Flüchtlinge in der Schule

Grundlagen, Forschungsüberblick und Handlungsoptionen in Schule und Unterricht


Bachelorarbeit, 2019

54 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Fluchtursachen

3. Rechtliche Regelungen für Flüchtlinge

4. Anzahl und Arten von Flüchtlingen

5. Traumata und psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen
5.1. Traumatisierende Faktoren und Arten psychischer Erkrankungen
5.2. Daten über den gesundheitlichen Zustand von Flüchtlingen
5.3. Umgang mit traumatisierten Schülerinnen und Schülern im Unterricht
5.4. Weitere Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Flüchtlingskindern im Unterricht

6. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
6.1. Definition und Zahlen
6.2. Gesetzliche Regelungen
6.3. Psychische Belastungen
6.4. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Unterricht

7. Der Bildungsstand der Flüchtlinge
7.1. Statistiken zum Bildungsniveau der Flüchtlinge
7.2. Der Analphabetismus unter Flüchtlingen
7.3. Die Heterogenität im Bildungsniveau bei Flüchtlingen
7.4. Methodische Anforderungen an den Unterricht mit Flüchtlingen

8. Die Eingliederung von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in das Schulsystem
8.1. Schulrecht und Schulpflicht
8.2. Das Konzept der Inklusion

9. Unterrichtsmodelle zur Integration von geflüchteten Kindern
9.1. Definition wichtiger Konzepte
9.2. Die verschiedenen Unterrichtsmodelle
9.2.1 Handlungsmöglichkeiten zur effektiven Umsetzung der Modelle
9.2.2 Unterrichtsmodelle in der Primarstufe
9.2.3. Umsetzung der Unterrichtsmodelle für die Primarstufe am Beispiel von Rheinland-Pfalz
9.2.4. Unterrichtsmodelle in der Sekundarstufe 1
9.2.5 Auffang- und Willkommensklassen: Merkmale und Handlungsoptionen
9.2.6 Unterrichtsmodelle in der Sekundarstufe 2
9.2.7. Umsetzung der Unterrichtsmodelle für Sekundarstufe 1 und 2 am Beispiel von Rheinland- Pfalz..

10. Zusammenfassung

11. Literatur- und Quellenverzeichnis

12. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Über kaum ein gesellschaftliches Thema wurde in den vergangenen Jahren so oft debattiert wie über die Frage der Integration von neu zugewanderten Personen in die deutsche Gesellschaft. Im Zuge der europäischen Flüchtlingskrise ab dem Jahre 2015, die sich mit der Intensivierung des Konfliktes im Bürgerkriegsland Syrien verstärkte, flüchteten Millionen Menschen auch nach Deutschland. Allein im Jahre 2016 stellten 722.370 Flüchtlinge in Deutschland einen Asylerstantrag (BAMF, 2017, S. 20). Es ist im gesellschaftlichen Interesse, diese Menschen bestmöglich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, und dafür ist ihr Zugang zum deutschen Bildungssystem unerlässlich. Die Integration von Flüchtlingen in das deutsche Schulsystem gestaltet sich jedoch nicht zuletzt aufgrund der starken Heterogenität zwischen den Flüchtlingen und wegen methodischer Differenzen der Beschulung und Integration schwierig. In den letzten Jahren wurden zu diesem Zweck verschiedene Unterrichtsmodelle zur Beschulung von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern entworfen, oder es wurden ältere Modelle neu strukturiert. Lehrkräfte an deutschen Schulen sind mit der neuen Situation oft überfordert, da sie nicht über das nötige Wissen im Bereich Deutsch als Zweitsprache oder Traumapädagogik verfügen, und sind daher oft auf externe Hilfe durch außerschulische Ansprechpartner angewiesen.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Grundlagen zum Flüchtlingsthema darzustellen, einen allgemeinen Forschungsüberblick über die Bildungssituation von Flüchtlingen zu schaffen und Handlungsoptionen für die Integration bzw. Inklusion von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in Schule und Unterricht zu vergleichen. Zu den in der Arbeit vorgestellten Grundlagen zum Flüchtlingsthema gehören die in Kapitel 2 dargestellten Fluchtursachen von Flüchtlingen und die in Kapitel 3 benannten rechtlichen Regelungen zur Aufnahme, die für Flüchtlinge in Deutschland gelten. In Kapitel 4 werden die Anzahl und die verschiedenen Arten von Flüchtlingen genannt; Kapitel 5 befasst sich mit dem Thema der Traumata und anderer psychischer Erkrankungen von Flüchtlingen, die sich stark auf das Unterrichtsgeschehen auswirken können. Das sechste Kapitel behandelt das Thema der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die im Kontext der Schule ebenso eine wichtige Rolle spielen. Mit Kapitel 7 wird ein allgemeiner Forschungsüberblick über Statistiken und Daten zum Bildungsniveau von Flüchtlingen in Deutschland gegeben. Das achte und das neunte Kapitel befassen sich intensiv mit den verschiedenen Handlungsoptionen und Unterrichtsmodellen zur Integration bzw. Inklusion von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in das deutsche Bildungssystem. Zu diesem Zweck wird in Kapitel 8 auf die Unterscheidung zwischen Schulpflicht und Schulrecht eingegangen und das Konzept der Inklusion erläutert. Das neunte Kapitel stellt die in den verschiedenen Bundesländern bestehenden Unterrichtsmodelle für die jeweiligen Jahrgangsstufen dar und vergleicht ihre Umsetzung am Beispiel von Rheinland-Pfalz; auf eine Darstellung der Unterrichtsmodelle in jedem Bundesland wurde jedoch verzichtet. Da bisher noch keine repräsentativen Studien zur Effektivität der einzelnen Unterrichtsmodelle durchgeführt wurden, wird in dieser Arbeit hierauf nicht eingegangen.

