Digital-Production-Management. Künstliche Intelligenz und Robotik-Prozess-Automation in der Supply-Chain und im Beschaffungswesen


Masterarbeit, 2020

163 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Kurzzusammenfassung

Abstract

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen
1.3 Methoden und Struktur der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen und Abgrenzung
2.1 Definition, Aufgaben und Ziele des Supply-Chain-Managements und des Einkaufs
2.2 Informationstechnologie im Supply-Chain-Management

3 Robotic-Process-Automation
3.1 Begriffserklärung
3.2 Business-Process-Management (cognitive Automation)
3.3 Allgemeine Funktionsweise von RPA
3.4 RPA-Software
3.4.1 UiPath
3.4.2 Automation Anywhere
3.5 Anwendungspotenzial von RPA in Unternehmensbereichen
3.5.1 Einkauf
3.5.2 Logistik
3.5.3 Kundenservice und Support
3.6 Grenzen und Herausforderung

4 Künstliche Intelligenz
4.1 Historische Entwicklung der künstlichen Intelligenz
4.2 Begriffserklärung und Abgrenzung: Künstliche Intelligenz, Machine-Learning und Deep Learning
4.3 Differenzierung zwischen starker und schwacher künstlicher Intelligenz
4.4 Überblick über da Anwendungspotenzial der künstlichen Intelligenz in den Geschäftsbereichen
4.5 Grenzen und Herausforderung

5 Methodik der empirischen Untersuchung
5.1 Erhebungsinstrument
5.2 Fragebogenerstellung und Durchführung der Befragung
5.3 Datenauswertung

6 Auswertung der Ergebnisse
6.1 Allgemeine Auswertung
6.2 Ergebnis in Bezug auf die Forschungsfragen für RPA
6.3 Ergebnis in Bezug auf die Forschungsfragen für KI

7 Interpretation und Handlungsempfehlung
7.1 Interpretation der Ergebnisse
7.2 Handlungsempfehlung zum Einsatz von RPA im Einkauf und in der Supply-Chain
7.3 Handlungsempfehlung zum Einsatz von KI in der Supply-Chain und im Einkauf

8 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhänge

Danksagung

Ich möchte mich bei Professor Mathias Schmidt bedanken, der mich mit positiver Kritik und hilfreichen Beiträgen unterstützt hat, sowie bei allen Teilnehmern, die meine Fragebögen weitergeleitet und ausgefüllt haben. Mein besonderer Dank gilt meiner Frau Birte, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, meine Masterarbeit gut abzuschließen. Schließlich möchte ich diese Arbeit meiner Mutter widmen, die leider während der Entstehung dieser Arbeit verstorben ist.

Kurzzusammenfassung

Der Begriff ‚digitale Transformation‘ beschreibt einen Veränderungsprozess durch die Nutzung moderner datengetriebener Ansätze wie unter anderem Big Data, Cloud-Computing und Internet der Dinge (IoT). ‚Industrie 4.0' wird hierbei oft als Oberbegriff verwendet.

Die industriellen Wertschöpfungsketten können mithilfe der genannten neuen Ansätze Ressourcen effizient nutzen und die Automatisierung kann in allen Bereichen des Unternehmens gefördert werden. Im Zusammenhang mit der Logistik haben diese Ansätze eine große Bedeutung. Potenzielle Ziele sind eine höhere Effizienz, bessere Termintreue, größere Kundenbindung und kürzere Durchlaufzeiten.

Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Robotic-Process-Automation (RPA) kann dieser Prozess noch besser, schneller und einfacher durchgeführt werden.

Viele Industrieunternehmen haben sich entschieden, bei diesem Wandel als Wegbereiter aufzutreten, um die Vorteile neuer Technologien und die sich bietenden Möglichkeiten wie Vernetzung, Agilität und Effizienz zu nutzen, um damit ihre digitale Reife zu erhöhen und ihre Wettbewerbsposition zu stärken.

Vielen von ihnen ist es bisher jedoch aufgrund von Unsicherheiten im Rahmen des Veränderungsprozesses oder hoher Investitionen in die IT-Infrastrukturen nicht gelungen, diesen Wandel zu vollziehen.

Die Hauptmotivation für diese Masterarbeit ist es, aufzuzeigen, welche Bereiche durch die oben genannten neuen Ansätze in der Supply-Chain und im Einkauf optimiert werden können. Darüber hinaus wird aufgezeigt, welche Herausforderungen und Hindernisse auftreten können, die einer Umsetzung der genannten Ansätze in der Praxis entgegenstehen.

Abstract

The term "digital transformation" describes a process of change through the use of modern data-driven approaches such as big data, cloud computing, the Internet of Things (IoT) and so on. Industry 4.0 is often used as a generic term in this context.

Industrial value chains can use the above-mentioned new approaches to handle resources efficiently, and automation can be promoted in all areas of the company. In the context of logistics, these approaches can be decisive. Potential goals can include higher efficiency, better adherence to schedules, greater customer loyalty and shorter throughput times.

With the help of artificial intelligence (AI) and robotic process automation (RPA), this path can be made better, faster and easier.

Many industrial companies have decided to take a pioneering role in this change to take advantage of new technologies and the opportunities they offer, such as networking, agility and efficiency, to increase their digital maturity and strengthen their competitive position.

However, many of them have not been able to survive this change due to uncertainties in the change process or large investments in their IT infrastructure.

