Innovatives Bestandsmanagement in der Supply Chain. Analyse bestehender sowie zukünftiger Konzepte


Bachelorarbeit, 2020

69 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Forschungsfragen
1.3 Methodische Vorgehensweise und Zielsetzung

2 Bestandsmanagement Allgemein
2.1 Definition und Aufgaben
2.2 Bestandsmanagement für den Logistikerfolg
2.3 Entwicklungen des Bestandsmanagement
2.3.1 Computer Systeme und RFID
2.3.2 „Application Programing Interface“ (API)
2.3.3 Auswirkungen der Digitalisierung
2.3.4 Digitale Fertigungsplattformen
2.3.5 Revenue Managements bei MTO
2.3.6 Einfluss digitaler Startup-Technologien im Operations Management
2.4 Rolle des Bestandsmanagement
2.4.1 Volatilität Bestandskomponenten - ihre Beziehung zu den Erträgen
2.4.2 Data Envelopment Analysis (DEA)

3 Methoden im Bestandsmanagement
3.1 Verfahren der Materialklassifizierung
3.1.1 ABC-Analyse
3.1.2 Gesunder Bestand
3.1.3 XYZ-Analyse
3.2 Forecast-Methoden
3.2.1 Lagerbezogene Leistungskriterien
3.2.2 Produktbezogene Leistungskriterien
3.2.2.1 Exponentielle Glättung 1. - Exponential smoothing
3.2.2.2 Exponentielle Glättung 2. - Holts’s exponential smoothing
3.2.2.3 Exponentielle Glättung 3. - Holt-Winter’s exponential smoothing
3.2.2.4 a-Servicegrad
3.2.2.5 b-Servicegrad
3.2.2.6 g-Servicegrad
3.2.3 Korrelationen und Regressionsanalyse
3.2.3.1 Einfache lineare Regression
3.2.3.2 Multiple Regression
3.3 Bestandscontrolling
3.3.1 Bestandsführung
3.3.2 Bestandsrechnung
3.3.3 Bestandsanalyse
3.3.4 Bestandsanpassungsmaßnahmen
3.3.5 Lagerreichweite
3.3.6 Vorratsintensität
3.3.7 Bestandsstruktur
3.3.8 Durchschnittlicher Lagerbestand
3.3.9 Durchschnittliche Lagerdauer
3.3.10 Umschlagshäufigkeit im Lager
3.3.11 Servicegrad - Lieferbereitschaft
3.3.12 Action-Value Methode

4 Supply Chain Produktion/Planung/Steuerung/Kontrolle
4.1 Produktionsplanung und Steuerung
4.2 Production & Demand Ratios – Order decoupling point (CODP)
4.2.1 Gesamte logistische Durchlaufzeit (P-time)
4.2.2 Bedarfszeit (D-time)
4.3 Auswirkungen wenn P-time ist länger als D-time
4.4 Manufacturing, Planning and Control System (MPC)
4.5 Just in Time Politik
4.5.1 Zentrales Bestandsmanagement Modell
4.5.2 Dezentrales Bestandsmanagement Modell

5 Modelle im Bestandsmanagement
5.1 Make to stock (MTS) - Lagerproduktion
5.2 Make to order (MTO) - Kundenauftragsproduktion
5.3 Vergleich MTS & MTO
5.4 Assemble to order (ATO)
5.5 Safety Stock
5.6 Supply Chain Operations Reference-Modell (SCOR-Modell)
5.6.1 Kernprozesse
5.6.2 Prozesskategorien
5.6.3 Prozesselemente und Implementierung
5.7 Kurzfristiges Kapazitätsmanagementproblem MTO
5.8 Auftragsannahme- und Terminisierungsproblem (OAS) MTO
5.8.1 Mathematisches Modell
5.8.2 VDPSO-MGT Algorithmus
5.8.2.1 VDPSO Algorithmus
5.9 Newsvendor-Modell
5.9.1.1 Newsvendor-Modell ohne bestellfixe Kosten
5.9.1.2 Newsvendor-Modell mit bestellfixen Kosten (s,S)-Politik
5.10 Bullwhip Effekt

6 Big Data
6.1 Service and Manufacturing Supply Chain Management (SM-SCM)
6.2 Herausforderungen, Möglichkeiten und Prognosen

7 Case Study
7.1 Forecast-Methoden
7.1.1 Forecast-Methoden 4 Artikelgruppen aggregiert
7.1.1.1 Exponentielle Glättung 1. Ordnung 4 Warengruppen
7.1.1.2 Exponentielle Glättung 2. Ordnung 4 Warengruppen
7.1.1.3 Exponentielle Glättung 3. Ordnung 4 Warengruppen
7.1.1.4 Summenvergleich aggregierte Forecast-Methoden
7.1.2 Forecast Evaluierung aggregierte MAD und MAPE
7.1.2.1 MAPE & MAD aggregierter Forecast Beispiel 3. Ordnung
7.1.2.2 Conclusion MAD & MAPE aggregiert
7.1.3 Forecast-Methoden Detailartikelebene
7.1.3.1 Exponentielle Glättung 1. Ordnung pro Artikel
7.1.3.2 Exponentielle Glättung 2. Ordnung pro Artikel
7.1.3.3 Exponentielle Glättung 3. Ordnung pro Artikel
7.1.3.4 Summenvergleich Forecast-Methoden Detailartikelebene
7.1.4 Forecast Evaluierung Detailartikelebene MAD und MAPE
7.1.4.1 MAPE & MAD Detailartikelebene Forecast Beispiel 3. Ordnung
7.1.4.2 Conclusion MAD & MAPE Detailartikelebene
7.2 Conclusio Forecast-Methoden
7.3 Praktische Anwendung Safety Stock
7.3.1 Conclusion Safety Stock
7.4 Regressionsanalyse
7.4.1 Einfache Regressionsanalyse
7.4.2 Multiple Regressionsanalyse
7.4.3 Conclusio Regressionsanalyse

8 Conclusio Case Study
8.1 Beantwortung der Forschungsfragen
8.2 Einschränkungen der Arbeit
8.3 Ausblick für weitere Forschungsmöglichkeiten

9 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Übersicht Bestandsmanagement

Abb. 2: Übersicht Bestandsmanagement Allgemein

Abb. 3: Treiber der Digitalisierung

Abb. 4: Staged DEA model used for the role of inventory and assets (stages 1-3)

Abb. 5: Staged DEA model used for the role of inventory and assets (stages 4)

