Öffentlichkeitsarbeit der Umweltorganisation Greenpeace


Seminararbeit, 1999

23 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


INHALT

2 EINLEITUNG

3 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT VON UMWELTSCHUTZORGANISATIONEN

4 GREENPEACE ALS ORGANISATION
4.1 GESCHICHTE
4.2 AUFBAU/STRUKTUR
4.2.1 Greenpeace International
4.2.2 Greenpeace Deutschland
4.3 FINANZIERUNG DER ORGANISATION

5 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT VON GREENPEACE
5.1 GRUNDLAGEN DER ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
5.1.1 Der Antrieb des Mythos: Bearing Witness als Ausgangspunkt der Öffentlichkeitsarbeit
5.1.2 „Die Planung einer Kampagne ist die Planung einer öffentlichen Konfrontation“
5.1.3 Visualisierung des Umweltproblems
5.2 PRAXIS DER ÖA
5.2.1 Presseerklärungen und Medienplanung
5.2.2 Visuelle Medien
5.2.3 Printmedien
5.2.4 Fundraising und Fördererservice
5.2.5 Die Kontaktgruppen

6 ZUSAMMENFASSUNG

7 LITERATUR

Maren Schulle: Die Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace

2 Einleitung

Greenpeace gilt nach Torsten Rossmann als Musterbeispiel in der Ausführung von Öffentlichkeitsarbeit für Umweltschutzorganisationen. Den Beweis dieser Aussage kann man darin finden, daß Greenpeace seit geraumer Zeit eine festen Platz in der Medienberichterstattung halten kann. Seit Anfang der Neunziger Jahre erscheinen in 200 Tageszeitungen rund 1000 Artikel pro Monat. Zudem ist die Umweltschutzorganisation in ca. 150 Fernsehsendungen präsent.1 Und genau auf dieses Resultat zielt die Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace ab: Die Organisation will öffentlich präsent sein, ihre Öffentlichkeitsarbeit strebt mit aller Energie die öffentliche Auseinandersetzung an. Ein Charakterzug, der diese Form der Public Relations beispielsweise deutlich von der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen unterscheidet: Sie wollen das Ansehen des Unternehmens fördern, indem sie eben die öffentliche Diskussionen vermeiden.

Wie Greenpeace zu einer solch immensen Medienresonanz kommt, aus welchen Komponenten die Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace aufgebaut ist, soll Schwerpunkt dieser Arbeit sein. Da meist diverse Ziele existieren, die Öffentlichkeitsarbeit erfüllen soll und sich diese aus dem Wesen der Organisation ableiten, werde ich nachdem ich kurz auf das allgemeine Charakterbild von Öffentlichkeitsarbeit im Bereich des Umweltschutzes eingehe, die Geschichte und Entwicklung von Greeenpeace als einer Gruppe aufmüpfiger Protestanten hin zu einer international agierenden Organisation darstellen.

Der Großteil meiner Aussagen basiert dabei auf Informationen direkt von der Organisation, die durch Sekundärliteratur ergänzt wurden.

3 Öffentlichkeitsarbeit von Umweltschutzorganisationen

Torsten Rossmann definiert 2 Öffentlichkeitsarbeit für den Bereich des Umweltsektors „als Element eines interaktiven, kommunikativen Prozesses politischer Auseinandersetzung und Meinungsbildung“3. Daraus folgend ergeben sich vier Dimensionen der Öffentlichkeitsarbeit von Umweltschutzorganisationen: Zum einen haben die Organisationen Informationen über die jeweiligen Anliegen zu veröffentlichen. Zweitens müssen diese Informationen öffentlich diskutiert werden, wobei drittens die teilnehmenden Öffentlichkeiten von den Zielen überzeugt werden sollten. Ziel ist schließlich das Herbeiführen von Veränderungen im gesellschaftlichen Gesamtinteresse. Kernpunkt von Umwelt-PR ist hierbei der Grad der Öffentlichkeit, der letztendlich erreicht wird. Dieser erhöht sich in der Regel mit dem Ausmaß der Medienpräsenz des Problems, des Anliegens. Das wiederum bedingt ein erfolgreiches Durchlaufen des Selektionsvorganges bei der Auswahl der Themen durch die Redaktionen der jeweiligen Medien. Dementsprechend „sind Informationen mit Nachrichtenwert anzubieten, die sich inhaltlich und terminlich an der journalistischen Produktionsweise und den institutionellen Bedingungen der Massenmedien orientieren.“4

Doch wie jeder anderen PR sind auch hier der Beeinflussung der Öffentlichkeit Grenzen gesetzt. In diesem Fall handelt es sich um kein geringfügigeres Problem als dem der fehlenden Lobby: Umweltschutz ist von allgemeinem Interesse, er wird von keiner speziellen Gruppe getragen. Dadurch fehlt es bei der Durchsetzung von Umweltschutzanliegen regelmäßig an Sanktionspotential und die Umweltschutzanliegen werden bei Konkurrenz mit anderen konkreten Interessen, beispielsweise aus Wirtschaft oder Politik, auf den zweiten Rang der Bedeutungsskala gedrängt.5

Die Umweltschutzproblematik ist demnach laut Rossmann kein Thema, das dauerhaft finanziell oder argumentativ von relevanten Lobbys unterstützt wird. Stattdessen stehen die Umweltinteressen gut organisierten, logistisch ungleich besser ausgestatteten Gegeninteressen gegenüber. Die Durchsetzung von Umweltschutzinteressen verlangt daher permanente Präsenz in der öffentlichen Diskussion, d. h. Präsenz in den Medien. Das wiederum verlangt der PR von Umweltschutzorganisationen eine erhebliche Bringschuld ab: Es müssen nicht nur Themen vorgegeben, Informationen geliefert und auf Diskussionen reagiert werden. An der Öffentlichkeitsarbeit von Umweltschutzorganisationen bemißt sich außerdem die Konfliktfähigkeit der Umweltschutzthematik und ihre politische Durchsetzungsstärke.