The main motivation for this master’s thesis is to show which areas can be optimized by the above-mentioned approaches in supply chain management and purchasing. Furthermore, challenges or obstacles that may arise to prevent the implementation of the above-mentioned approaches in practice are examined.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Schätzungen zum Kosteneinsparungspotenzial durch RPA

Tabelle 2: Lifecycle-BPM

Tabelle 3: Unterschiede zwischen RPA und BPM

Tabelle 4: Allgemeine Information über die Umfrage

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Exemplarische Darstellung einer Supply-Chain

Abbildung 2: Aufgabenmodell des SCM

Abbildung 3: Konzepte zur Erleichterung der SCM-Aufgaben

Abbildung 4: Die Zielrichtungen des Supply-Chain-Managements

Abbildung 5: Abgrenzung von Einkauf, Beschaffung und Materialwirtschaft

Abbildung 6: Strategische und operative Einkaufsaufgaben

Abbildung 7: Überblick über den Prozess des Einkauf 4.0

Abbildung 8: Ziele des Beschaffungsmanagements

Abbildung 9: IT-Werkzeuge im Supply-Chain-Management

Abbildung 10: Formen der Informationsübertragung

Abbildung 11: Die Aufgaben eines PPS-Systems

Abbildung 12: Für den Ansatz von RPA geeignete Prozessmerkmale

Abbildung 13: Entwicklungsstufen RDA, RPA und SPA

Abbildung 14: Vorteile von RPA

Abbildung 15: Prozessvarianten nach Berkau

Abbildung 16: Vorgehensweise zur Prozessoptimierung im Rahmen von RPA

Abbildung 17: Exemplarische RPA-Architektur

Abbildung 18: KI-Timeline

Abbildung 19: Garri Kasparov gegen IBMs Deep Blue

Abbildung 20: Abstufungen künstlicher Intelligenz

Abbildung 21: Ansatz des überwachten Lernens

Abbildung 22: Beispiel für unüberwachtes Lernen

Abbildung 23: Skizze eines künstlichen neuronalen Netzes

Abbildung 24: Zunehmende Anwendungen für Deep Learning

Abbildung 25: Merkmale einer starken künstlichen Intelligenz

Abbildung 26: Merkmale einer schwachen künstlichen Intelligenz

Abbildung 27: Prozess der KI

Abbildung 28: KI-Einkauf- Ausgabenanalyse

Abbildung 29: Routenoptimierung durch künstliche Intelligenz

Abbildung 30: Darstellung eines Lagerroboters

Abbildung 31: Beschäftigte: Quelle

Abbildung 32: Umsatz Quelle

Abbildung 33: Branche

Abbildung 34: Schwerpunkt

Abbildung 35: Anwendbarkeit von RPA

Abbildung 36: Bewertung der Anwendbarkeit von RPA

Abbildung 37: Vorteile für die Nutzung von RPA

Abbildung 38: RPA im Einkauf

Abbildung 39: RPA in der Logistik

Abbildung 40: Zielerreichung durch RPA

Abbildung 41: Herausforderung RPA

Abbildung 42: RPA Auswahl

Abbildung 43: Anwendungsbereiche von KI

Abbildung 44: Investition in KI

Abbildung 45: Informationsstand

Abbildung 46: Bewertung von KI im Unternehmen

Abbildung 47: KI im Einkauf

Abbildung 48: Verbesserung des Einkaufsprozesses durch KI

Abbildung 49: Ziele der KI in der Logistik

Abbildung 50: Anwendungsbereich der KI in der Logistik

Abbildung 51: KI-Bewertung in der Logistik

Abbildung 52: Kosten sparen durch KI in der Logistik

Abbildung 53: Voraussetzung, um KI-Software anzuwenden

Abbildung 54: KI in der Supply-Chain

Abbildung 55: Hindernisse von KI

Abbildung 56: Bereiche, die in der Logistik durch RPA automatisiert werden können

Abbildung 57: Anwendungsbereiche, die durch KI abgedeckt werden können

Abbildung 58: RPA-Anwendbarkeit in der Praxis

Abbildung 59: Ziele erreicht durch RPA-Software?

Abbildung 60: Befragung zum Potenzial der KIs im Einkauf

Abbildung 61: Herausforderungen von RPA

Abbildung 62: Auswahl und Eigenschaften von RPA-Softwareanbietern

Abbildung 63: Hindernisse und Herausforderung von KI

1 Einleitung

1.1 Hintergrund und Motivation

Digitalisierung ermöglicht den Austausch von Leistungen zwischen Marktteilnehmern zur Erbringung einer Wertschöpfung und zur Organisation einer Gesellschaft, indem Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte, Projekte und Dienstleistungen implementiert werden, die auf Software-Lösungen basieren (Barton, Müller, & Seel, 2018, S. 4). Die Arbeitsweise im Unternehmen wird im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung agiler und interdisziplinärer (Gärtner & Heinrich, 2018, S. VI).

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Wertschöpfungsketten entwickeln sich neue Ansätze wie RPA und KI, die im Rahmen der Transformation die Supply Chain verändern werden. Für produzierende Unternehmen wie Einkauf, Logistik und Supply Chain können sich neue Möglichkeiten ergeben, schnell und individuell die Bedürfnisse der Verbraucher zu erfühlen. (vgl. Gärtner & Heinrich, 2018, S. VI)

Die Hauptmotivation für diese Masterarbeit ist es, aufzuzeigen, welche Bereiche durch die oben genannten neuen Ansätze in der Supply-Chain und im Einkauf optimiert werden können. Darüber hinaus wird aufgezeigt, welche Herausforderungen und Hindernisse auftreten können, die einer Umsetzung der genannten Ansätze in der Praxis entgegenstehen.

1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen

RPA und KI sind innovative und zukunftsweisende Technologieansätze. In Studien und Berichten wird allgemein beschrieben, welche Vorteile die neuen Ansätze für das Unternehmensumfeld bringen, durch die sie Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.

Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, die Anwendungsmöglichkeiten von RPA und KI in der Supply-Chain und im Einkauf aufzuzeigen. Die Untersuchung soll zeigen, welche Bereiche innerhalb der Logistik und des Einkaufs durch die neuen Ansätze optimiert werden können, und welche Herausforderungen bestehen, die den Ansatz verhindern.

Dieses Ziel wird gestützt auf den Ergebnissen von Experteninterviews mit ausgewählten Fachkräften und auf den Erkenntnissen der Literaturrecherche. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen für den erfolgreichen Einsatz von RPA und KI im Unternehmensbereich formuliert.