Abb. 6: Übersicht Bestandsmanagement Methoden

Abb. 7: Lineare Regression - Streudiagramm

Abb. 8: Übersicht Bestandsmanagement Planung und Steuerung

Abb. 9: When P-Time is > D-time

Abb. 10: The focal "game plan"

Abb. 11: Übersicht Bestandsmanagement Modelle

Abb. 12: Prozesskategorien im SCOR-Modell

Abb. 13: Bestellannahmeentscheidung grafisches Beispiel

Abb. 14: Flussdiagramm - VDPSO

Abb. 15: Peitschenschlageffekt-Aufschaukeln der Bedarfsverläufe

Abb. 16: Big Data Analyse

Abb. 17: Übersicht Bestandsmanagement Case Study

Abb. 18: Saisonalität 4 Warengruppen pro Quartal

Abb. 19:Saisonalität je Artikel pro Quartal

Abb. 20: Regressionsanalyse 1

Abb. 21: Regressionsanalyse 2

Abb. 22: Regressionsanalyse 3

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: ABC-Analyse – Einteilungskonvention

Tab. 2: Vergleich exponential smoothing

Tab. 3: Korrelationen

Tab. 4: Servicegrad - Sicherheitsfaktor

Tab. 5: Newsvendor Modell ohne bestellfixe Kosten

Tab. 6: Warengruppe 1. Ordnung Übersicht

Tab. 7: Prognoseberechnung Warengruppe 1. Ordnung

Tab. 8: Warengruppe 2. Ordnung Übersicht

Tab. 9: Prognoseberechnung Warengruppe 2. Ordnung

Tab. 10: 4 Warengruppen 3. Ordnung Mengen und Level

Tab. 11: 4 Warengruppen 3. Ordnung Trend und Saisonalität

Tab. 12: Warengruppen 3. Ordnung Saisonalität und Forecast

Tab. 13: Summenvergleich aggregiertes Forecasting

Tab. 14: MAD und MAPE Forecast aggregiert

Tab. 15: MAPE und MAD Berechnung 3. Ordnung

Tab. 16: Prognoseberechnung Detail-Artikelebene 1. Ordnung

Tab. 17: Prognose 2019 Detail-Artikelebene 2. Ordnung

Tab. 18: Detailartikelebene 3. Ordnung Mengen und Level

Tab. 19: Detailartikelebene 3. Ordnung Trend und Saisonalität

Tab. 20: Detailartikelebene 3. Ordnung Saisonalität und Forecast

Tab. 21: Vergleich Prognosemodelle Detailartikelebene

Tab. 22: MAD und MAPE Forecast Detailartikelebene

Tab. 23: MAPE und MAD Detailartikelebene Berechnung 3. Ordnung

Tab. 24: Forecast-Methoden Gesamtvergleich

Tab. 25: Gesamtvergleich MAD und MAPE

Tab. 26: Servicegrad - Sicherheitsfaktor

Tab. 27: Safety Stock Parameter

Tab. 28: Safety Stock Berechnungsformeln

Tab. 29: Safety Stock Detailbereich

Tab. 30: Warengruppen Regressionsanalyse

Tab. 31: Regression Statistics

Tab. 32: Multiple Regressionsanalyse

Abkürzungsverzeichnis

API Application program interface

CODP Customer order decoupling point

DEA Data Envelopment Analysis

EOQ Economic Order Quantity

HCE Hyperscale computing environments

HPC Performance computing systems

JIT Just in Time

KMU Klein- und Mittelunternehmen

MAD Median absolute deviation

MAPE Median absolute percentage error

MGT Modified Giffler-Thompson algorithm

MPC Manufacturing planning and control

MPS Master production scheduling

MRP Material requirements planning

MTO Make to Order

MTS Make to Stock

OAS Auftrag- und Terminisierungsproblems

OSCM Operations und Supply Chain Management

PCT Production Cycle time

RFID Radio Frequency Identification

ROI Return on Investment

SCOR Supply Chain Operations Reference Modell

SM-SCM Service and Manufacturing Supply Chain Management

S&OP Sales and operations planning

VDPSO Dimensional particle swarm optimization algorithm

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die kürzeren Produktlebenszyklen und die steigende Dynamik auf den internationalisierten Märkten hatten zur Folge, dass sich über die letzten Jahre die Sichtweise der Unternehmen auf ihr Bestandsmanagement veränderte. Aufgrund des marktbeherrschenden Kostendrucks gingen die Entwicklungen von hohen Lagerbeständen in Richtung einer starken Reduzierung der Bestände. Dies soll eine Reduktion von Kosten und dem Working Capital sicherstellen. Im Vordergrund jeder Unternehmensstrategie für die optimalen Bestände steht ein Trade-off zwischen der Senkung der Kapitalbindung für eine höhere Kapitalumschlagshäufigkeit, sowie einer Steigerung des Lieferservicegrades.

Für die Überbrückung von zeitlichen, räumlichen und mengenmäßigen Differenzen zwischen den Input- und Outputströmen wird es für die Unternehmen immer wichtiger, die genauen Absatz bzw. die Produktionskapazitäten zu prognostizieren. Die verschiedenen Fertigungsprinzipien wie, „make to order“ oder „make to stock“ benötigen sehr detaillierte und genaue Einschätzungen, damit die Lagerhaltungskosten so niedrig wie möglich gehalten werden können.

Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob die Bestandsmanagementstrategien weiter auf die altbewährten Methoden aufbauen sollten, oder die Implementierung von neuen innovativen Systemen vorteilhafter wäre. Die zukünftigen Unternehmensentwicklungen werden sehr stark von Big Data geprägt sein. Ist es für Klein- und Mittelunternehmen überhaupt möglich relatitätsnahe Prognosemodelle aufzustellen oder ist der benötigte Detaillierungsgrad zu hoch? Diese Vielzahl von Daten stellen KMUs vor nicht zu unterschätzenden Herausforderungen, die im Rahmen der Case Study erläutert werden.

1.2 Forschungsfragen

1. Welche Maßnahmen und Strategien wären für Klein- und Mittelunternehmen geeignet, um die kurzfristige und mittelfristige Versorgung der Kundennachfrage zu garantieren, sowie die Schwankungen in der Supply Chain als auch die Prozessinstabilitäten zu minimieren?
2. Sind diese Maßnahmen für KMU überhaupt durchführbar und vor welche Herausforderungen werden KMU gestellt?

