Die Rolle von Lead Usern im Innovationsprozess eines Unternehmens


Seminararbeit, 2021

40 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Problemstellung
1.1 Motivation und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen der Kundenintegration in Innovationsprozessen
2.1. Innovation und Innovationsprozesse in Unternehmen
2.2 Kundenintegration in Unternehmen

3 Integration der Lead User in den Innovationsprozess von Unternehmen
3.1 Der Lead User und seine Merkmale
3.2 Zielfestlegung und Trendanalyse
3.3 Identifizierung von Lead Usern
3.4 Konzept der Zusammenarbeit mit Lead Usern

4 Chancen und Risiken durch die Zusammenarbeit mit Lead Usern
4.1. Chancen durch die Zusammenarbeit mit Lead Usern
4.2 Risiken durch die Zusammenarbeit mit Lead Usern
4.3 Handlungsempfehlungen für die Risikominimierung

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Innovationstrichter

Abbildung 2: Aktivitätsspektrum der Kundenintegration

Abbildung 3: Stufenmodell der Intensität der Einbindung

Abbildung 4: Methoden der Kundenintegration in verschiedenen Phasen des Innovationsprozesses

Abbildung 5: Drei Methoden zur Identifikation von Lead Usern

Abbildung 6: Ablauf von Workshops mit Lead Usern

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gegenüberstellung von Chacen und Risiken

1 Problemstellung

Innovationen verhelfen Unternehmen dabei, durch Wettbewerbsvorteile am Markt zu bestehen.1 Im Innovationsprozess sollen dabei Ideen in Produkte oder Dienstleistungen für den Markt, unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und Ressourcen, entwickelt werden.2 Einhergehend damit ist es für Unternehmen zweckdienlich, Kunden3 als Treiber neuer Produkte und Dienstleistungen in die Prozesse zu integrieren.

Ein Mittel zur Generierung und Entwicklung von Innovationen für Unternehmen sind „Lead User“, die somit einen wichtigen Teil im Innovationsprozess von Unternehmen darstellen. Dabei stechen zwei Merkmale des Lead Users besonders hervor. Zum einen verspüren sie vorzeitig Bedürfnisse, für die es zu diesem Zeitpunkt noch keine Lösung am Markt gibt, zum anderen profitieren sie frühzeitig aus den Innovationen am Markt.4 Aufgrund dieser Charakteristika können Unternehmen in Zusammenarbeit mit Lead Usern Marktvorteile erzielen und Märkte an Innovativität und Innovationspotenzial gewinnen.

Im Jahr 2017 wurde von Eric von Hippel beim Multi-Technologiekonzern 3M eine Untersuchung durchgeführt, die herausfand, dass vierzehn von fünfzehn Lead User-Projekte Patente angemeldet hatten. Grund dafür ist, dass durch die Zusammenarbeit mit Lead Usern neuartige Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden, die zuvor in ihren Eigenschaften noch nicht am Markt zu finden sind und somit neue Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen entstehen.5 Dies verdeutlicht, wie wertvoll Lead User für Unternehmen in ihren Innovationsprozessen sind.

1.1 Motivation und Zielsetzung

Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht darin, inwieweit Lead User in den Innovationsprozess von Unternehmen einbezogen werden und welche Chancen und Risiken für Unternehmen in diesem Kontext aufkommen können. Darauf bezogen wird die Forschungsfrage „Wie können Lead User in den Innovationsprozess von Unternehmen integriert werden und welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus?“ aufgestellt, die in dieser Arbeit beantwortet werden soll.

Die Beantwortung der Forschungsfrage benötigt neben einem umfassenden Überblick der Chancen und Risiken auch eventuelle Empfehlung für Handlungen, um eine effektive Kooperation zwischen dem Lead User und dem Unternehmen zu gewährleisten.

1.2 Aufbau der Arbeit

Das erste Kapitel liefert einen Einblick in die Relevanz des Themas der Lead User im Innovationsprozess von Unternehmen. Nachdem in diesem Kapitel der Aufbau der Arbeit dargestellt wurde, befasst sich das zweite Kapitel mit den theoretischen Grundlagen der Kundenintegration im Innovationsprozess, wobei auf Innovation und Innovationsprozesse in Unternehmen sowie auf die Kundenintegration in Unternehmen eingegangen werden. Das dritte Kapitel widmet sich der Integration von Lead Usern in den Innovationsprozess von Unternehmen. Darunter fallen die Bestimmung des Begriffs Lead User sowie die Schritte der Lead User-Methode, einschließlich die Zielfestlegung und Trendanalyse, die Methoden zur Identifizierung von Lead Usern und das Konzept zur Zusammenarbeit mit Lead Usern. Im vierten Kapitel werden die Chancen und Risiken durch die Zusammenarbeit mit Lead Usern für Unternehmen näher beleuchtet. Abgeleitet daraus ergeben sich Handlungsempfehlungen für die Risikominimierung bei der Kooperation mit Lead Usern. Zuletzt folgt die Schlussbetrachtung, in der ein Fazit und ein Ausblick gegeben wird.

