Ziel und Zweck dieser vorliegenden Masterarbeit ist es, Steueroptimierungsmöglichkeiten darzustellen, die in Verbindung mit dem Inkrafttreten der Reformierung verbleiben. Es wird versucht, Gestaltungsoptionen für die jeweiligen Teilbereiche vorzustellen und zu erläutern. Eine weitere Zielsetzung ist es einerseits, die Ergänzungstatbestände des § 1 GrEStG systematisch zu untersuchen und die dafür vorgesehenen Neuerungen zu diskutieren. Andererseits werden daraus entstehende Rechtsfolgen als auch grundlegende kritikwürdige verfassungsrechtliche Aspekte behandelt und ausgewählte, mit den Tatbeständen in Zusammenhang stehende Thematiken dargelegt.
Der Aufbau der Masterarbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Nach der einleitenden Problemstellung im ersten Abschnitt, gewährt das Kapitel 2 Einblicke in das derzeit geltende Regelungswerk der Grunderwerbsteuer. Im Speziellen werden dabei die Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG beleuchtet. Im weiteren Verlauf gibt das Kapitel 3 Aufschluss über den Referentenentwurf und dessen Zielsetzung zur Eingrenzung von legalen Steuergestaltungsmöglichkeiten. Insbesondere wird der Ursprung der Idee zur Reformierung aufgedeckt und steuerliche Auswirkungen für die jeweiligen Parteien diskutiert. Dabei stehen die geplanten wesentlichen Neuerungen der Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG im Fokus. Das Kapitel 4 stellt das Kernstück der vorliegenden Arbeit dar und gewährt Einsicht in die verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten vor und nach dem geplanten Eintritt der Reform. Ausgehend vom derzeit geltenden Referentenentwurf, wird die Inkraftsetzung zum 01.01.2020 fingiert. Dabei werden die allgemeinen Steuervergünstigungen i.S.d. § 3 GrEStG sowie die Besteuerungsausnahmen in den §§ 5, 6 GrEStG, aufgezeigt.
Die Übergangsregelungen i.S.d. § 23 GrEStG-E unterrichten über die zeitliche Anwendung der Neuregelungen in Verbindung mit bestehenden Vorschriften nach Eintritt der geplanten Reform und wie diese aufeinander wirken. Schlussendlich stellen ausgewählte Steuerplanungsmöglichkeiten alternative Wege dar, wie eine Grunderwerbsteuer außerhalb der Share-Deal-Struktur vermieden werden kann. [...]
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Gesetzesänderung zur Erhöhung des Grunderwerbsteueraufkommens
2. Grunderwerbsteuer im Allgemeinen
2.1 Rechtsentwicklung des Grunderwerbsteuergesetzes
2.2 Erwerbsvorgänge des Grunderwerbsteuergesetzes
2.2.1 Ersatztatbestand § 1 Abs. 2a GrEStG
2.2.2 Anteilsvereinigungstatbestand § 1 Abs. 3 GrEStG
2.2.3 Wirtschaftliche Beteiligung § 1 Abs. 3a GrEStG
3. Referentenentwurf zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen
3.1 Ziele der Grunderwerbsteuerreform
3.2 Wesentliche Neuerungen im Grunderwerbsteuergesetz
4. Verbleibende Gestaltungsmöglichkeiten vor und nach der Grunderwerbsteuerreformierung
4.1 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung nach § 3 GrEStG
4.1.1 Personenbezogene Steuerbefreiung
4.1.2 Erwerb von Todes wegen oder Schenkung
4.2. Übergang eines Grundstücks im Rahmen einer Gemeinschaft zur gesamten Hand nach §§ 5, 6 GrEStG
4.2.1 Übergang auf eine Gemeinschaft zur gesamten Hand §5 Gr EStG
4.2.1.1 Anwendungsvoraussetzungen des § 5 GrEStG
4.2.1.2 Begünstigungsfähige Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG
4.2.1.3 Schädliche Beteiligungsveränderungen nach § 5 Abs. 3 GrEStG
4.2.1.4 Steuervergünstigungen i.S.d. § 1 Abs. 6 GrEStG
4.2.2 Übergang von einer Gemeinschaft zur gesamten Hand § 6 GrEStG
4.2.2.1 Anwendungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 und 2 GrEStG
4.2.2.2 Begünstigungsfähige Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a, 3, 3 a GrEStG
4.2.2.3 Der Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand § 6 Abs. 3 GrEStG
4.2.2.4 Versagung der Begünstigung i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 GrEStG
4.3 Übergangsregelungen i.S.d. § 23 GrEStG-E
4.4 Bemessungsgrundlage
4.5 Steuerschuldner
4.6 Alternative Steuergestaltungen nach Einführung des GrEStG-E
4.6.1 Beispiel: Steuergestaltung durch Zusammentragen der Anteile
4.6.2 Beispiel: Steuergestaltung im Rahmen eines Formwechsels
4.6.3 Beispiel: Steuervermeidung durch Unit-Deals
5 Kritische Betrachtung des Referentenentwurfs
5.1 Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 2a GrEStG und § 1 Abs. 2b GrEStG-E
5.2 Diskriminierung durch § 1 Abs. 2b GrEStG-E
5.3 Immobilienwirtschaftliche Auswirkungen
6 Die qualitative Bilanz der Grunderwerbsteuerreform
Anhang
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes bei Personengesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG
Abbildung 2: Mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes bei Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG
Abbildung 3: Übergangsregelungen i.S.d. § 23 Abs. 18 Satz 1 GrEStG-E
Abbildung 4: Übergangsregelungen i.S.d. § 23 Abs. 18 Satz 1 GrEStG-E