1.3 Methodische Vorgehensweise und Zielsetzung

Ziel der Bachelorarbeit ist die Aufarbeitung und Sammlung der theoretischen Grundlagen anhand von ausgewählten Fachbüchern, Journalen sowie weiterer geeigneten Quellen durch Literaturarbeit mit einer qualitativen Inhaltsanalyse. Die Miteinbeziehung von vergangenen Entwicklungen ist für exakte Vorhersagen im Bestandsmanagement unabdingbar, weil daraus saisonale Schwankungen abgeleitet werden, die auf schon gemachten Erfahrungen zurückzuführen sind. Mögliche Problemstellungen könnten durch das Nichtvorhandensein von aktuellen passenden Daten und keine Möglichkeit der eigenen Operationalisierung auftreten.

Im theoretischen Teil der Arbeit werden vier verschiedene Bereiche unterteilt:

- Allgemeines zu Bestandsmanagement (Rolle und Entwicklungen)
- Methoden im Bestandsmanagements
- Planung und Steuerung des Bestandsmanagements
- Modelle im Bestandsmanagement

Bei den Entwicklungen des Bestandsmanagement und deren Rolle in Unternehmensprozessen wird eine Literaturrecherche durchgeführt und die wichtigsten Punkte herausgearbeitet. Die verschiedenen Methoden werden im zweiten Teil in zwei verschiedene Bereiche, einerseits in Verfahren und Forecasting-Methoden, andererseits in Controlling unterteilt. In weiterer Folge werden die Planungs- sowie Steuerungsmöglichkeiten mit einem Fokus auf den „order decoupling point“ erläutert. Im letzten Teil des Theorieteils werden die verschiedenen Fertigungssysteme wie z.B. „make to order“ und „make to stock“ erklärt und mit dem anschließenden Auftrags- und Terminisierungsproblems (OAS) in einem mathematischen Modell analysiert. Die folgende Grafik wird sich mit ihrer strukturgebenden Wirkung durch die Arbeit ziehen und vor jedem großen Kapitel die bearbeiteten Themen mit einer grünen Farbe herausheben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Übersicht Bestandsmanagement1

Zum Abschluss der Arbeit wird aufbauend auf dem theoretischen Teil der Seminararbeit eine Case Study von einem kleinen Unternehmen, welches auf dem D.A.CH Markt tätig ist, ausgearbeitet. Anhand von diesen Unternehmensdaten wird untersucht, ob die Einführung von neuen, komplexen Prognoseverfahren für KMU überhaupt rentabel ist und welche Datensammlungen für diese Systeme vorhanden sein müssen. Die Modelle, die auf den Ausarbeitungen im theoretischen Teil beruhen, werden für ein praktisches Beispiel berechnet. Aus diesen Berechnungen lässt sich der nötige Datenbedarf sowie verschiedene Prognosewerte für ein Kleinunternehmen ableiten. Außerdem werden für ein stimmiges Gesamtbild Sicherheitsbestände mit unterschiedlichen Servicelevel berechnet sowie Regressionsanalysen erstellt. Für KMUs ist es wichtig, ihre Prozesse immer in ihrer Gesamtheit zu betrachten, weil die fehlende Datenvielfalt schnell große Auswirkungen auf das komplette Unternehmen haben.

Die Entwicklungen von den Verkaufszahlen, Produktionsvorgängen und Lagerkennzahlen werden von dem untersuchten Zeitraum verglichen und bewertet. Basierend auf den Unternehmensdaten werden verschiedene Prognosemöglichkeiten sowie die Sicherheitsbestände berechnet. Außerdem werden die vier Warengruppen mit einer Regressionsanalyse analysiert. Daraus werden Problemfelder von KMU abgeleitet, die die Zufriedenstellung der Kundennachfrage beeinflussen, sowie Auswirkungen auf die Prozessinstabilitäten haben.

Das Hauptziel der Arbeit ist die zukünftige Entwicklung des Bestandsmanagements in der Supply Chain zu definieren und neue Möglichkeiten für Unternehmensstrategien von Klein- und Mittelunternehmen abzuleiten. Außerdem wird anhand der Datenanalyse abgewogen, ob es mittlerweile bessere Prognosemöglichkeiten gibt, oder die alten Bestandsmanagementmodelle immer noch den optimalsten Weg zu den genauesten Einschätzungen der Produktionsvorgänge darstellen. Zusätzlich werden die neusten technologischen Entwicklungen mit Big Data in die Betrachtungen miteinbezogen, demzufolge kann eine Weiterentwicklung von den alten Bestandsmanagementsystemen hin zu neuen innovativen Systemen erreicht werden.

2 Bestandsmanagement Allgemein

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Übersicht Bestandsmanagement Allgemein2

2.1 Definition und Aufgaben

Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert den Begriff Bestandsmanagement wie folgt:

„Alle Entscheidungen und Handlungen, die Lagerbestände beeinflussen. Lagerbestände werden gebildet zum Ausgleich quantitativer und zeitlicher Diskontinuitäten sowie Überbrückung von Störungen während der Transformationsprozesse in der Supply Chain. Bestandsmanagement ist in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Parameter der wirtschaftlichen Gestaltung logistischer Systeme geworden.“3

Die Aufgaben des Bestandsmanagement laut Gabler Wirtschaftslexikon sind:

„Nutzung von Größendegressionseffekten, z.B. bei der Beschaffung und dem Absatz von Gütern (Rationalisierungsfunktion); Absicherung von Prozessen gegenüber Störungen (Sicherungsfunktion); Ausgleich von Nachfrage- oder Angebotsdisparitäten (Ausgleichs- oder Überbrückungsfunktion); Bereitstellung von Sortimenten; Umschlag und Kommissionierung (Sortierfunktion); Produktion bzw. Stoffänderung, z.B. bei Gärprozessen; spekulative Zwecke (Spekulationsfunktion).“4

Univ. Prof. Dr. Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien, definiert Bestandsmanagement wie folgt: „Bestandsmanagement beschäftigt sich mit der Betrachtung aller im Unternehmen vorhandenen Lagerbeständen mit dem Ziel, einen für das Unternehmen optimalen Trade-off zwischen den Zielen der Senkung der Kapitalbindung, um eine größere Kapitalumschlagshäufigkeit im Unternehmen zu erzielen, einerseits und einer Steigerung des Lieferservices andererseits. Bestände können in Form von Rohstoffen, Hilfsstoffen, Betriebsstoffen, unfertigen oder fertigen Erzeugnissen entlang der gesamten logistischen Kette auftreten.“5

Durch die rasanten Weiterentwicklungen von Technologie und Wissenschaft hat sich das wirtschaftliche Umfeld für moderne Produktionsunternehmen verändert. Flexible Produktion, kundenorientierte Nachfrage und kürzere Produktionslebenszyklen stellen die Unternehmen vor immer größer werdende Herausforderungen.6 Durch die Technologiefortschritte können Wettbewerbsvorteile generiert und Erfolgspotentiale ausgeschöpft werden. Mit der weiteren globalen Vernetzung ist es für Unternehmen immer wichtiger, optimale Vertriebswege zu entwickeln, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Außerdem müssen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, wie Embargos, Strafzölle, Umweltbeschränkungen sowie politische und wirtschaftliche Krisen der Staaten in die Strategien miteinbezogen werden.

