Diese Arbeit stellt die Auslöser und Motive des Korruptionsfalles der Siemens AG, sowie die Aufdeckung und den Schaden bzw. die Konsequenzen dar. Ausführungen zur Korruptionsaufklärung, Prävention, sowie Aufarbeitung des Skandals und schließlich ein Resümee hinsichtlich der Corporate Governance und Compliance über den Korruptionsfall der Siemens AG bilden den Abschluss der Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG (VON CHRISTIAN PICKS)
1.1 WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG UND GESCHÄFTSMODELL
1.2 DAS UMFELD
2. VERFAHRENSWEISE DES BETRUGES
2.1 AUSLÖSER UND MOTIVE
2.2 DURCHFÜHRUNG
3. DER EINFLUSS DES FRAUD FALLS (VON SKANDER BEN MILED)
3.1 DIEAUFDECKUNG
3.2 SCHADEN UND KONSEQUENZEN
4. AKTUALITÄT DES THEMAS KORRUPTIONSPRÄVENTION (VON LUKAS SCHNEIDER)
4.1 ALLGEMEINE INSTRUMENTE DER KORRUPTIONSPRÄVENTION
4.2 ANPASSUNG DER AUFBAU - UND ABLAUFORGANISATION
SCHLUSSFOLGERUNG
ANLAGE
LITERATURVERZEICHNIS
Darstellungverzeichnis
Abbildung 1 Der Vergleich der 3 stärksten Marktführer anhand von Kennzahlen. Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 2 Kennzahlen aus derBilanz und GUV aus dem Jahr2019. Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 3 Das komplexe Compliance System. Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 4 Korruptionsstraftaten 2010-2014 gemäß BKA, Quelle: Korruption Bundeslagebild 2014
Abbildung 5 Gleitende Mittelwerte, Quelle: (eigene Darstellung); Daten entnommen aus Korruption Bundeslagebild 2014
Abbildung 6Anzahl derKorruptionsstraftaten 2014-2018, Quelle Korruption Bundeslagebild2018
Abbildung 7 Instrumente der Korruptionsprävention Quelle: Stark, Carsten (2017). Korruptionsprävention Klassische und ganzheitliche Ansätze. Wiesbaden: Springer Gabler
Abbildung 8: Matrixorganisation SiemensAG, Quelle: http://www.online-lehrbuch- bwl.de/lehrbuch/kap3/trad_aufb/trad_aufb.PDF
Abbildung 9 Siemens - Die neue Konzernstruktur, Quelle: https://www.boerse- online.de/nachrichten/aktien/grafik-des-tages-das-ist-die-neue-siemens-konzernstruktur- 1000111969
Abbildung 10 Entwicklung derSiemens AG aufgrund von Unternehmenskennzahlen
Abbildung 11 DerAktienkurs derletzten 20 Jahre. Gelbmarkierte Balken zeigt das Jahr des Korruptionsfalls an.
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABB Asea Brown Boveri
AG Aktiengesellschaft
BIP Bruttoinlandsprodukt
BKA Bundeskriminalamt
DCGK Deutscher Corporate Gover
nance Kodex
GE General Electric
GuV Gewinn-und Verlustrechung
ICN Information Communication
Network
IG Metall Industriegewerkschaft Metall
KPMG Klynveld, Peat, Marwick und
Goerdeler1
LLP Limited Liability Partnership*
PWC PricewaterhouseCoopers In
ternational
StGB Strafgesetzbuch
*Limited Liability Partnership = Personengesellschaft nach amerikani- schem/britischem Recht
*KPMG = Die Namen der Gründer
1. Einführung
Das Thema Wirtschaftskriminalität hat heutzutage in unserem Alltag einen hohen Stellenwert. Von Jahr zu Jahr gewinnt sie zunehmend an Bedeutung. Dies können wir anhand von Zahlen belegen. Aus einer Statistik der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC geht hervor, dass circa 47 % der weltweit befragten Unternehmensvertreter Opfer von Wirtschaftskriminalität wurden. Für den Standort Deutschland ergibt sich hierbei ein Anteil von 47%. Somit entsteht die Notwendigkeit gegen das Problem „Wirtschaftskriminalität“ massiv vorzugehen. Diese Quote ist die zweithöchste seit 20 Jahren und bestätigt die großen Schwierigkeiten für eine Vorgehensweise gegen die Wirtschaftskriminalität.