Abbildung 5: Übergangsregelungen des § 1 Abs. 2b GrEStG-E i.S.d. § 23 Abs. 23 GrEStG-E
Abbildung 6: Alternative Steuergestaltung durch Zusammentragen der Anteile
Abbildung 7: Alternative Steuergestaltung im Rahmen eines Formwechsels
Abbildung 8: Diskriminierung durch § 1 Abs. 2b GrEStG-E
1. Gesetzesänderung zur Erhöhung des Grunderwerbsteueraufkommens
Die Grunderwerbsteuer als ertragreichste Landessteuer stellt für den deutschen Staat eine gesicherte und einfach administrierbare Einnahmenquelle dar. Doch ein in zunehmendem Maße steigendes Steuerdefizit zwingt Bund und Länder seit Jahren nach einer weitgreifenden einheitlichen Lösung zu suchen. Als Urquell der fehlenden Steuereinnahmen werden legale Steuergestaltungen, sogenannte ShareDeals, durch die eine Grunderwerbsteuererhebung größtenteils vermieden werden kann, genannt.1
Neben den fehlenden Steuergeldern in der Staatskasse, treten noch weitere Effekte auf. Denn das Steuerumgehungskonzept kann nicht von jedem Steuerpflichtigen genutzt werden. So liegt es an den privaten Eigentümern und Mietern, den auftretenden steuerlichen Minderertrag auszugleichen. In Folge ergibt sich eine ungleiche Besteuerung, die aufgrund steigender Steuersätze immer weiter auseinanderstrebt.2 Deshalb wird seitens des Gesetzgebers versucht, das Gesetz zu modifizieren und einzuschränken.3 Hervorzuheben ist dabei die unlängst geplante Reformierung vom 31.07.2019. Durch extendierende Maßnahmen, unter anderem für die Anwendbarkeit der Erwerbsvorgänge in § 1 GrEStG, sollen Gestaltungsmöglichkeiten eingedämmt werden.4 Der Eintritt ist zum 01.01.2020 prognostiziert gewesen. Durch zahlreiche Kritik und Gegenmeinungen wurde die angedachte Reform bis auf Weiteres verschoben. Seitdem verhandeln Koalitionspartner über die nicht gesetzlich festgelegte Höhe der Beteiligungsgrenze. Wann, in welcher Ausgestaltung und ob es tatsächlich zu einer Reformierung kommt, bleibt abzuwarten.5
Fraglich ist, welche Gestaltungsmöglichkeiten vor und nach dem geplanten Eintritt des Gesetzentwurfs zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer verbleiben und ob eine gleichgewichtete verfassungsmäßig haltbare Besteuerung durch die geplanten Änderungen erreicht werden kann.
Ziel und Zweck dieser vorliegenden Masterarbeit ist es, Steueroptimierungsmöglichkeiten darzustellen, die in Verbindung mit dem Inkrafttreten der Reformierung verbleiben. Es wird versucht, Gestaltungsoptionen für die jeweiligen Teilbereiche vorzustellen und zu erläutern. Eine weitere Zielsetzung ist es einerseits, die Ergänzungstatbestände des § 1 GrEStG systematisch zu untersuchen und die dafür vorgesehenen Neuerungen zu diskutieren. Andererseits werden daraus entstehende Rechtsfolgen als auch grundlegende kritikwürdige verfassungsrechtliche Aspekte behandelt und ausgewählte, mit den Tatbeständen in Zusammenhang stehende Thematiken dargelegt.
Der Aufbau der Masterarbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Nach der einleitenden Problemstellung im ersten Abschnitt, gewährt das Kapitel 2 Einblicke in das derzeit geltende Regelungswerk der Grunderwerbsteuer. Im Speziellen werden dabei die Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG beleuchtet. Im weiteren Verlauf gibt das Kapitel 3 Aufschluss über den Referentenentwurf und dessen Zielsetzung zur Eingrenzung von legalen Steuergestaltungsmöglichkeiten. Insbesondere wird der Ursprung der Idee zur Reformierung aufgedeckt und steuerliche Auswirkungen für die jeweiligen Parteien diskutiert. Dabei stehen die geplanten wesentlichen Neuerungen der Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG im Fokus. Das Kapitel 4 stellt das Kernstück der vorliegenden Arbeit dar und gewährt Einsicht in die verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten vor und nach dem geplanten Eintritt der Reform. Ausgehend vom derzeit geltenden Referentenentwurf, wird die Inkraftsetzung zum 01.01.2020 fingiert. Dabei werden die allgemeinen Steuervergünstigungen i.S.d. § 3 GrEStG sowie die Besteuerungsausnahmen in den §§ 5, 6 GrEStG, aufgezeigt.
Die Übergangsregelungen i.S.d. § 23 GrEStG-E unterrichten über die zeitliche Anwendung der Neuregelungen in Verbindung mit bestehenden Vorschriften nach Eintritt der geplanten Reform und wie diese aufeinander wirken. Schlussendlich stellen ausgewählte Steuerplanungsmöglichkeiten alternative Wege dar, wie eine Grunderwerbsteuer außerhalb der Share-Deal -Struktur vermieden werden kann.
Das vorletzte Kapitel 5 befasst sich mit der kritischen Betrachtung der Reform. Dabei werden sowohl verfassungsrechtliche Vorgaben für existierende Tatbestände und für geplante Maßnahmen als auch wirtschaftliche Auswirkungen in Augenschein genommen. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt dem geplanten neuen Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG-E, der die Anwendung für Kapitalgesellschaften vorsieht. Die Masterarbeit wird zuletzt mit dem aktuellen Stand des Reformentwurfs sowie einem Ausblick abgerundet.