Der Anspruch an die Öffentlichkeitsarbeit wird zudem durch die zunehmende Sensationsorientierung der Massenmedien erhöht, was eine kontinuierliche Medienpräsenz deutlichst erschwert. So stellte eine inhaltsanalytische Untersuchung A. Krämers6 aus dem Jahr 1986 erhebliche Berichterstattungsdefizite bezüglich der Umweltschutzproblematik fest: Nämliche Berichterstattung sei sowohl ereignisorientiert als auch personen- und sachbezogen und dadurch unsystematisch und lediglich punktuell. Das bedeutet, daß langfristig und prozessual ablaufende Umweltschäden keine entsprechende Aufarbeitung in den Medien erfahren. Die Berichterstattung fungiert nicht als Mobilisator des Umweltschutzes, sondern berichtet ständig nur im Nachhinein, gerät gegenüber der realen Entwicklung ins Hintertreffen. Gemessen an diesen Untersuchungsergebnissen meldet Rossmann Zweifel daran an, daß die Massenmedien in ihrem mobilisierenden Potential ausreichend genutzt werden und unterstreicht nochmalig die hohen Anforderungen, die an die PR von Umweltschutzorganisationen gestellt werden.

Trotz allem ist die Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen jedoch neben der Eigenrecherche der Journalisten eine - leichte - Möglichkeit der Informationsbeschaffung. Meist beruht der eindeutig größere Teil der Beiträge journalistischer Informationsvermittlung auf Quellen aus der Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen, Institutionen oder Unternehmen. Hierbei werden Informationen redaktionell selektiert, und zwar nach Primär- und Sekundärmaterial. Sekundärmaterial bekommen die Redaktionen und Journalisten meist über die bekannten Nachrichtenagenturen, das Primärmaterial stammt direkt von den jeweiligen Organisationen. Es hat einen deutlich niedrigeren Stellenwert bei Aufmachung und Plazierung der Artikel. Ihr Vorteil aber ist, daß solche Presseerklärungen selten durch Eigenrecherche ergänzt, manchmal sogar wortwörtlich übernommen werden.

Diesen Abschnitt zusammenfassend kann man also zu dem Schluß kommen, daß Umweltschutzorganisationen bei der Durchführung ihrer PR folgendes zu beachten haben: Aufgrund fehlender dauerhafter finanzieller und/oder argumentativer Unterstützung durch relevante Lobbys, kombiniert mit dem zunehmenden Sensationsorientierung der Massenmedien, ist die PR von Umweltschutzorganisationen auf permanente Präsenz in der öffentlichen Diskussion angewiesen. Dadurch muß nicht zuletzt diese Art der Öffentlichkeitsarbeit darauf achten, daß angebotene Informationen einen Mindest- nachrichtenwert aufweisen müssen. zudem sollten sich die Informationen sowohl inhaltlich als auch terminlich an der journalistischen Produktionsweise und den institutionellen Bedingungen der Massenmedien orientieren.

Wie die heute international agierende Umweltschutzorganisation Greenpeace sich dieser Herausforderung der Öffentlichkeitsarbeit stellt, was die Organisation unternimmt, um trotz der präsenten Probleme an der öffentlichen Meinungsbildung aktiv teilzunehmen, soll im weiteren Verlauf behandelt werden. Wie oben bereits erwähnt, gehe ich dazu allerdings vorerst auf die Organisation als solches ein, auf ihre Entstehungsgeschichte, ihre Strukturen, ihre Mittel, um dann zum eigentlichen Schwerpunkt der Abhandlung - zur PR der Umweltschutzorganisation Greenpeace - überzugehen. Auf die hier beschriebenen Ansprüche an besagte Öffentlichkeitsarbeit wird am Ende der Arbeit zusammenfassend eingegangen.

4 Greenpeace als Organisation

4.1 Geschichte

Die heute international tätige Umweltschutzorganisation Greenpeace hat ihre Ursprünge in den wilden Sechzigern von USA und Kanada. In einer Zeit also des großen gesellschaftlichen Umschwungs, in einer Zeit des Protestes - gegen Vietnam, gegen den atomaren Rüstungswettlauf, gegen die zunehmenden ökologischen Probleme. Vor allem junge Menschen lehnten sich auf. Auch diejenigen, die vor ihrer Einziehung zum Vie tnamkrieg nach Kanada flüchteten, setzten ihr Engagement für Frieden und Umweltschutz - im Exil - fort. In dem Glauben, gemeinsam etwas bewegen zu können, wurden zahlreichen Aktions- und Arbeitsgruppen gegründet, die vor Enthusismus und Kreativität regelrecht übersprühten. Hinzu kam die Rebellion der Jugendlichen gegen die „kleinkarierten Wertvorstellungen der Eltern“7, sie machte sie sehr empfänglich für alles Neue und Fremdartige. Eine besondere Anziehungskraft hatten dabei exotische Religionen und esoterische Strömungen, wie die Philosophie der Quäker, auf die ich im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace noch zu sprechen kommen werde, oder auch die indianische Naturreligionen, die zur Quelle vieler folgender Slogans wurden. Auch das Bild der Regenbogenkämpfer, das im Selbstbild der Organisation eine tragende Rolle spielt, wurde aus indianischen Legenden entnommen. Allgemein besitzen die Elemente des Gründungsmythos eine starke emotionale und symbolische Kraft, die der Organisation bis heute sowohl direkt bei der Arbeit der Organisation - hierbei insbesondere bezüglich der inneren Einstellung der Mitarbeiter - als auch bei der so wichtigen Selbstdarstellung von Greenpeace in der Öffentlichkeit von großem Nutzen war.

Doch zurück zur Entstehung von Greenpeace: Gründungsanlaß waren Atomtests der USA auf einer Inselgruppe vor Alaska. Gege n eben diese wollten mehrere junge Exilanten aus Angst vor einer durch die Sprengung verursachten Flutwelle protestieren. Sie gründeten das „Don’t make a wave committee“ - die Vorgängerorganisation von Greenpeace - und wollten direkt vor Ort gegen die Sprengung mit ihrer bloßen Anwesenheit protestieren, wollten durch ihre bloße Anwesenheit die Sprengung verhindern. Doch um diese Pläne verwirklichen zu können, benötigten sie ein Schiff. Sie finden die Phyllis Cormack, ein „gerade eben noch seetüchtigen Fischkutter mit schrottreifer Maschine, rostigen Tanks und marodem Getriebe“8. Die Charterkosten von 15000 Dollar wurden aus dem Erlös eines Benefizkonzertes und aus Zuwendungen vonseiten anderer, meist befreundeter Umweltschutzgruppen finanziert. Schließlich verließ das Schiff im September 1971 den Hafen von Vancouver in Richtung Aleuteninseln. An Bord befinden sich 12 Personen: Kapitän Cormack, Jim Bohlen als Gründungsmitglied, Journalisten, Kameramann, Wissenschaftler und ein Arzt.9 Auf See ist die Crew ständ ig darauf bedacht, den Funkkontakt aufrechtzuerha lten. Die Journalisten und der Kameramann dokumentieren für die Öffentlichkeit. Die Medienresonanz wahr schon damals gewaltig. Zwar konnten die Atomtests nicht verhindert werden, doch die Regenbogenkämpfer lösten eine Welle der Sympathie für sich und - viel wichtiger - eine Protestbewegung gegen die Atomversuche aus. Die Testserie wurde vier Monate später offiziell abgebrochen.