2.2 Bestandsmanagement für den Logistikerfolg

Bestände dienen als Puffer um die zeitliche Synchronisation zwischen Entwicklung und Herstellung, sowie die zeitgerechte Befriedigung der Nachfrage sicherzustellen. Das Aufgabenfeld des Bestandsmanagements ist ein wichtiges Instrument der Planung und Steuerung der Supply Chain in einem Unternehmen.7

Die Optimierung des Logistikerfolges ist das Ziel jeder logistischen Aktivität und einer der Hauptaspekte für den Erfolg einer Unternehmensstrategie. Dieser wird im Wesentlichen von den zwei Elementen Logistikleistung und Logistikkosten bestimmt. Die Kernpunkte der Logistikleistung sind die Lieferzeit, Lieferzuverlässigkeit, Lieferflexibilität, Lieferqualität sowie die Informationsfähigkeit. Die Logistikkosten können in Bestände, den Transport und in die Systeme funktional bzw. funktionsübergreifend unterteilt werden. Einen großen Teil der Optimierung des Logistikerfolges wird also durch das Bestandsmanagement geprägt. Die Hauptaufgabe des Bestandsmanagements ist es die Logistikkosten zu minimieren und gleichzeitig einen von Unternehmensleitung, Vertrieb und Logistik erarbeiteten, vorgegebenen Logistikleistungsgrad sicherzustellen. Aus diesem Grund steht das Bestandsmanagement in engem Zusammenhang mit dem Erfolg der logistischen Aktivität.8

2.3 Entwicklungen des Bestandsmanagement

Infolge der Globalisierung und den sinkenden Zykluszeiten müssen die Lagerbestände immer auf dem aktuellsten Bestand gehalten werden. Aus diesem Grund entwickelte sich das Bestandsmanagement weg von einem unterschätzten Geschäftsprozess zu einem zentralen Teil jeder Unternehmensstrategie. Teile dieser Entwicklungen wurden sehr stark vom technischen Fortschritt sowie deren neuen Möglichkeiten geprägt. Die damaligen größten und zeitintensivsten Herausforderungen konnten im Rahmen der Digitalisierung gelöst werden.9

2.3.1 Computer Systeme und RFID

Die Einführung des Computers im Jahr 1946 vereinfachte die bereichsübergreifende Betrachtung der Bestände und stellte einen reibungsloseren Ablauf der Prozesse sicher. Die Datenerfassung war nahezu in Echtzeit möglich. Außerdem reduzierten Computersysteme Schwund sowie Fehlberechnungen und transformierten das Bedarfsmanagement in unkompliziertere Größen.10

In erster Linie geht es um die optimale Nutzung der täglich produzierten Daten, die mit der Einführung von Computersystemen in der Industrie erstellt werden. Bei personalintensiven, geografisch weitläufigen Bereichen des täglichen Lebens liegt die Datenerfassung noch hinter ihren Möglichkeiten zurück. Jedoch sind in der heutigen kurzyklischen, dynamischen Welt immer mehr industrielle sowie geschäftliche Prozesse von sofort verfügbaren Daten abhängig. Seit der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit der RFID-Technologie Mitte der 90er Jahre, verbesserte sich die Nutzung der Geschäftsprozesse, deren Möglichkeiten jedoch noch lange nicht ausgeschöpft sind. Bei der RFID-Technologie werden Identifizierungsinformationen jeglicher Art über Funkwellen befördert. Dieser Vorgang basiert auf Tokens mit denen Ressourcen und Personen versehen werden, damit sie eine eindeutige Identifikation aufweisen. Zentrale Werte der RFID-Technologie sind:

- Erstellung und sinnvolle Nutzung von neuen Geschäftsprozessen, da Echtzeitdaten über Prozessbeteiligte verfügbar sind.
- Umgestaltung vorhandener Geschäftsprozesse zur Erreichung einer kontinuierlichen Verbesserung durch Echtzeitdatenbereitstellung.11

2.3.2 „Application Programing Interface“ (API)

Die API Systeme sind eine bedeutende Entwicklung in der Verknüpfung von Mehrkanalbetrieben im Internet. Sie vereinfachen die Schnittstellen zwischen den eigenen verschiedenen Komponenten und externen Softwaresystemen. Außerdem wurde durch die möglichen Echtzeitsynchronisationen ein höherer Optimierungsgrad erreicht.12

Das primäre Ziel der Programmierung von Netzwerksystemen ist es, eine optimale „end-to-end“ Performance für Endbenutzeranwendungen sicherzustellen. Die gängigsten Networking APIs sind WinSock bei Windows Systemen, BSD „sockets“ bei Unix Plattformen, Java und RMI.