2. Grunderwerbsteuer im Allgemeinen
Die Abgabe einer Steuer im Allgemeinen entstand aus dem Geldbedürfnis eines Machthabenden. So mussten die Bürger die Grunderwerbsteuer in Form von Urkunden- und Stempelsteuern, bereits im frühen Mittelalter bei einem Grundstückswechsel leisten. Im Laufe der Zeit hat sich diese Abgabe zu einem regelmäßigen Beitrag gewandelt und die Frage nach dem Zweck der Steuerzahlung wird bis heute fortlaufend diskutiert.6
2.1 Rechtsentwicklung des Grunderwerbsteuergesetzes
Mit diesem Hintergrund entstand in Deutschland im Jahre 1919 erstmalig ein Gesetz, das die Besteuerung des Übergangs an Grundstückseigentum von einem Veräußerer auf den Erwerber begründet.7 Die Grunderwerbsteuer zählt nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG zu den Verkehrssteuern, und, anders als bei der Grundsteuer, nicht zu den vermögensbezogenen Steuern.8 Mit dem Eintritt des Grunderwerbsteuergesetzes am 29.0319409 wurde der Erwerb von Grund und Boden als auslösender Steuertatbestand durch die Grundstücksübertragung, insbesondere der Tatbestände i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 GrEStG, ersetzt. Der Gesetzgeber will eine stetige Rechtsanwendung gewährleisten und hat das Gesetz im Wesentlichen seitdem nicht verändert. Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 25.05.1949 wurde das Grunderwerbsteuergesetz zum Landesrecht10, wodurch die Ertragshoheit sowie die Verwaltungshoheit unter die Regelungsbefugnis der Länder fiel.11
Obwohl im Grunderwerbsteuergesetz eine Höhe von 3,5 %12 verankert ist, wurden die Bundesländer am 01.09.2006 ermächtigt, i.S.d. Art. 105 Abs. 2a S. 2 GG die Höhe der Steuer eigens festzulegen.13 Der Steuersatz in Deutschland liegt derzeit zwischen 3,5 % in Bayern und Sachsen und 6,5 % in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.14 Im Jahr 2019 verzeichneten die Einnahmen der Grunderwerbsteuer eine Summe von 15,79 Milliarden Euro15. Insgesamt trägt sie mit ca. 1,97 % zum gesamten Steueraufkommen bei. Die Grundlage, nach der die Steuer erhoben wird, bestimmt sich nach dem Wert des übergehenden (anteiligen) Grundvermögens oder des Gesellschaftsanteils. Die Ermittlung erfolgt entweder nach § 8 GrEStG, worin der Kaufpreis als Maßstab dient. Sofern dieser nicht festgestellt werden kann, wird das Verfahren über eine Bewertung gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG herangezogen.
Aufgrund geplanter Vorschriften, die bestimmte Vorgänge von der Steuererhebung befreien sollten, kam es im Laufe der Zeit zu einem Bruch im Gesetz zwischen Bund und Länder. Daher wurde am 01.01.1983 eine Neuerung geschaffen, die die Befreiungsvorschriften mit den Besteuerungsgrundsätzen in Einklang brachte.16
2.2 Erwerbsvorgänge des Grunderwerbsteuergesetzes
Das Grunderwerbsteuergesetz erfasst durchweg alle Rechtsvorgänge, die in jeglicher Weise mit einem Grundstücksverkehr in Verbindung stehen. § 1 GrEStG enthält die Grunderwerbsteuer auslösenden Tatbestände, sogenannte Erwerbsvorgänge, sowie die Voraussetzungen für eine Steuererhebung.
Gemäß § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG ist ein Erwerbsvorgang ein Rechtsvorgang, der einen Erwerb eines Grundstücks verwirklicht.17 Die grunderwerbsteuerlichen Rechtsvorgänge beschreiben den Wechsel der Rechtsträger durch Übergang eines Grundstücks.18 Dieser Rechtsträgerwechsel ist Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer.19 Im Umkehrschuss kann ohne einen Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG keine Grunderwerbsteuer ausgelöst werden.20
Gemäß § 1 GrEStG werden folgende Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuerpflicht unterworfen:
- Die Übereignung inländischer Grundstücke, an denen mindestens zwei Rechtsträger beteiligt sind (Absatz 1)
- Rechtsvorgänge, die ohne Begründung einer Übereignung eine eigentümerähnliche Rechtsposition am Grundstück verschaffen (Absatz 2)
- Rechtsvorgänge, die eine Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft beschreiben, durch die innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen (Absatz 2a)
- Rechtsvorgänge, durch die mindestens 95 % aller Gesellschaftsanteile in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden (Absatz 3);21
Tatbestände des § 1 GrEStG werden in Haupt-, Neben- und Ergänzungstatbestände untergliedert. Der Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stellt den Haupttatbestand dar, der einen Übereignungsanspruch begründet. Dazu zählen Kaufverträge, Einbringungen und Realteilungen.22
Die Nebentatbestände des § 1 GrEStG sind in die Absätze 2 bis 7 unterteilt. Darunter fallen Übertragungen wie Verschmelzungen, Spaltungen, Ausgliederungen und Anwachsungen, die kraft Gesetzes ausgelöst werden.23
Der Paragraf 1 Abs. 2, 2a, 3 und 3a GrEStG definiert die Ergänzungstatbestände. Diese sollen eine geplante Umgehung der Grunderwerbsteuer gezielt verhindern. Dabei besteuern sie Transaktionen, in denen durch unmittelbare oder mittelbare Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften, fiktive Grundstücke erworben werden, ohne dass ein Rechtsträgerwechsel stattfindet.24 Solche Vorgänge erfolgen im Rahmen von Umstrukturierungen und Share-Deals.25 Der Abs. 2a GrEStG richtet sich speziell an grundbesitzende Personengesellschaften mit einem Gesellschafterwechsel, wohingegen sich die Absätze 3 und 3a GrEStG auf Kapitalgesellschaften, die ihre Anteile in einer Hand vereinigen, beziehen.26
2.2.1 Ersatztatbestand § 1 Abs. 2a GrEStG
Der Paragraf 1 Abs. 2a GrEStG definiert, nach derzeitiger Fassung, einen Grundstückserwerb, wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 95 % des Gesellschaftsvermögens einer Personengesellschaft mittelbar oder unmittelbar auf neue Gesellschafter übertragen werden. Dabei knüpft die Besteuerung nicht an den Gesellschafterwechsel selbst, sondern an den fiktiven Grundstückserwerb.27 Bereits im Jahr 2015 änderte sich der Paragraf mit dem StÄndG. Durch die Ergänzung der Sätze 2 bis 5 im § 1 Abs. 2a GrEStG trat zum ersten Mal eine Differenzierung in Personen- und Kapitalgesellschaften auf.28
Der neugeschaffene § 1 Abs. 2a GrEStG soll vom BFH weniger als Antwort auf damalige steuergünstige Gestaltungen, die durch zeitnahen Austausch sämtlicher Gesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft möglich waren, gesehen, sondern vielmehr als eigener Steuertatbestand betrachtet werden. Dabei soll dieser keine Steuerentziehungsabsicht voraussetzen29 und auch dann seine Wirkung entfalten, wenn keine Steuerentziehungsabsicht nachweisbar ist.