In der Studie wurden 500 Führungskräfte aus insgesamt 99 Ländern - darunter aus Deutschland 100 Führungskräfte - innerhalb der letzten 24 Monaten befragt.2
Nach derVeröffentlichung des Bundeslagebildes für Wirtschaftskriminalität wird der wirtschaftliche Schaden für das Jahr 2018 vom Bundeskriminalamt auf 3,356 Milliarden beziffert. Zwar ist hier ein Rückgang von 10,2 % im Vergleich zum Jahr 2017 erkennbar, dennoch ist die Summe im Jahr 2018 außerordentlich hoch.3 Die Bereiche Cyberkriminalität, Vermögensdelikte und Korruption sind stark vertreten.4 Auf die Thematik „Korruption“ werden wir im Schwerpunkt Cooperate Governance und Compliance anhand des Korruptionsfalles der Siemens AG im Jahr 2006/2007 noch näher eingehen. Hierbei stellen wir die Auslöser und Motive des Korruptionsfalles der Siemens AG, sowie die Aufdeckung und den Schaden bzw. die Konsequenzen dar.
Ausführungen zur Korruptionsaufklärung, Prävention, sowie Aufarbeitung des Skandals und schließlich ein Resümee hinsichtlich der Corporate Governance und Compliance über den Korruptionsfall der Siemens AG bilden den Abschluss derArbeit.
Für ein besseres Verständnis der Problematik sind Begriffe, wie „Cooperate Governance“ und „Compliance“ zu verdeutlichen.
„Cooperate Governance“ ist ein Begriff, der sehr vielfältig und umfangreich beschrieben wird: „Organisation der Leitung und Kontrolle eines Unternehmens mit dem Ziel des Interessenausgleichs zwischen den beteiligten Anspruchsgruppen“.5 Unter dem Begriff „Anspruchsgruppen“ verstehen wir die Aufgliederung von Shareholder und Stakeholder. Die Shareholder sind grundsätzlich in Aktiengesellschaften die Aktionäre. In der ShareholderTheorie hat die Aktiengesellschaft die Pflicht seine Aktionäre über das aktuelle Marktgeschehen des Unternehmens aufzuklären und trägt im Weiteren die Verantwortung des Konzerns gegenüber seinen Eigentümern bzw. seinen Aktionären. Beim Shareholder-Ansatz steht das Interesse der eigenen Anteilseigner im Mittelpunkt.6 Im Unterschied zum Shareholder-Ansatz sind beim Stakeholder-Ansatz alle Anspruchsgruppen, die einen Bezug zum Unternehmen haben, involviert. Beim Stakeholder-Ansatz sind die Aktionäre inbegriffen. Unter den Stakeholdern gehören unter anderem diese Gruppen dazu: Lieferanten, Kunden, eigene Mitarbeiter, die Politik und ihre Gesetzgebung, Kapitalgeber und Banken, weitere Handelspartner, sowie Verbände.