BSD „sockets“ sind eine verallgemeinerte Netzwerkschnittstelle. Die Funktion „socket“ ist in den meisten aktuellen UNIX System veröffentlicht. Diese sogenannten „sockets“ ermöglichen die Kommunikation zwischen zwei verschiedenen Prozessen mit dem gleichen oder anderen „hosts“. WinSock beruht auf BSD „sockets“ Programmen. Beide Programme basieren auf dem Verfahrensparadigma. Mit der aufkommenden Verbreitung komplexerer Anwendungen und Berechnungen entstand mit Java ein sicheres, objektbasiertes, plattformunabhängiges Programmierungsmodell. Entwickelt wurde dieses System von der Firma Sun Microsystems in den Vereinigten Staaten im Jahr 1995. Die Vorteile von APIs wie Java und RMI sind ihre Plattformunabhängigkeit und Objektorientiertheit, sowie ihre Einfachheit und die Möglichkeit zur Wiederverwendung ihrer Codes.13

Die Hauptbestanteile der „Application Programing Interface“ (API) sind:

Input und Output Geräte:

Maus, Tastatur, Drucker und Sound

Benutzerschnittstellenelemente:

Windows, Menus, Dialoge, Eingabe Widgets, Zwischenablage und

Internationalisierungsfunktionen

Systemservices:

Dateien, Speicher, Hardware, Systemdatenbanken und Netzwerke

Grafikelemente:

Bitmaps, Schriftarten, Zeichenprimitive, Flächenmanagementfunktionen und

3D-Grafik-Rendering14

2.3.3 Auswirkungen der Digitalisierung

Der steigende Digitalisierungsgrad prägt vor allem KMU sehr stark, weil diese zum Teil Nachholbedarf bei der Digitalisierungskompetenz, wie auch bei den notwendigen Qualifikationsgraden der Mitarbeiter haben. Basierend auf neuen digitalen Geschäftsmodellen werden neue digitale Technologien implementiert oder weiterentwickelt. Hauptverantwortliche Treiber dieser Entwicklungen sind die Verfügbarkeit von zusätzlichen Daten, im speziellen „Internet of Things-Devices“ und „Wearables“. Zusätzlich werden durch die weiterentwickelten Algorithmen und deren Einsatz bei analytischen Verfahren sowie beim Deep-Learning aussagekräftigere Auswertungen getroffen. Die verbesserten Hardwarekomponenten ermöglichen eine deutlich schnellere Nutzung sowie Verarbeitung von durch die IT berechneten Daten.15

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Treiber der Digitalisierung16

2.3.4 Digitale Fertigungsplattformen

Die Komplexität von Fertigungsprozessen steigt vor allem im Bereich des „make to order“ Prinzips immer weiter an. Je mehr Lieferanten in den Auftragsabwicklungsprozess eingebunden sind, umso schwieriger wird die Planung der gesamten Lieferkette. Ein wichtiger Teil der Netzwerkkonfigurationen des Unternehmens stellt aus diesem Grund die geeignete Auswahl des Lieferantenpools dar. Die Notwendigkeit zur Miteinbeziehung dieses Unternehmensbereiches steigt bei einer Steigerung der kundenauftragsbezogenen Auftragsabwicklungstypen an. Die Lieferantenauswahl mit Hilfe mathematischer Methoden und Nutzwertanalysen ist komplex und mit sehr hohen Kosten verbunden. In weiterer Folge wurden simulationsgestützte Verfahren und webbasierte Plattformkonzepte entwickelt.

Durch die Implementierung von webbasierten Tools und deren Digitalisierungslösungen kann eine effizierte Nutzung des Auftragsabwicklungsprozesses und des Supply Chain Managements gewährleistet werden. Vorteile dieser digitalen Plattformen, wie der Einsatz des Electronic Data Interchange (EDI) und des weborientierten Extensible Markup Languaga (XML) sind Verbesserung der Transparenz über die Lieferkette, eine verbesserte Kommunikation zwischen den Netzwerkpartner und eine höhere Informationsdichte. Durch diese Systeme wird eine effektive Unterstützung der Netzwerkkonfiguration sowie der Fremdbezugsplanung und -steuerung realisiert.17

2.3.5 Revenue Managements bei MTO

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten produzieren immer mehr Unternehmen nach dem „make to oder“ Prinzip. Die Problematik dieser Fertigungsart ist die Einteilung der Aufträge bzw. die Erstellung eines optimalen Produktionsplanes, weil durch eine Annahme eines Auftrages die Kapazitäten für einen späteren lukrativeren Auftrag belegt sein könnten. Anhand des Revenue Managements kann die Auftragsannahmeentscheidung sowie die anschließende Produktionsplanung optimiert werden. Die begrenzte Kapazität kann erlösmaximierend eingesetzt werden.

Das Revenue Management umfasst vier Instrumente:

- Preisdifferenzierung
- Kapazitätssteuerung
- Überbuchungssteuerung
- Dynamic Pricing18

2.3.6 Einfluss digitaler Startup-Technologien im Operations Management

Startups sind im Gegensatz zu den großen Marktteilnehmern nicht nur bloße Anwender neuer Technologien, sondern entwickeln diese selbstständig und sichern sich dadurch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Die Implementierung sowie die Weiterentwicklung von Technologien führen zu einer digitalen Transformation der Wertschöpfungsketten. Diese betreffen die Organisationsstrukturen und das Managementkonzept sowie nahezu alle Produkte und Prozesse des Unternehmens. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen oder Blockchain-Technologien sind Möglichkeiten zur Erarbeitung eines technologischen Vorteils. Dadurch können ganze Geschäftsmodelle transformiert werden. Innovative Technologien gelten besonders im Bereich der Logistik und des Supply Chain Managements als Hauptbestandteil für die Sicherstellung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles. Startups können durch ihre technologische Leistungs- sowie Anpassungsfähigkeit schnell auf veränderte Wettbewerbsbedingungen reagieren. Außerdem sind sie in der Lage Technologien selbstständig zu entwickeln und können sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Mit dem Erkennen und dem zusätzlichen Nutzen der technologischen Möglichkeiten weisen Startups organisatorische Merkmale des technischen Opportunismus auf. Dieser besteht aus 2 Dimensionen:19

Technology sensing capability

Fähigkeit neue Technologien aus internen und externen Ressourcen zu erlernen

Technology response capability

Bereitschaft und Fähigkeit Maßnahmen von neuen Technologien zu ergreifen

2.4 Rolle des Bestandsmanagement

Im Operations und Supply Chain Management (OSCM) ist das Bestandsmanagement ein zentraler Erfolgsfaktor. Effizientes Bestandsmanagement führt langfristig zu steigenden Profiten sowie Umsätzen, einem höheren Return on Invest und steigender strategischer Flexibilität. Des Weiteren kann das Unternehmen besser auf Veränderungen am Markt reagieren. Die Bestände sollten immer so genau wie möglich gehalten werden. Jedoch sollten die Leistungsfähigkeit und die Lieferbereitschaft nicht vermindert werden. Kurzfristig können die Bestände für eine schnellere Reaktionsfähigkeit auch höher angelegt werden. Langfristig betrachtet sollten diese allerdings auf einem konstanten Level gehalten werden. Das Bestandsmanagement spielt in der Folge eine große Rolle in den Shareholder Values der jeweiligen Unternehmen.20