Die Besteuerung im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfasst alle Grundstücke einzeln, die sich im Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft in dem Zeitrahmen, in dem sich der Gesellschafterbestand ändert, befinden.30 Neu hinzugekaufte Grundstücke, fallen nicht erneut unter den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG31. Für die in zeitlich versetzten Abständen erworbenen Grundstücke, beginnt der Fünfjahresfristlauf entsprechend unterschiedlich zeitversetzt.32 Ob eine schädliche Anteilsübertragung innerhalb von fünf Jahren realisiert wurde, wird ab dem Tag vor Eintreten des Anteilsübertragungstatbestandes nach § 1 Abs. 2a GrEStG überprüft.33 Die Fünfjahresfrist endet, sobald erstmalig mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übertragen werden. Entweder durch Verkauf des Grundstücks34 oder durch den Ablauf der Frist von fünf Jahren, bevor mindestens 95 % der Anteile übergegangen sind.35 Ist der Zeitraum überschritten und findet eine Übertragung von mindestens 95 % der Anteile statt, so zählt dies als neuer Vorgang zu einem Tatbestand nach § 1 Abs. 2a GrEStG.36 Der Paragraf erfasst ausschließlich neue Gesellschafter, die dem Unternehmen nicht länger als fünf Jahre angehören.37
2.2.2 Anteilsvereinigungstatbestand § 1 Abs. 3 GrEStG
Im Vergleich zum § 1 Abs. 2a GrEStG sieht der Abs. 3 den Besteuerungstatbestand nicht im Zeitpunkt der Anteilsübertragung selbst. Der Anknüpfungspunkt ist hier vielmehr der Besitzerwechsel des Grundstücks. Der Übergang des Grundstücks definiert sich in der Übertragung der Anteile auf den neuen Gesellschafter. Dem Erwerber wird ein direkter Kauf von der Gesellschaft unterstellt.38 Am 24.03.1999 wurde durch eine Änderung des StEntlG 1999/2000/2002 erstmalig ein Limit für die Anteilsvereinigung respektive Anteilsübertragung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG festgelegt. Seit diesem Zeitpunkt ist ein Steuertatbestand verwirklicht, sobald der neue Erwerber erstmalig mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt.
Des Weiteren differenziert der § 1 Abs. 3 GrEStG zwischen unmittelbaren und mittelbaren Anteilsübertragungen sowie Anteilsvereinigungen.39 Besonders die Nummern 1 und 2 des § 1 Abs. 3 GrEStG beschreiben den angenommenen Erwerb eines Grundstücks als neuen Zuwachs von Gesellschaftsvermögen bei den neuen Rechtsträgern.40 Die Nummern 3 und 4 des Paragrafen verkörpern hingegen einen Übertragungstatbestand von bereits vereinigten Anteilen.41 Im Allgemeinen bezieht sich der § 1 Abs. 3 GrEStG sowohl auf Personengesellschaften als auch auf Kapitalgesellschaften.42 Die Vorschrift sieht jedoch keine Regelung zum Ort der Anteilsvereinigung vor, sodass inländische und ausländische Gesellschaften zu erfassen sind.43
2.2.3 Wirtschaftliche Beteiligung § 1 Abs. 3a GrEStG
Die Vorschrift des § 1 Abs. 3a GrEStG will Vorgänge besteuern, bei denen ein Gesellschafter erstmals mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft besitzt. Maßgebend ist die wirtschaftliche Beteiligung des Rechtsträgers.44 Die Besteuerung nach § 1 Abs. 3a GrEStG findet Anwendung, wenn kein Tatbestand für die Steuererhebung nach § 1 Abs. 2a, 3 GrEStG vorliegt.
Im Vergleich zu § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG, wodurch Vorgänge auf neue Gesellschafter besteuert werden, betrifft der § 1 Abs. 3a GrEStG auch Übertragungen zwischen Altgesellschaftern.45 Ein weiteres Merkmal, das den § 1 Abs. 3a GrEStG zum § 1 Abs. 2a GrEStG unterscheidet, ist der Bezug auf die Gesellschaften. Während der Abs. 2a nur für Personengesellschaften gilt, zielt der Abs. 3a auf Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften sowie eingetragene Genossenschaften, ab.46
Korrespondierend zum Abs. 3 des § 1 GrEStG, erfasst der Abs. 3a GrEStG inländische sowie ausländische Gesellschaften, da keine örtliche Beschränkung der grundbesitzenden Gesellschaft vorgeschrieben ist.47 Von der Steuer erfasst werden alle bereits vereinigten Anteile sowie neue Anteilsvereinigung von unmittelbaren, mittelbaren, teils unmittelbaren, teils mittelbaren Vorgängen, die eine schrittweise Anteilsübertragung vollziehen. Letzteres löst dann einen Steuertatbestand aus, sobald der letzte Anteil die Schwelle von 95 % erreicht.48
3. Referentenentwurf zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen
Grunderwerbsteuer wird fällig, sobald ein Rechtsträgerwechsel eines Grundstücks oder einer Immobilie stattfindet.49 Dies bezieht sich zum einen auf den Erwerb eines Unternehmens respektive Asset-Deal, bei dem ein Grundstück des Unternehmens übertragen wird. Zum anderen führt der Transfer von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft respektive Share-Deal zum Anfall von Grunderwerbsteuer.50 Ob und in welcher Höhe diese besteuert werden, regelt der § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG.