An diese Aktion schloß sich eine weitere an. Diesmal richtete sich der Protest ge gen Frankreich, das „fernab vom Mutterland, in Französisch-Polynesien oberirdische Atomtests durchführt“.10 Nachdem 1972 das „Don’t make a wave committee“ in „Greenpeace“ umbenannt wurde, schickte man ein neues Schiff gen Mururoa-Atoll. Das Schiff gehörte David McTaggart, der die Zukunft der Organisation als Vorstand noch maßgeblich beeinflussen sollte. Auch in diesem Fall konnte wieder eine gute Medienresonanz erreicht werden. Die damit sehr große Öffentlichkeit übte einen ebenso großen Druck auf Frankreich aus. Das Land geriet in Zugzwang. Seit 1975 wurden keine oberirdischen Atomtests mehr durchgeführt.

Nach dieser Aktion zerrieben sich die Umweltschützer an Standortdiskussionen. Während die einen die Meinung vertraten, die Ziele der Organisation auf das Vorgehen gegen Atomtests zu beschränken, meinten andere, daß es an der Zeit wäre , auch neue Themen in die Arbeit aufzunehmen. Nach dem Rücktritt des damaligen Vorsitzenden entschloß man sich schließlich - wieder in Anlehnung an indianische Traditionen - den Schutz der Wale als ein neues Ziel in das Programm aufzunehmen. In Anlehnung an die Kampagnen gegen die Atomversuche gestalteten sie ihre Aktionen in der Walkampagne analog - mit dem dazugehörigen Resultat: unglaubliche Medienresonanz, die der Organisation einen deutlichen Zuwachs an Spendengeldern und Mitgliedern einbrachte. Parallel dazu wurde ebenfalls Engagement für den Schutz der Robben entwickelt. Während der Kampagnen zu diesem Themenfeld wagte man den Schritt zu Alternativmethoden: man bespritzte die Robben mit roter Farbe und machte so die begehrten Felle unbrauchbar. Doch bald kehrte man zu der bewährten Strategie zurück. Bald zeigten die Aktionen wieder ihre bekannte Wirkung. Sogar Prominenz - im Fall des Robbenschutzes Brigitte Ba rdot - beteiligte sich an den Protesten. Letztendlich wurde das Aufgabengebiet schließlich noch auf das wachsende Problem der Atommüllentsorgung ausgeweitet.

Eine alles in allem sehenswerte Bilanz: Greenpeace konnte seine Aktivitäten von den Protesten gegen Atomtests auf drei weitere ausweiten, die den Bekanntheitsgrad der Organisation rapide nach oben trieben. Auch organisatorisch erweiterte sich Greenpeace. Neben ihren Stützpunkten in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland eröffnete die Organisation auch Büros in den Niederlanden und in Dänemark. 1979 schlossen sich die erstgenannten Nationen schließlich zum „Stichting Greenpeace Council“ zusammen, „einem Rat, der einen bessere internationale Koordination der Aktionen gewährleisten sollte“11.Vom Beginn der Achtziger an löste sich Greenpeace schließlich von seinem doch eher chaotischen Auftreten der Gründerphase. Es zeichnete sich von nun an eine deutliche Kampagne nstruktur ab, die sich in vier größere Bereiche unterteilen läßt: Erstens wurden die Aktionen gegen Atomtests weiterentwickelt zum weltweiten Kampf gegen die Nutzung von Kernenergie und ihrer Folgeprodukte. Zweitens machte sich die Organisation den Schutz der Artenvielfalt zur Aufgabe, drittens engagierte man sich seit Beginn der Achtziger in Anti-Chemie-Kampagnen und viertens sah man im Schutz des Klimas eine weitere Aufgabe. Die Strukturierung ging einher mit einer der Organisation sehr nützlichen Pragmatisierung der Denkweise der Organisation, wodurch die Umweltarbeit nicht zuletzt in Europa neuen Elan gewann. Bis in die 90er Jahre hinein erfuhr die Organisation einen stetigen Aufstieg. Greenpeace expandierte. Doch nicht nur Vorteile sind das Resultat. Die hohe Mitgliederzahl läßt Kontroversen aufleben, die immensen Spendeneinnahmen laden ein zu rufschädigenden Spekulationen wie sie vonseiten des „Spiegels“ publiziert wurden.12

4.2 Aufbau/Struktur

Am Ende der eben beschriebenen Entwicklung von Greenpeace stand trotz - oder vielleicht gerade aufgrund - der vielen internen Schwierigkeiten eine straff durchstrukturierte Organisation, die anstehende Entscheidungen nach hierarchischen Prinzipien traf, was die schnelle Planung der von Kampagnen und damit rationelles und professionelles Arbeiten der Organisation ermöglichen soll. In unterschiedlichen Gremien besprechen die Mitglieder der Organisation ihre Arbeit. In welchen Organen welche Entscheidungen getroffen werden und wie sich die entsprechende Hierarchie ausprägt, soll im Folgenden dargestellt werden. Damit möchte ich verdeutlichen, daß sowohl Greenpeace International als auch Greenpeace Deutschland dahingehend organisiert ist, perfekte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

4.2.1 Greenpeace International

Das höchste Gremium innerhalb der Hierarchie von Greenpeace International ist der Greenpeace Council. Er setzt sich zusammen aus Repräsentanten der einzelnen Sektionen, die aufgrund der vorgesehenen Geheimhaltung nach einem strengen Auswahlverfa hren delegiert werden. Seine Aufgabe besteht darin, die Ziele und Leitlinien der Organisation und damit einhergehend die jeweiligen Kampagnen und deren Etat werden bei dem jährlich im Herbst stattfindenden Annual Greenpeace Meeting (AGM) zu bestimmen.

