Funktionen und Bedeutung des Gedächtnisses


Ausarbeitung, 2001

5 Seiten


Leseprobe


Gedächtnis

1. Einleitung

In meinem folgenden Vortrag befasse ich mich mit dem Gedächtnis und derer Funktion. Das Gedächtnis hat die Aufgabe, gelerntes aufzubewahren und es im Gedächtnis zu speichern. Ohne das Gedächtnis wäre der Mensch hilflos, wie ein Neugeborenes. Er könnte keinen Lichtschalter betätigen, er könnte sich nicht selbstständig anziehen, er könnte den alltäglichen Gewohnheiten nicht mehr nachgehen. Weiterhin würde der Mensch nicht mehr wissen, wer er ist und wäre völlig orientierungslos. Der Mensch kann also nicht ohne die Funktion des Gedächtnisses überleben. Er wäre immer auf die Hilfe anderer angewiesen.

Das Gedächtnis ist in die folgenden drei Teile unterteilt, einmal das sensorische Register, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis.

Es ist folgendermaßen definiert. „Als Gedächtnis wird die Fähigkeit bezeichnet, Informationen abrufbar zu speichern“ (Schüler Duden, 1981, S.109)

2. Gedächtnis als Informationsverarbeitung

Platon, ein griechischer Philosoph verglich das Gedächtnis mit einer Wachsmasse, in der Erfahrungen Spuren hinterlassen, daher der begriff der Einprägung. Bei einer weichen Wachsmasse lassen sich Erfahrungen leichter einprägen, eine harte Wachsmasse dagegen ist zu vergleichen mit einem monotonem Unterricht, indem der Schüler passiv lernt. Durch bestimmte Lern - und Behaltungsaufgaben läßt sich zeigen, daß die Gedächtnisarbeit kein passiver Vorgang ist. Eine Lern - und Behaltungsaufgabe ist zum Beispiel folgende, den Versuchspersonen werden nacheinander sechzig Begriffe vorgetragen, mit der Aufgabe, daß sie sich diese merken sollen. Nach der Darbietung sollten sie diese aus dem Gedächtnis aufschreiben, dabei fiel auf, daß sie die Begriffe klassifizieren, daß heißt sie schrieben alle Begriffe auf, die zu einem Oberbegriff gehörten. Die Versuchspersonen waren also keine passiven Einpräger sondern aktive Ordner.

Andere Gedächtnispsychologen fanden den Vergleich mit einer Wachsmasse nicht angemessen.

Richard Aktinson und Richard Shiffrin vertreten eine andere Meinung zum Gedächtnis. Nach Aktinson und Shiffrin ist das Gedächtnis in verschiedene Speichersysteme unterteilt. Die verschiedenen Speichersysteme nennen sie sensorisches Register, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Die Gedächtnisarbeit besteht aus zahlreichen aktiven Prozessen, in denen die Lerninhalte ausgewählt, verarbeitet und in Beziehung gesetzt werden.

Zwei andere Psychologen, namens Fergus Craik und Robert Lockhart behaupten, daß es neben dem sensorischen Register nur noch ein Speicher gäbe. Sie verweisen auf unterschiedliche Verarbeitungsebenen. Lernmaterial mit dem man sich sehr intensiv beschäftigt, behält man besser und länger, als Material mit dem man sich nur sehr kurz und oberflächlich beschäftigt.

3. Das sensorische Register

Das sensorische Register ist die Empfangszentrale für Sinnenreize, es wird oft auch als Ultrakurzzeitgedächtnis bezeichnet. Es wird folgendermaßen definiert „Das Ultrakurzzeitgedächtnis bewahrt Informationen höchstens 20 Sekunden lang auf und scheint auf elektrische Vorgängen zu beruhen“ (Schüler Duden, 1981, S.109)