2 Theoretische Grundlagen der Kundenintegration in Innovationsprozessen

Die nachfolgenden Ausführungen behandeln relevante theoretische Grundlagen der Kundenintegration in Innovationsprozessen. Einleitend erfolgt eine Betrachtung der Innovation und der Innovationsprozesse in Unternehmen. Eine Definition des Innovationsbegriffes und die Phasen eines Innovationsprozesses knüpfen an diesen Punkt an. Anschließend erfolgt ein Überblick der Kundenintegration. Die Kundeneinbindung in Form eines Stufenmodells anhand von verschiedenen Methoden ergänzen die Ausführungen und schließen das Kapitel ab.

2.1. Innovation und Innovationsprozesse in Unternehmen

Der Begriff „Innovation” findet seinen Ursprung in der lateinischen Sprache. Das Wort beinhaltet sowohl den Begriff „novus“, welches übersetzt „neu“ bedeutet, als auch den vergleichbaren Wortlaut „innovatio“, welches mit „Neuerung“ oder „Erneuerung“ übersetzt werden kann.6 Daraus lässt sich schließen, dass der Begriff Innovation etwas Neuartiges umfasst.7 Unter diesem Aspekt können verschiedene Bereiche aufgeführt werden. Es handelt sich um neuartige Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren, die mittels einer neuartigen Zweck-Mittel-Kombination zunächst entstehen und sich im Kern von ihrem vorherigen Zustand unterscheiden. Es sagt nichts über die Qualität des jeweiligen Produkts, der Dienstleistung oder des Verfahrens aus, sondern ist eine Abgrenzung gegenüber dem Vorherigen.8

Schumpeter bezeichnet den Begriff Innovation als die „Durchsetzung neuer Kombinationen“.9 Er bezieht die Durchsetzung neuer Kombinationen auf die Herstellung eines neuen Gutes, auf die Einführung einer neuen Produktionsmethode, die Erschließung eines neuen Absatzmarktes, die Eroberung einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen und auf die Durchführung einer Neuorganisation.10 Diesen Prozess definiert Schumpeter als „schöpferische Zerstörung“, womit er die Überholung der alten Strukturen und Prozesse durch die neuen assoziiert.11

Rogers betrachtet die Innovation übersetzt als „eine Idee, Praxis oder ein Objekt, das von einer Person oder einer anderen Adoptionseinheit als neu wahrgenommen wird“.12 Er differenziert zwischen zwei grundlegenden Aspekten. Zum einen zwischen dem objektiv neuen Produkt, das durch die neue Technologie entwickelt wurde, zum anderen zwischen dem Kontext und dem Resultat, die mithilfe neuerer Produkte hergestellt werden. Er betont, dass es irrelevant ist, ob das neu entwickelte Produkt objektiv neu ist. Es käme viel mehr darauf an, in welchem Zusammenhang diese Neuheit erkannt wird. Nur durch die Wahrnehmung des Kontextes, welcher sich aus der entwickelten Neuheit erschließen lässt, sei es möglich, wichtige Änderungen bzw. Entwicklungen im sozialen System zu erschaffen.13 Maßgeblich ist dabei, dass sie sich auf neue Erkenntnisse, Maschinen, Materialien und soziale Verhaltensmuster beziehen muss, die darauf abzielen indirekte Verbesserungen innerhalb oder außerhalb des Ziels anzustreben.14