Die vom Council getroffenen Entscheidungen müssen vom International Board - einem Organ, das aus sechs von den Sektionen gewählten Mitgliedern besteht, die die Vielfalt der Kontinente und Kulturen innerhalb der internationalen Organisation repräsentieren sollen - ratifiziert werden. Neben dieser Kontrollfunktion gegenüber dem Council hat er weiterhin die Aufgabe den Executive Director, den Geschäftsführer einzusetzen. Dieser koordiniert alle Greenpeace International unterstehenden Ressorts 13 :

- die Abteilung Marine Services, die innerhalb der Aktionen auf Gewässern den Einsatz der jeweiligen Schiffe der Greeenpeace arrangiert
- die Abteilung Political Unit, in der sich mit strategischen, wirtschaftlichen, politischen und auch wissenschaftlichen Aufgaben und Fragestellungen befaßt wird und unter anderem auch die wissenschaftlichen Gutachten erstellt werden
- die Abteilung Development, die hilft, weltweit neue Greenpeace-Büros aufzubauen
- die Abteilung für Medien- und Pressearbeit
- usw. (vgl. Organigramm)

Alle diese Zuständigkeiten stehen in direktem oder indirekten Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit der Organisation: Die Abteilung für Finanzen bestimmen die Art und weise der Umsetzung der Kampagnen entsprechend dem vorliegenden Budget und dem vom Council beschlossenen Etat. Die Abteilung Political Unit untersucht die wissenschaftlichen Hintergründe, auf der jede Kampagne basiert. Vom korrekten Einsatz der Flotte hängt die Umsetzung der Aktionen innerhalb der Kampagnen ab14. Die Abteilung Development ist verantwortlich für den Ausbau nationaler Büros, die einen sehr wichtigen Teil der Verbreitung der Kampagneninhalte haben. Die einzelnen Gruppen sind die eigentlichen Anlaufpersonen innerhalb der Organisation stellen den direkten Kontakt und Dialog zur Bevölkerung herzustellen versuchen - übrigens sehr erfolgreich. Der Zusammenhang zwischen den Ressorts „Kampagnen“ und „Medien und Presse“ und der Öffentlichkeitsarbeit der Organisation ist offensichtlich. Aus diesem Aufgabenprofil schlußfolgernd kann man also ohne weiteres feststellen, daß der Geschäftsführer die wesentliche Rolle in der Organisation der Öffentlichkeitsarbeit einnimmt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Die Struktur von Greenpeace International15

4.2.2 Greenpeace Deutschland

Ähnliche Strukturen 16 lassen sich bei Greenpeace Deutschland erkennen. Auch die deutsche Sektion ist nach hierarchischen Prinzipien aufgebaut. Oberstes Gremium ist hier die Mitgliederversammlung. Indem sie den Aufsichtsrat wählt, der die Organisation jur istisch vertritt, damit für alle 120 festangestellten MitarbeiterInnen verantwortlich ist und zudem auch die finanziellen Angelegenheiten des Vereins kontrolliert, kann sie großen Einfluß auf die Entscheidungen innerhalb des Vereins nehmen - zumal von finanziellen Beschlüssen die Durchsetzung der Kampagnen abhängig ist. Der Aufsichtsrat ernennt, entlastet und kontrolliert wie bei Greenpeace International den Geschäftsführer. Er leitet die Zentrale in Hamburg und kann als direkter Vorsitz der in der Abbildung 2 veranschaulichten Bereiche auch hier als Dreh- und Angelpunkt der Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Sektion gesehen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Die Struktur von Greenpeace Deutschland17

Es fällt demnach nicht schwer zu erkennen, daß die Struktur sowohl der internationalen als auch der nationalen Organisation auf die professionelle Ausführung der Öffentlichkeitsarbeit ausgerichtet ist. Vorteil des hierarchischen Aufbaus ist der damit einhergehende kurze Entscheidungsweg, der auch spontane Kampagnen und Aktionen ermöglicht.

4.3 Finanzierung der Organisation

Die Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace ist in der Regel sehr kostspielig. Vor allem die Aktionen und die Informationsarbeit verschlingen Unmengen an Summen. Doch auf welchem Weg kommt eine Organisation wie Greenpeace, die ihren Ursprng in einer Handvoll Umweltschutz-Hippies der wilden Siebziger hat, zu diesen finanziellen Mitteln?

Nach der von Greenpeace herausgegebenen Broschüre „Struktur: Aufbau und Arbeitsweise der Organisation“ finanziert sich Greenpeace e.V. zu 90 Prozent aus Spenden und Fördergeldern vonseiten der meist rund 500 000 Fördermitglieder, die jährlich einen Beitrag von 50,- bzw. 30,- DM an Greenpeace abgeben. Spenden unter 100,- DM machen infolgedessen den größten Teil der Einnahmen aus, dicht gefolgt von den Spenden über 100,- DM und denen bis 500,- DM. Weitere Einnahmequellen stellen unter anderem Zinserträge, Erbschaften und auch Bußgelder dar. Um sich die eigene Unabhängigkeit bewahren zu können, verzichtet die Organisation allerdings auf Zuwendungen von Staat und Industrie. Realisiert wird dies, durch konsequentes Zurückverfolgen von Spenden mit einem Betrag von mehr als 5000,- DM.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Einnahmen von Greenpeace Stand 1994 18 ,

Unterstützt wird die Finanzierung der Organisation über Spenden als Haupteinnahmequelle durch den staatlich anerkannten gemeinnützigen Charakter, aufgrunddessen alle an Greenpeace gespendeten Beträge von der Steuer abgesetzt werden können. 19 Das zieht neben diesem positiven Aspekten auch Anforderungen an die Organisation nach sich: So ist die Organisation erstens gezwungen, ihre Gemeinnützigkeit stetig unter Beweis zu stellen, und zweitens ist es ihr nicht erlaubt, sich kommerziell zu betätigen. Greenpeace ist damit allein auf die Spendenfinanzierung angewiesen - eine ungewisse finanzielle Zukunft und eine problematische Finanzplanung sind das Resultat. Dieser Umstand macht die gründliche Vorbereitung und langfristige Planung von Kampagnen, Aktionen oder Projekten zwingend notwendig. Wie bereits erwähnt, erfolgt dies jährlich während des Annual Greenpeace Meeting, auf dem neben den Arbeitsschwerpunk ten die erwarteten Kosten pro Kampagnen und Vorhaben besprochen und über die Zuteilung der Gelder beschlossen wird. Ein bestimmter Betrag (2 bis 3 Mio. DM) bleibt dabei unverplant, wodurch die für relativ spontane Kampagnen erforderliche Flexibilität gewährleistet werden soll. 20

