Mediale Angstinduktion durch Frames in der Terrorismusberichterstattung. Eine Analyse deutscher Tageszeitungen zum Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin


Bachelorarbeit, 2020

98 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Phanomen der Angst
2.1 Angst als Emotion
2.2 Angstkommunikation
2.3 Protection Motivation Theory

3 Terrorismus
3.1 Definition
3.2 Islamistischer Terrorismus
3.3 Medien und Terrorismus - eine Symbiose?

4 Exkurs: Die Causa Anis Amri

5 Theoretischer Hintergrund
5.1 Konstruktion von Realitat
5.2 Framing-Ansatz
5.2.1 Grundlagen
5.2.2 Framing in der Kommunikationswissenschaft
5.2.3 Medien-Frames

6 Angstinduktion durch Medien bei der Terrorismusberichterstattung

7 Methodisches Design
7.1 Zielsetzung und Fragestellung
7.2 Analyseinstrument: Qualitative Inhaltsanalyse
7.3 Qualitative Gutekriterien
7.4 Stichprobenauswahl und Untersuchungszeitraum
7.5 Operationalisierung
7.5.1 Formulierung des Kategoriensystems
7.5.2 Formale Kategorien
7.5.3 Inhaltliche Kategorien

8 Auswertung und Ergebnisse
8.1 Deskriptive Befunde
8.2 Identifizierung von Medien-Frames

9 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang XVII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Protagonisten bei der Medien-Terrorismus-Symbiose [eigene Darstellung in Anlehnung an Frindte/HauBecker (2010: 41)].. 14

Abbildung 2: Frame-Elemente nach Entman (1993:52) [eigene Darstellung in Anlehnung an Jecker (2014:14)] 23

Abbildung 3: Ablauf einer strukturierenden thematischen Inhaltsanalyse, Mischform aus deduktiver und induktiver Kategorienfestlegung [eigene Darstellung nach Mayring (2002)] 31

Abbildung 4: Angstinduktive Frame-Elemente der vorliegenden Arbeit [eigene Darstellung]... 38

Abbildung 5: Visualisierung des finalen Kategoriensystems [eigene Darstellung].. 43

Abbildung 6: Diagramm zur Visualisierung der Anzahl der innerhalb des Untersuchungszeitraum veroffentlichten Artikel je Phase laut Kapitel 7.4 und je Tageszeitung. Die Artikelanzahl wird auf der y-Achse numerisch abgebildet 45

Abbildung 7: Diagramm zur Visualisierung der Durchschnitts-Worteranzahl der veroffentlichen Artikel je Phase laut Kapitel 7.4 und je Tageszeitung. Die Wortanzahl wird auf der y-Achse numerisch abgebildet 45

1 Einleitung

Die Nennung des Wortes Terrorismus lost wohl bei jedem Individuum mannigfaltige Erinnerun- gen und Gefuhle aus. Gedanken an den Zusammensturz der Zwillingstiirme in New York, an kriegsahnliche Szenen in London, Madrid und Istanbul, an die zerstorten Redaktionsraume von Charlie Hebdo, an weinende Menschen vor der Manchester Arena oder an umgefahrene Weih- nachtsbuden in Berlin kommen auf - und losen Emotionen aus. Nach den beiden islamistischen Terrorjahren 2015 und 2016 gaben 71% der Deutschen an, dass ihre groBte Angst dem Terroris­mus gelte (vgl. R + V Versicherung 2017). Doch wieso eigentlich? Wieso scheint die Angst, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden so hoch wie nie zuvor, obwohl ein GroBteil der Bevolkerung noch nie auch nur im Entfemtesten mit Terroristen oder terroristischen Akten in Beriihrung gekommen ist? Wieso geht in Deutschland und auch in ganz Europa das Schreckge- spenst des eingewanderten islamistischen Terroristen um? Wieso fiihlt man sich plotzlich nicht mehr (ganz so) sicher, wenn man sich in einer vollbesetzten U-Bahn, auf dem Christkindlmarkt oder auf dem Oktoberfest befindet? Und wieso fiihlt man sich nun - nach den islamistisch moti- vierten Anschlagen - unsicherer auf dem Oktoberfest, wo doch das Oktoberfestattentat 1980 von einem Deutschen mit Beziehungen zu einer rechtsradikalen Bewegung begangen wurde? Es mag durchaus sein, dass Europa in den letzten Jahren vom islamistischen Terrorismus stark gebeutelt wurde. Doch so stark, dass nun fast dreiviertel aller Deutschen Angst vor Anschlagen haben? Diese Zahl mag dann doch etwas unverhaltnismaBig hoch erscheinen. Die Antwort auf diese Fra- gen scheint die gleiche zu sein wie die Quelle, von der auch die oben angedeuteten Szenerien stammen: die (Massen)Medien.