2. Fluchtursachen

Ein wesentlicher Faktor, der viele Menschen dazu veranlasst hat, ihr Heimatland zu verlassen und nach Deutschland zu reisen, ist wirtschaftlicher Art. Da sich in diesen Ländern ganz oder teilweise die Armut ausgebreitet hat, erwarten sie, in Deutschland den Mindestlebensunterhalt durch die Unterstützung, die das Sozialversicherungsnetz gewährt, zu erhalten. In den Heimatländern herrscht eine große Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten, und viele Familien leben daher in Armut. In diesen Ländern werden die Grundbedürfnisse des Lebens wie z.B. Nahrung und Kleidung nicht gewährleistet. Ein weiterer Grund ist die sehr hohe Bevölkerungsdichte in bestimmten Ländern und die daraus resultierende Überbevölkerung, mit der der Staat nicht angemessen umgeht. Auch andere Gründe wie z.B. durch den Klimawandel bedingte Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen etc., der Ausbruch von Epidemien und Hungersnöten können Menschen zur Flucht veranlassen.

Auch der Wunsch, gute Bildungsmöglichkeiten mit einem späteren Abschluss zu erhalten, spielt eine erhebliche Rolle. Durch diese Möglichkeiten wird ihnen ein besseres Leben ohne Bedrohungen, die sie zur Flucht zwingen, gewährleistet. Des Weiteren gibt es in europäischen Ländern oftmals bessere berufliche Möglichkeiten und Perspektiven. Hochschulabsolventen sind in ihren Heimatländern oft nicht dazu in der Lage, ihre errungenen wissenschaftlichen Kompetenzen auszuüben. Junge Menschen in Kriegsgebieten wie Syrien möchten ihr Studium abschließen und haben Angst, den Militärdienst absolvieren zu müssen und zwangsrekrutiert zu werden. Viele Jugendliche sind davon überzeugt, dass sie dazu in der Lage sein werden, in westlichen Ländern ohne große Anstrengung Geld zu verdienen und ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Familien, deren Angehörige migrierten, erleben eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation, und daher sehen viele Menschen in der Flucht nach Europa die Lösung ihrer Probleme. Ein weiterer Grund für ansteigende Zahlen von Flüchtlingen ist die Familienzusammenführung, durch die bereits in Deutschland lebende Flüchtlinge Ehepartner und Kinder nachholen können.

Ein weiterer Faktor ist die Flucht aus den Zentren des bewaffneten Kampfs in Bürgerkriegsländern wie z.B. Syrien, der Verlust der Sicherheit in diesen Ländern und die Angst um Kinder und Familienangehörige. In Kriegsländern kommt es zu einem allgemeinen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung, der viele Menschen zur Flucht veranlasst. Die internationale Staatengemeinschaft war im Falle Syriens nicht in der Lage dazu, eine angemessene Lösung zu finden. Eine gesundheitliche Verpflegung wird durch die gezielte Zerstörung von Krankenhäusern oft nicht mehr gewährleistet. In vielen Ländern werden Menschenrechte wie z.B. die Religions­und Meinungsfreiheit verletzt. Religiöser Fanatismus und die Verfolgung und Intoleranz religiöser Minderheiten und Ethnien treten oft auf; dies kann durch den Staat selbst oder durch fanatische Gruppierungen geschehen. In Syrien herrscht seit 2011 ein Bürgerkrieg, der dazu führte, dass die Regierung die eigene Bevölkerung mit tödlichen Waffen und sogar international verbotenen chemischen Waffen beschießt. Mehr als die Hälfte der früheren Bevölkerung wurde getötet oder verließ das Land. Die Sicherheit der eigenen Familie ist nicht gewährleistet, da junge Mädchen oft entführt, vergewaltigt oder durch die Sicherheitskräfte sexuell belästigt werden; viele Menschen, die eine andere politische Ansicht als die des Regime vertreten, werden in Staatsgefängnisse gebracht und gefoltert. Diese Gründe und die Furcht, dass ihren Familienmitgliedern etwas zustoßen könnt, veranlassen viele Personen dazu, Syrien zu verlassen.