Ein essenzieller Schritt in der Durchführung eines empirischen Forschungsprojektes ist die am Projektbeginn stehende Formulierung der Forschungsfrage (Alvesson & Sandberg, 2013). In der vorliegenden Arbeit sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

- Welche Einsatzgebiete im Supply-Chain-Management und Einkauf können durch KI und RPA unterstützt werden?
- Wie lassen sich diese Ansätze in die Praxis umsetzen?
- Welches Potenzial bieten KI und RPA in der Logistik?

1.3 Methoden und Struktur der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich insgesamt in acht Kapitel und ist wie folgt strukturiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Theoretische Grundlagen und Abgrenzung

2.1 Definition, Aufgaben und Ziele des Supply-Chain-Managements und des Einkaufs

Definition: Supply-Chain-Management

Die zunehmende Globalisierung hat dazu geführt, dass Lieferfähigkeit, hohe Flexibilität und Kosteneffizienz zu entscheidenden Erfolgsfaktoren im globalen Wettbewerb geworden sind. Vor diesem Hintergrund wurde das Supply-Chain-Management (SCM) entwickelt. Dieses hat im Laufe der Jahre an Bedeutung gewonnen. Der Begriff ‚Supply-Chain-Management‘ wird von Schulte wie folgt definiert „Supply Chain Management ist die Gestaltung von Objektflüssen (Güter, Informationen, Werte) entlang der Prozessstufen der Versorgungskette“ (Schulte, 1999, S. 12).

Nach Werner kann die folgende Definition für den Begriff des Supply-Chain-Managements verwendet werden: „Ein Supply Chain Management charakterisiert sowohl interne als auch netzwerkorientierte integrierte Geschäftsaktivitäten der Ver- und Entsorgung sowie des Recyclings einschließlich der begleitenden Geld- und Informationsflüsse“ (vgl. Werner, 2013, S. 11) Das Supply-Chain-Management muss daher besonders auf „Mengen, Qualitäten, Preise, Liefer- und Lagerorte und (Liefer-)Termine (Werner, 2013, S. 6) achten.

Akteure in der Supply-Chain sind Unternehmen, die Halbfertigprodukte bzw. Fertigerzeugnisse herstellen. Hinzu kommen Logistikdienstleister und Verbraucher (Endkunden) (Stadtler, 2010, S. 3).

An dieser Stelle wird der Begriff ‚Supply Chain Management‘ als Oberbegriff für die Gestaltung und Koordination von internen und unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen eingeführt ( Busch & Dangelmaier, 2004, S. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Exemplarische Darstellung einer Supply-Chain (Tutorialspoint, 2016)

Abbildung 1 zeigt den Fluss von Waren, Dienstleistungen und Informationen vom Produzenten zum Konsumenten. Außerdem ist die Bewegung eines Produktes vom Produzenten zum Hersteller, der es zum Versand an den Händler weiterleitet, dargestellt. Der Distributor verschickt es an den Groß- oder Einzelhändler, der die Produkte an verschiedene Geschäfte verteilt, von denen die Kunden das Produkt erhalten können. Es werden unterschiedliche Strategien und Ansätze verwendet, um die gesamte Kette (Chain) zu betrachten und in jedem einzelnen Schritt der Kette effizient zu arbeiten. Jede Einheit, die an diesem Prozess beteiligt ist, muss bestrebt sein, die Kosten zu minimieren und den Unternehmen dabei zu helfen, ihre Leistung langfristig zu verbessern sowie gleichzeitig einen Mehrwert für ihre Interessengruppen und Kunden zu schaffen (vgl. Tutorialspoint, 2016, S. 52).

Aufgaben des Supply-Chain-Managements

Supply-Chain-Aufgaben zielen in erster Linie auf die Gestaltung, Planung und Steuerung der Aktivitäten innerhalb der Supply-Chain (SC) ab. Für eine detailliertere Beschreibung der Aufgaben Supply-Chain-Design, Supply-Chain-Planung und Supply-Chain-Ausführung siehe Abbildung 2 (Göpfert, 2004, S. 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Aufgabenmodell des SCM (Werner, 2013)

Wie in Abbildung 2 gezeigt, umfasst die erste Ebene des Modells die Gestaltung der Supply-Chain (Design). Hier werden alle langfristigen strategischen Aufgaben der Supply-Chain entworfen. Inhalt kann die Gestaltung des Netzwerkdesigns sein. Daher wird diese Ebene als Gestaltungsebene bezeichnet. Aufgrund der hohen Investitionen, z. B. für den Bau einer neuen Produktionsanlage im Ausland, ist es essenziell, gründlich und unter Berücksichtigung des Risikos zu planen (Werner, 2013, S. 34).

Die zweite Ebene des Modells ist das Supply-Chain-Planning. Die Planung erfolgt taktisch-operativ und wird hinsichtlich des Zeithorizonts als mittelfristig eingestuft. Diese Ebene umfasst administrative Aufgaben und Entscheidungen über Prognosen sowie die Frage, wie Gewinne maximiert werden können (Chopra & Meindl, 2014).

Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, untergliedert sich das Supply-Chain-Planning in verschiedene Teilaufgaben: Dazu gehören Bedarfsplanung, Netzwerkplanung, Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsplanung, Order-Promising sowie die Feinplanung für Beschaffung, Produktion und Distribution (Werner, 2013, S. 12).

Bei der Bedarfsplanung werden beispielsweise alle Aufgaben von der zeitlichen Dimension bis hin zu kurz-, mittel- und langfristigen Anforderungen gestellt.

Für mittel- und langfristige Bedarfe können die Absatzdaten aus der Vergangenheit herangezogen werden. Prognosen können durch die Analyse vorhandener Daten ermittelt werden. Zur Ermittlung von Prognosen können statistische Methoden eingesetzt werden (Schulte, 1999; Werner, 2013).

