonstante H musste halbiert werden. Diese Konstante beschreibt die kosmische Expansion. Genauer: die Zunahme der Fluchtgeschwindigkeit extragalaktischer Systeme je Mpc. Damitänderte sich auch gleichzeitig das Weltalter nach der Urknalltheorie16

IV.VII. Geschichte der spektroskopischen Parallaxen:

Im Zusammenhang mit den vielzitierten Untersuchungen „zur Strahlung der Sterne“, die Hertzsprung 1905 und 1907 veröffentlichte, und in denen er die Grundlagen des heute nach ihm mitbenannte Hertzsprung-Russel-Diagramms legte, erforschte der dänische Astronom Sternspektren.

Dabei entdeckte er, dass manche Sterne des gleichen Spektrums verschiedene absolute Helligkeiten aufwiesen (z.B.: „Riesen“ und „Zwerge“). Später wurde doch ein Unterschied festgestellt, der in Zusammenhang mit der Oberflächentemperatur steht. Aufgrund dieser Forschungen konnte Hertzsprung Diagrammeüber den Zusammenhang zw. Spektrum und absoluter Helligkeit eines Sternes aufstellen. Die Diagramme werden auch als Hertzsprung-Russel-Diagramme (=HRD) bezeichnet. Im HRD sind alle selbstleuchtenden Himmelskörper erfasst. Dies stellt auch den Vorteil der spektroskopischen Methode gegenüber der fotometrischen Methode dar.17 Das Diagramm selbst wurde im Laufe unseres Jahrhunderts durch weitere Messungen erweitert. Der Nachteil an der Entfernungsmessung dieser Art ist die relativ große Abweichungsmöglichkeit aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine statistische Methode handelt. Die Standardabweichung s beträgt um die 20%.18

IV.VIII. Die Rotverschiebung:

Bereits in der „Frühzeit“ der Erforschung der extragalaktischen Objekte (Slipher 1912) wurden bei Untersuchungen von Spektren Dopplerverschiebungen festgestellt die auf relativ hohe Radialgeschwindigkeiten der Objekte schließen ließen. Je höher die Fluchtgeschwindigkeit eines Objekts, desto mehr ist sein Spektrum ins Rote verschoben. Bei Forschungen ergab sich folgender Zusammenhang: Je weiter ein Objekt von uns entfernt ist, desto schneller ist seine Geschwindigkeit mit der es sich von uns Entfernt. Dieser Zusammenhang wurde von Edwin Powell Hubble 1912 in folgende Gleichung umgesetzt:19

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

V…Fluchtgeschwindigkeit in km/s

H…Hubblekonstante in km/s/Mpc

E…Entfernung in pc

Durch diese Gleichung lässt sich die Entfernung eines Objektes rein durch seine Spektrogramm errechnen. Die Messungsgenauigkeit ist aufgrund der bis zur Gegenwart andauernden Streitigkeit um die Größe der Hubblekonstante nicht genau zu bestimmen. Kann sich aber auf bisüber 50% belaufen!

IV. Überblicküber weitere Methoden der Entfernungsbestimmung

Die meisten Entfernungsbestimmungsmethoden, die heute angewandt werden, haben kaum eine Geschichte. Sie sind erst in den letzten Dekaden unseres Jahrhunderts entstanden und basieren zumeist auf der Erkenntnis der Astrophysik.

V.I. Dynamische Parallaxen:

Dieser Typ von Parallaxen beruht darauf, dass man bei Doppelsternsystemen die Abstände der Komponenten sowohl in Bogensekunden als auch im linearen Maß kennt. Dann ist die Entfernung des jeweiligen Doppelsternsystems ohne Schwierigkeiten folgendermaßen zu bestimmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Am zuverlässigsten können die linearen Dimensionen des Systems verständlicherweise durch Messungen der Radialgeschwindigkeiten, d.h. spektroskopisch bestimmt werden. Jedoch ist dies nur in relativ wenigen Fällen möglich, da die Umlaufzeiten der Doppelsterne relativ groß und die Geschwindigkeiten entsprechend gering sind. Die erste dynamische Parallaxe wurde im weitesten Sinne bereits von Bessel 1812 an dem Stern 61 Cygni (Cygni = Sternbild Schwan) abgeleitet. Zum erstenmal wurde der Name dynamische Parallaxe von Frank Schlesinger (1871 bis 1943) verwendet.20

V.II. Säkulare Parallaxen und Rotationsparallaxen:

Diese Typen von Parallaxen unterscheiden sich grundsätzlich von den anderen Parallaxen, denn sie werden auch als statistische Parallaxen bezeichnet. Sie versuchen nicht individuelle Entfernungen von Sternen zu messen, sondern bestimmen die mittlere Parallaxe ganzer Sterngruppen. Davon können einzelne Objekte dieser Gruppe stark abweichen.