Fundamentale Aspekte beim Stakeholder-Ansatz sind vor allem die Verhaltensweisen von Unternehmen gegenüber seinen Lieferanten und Kunden. Aber auch interne Aspekte, wie Erwartungshaltung und Zufriedenheit der Mitarbeiter, gewinnen an immenser Bedeutung und sind ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt der Stakeholder-Analyse. Außerdem versuchen Unternehmen den hohen staatlichen Anforderungen gerecht zu werden, sowie eine gute Außenvermarktung mittels der Öffentlichkeitsarbeit zu gewährleisten.7
Der Begriff „Cooperate Governance“ wird, wie bereits erwähnt, verschiedenartig repräsentiert. Cooperate Governance wird oftmals in Verbindung mit Grundsätzen der Unternehmensführung und -kontrolle, sowie unter der Berücksichtigung und Festlegung von Regeln dargelegt. Die Gesetzesvorschriften, Richtlinien und Unternehmensverhaltensweisen sollten mit einem Cooperate Governance-System übereinstimmen.8 Deutsche Unternehmen können sich an den Deutschen Corporate Governance Kodex orientieren. Der DCGK wurde am 20 März 2020 überarbeitet und im Bundesanzeiger unter Berücksichtigung des Aktiengesetzes nach §161 publiziert.9 Mittels DCGK wird durch Anwendung bestimmter Grundsätze eine verlässliche und verantwortungsbewusste Unternehmensführung in Unternehmen gewährleistet.
Das deutsche Corporate Governance System soll anhand des DCGK für jeden verständlich sein. Im Fall des Korruptionsskandals der Siemens AG im Jahr 2006/2007 wurde das Corporate Governance System leichtsinnig missachtet bzw. bewusst billig in Kauf genommen. Weiterhin ist auf den Begriff „Cooperate Compliance“ näher einzugehen. Beim Cooperate Compliance geht es hauptsächlich um die regelkonforme Arbeit der Unternehmen. Unternehmen sollen nicht nur Gesetzen nachgehen, sondern auch ihre Richtlinien befolgen. Die Richtlinien beinhalten vor allem Zertifizierungen. Das Cooperate Compliance System ist ein breitgefächertes Konstrukt, in dem vor allem relevante Punkte in den Bereichen Finanzen, Recht, Informationstechnologie, sowie im Sozialen enthalten sind.
Beispielsweise sollte der Finanzbereich im Cooperate Compliance System die Vorbeugung gegen Delikte, wie Korruption, anwenden und nachweisen können.
Eine Ausnahme zeigt sich im Versagen des Cooperate Compliance Systems bei der Siemens AG im Jahr 2006/2007.10
1.1 Wirtschaftliche Entwicklung und Geschäftsmodell
Bevor wir umfassender auf die Teilbereiche des Korruptionsfalles „Auslöser und Motive“, sowie die Durchführung eingehen, ist die unternehmensgeschichtliche und wirtschaftliche Entwicklung, sowie das Umfeld der Siemens AG darzustellen:
Die Siemens AG wurde von Werner von Siemens im Jahr 1847 gegründet und beschäftigte 10 Mitarbeiter. Das Unternehmen begann sich in ihrer frühen Unternehmergeschichte vor allem mit der Spezialisierung von elektrischen Telegrafen zu beschäftigen. Somit erfolgte auch ein Auftrag für die erste Ferntelegrafenverbindung Europas, durch die Nachrichten zwischen den Städten mit einem gewissen zeitlichen Unterschied übertragbar waren. Für die kleine Firma war dieser Einstieg in die Kommunikationstechnik der erste Meilenstein zu einem erfolgreichen Konzern. Im Jahr 1866 erfand Werner von Siemens mit seinen Mitarbeitern das dynamoelektrische Prinzip. Der Dynamo konnte 1875 in Serie gehen und es entstanden moderne Großgeneratoren. Es folgten große internationale Projekte, wie der Bau eines Drehstromkraftwerkes in Südafrika, für den damaligen Zeitpunkt eine große Revolution und dementsprechend konnte das Unternehmen unaufhaltsam seine Marktführung bestätigen.
In den Jahren 1966-1988 wurde eine Ausweitung des Betriebes durch die Bildung mehrerer Unternehmenssparten möglich. Im Jahr 1966 entstand aus dem Betrieb eine Aktiengesellschaft, die sogenannte Siemens AG, die zu dem damaligen Zeitpunkt sich das Ziel setzte, in mehreren Bereichen global aktiv zu sein. Demzufolge war die Vorgehensweise für die Gründung einer Aktiengesellschaft ein elementarer Schritt. Die Siemens AG entwickelte vier neue Unternehmenssektoren. Neben den bereits bestehenden zwei Unternehmenssparten kamen die Geschäftsfelder Energie, Installationstechnik, Nachrichtentechnik, sowie medizinische Technik hinzu.