2.4.1 Volatilität Bestandskomponenten - ihre Beziehung zu den Erträgen

Lagerbestandsvolatilität und Überschussbestände sind die Hauptbestandteile der operationellen Risiken. Die spezifischen Auswirkungen der drei Kernpunkte des Bestandsmanagements Rohmaterialien, Teile in Bearbeitung und fertiggestellte Materialien sind dabei noch weitestgehend unerforscht. Da sich die diese drei Faktoren auf unterschiedliche Ebenen der Supply Chain beziehen, unterscheiden sich ihre Volatilitäten und in weiterer Folge ihre „stock of returns“. Die Bestandsmanagementvolatilitäten steigern die Renditen des Unternehmens. Eine große Herausforderung für die Unternehmen ist die richtige Balance zwischen „out of stock“ und Lagerüberschuss zu finden, weil mit diesen Handlungen direkte Auswirkungen auf die Lieferanten sowie Kunden verbunden sind. Bestandsmanagementvolatilität ist eine direkte Auswirkung dieses Risikos.21

Basierend auf den Unternehmenszahlen von US Produktionsfirmen zwischen den Jahren 2005 und 2013 wurde in dem behandelten Paper von Bendig D. verschiedene Verbindungen zwischen Beständen und Renditen betrachtet. Zwischen der „work-in-process“ Volatilität und Renditen besteht eine signifikante positive Assoziation. Volatilität von fertiggestellten Gütern und Renditen unterliegen einer signifikanten negativen Verbindung. Zwischen Rohmaterial und Renditen besteht keine signifikante Verbindung. Verschiedene industriedynamische Entwicklungen können diese Verbindungen jedoch beeinflussen.22

2.4.2 Data Envelopment Analysis (DEA)

Die Arbeiten und Forschungsprozesse im Bereich der Data Envelopment Analyse stiegen über die letzten Jahre exponentiell an. DEA ist eine moderne Methode, um die Produktivität und Effizienz von Entscheidungseinheiten zu messen.23

Dass der Shareholder Value vom Umsatz, Profit, dem Cashflow, dem Lagerbestand und den Vermögensbeständen beeinflusst wird, klingt verständlich. Die Anwendung in einem praxischen Beispiel ist dagegen schon schwieriger. Die Abbildung „Staged DEA model used for the role of inventory and assets (stages 1-3)“ auf der folgenden Seite zeigt Data Envelopment Analysen (DEA) zwischen Modellen der Transformationsprozesse von Beständen, den Vermögenseingänge zum Umsatz, den Profiten sowie dem Cashflow auf der ersten Stufe.

Anschließend werden diese Zwischenergebnisse in der zweiten Stufe in Inputs umgewandelt und als echte Output-bereinigte Aktienkursänderung angesehen. Diese zwei Modelle sind anhand der Regressionsanalysen zwar wenig aussagekräftig, aber signifikant. Normalerweise sind diese zwei Modelle immer von positiven Korrelationen geprägt. In Ausnahmefällen kann es aber zu überdurchschnittlichen Werten kommen. Das würde bedeuten, dass eine angepasste Aktienkursveränderung erreicht worden ist. Zwischen den DEA Modellen zwei und drei besteht eine Kausalität, bei der die Bestände und das Vermögen mit dem Umsatz, Profit und Cashflow verbunden sind.24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Staged DEA model used for the role of inventory and assets (stages 1-3)25

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Staged DEA model used for the role of inventory and assets (stages 4)26

Die Aufarbeitungen der Rolle des Bestandsmanagements sind normalerweise immer sehr einfach gehalten. In dieser Arbeit wurde aus diesem Grund versucht die Umsätze, den Profit, den Cashflow und den jährlichen Aktienpreis zum Teil in die Betrachtungen miteinfließen zu lassen. Das unter Punkt 2.4.2 beschriebene Model weist eine hohe Kausalität mit einer geringen Fehlerquote auf und bestätigt, dass Bestandsmanagement einen hohen Einfluss auf den Unternehmenserfolg sowie den Shareholder Value hat.27

3 Methoden im Bestandsmanagement

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Übersicht Bestandsmanagement Methoden28

3.1 Verfahren der Materialklassifizierung

Die verwendeten Einsatzgüter lassen sich durch den Einsatz von verschiedenen Verfahren der Materialklassifizierung nach unterschiedlichen Merkmalen gruppieren. Aus diesen verschiedenen Produktgruppen werden anschließend Schlussfolgerungen für den Beschaffungsprozess gezogen.

3.1.1 ABC-Analyse

Bei der ABC-Analyse wird eine Klassifizierung aller, der im Unternehmen eingesetzten Materialen durchgeführt. Die bestehenden Unterschiede bei den Gesamtverbrauchswerten und Gesamtverbrauchsmengen werden anhand dieser Verfahren in unternehmensspezifische Klassifikationen von A-, B- und C-Gütern eingeteilt. Hierfür stellt man die jeweiligen Verbrauchsmengen ihren absteigend angeordneten Gesamtverbrauchswerte aller Materialien (Preis mal Menge) gegenüber. Die kumulierten Verbrauchswerte der Klassenbildungen ergeben eine gegenläufige Wert- und Mengenrelation.

Die A-Güter weisen einen hohen Wert- und einen niedrigen Mengenanteil auf, während die Proportionen bei den C-Gütern umgekehrt verlaufen. Die unternehmensindividuellen Präferenzen und Prioritäten entscheiden über die Festlegung der Klassengrenzen. Somit können diese sehr stark voneinander variieren. Die Einteilungsstrategie der Materialien kann zudem auch einer Einteilungskonvention folgen. Es können beruhend auf dem erfahrungsgemäßen Industriedurchschnitt folgende Wert- und Mengenproportionen für die verschiedenen Einsatzgüterarten erwartetet werden:29

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: ABC-Analyse – Einteilungskonvention30

Die Mengenquoten können sich bei einer stark reduzierten Fertigungstiefe in Richtung der A-Güter verschieben. Die Konsequenzen für den Beschaffungsprozess aus den unterschiedenen Einsatzgütergruppen liegen in einer abgestuften Differenzierung und Detaillierung. Von den A-Gütern gehen aufgrund ihrer hohen Einsatzwerte die größten Liquiditäts- und damit die stärksten Erfolgseffekte aus. Darauf entfalten die Optimierungsbemühen ihre größten Wirkungen. Der Bedarf an A-Gütern ist also programmgebunden zu ermitteln. Für die B-Güter sind in der Regel verbrauchsgebundene Verfahren ausreichend und zu den kleinteiligen C-Gütern kann auf fundierte Schätzungen zurückgegriffen werden. Bei der Bedarfsermittlung mit einer ABC-Analyse kann eine unternehmensspezifische Materialklassifizierung nach unterschiedlichen Verbrauchswerten und Mengenanteilen vorgenommen werden.31