3. Rechtliche Regelungen für Flüchtlinge

Für die Prüfung der Voraussetzungen für den individuellen Flüchtlingsstatus in Deutschland ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig; die Bestimmungen dafür stehen in Paragraph 3 des deutschen Asylgesetzes (Witt, 2016, S. 9). Falls eine Person in Deutschland als Flüchtling anerkannt wird, stehen ihr dieselben Rechte wie die eines Asylberechtigten zu; außerdem erhält sie eine dreijährige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, nach deren Ablauf überprüft wird, ob es sich um einen berechtigten Flüchtlingsstatus handelt (Witt, 2016, S. 9). Nach diesen drei Jahren wird die Erlaubnis meist um zwei Jahre verlängert, danach bekommen die Flüchtlinge eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis; in manchen Fällen erhalten sie diese auch bereits nach Ablauf der ersten drei Jahre (Witt, 2016, S. 9). Eine weitere wichtige Regelung ist die der sicheren Drittstaaten: Eine Person ist nicht dazu berechtigt, nach Deutschland einzureisen, falls sie auf der Reise nach Deutschland einen Staat überquert, der die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention anerkennt, da in diesem Falle die Bedingungen des Asylgesetzes nicht erfüllt sind (Witt, 2016, S. 11). Hier spielt das Dubliner Übereinkommen eine wichtige Rolle, da nach dieser Regelung ein Flüchtling seinen Asylantrag in dem EU-Land stellen muss, in das auf dem Weg zuerst eingereist wurde (Witt, 2016, S. 11). Daher wurde das Fingerabdruckverfahren „Eurodac“ eingeführt; Personen, die bereits in einem anderem EU-Land (jedoch auch in der Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen) ihren Fingerabdruck registriert haben lassen, können theoretisch nicht nach Deutschland einreisen oder werden zurückgeführt (Messinger, 2017, S. 476). Dadurch werden jedoch Staaten an der EU-Grenze wie Italien oder Griechenland stark benachteiligt und können diese Situation oft nicht bewältigen (Messinger, 2017, S. 476). Viele Flüchtlinge überqueren Staatsgrenzen illegal durch sogenannte Schlepper und melden sich nicht bei den zuständigen Behörden, um einen Fingerabdruck zu registrieren; außerdem war das BAMF durch die Flüchtlingswelle 2015/16 überbeansprucht; aus diesen Gründen wurde das Dublin­Übereinkommen oft unzureichend umgesetzt.

Eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Flüchtlingen durch einen Staat spielt die Genfer Flüchtlingskonvention, die 1951 durch die UNO- Generalversammlung beschlossen wurde und von 146 Staaten in das jeweilige Staatsrecht übernommen wurde (Frings, 2017, S. 98). Durch die Konvention wurden der Flüchtlingsbegriff und die für Flüchtlinge geltenden Rechte festgelegt, darunter z.B. das Recht auf Religionsfreiheit und Bildung (Frings, 2017, S. 98). Laut Artikel 1A der Genfer Flüchtlingskonvention bezeichnet der Begriff „Flüchtling“ eine Person, die [... ] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will [...]. (UNHCR, 1951, S. 2)

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Konvention ist das sogenannte Refoulement-Verbot: Artikel 33 besagt, dass die Staaten keinen Flüchtling „[...] auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen [werden], in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“ (UNHCR, 1951, S. 15). Dieses Verbot wird jedoch im darauffolgenden Paragraphen eingeschränkt; Personen, die die nationale Sicherheit des aufnehmenden Staates bedrohen, können selbst in Länder, in denen Menschenrechte durch Folter etc. verletzt werden, zurückgeschickt werden (UNHCR, 1951, S. 16).

