Das moderne Bild eines mittelalterlichen Konstrukts, nämlich dem des Ritters, soll in dieser Arbeit genau betrachtet werden. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwieweit moderne, popkulturelle Adaptionen von Erzählungen über Ritter sich mit ihren literarischen Vorbildern aus dem Mittelalter überschneiden.
Das Mittelalter fasziniert die Menschen seit jeher als eine Zeit voller Abenteuer und Romantik. Dabei scheint die große zeitliche Distanz zur Gegenwart dieser Begeisterung keinen Abbruch zu tun. Die ersten Assoziationen sind meistens positiv – ehrenvolle Ritter, spannende Turniere, prunkvolle Feste und romantische Liebesgeschichten. Im Rahmen mittelalterlich stilisierter Fantasy-Erzählungen und Märchen sind es diese Aspekte, welche besonders betont werden. Historisch belegte Herausforderungen des Lebens im Mittelalter wie Hunger, Krankheit und Ungleichheit rücken dabei häufig in den Hintergrund und spiegeln sich auf den ersten Blick nur selten und nur schwach in der Mittelalterfiktion wider. Dies leuchtet insofern ein, als es deutlich erquicklicher ist, von glorreichen Aventiurefahrten und leidenschaftlicher Minne zu erzählen und nicht von Not und Elend.
Bereits im Mittelalter wussten Dichter und Schreiber ein großes Publikum zu begeistern mit ihren Geschichten von heldenhaften Kriegern, welche unerschrocken jeder noch so großen Gefahr ins Auge blicken, um die Gunst ihrer Angebeteten zu gewinnen. Als Beispiel für einen solchen Text wird in dieser Arbeit der "Erec" dienen, welcher Ende des 12. Jahrhunderts von Hartmann von Aue verfasst wurde und als erster deutscher Artusroman gilt.
Mittlerweile bestimmt kein anderes Medium unsere Sicht auf das Mittelalter so sehr wie der Film. Sowohl neuartige Adaptionen von altbekannten Sagen wie dem "Robin Hood" als auch moderne Fantasy-Epen im Gewand des Mittelalters wie der "Herr der Ringe" oder "Game of Thrones" ziehen die Leser- und Zuschauerschaft nach wie vor in ihren Bann. Fast immer stehen dabei archetypische Helden im Mittelpunkt der Handlung: Mal ist es Sir Jaime Lennister, der beste Schwertkämpfer der sieben Königslande, mal Aragorn, der zunächst inkognito als Waldläufer und später als Kommandant einer Armee für Gerechtigkeit kämpft. Egal ob zu Fuß oder zu Pferd, ob in strahlender Rüstung oder Lederumhang, ob mit Schwert und Schild oder mit Pfeil und Bogen bewaffnet – sie erinnern stets an die ehrenvollen und mutigen Ritter, die wir aus der Literatur des Mittelalters kennen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Ritter im Mittelalter
- 2.1 Die Anfänge des Rittertums
- 2.2 Das Erscheinungsbild des Ritters
- 2.3 Gewaltausübung im Mittelalter
- 2.4 Die höfische Repräsentation des Adels
- 2.5 Die Idee der Ritterlichkeit
- 3. Gewalt und Männlichkeit
- 3.1 Erec, der ritter guot
- 3.2 Ulrich, der Ritter aus Leidenschaft
- 4. Höfische Repräsentation
- 4.1 Erec, fils du roi Lac
- 4.2 William, Sohn des Dachdeckers John
- 5. Ere und minne
- 5.1 Erecke und Enîten, das geprüfte Königspaar
- 5.2 William und Jocelyn, das moderne Liebespaar
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ritterkonzeptionen in Hartmanns Erec und dem Film Ritter aus Leidenschaft. Sie verfolgt die Frage, inwieweit moderne, popkulturelle Adaptionen von Erzählungen über Ritter sich mit ihren literarischen Vorbildern aus dem Mittelalter überschneiden und welche Unterschiede zwischen den beiden Vergleichsgrößen bestehen.
- Entwicklung des Rittertums im Mittelalter
- Das Erscheinungsbild und die Rolle des Ritters in Literatur und Film
- Gewalt und Männlichkeit im Kontext der Ritterlichkeit
- Höfische Repräsentation und die Idealfigur des Ritters
- Die Bedeutung von Liebe und Treue in den beiden Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik und erläutert die Relevanz des Ritterkonzepts für die mittelalterliche Literatur und die moderne Popkultur. Kapitel 2 liefert einen Überblick über die historische Entwicklung des Rittertums, fokussiert auf Aspekte wie Rüstung, Waffen und die Idee der Ritterlichkeit. In Kapitel 3 werden die Konzepte von Gewalt und Männlichkeit in Hartmanns Erec und im Film Ritter aus Leidenschaft beleuchtet. Kapitel 4 untersucht die höfische Repräsentation der Ritterfiguren in beiden Werken. Kapitel 5 widmet sich der Rolle der Liebe und Minne in Erec und Ritter aus Leidenschaft. Die Arbeit schließt mit einem Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst und die Frage nach der Authentizität der modernen Ritterkonzeption beleuchtet.
Schlüsselwörter
Mittelalter, Rittertum, Ritterkonzeption, Erec, Hartmann von Aue, Ritter aus Leidenschaft, Gewalt, Männlichkeit, Höfische Repräsentation, Minne, Liebe, Moderne Adaption, Popkultur.
- Arbeit zitieren
- Myron Christidis (Autor:in), 2020, Ritter von Adel oder nur Ritter aus Leidenschaft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1025867