Die Meinung, dass Medien einen Einfluss auf die Meinungsbildung der Bevolkerung und auf das, „was die Mehrheit denkt und meint, fordert und verurteilt“ (Kepplinger 1992: 10) haben, wird schon seit Langerem (zumindest in kleinem Umfang) vertreten und unter anderem durch den Fra­ming-Ansatz ergriindet. Demnach wird in den Medien nie komplette Realitat abgebildet, sondem nur Aspekte dieser. Das fiihrt dazu, dass in der Berichterstattung immer ein sog. Rahmen (Frame) angelegt wird, durch den das Thema beleuchtet wird.

Doch die Wirkung auf die Menschen setzt erst einmal voraus, dass der Medieninhalt selbst angst- induzierende Elemente aufweist. Diese angstinduzierenden Elemente sollen in der vorliegenden Arbeit ergriindet, erfasst und interpretiert werden.

Hierfur wird die mediale Umsetzung der ffinf auflagestarksten deutschen Tageszeitungen zum Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin am 19. Dezember 2016 - dem ersten islamistischen Ter- rorakt auf deutschem Boden mit Todesopfem - untersucht. Die Bachelorarbeit stellt einen Beitrag zur Medieninhaltsforschung dar und versucht, mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse folgende Forschungsfragen zu ergriinden, ob bzw. welche angstinduktiven Frames in der Berichterstattung zum Anschlag am Breitscheidplatz auftraten.

Hierfur werden im ersten und zweiten Kapitel die beiden zugrundeliegenden Phanomene der Angst und des Terrorismus eingehend beleuchtet, um ein Verstandnis fiir die Hintergriinde des­sen, was untersucht werden soli, zu schaffen. AuBerdem wird ein Exkurs fiber das Leben Amris und den konkreten Anschlag am Breitscheidplatz gemacht. Grund hierfur ist, dass sich die Kom- munikationslage, in der die unter suchten Zeitungen befanden, nochmal vor Auge gerufen werden soli. Danach wird eingehend das der Arbeit zugrundeliegende Theorie-Konzept des Framings beleuchtet. Nachdem im sechsten Kapitel einige fiir die Arbeit als Grundlagen verwendete Stu- dien erlautert werden, wird ab dem siebten Kapitel der Fokus auf die empirische Studie gelegt. Nach Auswertungs- und Ergebnisbefund wird die Arbeit mit einer eingehenden Diskussion ab- geschlossen.

2 Das Phanomen der Angst

Das Phanomen Angst wird in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen untersucht. Wahrend der Terminus meist als psychisches Phanomen angesehen wird, soil er in der vorliegenden Arbeit vielmehr als die Folge eines kommunikativen Prozesses betrachtet werden, der durch die Rezep- tion von Medieninhalten ausgeldst wird. Entscheidend fiir das Verstandnis hierbei ist die Diffe- renzierung zwischen individuellen Angstgefiihlen als emotionale Erregung und der Angstkom- munikation als kommunikatives Phanomen in der sozialen Welt (vgl. Kostler 2011: 8). Deshalb wird Angst als klassische Emotion, die von neuronalen, psychischen und kognitiven Prozessen verursacht wird (vgl. Sorensen 1992: 3; Rachman 2000: 9ff), im Folgenden nur kurz behandelt, bevor das Augenmerk auf die Grundlagen der Angstkommunikation gelegt wird.