Bei der säkularen Parallaxe beruht die Basis der Messung auf der Bewegung der Sonne im Sternsystem. Dadurch vergrößert sich ständig die Basis der Messung durch Geschwindigkeit der Sonne von ca. 19,7 km/s gegenüber ihren Nachbarsternen in Richtung Apex. Apex wird ein Punkt an der Sphäre genannt, der im Sternbild des Herkules liegt. Sein um 180° davon entfernter Gegenpunkt wird als Antapex bezeichnet. Im statistischen Durchschnitt ist es so, dass die Sterne um den Apex auseinanderrücken, während sie um den Antapex herum zusammenlaufen. Dies lässt sich vergleichen mit dem Effekt den man erlebt, wenn man durch eine Baumallee fährt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Was nun den Einzelstern betrifft, so gilt hier folgendes: Bewegt sich die Sonne in Apexrichtung, so erscheint ein Stern zum Zeitpunkt t1 in der Richtung R1 und bei t2 in R2. Der Winkel a der sich zw. diesen beiden Richtungsvektoren ergibt, wird Säkularparallaxe genannt, bezogen auf den Zeitraum t1 t2. Ersichtlich ist die Entfernung des Sternes berechenbar, wenn die Entfernung zw. dem Sonnenstandort bei t1 und t2 bekannt ist. Ist der Winkel klein, ist der Stern weit entfernt. Da die Eigenbewegung des Objektes meist nicht bekannt ist, ist die Angabe der säkularen Parallaxe ein relativer Wert, der durch Statistikenüber die Eigengeschwindigkeiten solcher Sterne „etwas absoluter“ gemacht wird. Die Methode der säkularen Parallaxe stammt von Jacobus Cornelius Kapteyn (1851 bis 1922).21

Die Rotationsparallaxe geht von der Existenz der galaktischen Rotation aus. Somit lässt sich für jedes Objekt das daran teil hat, eine bestimmte Radialgeschwindigkeit in Bezug auf die Sonne feststellen. Werden zur Vereinfachung lediglich Objekte in der galaktischen Ebene (d.h. der galaktischen Breite b=0) betrachtet und wird außerdem angenommen, dass es sich um kreisförmige Bewegungen handelt, so findet man für die Radialgeschwindigkeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieser Methode wird nur auf ganze Sternhaufen angewandt, da die Eigengeschwindigkeit eines einzigen Körpers das Messergebnis stark verfälschen kann. Die Geschichte der Rotationsparallaxe beginnt mit der von Bertil Lindblad (1885 bis 1965) um die Jahrhundertwende aufgestellten Theorieüber die Galaxien.22

V.III. Nebelstatistik:

Mit Hilfe von statistischen Angabenüber eine Zunahme der Nebelanzahlen mit abnehmender Nebelhelligkeit wird die Entfernung eines Nebels bestimmt. d.h.: Je weiter man in den Raum blickt, desto mehr Nebel mit geringerer Leuchtkraft wird man sehen. Es wird von einer gleichmäßigen Verteilung der Nebel im Raum ausgegangen. Durch die Anzahl der Nebel die man sieht und durch statistische Werteüber die Helligkeiten der Nebel, ist es möglich auf die Absolute Helligkeit eines Nebels schließen. Durch die fotometrischen Gesetze lässt sich dann die Entfernung bestimmen.

Dieses Verfahren hat einen großen möglichen Messfehler. Die geschichtliche Entwicklung ist auf einige Astronomen der letzten Jahrzehnte zurückzuführen23.

VII. Überblick:

Um einen kurzen Überblicküber das gesamte Thema zu geben, sind in folgender Tabelle die Entfernungsmessungsmethoden und ihre jeweiligen Anwendungsbereiche angeführt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

VI. Schlusswort:

Es ist noch zu erwähnen, dass selten eine Entfernungsbestimmungsmethode allein angewendet wird. Weiters ist zu sagen, dass diese Methoden in weiter Entfernung alle ungenau werden (z.B.: durch Extinktion).

Während den Vorbereitungen für diese Arbeit, ist mir erst klargeworden, wie schwierig es ist, Literaturüber ein solches Thema zu finden. Mit dem Computersystem zur Suche von Büchern auf der Universitätsbibliothek Salzburg ist eine sehr genaue Kenntnis des Buchtitels erforderlich, die leider nur im seltensten Fall gegeben ist. Meine Literatur ist von ursprünglich 9 Büchern auf 5 geschrumpft, da ein brauchbarer Titel nicht immer einen brauchbaren Inhalt mit sich bringt.

Weiters ist mir erst während der Arbeit aufgefallen, wie umfangreich selbst ein spezielles Thema sein kann. Es ist auch nicht so einfach, nur das Wichtigste für den Leser herauszufiltern, doch, so hoffe ich, dass ich mit dieser, eigentlich relativ kurzen Arbeit, einen groben Überblicküber diese Thematik geben konnte. Für die Beschaffung von präzisen Informationen ist in den im Literaturverzeichnis angegebenen Büchern nachzuschlagen.