Im Jahr 1980 und 1984 konzentrierte sich die Siemens AG auf den Einstieg in die digitale Telefonie und den Start der Chipentwicklung.
In den folgenden Jahren hat die Siemens AG ihre Geschäftsfelder weiterhin ausgebaut, so dass die Unternehmensstrukturen nicht mehr ineinander stimmig waren. Der Konzern wurde überverhältnismäßig groß aufgebaut und somit mussten neue Organisationsstrukturen gebildet werden. Im Jahr 1989 versuchte der Konzern durch ein selbst konzipiertes Lean Management System eine neue Organisationsstruktur einzurichten, sowie seine Kosteneffizienz zu steigern. Die Einführung des Lean Management System zeigte nur halb Erfolg. Im Jahr 1998 forderte der Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer zur Einhaltung seines „10 Punkte Programmes“ auf.
Die Siemens AG musste reagieren, da es zu Lieferverzögerungen bei der Bahntechnik, zu Umsatz- und Gewinneinbrüchen in der Kraftwerktechnik, weiterhin zu schlecht berechenbaren Kalkulationen im Bereich des Mobiltelefonmarktes, sowie zu großen Wirtschaftseinbußen auf dem Asienmarkt kam. Folglich platzierte die Siemens AG nur ihre wettbewerbsfähigsten Produkte mit Erfolg auf den Markt. Im Jahr 2001 erfolgte bei der Siemens AG der Börsengang an der größten Wertpapierbörse New York Stock Exchange. Dennoch eher mit mäßigem Erfolg, da die Transaktionen von Investoren und Privatanlegern über außerbörslich elektronische Handelsplattformen getätigt wurden. Im Jahr 2008 konnte der Konzern mit einer neuen Ausrichtung seiner Unternehmensstruktur überzeugen. Die Siemens AG gliederte sich in drei große Sektoren. Die Sektoren Industry, Energy und Healthcare bilden bis heute das wichtigste Konstrukt im Konzern und zählen zu den wettbewerbsfähigsten Sektoren, auch wenn aufgrund der Digitalisierung die Siemens AG zum Umdenken gezwungen wurde. Zum jetzigen Zeitpunkt gliedert sich der Konzern in die Bereiche Siemens Healthineers, Siemens Renewable Energy und Siemens Mobility. Weitere bedeutsame Sektoren sind die Information and Communications, sowie die AutoMotion und Control Sparte11.
Vorwiegend geht der Siemens Konzern folgenden Visionen nach:
- Erhöhung der Kapitaleffizienz von 15 auf 20 Prozent
- Verringerung der Kosten um eine Milliarde Euro
- Höhere Erwartungshaltung im Bereich der Kundenzufriedenheit
- Eine Aufarbeitung der Prozessvorgänge von Umsatz- und wachstumsschwachen Regionen
- Größeres Verantwortungsbewusstsein der Siemens Mitarbeiter
1.2 Das Umfeld
Zur Beurteilung des globalen Stellenwertes der Siemens AG wird der Konzern mit anderen Unternehmen der gleichen Branche verglichen. Ein hartumkämpfter Konkurrent der Siemens AG ist der Global Player General Electric, abgekürzt GE. Eine weitere Großmacht auf dem Markt ist das Unternehmen ABB, das sich in den Bereichen Antriebstechnik, Automation, Elektrifikation, sowie Robotik spezialisiert hat. ABB ist unter den drei Global Player nach den Unternehmenskennzahlen die schwächste Kraft, so dass der Platz um die Marktführung sowohl von der Siemens AG als auch von General Electric beansprucht wird. Die General Electric konzentriert sich hauptsächlich auf die Unternehmenssparten Turbinen, Medizintechnik, Infrastruktur und Kraftwerksbau.