3.1.2 Gesunder Bestand

Eines der Hauptkriterien bei der ABC-Analyse ist die Berücksichtigung eines einzelnen Faktors, bei der Einteilung der Güter in Klassen. Die gesamten Produktionslaufzeiten und die Ressourcenintensivität sollten zusätzlich in das Klassifizierungsmodell einfließen. Wegen der Nichteinbeziehung aller relevanten Faktoren ist die Klassifizierung der ABC-Analyse mit Bedacht für weitere Handlungen zu nutzen. In den Produktionsprozess fließen viele verschiedene Faktoren mit ein, die nach der individuellen Unternehmensphilosophie gewichtet werden sollten. Eine Gleichstellung der Elemente hat ein nicht optimales Ergebnis zur Folge. Die allgemeine Bestimmung eines Bestandes ist aufgrund von fehlenden Informationen über den Unternehmensgegenstand, die Produktionsformen sowie die Unternehmensziele nicht sinnvoll.32

3.1.3 XYZ-Analyse

Während der Planungsperiode erfolgt die Bildung der Materialgruppen über den Verbrauchsverlauf. Bei dieser Art der Klassifikation steht die Genauigkeit der Prognose des zukünftigen Bedarfes im Vordergrund. Bei den X-Gütern weist der Verbrauchsverlauf eine hohe Regelmäßigkeit auf. Wenn eine starke Verbindung zu den Produktionsmengen vorliegt, sind zusätzliche Schwankungen kaum zu erwarten. Diese Materialien können fertigungssynchron beschafft werden. Die Prognosegenauigkeit ist hoch. Reguläre Bauteile für Standardprodukte oder wiederauszutauschende Verschleißteile von Anlagen können den X-Gütern zugeteilt werden.

Die Verbräuche von Y-Gütern unterliegen zyklischen Schwankungen. Diese können negative sowie positive Trends aufweisen. Der Bedarf ist über eine Lagerhaltung abzufangen, weil die Prognosemöglichkeiten mit sehr hohem Aufwand verbunden sind. Für Komponenten von Sonderausstattungen oder Ersatzteile der Maschinen ist eine Vorratsbeschaffung erforderlich.

Z-Güter werden bei zufälligen Anlässen sehr unregelmäßig verbraucht. Für diese Güter werden einzelfallbezogene Beschaffungsmaßnahmen eingesetzt, weil Prognosen kaum möglich sind. Dieser Kategorie werden auftragsbezogene Spezialanfertigungen oder Ersatzteile für einen unvorhergesehenen Maschinenausfall zugeordnet.33

3.2 Forecast-Methoden

3.2.1 Lagerbezogene Leistungskriterien

In einzelnen Perioden lässt es sich unter stochastischen Bedingungen nicht vermeiden, dass die Erfüllung eines Bedarfes für ein Produkt, aufgrund einer Erschöpfung des physischen Lagerbestandes, erst nach einer lagerbedingten Wartezeit erfüllt werden kann. Die noch offenen Mengen, die aufgrund mangelnder Lieferfähigkeit nicht ausgeliefert werden konnten, werden als sogenannte Fehlmengen vermerkt. Die daraus resultierenden Fehlmengenkosten können in die Zielfunktion eines Entscheidungsmodells zur Bestimmung der optimalen Parameter der Lagerhaltungspolitik aufgenommen werden. Daraus lassen sich anschließend die optimalen Fehlmengenkosten sowie das Minimum der Zielfunktion bestimmen. In der Praxis sind Fehlmengen nur sehr schwer quantifizierbar, daher werden technizitäre Kriterien für die Beschreibung der logistischen Leistung eingesetzt, deren Sollwerten festgelegt werden. Die „Key Performance“-Indikatoren eines Lagerknotens, die für den Leistungsbeitrag einer Supply Chain unumgänglich sind, unterscheiden sich neben der Anzahl der in die Betrachtung miteinbezogenen Produkte, zusätzlich durch ihren zeitlichen Bezug.34

3.2.2 Produktbezogene Leistungskriterien

Der Sicherheitsbestand eines Unternehmens kann aufgrund von Kostengründen normalerweise nicht so hoch angesetzt werden, dass die maximalen Nachfragemengen in der Wiederbeschaffungsfirst abgedeckt werden können. Daher werden Lager-Servicegrade in der Praxis mit exponentiellen Glättungen ausgearbeitet, um die Sicherheitsbestände sowie die Fehlmengen einzuschätzen.

In der bearbeiteten Literatur betrachtet Packer die Bestandspolitik als einseitiges Bestandsmanagementproblem. Er entwickelte einen Weg, um aus den vergangenen Daten einen Vorteil mitzunehmen, damit die Lagerkosten gesenkt werden können. Im Spezialfall bedeutet das, dass die Bestellmenge Q mit dem Bestellmengenmodell Economic Order Quantity (EOQ) berechnet werden kann. Für diese Berechnungsart wird die durchschnittliche Bestellmenge mit den verschiedenen exponentiellen Glättungen geschätzt. Die durchschnittliche Nachfrage aus der Vorlaufzeit und ein vorher festgelegter Sicherheitsbestand werden für die Bestimmung des Nachbestellpunktes R verwendet.35

3.2.2.1 Exponentielle Glättung 1. - Exponential smoothing

Umso älter die Beobachtungen der vorhandenen Daten sind, desto geringer ist die Gewichtung. Dieser Vorgang wird in der Formel durch den Glättungsfaktor a dargestellt. a ist außerdem eine Glättungskonstante. Das bedeutet, dass die aktuelle Vorhersage für Jahr sich über die Jahre nicht verändert. Ein hohes a hat eine hohe Reaktionsfähigkeit auf irreguläre Schwankungen zur Folge und eine schwache Berücksichtigung älterer Zeitreihenwerte. Wenn das a andererseits klein ist, bedeutet das, dass die Prognosewerte eine hohe Stabilität aufweisen und die älteren Zeitreihenwerte starke Auswirkungen für die Berechnung haben. Wenn a größer ist als 0,5 ist es ein naives Model und deswegen nicht aussagekräftig.36