Die dritte und letzte Ebene des SCM-Aufgabenmodells beinhaltet die Ausführung der Supply-Chain. Diese Aufgaben umfassen operative Aktivitäten und Aufgaben, die bereits in der Supply-Chain-Planung definiert wurden. Zu den Aktivitäten gehört z. B. die Bearbeitung der Auftragsabwicklung. Daraus folgen die logistische Ausführung bzw. die Bereitschaft, die Ware an den Kunden zu versenden. Die Entscheidungen werden auf einer täglichen Basis getroffen und daher als operativ bezeichnet (Chopra & Meindl, 2014).

Um die Aufgaben des SCM zu erfüllen bzw. zu unterstützen und die Aufgaben effizient zu bewältigen, werden verschiedene Informationstechnologien (IT) eingesetzt, dazu gehören das Enterprise-Resource-Planning (ERP), das Material-Requirement-Planning (MRP) und das Vendor-Managed-Inventory (VMI). Das folgende Diagramm 3 veranschaulicht die verschiedenen IT-Instrumente, die für SCM-Aufgaben eingesetzt werden können. Kapitel 2.2 befasst sich im Detail mit Informationstechnologien im Rahmen des Supply-Chain-Managements.

Abbildung 3 : Konzepte zur Erleichterung der SCM-Aufgaben (Kortmann & Lessing, 2000)

Ziel des Supply-Chain-Managements

Um einen SC effizienter gestalten und steuern zu können, ist es notwendig, Ziele zu formulieren und zu spezifizieren. Ziele bilden den Startpunkt für die Erarbeitung und Bewertung von Handlungsoptionen und gelten als wertvolle Voraussetzungen für die Entscheidungsfindung (Stewens, 2005, S. 72).

Das primäre Ziel des Supply-Chain-Managements ist es, einen reibungslosen Informationsfluss innerhalb des Netzwerks zu gewährleisten.

Ein weiteres Ziel von SCM ist nach Arndt die zeitliche und kostenbezogene Optimierung des gesamten Produktherstellungsprozesses unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kunden.

Er nennt zwei zentrale Ziele des Supply-Chain, zum einen die permanente Optimierung von Kosten und Lieferzeit, zum anderen die Erfüllung der Kundenanforderungen. Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, dass die einzelnen Unternehmen mit den verschiedenen Akteuren der Supply-Chain bzw. mit Wertschöpfungspartnern zusammenarbeiten (vgl. Arndt, 2013).

Die folgende Grafik veranschaulicht die verschiedenen Ziele des Supply-Chain-Managements.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Die Zielrichtungen des Supply-Chain-Managements in Anlehnung an Gerhard, Logistik-Controlling (Heß, 2018)

Die Reduzierung der Gesamtdurchlaufzeit ist ein relevantes Ziel der Supply-Chain. Dabei handelt es sich um ein Zeitziel. Insbesondere sollen die Produktentwicklungs- und Gesamtdurchlaufzeiten reduziert werden. Die Produktentwicklungszeiten werden z. B. durch ein konsequent verfolgtes Simultaneous Engineering verkürzt. Hier können Produktion, Forschung und Entwicklung sowie Einkauf zusammen Lösungen finden und Schnittstellenprobleme eliminieren.

Dies verkürzt die Time to Market und vereinfacht und koordiniert die Materialflüsse im Netzwerk optimal.

Eine weitere Schlüsselkomponente innerhalb des Supply-Chain-Managements ist die Optimierung von Transport und Logistik. In einem unabhängigen Geschäftsumfeld ist jedes Unternehmen für seine Rolle bei der Bestellung, beim Versand und Transport von Gütern verantwortlich. In diesem Geschäftsmodell sind die Kosten aufgrund von ungünstigem Timing und mangelhafter Zusammenarbeit hoch. Beim Supply-Chain-Management sollte der Prozess störungsfrei sein. Zudem sollten Lieferanten, Hersteller, Groß- und Einzelhändler jederzeit zusammenarbeiten. Mit SCM können die Unternehmen optimierte Transport- und Logistikaktivitäten mit allen Lieferanten oder Einkäufern planen, mit denen sie zusammenarbeiten. Bestellungen werden automatisch in ein System eingegeben und benachrichtigt andere Einrichtungen, die zur Erfüllung dieser Bestellung benötigt werden, (Planettogether, 2018).

Zu den weiteren Zielen des SCM gehört die Senkung der Lagerhaltungskosten. Diese ist nur möglich, wenn eine Just-in-Time-Lieferung erfolgen kann ( Busch & Dangelmaier, 2004). Auf diese Weise werden die Bestands- und Lagerhaltungskosten entlang der Lieferkette gesenkt. Aus der Sicht eines Zulieferers ist es jedoch entscheidend, zu beachten, dass dies nicht nur zu einer Verlagerung der Lagerhaltung auf die Lieferanten führen sollte.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass alle Unternehmen der Wertschöpfungskette selbst auf Just-in-Time-Produktion umstellen, damit die Lagerhaltungskosten in der gesamten Lieferkette gesenkt werden können. Solche Netzwerksynergien lassen sich aber nur dann schaffen, wenn alle Unternehmen der Wertschöpfungskette ihre Produktionsprozesse so flexibel gestalten, dass auch sie ohne erhöhte Lagerhaltung schnell und kundennah produzieren können (Beyer, 2020).

Begriffsdefinition und Abgrenzung von Einkauf und Beschaffung

In der Betriebswirtschaftslehre bezeichnete der Begriff ‚Einkauf‘ ursprünglich die betrieblichen Aktivitäten zur Versorgung eines Unternehmens mit Gütern und Dienstleistungen, die zur Durchführung des Produktionsprozesses oder der Handelsaktivitäten benötigt werden (vgl. Tempel & Meißner, 2002, S. 9).

Der Begriff ‚Beschaffung‘ umfasst laut ‚Arnold‘ „alle unternehmens- und/oder marktbezogenen Aktivitäten, die darauf abzielen, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst produzierten Gegenstände zur Verfügung zu stellen“ (Ulli, 1997, S. 3).