Betritt man zum Beispiel einen dunklen Raum, indem jemand mit einer Taschenlampe schnelle kreisförmige Bewegungen vollzieht, entsteht der Eindruck, daß es ein geschlossener Kreis sei. Wird die Bewegung langsamer scheint dem Licht ein Leuchtender Schweif zu folgen. Für diese Wahrnehmungseindrücke ist das sensorische Register zuständig. George Sperling führte 1960 eine systematische Untersuchung zum sensorischen Register durch. In seinen ersten Studien befaßte er sich damit, was Menschen sehen, wenn ihnen Bilder für eine kurze Zeit gezeigt werden. Er zeigte ihnen eine Tafel mit neun bzw. zwölf Buchstaben und Ziffern. Nach der Darbietung wurden die Versuchspersonen gefragt, welche Zeichen sie sahen. Die Versuchspersonen konnten im Durchschnitt 35 bzw. 40% der Zeichen wiedergeben, doch sie sagten, daß sie mehr Zeichen sahen, doch beim Aufschreiben sind sie in Vergessenheit geraten. Dadurch fragte sich Sperling, ob die Wiedergabeleistung weniger mit dem Sehen und mehr mit den Grenzen der Speicherfähigkeit zu tun hat. Sperling ging der Überlegung nach und führte eine andere Untersuchung durch. In diesem Experiment zeigte er den Versuchspersonen dieselbe Tafel, wie im ersten Versuch. Diesmal sollten die Versuchspersonen bei der Darbietung eines hohen Tons, die erste Reihe wiedergeben, bei einem mittleren Ton die mittlere Reihe und bei einem tiefen Ton die untere Reihe. In diesem Experiment konnten die Versuchspersonen die jeweils verlangte Reihe fehlerfrei wiedergeben. Verzögerte Sperling die Darbietung des Tones, konnten die Versuchspersonen weniger Zeichen richtig wiedergeben. Sobald es eine Verzögerung der Darbietung gab, sank die Trefferquote.

Dieser Speicher heißt sensorisches Register. Das Fassungsvermögen des sensorischen Registers ist sehr groß, doch nach knapp einer Sekunde ist der Speicherinhalt wieder gelöscht. Es gibt jedoch für jedes Sinnesgebiet einen gesonderten Speicher, das gehörte gelangt vorübergehend in den Echospeicher, also in das akustische Register. Die Informationen, die über die Augen aufgenommenen Daten, gelangen in den ikonischen Speicher, also in das visuell sensorische Register. Von dem akustischen Register ist die Speicherdauer länger als von dem visuellen Register.

4. Das Kurzzeitgedächtnis

Das Fassungsvermögen des Kurzzeitgedächtnisses ist im Vergleich zum sensorischen Register außerordentlich klein. Durch Kontrollprozesse werden die Informationen ausgewählt, die in das Kurzzeitgedächtnis gelangen. Auch in Sperlings Versuch fanden Kontrollprozesse statt, In Sperlings Versuch ist die Darbietung des Tons ein Kontrollprozeß, denn durch die Darbietung wurde die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen auf bestimmte Einzelheiten die im sensorischen Register gespeichert waren gerichtet. Die Aufmerksamkeit kontrolliert, welche Informationen von sensorischen Register in das Kurzzeitgedächtnis gelangen. Die Informationen müssen ausgewählt werden, weil das Fassungsvermögen des Kurzzeitgedächtnisses geringer ist, als daß des sensorischen Registers.

Die Bedeutungszuschreibung wirkt ebenfalls kontrollierend, genauso wie die Aufmerksamkeit. Um die Funktion der Kontrollprozesse zu verstehen, muß man wissen, daß im sensorischen Register noch keine Verarbeitung der Inhalte stattfindet.

Hermann Ebbinghaus war 1885 ein großer Pionier der Gedächtnispsychologie. Er konnte sich Tausende von sinnlosen Silben merken, aber einzelne Ziffern konnte er sich nicht merken. Die Silben faßte er zu sinnvollen Silben bzw. Wörtern zusammen. Wenn er aus den Silben sinnvolle Wörter erscheinen läßt, sind es weniger Einheiten, die im Kurzzeitgedächtnis gespeichert werden. Die Wörter können später auch wieder zerlegt werden. Das Kurzzeitgedächtnis hat eine begrenzte Behaltensdauer, jedoch speichert es die Informationen länger als das sensorische Register. Nach spätestens 18 Sekunden gehen die Inhalte des Kurzzeitgedächtnisses verloren. Durch die Erhaltungswiederholung und durch die aufarbeitende Wiederholung kann die Behaltungsdauer verlängert werden.

Unter Erhaltungswiederholung wird verstanden, daß das Material ständig wiederholt wird, entweder gedanklich oder man sagt es vor sich hin. Doch sobald die Wiederholung durch ein plötzliches Ereignis unterbrochen wird, vergißt man die Gedächtnisinformation. Unter aufarbeitender Wiederholung wird verstanden, daß neues Material mit Inhalten in Beziehung zu setzen, die sich bereits im Langzeitsgedächtnis befinden.

Eine automatischen Verarbeitung findet statt, wenn die Inhalte ohne eine Wiederholung längere zeit behalten werden.