Auch Rickards unterstreicht, inwiefern die Neuartigkeit im Zusammenhang zwischen Mitteln und Zweck, für einen Innovationscharakter eine Rolle spielen. Rickards bezeichnet Innovation als einen neuen Prozess, der darauf abzielt, eine Lösung für ein jeweiliges Problem zu finden, das zuvor nicht durch eine vergleichbare Lösung ermittelt wurde.15 Seiner Aussage zufolge, ist mit dem Begriff der Innovation nicht das Produkt als solches, sondern die Funktion des jeweiligen Produktes anvisiert. Er nimmt eine strenge Abgrenzung zur reinen Erfindung vor und unterstreicht, dass es vorrangig auf die Kommerzialisierung ankommt bei welcher, im Vergleich zu Erfindungen, die Marktausrichtung ausgeschlossen ist.16 Er macht deutlich, dass der Kommerzialisierung dabei eine wichtige Rolle zukommt. Diese kann nur gewährleistet werden, sofern Kundenbedürfnisse ermittelt und Lösungsmöglichkeiten angepasst werden. Im Zuge dessen ist zu berücksichtigen, dass der Kunde weniger den Erwerb und das Interesse an einem spezifischen Produkt verfolgt. Er ist vielmehr daran interessiert den vermittelten Wert für die Erreichung eines bestimmten Zwecks zu erlangen.17

Allerdings variieren die Bedürfnisse der einzelnen Kunden. Daher können die verschiedenen Bedürfnisse nicht durch die Übernahme einer Innovation gestillt werden. Insbesondere technische Innovationen sind in der Praxis schwer zu erproben, weshalb die Kunden zunächst durch bestimmte Abläufe an diese näher gebracht werden müssen. Dies gewährt die Grundlage dafür, dass die Verbraucher die Vor- und Nachteile des Nutzens erkennen können. Diese Erkenntnis wird ihnen durch Innovationsforschung ermöglicht, welcher für Ermittlung der Faktoren, wie Erfolg und Misserfolg von Innovationen, verantwortlich ist.18

Mit der Innovation sind finanzielle und zeitliche Belastungen verbunden. Daher erscheint es als erforderlich und geeignet, unternehmensspezifische Innovationsprozesse zu definieren, zu überdenken und zu verbessern.19 Die Aufgabe des Innovationsprozesses ist es, eine Idee mit den verfügbaren Mitteln planmäßig in ein marktfähiges Produkt oder eine marktfähige Dienstleistung umzusetzen. Der Innovationsprozess muss kontinuierlich alle nötigen Schritte, von der Initialisierung der Idee bis hin zur Markteinführung, sicherstellen. Er muss dabei genügend Flexibilität besitzen, um eine Reaktion auf plötzlich auftretende Veränderungen zu ermöglichen, die angesichts der hochgradigen Ungewissheit besonders über die zukünftigen Verhältnisse des Marktes und des Wettbewerbs entstehen können.20

Der Innovationsprozess beinhaltet alle Phasen von der Ideenentwicklung bis hin zur Produktumsetzung. Die Einteilung der Phasen wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt und unterscheidet sich im Detail. Prinzipiell lassen sich die Phasen der Ideengenerierung, -entwicklung und -bewertung, der Ideenauswahl, der Technologieentwicklung, des Produktentwicklungsprozesses und der Produktion und Markteinführung unterscheiden.21

Diese Phasen sind in der folgenden Abbildung in Form eines Innovationstrichters dargestellt. Dies ist eine weitverbreitete bildliche Darstellung des Innovationsprozesses und wird in einzelne Phasen unterteilt. In den Innovationstrichter fließen eine Vielzahl von Ideen hinein, aus denen ein kleiner Teil ausgewählt wird. Dieser wird wiederum in Produktentwicklungen umgesetzt und schließlich nur wenige in Form neuer Produkte auf den Markt gebracht.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Innovationstrichter

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Nelke (2016), S. 9.

Die erste Phase umfasst die Ideengenerierung. Diese Phase beinhaltet die Bestimmung des Suchfeldes bis hin zur Idee.23 Ausschlaggebend hierfür sind technologie-, kunden- und kostenbezogene Aspekte, die zur Umsetzung des Konzeptes berücksichtigt werden müssen. Fraglich ist, ob es sich dabei bspw. um eine unentdeckte Idee handelt und welche Zielgruppen hierbei angesprochen werden.24

In der zweiten Phase erfolgt neben der Bewertung der Idee, auch die Erstellung und die Umsetzung zur Erfüllung des Plans. Ideen dessen Realisierung aufgrund hoher Zeit und Kosten nicht sinnvoll erscheinen, sollten hier eliminiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung können die besten Ideen identifiziert werden.25 Zu den Bewertungskriterien zählen hierbei u.a. die Wirtschaftlichkeit, Marktakzeptanz und Marktpotential, der Kundennutzen und die technische Machbarkeit.26 An dritter Position befindet sich die Entwicklungsphase. Dort werden die besten Ideen immer detaillierter ausgearbeitet und schließlich in der letzten Phase, der Produktionsphase, in fertige Produkte umgesetzt.27