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.2.2 Exponentielle Glättung 2. - Holts’s exponential smoothing

Der bedeutsamste Vorteil im Vergleich zum „exponential smoothing“ ist die zusätzliche Berücksichtigung der Trendverläufe. Die bereits geglätteten Werte werden erneut geglättet. Level L und Trend T werden mit den Parametern a und b separat geschätzt.37 38

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.2.3 Exponentielle Glättung 3. - Holt-Winter’s exponential smoothing

Zusätzlich zu Level L, und Trend T wird eine Saisonalität geschätzt. Dieses Berechnungsmodell baut auf drei Parametern a,b und g auf. p ist der Periodenfaktor, wenn sich der Periodenfaktor p quartalsmäßig wiederholt ist p gleich 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der nachfolgenden Tabelle werden die verschiedenen Parameter der Smoothingvarianten mit ihren Faktoren dargestellt und gegenübergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Vergleich exponential smoothing39

3.2.2.4 a-Servicegrad

Der a-Servicegrad ist eine ereignisorientierte Kennziffer. Diese gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein auftretender Bedarf aus dem vorhandenen Lagerbestand vollständig erfüllt werden kann. Für eine genaue Bestimmung des Sicherheitsbestandes durch den a-Servicegrad muss die stationäre Wahrscheinlichkeitsverteilung des Lagerbestandes bekannt sein. Desto höher dieser Grad ist, umso geringer sind die Fehlmengen.40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.2.5 b-Servicegrad

Der Anteil der Gesamtnachfragemenge, der ohne lagerbedingte Lieferzeit geliefert werden kann, wird als b-Servicegrad bezeichnet. Das entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass eine beliebige Mengeneinheit der Nachfrage ohne lagerbedingte Wartezeit ausgeliefert werden kann. Im Gegensatz zum a-Servicegrad, der nur die Tatsache erfasst, dass Fehlmengen auftreten, wird beim b-Servicegrad die Höhe der Fehlmengen erfasst. Infolgedessen wird dieser in der Praxis bevorzugt als Leistungskriterium herangezogen.41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.2.6 g-Servicegrad

Bei der Berechnung mit dem g-Servicegrad, einer zeit- und mengenorientierten Kennziffer, wird versucht sowohl, die Höhe der Fehlmenge als auch die jeweiligen Wartezeiten, der als Rückstandsaufträge vorgemerkten Bedarfe, zu erfassen. Der g-Servicegrad erfasst zusätzlich zum b-Servicegrad die Fehlbestandsentwicklungen in den davorliegenden Perioden.42

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.3 Korrelationen und Regressionsanalyse

Die Regressionsanalyse ist ein Instrument, um statistische Modelle aufzuarbeiten, indem sie eine Verbindung von einer abhängigen Variablen zu mehreren unabhängigen Variablen herstellt. Bei dieser Methode werden keine Kausalitäten bestimmt. Folgende zwei Verfahren können unterschiedlich angewendet werden.

3.2.3.1 Einfache lineare Regression

Die einfache lineare Regression sucht eine lineare Verbindung zwischen der unabhängigen Variable X und der abhängigen Variable Y. Mit einem Streudiagramm wird der lineare Verlauf des Datenpools verifiziert.

[...]


1 in eigner Ausarbeitung

2 In eigener Ausarbeitung

3 Krieger Prof. Dr. (2018), https://wirtschaftslexikon.gabler.de

4 Krieger Prof. Dr. (2018), https://wirtschaftslexikon.gabler.de

5 Kummer/Grün/Jammernegg (2019); S. 370

6 Vgl. Wang et al (2019), S. 841

7 Vgl. Schönsleben (2007) S, 10

8 Vgl. Schulte (2008), S. 7 f.

9 Vgl. Orderhive (2020), www.orderhive.com S. 5 f.

10 Vgl. Orderhive (2020), www.orderhive.com S. 8

11 Vgl. Kircher (2007), S. 140 f.

12 Vgl. Orderhive (2020), www.overdrive.com S. 9

13 Vgl. Zeadally et a. (2003), S. 397 f.

14 Vom Verfasser übersetzt. Spinellis (1998), S. 2

15 Vgl. Schröder/Wegner (2019), S. 471 f.

16 Vgl. Schröder/Wegner (2019), S. 472

17 Vgl. Schröder/Wegner (2019), S. 381 f.

18 Vgl. Schröder/Wegner (2019), S. 235 ff.

19 Vgl. Schröder/Wegner (2019), S. 237 ff.

20 Vgl. Hilmola (2020), S. 1

21 Vgl. Bendig/Brettel/Downar (2018), S. 37

22 Vgl. Bendig/Brettel/Downar (2018), S. 37

23 Vgl. Emroudnejad/Yang (2017), S. 4

24 Vgl. Hilmola (2020), S. 4

25 Vgl. Hilmola (2020), S. 4 in eigener Darstellung

26 Vgl. Hilmola (2020), S. 4 in eigener Darstellung

27 Vgl. Hilmola (2020), S. 6

28 In eigener Ausarbeitung

29 Vgl. Schulte (2008), S. 311

30 Vgl. Töpfer (2004) S. 731, in eigener Darstellung

31 Vgl. Töpfer (2004), S. 273 f.

32 Vgl. Chu/Liang/Liao (2005), S. 842 f.

33 Vgl. Töpfer (2004), S. 732 f.

34 Vgl. Tempelmeier (2005), S. 25 f.

35 Vgl. Packer (1967), S. 660 f.

36 Vgl. Hrusovsky (2018), S. 17 f.

37 Vgl. Hrusovsky (2018), S. 21 f.

38 Vgl. Hrusovsky (2018), S. 33 f.

39 Vgl. Hrusovsky (2018), S. 33 f. in eigener Darstellung

40 Vgl. Tempelmeier (2005), S. 27

41 Vgl. Tempelmeier (2005), S. 29

42 Vgl. Tempelmeier (2005), S. 29

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Innovatives Bestandsmanagement in der Supply Chain. Analyse bestehender sowie zukünftiger Konzepte
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
69
Katalognummer
V1026300
ISBN (eBook)
9783346406200
ISBN (Buch)
9783346406217
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Forecasting, Bestandsmanagement, Bestandscontrolling
Arbeit zitieren
Daniel Häusle (Autor:in), 2020, Innovatives Bestandsmanagement in der Supply Chain. Analyse bestehender sowie zukünftiger Konzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1026300

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