Jetzt stellt sich die frage, wie die Inhalte aus dem Kurzzeitgedächtnis abgerufen werden. Wenn man beispielsweise etwas verliert, wie den Schlüssel, geht man gedanklich noch einmal alle Ort durch, an denen man sich aufgehalten hat. 1966 und 1969 stellte Saul Sternberg sich diese frage ebenfalls. Er führte eine Untersuchung durch um diese Frage zu beantworten. Er bot seinen Versuchspersonen drei Ziffern, die sie auswendig lernen sollten. Danach bot er ihnen eine andere Ziffernreihe. Die Versuchspersonen sollten die neue Ziffernreihe mir der auswendig gelernten reihe vergleichen. Sie sollten sagen, ob die neue Ziffernreihe die auswendig gelernten Ziffern enthält. Sternberg fand heraus, daß die Reaktionszeit abhängig davon ist, wie lang die Ziffernreihe ist.

Das sensorische Register registriert die äußeren Reizeindrücke nur passiv, daß Kurzzeitgedächtnis dagegen ist ein aktiver Speicher.

1980 verglich Robert Klatzky das Kurzzeitgedächtnis mit einer Werkbank. Auf einer Werkbank finden nicht alle Materialien auch Platz, hin und wieder fallen verschiedene Teile runter, Dies ist zu vergleichen mit der Gedächtnisfunktion. Die Werkbank hat auch wie das Kurzzeitgedächtnis ein begrenztes Fassungsvermögen. Je mehr Arbeitsfläche der Handwerker benötigt, desto weniger Platz hat er für seine Materialien auf der Werkbank. Im Gedächtnis ist es so, je mehr Informationen im Kopf wiederholt werden, desto weniger Inhalte können kurzfristig abgelegt werden. Das das Fassungsvermögen begrenzt ist, müssen alte Informationen irgendwann gelöscht werden um neue ablegen zu können.

5. Das Langzeitgedächtnis

Da das sensorische Register die Informationen nur eine Sekunde speichern kann und die Speicherdauer des Kurzzeitgedächtnisses auch sehr eingeschränkt ist, muß es ein Gedächtnis geben, welches die Informationen länger, teilweise ein Leben lang speichert. Daher ist die Speicherdauer unendlich lang, bis zu einem gesamten Leben können Inforationen gespeichert werden.

„Im Langzeitgedächtnis werden Informationen unter Umständen lebenslang gespeichert.“ (Schüler Duden, 1981, S.109)

Wilder Penfield ein Hirnchirug beschäftigte sich 1975 damit, ob Inhalte des Langzeitgedächtnisses niemals verloren gehen. Er nahm operative Eingriffe vor, er nahm verschiedene Nervenreizungen an unterschiedlichen Hirnregionen seiner Patienten vor. Einige erinnerten sich daraufhin an eigentlich schon vergessene Szenen aus deren Kindheit. Andere Gedächtnispsychologen sehen es nicht so, sie denken daß es gar nicht überprüfbar ist, ob sie die Szenen aus der Kindheit überhaupt vergessen haben, ob es die Situationen gab oder ob es nur Phantasie/ Halluzinationen war. Die anderen Gedächtnispsychologen behaupteten daher, daß Penfields Behauptungen mit Vorsicht zu begegnen ist, da sie nicht überprüfbar sind.

Das Langzeitgedächtnis ist in verschiedene Arten unterteilt. Es ist erstmals in das sogenannte Wissensgedächtnis und in das Gedächtnis für Bewegungsabläufe unterteilt.

Das Gedächtnis für Bewegungsabläufe beinhaltet die Fertigkeiten wie Radfahren, ein Musikinstrument beherrschen, Schreibmaschine schreiben und so weiter. Es beinhaltet also Lernergebnisse der klassischen und operanten Konditionierung.

Das Wissensgedächtnis beinhaltet Fakten, es wird unterteilt in das allgemeine Wissen und Erlebniswissen. Das allgemeine Wissen wird als semantisches Wissen und der Speicher für Bewegungsabläufe wird als prozedurales Gedächtnis bezeichnet.

Das allegemeine Wissen beinhaltet Fakten, doch der Ort und der Zeitpunkt des Erlenten wird nicht gespeichert. Die Menschen können zum Beispiel auf die Frage der Hauptstadt von Frankreich antworten, doch sie wissen nicht wann sie dieses gelernt haben.