2.1 Angst als Emotion

Um Angst als Emotion fassen zu konnen, soli zuerst eine wissenschaftliche Annaherung an den Begriff der Emotion vollzogen werden. Problematisch ist hierbei, dass fast so viele Ansichten des Terminus Emotion existieren, wie die Anzahl der Definitionen selbst. Es kann deshalb nur ein minimaler Konsens festgehalten werden. Emotionen werden als „komplexe Zustande, die von gesteigerter Wahmehmung eines Objektes oder [einer] Situation weitreichende physiologische Veranderungen auslosen“ (Doveling 2005: 36) angesehen. Eine Emotion ist also nie ein allein psychisch ablaufender Prozess, sondem fiihrt vielmehr zu somatischen Auswirkungen auf den Korper selbst. Diese Effekte konnen beim Durchleben der Emotion Angst beispielsweise als Zit- tem in Stimme oder am ganzen Korper, Herzklopfen sowie Mundtrockenheit (vgl. Rachman 2000: 13) auch empirisch beobachtet werden.

Essentiell fiir das Auftreten einer Emotion ist, dass die Konfrontation mit einer Situation oder einem Objekt ein Empfinden von Anziehung oder Abneigung und analog hierzu schlieBlich An- naherungs- oder Vermeidungsverhalten auslost (vgl. Doveling 2005: 36). Die Ausloser fiir An­ziehung bzw. Abneigung konnen dabei von Individuum zu Individuum komplett unterschiedlich sein. Zudem werden Emotionen betrachtet als „jene Gefiihle und Affekte, die Handlungsweisen gleichermaBen anleiten konnen wie Werte und Kognitionen“ (Reimann/Giesen/Goetze/Schmid 1979: 150). Das durch sie erzeugte Verhalten kann entscheidende Auswirkungen auf soziale Handlungsablaufe haben. AuBerdem kann sich die Haltung auch auf andere Individuen iibertra- gen, beispielsweise bei der Entstehung von Massenpanik oder Massenangst. Je mehr Menschen von einem bestimmten Gefiihl gleichzeitig betroffen sind, desto schwerer wirkt der durch sie aus- geloste Handlungsimpuls und kann beispielsweise auch staatliche Entscheidungen beeinflussen. Dabei tritt eine Emotion nie vollkommen isoliert von anderen Empfindungen oder Sachverhalten auf. Selbiges gilt fiir die Wirkung. Sie stellen vielmehr einen Teil der erlebten (oder geglaubter) Wirklichkeit mit entsprechenden situativen Beziigen zu dieser Wirklichkeit dar (vgl. Doveling 2005: 41).

Das Verbinden von Sachverhalten mit bestimmten Emotionen und in letzter Konsequenz mit spe- zifischen Verhaltensweisen ermoglichte es unseren Vorfahren schlichtweg zu iiberleben. Deshalb konnen Emotionen als notwendige menschliche Charakteristika bezeichnet werden (vgl. Turner 2000: 2). Diese Ansicht wird auch in der Evolutionstheorie vertreten: Da dem Menschen das grundlegende Bediirfnis innewohnt, seine Art zu erhalten und sein eigenes Leben zu sichem, muss er wissen - und im besten Fall eben fiihlen - was ihm schadet oder ihm nutzt, um moglichst schnell auf Ereignisse reagieren zu konnen. Emotionen spielen in diesem Prozess eine tragende Rolle (vgl. Kanning 2000: 119ff).