Im Rahmen des Share-Deal -Modells erlaubt die derzeitige Rechtslage eine steuerfreie Anteilsübertragung von 94,9 %. Den verbleibenden Zwerganteil von mindestens 5,1 % behält die übertragende Gesellschaft zurück, sodass kein steuerlicher Tatbestand zur Erhebung von Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.51 Diese sogenannten RETT-Blocker-Strukturen werden überwiegend von großen Marktteilnehmern genutzt.
Speziell im Bereich der Immobilienwirtschaft am Investmentmarkt für Wohnportfolios stieg das Transaktionsvolumen von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 18,8 Milliarden Euro im Jahr 2019 an.52 Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung wurden zwischen 1999 und 2016 bei 71 % der veräußerten Wohnungen das Share-Deal -Modell genutzt.53 Die Inanspruchnahme dieser Steuergestaltungsmöglichkeiten verursacht Steuerverluste in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro.54
Das führt dazu, dass vor allem private und kleine Marktteilnehmer das Steuerdefizit ausgleichen und höhere Steuersätze tragen müssen, da diesen der Zugang zu derartigen Steuerplanungsmöglichkeiten verwehrt ist.55 Politische Diskussionen und Initiativen sind seit Jahren um ein Entgegenwirken und gleichzeitig um eine Förderung von privatem bezahlbaren Immobilienvermögen bemüht.56 Die Überlegung, das „Steuerschlupfloch Share-Deal “ zu schließen, bildete das Fundament der Reformierung des Grunderwerbsteuergesetzes.57
3.1 Ziele der Grunderwerbsteuerreform
Einer der größten Anreize für die Schaffung eines neuen Gesetzes, das die Steuerumgehungen in Form von Share-Deals eindämmt, sind die dadurch ausbleibenden Steuereinnahmen der Länder. In den vergangenen Jahren wurden deshalb die Entwicklungen um eine neue Share-Deal -Regelung vorangetrieben. Die Finanzministerkonferenz forderte am 08.09.2016 den Einsatz einer Arbeitsgruppe unter der Federführung von Hessen und Nordrhein-Westfalen.58 Nach der Finanzministerkonferenz am 29.11.2018 hat die Bundesregierung einen Referentenentwurf59 zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften mit entsprechenden Regelungen zur Eindämmung von Steuergestaltungen mittels Share-Deals vorgelegt und diesen am 31.07.2019 verabschiedet. Nach der Überführung in ein eigenes Gesetzgebungsverfahren sollte das neue Gesetz am 01.01.2020 in Kraft treten. Aufgrund zahlreicher Gegenstimmen wurde eine Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages beschlossen, die eine weitere Prüfung der Änderungsvorschläge forderte, wodurch das neue Gesetz Anfang des Jahres 2020 nicht in Kraft trat.60
Die Befugnis der einzelnen Länder zur Selbstbestimmung über die Höhe der Grunderwerbsteuer geriet zunehmend durch immer wieder auftretende Kritik und Gegenmeinungen in den Fokus.61 Die Ausdehnung der Steuersätze der einzelnen Bundesländer (Berlin, Hessen 6 %; Brandenburg, Thüringen 6,5%) in Verbindung mit anwachsenden Immobilienpreisen, ließ einerseits Steuereinnahmen in die Höhe treiben. In der Folge hat sich das Steueraufkommen in den Jahren 2009 bis 2019 mehr als verdreifacht.62 Andererseits werden private Immobilienerwerber durch stetig zunehmende Steuereinnahmen belastet und für institutionelle Investoren verstärkt sich dadurch der Anreiz zu alternativen Steueroptimierungen.63
3.2 Wesentliche Neuerungen im Grunderwerbsteuergesetz
Folgende wesentliche Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz sind vorgesehen:
- die Absenkung der relevanten Beteiligungshöhe der Ersatztatbestände in § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG von 95 % auf 90 %.
- Die Verlängerung der Fünfjahresfrist in § 1 Abs. 2a, 5, 6, 7 GrEStG auf eine Zehnjahresfrist, wobei die fünfjährige Vorhalte- und Nachhaltefrist in § 6a Satz 4 GrEStG unverändert bleibt. Zudem soll der § 6 GrEStG mit einem neuen Abs. 4 Nr. 3 ergänzt werden. Danach wird keine Steuerbefreiung gewährt, wenn der Erwerber im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG oder § 3a GrEStG binnen fünfzehn Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft erworben hat.
- Ein neuer § 1 Abs. 2b GrEStG-E soll erschaffen werden, der Kapitalgesellschaften betrifft, in denen mindestens 90 % der
Kapitalgesellschaftsanteile innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen. Bei Personengesellschafen wurde dieser Vorgang bereits durch den § 1 Abs. 2a GrEStG besteuert.64
Eine weitere Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes wird mit der geplanten Einführung eines neuen § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GrEStG vorgenommen. Hintergrund der Gesetzesanpassung ist das Entgegenwirken einer Gestaltungsmöglichkeit bei Umwandlungsfällen, wonach eine Grunderwerbsteuerbelastung reduziert werden kann. Dabei soll sich der Ausgangspunkt der Bemessungsgrundlage, von der die Grunderwerbsteuer berechnet wird, ändern. Bisher knüpfte diese an den Veräußerungspreis des Grundstücks.
