Ein Autor erschafft im Schreiben, in der sprachlichen Ausformulierung eine fiktionale Welt, die je nach Thema, Genre oder Intention realitätsnah oder realitätsfern ist. Dabei besteht zwar ein permanenter Bezug zur Wirklichkeit des Autors und des Lesers, weil der geschaffene Text von einem 'wirklichen' Menschen (Autor) an einen anderen 'wirklichen' Menschen (Leser) gerichtet ist. Doch während des Lesens taucht der Rezipient in diese fiktionale Welt ein und gemäß dem Fiktionsvertrages akzeptiert er deren fiktive Wirklichkeit innerhalb der fiktionalen Grenzen.
Und indem der Leser die Fiktion – wenn auch nur distanziert – miterlebt, wird seine eigene Wirklichkeit mit neuen „Daten“ ergänzt oder gar beeinflusst und auch die Wirklichkeit der fiktiven Figuren erhält Gültigkeit.
In Friedrich Forsters Erzählung „Robinson soll nicht sterben“ (1949) wird dieses Verhältnis potenziert, indem ein intertextueller Bezug zu einem wirklichen Werk hergestellt wird und sich unter dem figuralen Personal des Textes eine Person unserer Realität befindet: der Autor des „Robinson Crusoe“ - Daniel Defoe. Außerdem begegnet man im Text immer wieder den Begrifflichkeiten „Wahrheit“ und „Lüge“, sodass im Folgenden eine Betrachtung der außerfiktionalen und der innerfiktionalen Ebene vorgenommen wird, um den Wechselwirkungen zwischen Fiktion und Wirklichkeit bei Forsters Erzählung auf den Grund zu gehen. Weil allein schon der Titel „Robinson soll nicht sterben“ die Unsterblichkeit bzw. Unvergänglichkeit literarischer Fiktion fordert, soll anschließend überprüft werden, inwieweit das wechselseitige Spiel von Fiktion und Wirklichkeit dazu beiträgt, fiktionalen Sachverhalten zu einer dauerhaft gültigen Existenz zu verhelfen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Reale und fiktive Welten
- 2. Daniel Defoe - Eine reale Person in einer fiktionalen Erzählung
- 2.1 „Den kenne ich doch!?“ -Historische Person und Figur im Vergleich
- 2.1.1 Defoes letzte Lebensjahre
- 2.1.2 Die Familienverhältnisse
- 2.1.4 Politische Beziehungen
- 2.1.5 Der Schriftsteller
- 2.2 Forsters Verwendung historischer Realität für seine Fiktion
- 3. Der König: Fiktion ist realistisch, märchenhaft, symbolisch
- 3.1 Eine politische Figur
- 3.2 Ein Märchenkönig
- 3.3 Der „Freund des Königs“ ist ein Freund der Literatur
- 4. Formen der Fiktion in der fingierten Wirklichkeit von Forsters Erzählung
- 4.1 Defoes Traum
- 4.2 Das Spiel der Jungen
- 4.3 „Mister Pums alberne Lügen“
- 4.4 Von Prinzen und Königen
- 4.5 Die Erwachsenen verweigern den Konsum von Dichtung
- 4.6 „sie öffnete die Augen“ – Der Traum von Maud?
- 5. Wer oder was ist Robinson?
- 5.1 Das Abbild des realen Alex Selkirk?
- 5.2 Ein neues Bild von „Robinson Crusoe“?
- 5.3 Robinson, das Vorbild oder Gegenbild?
- 5.4 Das materielle Medium der Literatur „Robinson Crusoe“
- 5.5 Robinson, ein Abbild des Schriftstellers?
- 6. Fazit: Robinson kann nicht sterben, denn Fiktion „taugt“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit in Friedrich Forsters Erzählung „Robinson soll nicht sterben“. Sie analysiert, wie Forster die reale Figur Daniel Defoe in seine fiktive Erzählung integriert und wie die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Ein zentrales Thema ist die Frage nach der Unsterblichkeit literarischer Fiktion und deren Einfluss auf die Wahrnehmung der Wirklichkeit.