Innovationen sind verbunden mit sozialen Prozessen, weshalb neben den strukturellen Rahmenbedingungen, die handelnden Menschen vordergründig sind. Diese sind sowohl für das Innovationsergebnis als auch für den Innovationsprozess fundamental.28 Um Innovationen erfolgreich hervorzubringen, müssen zunächst soziale Prozesse ermittelt werden, um anschließend Einfluss auf das Handeln der Kunden zu erreichen. Somit können Innovationen aktiv gefördert und Innovationshindernisse erfolgsversprechend identifiziert und abgeschafft werden.29 Letztendlich wird in der wissenschaftlichen Literatur unter Innovation, die Idee aufgefasst, welche im Rahmen des Prozesses wiederholt geprüft, entwickelt, getestet und folglich zur Produktion freigegeben und vermarktet werden. Die Planungs-, Entscheidungs-, Organisations-, und Kontrollaufgabe, welche elementar für den Prozess in der Praxis ist, umfasst das Innovationsmanagement.30 Diese intentionierte Marktdurchdringung ist ausschlaggebend für den Erfolg der entwickelten Idee. Die Basis dafür schafft die wirtschaftliche Behauptung dieser Idee, welche im Anschluss einen Beitrag für die Wertschöpfung des Unternehmens leistet.31

2.2 Kundenintegration in Unternehmen

In verschiedenen Branchen liegt der Fokus der Kundenintegration im Mittelpunkt der Entwicklung von Produkten und den damit einhergehenden Innovationsprozessen. Bereiche wie Luftfahrt oder Medizintechnik nutzen Kunden als treibende Akteure bei Einführungen neuer Dienstleistungen und Produkte.32 Mit der Zeit kristallisierten sich verschiedene Ansätze heraus, mit denen diese in den Innovationsprozess eingebunden werden können. Um einen strukturierten Überblick über die Einordnung der verschiedenen Konzepte und Methoden der Kundenintegration und deren Intensität zu bekommen, gilt es zunächst eine geeignete Unterteilung dieser Herangehensweisen zu finden.

Vermehrt existieren Ansätze, welche überwiegend das Ausmaß des jeweiligen Integrationsgrades behandeln. Dies macht deutlich, dass dieser Grad der Intensität der Kundenintegration als zentraler Ausgangspunkt benutzt werden sollte. Nach Fließ wird der Integrationsgrad als das Ausmaß des Eingriffs von nachfragender Seite in den Dispositionsraum des Anbieters verstanden. Es verhalten sich der Integrationsgrad und der damit auftretende Leistungsbeitrag des Kunden proportional zueinander.33

In Abbildung 2 ist das Aktivitätsspektrum der Kundenintegration dargestellt, welcher das Ausmaß der Arbeitsteilung zwischen diesen beiden Parteien projiziert. Aus diesem Ansatz lässt sich ableiten, dass beide Seiten einen Mindestpunkt der Aktivität erreichen sollten, um eine ausschlaggebende Intensität der Kundenintegration zu ermöglichen. Erst ab diesem Punkt der Intensität wird die Aktivität der beiden Parteien für den Innovationsprozess relevant.34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Aktivitätsspektrum der Kundenintegration

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Büttgen (2007), S. 13; Corsten (2000), S. 151.

Um nun unter dem Aspekt der Intensität der Kundenintegration ein genaueres Verständnis dieser Betrachtungsweise zu erhalten, bietet die Aufteilung in direkte und indirekte Kundeneinbindung nach Knöchel und North eine mögliche Strukturierung und Einordnung der verschiedenen Intensitätsstufen der Kundenintegration. Hier wird der Grad der Intensität der Kundeneinbindung in sechs Stufen eingeteilt.35 Dieses Stufenmodell kann aus Abbildung 3 entnommen werden.

Die Stufen eins bis drei beziehen sich auf die indirekte Kundeneinbindung. Dabei werden sämtliche Eigenschaften wie Bedürfnisse, Vorlieben und Kritikpunkte seitens des Kunden analysiert, ohne diesen direkt einzubinden. Hingegen wird bei den Stufen vier bis sechs nicht nur eine reine Analyse der Kunden durchgeführt, sondern auch direkt Kunden befragt um eine Lösung für den jeweiligen Prozess zu entwickeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Stufenmodell der Intensität der Einbindung

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Knöchel und North (2018), S. 4.