4. Anzahl und Arten von Flüchtlingen

Nach einer Statistik des UNHCR waren Ende des Jahres 2017 68.5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, davon sind 40 Millionen Binnenflüchtlinge, die innerhalb eines Staates ihren Heimatort verlassen mussten; die Hälfte der weltweiten Flüchtlinge ist unter 18 Jahre alt (United Nations High Commissioner for Refugees [UNHCR], 2018). Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Jahre 2011 erhöhte sich die Anzahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge drastisch: Im Jahre 2015 stellten 441.899 Flüchtlinge einen Erstantrag auf Asyl in Deutschland, davon sind 35,9% aus Syrien, weitere Länder sind z.B. Albanien mit 12,2% und Kosovo mit 7,6% (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF], 2016b, S. 20). Im Jahre 2016 kam es zu der höchsten bisherigen Anzahl an Asylerstanträgen mit 722.370 Flüchtlingen, davon war erneut der Großteil mit 36,9% syrischer Staatsangehörigkeit, gefolgt von Afghanistan mit 17,6% (BAMF, 2017, S. 20). Seit dem Jahre 2017 ist die Anzahl an Erstanträgen gesunken, 2018 waren es 161.931 Erstanträge, 27,3% davon aus Syrien und 10,1% aus dem Irak (BAMF, 2019, S. 7).

Eine klare Unterscheidung besteht zwischen den Begriffen „Flüchtling“, „Migrant“ und „Asylbewerber“: Während ein Migrant eine Person ist, die ihre Heimat innerhalb eines Landes (Binnenmigranten) oder über die Staatsgrenze hinaus verlässt und meist die freie Wahl hat, ihr Heimatland zu verlassen (z.B. um bessere berufliche Möglichkeiten zu erhalten), sind Flüchtlinge oft dazu gezwungen, wegen Kriegen, Gewalt und der Gründe, die in Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention genannt werden, ihre Heimat zu verlassen; gesetzlich gesehen sind es also nach der Konvention anerkannte Flüchtlinge. Asylbewerber bzw. Asylantragstellende sind „Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die sich im Asylverfahren befinden und deren Verfahren noch nicht entschieden ist“ (BAMF, 2016a, S. 2). Laut Artikel 16a des deutschen Grundgesetzes muss eine Person politisch verfolgt sein, um asylberechtigt zu sein, diese Verfolgung geht im Standardfall vom Herkunftsstaat aus; Gründe wie Naturkatastrophen und Bürgerkriege werden daher hier nicht berücksichtigt (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 16a). Eine weitere Gruppe sind Personen, denen in der EU subsidiärer Schutz verliehen wird: Wenn Menschen Situationen wie z.B. Bürgerkrieg und Armut ausgesetzt sind, wird ihnen subsidiärer Schutz gewährt; die betroffene Person muss entsprechende Beweise vorlegen, dass ihr im Herkunftsland „ernsthafter Schaden“ (Witt, 2016, S.10) droht (Witt, 2016, S. 10). Zu dieser Art von Schaden gehören z.B. Folter, die Todesstrafe oder eine starke Bedrohung des eigenen Lebens aufgrund bewaffneter Konflikte; der subsidiäre Schutz ist vorerst ein Jahr gültig und kann anschließend um zwei Jahre verlängert werden; nach sieben Jahren steht es der Person zu, eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten (Witt, 2016, S. 10).

5. Traumata und psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen

5.1. Traumatisierende Faktoren und Arten psychischer Erkrankungen

Ein Faktor, der sich auf das spätere Leben in der deutschen Gesellschaft auswirkt, ist die Fluchtreise der Geflüchteten nach Deutschland. Während der Reise erblicken die Menschen Bilder des Leids, wie ertrinkende Menschen, Tod und harte Umstände, Kälte und Hunger. Alle diese Faktoren wirken sich auf die Psyche, vor allem auf Kinder und Jugendliche aus, besonders im Falle des Verlusts der Eltern (oder eines Elternteils) oder im Falle des Verlusts einiger Familienmitglieder. Kinder sind oft Krankheit, Unterernährung und unterschiedlichen Formen der Gewalt ausgesetzt; in Bürgerkriegsländern werden sie teilweise zu gewalttätigen Handlungen gezwungen. Flüchtlingskinder fühlen sich oft einsam und haben ein Stress- und Anspannungsgefühl, da sie in ihrem Heimatland bzw. während der Fluchtreise bei ihren Eltern keine seelische Unterstützung mehr finden, weil diese Eltern selbst Unterstützung und Hilfe brauchen. Der Krieg und die Fluchtreise lösen psychologische Folgen aus; eine bekannte auftretende psychische Störung ist die sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung. Zu deren Symptomen gehören z.B. Konzentrationsprobleme, Albträume, ständige Angst, wenig Selbstvertrauen und Flashbacks; einzelne Passagen des traumatischen Erlebnisses werden vergessen (Adam & Inal, 2013, S. 21). Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung kann das traumatische Erlebnis nicht wie andere Situationen und Erlebnisse im Gedächtnis prozessiert werden; diese Erinnerung nimmt mit der Zeit nicht an Intensität ab und wird wie in einer Schleife wieder erlebt (Lennertz, 2017, S. S. 151). Falls die betroffene Person Eindrücke bzw. sogenannte Trigger erlebt, die dem ursprünglichen Trauma ähnlich sind, kommt es oft zu starken emotionalen Reaktionen (Lennertz, 2017, S. S. 151). Trigger können z.B. verschiedene Geräusche wie Sirenengeheul oder Flugzeuggeräusche sein. Erforderlich sind vor allem eine psychologische Behandlung und der Wiederaufbau von vertrauensvollen Beziehungen.