VII. Literaturverzeichnis:

Feynman, Leighton, Sands.: Feynman Vorlesungenüber Physik. Band 1: Mechanik, Strahlung, Wärme.- Wien, München: R. Oldenbourg Verlag: 1991

Hammel, Jürgen: Astronomiegeschichte in Quellentexten. Von Hesiod bis Hubble.- Heidelberg-Berlin-Oxford: Spektrum Akademischer Verlag 1996

Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Wissenschaftliche Schriften zur Astronomie.- Leipzig: J.A.Barth 1989

Jahros, Nussbaumer, Kunze: Basiswissen 2. Physik-compact.-Wien: Hölder-Pichler- Tempsky 1992

Meurers, Joseph: Allgemeine Astronomie. Eine Einführung in die Wissenschaft von großen Massen und Räumen.- Freiburg: Rombach. 1972

VIII. Begriffserklärung:

Für die in dieser Arbeit verwendeten Fachbegriffe ist in Fachbüchern, wie z.B.: Herrmann, Joachim: Atlas zur Astronomie. Tafeln und Texte. Mit Sternatlas.- München: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH + Co. KG. 1973, genaueste Information nachzulesen. Hier will ich nur einen Überblick machen:

Ekliptik: die Ebene, in der die Erde die Sonne umkreist

heliozentrisches Weltbild: die Sonne steht im Mittelpunkt unseres Sonnensystems

geozentrisches Weltbild: die Erde steht im Mittelpunkt unseres Planetensystems

Parallaxe: ist der Winkel, unter dem, von einem Himmelskörper aus gesehen, die große Halbachse der Erdbahn erscheint

parallaktische Bewegung: wird die scheinbare Bewegung eines Himmelskörpers genannt, ausgelöst durch die Bewegung der Erde

Größenklassen: ist die Einteilung der scheinbaren Helligkeit

Aberration: da die Geschwindigkeit der Erde im Vergleich zur Geschwindigkeit des Lichtes nicht zu vernachlässigen ist, ergibt sich eine Veränderung der Richtung, aus der uns das Licht trifft. Dies lässt sich mit einem Fußgänger vergleichen, der den Regenschirm nach vorne halten muss, sobald er sich im Regen, der genau von oben kommt, fortbewegt.

AE: die Entfernung zw. Erde und Sonne ist eine Astronomische Einheit =1,496×1011 m

pc: (parsec) eine Parallaxensekunde ist die Entfernung die ein Objekt hat, wenn von diesem Objekt aus gesehen die große Halbachse der Erdbahn unter dem 16 Winkel von genau einer Sekunde erscheint =3.0857×1016 m = 206 265 AE = 3,26 LJ

LJ: (ein Lichtjahr) ist die Entfernung, die das Licht in einem Jahr zurücklegt LJ=9,46×1015 m

Nutation: Bewegung der Erdachse hauptsächlich ausgelöst durch den Mond

Präzession: wird die Bewegung des Himmelsäquators genannt die durch die Kreiselbewegung der Erdachse ausgelöst wird.

Cepheiden: Sterne, die ihre Helligkeit verändern, meist periodisch

Extinktion: Lichtveränderung durch kleine Partikel die mehr oder weniger regelmäßig im Raum verteilt sind, und das Licht streuen, beugen und absorbieren.

[...]


1 Hammel, Jürgen: Astronomiegeschichte in Quellentexten. Von Hesiod bis Hubble.-Heidelberg-Berlin- Oxford: Spektrum Akademischer Verlag 1996 ,Seite 65

2 Hammel, Jürgen: Astronomiegeschichte in Quellentexten. Seite 75

3 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Wissenschaftliche Schriften zur Astronomie.-Leipzig: J.A.Barth 1989, Seite 9

4 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 11

5 ebda. Seite 15

6 ebda. Seite 15

7 Meurers, Joseph: Allgemeine Astronomie. Eine Einführung in die Wissenschaft von großen Massen und Räumen.- Freiburg: Rombach. 1972. Seite 144

8 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 27

9 Feynman, Leighton, Sands.: Feynman Vorlesungenüber Physik. Band 1: Mechanik, Strahlung, Wärme.- Wien, München: R. Oldenbourg Verlag: 1991. Seite 109

10 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 43

11 ebda. Seite 86

12 ebda. Seite 55

13 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 66

14 ebda. Seite 57

15 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 61

16 ebda. Seite 61

17 Meurers, Joseph: Allgemeine Astronomie. Seite 144

18 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 62

19 Meurers, Joseph: Allgemeine Astronomie. Seite 123

20 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 69

21 Meurers, Joseph: Allgemeine Astronomie. Seite 82

22 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 71

23 Herrmann, Dieter B.: Kosmische Weiten. Seite 72

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die geschichtliche Entwicklung der Entfernungsmessung in der Astronomie
Hochschule
Real Centro Universitario Maria Cristina
Veranstaltung
-
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
15
Katalognummer
V101692
ISBN (eBook)
9783640001057
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Entfernungsmessung, Astronomie
Arbeit zitieren
Martin Peterlechner (Autor:in), 2000, Die geschichtliche Entwicklung der Entfernungsmessung in der Astronomie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101692

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