- Die Interaktion zwischen realen und fiktiven Welten in Forsters Erzählung
- Die Darstellung Daniel Defoes als reale und fiktive Figur
- Die verschiedenen Formen der Fiktion innerhalb der Erzählung
- Die Rolle der „Wahrheit“ und „Lüge“ im Kontext von Fiktion und Wirklichkeit
- Die Frage nach der Unvergänglichkeit literarischer Fiktion
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Reale und fiktive Welten: Die Einleitung führt in die Thematik des Verhältnisses von Fiktion und Wirklichkeit in literarischen Texten ein. Sie betont den ständigen Bezug zur Realität, sowohl des Autors als auch des Lesers, während gleichzeitig der Leser in die fiktive Welt eintaucht. Im Fokus steht Friedrich Forsters "Robinson soll nicht sterben", dessen intertextueller Bezug zu Daniel Defoe und dem Werk "Robinson Crusoe" eine besondere Betrachtung des Verhältnisses zwischen Fiktion und Realität ermöglicht. Die Einleitung skizziert die Forschungsfrage nach den Wechselwirkungen dieser Ebenen und der potenziellen Unsterblichkeit literarischer Fiktion. Der Begriff "Fiktion" wird anhand bestehender Literatur definiert und abgegrenzt, wobei die Unterscheidung von Dasein und Sosein, sowie die Art der Präsentation fingierter Sachverhalte hervorgehoben werden.
2. Daniel Defoe - Eine reale Person in einer fiktionalen Erzählung: Dieses Kapitel analysiert die Integration der historischen Person Daniel Defoe in Forsters fiktive Erzählung. Es vergleicht die fiktive Darstellung Defoes mit seiner realen Biographie, wobei sowohl Übereinstimmungen als auch Abweichungen in Bezug auf Defoes Lebensumstände, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand herausgearbeitet werden. Die Unterschiede zeigen, wie Forster historische Fakten selektiv verwendet und fiktiv erweitert, um seine Erzählung zu gestalten. Der Fokus liegt auf der bewussten Verknüpfung von realen und fiktiven Elementen und den daraus resultierenden Effekten auf die Rezeption des Textes.
Schlüsselwörter
Fiktion, Wirklichkeit, Daniel Defoe, Robinson Crusoe, Friedrich Forster, Intertextualität, Realität und Fiktion, literarische Fiktion, Unsterblichkeit der Fiktion, Wahrheit, Lüge.
Häufig gestellte Fragen zu "Robinson soll nicht sterben"
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht das komplexe Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit in Friedrich Forsters Erzählung "Robinson soll nicht sterben". Im Mittelpunkt steht die Analyse, wie Forster die reale Figur Daniel Defoe in seine fiktive Erzählung integriert und wie die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Ein zentrales Thema ist die Frage nach der Unsterblichkeit literarischer Fiktion und deren Einfluss auf die Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Interaktion zwischen realen und fiktiven Welten in Forsters Erzählung, der Darstellung Daniel Defoes als reale und fiktive Figur, den verschiedenen Formen der Fiktion innerhalb der Erzählung, der Rolle von "Wahrheit" und "Lüge" im Kontext von Fiktion und Wirklichkeit und schließlich der Frage nach der Unvergänglichkeit literarischer Fiktion.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Eine Einleitung, ein Kapitel über Daniel Defoe als reale und fiktive Figur, ein Kapitel über die Figur des Königs in der Erzählung, ein Kapitel über verschiedene Formen der Fiktion in Forsters Erzählung, ein Kapitel, das sich mit der Figur Robinsons auseinandersetzt und abschließend ein Fazit. Zusätzlich enthält die Arbeit ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Wie wird Daniel Defoe in der Erzählung dargestellt?
Die Arbeit vergleicht die fiktive Darstellung Defoes mit seiner realen Biographie. Es werden sowohl Übereinstimmungen als auch Abweichungen in Bezug auf Defoes Lebensumstände, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand herausgearbeitet. Der Fokus liegt auf der bewussten Verknüpfung von realen und fiktiven Elementen und den daraus resultierenden Effekten auf die Rezeption des Textes.
Welche Rolle spielt die "Wahrheit" in der Erzählung?
Die Arbeit untersucht die Rolle von "Wahrheit" und "Lüge" im Kontext von Fiktion und Wirklichkeit. Es wird analysiert, wie Forster mit der Mischung aus realen und fiktiven Elementen spielt und wie diese Mischung die Wahrnehmung der "Wahrheit" im Text beeinflusst.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Das Fazit befasst sich mit der Unsterblichkeit literarischer Fiktion und der Frage, wie Fiktion unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit beeinflusst. Es wird argumentiert, dass Fiktion, wie im Fall von "Robinson Crusoe", einen nachhaltigen Einfluss auf unsere Kultur und unser Verständnis der Welt hat und "taugt".
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die Schlüsselwörter der Arbeit sind: Fiktion, Wirklichkeit, Daniel Defoe, Robinson Crusoe, Friedrich Forster, Intertextualität, Realität und Fiktion, literarische Fiktion, Unsterblichkeit der Fiktion, Wahrheit, Lüge.
- Arbeit zitieren
- Anja Keller (Autor:in), 2013, Robinson kann nicht sterben. Das Spiel von Fiktion und Wirklichkeit bei Friedrich Forster, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1023191