In der Praxis werden diese Begriffe häufig verwechselt bzw. synonym verwendet. Der Einkauf orientiert sich an der operativen, administrativen und am Markt ausgerichteten Ebene. Der Einkauf ist mit allen kaufmännischen und vertraglichen Aktivitäten in den Beschaffungsprozessen eines Unternehmens verbunden. Der Einkauf ist somit eine Teilfunktion der Beschaffung (E.Karsch , 1999, S. 690). Abbildung 5 veranschaulicht die verschiedenen Dimensionen der Materialwirtschaft.

Abbildung 5 : Abgrenzung von Einkauf, Beschaffung und Materialwirtschaft (Diedrich, 2020)

In engem Zusammenhang mit den hier gewählten Begriffen der Beschaffung und des Einkaufs steht der Begriff der Materialwirtschaft. Die Materialwirtschaft deckt alle Prozesse im Unternehmen ab, die einer Bereitstellung des Materials am Verwendungsort zum Zweck der Leistungserstellung dienen. Dementsprechend umfasst sie neben den klassischen Aufgaben der Beschaffung auch die Qualitätsprüfung, die Materiallagerung im Produktionsbereich und den innerbetrieblichen Transport. Darüber hinaus wird ihr häufig auch die Abfallverwertung und -entsorgung zugeordnet (Piontek, 2004, S. 34).

Aufgaben der Beschaffung

Die Kernaufgabe in der Beschaffung besteht dabei in der „Bereitstellung der Beschaffungsobjekte in der erforderlichen Qualität, zum günstigsten Preis, in der ausreichenden Menge, im richtigen Zeitpunkt, am nachgefragten Ort“ (Piontek, 2004, S. 37). Die Aufgaben des Einkaufs werden in operative und strategische unterteilt. Die operativen Tätigkeitsbereiche umfassen hauptsächlich Routineaufgaben, die mithilfe von geschützten Computersystemen automatisiert werden können. Die strategischen Aufgaben bestehen darin, die langfristige Versorgung des Unternehmens mit Produkten und Dienstleistungen sicherzustellen (Boutellier & Locker, 1998, S. 38).

Abbildung 6 verdeutlicht das Aufgabenspektrum im Einkauf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 : Strategische und operative Einkaufsaufgaben in Anlehnung an die Quelle Beschaffungsmanagement; Wirtschaftslexikon 24.com, 2016

Einkaufsprozess 4.0

Bevor auf die Ziele des Einkaufs eingegangen wird, wird zunächst ein Überblick dargestellt, um den Einkaufsprozess 4.0 zu veranschaulichen. Nach Kleemann und Glas des umfassen den Einkauf Prozess wie in Abbildung 7 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 : Überblick über den Prozess des Einkauf 4.0 (C. Kleemann & H. Glas, 2017)

Nach Kleemann und Glas umfasst der Einkaufsprozess die folgenden sechs Schritte.

- Bedarfsermittlung,
- Marktforschung,
- Make-or-Buy-Entscheidung
- Vertrags-/Bestellabwicklung,
- Lieferantenmanagement und
- Einkaufscontrolling.

Für ein Unternehmen, die zu einem späteren Zeitpunkt ein RPA implementieren, ist es entscheidend, die Schritte innerhalb einer Beschaffungsabteilung durch eine Beschaffungsprozess-Map zu definieren.

Das Ziel eines Beschaffungsprozessflussdiagramms ist es, den Prozess exakt zu ermitteln, in dem eine Organisation Produkte und Dienstleistungen effizient und kostengünstig beschaffen kann. Ein klarer und gut definierter Prozessablauf im Beschaffungsmanagement hilft dabei, Fehler zu minimieren, Zeit zu sparen und Bereiche zu identifizieren, die automatisiert werden können, um die Prozesse im Beschaffungsmanagement zu rationalisieren (Codeless, 2019).

Ziel des Einkaufs

Für den Einkauf lassen sich drei Ziele ableiten: Sachziele, Formalziele und Sozialziele. Die folgende Tabelle 8 umfasst die relevantesten Ziele, die mit der Beschaffung verfolgt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 : Ziele des Beschaffungsmanagements in Anlehnung an (Ulli, 1997)

Bei den Sachzielen geht es um die langfristige Sicherung und Versorgung des Unternehmens mit den für die Produktion erforderlichen Gütern (Bartscher, 2003). Das Formalziel ist die dauerhafte Optimierung der mit der Materialbereitstellung verbundenen Kosten und Leistungen, wodurch eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit erzielt werden soll.

Soziale Ziele werden in Mitarbeiterziele und Umweltziele unterschieden. Erstere können z. B. eine hohe Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter umfassen. Bei Letzteren handelt es sich um Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Beschaffungsmaßnahmen (Piontek, 2004, S. 31).

2.2 Informationstechnologie im Supply-Chain-Management

Der Definitionsbegriff lautet: Nach Lachenmaier schließt Informations-technologie alle technischen Ressourcen ein, die dazu dienen, digitale Informationen zu erstellen, zu speichern, zu archivieren und zu nutzen. Dazu gehört auch die Übermittlung von Informationen mittels Kommunikationstechnik (F. Lachenmaier, 2020). Bei den Eigenschaften von Informationstechnologie IT geht es um die Verarbeitung von Informationen und Daten durch Hardware, Software und Kommunikationsnetze. Zusammen fallen diese unter den Oberbegriff IT. In Unternehmen sind diese technischen Ressourcen Bestandteile von Informationssystemen. Im Allgemeinen sind die IT und ihr Einsatz in Unternehmen sowie im öffentlichen und privaten Sektor weit verbreitet.

Unternehmen können heute nicht mehr auf die IT-lösungen verzichten. Denn IT kann nicht nur einen Wettbewerbsvorteil darstellen, sondern auch bestehende Prozesse schneller und effizienter gestalten. Z.B. Im Bankensektor können IT-gestützte Scoring verfahren und Kundenstammdaten zur Prüfung der Bonität von Kunden eingesetzt werden. (F. Lachenmaier, 2020) .