Auch in der Jetzt-Zeit wird Angst noch als lebensnotwendige Reaktion und Erfahrung beschrie- ben, weil sie „der Bewaltigung realer oder vorgestellter Bedrohungen [diene], zum einen durch die unmittelbare psychophysische Aktivierung und zum anderen durch die dadurch veranlassten Ldsungsstrategien“ (Strian 1996: 7). Strian macht zugleich deutlich, dass Angst nicht zwingend durch einen tatsachlich vorliegenden Sachverhalt ausgelost werden muss, sondem das Empfinden einer akuten Gefahr hierfiir schon ausreicht. Der Entstehung von Angstgefiihlen geht also immer ein subjektiver Deutungsprozess voraus, der das Wissen des Individuums mit wahrgenommenen oder projizierten Wahmehmungen verkniipft. So kann eine schlecht beleuchtete StraBe durch die Verkniipfung von Nachrichtenmeldungen, Verbrecherstatistiken oder auch angesehenen Horror- filmen mit der aktuellen Situation, Angst vor der eigenen Opferwerdung auslosen.

Dies deutet auf ein weiteres Charakteristikum der Angst hin: Ihre Zukunftsgerichtetheit. Auf ei­nen zeitlichen, auf die Zukunft projizierten, Bezug des Angstempfindens wird in der Literatur oft verwiesen (vgl. Doveling 2005: 46). Rachmann (vgl. 2000: 12) vertritt beispielsweise die Mei­nung, dass das Empfinden von Angst in Relation mit der Erwartung einer gefahrlichen oder etwa einer unangenehmen Situation, auch hinsichtlich der Erwartung von Schmerz oder personlichem Versagens auftritt. Angst muss dabei nicht zwingend auf ein bestimmtes, in der Zukunft liegen- des, Ereignis gerichtet sein, sondem kann auch gerade wegen der Offenheit und Unwissenheit dessen, was eventuell passieren konnte, auftreten (vgl. Zelinka 1997: 50). Um die herausgearbei- teten Eigenschaften der Emotion Angst zusammenzufassen, soli eine abschlieBende Definition von Brautigam und Senf (1996: 246) herangezogen werden:

„Angst ist eine auf die gegenwartige oder auf die zukiinftige Situation gerichtete kognitive und emotionale Einstellung, namlich die Erwartung, bedroht zu werden - an Leib und Leben, an Geborgenheit oder Ansehen."

2.2 Angstkommunikation

Angst kann, wie oben beschrieben, vielfaltige Ausloser haben. Grundsatzlich wird sie aber meist durch Verkniipfung realer oder irrealer Informationen mit einer (negativen) Erwartungshaltung ausgelost. In der heutigen Mediengesellschaft wird ein GroBteil der Informationen nicht mehr am eigenen Korper erlebt, sondem durch die Medien vermittelt. Auch die Verkniipfung medial ver- mittelter Informationen kann zu einer Vielfalt an Emotionen fiihren. So losten Nachrichten iiber den Tod von Lady Diana Spencer, die Tsunamikatastrophe in Siidostasien oder in der Gegenwart die gewaltigen Buschbrande in Australien Trauer, Bestiirzung und groBe Anteilnahme aus. Bei Meldungen iiber Terroranschlage in den USA und seit der Mitte des letzten Jahrzehnts zuneh- mend in Europa hingegen trat neben den schon genannten Emotionen auch Angst vor weiteren Anschlagen auf. Gemein dabei ist alien genannten Ereignissen, dass die hervorgerufenen Emoti­onen - natiirlich in verschiedenem AusmaB - gemeinschaftlich auftraten. Es handelt sich also nicht mehr ausschlieBlich um individuelle, sondem um soziale, kommunikative Emotionen.