Wurde das Grundstück zu einem niedrigeren als dem Verkehrswert verkauft, erfolgte keine ertragsteuerliche Mehrbelastung wie in den Fällen des § 8 Abs. 1 GrEStG, bei dem sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung bemisst. Die Grunderwerbsteuer konnte dadurch maßgeblich reduziert werden. Mit der Grunderwerbsteuerreform soll zukünftig eine Besteuerung nach dem Grundbesitzwert i.S.d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG erfolgen.65
Des Weiteren ist geplant, einen zusätzlichen Abs. 6 zu dem bestehenden § 19 GrEStG zu integrieren. Grundsätzlich sind Unternehmen gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO verpflichtet, Anteilsübertragungen oder Anteilsvereinigungen anzuzeigen. Danach sollen verspätete Anzeigen oder Nichtanzeigen von Rechtsvorgängen i.S.d. § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG mit einem unbegrenzten Geldzuschlag versehen werden.
Nach bisheriger Rechtslage war der Erwerber der Anteile zur Anzeige verpflichtet. Zukünftig soll die Anzeigepflicht auf Ebene der grundstücksbesitzenden Gesellschaft erfolgen. Vor diesem Hintergrund wird sich mit Eintritt eines neuen Tatbestandes § 1 Abs. 2b GrEStG-E zudem der Steuerschuldner, und somit Anzeigepflichtige, ändern.66
Die Reform will attraktive Steuergestaltungen, die die staatlichen Einnahmequellen blockieren, weitestgehend außer Kraft setzen. Trotz der geplanten Änderungen verbleiben weiterhin Möglichkeiten, bei denen eine Grunderwerbsteuer ganz oder teilweise vermieden werden kann.
4. Verbleibende Gestaltungsmöglichkeiten vor und nach der Grunderwerbsteuerreformierung
Mit Blick auf die europäischen (Nachbar)Länder, in denen Anteilsvereinigungen sowie Anteilsübertragungen nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen, bleibt die Frage nach den verbleibenden steuerfreien Gestaltungsmöglichkeiten, die weiterhin attraktive Unternehmertätigkeiten im Wirtschaftsstandort Deutschland bieten können. Ein internationaler Vergleich zeigt, dass lediglich neun aus 25 untersuchten Ländern eine Besteuerung bei Share-Deals durchführen. Aus den neun Ländern knüpfen vier Staaten (Finnland, Frankreich, Malta und Niederlande) die Steuerpflicht an das Bestehen einer Immobiliengesellschaft, deren Vermögen überwiegend aus Immobilien besteht. Der Durchschnitt der Grunderwerbsteuer im Allgemeinen liegt in Europa bei 3%. Eine vergleichbare Besteuerung gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG-E wird von keinem der europäischen Länder festgesetzt.67 Nach einer quantitativen Studie zufolge, wird dadurch die Bundesrepublik im europäischen Vergleich in Bezug auf die effektive Steuerbelastung zunehmend uninteressanter.68
Durch einen stetigen Umbruch der Wirtschaft und der Digitalisierung als zusätzlichen Treiber, sind besonders Konzerne gezwungen, fortlaufende Neuerungen und Modifikationen an ihrer rechtlichen und organisatorischen Beschaffenheit vorzunehmen, um weiterhin am Puls der Zeit zu bleiben.69 Die Strukturierungen werden durch das bestehende umfangreiche Steuerrecht zusätzlich mit fortlaufenden Neuerungen, besonders im Grunderwerbsteuerrecht, belastet.70 Die Komplexität des Grunderwerbsteuerrechts und die sich daraus ergebenden Unstimmigkeiten seitens der Regierung zeigt sich in den regelmäßigen Gesetzesänderungen.
Mit Blick auf die derzeitige Corona-Pandemie, die gesamtgesellschaftlich existenzielle wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen wird71, müssen die Auswirkungen einer Veränderung des Grunderwerbsteuergesetzes zusätzlich berücksichtigt werden.
Fraglich ist, welche Alternativen es nach der Einführung einer weiteren Grunderwerbsteuerreform geben wird, die den Anreiz zum wirtschaftlichen Handeln in Deutschland nicht vollständig untergraben.
4.1 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung nach § 3 GrEStG
Eingangs ist der § 3 im GrEStG zu nennen. Dieser regelt die allgemeinen Ausnahmen der grunderwerblichen Besteuerung. Dabei beschreibt der Paragraf weniger die Ausnahmen der Besteuerung nach § 1 GrEStG, vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Vorschrift, die die Anwendbarkeit von Steuerbefreiungen repräsentiert.72
Der § 3 GrEStG beinhaltet sachliche Steuerbefreiungen, die rein den Erwerbsvorgang besteuern. Diese untergliedern sich in echte Steuerbefreiungen §§ 3 und 4 GrEStG und Steuerbefreiungen in Sonderfällen §§ 5 bis 7 GrEStG.73 Zu den Befreiungsvorschriften zählen personenbezogene Steuerbefreiungen, die entweder an die erwerbende Person anknüpfen oder an die Beziehung zwischen Veräußerer und Erwerber. Diese sind im § 3 Nr. 2 bis 7 GrEStG aufgelistet.74 Die Steuerbefreiungen umschließen den Grundstückserwerb sowie die Tatbestände des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG, soweit diesem eine andere Vorschrift nicht entgegensteht.75
4.1.1. Personenbezogene Steuerbefreiung
Damit die Steuerbefreiungen des § 3 Nr. 2 bis 7 GrEStG seine volle Wirkung entfaltet, wird ein personenbezogenes Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber vorausgesetzt. Ist dieser Zusammenhang gegeben, kann der Paragraf sowohl für den direkten Erwerb eines Grundstücks als auch auf eine fiktive Grundstücksübertragung in Form von Anteilen i.S.d. § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG angewendet werden. Für den Eintritt des Ergänzungstatbestandes nach § 1 Abs. 2a GrEStG gelten die Regelungen des § 3 GrEStG uneingeschränkt sowohl für Altgesellschafter, die weiterhin an der Personengesellschaft beteiligt sind, als auch für Neugesellschafter.76 Die Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 2 GrEStG greifen für eine Kapitalgesellschaft in Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG.77
Die Möglichkeit der Steuerbefreiung nach § 3 GrEStG im Rahmen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG wurde lange Zeit vom BFH nicht gebilligt, da dieser die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft nicht als Grundstücksbruchteile angesehen hat.78 Bei Erwerb der wirtschaftlichen Beteiligung nach § 1 Abs. 3a GrEStG gelten die Regelungen in gleichem Umfang wie bei dem Rechtsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG.