Nach der oben benannten Informationsbroschüre fließt der weitaus größte Teil der jährlichen Ausgaben in die Themen- und Kampagnenarbeit, Recherchen, Aktionen, Fachstudien oder in Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit. Weiterhin steuert Greenpeace Deutschland einen erheblichen Anteil der Gelder internationalen Aktionen und Kampagnen bei.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Ausgaben von Greenpeace 21

5 Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace

5.1 Grundlagen der Öffentlichkeitsarbeit

5.1.1 Der Antrieb des Mythos: Bearing Witness als Ausgangspunkt der Öffentlichkeitsarbeit

In der Entstehungszeit Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre wurde Greenpeace besonders von der Philosophie der Quäker beeinflußt. Die Quäker sind eine stammende christliche Religionsgemeinde, die ihren Ursprung im 17. Jahrhundert Englands findet. Ein zentraler Punkt dieser Glaubensrichtung stellt das sogenannte „Bearing Witness Prinzip“ dar. Nach diesem ist „jeder Mensch, der persönlich einen Mißstand oder ein Vergehen beobachtet, [ist] verpflichtet, darüber Zeugnis abzulegen und öffentlich zu protestieren. Tut er dies nicht macht er sich mitschuldig.“ Eine Grundhaltung, die Greenpeace in aller Konsequenz verfolgt: Die Organisation spürt so gut wie überall auf der Welt Orte auf, an denen die Umwelt gefährdet wird. Ihre Mitglieder halten als Zeugen die Umweltsünden auf Foto und Film fest und machen die Vergehen durch Veröffentlichung des Materials der breiten Masse zugänglich. Meist unter Einsatz des Lebens wird weitere Umweltzerstörung zu blockieren, zu vermindern versucht. Im bestmöglichen Fall gelingt es Greenpeace die Umweltzerstörung gänzlich zu stoppen. Greenpeace beobachtet, veröffentlicht, protestiert. Ergänzt wird das Prinzip der Bearing witness durch den passiven Widerstand, was sich im ungleichen Kampf häufig als erstaunlich effektives Mittel erweist, und durch Greenpeace‘ Fähigkeit, sich in einem solchen „David-gegen-Goliath-Kampf“ immer als das Gute im Kampf gegen das Böse darzustellen.

Das Bestreben von Greenpeace eine möglichst große Öffentlichkeit zu erreichen ist also in den philosophischen Ursprüngen der Organisation zu suchen. Aber auch durchweg pragmatische Gründe lassen sich finden. Wie Rossmann es bereits beschrieb, fehlt es den Umweltschutzorganisationen an ausreichendem Sanktionspotential. Ein größtmögliche Öffentlichkeit bietet Greenpeace nun die Möglichkeit Druck auf Politik und Wirtschaft auszuüben, die beide in Abhängigkeit zum einen von ihren Wählern zum anderen von der jeweiligen Kaufleistung stehen. Das bedeutet, daß bei ... einer gewissen Öffentlichkeit Argumente so vertreten werden, daß sie von diesen Machthabern nicht mehr ignoriert werden können. Desweiteren können Informatioen so präsentiert werden, daß sie nicht an Wahrnehmungsschranken abprallen, sondern wirklich wahrgenommen werden. Öffentlichkeit herstellen ist für Greenpeace eindeutig der Garant des umweltpolitischen Erfolges.

5.1.2 „Die Planung einer Kampagne ist die Planung einer öffentlichen Konfrontation“

Die Strategie der 22 Öffentlichkeitsarbeit basiert deutlichst auf der Verbindung von Öffentlichkeit und Konfrontation. Das bedeutet, daß Greenpeace seine Umweltanliegen der Öffentlichkeit meist über den Weg der Aktionen zugänglich macht. diese Vorgehen stützt sich auf die Erkenntnis, daß Argumente allein gegenüber den Machthabern in Politik und Wirtschaft relativ wirkungslos sind und genauso auch andere Informationen einfach an Wahrnehmungsschranken abprallen. Es muß ein Mindestmaß an Öffentlichkeit erreicht werden, um überhaupt Einfluß und Druck auf sie ausüben zu können. Aktionen gewinnen hierbei als von Greenpeace produzierte Medienereignisse zentrale Bedeutung innerhalb der Kampagnen. Das Anliegen kann durch sie so im öffentlichen Raum plaziert werden, das eine gesellschaftliche Diskussion entstehen kann.

Aktionen sind demzufolge das Herzstück der Greenpeace Kampagnenarbeit, sie sind das Mittel zum Zweck des Erreichens einer möglichst großen Öffentlichkeit über den Weg der Sensation. Denn trotz aller Professionalität bei der Planung und Durchführung der PR ist der Sensationshunger der Medien nicht zu verleugnen. Mit dem Sensationsgehalt steigt der Nachrichtenwert und mit steigendem Nachrichtenwert steigt die Chance einer Pressemitteilung, veröffentlicht zu werden. Angestrebtes Ziel einer jeden Aktion ist demnach einen größtmöglichen Skandal herbeizuführen, der die jeweiligen Verantwortlichen mit den von ihnen verursachten Umweltsünden konfrontiert - je spektakulärer dies ge schieht, desto besser sind die Resultate, desto größer ist die jeweilige (Medien-)Resonanz.

Doch Greenpeace achtet nicht nur auf den spektakuläre Charakter der Aktionen. Die Umweltschutzorganisation ist sehr darauf bedacht, daß ein Großteil der bedeuenden Massenmedien auch darüber berichten: Die Presse wird in ihrer Informationsbeschaffung bestmölich unterstützt: Bereits im Vorfeld der Aktionen werden themenbezogene Medienmappen verschickt, die das jeweilige Problem betreffende Studien, Presseerklärungen, Bildmaterial u.ä. enthalten. Finden Aktionen statt, werden - ausgesuchte! - Journalisten eingeladen. Während der Aktion werden diesen eingeladenen Journalisten dann nicht nur die besten Plätze freigehalten. Oft finden sie beispielsweise an Bord der Greenpeace-Schiffe modernste Kommunikationstechnik vor, die ihnen bereitwillig zur Verfügung gestellt wird. 23 Letztendlich sollen die Informationen so schnell wie möglich veröffentlicht werden. Damit also über alles brandheiß schon in den Abendnachrichten oder in der Post des nächsten Tages berichtet werden kann richten sich die Aktionen nach dem Zeitplan vieler Redaktionen.