Eine Abbildung der Unternehmenskennzahlen zeigt einen Überblick über die großen Konzerne11. Der Vergleich der drei Unternehmen bezieht sich aufdas Geschäftsjahr2019.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Der Vergleich der 3 stärksten Marktführer anhand von Kennzahlen. Quelle: eigene Darstellung
Die Unternehmenskennzahlen im Schaubild dokumentieren die wirtschaftliche Situation der Siemens AG in Relation zu den zwei anderen Unternehmen. Aus den Kennzahlen geht hervor, dass der Siemens Konzern im Jahr 2019 eine Eigenkapitalquote von 32,03 % und eine Fremdkapitalquote von 66,07 % aufweist. Dagegen hat die General Electric nur eine Eigenkapitalquote von 10,33 % und eine hohe Fremdkapitalquote von 88,95 %. Aus den Kennzahlen derABB lässt sich erkennen, dass eine Eigenkapitalquote von 29,34 % und eine Fremdkapitalquote von 69,68 % existiert12'14. Aus einer Eigenkapitalquote wird der Anteil am Eigenkapital gegenüber dem Gesamtkapital in Relation gesetzt. Dagegen weist eine hohe Fremdkapitalquote einen hohen Anteil an fremden Mitteln gegenüber dem Gesamtkapital aus. Fremde Mittel können langfristige und kurzfristige Kredite von der Bank oder auch Steuer- und Pensionsrückstellungen sein. Eine hohe Eigenkapitalquote hat den Vorteil einer niedrigeren Abhängigkeitsquote gegenüber Fremdkapitalgebern und Investoren. Des Weiteren sind Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote krisenfester und können schwierige wirtschaftliche Situationen besser überleben. Von Seiten der Shareholder ist eine Beteiligung durch Erwerb von Aktienanteilen bei der Siemens AG im Jahr 2019 am rentabelsten.
Die Siemens AG wirft eine Dividendenrendite von 3,91 % ab und ist den anderen zwei Konkurrenten deutlich voraus. Es könnte eine Hypothese sein, dass die Siemens AG aufgrund einer hohen Rendite mehr Kapital von Kapitalgebern bzw. Aktionären in nächster Zeit erhalten könnte, dass zu einem größeren Wachstum des Konzerns führen könnte.
Im zweiten Schaubild werden die Kennzahlen aus der GuV und der Bilanz der Unternehmen verglichen.12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Kennzahlen aus der Bilanz und GUV aus dem Jahr 2019. Quelle: eigene Darstellung
Im Bereich der Umsatzerlöse ist die GE gegenüber der Siemens AG und der ABB führend. Die Umsatzerlöse der GE wird im Jahr 2019 mit einem Betrag von 95,055 Milliarden beziffert. Dagegen kommt die Siemens AG auf 57,139 Milliarden und die ABB nur auf 27,996 Milliarden13. Aus den Umsatzerlösen lässt sich erkennen, dass diese Konzerne auch weltweit zu den größten gehören. Die GE zählt seit 2014 zu den zehn größten Unternehmen weltweit, gefolgt von der Siemens AG, die umsatzbezogen zu den 50 größten Unternehmen weltweit gehört. Die Bilanzen der Unternehmen weisen noch weitere wichtige Kennzahlen auf, wie die Summe des Anlage- und Umlaufvermögens, sowie auf der Passiva Seite die Summe der Verbindlichkeiten. Deren Erkenntnisse geben Rückschlüsse auf die Eigenkapitalquote und die Fremdkapitalquote. Ein wesentlich entscheidender Indikator für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ist der Jahresüberschuss, der aus der Gewinn- und Verlustrechnung, abgekürzt GuV, zu entnehmen ist. Die Siemens AG kam im Jahr 2019 auf einen Jahresüberschuss von 5,174 Milliarden14.
Im Gegensatz dazu wird aus der GuV-Rechnung von GE ersichtlich, dass ein Jahresfehlbetrag von 4,979 Milliarden den negativen Trend des Unternehmens von GE belegen.