4.1.2. Erwerb von Todes wegen oder Schenkung
Im Falle einer Erbschaft, wird der Grundstücksübergang durch den Steuertatbestand i.S.d. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG begründet. Anknüpfungspunkt ist hierbei der Anfall von Erbschaftsteuer, bei der eine Steuerbefreiung durch das GrEStG ausgelöst wird. Grunderwerbsteuer wird erhoben, wenn aufgrund von Freibeträgen i.S.d. § 16 ErbStG kein Anfall von Erbschaftsteuer vorliegt.79
Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG erlangt in Bezug auf den Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG bei Anteilsschenkungen unter Lebenden, der im Satz 2 Nr. 2 GrEStG genauer erläutert ist, seine spezielle Wirkung. Dabei sind sowohl Grundstücksschenkungen als auch Schenkungen von Anteilen betroffen.80 Die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG kann durch eine Anteilsschenkung, die die Grenze von 95 % (zukünftig 90 %) überschreitet, ausgelöst werden. Die Höhe der Steuerbefreiung ergibt sich nach der Höhe der übertragenen geschenkten Anteile.
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1 Vgl. Hentze, T./Voigtländer, M., Reformoptionen, IW Policy Paper 2017, S. 11, 13 f.
2 Vgl. BT-Drucks. 19/13437 v. 23.09.2019, S. 1 f.; Fleischer, H./Keul, L., Einführung, DK 2019, S. 486; Schley, N., Grunderwerbsteuerreform, GmbHR 2019, S. 645.
3 Vgl. Loose, M., in: Boruttau, E.P., 2019, Vorb. GrEStG, Rn. 46-51.
4 Vgl. BT-Drucks. 19/13437 v. 23.09.2019, S. 1 f.
5 Vgl. Wagner, T., Anwendungsregelungen, DB 2019, S. 1286.
6 Vgl. Loose, M., in: Boruttau, E.P., 2019, Vorb. GrEStG, Rn. 1-6.
7 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, Vorb. GrEStG, Rn. 21.
8 Vgl. Sistermann, C., Unternehmenssteuerrecht, 2018, Rn. 379.
9 Vgl. Weilbach, D., in: Weilbach, D., 2020, Einf. GrEStG, Rz. 1; Loose, M., in: Boruttau, E.P., 2019, Vorb. GrEStG, Rn. 35-40.
10 S. Art. 123 I i.V.m. Art. 30, 70 I GG.
11 S. Art. 106 II Nr. 3, 107 I Nr. 1 GG.
12 S. § 11 Abs. 1 GrEStG.
13 Vgl. Scheffler, W., Besteuerung, 2020, Rn. 12.
14 Vgl. Viskorf, H., in: Boruttau, E.P., 2019, § 11 GrEStG, Rn. 17-20.
15 Quelle: in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, Steuereinnahmen, 2020.
16 Vgl. Loose, M., in: Boruttau, E.P., 2019, Vorb. GrEStG, Rn. 46-56.
17 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 8.
18 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 15.
19 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, §1 GrEStG, Rn. 15; BFH-Urt. v. 09.04.2008, II R 32/06, BFH/NV 2008, S. 1526.
20 Vgl. BFH-Urt. v. 13.02.1968, II R 134/66, BFHE 91, S. 447.
21 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 8-14; Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rz. 6-10.
22 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rn. 153; Jacobsen, H., Generierung, BB 2009, S. 1955 (1959).
23 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rn. 1167-1178; Jacobsen, H., Generierung, BB 2009, S. 1955 (1958).
24 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 1270-1271.
25 Vgl. Jacobsen, H., Generierung, BB 2009, S. 1955 (1959); BFH-Urt. v. 02.04.2008, II R 53/06, BStBl. II 2009, S. 545; BFH-Urt. v. 08.08.2001, II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 157.
26 Vgl. Viskorf, H., in: Boruttau, E.P., 2019, § 2 GrEStG, Rn. 23.
27 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG Rn. 277-279.
28 Vgl. Ortmann-Babel, M./Gauß, H.O., Steueränderungsgesetz, DB 2015, S. 2470 (2473-2474).
29 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rz. 270.
30 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 863; BFH-Urt. v. 08.08.2001, II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 157.
31 Vgl. Gleichlautende Ländererlasse v. 12.11.2018, BStBl. I 2018, S. 1315, Tz. 3.
32 Vgl. Schanko, J., Auswirkung, UVR 2017, S. 126 (127-128).
33 Vgl. BFH-Urt. v. 27.04.2005, II R 61/03, BStBl. II 2005, S. 650.
34 Vgl. Gleichlautender Ländererlass v. 12.11.2018, BStBl. I 2018, S. 1315, Tz. 3.
35 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 872.
36 Vgl. Götz, H., Fragen, BB 2006, S. 578 (579).
37 Vgl. Behrens, S., in: Behrens, S./Wachter, T., 2018, § 1 GrEStG, Rn. 389-396; Meßbacher- Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 787-795.
38 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 946; BFH-Urt. v. 12.03.2014, II R 51/12, BStBl. II 2016, S. 357; BFH-Urt. v. 11.06.2013, II R 52/12, BFHE 241, S. 421; BFH-Urt. v. 02.04.2008, II R 53/06, BStBl. II 2009, S. 546.
39 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 933; BFH-Urt. v. 15.12.2010, II R 45/08, BStB1. II 2012, S. 292; BFH-Urt. v. 25.08.2010, II R 65/08, BStB1. II 2011, S. 226.
40 Vgl. Gottwald, S., Entwicklungen, MittBayNot 2016, S. 1 (2); BFH-Urt. v. 20.01.2015, II R 8/13, BStBl. II 2015, S. 555.