5.1.3 Visualisierung des Umweltproblems

Neben der Konfrontationsstrategie ist ein zentraler Bestandteil der Aktionen die Visualisierung des Umweltproblems. Dieses Prinzip beruht zum einen darauf, das eine Unmenge von Informationen in kürzester Zeit - innerhalb eines Augenblickes - wahrgeno mmen werden kann. Zum anderen stellen Bilder ein Mittel innerhalb der Kampagne, auch stark emotionalisierende Argumente dar, die große Teile der Bevölkerung auf die Seite der Umweltorganisation ziehen können. Dementsprechend ist die Fotografierbarkeit zentrales Gestaltungskriterium einer jeden Aktion.

Während in den Anfangsjahren noch amateurhafte und unsystematische Fotos von Greenpeacern und Aktionisten selbst produziert wurden, werden seit 1986 professionelle Fotografen engagiert. In den Bildern findet das gesamte Selbstbild der Organisation einen Spiegel - so ist es das Ziel der Fotopolitik. Sämtliche gesamtunternehmerischen Ziele wurden in sogenannten „keyvisuals“ umgesetzt. Hierzu zählen neben den Aktionen auch die Prinzipien, die sich die Organisation gesetzt hat. So sind oft das gewaltlose Handeln, der Einsatz des eigenen Lebens, die direkte Konfrontation der Verantwortlichen mit den Mißständen und teilweise sogar die Internationalität der Organisation Mittelpunkt der Abbildungen. Auch wird man in den Medien selten Bildmaterial sehen, das müde Aktionisten, am Schreibtisch grübelnde Assistenten, streitende Planer oder sogar Pannen zeigt. Im Gegenteil dazu sieht man normalerweise Fotos, die keine Fragen aufwerfen und somit nicht zu Spekulationen anregen können. Die Mitglieder werden als Helden und Heldinnen dargestellt

Im Gros stützt sich die PR von Greenpeace auf drei Bildtypen: zum einen existiert das Schadensbild, daß die Zerstörung der Natur dokumentieren soll. Desweiteren veröffentlicht die Organisation sogenannte Schönbilder, die das Gegenbild - die intakte und zauberhafte Natur - oder Alternativen aufzeigen. Letztendlich bleiben die Aktionsbilder. Sie verdeutlichen die Handlungsfähigkeit von Greenpeace innerhalb dieser Spannung. 24 Auffällig bei den Aktionsbildern sind einige wenige ständig wiederkehrende Elemente, auf die in diesem Rahmen nicht weiter eingegangen werden soll. Festzuhalten ist hier lediglich, daß Greenpeace stets darauf bedacht ist, in den Aktionsbildern auf jeden das David-Goliath- Prinzip darzustellen.

5.2 Praxis der Öffentlichkeitsarbeit

Alle nach den eben beschriebenen Prinzipien organisierten Informationen werden über ein riesiges Informationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet. Gegliedert nach den jeweiligen Adressaten ergeben sich folgende Teilgebiete der Öffetnlichekitsarbeit der Umweltschutzorganisation Greenpeace: Zum einen kann man Pressearbeit und Medienplanung als ein Teilgebiet der PR ansehen. Es widmet sich ausschließlich der entsprechenden Information der Medien und der Entwicklung einer durchschlagenden Medienstrategie. Zweitens kann man die Komponenten von den anderen differieren, die sich schwerpunktmäßig mit den visuellen Medien befassen.Schließlich kann man noch Printmedien, Fundraising und Fördererservice und die Arbeit der Kontaktgruppen voneineander unterscheiden. Auf alles soll im folgenden Abschnitt genauer eingegangen werden, um so die einzelnen Komponenten der PR der Organisation aufzuführen und näher zu beleuchten.

5.2.1 Presseerklärungen und Medienplanung

Die Medienresonanz der von Greenpeace ausgehenden Informationen ist enorm: Insgesamt erschienen 1997in den deutschen Printmedien etwa 14000 Artikel. Im Fernsehen konnte man mehr als 2700 Berichte zählen. Nach Beatrice Dernbach ist dieser Erfolg in den Medien auf fünf Prinzipien zurückzuführen, die Greenpeace bei der Medienarbeit konsequent beachtet. An erster Stelle steht hierbei die Vertrauenswürdigkeit. Mitglieder von Greenpeace sollten stets die Wahrheit sagen - ohne Übertreibungen. Es soll das Bild einer aktuell und wissenschaftlich fundiert arbeitenden Organisation, die das Vertrauen der Journalisten verdient gewahrt bleiben. Kommt es dennoch von Zeit zu Zeit zur Veröffentlichung von Falschaussagen, werden sie schnellstmöglich berichtigt. Zum Zweiten soll Professionalität demonstriert werden, indem den Medien hochwertiges Material angeboten wird. Auch die Exklusivität wird durch Eigenrecherche und das Angebot vorgefertigter Stories angestrebt. Die Informationen - ob Presseerklärungen oder Bildmaterial - präsentieren Einfachheit. Und schließlich pflegt Greenpeace gute Kontakte zu Medien und Journalisten. 25

Diese Prinzipien beachtend ist die klassische PR Aufgabe der Pressesprecher der Organisation. Sie sammeln Informationen und vermitteln sie weiter. Sie pflegen die Kontakte tzu den Journalisten. Sie schreiben die Texte und verschicken sie. Sie sind diejenigen, die Bildmaterial auswählen und weitergeben usw. Ständig auf der Suche nach Neuigkeiten mit Nachrichtenwert arbeiten die Pressesprecher eng mit den Fachleuten von Greenpeace zusammen. Das garantiert, daß geplante Aktionen so konzipiert werden, daß die der Aktion folgenden Presseerklärungen gute Chancen haben, in den Medien ve rbreitet zu werden. Ihre Aufgabe besteht dabei in der Entwicklung und Begleiten der Medienstrategie einer Kampagne, wozu neben der Produktion von Slogans und Plakaten auch die von Filmen und Büchern und das Erstellen von Gutachten zählt. Vor wichtigen Aktionen oder Konferenzen, in denen der direkte Kontakt zwischen Journalisten und Greenpeace-Fachleuten hergestellt werden soll, verschickt die Presseabteilung Informationsmappen, wie sie bereits in 4.1.2 beschrieben wurden.26

5.2.2 Visuelle Medien

Wie es bereits in 4.1.3 27 erläutert wurde tragen Bilder großen Anteil an der Überzeugungsarbeit der Organisation. Sie sagen mehr als tausend Worte und können die entsprechenden Themen meist besser als eine bloße Textbeschreibung darstellen. Aus dieser Erkenntnis folgernd ist Greenpeace darauf bedacht die visuellen Medien auf Pressekonferenzen und während der jeweiligen Aktionen ausreichend mit Bildmaterial zu versorgen. Diesen „Service“ ergänzt Greenpeace um eigene Produktionen wie Greenpeace- Filme oder Kinospots. 1997 wurde zudem sechsmal auf RTL „Greenpeace-TV“ gesendet, hier konnten die Themen, mit denen sich die Organisation beschäftigt audivisuell aufgearbeitet werden.