Brown und McNeill beschäftigen sich 1966 mit der Ordnung des sprachlichen Materials im Langzeitgedächtnis. Hauptsächlich interessierten sie sich für das Sprichwort „es liegt mir auf der Zunge“, sie wollten wissen, was dieses bedeutet. Die Versuchspersonen behaupteten, daß sie wissen mit welchem Anfangsbuchstaben die Antwort beginnt, sie können es auch beschreiben, ihnen fällt nur nicht das Wort ein. Brown und McNeill untersuchten wie Begriffe im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Sie kamen zu dem Entschluß, daß einzelne Begriffe nicht an einer bestimmten Stelle gespeichert wird, Die einzelnen Wörter stehen im Langzeitgedächtnis miteinander in Beziehung.

Anderson, Chang, Collins und Quillian untersuchten auch, die Ordnung des Langzeitgedächtnisses, sie kamen zu einem anderen Ergebnis. Sie vergleichen das Langzeitgedächtnis mit einem Netzwerk, denn die Gedächtnisinhalte sind wie bei einem Netz miteinander verknüpft. Die gespeicherten Begriffe sind im Langzeitgedächtnis hierarchisch geordnet, doch die abstrakten Begriffe, zum Beispiel der Begriff Tier steht weiter oben. Die spezielleren Begriffe, zum Beispiel der Begriff Hai, stehen unten in der Hierarchie. Nach deren Vorstellung arbeitet das Langzeitgedächtnis sehr platzsparend, zum Beispiel wird der Begriff „fliegen“ mit dem abstrakten Begriff „Vogel“ gespeichert und nicht mit einem speziellen Begriff wie einer bestimmten Vogelart. Bei Gegenständen und Ereignissen des täglichen Lebens jedoch werden nicht nur die Merkmal laut Definition, sondern auch nach charakteristischen Merkmalen gespeichert.

6. Infokasten 6.1.

Der Fall von H.M.

H.M. wurde 1926 geboren, mit sieben Jahren erlitt er einen schweren Fahrradunfall. Drei Jahre später traten Folgeschäden des Fahrradunfalls auf, er hatte zunehmend epileptische Anfälle, nach einer gewissen Zeit wurden diese so schwer, daß sie nicht mehr medikamentös behandelt werden konnten. 1953 entschied er sich zu einer Operation, in der ihm beidseitig, Teile des Schädelhirns entfernt wurden.

Er erholte sich relativ schnell sein Sprachverhalten zeigte keine Veränderungen, auch seine intellektuelle Leistungsfähigkeit zeigte auch keine Veränderungen und auch seine Gefühlsreaktionen und sein soziales Verhalten erschien völlig normal. Seine Gedächtnisleistung zeigte aber schwere Störungen, die sich wie folgt zeigten. Er konnte sich ohne größere Anstrengung an die Ereignisse vor der Operation erinnern, doch er hatte große Schwierigkeiten, neue Informationen in sein Langzeitgedächtnis speichern. Diese Schwierigkeit äußerte sich in vielen alltäglichen Situationen, er konnte sich nach dem Umzug nicht seine neue Adresse merken, er konnte den ganzen Tag in ein und der selben Zeitung lesen, und der Inhalt kam ihm immer unbekannt vor.

Als er in das Krankenhaus eingeliefert wurde, gab man ihm den Auftrag 5 Ziffern ständig im Gehirn zu wiederholen und es zu behalten. Er konnte diese 5 Ziffern auch noch nach einer Stunde fehlerfrei wieder geben, dieses zeigte, das sein Kurzzeitgedächtnis problemlos funktionierte, jedoch die Übertragung vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis war gestört.

Nach dem Tod seines Vaters kam er in eine Rehabilitationsklinik, in der er anspruchslose Arbeiten ausführte. Nach sechs Monaten wurde er gebeten, seinen Arbeitsweg, seinen Arbeitsplatz und seine Tätigkeit zu beschrieben, doch dieses gelang ihm nicht. Durch den Fall H.M. wurde einige Gedächtnisforscher auf dieses Phänomen aufmerksam. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß die Verarbeitung von sprachlichen und motorischen Aufgaben in unterschiedlichen Teilen des Gehirns stattfinden. Durch diesen Fall, entschieden sich die Mediziner, diese Operation nicht zu wiederholen.

7. Literaturverzeichnis

- Mietzel, Gerd; Wege in die Psychologie; 9. Auflage, S.242 - 265

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Details

Titel
Funktionen und Bedeutung des Gedächtnisses
Autor
Jahr
2001
Seiten
5
Katalognummer
V101729
ISBN (eBook)
9783640001422
Dateigröße
331 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gedächtnis
Arbeit zitieren
Tanja Mende (Autor:in), 2001, Funktionen und Bedeutung des Gedächtnisses, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101729

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