Eine weitere bei Flüchtlingen auftretende psychische Krankheit ist die Depression, deren typische Symptome der Verlust von Interesse und Freude und ein Antriebs- und Motivationsmangel sind (Lennertz, 2017, S. S.160). Metzner & Mogk entwarfen ein Modell zur Kategorisierung der unterschiedlichen Traumata, die Flüchtlingskinder erleben können. Sie teilen diese ein in „Traumata vor der Flucht“, „Traumata während der Flucht“ und „Traumata nach der Flucht sowie Postmigrationsstressoren“ (Metzner & Mogk, 2016, S. 49). Zu den Traumata vor der Flucht gehören vor allem Krieg und Explosionen, Vertreibung, Folter, Ermordung von Bezugspersonen, häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch (Metzner & Mogk, 2016, S. 49). Lebensgefährliche Fluchtwege- und Bedingungen, Misshandlung durch Schlepper und andere Flüchtlinge, Gefangenschaft, Obdachlosigkeit etc. gehören zu den Traumata, die Flüchtlinge während der Flucht erleben können (Metzner & Mogk, 2016, S. 49). Das folgende Schaubild wurde von Metzner & Mogk übernommen; einige traumatische Faktoren wurden ausgelassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Traumatische Erlebnisse von Flüchtlingskindern; Abbildung aus Metzner & Mogk, 2016, S.49

Während der Flüchtlingskrise der letzten Jahre kamen viele Menschen, z.B. von Syrien über die Türkei mit Booten über das Mittelmeer nach Europa. Diese Boote gehören oft sogenannten „Schleppern“ und kriminellen Banden, die günstig sehr alte Boote oder Schiffe kaufen, welche teils fahrtuntauglich sind. Diese Boote werden für sehr hohe Preise an Flüchtlinge vermietet; anschließend besteigen hunderte Menschen diese Boote in der Hoffnung, das Mittelmeer gefahrlos zu überqueren. Bei diesem Versuch sind in den letzten Jahren tausende Menschen gestorben, laut dem UNHCR starben im Jahre 2018 ca. 2275 Menschen während des Versuches, das Mittelmeer zu überqueren, es waren umgerechnet ca. 6 Personen pro Tag (UNHCR, 2019, S. 5) Die Flüchtlinge überquerten das Mittelmeer von der Türkei aus und kamen in Griechenland (oft an der Insel Kos) oder Zypern an. Von dort aus überquerten sie das Festland über die sogenannte Balkanroute, die Mazedonien, Serbien und Ungarn (bis eine Grenze in Ungarn erbaut wurde) umfasst. Auf dem Weg waren die Flüchtlinge etlichen Gefahren ausgesetzt, von der Furcht vor der türkischen Küstenpolizei bis hin zu fehlenden Nahrungsmitteln sowie fehlender Wasser- und Stromversorgung.

Nach Metzner und Mogk gehören zu den Traumata nach der Flucht vor allem die schlechte Wohnsituation in Flüchtlingslagern, finanzielle Schwierigkeiten, Diskriminierung und Integrationsprobleme (Metzner & Mogk, 2016, S. 49). Nach der Ankunft in Deutschland und der Aufnahme in Flüchtlingsunterkünften kommt es zur Isolation und auch zu Diskriminierung. Aufgrund der nicht vorhandenen Homogenität der Flüchtlinge kommt es oft zu Streitereien, Ungeduld und Furcht davor, dass die eigenen Kinder mit anderen Kindern Umgang pflegen, die eine andere Erziehung erhalten haben oder andere Religionen haben (z.B. verschiedene Volksgruppen von Syrern, Kurden, Sunniten, Schiiten und Aleviten).

5.2. Daten über den gesundheitlichen Zustand von Flüchtlingen

Der „Widomonitor“, „Die Versicherten-Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK“ gab in der Ausgabe 1/2018 einen zwanzigseitigen Bericht mit dem Thema „Gesundheit von Flüchtlingen in Deutschland - Ergebnisse einer Befragung von Schutzsuchenden aus Syrien, Irak und Afghanistan“ heraus (Schröder, Zok und Faulbaum, 2018, S. 1). Da bisher nur wenige Studien über die gesundheitliche Situation von Flüchtlingen in Deutschland vorlagen, „[...] wurden 2021 Geflüchtete aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, die erst bis zu zwei Jahre in Deutschland sind und noch in Aufnahmeeinrichtungen zu erreichen waren, befragt“ (Schröder et al., 2018, S. 1). Es wurden Personen ab 18 Jahren befragt; unter den jüngeren Befragten befanden sich auch Schüler (Schröder et al., 2018 S. 3-4). 44,8 % der Befragten gaben an, mehr als neun Jahre lang eine Schule besucht zu haben, wobei der Anteil an Männern höher war (Schröder et al., 2018, S. 4). 6,9% der Befragten gaben an, keine Schulbildung zu haben; eine weitere Erkenntnis war, dass das Bildungsniveau neu zugewanderter Personen aus Syrien im Vergleich zu anderen Nationen mit durchschnittlich 9,4 Jahren deutlich höher ist (Schröder et al., 2018, S. 4).