Zudem betreibt Greenpeace ein umfangreiches Film- und Fotoarchiv, das neben Dokumentationen der einzelnen Greenpeace-Aktionen auch Bildmaterial zu den unterschiedlichsten Umweltthemen bietet. Sämtliches Bildmaterial kann über das Internet abgerufen werden und ist somit jedem, der mit einem Internetanschluß ausgestattet ist, zugänglich. Auch können die Visualisierung direkt bei der Organisation angefordert werden. Neben dem Zugang zum Bildarchiv bietet die Homepage der Umweltschutzorganisation ein Unmaß an weiteren Informationen: Wie es die Übersicht der Homepage darstellt, gibt es Links zu aktuellen Themen und Kampagnen. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie man sich aktiv an der Greenpeace-Arbeit beteiligen kann, es gibt eine Seite extra für Kids. Im Service Online, findet der Surfer so gut wie jede von Greenpeace veröffentlichte Information, sei es in Text oder in Bild. Die Recherche wird dabei sehr hilfreich durch die integrierten Suchmaschinen unterstützt.

5.2.3 Printmedien

Zu den Printmedien 28 werden von Greenpeace v.a. die von ihnen produzierten Broschüren und Ausstellungen der Organisation gerechnet. Die aktuelle Pressearbeit z.B. spiegelt sich in unzähligen Kampagnenbroschüren, Hintergrundinformationen wieder. Plakate, Aufkleber und auch Kalender fassen die Kampagnen meist in kurzen, einfachen Statements zusammen. Es existieren Jahresrückblicke, zahlreiche Sachbücher. Schulen können Informationsmaterial anfordern. Die Ausstellungen dienen vorwiegend der Unterstützung der Greenpeace-Gruppen. Zu den verschiedensten Themenkomplexen werden sie ausgearbeitet und ergänzen Vorträge und Iformationsstände der Gruppen in ca. 90 Städte Deutschlands sinnvoll - auch hier wieder die Visualisierung. Teilweise sind auch rollende ino-Container in ganz Deutschland unterwegs, die die Bevölkerung entsprechend informieren.

5.2.4 Fundraising und Fördererservice

Da ein Großteil der Arbeit der Organisation nur durch die zahlreichen Spenden möglich wird, besteht ein wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace darin, diejenigen, die bereits als Mitglied die Organisation unterstützen, über den Verbleib ihrer Gelder zu informieren, sie mit Berichten über Erfolge der einzelnen Kampagnen zu weiteren Spenden zu motivieren 29. ZU eben diesem Zweck erhalten Fördermitglieder vierteljährlich die „Greenpeace Nachrichten“, die entsprechend der Fördererzahl eine stattliche Auflage von 500000 aufweisen kann. Zudem ist es Mitgliedern - auch denen, die es nicht sind - möglich umfangreiches Informationsmaterial direkt von der Organisation anzufordern. Unabhängig davon, ob man Greenpeace als Spendenmitglied unterstützt oder nicht, kann man das „Greenpeace-Magazin“ erwerben. Es ist seit 1986 am Kiosk und seit 1993 auch im Abonnenment erhältlich. Mit „journalistischem Biß“30 informiert es konkret über die Arbeit der Umweltschutzorganisation, beschäftigt sich jedoch auch mit umweltpolitischen Themen weit über den Aktionsradius von Greenpeace hinaus.31 Potentielle Spender, das heißt Personen, Organisationen und Unternehemn, die vielleicht mit einer aktuellen Kampagne in irgendeinem Zusammenhang stehen, die eventuell von dem Erfolg der Aktionen profitieren würden, werden regelmäßig mit den sogenannten „Mailings“ kontaktiert. Diese Mailings enthalten neben dem Aufruf zur Spende meist auch Protestkarten, die die jeweiligen Personen aktiv teilnehmen lassen können und - sehr wichtig - Informationen über das Ziel und den bisherigen Verlauf der Kampagne, für die um Unterstützung gebeten wird. In allen hier aufgeführten Komponenten des fundraising und Fördererservices wird die Möglichkeit des direkten Kontaktes betont. In wirklich jeder Publikation findet man folglich wichtige Adressen, wie die der Zentrale oder die von Greenpeacegruppen der näheren Umgebung.

5.2.5 Die Kontaktgruppen

Alle bisher aufgeführten Elemente der praktischen PR von Greenpeace werden enorm von den eben schon kurz genannten Kontaktgruppen unterstützt. Die bisher 90 Kontaktgruppen weisen eine Mitgliederzahl von 1 bis 100 ehrenamtlichen Mitarbeitern pro Gruppe auf und ergeben summa summarum ein stattliche Anzahl von 2400 aktiven Mitgliedern. Nach Boltz arbeiten sie eng mit der Hamburger Zentrale zusammen. Das heißt nach dem seit 1983 geltenden „Gruppenvertrag“ sollten sich die Greenp eace-Gruppen den Zielen der Greenpeace International und damit auch der nationalen Sektion verpflichtet fühlen, und im Rahmen der international festgelegten, gewaltfreien Themen und Kampagnen den bei Greenpeace geltenden Grundsätzen entsprechend arbeiten. Darunter fällt nicht zuletzt der Punkt, eine gute Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Eine Aufgabe, die sie unter anderem durch Vorträge, durch Planen und Organisieren von Informationsveranstaltungen, Aus- stellungen oder auch Podiumsdiskussionen erfüllen. Auf diesem Wege erreichen diese Gruppen nach Greenpeace e.V. jährlich etwa eine halbe Million Menschen, die die erhaltenen Informationen wiederum weitergeben können. Neben diesen Möglichkeiten, Öffent lichkeit herzustellen, gehört zu den Aufgaben der Kontaktgruppen auch die lokale Pressearbeit und kampagnenbezogene Recherchen. Ein Punkt, der regional orientierten Medien den Bezug zum Vertriebsort bieten kann, was die Verbreitung der Informationen auch für diese Presse interessant macht.32

6 Zusammenfassung

In Orientierung an den Thesen Rossmanns kann Greenpeace durchaus als Musterbeispiel für Öffentlichkeitsarbeit im Umweltschutzbereich bezeichnet werden. Alle vier Dimensionen33 werden mit Hilfe ausgeklügelster Nutzung der Möglichkeiten der modernen Informationsgesellschaft genutzt. Es werden über so gut wie alle Medien Informationen über aktuelle Kampagnen veröffentlicht, überall wird nicht zuletzt durch die ständig präsenten Möglichkeiten des direkten Kontaktes zur Disussion eingeladen. Vor allem die Visualisierung, aber auch die zahlreichen wissenschaftlich fundierten Argumente leisten bedeutende Überzeugungsarbeit, die im bestmöglichen Fall die Organisation ihr Ziel erreichen läßt: Änderungen im gesamtgesellschaftlichen Interesse.