Als Begriindung des Wirkens medial vermittelter Informationen kann die Konstitution des Men­schen als soziales Wesen genannt werden. Er weist das Bediirfnis nach Zugehdrigkeit einer Ge­meinschaft auf und strebt deshalb nach einer Vergemeinschaftung mit anderen (vgl. Doveling 2005: 19). Sie kann verstanden werden als „eine soziale Beziehung, die auf der Schaffung einer gefiihlten Zugehdrigkeit bzw. Bindung zu einer Gmppe basiert, wobei die Beteiligten aufgrund dieses Gefuhls ihr Verhalten aneinander orientieren" (ebd.). Medien konnen diese Verbindung ebenso herstellen, weil sie nicht nur reine Informationen vermitteln (und dies - wie spater in Kapitel 3.1 erlautert - gar nicht konnen), sondem in besonderer Weise auch die Emotionen, die mit ihnen einhergehen und an denen sich Menschen dann ebenso orientieren (konnen) (vgl. ebd.). Die emotionale Relation von Medienrezeption, Medienwirkung und dem Bezug dieser zu den Medieninhalten selbst, wurde in der Kommunikationswissenschaft lange vemachlassigt (vgl. Krotz 1993:477f). Generell liegt das Hauptaugenmerk der existierenden Forschung auf der (even­tuell) aggressionssteigemden Wirkung von Ballerspielen. Auch hier kann aber bis dato nicht von koharenten, verallgemeinerbaren Befunden gesprochen werden.

Krotz (vgl. ebd.) sieht die Ursache fur die fehlende Zuwendung zu medialer Emotionsvermittlung in der Annahme, dass der Nutzung eines mediaton Angebots eine bewusste, rationale Entschei- dung vorangehe. Deshalb gehe man davon aus, dass der Rezipient auch wahrend des Konsumie- rens in einer relativ emotional stabilen Lage sei. Ahnliche Befunde konnen auch im Uses and Gratifications Approach gefunden werden. Allerdings kann diese Annahme gerade bei der Re- zeption tagesaktueller Nachrichten eigentlich nicht vertreten werden. Es mag sein, dass sich der Rezipient entscheidet, die Nachrichten anzusehen bzw. zu lesen. In letzter Konsequenz kann er aber nie genau wissen, welche Inhalte in welcher Form im jeweiligen Nachrichtenformat thema- tisiert werden - und sich somit auch nicht in Ganze darauf einstellen. So kann trotz der rationalen Entscheidung bei Bildem von Zerstorungen durch Krieg, Terrorismus oder Naturkatstrophen groBe Besturzung oder eben auch Angst vor weiteren solcher Ereignisse hervorgerufen werden. Generell kann zwischen Kommunikation von Emotion und Kommunikation iiber Emotion unter- schieden werden (vgl. Simon 2004:120f). Dieses Prinzip kann auch bei der Angstkommunikation angewandt werden.

Eine Kommunikation iiber Angst liegt demnach vor, wenn die Emotion und das Empfinden dieser selbst thematisiert wird. Simon (ebd.: 120) schreibt dieser Art von Angstkommunikation die Ei- genschaft zu, dass eine beliebige Emotion im Grunde genommen ebenso thematisiert werden konne wie ein beliebiges Sachthema. Der jeweilige Beitrag miisse also keinen emotionalen Cha- rakter aufweisen. Allerdings gibt auch Simon zu, dass fiber das Erleben einer Emotion nur sehr schwer objektiv oder sachlich berichtet werden konne, weshalb die Kommunikation meist zusam- men mit Begleiterscheinungen wie nonverbaton oder performativen Emotionsausdrficken auf- trete.