Ca. drei Viertel der Befragten (74,7%) gab an, Gewalt in unterschiedlichen Formen ausgesetzt gewesen zu sein (Schröder et al., 2018, S. 5). Die meisten Befragten gaben Kriegserlebnisse (60,4%) oder militärische oder bewaffnete Angriffe an (40,2%); bei jeder dritten Person (35,8%) wurden Angehörige oder Nahestehende verschleppt oder sie verschwanden, oft liegen mehrfache Traumatisierungen vor (Schröder et al., 2018, S. 5). Infolge dieser traumatischen Erlebnisse besteht fast bei der Hälfte (44,6%) der Flüchtlinge ein Verdacht auf depressive Erkrankungen (Schröder et al., 2018, S. 9). Dieser Wert wurde folgendermaßen ermittelt: Die World Health Organisation stellt den sogenannten WHO-5-Wohlbefindens-Fragebogen zur Verfügung, der bei der Früherkennung von Depressionen und ähnlicher Erkrankungen hilft; dieser Test wurde bei sämtlichen Befragten durchgeführt (Schröder et al., 2018, S. 8-9). Verglichen mit denjenigen Flüchtlingen, die keine Formen der Gewalt erlebten, berichteten die traumatisierten Flüchtlinge mehr als doppelt so oft über unterschiedliche Formen körperlicher und geistiger Beschwerden (Schröder et al., S. 1).

5.3. Umgang mit traumatisierten Schülerinnen und Schülern im Unterricht

Kinder mit posttraumatischen Belastungsstörungen fällt in der Schule oft durch die durch Albträume und Schlafstörungen hervorgerufene Müdigkeit auf; sie verschlafen den Unterrichtsbeginn und sind nicht dazu in der Lage, ein höheres Maß an Konzentration während der Unterrichtsstunden aufzubringen (Metzner & Mogk, 2016, S. 52). Ebenso können Symptome wie starke und häufige Wutausbrüche, Reizbarkeit und Aggressivität bei Schülern zu schlechteren schulischen Leistungen führen (Lennertz, 2017, S. S.152). Nicht bei allen Kindern und Jugendlichen zeigen sich unmittelbar die entsprechenden Symptome, diese können jedoch auch nach vielen Jahren in bestimmten Situationen zum Vorschein kommen (Lennertz, 2017, S. 154­155). Die psychologischen Auswirkungen des Krieges zeigen sich bei Kindern oft beim Spielen oder Zeichnen, z.B. im Kunstunterricht. Diese Kinder zeichnen oft Kriegsbilder, in denen bewaffnete Menschen, Militärflugzeuge, brennende Häuser etc. zu sehen sind. Lehrerinnen und Lehrer sind oft nicht dazu fähig, Symptome von psychischen Krankheiten gezielt zu erkennen; jedoch ist es von großer Wichtigkeit, dass die Lehrkräfte besondere Auffälligkeiten wie z.B. starke Konzentrationsschwierigkeiten und Einschlafen erkennen und mit Experten auf diesem Gebiet zusammenarbeiten bzw. sich bei diesen darüber informieren (Inal, 2017, S. 161). Falls bei bestimmten Schülerinnen und Schülern Schlafstörungen beobachtet werden (z.B. durch Einschlafen im Unterricht, häufiges Fehlen oder Zuspätkommen), sollte die Lehrkraft natürlich nicht darüber hinwegsehen und dies dulden, da es sich um ein traumatisiertes Kind handelt; eine Möglichkeit wäre, sich bei dem Schüler oder der Schülerin über das genaue Ausmaß zu informieren und gegebenenfalls Ruhepausen festzulegen (Inal, 2017, S. 161). Bei Schülerinnen und Schülern mit ausgeprägten Konzentrationsschwierigkeiten empfiehlt es sich z.B., die Arbeitsphasen kürzer zu gestalten und kurze Pausen zu integrieren; visualisiertes Lernen ist eine weitere Handlungsmöglichkeit (Inal, 2017, S. 161). Trigger, die nach dem erlebten Trauma des Kindes zu psychischen Reaktionen führen könnten, sollten im Vorfeld mit den Eltern abgesprochen werden, um sie möglichst zu vermeiden.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Elternarbeit. Da jedoch kulturelle Differenzen, eine Sprachbarriere und oft eigene traumatische Erlebnisse der Eltern bestehen, gestaltet diese sich anfangs oft schwierig (Inal, 2017, S. 164). Im Heimatland herrschende familiäre Hierarchien werden in Deutschland oft aufgebrochen; Kinder sprechen oft schnell besseres Deutsch als ihre Eltern und müssen zwischen der Lehrkraft und den Eltern übersetzen, was zu Schamgefühlen bei den Eltern führen kann (Inal, 2017, S. 164). In den Herkunftsländern vieler Flüchtlinge hat der Bereich der Psychotherapie oft eine stark negative Konnotation, was eine weitere Schwierigkeit bei traumatisierten Schülerinnen und Schülern ist (Inal, 2017, S. 164-165). Es sollte vor allem auf die Bedeutung für das Wohl des Kindes und die Freiwilligkeit psychotherapeutischer Behandlung aufmerksam gemacht werden (Inal, 2017, S. 165). Da Flüchtlingskinder den Großteil des Tages an ihren Schulen verbringen und sie zuhause oft schlechten Wohnbedingungen oder selbst traumatisierten Eltern ausgesetzt sind, spielt die Institution Schule eine besondere Rolle (Inal, 2017, S. 165). Vertrauensvolle Beziehungen zu Lehrkräften und neue Freundschaften zu Mitschülern können das Selbstvertrauen wiederherstellen und für positive Erfahrungen beim Kind sorgen (Inal, 2017, S. 161). Lehrkräften ist es jedoch oft nur begrenzt möglich, eine vertrauensvolle Beziehung zu einem einzelnen Flüchtlingskind aufzubauen; die Rahmenbedingungen für solch einen Umgang sollten jedoch geschaffen werden (Shah, 2015, S. 18). Das Erlernen der deutschen Sprache durch traumatisch belastete Kinder ist mit einem deutlich höheren zeitlichen Aufwand verboten als bei unbelasteten Kindern; diese können sich oft innerhalb von 6 Monaten fast fließend verständigen (Shah, 2015, S. 19). Da viele Flüchtlingskinder oft älter als ihre Klassenkameraden sind, kann es (besonders in der Pubertät) zu Komplikationen und Verhaltensabweichungen kommen (Shah, 2015, S. 20).