Die Schwierigkeit, den Selektionsvorgang der einzelnen Redaktionen erfolgreich zu durchlaufen und somit ein Mindestmaß an Medienpräsenz zu erreichen, überwindet Greenpeace mit Hilfe spektakulärer Aktionen, die das allgemeine Interesse auf sich ziehen. Doch genau an diesem Punkt kann Kritik angesetzt werden: Nach Boltz liegt im Sensationscharakter der Aktionen das Problem der Sensationsspirale, das bedeutet, es besteht die Möglichkeit der „kommunikativen Verschleißerscheinung“34. Infolgedessen suchte Greenpeace nach neuen Kommunikationsstrategien, die die Strategie der Konfrontation als Grundlage der Öffentlichkeitsarbeit ergänzen sollten.35

Auch wurden dadurch, daß der Schwerpunkt auf den Aktionen lag, Zweifel an den wirklichen Zielen der Umweltorganisation laut. Hinzu kommen Aussagen wie die des langjährigen Greenpeace-Skippers Ulrich Jürgens der im Zusammenhang mit der Kampagne um die Brent Spar meinte: „Das wird die Geschichte für diesen Sommer. Da ist alles dran. Die visuelle Durchschlagskraft, der Symbolgehalt, ein mächtiger Gegner.“36 Stellt sich hier nicht zwangsläufg die Frage, ob wirklich umweltpolitische Ziele im Mittelpunkt der Arbeit stehen oder medienträchtige Ereignisse, die eine deutliche Zunahme der Spendengelder versprechen. 37

Um dem entgegenzuwirken und auch in der Kenntnis um die veraltete Strategie entwickelten bereits 1990 die Mitarbeiter von Greenpeace eine Strategie, die die geistige Produktivität des Publikums anzuregen versucht, die zum Mitdenken zwingt. Gemeint ist die „Plagiat“-Kampagne. Das PLAGIAT erschien als erste Tiefdruck-Zeitschrift, die ohne Chlor gebleicht wurde. Auf allen 36 Seiten wurde die Zeitschrift bis ins Detail dem Vorbild „Spiegel nachempfunde. Ab dato erfolgte auch auf anderen Gebieten die Wende hin zur Parodie. Problematisch ist neben der Abhängigkeit des Erfolges solcher Kampagnen von der Lerngeschichte der Adressaten der wenig spektakuläre Charakter, was sich in der im Vergleich zu anderen Aktionen eher in Grenzen gehaltenen Medienresonanz widerspigelt.

Der Kreis schließt sich: In Sorge um die erfolggarantierende Medienresonanz, müssen die Greenpeacer regelrecht auf die altbewährte Strategie der Konfrontation zurückgreifen. Sie sind gezwungen, mehr spektakuläre Aktionen und Enthüllungen zu organisieren, um überhaupt den Weg in die öffentliche Diskussion zurücklegen zu können. Die Kritik an Greenpeace, die Organisation würde nur punktuell und sensationsheischend auftreten, ist eindeutig auf die Massenmedien zurückzuführen, die mehr oder weniger alle eine geringe thematische Kontinuität auf dem Feld der Umweltberichterstattung vorweisen können.38

7 Literatur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Greenpeace - Aktionen und Reflexionen

2 Rossmann, Torsten: Öffentlichkeitsarbeit und ihr Einfluß auf die Medien. Das Beispiel Greenpeace. - In: Media Perspektiven 2/93. S. 85-94

3 ebd., S. 85

4 ebd., S. 85

5 Leonhard, M.: Organisation von Umweltschutzinteressen in der Bundesrepublik Deutschland. - Opladen, 1986. In: Rossmann, T., S. 85

6 laut einer Auswertung Rossmanns

7 Greenpeace - Ist die Welt noch zu retten?

8 www.greenpeace.de

9 ebd.

10 Greenpeace - ist die Welt noch zu retten?, S.26

11 Greenpeace - ist die Welt noch zu retten, S. 49

12 ebd.

13 Greenpeace: Struktur: Aufbau und Arbeitsweise der Organisation

14 auf die Bedeutung der Aktionen innerhalb der Kampagnen komme ich im weiteren Verlauf zu sprechen

15 Greenpeace - ist die Welt noch zu retten?

16 Greenpeace - Struktur: Aufbau und Arbeitsweise der Organisation.

17 Greenpeace - ist die Welt noch zu retten?

18 Greenpeace: Aktionen und Reflexionen

19 ebd.

20 ebd.

21 Greenpeace. Aktionen und Reflexionen

22 Schnorbach, Norbert: Die Öffentlichlkeitsarbeit von Greenpeace im Überblick. Hamburg, 1998. S. 3

23 Dernbach

24 Greenpeace - Reflexionen und Aktionen

25 Dernbach

26 Schnorbach

27 ebd.

28 Schnorbach

29 Boltz

30 Quelle suchen

31 Schnorbach

32 Greenpeace: Struktur. Aufbau und Arbeitsweise der Organisation

33 vgl. Kapitel „Öffentlichkeitsarbeit von Umweltschutzorganisationen“

34 Boltz, S.90

35 Boltz

36 Greenpeace- ist die Welt noch zu retten?, S.154

37 ebd.

38 Greenpeace - Aktionen und Reflexionen

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Öffentlichkeitsarbeit der Umweltorganisation Greenpeace
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
PR in der BRD
Note
2,7
Autor
Jahr
1999
Seiten
23
Katalognummer
V102132
ISBN (eBook)
9783640005215
Dateigröße
396 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umweltorganisation, Greenpeace
Arbeit zitieren
Maren Schulle (Autor:in), 1999, Öffentlichkeitsarbeit der Umweltorganisation Greenpeace, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102132

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Titel: Öffentlichkeitsarbeit der Umweltorganisation Greenpeace



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