41 Vgl. BFH-Urt. v. 23.05.2012, II R 21/10, BStB1. II 2012, S. 473; BFH-Urt. v. 02.04.2008, II R 53/06, BStBl. II 2009, S. 546.
42 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 955.
43 Vgl. BFH-Urt. v. 09.04.2008, II R 39/06, BFH/NV 2008, S. 1529.
44 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 1204.
45 Vgl. Demleitner, A., [Immobiliensteuerrecht], 2016, § 5, Rn. 63; Ihle, J., Entwicklungen, DNotZ 2014, S.809 (813).
46 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 1214; Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rn. 418.
47 Vgl. Behrens, S., in: Behrens, S./Wachter, T., 2018, § 1 GrEStG, Rn. 673; Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 1252; Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 1 GrEStG, Rn. 419.
48 Vgl. Bartone, R., in: Behrens, S./Wachter, T., 2018, § 13 GrEStG, Rn. 37; Schanko, J., Besteuerung, UVR 2013, S. 215 (217).
49 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 21.
50 Vgl. Frey, J./Fichtner, S., Personengesellschaften, 2020, § 27, Rn. 8-9.
51 Vgl. BR-Drucks. 139/13 v. 01.03.2013, S. 218.
52 Quelle: in Anlehnung an Ernst & Young, Immobilien-Investmentmarkt, 2021.
53 Vgl. BT-Drucks. 18/11919 v. 11.04.2017, S. 9.
54 Vgl. BT-Drucks. 18/11486 v. 08.03.2017, S. 2.
55 Vgl. BT-Drucks. 18/11919 v. 11.04.2017, S. 1.
56 Vgl. BT-Drucks. 19/1696 v. 17.04.2018, S. 1; BR-Drucks. 627/17 v. 12.09.2017, S. 1; BR-Drucks. 622/17 v. 05.09.2017, S. 1; BT-Drucks. 18/8617 v. 01.06.2016, S. 1-2.
57 Vgl. Drüen, K.D., Verfassungsfragen, Ubg 2018, S. 605 (605-606).
58 Vgl. Rosenberg, O. u.a., Rechtsentwicklungen, DB 2017, S. 5 (8); Stadler, R. u.a., Rechtsentwicklungen, DB 2016, S. 6 (13).
59 Vgl. BR-Drucks. 355/19 v. 09.08.2019.
60 Vgl. Fleischer, H./Keul, L., Einführung, DK 2019, S. 486 (486).
61 Vgl. Viskorf, S./Haag, M., Umstrukturierungshindernis, DStR 2011, S. 1 (3); Heine, K., Besteuerungsnischen, UVR 2005, S. 273 (275).
62 Vgl. BMF, Monatsbericht des BMF, Dezember 2018, S. 43-45.
63 Vgl. BR-Drucks. 139/13 v. 01.03.2013, S. 218.
64 Vgl. Wälzholz, E., Entwicklungen, DNotZ 2020, S. 310; BR-Drucks. 355/19 v. 09.08.2019, S.1; Behrens, S./Waadt, S., Grunderwerbsteuer, BB 2019, S. 1367; Broemel, K./ Mörwald, F., Grunderwerbsteuerreform, DStR 2019, S. 1114; Schley, N., Grunderwerbsteuerreform, GmbHR 2019, S. 645 (646).
65 Vgl. BT-Drucks. 19/13437 v. 23.09.2019, S. 13 f.
66 Vgl. Schley, N., Grunderwerbsteuerreform, GmbHR 2019, S. 645 (650).
67 Vgl. Wischott, F./Adrian, G., Grunderwerbsteuer, Ifst 2019, S. 1 (6).
68 Vgl. Jacobs, O./Endres, D./Spengel, C., Unternehmensbesteuerung, 2016, S. 167 f.; Spengel, C./Bräutigam, R., Steuerpolitik, Ubg 2015, S. 569.
69 Vgl. Hütter, M. u.a., Digitalisierung, DStR 2019, S. 1590.
70 Vgl. Gottwald, S./Behrens, S., Grunderwerbsteuer, 2015, S. 148.
71 Vgl. Schütte, J./Götz, C., Corona-Pandemie, DStR 2021, S. 366 (366-367); Kment, M., Aussichten, NVwZ 2020, S. 687; Wicke, H., Corona-Pandemie, NZG 2020, S. 501.
72 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 3 GrEStG, Rz. 5; Pahlke, A., in: Pahlke, A, 2017, Vorb. §§ 3-7 GrEStG, Rn. 1-2.
73 Vgl. BFH-Urt. v. 28.07.1999, II R 25/98, BStBl. II 2000, S. 206.
74 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, Vorb. §§ 3-7 GrEStG, Rn. 15.
75 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 3 GrEStG, Rz. 8.
76 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 729, § 3 GrEStG, Rn. 46 f.; BFH-Urt. v. 16.01.2013, II R 66/11, BFHE 240, S. 194; BFH-Urt. v. 12.10.2006, II R 79/05, BStBl. II 2007, S. 409.
77 Vgl. Meßbacher-Hönsch, C., in: Boruttau, E.P., 2019, § 1 GrEStG, Rn. 933, 1052; Gleichlautender Ländererlass v. 19.09.2018, BStBl. I 2018, S. 1069-1072, Tz. 1-3; Ihle, J., Entwicklungen, DNotZ 2014, S. 809 (823); BFH-Urt. v. 15.10.2014, II R 14/14, BStBl. II 2015, S. 405.
78 Vgl. BFH-Urt. v. 15.10.2014, II R 14/14, BStBl. II 2015, S. 405; BFH-Urt. v. 31.03.1982, II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 425.
79 Vgl. Pahlke, A., in: Pahlke, A., 2017, § 3 GrEStG, Rz. 32.
80 Vgl. BFH-Urt. v. 12.10.2006, II R 79/05, BStBl. II 2007, S. 409.
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