Der letzte positive Jahresüberschuss wurde aus dem Jahr 2016 erwirtschaftet. Der Trend geht bereits zu diesem Zeitpunkt abwärts, denn die GE erreicht 2014 noch +15,233 Milliarden, im Jahr 2016 nur noch ein Plus von 8,831 Milliarden. Die ABB erzielt eher konstante Jahresüberschüsse im Bereich von 1.4 - 2.5 Milliarden15.
Aus den Jahresüberschusszahlen ist klar ersichtlich, dass die Siemens AG langfristig am kontinuierlichsten wirtschaftet, unabhängig von wirtschaftlichen schwierigen Phasen des Unternehmens. Ein weiterer Beobachtungspunkt ist die prozentuale Steigerung der Mitarbeiter bei der Siemens AG. Zahlen bestätigen, dass die Mitarbeiterzahl stetig steigt, auch wenn bei dem ein oder anderem Unternehmensstrukturwandel Arbeitsplätze reduziert wurden.
Dagegen baut der stärkste Konkurrent GE drastisch Arbeitsplätze ab. Die prozentuale Veränderung vom Jahr 2018 zum Jahr 2019 beträgt -27,56 %. Die Siemens AG ist auf einem sehr guten Weg Marktführer auf langer Sicht in ihren Unternehmenssektoren zu werden. Dies belegen auch Vergleiche aus den einzelnen Geschäftsberichten der Siemens AG aus den Jahren 2005, 2007 und aus dem letzten Geschäftsbericht vom Jahr 2019. In unserer wissenschaftlichen Arbeit wurde bewusst ein Geschäftsbericht vor dem Korruptionsfall 2006/2007 analysiert, sowie während des Zeitraums des Korruptionsskandals und vom letzten Geschäftsjahr 2019. Anhand des Schaubildes 10 in der Anlage lässt sich die prozentuale Steigerung der Unternehmenskennzahlen aufzeigen.16
Die Stellung Chinas und Indiens als Wachstumstreiber führte unter anderem für die Siemens AG zu einer Erhöhung des globalen BIP.
Eine weitere Abbildung im Anhang (Schaubild 11) weist auf den positiven Verlauf des Aktienkurses der letzten 20 Jahre der Siemens AG hin.17 Der Kurswert der Aktie kommt durch Angebot und Nachfrage zustande. Bei einer höheren Nachfrage in Relation zum Angebot steigt der Kurswert der Aktie.
Die Wertsteigerung der Aktie begründet einerseits eine Kapitalerhöhung des Eigenkapitals, andererseits zeigt sie die positive Entwicklung des Konzerns auf. Dadurch fällt es den Unternehmen leichter und schneller zusätzliche Shareholder und neue qualifizierte Mitarbeiter zu akquirieren. Der Kurswert derAktie kann sehr elementarfür das Unternehmen sein. Zumindest hat sich der Korruptionsskandal aus dem Jahr 2006/2007 nur gering auf den Aktienkurs ausgewirkt. Zu berücksichtigen sind Kursschwankungen bzw. Verluste durch unerwartete globale wirtschaftliche Ereignisse, wie zum Beispiel die Finanzkrise aus dem Jahr 2008.
2. Verfahrensweise des Betruges
2.1 Auslöser und Motive
Im Kapitel „Verfahrensweise des Betruges“ werden die Hintergründe der Auslöser, Motive und der Durchführung am Korruptionsskandal der Siemens AG aus den Jahren 2006/2007 dargestellt.
Korruption finden wir heutzutage in vielen unterschiedlichen Wirtschaftssektoren. Der Begriff „Korruption“ ist breitgefächert und schwer definierbar. Zur Klärung des Begriffs ist das StGB hinzuziehen. Die Thematik der Korruption wird im StGB vereinzelt in den Paragrafen erfasst. Dennoch ist es schwer eine umfassende Definition bzw. Eingrenzung des Begriffs abzugeben. Bezüglich des Korruptionsskandals der Siemens AG vom Jahr 2006/2007 würde größtenteils Paragraph 299 aus dem StGB Anwendung finden, der den Tatbestand der Bestechlichkeit und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr beinhaltet. Eine Identität von Korruption und Bestechlichkeit lässt sich bejahen. Der Paragraph 299 StGB zeigt die Folgen bei Nichteinhaltung des Gesetzes auf.18
Es stellt sich die Frage, ob die Strafbarkeit durch Korruption im wirtschaftlichen Bereich genauso geahndet wird wie die Bestechlichkeit und die Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß dem Paragraphen 299 StGB und wird vermutlich nach dem situationsbedingten Sachverhalt von der Justiz beurteilt.