5.4. Weitere Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Flüchtlingskindern im Unterricht

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kenntnis der Lehrkraft über kulturelle Unterschiede: Um Missverständnisse (z.B. bei Begrüßungsformen etc.) möglichst zu vermeiden, sollte sich über diese Unterschiede im Vorfeld erkundigt werden (Shah, 2015, S. 21). Außerdem sollte anderen Schülern verdeutlicht werden, dass Diskriminierung im schulischen Kontext und auch anderweitig nicht zulässig ist; alle Schüler sollen dieselben Pflichte und Rechte haben (Shah, 2015, S. 21). Die Lehrkräfte sollen den Schulkindern die Unterschiede zwischen ihnen und zwischen den neuen Mitschülern verdeutlichen und grundlegende Verhaltensregeln aufstellen, damit es zu keiner schlechten Behandlung dieser kommt. Für Schulen ist es sehr wichtig, im Umgang mit Flüchtlingskindern klare Regeln und Strukturen einzuführen: Da die häusliche Struktur bei diesen oft zusammengebrochen ist, übernimmt die Schule diese Rolle zum Teil (Shah, 2017, S. 72). Weil den Kindern in ihren Heimatländern kulturell bedingt keine große Entscheidungsfreiheit zugewiesen wird, sollten die Kinder nicht durch allzu viele Fragen nach ihren Wünschen (z.B. wo es sitzen möchte etc.) verwirrt werden, da dies teilweise zu Verunsicherung bei ihnen führen kann (Shah, 2017, S. 72- 73); dem Kind sollte trotzdem ausreichend Freiheit gewährt werden. Des Weiteren ist es wichtig, Interesse am Leben des Kindes zu zeigen. Direkte Fragen nach Gefühlszuständen etc. sollten nach Shah jedoch möglichst vermieden werden, da diese im schulischen Kontext ungewohnt und verwirrend sind; es sollten eher Fragen nach Traditionen oder z.B. der Heimatstadt gestellt werden (Shah, 2017, S. 74). Das Kind sollte nicht nur auf den Flüchtlingskontext reduziert werden; deshalb sollte ihm vor allem nicht ausschließlich mit Mitleid begegnet werden (Shah, 2017, S. 74).

6. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

6.1. Definition und Zahlen

Nach einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union aus dem Jahre 2004 sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge [...] Drittstaatsangehörige oder Staatenlose unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines gesetzlich oder nach den Gepflogenheiten für sie verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in die Obhut einer solchen Person genommen werden; hierzu gehören auch Minderjährige, die ohne Begleitung zurückgelassen werden, nachdem sie in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist sind [...]. (Amtsblatt der Europäischen Union, 2004, S. 4)

Im Jahre 2015 stellten 22.255 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einen Asylerstantrag (BAMF, 2016b, S. 23), im Jahre 2016 35.939 (BAMF, 2017, S. 23)., im Jahre 2017 9.048 und im Jahre 2018 4.078 Personen (BAMF, 2019, S. 21). Im Jahre 2016 z.B. kamen 41,6% der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Afghanistan, gefolgt von 28% aus Syrien (BAMF, 2017, S. 23). Auch diese Gruppe an Flüchtlingen hatte oft während des Krieges oder anderer Fluchtursachen in ihrem Heimatland traumatisierende Erlebnisse. Sie werden oft von anderen Familienmitgliedern vorgeschickt, um in Deutschland anzukommen und einen Asylerstantrag zu stellen, nach dessen Bewilligung es möglich ist, durch die Familienzusammenführung andere Familienmitglieder nachzuholen. Genauso oft ist es der Fall, dass die Eltern oder andere Vormünder im Heimatland oder während der Flucht umkommen oder festgenommen werden, sodass das minderjährige Kind allein nach Deutschland weiterziehen muss. Sie sind deshalb oft vor, während und nach der Flucht auf sich allein gestellt und sind extremen Stresssituationen ausgesetzt, die sie aufgrund fehlenden familiären Halts oft nicht bewältigen können. Diese Gruppe an Flüchtlingen verlässt ihr Land oft wegen Kinderarbeit, der Verweigerung des Wehrdienstes, Bürgerkriegen, sexuellen Missbrauchs oder aufgrund ihrer jeweiligen sexuellen Orientierung.

6.2. Gesetzliche Regelungen

Wenn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland ankommen, melden sich diese entweder bei den Behörden oder werden durch die Behörden aufgegriffen. Nach einem Ende 2015 beschlossenen Gesetz werden diese Flüchtlinge nach vorläufiger Aufnahme durch das Jugendamt auf die verschiedenen Bundesländer aufgeteilt, um eine den Einwohnerzahlen des jeweiligen Bundeslandes entsprechende Verteilung zu erreichen. Viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge haben keine Reisedokumente, durch die ihr Alter bestätigt werden könnte; viele Flüchtlinge hatten oft noch nie ein gültiges Reisedokument oder verloren dieses auf der Reise nach Deutschland; ein neues Reisedokument zu beantragen ist oft nicht möglich, da dies über die zuständigen Behörden im Herkunftsstaat, aus dem man geflohen ist, geschehen muss. Daher muss durch das Jugendamt das Alter der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge festgestellt werden, was durch unterschiedliche Methoden bewerkstelligt wird (Himmelrath & Blaß, 2016, S. 120). Zu diesen Methoden gehört eine reguläre Alterseinschätzung, körperliche Untersuchungen oder sogar „[...] radiologische Untersuchungen der Handwurzel, des Gebisses oder des Schlüsselbeins“ (Himmelrath & Blaß, 2016, S. 120). Anschließend schätzt das zuständige Jugendamt ein, ob durch das Verteilungsverfahren das individuelle Kindeswohl, z.B. durch körperliche oder geistige Belastung, gefährdet würde (Himmelrath & Blaß, 2016, S. 121). Es wird außerdem vorerst nach Verwandten innerhalb oder außerhalb Deutschlands gesucht, um zu prüfen, ob eine Familienzusammenführung in Erwägung gezogen werden kann (Himmelrath & Blaß, 2016, S. 121). Innerhalb von vierzehn Tagen werden die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bundesweit verteilt; das Jugendamt der Gemeinde, in der das Kind bzw. der Jugendliche zugewiesen wird, übernimmt die Inobhutnahme (Himmelrath & Blaß, 2016, S. 121).

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Details

Titel
Flüchtlinge in der Schule
Untertitel
Grundlagen, Forschungsüberblick und Handlungsoptionen in Schule und Unterricht
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Pädagogik, Abteilung Schulpädagogik / Allgemeine Didaktik)
Note
2,3
Jahr
2019
Seiten
54
Katalognummer
V1025687
ISBN (eBook)
9783346424884
ISBN (Buch)
9783346424891
Sprache
Deutsch
Schlagworte
flüchtlinge, schule, grundlagen, forschungsüberblick, handlungsoptionen, unterricht
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Flüchtlinge in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1025687

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Titel: Flüchtlinge in der Schule



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