Soll betont in sein Buch IT-Management, dass der Einsatz von Informationstechnologie ist kein Selbstzweck, sondern immer darauf ausgerichtet, Geschäftsprozesse und Schnittstellen zu automatisieren, um die Geschäftsabwicklung schneller, transparenter, standardisierter und effizienter zu gestalten. (Soll, 2008) Welche Rolle spielt IT dann im Bereich des SCM Aufgaben?

Müller erwähnt, dass aufgrund der Komplexität entlang des Supply-Chain-Managements ist es wichtig, dass alle verschiedener Partner in die Prozesskette für die Integrität und die Nutzung der Informationstechnologie zur sorgen. (Müller, 2015)

Die IT ist für die logistischen Prozesse innerhalb einer Supply-Chain von hoher Relevanz und bietet viele Anknüpfungspunkte für Optimierungen. Erst die IT ermöglichte es, die interne Logistik, um das Supply-Chain-Management zu erweitern. Im Spannungsfeld zwischen den logistischen Zielgrößen Kosten, Qualität und Zeit ermöglicht die Informationstechnologie optimale Entscheidungen. Transaktionen werden günstiger, Durchlaufzeiten kürzer und die Produktverfügbarkeit höher (Arndt, Supply Chain Management. Optimierung logistischer Prozesse, 2013, S. 34).

Schulze (2009) gliedert den Einsatz von Informationstechnologien in der Supply-Chain in vier Ebenen: In der ersten ebene unterstützen IT-Systeme den Einsatz von Operations-Research-Methoden zur Optimierung abgegrenzter Sachverhalte oder machen sie wirtschaftlich. Auf der zweiten Ebene werden IT-Systeme zur Produktionsplanung und -steuerung (PPS) und zur Koordinierung der Unternehmensaktivitäten eingesetzt. In der dritten Ebene werden die PPS-Systeme zu ERP-Systemen weiterentwickelt und realisieren eine ganzheitliche, prozessbasierte Sicht und Steuerung des Unternehmens. Der vierte Schritt ist die Erweiterung von internen auf externe Wertschöpfungsketten durch die Definition von Standards und Schnittstellen und damit die Schaffung eines hohen Entwicklungspotenzials für weitere Systeme (Schulze, 2009).

Schulze (2009) fasst die Einsatzmöglichkeiten von Informationstechnologien im Supply-Chain-Management anschaulich zusammen (siehe Abbildung 3). Die eingesetzten Werkzeuge können auf ausgewählte Teilbereiche und Funktionen beschränkt sein oder sich auf die gesamte Wertschöpfungskette auswirken. Darüber hinaus hat sich eine Trennung in Werkzeuge für strategische sowie planerische Aktivitäten (Supply-Chain-Planning) und für operative Aktivitäten (Supply-Chain-Execution) etabliert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9 : IT-Werkzeuge im Supply-Chain-Management (Schulze, 2009)

Eine Herausforderung beim Einsatz von IT-Instrumenten im SCM ist die Verfügbarkeit von Daten. Für alle Akteure und Partner im Supply-Chain-Management sollten die Daten aktuell, transparent und verfügbar sein. Im Rahmen der Kapazitäts- und Absatzplanung muss z. B. rechtzeitig bekannt sein, wie die Kapazitätsauslastung von Direktlieferanten und deren Subunternehmern sowie die Nachfrage der Kunden und ihrer Abnehmer bis hin zum Endkunden aussieht. Dies ist nur möglich, wenn der Informationenaustausch über IT-Tools erfolgt. Beim Informationsaustausch zwischen den Partnern ist es entscheidend, dass die Informationen nicht sequentiell zur Verfügung gestellt, sondern gleichzeitig an die jeweiligen Partner weitergegeben werden. Andernfalls kann es zu unnötigen Verzögerungen oder zur Verfälschung des Informationsflusses kommen (Arndt, Logistikmanagement , 2015, S. 131). Die folgende Abbildung 10 veranschaulicht die beiden grundlegenden Arten der Informationsübermittlung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 : Formen der Informationsübertragung (Arndt, Logistikmanagement , 2015, S. 133)

Eines der bedeutendsten IT-Instrumente im SCM ist das ERP-System, das über die relevanten Informationen verfügt, die für die Wertschöpfungskette benötigt werden (Schönsleben, 2011). Einer der bekanntesten Anbieter funktions-übergreifender integrierter Standartsoftware ist die SAP Deutschland SE & Co. KG aus Walldorf. Das Produkt SAP-ERP bildet den Kern der SAP Business Suite und gliedert sich in die folgenden vier Bereiche:

SAP ERP Financials, SAP ERP Human Capital, SAP ERP Operation, und SAP ERP Corporate Service. Das SAP-Anwendungsmodul, das zu den SCM-Aufgaben gehört, ist die Materialwirtschaft (MM) und bedeutet Planung, Steuerung und Optimierung der Materialflüsse eines Unternehmens. Die Erfassung von Warenbewegungen sorgt auch für mehr Transparenz bei den Materialbeständen (Reese, 2013).

Eine weiteres IT-Tool, das ebenfalls für die SCM-Aufgaben verwendet wird, ist das PPS-System. Dieses ist ein Computerprogramm, das den Anwender bei der Produktionsplanung und -steuerung unterstützt und die damit verbundene Datenverwaltung abwickelt.

Das PPS-System kann als Standardsoftware oder konfiguriert erworben werden. Die konfigurierte Softwareversion ist auf die Bedürfnisse des Unter-nehmens angepasst.

Ziele der PPS-Systeme sind die Realisierung von kurzen Durchlaufzeiten, Termintreue und optimalen Lagerbeständen sowie der wirtschaftliche Einsatz von Betriebsmitteln (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/PPS-System). Die folgende Abbildung 11 veranschaulicht die verschiedenen Schwerpunkte des Systems.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11 : Die Aufgaben eines PPS-Systems (Vario, 2020)

Der folgende Abschnitt zeigt ein Beispiel, wie ein Primärbedarfsplanung durch das PPS-System verarbeitet werden kann.