Aus wirtschaftlicher Sichtweise geht es bei der Korruption darum, dass ein Unternehmen einen Vorteil aus seiner Sicht oder gegenüber der Konkurrenz durch einen Missbrauch einer Vertrauensstellung erlangt, ohne dass es rechtskonform ist.19 Korruption ist in zwei verschiedenen Sektoren zu gliedern: der aktiven und der passiven Korruption. In der aktiven Korruption verschafft sich der Verantwortungsträger einen Vorteil durch eine pflichtwidrige Vorgehensweise. Verantwortungsträger können unter anderem Mitarbeiter eines Amts im Unternehmen sein, die unter Beeinflussung von Bestechungsgeldern Aufträge erlangen möchten. Der Verantwortungsträger versucht bewusst und gezielt neue Aufträge zu erhalten, in dem er sein Gegenüber mit Bestechungsgeldern beeinflusst.
Im Gegensatz dazu beschreibt die passive Korruption die Annahme von Bestechungsgeldern, die der Verantwortungsträger akzeptiert.20 Es ist davon auszugehen, dass es sich bei einer aktiven Korruption um eine Bestechung im Geschäftsverkehr und bei einer passiven Korruption sich um die Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr handelt.
„Wir haben uns hohen moralischen Standards verpflichtet und arbeiten daran den Alltag der Menschen überall auf der Welt zu erleichtern“. Dieses Zitat stammt aus dem Jahr 2003 von Herrn Heinrich von Pierer, dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG. Skeptiker zweifeln an der Wahrheit des Zitats. Die Siemens AG geriet nicht zum ersten Mal negativ in die Schlagzeilen. Schon in den 80er und 90er Jahren ist die Siemens AG durch Korruption negativ aufgefallen. Hierbei ging es um ausländische Aufträge, die abgewickelt wurden. Damals hatte die Auftragsabwicklung unter Einflussnahme von korrupten Maßnahmen keine derartigen verheerenden Folgen für die Reputation des Unternehmens. Die Gesetzeslage schien in Deutschland auf derartige Korruptionsfälle, die mit ausländischen Kun- den/Auftraggeber stattfanden, nicht vorbereitet zu sein. Eine weitere negative öffentliche Außenwirkung sollte nach den Korruptionsfällen in den 80er und 90er vermieden werden. Aus diesen Gründen appellierte der damalige Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer an die moralischen und ethischen Werte des Unternehmens. Nach dem Zitat des früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Karl-Herman Baumann „wir sind daher der Transparency International beigetreten, einer Organisation, die sich die weltweite Bekämpfung der Korruption zum Ziel gesetzt hat“, wurden die ersten Maßnahmen gegen die Korruption eingeleitet.
Kunden und Lieferanten sahen es zu dem damaligen Zeitpunkt als einen einmaligen Vorgang an und vertrauten dem Konzern wieder. Auch Aktionäre investierten aufgrund der generellen guten Entwicklungslage wieder in die Siemens AG. Es hatte den Anschein, dass die Siemens AG zumindest nach außen von Jahr zu Jahr an Reputation gewann. Bekannt ist, dass die Siemens AG sehr hohe Ansprüche voraussetzt. Dies hat sich vor allem auf der Führungsetage bestätigt.
[...]