Stufe eins besteht aus der Analyse der Kundendaten, wobei, wie bereits angemerkt, dabei kein direkter Kontakt zu den Kunden besteht. Die Erhebung erfolgt aus einer Vielzahl verschiedener Datenquellen. Ein beliebtes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Verweis auf „Big Data-Technologien“, welche es ermöglichen Kundendaten zu analysieren und die daraus entstandenen Resultate gezielt in den Entwicklungs- und Innovationsprozess einfließen zu lassen.36

In Stufe zwei existieren noch keine Daten, welche für eine Analyse geeignet wären. Sie beschäftigt sich daher mit der Beobachtung des Kundenverhaltens und der Erhebung von Daten. Hier ist der Kunde in einer passiven Rolle. Ihm ist nicht bewusst, dass er beobachtet wird. Unternehmen greifen in dieser Stufe oft auf die Möglichkeiten der hohen Interkonnektivität der Digitalisierung zurück. So können Kunden beobachtet werden, welche für ein bestimmtes Produkt Problemlösungen in den jeweiligen Foren des Unternehmens suchen. Die Möglichkeit einer unbewussten Lenkung in eine für das jeweilige Unternehmen interessante Richtung durch gezielte Impulse, kann zu neuen Erkenntnissen führen ohne, dass der Kunde aktiv in den Innovationsprozess eingebunden wird.37

Stufe drei befindet sich an der Grenze zu einer direkten Kundeneinbindung. Hier wird der Kunde zwar zu einem Sachverhalt gefragt, jedoch nicht aktiv in den Entwicklungsprozess eingebunden. Somit besteht ein rein informativer Datenfluss aber keine direkte Einbindung in den Prozess selbst. Hier steht also die Bildung eines Netzwerkes als Möglichkeit der Kommunikation mit den Kunden im Vordergrund. Dieses Konzept folgt dem Ansatz nach Blazevic und Lievens, dass Kunden als „aktive Informatoren“ betitelt.38

Ab Stufe vier spricht man von einer direkten Kundeneinbindung. Zwar ist der Kunde nicht Entscheidungsträger bei der Auswahl einer Lösung, jedoch werden sein Input und die daraus entstandenen Information bei der Produktentwicklung berücksichtigt. In der Entwicklungsphase werden dann bei der Zusammenarbeit mit Kunden Produkte auf bestimmte Funktionen überprüft. Hier sollte natürlich der Kunde einen angemessenen Wissenstand über das jeweilige Produkt und die damit einhergehenden Technologien haben.39

Stufe fünf beschreibt eine noch engere Zusammenarbeit mit den Kunden. Mittels konstanter Interaktion wird hier der Kunde über Produkttest in den Innovationsprozess involviert und man bekommt einen exakten Einblick über die Kundenperspektive. Nambisan bezeichnet dies auch mit „Kunde als User“. Eine organisatorische Integration der Kunden ist hier der Fall, um in mehreren Phasen der Entwicklung seinen Beitrag zu dem jeweiligen Prozess möglichst ungehindert zu fördern.40

Als höchstes Maß der Kundenintegration kann man in Stufe sechs von einer eigenständigen Entwicklung des Produkts seitens des Kunden ausgehen. „Kunden als Innovatoren“ werden durch einen eigenständigen Innovationsprozess ohne Kontakt zu dem Unternehmen ausgezeichnet.41 Lediglich als Unterstützung können Unternehmen bspw. Toolkits oder bestimmte Lösungsansätze mit dem Kunden teilen, um ihre eigenen Lösungsansätze zu beantworten. Erst nach Abschluss der Entwicklung des neuen Produktes durch den eigenständigen Innovationsprozess des Kunden, wird das Ergebnis mit dem Unternehmen geteilt und als fertiges Produkt angeboten. Natürlich bedarf diese Stufe einem hohen Maß an Eigeninitiative und Motivation seitens des Kunden.42

In Abbildung 4 werden die verschiedenen Methoden der Kundenintegration im Hinblick auf die vorangegangene Betrachtungsweise auf direkte und indirekte Kundeneinbindung aufgeteilt und den verschiedenen oder allen Phasen des Innovationsprozesses dementsprechend zugeordnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Methoden der Kundenintegration in verschiedenen Phasen des Innovationsprozesses

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Knöchel und North (2018), S. 8.