Die Hauptaufgabe besteht darin, die Mengen der im Planungszeitraum zu produzierenden Primärbedarfe zu bestimmen. Für diese Aufgabe bieten PPS-Systeme zwei Formen der Unterstützung an (Lackes, 2018): Die erste ist die Unterstützung von Absatzprognosen, sodass die erwarteten Primärbedarfsmengen auf der Basis der in der Vergangenheit beobachteten Bedarfe mit einfachen Prognoseverfahren (z. B. Durchschnitte, exponentielle Werte) prognostiziert werden. Die zweite basiert auf der Kundenauftragsverwaltung. Hierbei können bekannte oder erwartete Kundenaufträge verwaltet und als Primärbedarf erfasst werden (Lackes, 2018).

Es gibt weitere umfangreiche IT-Tools, die im Rahmen des SCM Aufgaben ausführen können. Dazu gehören Software für das Supplier-Relationship-Management (SRM) oder das VMI. Auch neue Technologieansätze wie RPA und KI nehmen im SCM eine wesentliche Rolle ein und können somit in die oben genannten Systeme integriert werden, um mehr Effizienz zu gewinnen.

3 Robotic-Process-Automation

3.1 Begriffserklärung

Das Institut für Robotic-Process-Automation & Artificial Intelligence (IRPAAI) definiert RPA folgendermaßen:

„the application of technology that allows employees in a company to configure computer software or a ‚robot‘ to capture and interpret existing applications for processing a transaction, manipulating data, triggering responses and communicating with other digital systems“ (Langmann & Turi, 2020, S. 5).

Nach Langmann und Turi ist RPA ein Softwareprogramm, mit dem (Software-)Roboter programmiert werden können. Diese sind in der Lage, ganze Geschäftsprozesse oder auch nur einzelne Prozessschritte daraus selbstständig automatisiert durchzuführen (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. ff. 5).

PricewaterhouseCoopers verwendet folgende Begriffsdefinition: RPA ist eine Automatisierung von Routineaufgaben durch Roboter. (Gehrer, 2017) Dabei handelt es sich nicht um Roboter im engeren Sinne, sondern um Softwareprogramme, die die Eingaben eines Benutzers in den Benutzerschnittstellen von Anwendungen ausführen. Dies geschieht unabhängig von der Anwendung, d. h., die Programme führen Aufgaben technologieübergreifend aus und ermöglichen die Automatisierung nicht nur einzelner Aufgaben, sondern ganzer Prozesse. Die nachstehende Abbildung 12 zeigt, welche Prozesseigenschaften für die Ansatz von RPA geeignet sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12 : Für den Ansatz von RPA geeignete Prozessmerkmale (Gehrer, 2017)

RPA eignet sich somit in seiner Grundfunktion zur voll- oder teilautomatisierten Durchführung von Geschäfts- und administrativen Prozessen.

Es handelt sich um eine Lösung, für deren Einsatz keine erheblichen Änderungen an der bestehenden IT-Infrastruktur erforderlich sind. Die Benutzeroberfläche (das User-Interface) wird auf die gleiche Weise verwendet, wie ein Mensch sie benutzen würde. RPA kann daher auch als nichtinvasive Technologie bezeichnet werden.

In der Praxis wird von RPA-Bots gesprochen, das bezeichnet im Wesentlichen eine einzelne Lizenz der RPA-Software. Hier wird der Ausdruck ‚Bot‘ anstelle des alternativen Begriffs ‚Roboter‘ verwendet, um klarzustellen, dass es sich um einen selbstständig, d. h. automatisch agierende Software handelt (vgl. Smeets, Erhard & Kaußler, 2019, S. 8).

Hier ist zu erwähnen, dass RPA zunächst in zwei Ebenen unterteilt ist: Attended und U nattended RPA. Attended RPA wird als Robotic-Desktop-Automation (RDA) bezeichnet. Hier läuft der Roboter direkt auf dem Desktop des Anwenders. Der Benutzer startet und interagiert mit dem Roboter über den Bildschirm, der in verschiedene Prozesse des Benutzers integriert ist, und verarbeitet die Aufgaben automatisch. Vergleichbar beispielsweise mit einem Excel-Makro kann ein Roboter einfache Tätigkeiten nachahmen. Dagegen bezieht sich die Unattended RPA auf Roboter, die in der Regel auf einem Rechner laufen, sich selbst starten und die betroffenen Prozesse meist ohne Benutzerinteraktion ausführen. Die Roboter verwenden mehrere verschiedene Systeme und können die Aufgaben eigenständig unter einander aufteilen (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. 5).

Die nächste Stufe der Entwicklung von RDA und RPA ist die Kombination mit neuen Digitalisierungstechnologien wie maschinellem Lernen oder Advanced Analytics, die auch als intelligente Prozessautomatisierung bzw. Smart-Process-Automation (SPA) bezeichnet werden. Dies ermöglicht auch Prozesse, in denen nichtstrukturierte Daten verarbeitet werden. Darüber hinaus können komplexe Entscheidungen getroffen werden (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. 6). Die folgende Abbildung 13 veranschaulicht die Unterschiede und Besonderheiten innerhalb von RPA.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13 : Entwicklungsstufen RDA, RPA und SPA (Langmann & Turi, 2020, S. 6)

Motivation und Beweggründe für den Einsatz von RPA im Unternehmensbereich

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Mitarbeiter verschiedene Softwaresysteme in mehreren getrennten Systemen verwenden, um betriebliche Aufgaben zu erledigen. Eine systemseitige Integration scheitert in der Praxis meist an den hohen Kosten oder aufgrund der Verfügbarkeit von IT-Ressourcen in der Abteilung. Hier können RPA-Softwareplattformen einen Beitrag leisten und als Brückentechnologie und als Schnittstellen eingesetzt werden.

Ein erheblicher Vorteil der Verwendung von RPA als Brückentechnologie ist, dass in der Regel keine Anpassung der IT-Infrastruktur erforderlich ist, sondern auf der bestehenden IT-Landschaft aufgebaut wird. Die bisher verwendeten Systeme und Anwendungen bleiben unberührt. Nur die Tätigkeit, die zuvor von Angestellten ausgeführt wurde, wird von einem Roboter übernommen (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. 9).