1 KPMG = Die Namen der Gründer
2 PWC Global Economic Crime and Fraud Survey, Wirtschaftskriminalität-Ein niemals endender Kampf, (2020), https://www.pwc.de/de/consulting/forensic-services/wirtschaftskriminalitaet-ein-niemals-endender-kampf.pdf, Abruf am 04.11.2020
3 Wirtschaftskriminalität Bundeslagebild, 2018
4 PWC Global Economic Crime and Fraud Survey, Wirtschaftskriminalität-Ein niemals endender Kampf, (2020), https://www.pwc.de/de/consulting/forensic-services/wirtschaftskriminalitaet-ein-niemals-endender-kampf.pdf, Abruf am 04.11.2020
5 Witt, Peter, Corporate Governance Systeme im Wettbewerb,(2003), S.1-3, Abruf am 02..11..2020
6 E.Waibl, AngewandteWirtschaftsethik, 1. Auflage, Deutsche Biblothek,(2005), Abrufam 12.10.2020
7 Dr. Fleig, Jürgen, business-wissen.de Stakeholderansatz, https://scholar.google.pt/scholar?q=Dr.+Fleig+busi- ness+-wissen.de+Stakeholder+Ansatz&hl=de&as_sdt=0&as_vis=1&oi=scholart, (2016), Abruf am 10.11.2020
8 Witt, Peter, Corporate Governance Systeme im Wettbewerb,(2003), S.1-3 f., Abruf am 02..11..2020
9 Dr.Faßhauer, Jan, BDO Deutschland (2020), https://www.bdo.de/de-de/blogs/deutscher-corporate-gover- nance-kodex-2020-dcgk, Abruf am 11.11.2020
10 Heinzeimann, Regula, Cooperate Compliance, (2019), https://www.haufe.de/compliance/management-pra- xis/corporate-compliance_230130_441202.html, Abruf am 28.10.2020
11 Siemens Homepage, Siemens Unternehmensgeschichte, https://new.siemens.com/global/de/unterneh- men/ueber-uns/geschichte/unternehmen.html, Abrufam 14.10.2020
12 finanzen.net, https://www.finanzen.net/bilanz_guv/siemens, Abrufam 18.10.2020; finanzen.net, https://www.finanzen.net/bilanz_guv/abb_1, Abrufam 18.10.2020; finanzen.net, https://www.finanzen.net/ak- tien/general_electric-aktie,Abruf am 18.10.2020
13 finanzen.net, https://www.finanzen.net/bilanz_guv/siemens, Abruf am 18.10.2020; finanzen.net, https://www.finanzen.net/bilanz_guv/abb_1, Abrufam 18.10.2020; finanzen.net, https://www.finanzen.net/ak- tien/general_electric-aktie,Abruf am 18.10.2020
14 finanzen.net, https://www.finanzen.net/bilanz_guv/siemens, Abrufam 18.10.2020; finanzen.net,
15 https://www.finanzen.net/bilanz_guv/abb_1, Abrufam 18.10.2020; finanzen.net, https://www.finanzen.net/ak- tien/general_electric-aktie,Abruf am 18.10.2020
16 boerse.de, https://www.boerse.de/aktien/General-Electric-Aktie/US3696041033, Abrufam 18.10.2020; Siemens Geschäftsbericht, https://www.siemens.com/investor/pool/en/investor_relations/downloadcenter/sie- mens_ag_1337999.pdf, Abrufam 16.10.2020; Siemens Geschäftsbericht, https://assets.new.siemens.com/sie- mens/assets/api/uuid:570eaae4-b022-4119-80cd-3d41d38e6c8e/jahresabschluss-siemens-ag.pdf, Abruf am 16.10.2020
17 Finanzen.net, https://tradingdesk.finanzen.net/, Abrufam 04.11.2020
18 Bundesministerium für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ 299.html, Abrufam 05.11.2020
19 Dr.jur. Böttner, Sascha, https://www.strafrecht-bundesweit.de/strafrecht-stichwort/korruption/, Abrufam 05.11.2020
20 Transparency International Deutschland e.V., Was ist Korruption, https://www.transparencv.de/ueber- uns/was-ist-korruption/. Abruf am 05.11.2020
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Die Siemens AG und sein Compliance System. Der Korruptionsfall 2007, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1019736
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