In Bezug auf die indirekte Kundeneinbindung existieren Methoden wie „Empathic Design“ oder „Netnography“ in der Phase der Ideengenerierung.43 Das Empathic Design basiert auf dem Grundgedanken, den Kunden mit einem fertigen Produkt in ihrer gewohnten Umgebung zu betrachten. Ein wichtiger Punkt ist hierbei die Unkenntnis des Kunden über die Beobachtung des Unternehmens. Dies hat zur Folge, dass unbewusste Verhaltensmuster seitens des Kunden von dem Beobachter verarbeitet werden und somit in den Innovationsprozess einfließen können.44

[...]


1 Vgl. Duschek (2002), S. 93.

2 Vgl. Vahs/Brem (2015), S. 229.

3 Im Sinne einer besseren Lesbarkeit wird in dieser Seminararbeit auf die geschlechtsspezifische Differenzierung, z.B. Kunden und Kundinnen, verzichtet. Entsprechende Begrifflichkeiten sind daher geschlechtsneutral zu verstehen.

4 Vgl. von Hippel (1988), S. 107.

5 Vgl. Putz (2018), o.S.

6 Vgl. Nagel (1993), S. 12.; Vahs/Burmester (2002), S. 45.

7 Vgl. Hauschildt et al. (2016), S. 3.

8 Vgl. Hauschildt et al. (2016), S. 3.; Corsten et al. (2016), S. 6.

9 Schumpeter (2010), S. 95.

10 Vgl. Schumpeter (2010), S. 95.

11 Vgl. Wendt (2016), S. 10f.

12 Rogers (2003), S. 12.

13 Vgl. Rogers (2003), S. 12.

14 Vgl. Aregger (1976), S. 118.

15 Vgl. Rickards (1985), S. 10ff.

16 Vgl. Hauschildt et al. (2016), S. 23f.

17 Vgl. Meijkamp (1998), S. 235.

18 Vgl. Pohl (1994), S. 18f.

19 Vgl. Piller/Hilgers (2016), S. 337f.

20 Vgl. Vahs/Brem (2015), S. 229.

21 Vgl. Müller-Prothmann/Dörr (2020), S. 31f.

22 Vgl. Müller-Prothmann/Dörr (2020), S. 31f.; Franken/Franken (2011), S. 249.

23 Vgl. Rüggeberg/Burmeister (2008), S. 9.; Vahs/Brem (2015), S. 231.; Abele (2013), S. 5.

24 Vgl. Verworn/Herstatt (2000), S. 11.

25 Vgl. Vahs/Burmester (2002), S. 182.

26 Vgl. Thom (1980), S. 45f.

27 Vgl. Nelke (2016), S. 9ff.

28 Vgl. Kutzner (2011), S. 14.

29 Vgl. Kehrbaum (2009), S. 53.

30 Vgl. Vahs/Brem (2015), S. 28.

31 Vgl. Nelke (2016), S. 11.; Vahs/Burmester (2002), S. 49f.

32 Vgl. Braun (2017), S. 81ff.; Lehnen et al. (2016), S. 38ff.

33 Vgl. Fließ (2001), S. 57.

34 Vgl. Corsten (2000), S. 151.

35 Vgl. Knöchel/North (2018), S. 4ff.

36 Vgl. Das/Mohan-Kuhmar (2013), S. 133ff.

37 Vgl. Lievens/Blazevic (2008), S. 143ff.

38 Vgl. ebd.

39 Vgl. Nambisan (2002), S. 395ff.

40 Vgl. ebd.

41 Vgl. Cui/Wu (2015), S. 519ff.

42 Vgl. ebd.

43 Vgl. Beckmann/Langer (2009), S. 219ff.

44 Vgl. Gassmann/Kausch/Enkel (2010), S. 43ff.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Die Rolle von Lead Usern im Innovationsprozess eines Unternehmens
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
40
Katalognummer
V1021163
ISBN (eBook)
9783346416353
ISBN (Buch)
9783346416360
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leaduser, Lead User, Innovationsprozess, Die Rolle von Lead Usern, Innovationsmanagement, Lead User Innovationsmanagement, theoretische Grundlagen der Kundenintegration in Innovationsprozessen, Integration der Lead User in den Innovationsprozess von Unternehmen, Zusammenarbeit mit Leadusern, Leaduser im Innovationsprozess, More than a Customer Lead User, Zusammenarbeit mit Lead Usern, Lead user innovationstrichter, Workshops mit Lead Usern, Identifikation von lead Usern, Lead user im Innovationsprozess, More than a Customer: Die Rolle von Lead Usern im Innovationsprozess
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Die Rolle von Lead Usern im Innovationsprozess eines Unternehmens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1021163

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