Bestehende Systemlandschaften können beispielsweise SAP, Mainframe-Anwendungen, oder CRM-Systeme sein.

Zusätzlich zu seinem Einsatz als Brückentechnologie, ist die Kosteneinsparung als Beweggrund und Hauptargument für den Ansatz von RPA im Unternehmen zu nennen. Die Kostenreduktion entsteht durch die Prozessoptimierung. Als Folge lassen sich oft (zusätzlich) Mitarbeiterkapazitäten reduzieren und durch die (niedrigeren) Kosten einer Automatisierung ersetzen.

Eine Automatisierung auf der Grundlage von Business-Process-Management (BPM) ermöglicht Einsparungen von bis zu 20 % (siehe zu BPM Kapitel 3.3).

Ein alternativer Ansatz für Einsparungen besteht darin, dass die Prozesse an externe Dienstleister in Niedriglohnländern ausgelagert werden. Diese Alternative wird auch als Business-Process-Outsourcing (BPO) bezeichnet. Dieser Ansatz verspricht Kosteneinsparungen von 15 % bis 30 % (vgl. Tucci 2015). Wenn der Prozess dagegen in der eigenen Organisation verbleibt und von RPA verwaltet und automatisiert wird, erhöhen sich Kosteneinsparungspotenziale teilweise um ein Vielfaches (vgl. Smeets, Erhard & Kaußler, 2019, S. 22).

Die folgende Tabelle veranschaulicht die verschiedenen Äußerungen und Schätzungen zum Kosteneinsparungspotenzial durch RPA.

Tabelle 1 : Schätzungen zum Kosteneinsparungspotenzial durch RPA

. Eigene Darstellung in Anlehnung an (Smeets, Erhard, & Kaußler, 2019, S. 22)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* FTE = Full-Time-Equivalent

Gemäß der oben beschriebenen Vorgehensweise und der Tabelle 1 kann sich die Kosteneinsparung ausschließlich auf die eingesparten Full-Time-Equivalents (FTE) beziehen.

Der Grund für die Automatisierung durch RPA ist nicht, dass die Mitarbeiter, die zuvor an der Prozessausführung beteiligt waren, freigesetzt werden und für sie keine Kosten anfallen. RPA wird vielmehr eingesetzt, um sie von sich wiederholenden, zeitaufwändigen Prozessen zu befreien, sodass mehr Kapazität für wertschöpfende Tätigkeiten zur Verfügung steht (vgl. Smeets, Erhard & Kaußler, 2019, S. 22).

Ein weiterer Grund für den Einsatz von RPA ist die hohe Skalierbarkeit von Robotern. Diese ist vor allem auf die Arbeitsgeschwindigkeit der Roboter und die Möglichkeit zurückzuführen, sie die ganze Woche hindurch ohne Unterbrechung arbeiten zu lassen (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. 9). Die schnelle Skalierbarkeit wird durch die Installation der RPA-Software in der bestehenden IT-Infrastruktur erreicht, wo die Software später eingesetzt werden soll. Dies können virtuelle Infrastrukturen, öffentliche oder private Cloudlösungen, Server-Client-Strukturen oder Desktopumgebungen sein (vgl. Smeets, Erhard & Kaußler, 2019, S. 77). Neben der hohen Skalierbarkeit für den Einsatz von RPA im Unternehmen gibt es andere Bewegründe, wie z. B. Effizienzsteigerungen.

Mit der Umsetzung der RPA-Implementierung auf operativer Ebene werden die Durchlaufzeiten erheblich reduziert und Bearbeitungsfehler aufgrund von Ermüdung und Konzentrationsmangel der Mitarbeiter eliminiert. Dabei zeichnet sich der Roboter im Vergleich zum Menschen durch eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit und -qualität aus.

Im Controlling und Rechnungswesen konnte beispielsweise laut UiPath (Software für RPA) bei einem Financial-Services-Unternehmen durch die Automatisierung täglicher Gewinn und Verlust (GuV)-Reports mittels RPA die Durchlaufzeit um 67 % verbessert und die Fehlerquote auf 0 % reduziert werden (vgl. Langmann & Turi, 2020, S. 10).

Auch Zeiteinsparung ist ein Grund für die Umsetzung von RPA. Wie oben beschrieben, arbeitet der Roboter effizient und fehlerfrei, wodurch sich die Prozessbearbeitungszeit verkürzt. Für Unternehmen spielt die Prozessgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle und hat daher viele vorteilhafte Auswirkungen. Zum Beispiel sorgt die Zeiteinsparung für Wettbewerbsvorteile und erhöht die Kundenzufriedenheit. Sie kann durch die PRA gemäß einer Fallstudie (2016) um 82 % verringert werden (vgl. Smeets, Erhard & Kaußler, 2019, S. 24).

Die nachstehende Abbildung 14 veranschaulicht, wie der unterschiedliche Einsatz von RPA- und menschlicher Arbeitskraft bei der Erfüllung von Aufgaben aussieht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14 : Vorteile von RPA (Eisele, 2019)

Mit menschlicher Arbeitskraft dauert ein kompletter Vorgang vom Einloggen in das ERP-System bis zum Versand einer E-Mail an den Lieferanten dreißig Minuten. Mit RPA dauert der Vorgang exakt fünf Minuten. Dies entspricht einer Zeitersparnis von 25 Minuten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 163 Seiten

Details

Titel
Digital-Production-Management. Künstliche Intelligenz und Robotik-Prozess-Automation in der Supply-Chain und im Beschaffungswesen
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
2,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
163
Katalognummer
V1020978
ISBN (eBook)
9783346417923
ISBN (Buch)
9783346417930
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Künstliche intelligenz, RPA, Supply chain, Einkauf, Logistik, Kosten
Arbeit zitieren
Marwen Hammami (Autor:in), 2020, Digital-Production-Management. Künstliche Intelligenz und Robotik-Prozess-Automation in der Supply-Chain und im Beschaffungswesen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1020978

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