Exemplarisch kann hier an ein Interview nach dem Erleben einer Angstsituation gedacht werden, in dem ein Opfer oder ein Augenzeuge eines Verbrechens seine Geffihle wahrend des Ablaufs der Tat thematisiert. Egal, wie sehr der zu Interviewende versucht, seine Geffihle nur verbal auszu- drficken, wird in den meisten Fallen die Erinnerung an den jeweiligen Angstmoment auch die hier empfundenen Geffihle wieder hochkommen lassen - was dann eben an Mimik oder Gestik beo- bachtet werden kann. Um diese sprachliche Ausdrucksform der Angstkommunikation zu verste- hen und sich in gewisser Weise auch hineinversetzen zu konnen, muss der Rezipient fiber emoti­onale Kompetenz verffigen (vgl. Kostler 2011: 113). Ist der Rezipient zudem in der Lage, die Beschreibungen mit den psychischen, performativen Ausdrucksweisen von Angst zu verknfipfen, kann davon ausgegangen werden, dass der verbalisierten Ausdrucksweise eine hohere Glaubwfir- digkeit zugeschrieben wird (vgl. ebd.). Aufgrund dessen kann der Kommunikation iiber Angst in audio visuellen Medien eine groBe Authentizitat zugesprochen werden, weil der Rezipient eben in der Lage ist, die performative Ausdrucksform von Angst auch tatsachlich zu sehen. Kommunika­tion iiber Angst kann aber in alien Mediengattungen - egal ob audiovisuell, auditiv oder schriftlich - vollzogen werden. Schmidt (2005: 35f) unterstellt gar, dass Gefuhle mit „ausgepragter kogniti- ver Dimension[44] wie eben Angst in Printmedien teilweise sogar besser dargestellt werden konnen, weshalb anspruchsvolle Medientechnik nicht als konstitutiv ffir die Kommunikation iiber Angst gelte. Als Beispiel ffihrt er „Schilderungen von Situationen des angstvollen Erwartens[44] (ebd.) an, die beispielsweise in Schauerromanen im Stil von H.P. Lovecraft, Edgar Allan Poe oder auch bei Steven King auftreten. Nattirlich mag hier aber auch die Situation, in der der Rezipient die Ro- mane liest eine Rolle spielen. So wirken die Erwartungssituationen bei der Rezeption am Strand weniger erschauemd als abends im Bett alleine Zuhause.

Eine Kommunikation von Angst liegt hingegen vor, wenn Angst bzw. das Angstempfinden nicht explizit verbal erlautert wird, sondem alleine durch performative Verhaltensweisen zum Aus- druck gebracht wird (vgl. Simon 2004: 120). Dabei benotigt die kommunizierte Emotion - wenn sie glaubhaft sein soil - keine explizite Nennung, da sie sich in den gezeigten Ausdrucksweisen bereits deutlich manifestiert. „Wir kommunizieren iiber etwas Anderes, aber daneben und zu­gleich kommunizieren wir - durch die Art, wie wir iiber das Thema kommunizieren - Emotionen" (Fiehler 2012: 37). So miissen sich beispielsweise Reportagen oder Gesprache mit Augenzeugen von Terroranschlagen keiner verbalen Explikation des gegenwartig durchlebten Gefiihls bedie- nen, weil die bereits genannten physiologischen Auswirkungen bereits signalisieren, dass Angst empfunden wird. Auch hierbei gilt, dass der Rezipient iiber emotionale Kompetenz verfiigen muss, um die Angstsignale richtig deuten zu konnen (vgl. Kbstler 2011: 11). Innerhalb der Bei- trage selbst werden bei der Kommunikation von Angst nur die Beobachtungen, die beispielsweise wahrend eines Anschlags gemacht wurden, thematisiert. Im Gegensatz zur Kommunikation von Angst wird davon ausgegangen, dass ausschlieBlich visuelle Medien, wie Film, Femsehen oder auch Fotografie, Kommunikation iiber Angst ermoglichen. Schriftbasierte Medien hingegen fiihr- ten zu einer Trennung von Emotion und Berichterstattung, weshalb die performative Ausdrucks- weise schlichtweg nicht mehr sichtbar sei (vgl. Schmidt 2005: 32). Allerdings wird hier keine Differenzierung beziiglich Printmedien vorgenommen, die eigentlich den klassischen schriftba- sierten Medien zugeordnet werden. Gerade Boulevardzeitungen oder -zeitschriften verwenden aber in groBem Rahmen Bilder, um ihre Texte eindriicklicher wirken zu lassen. Auch werden bei Portrats oder Reportagen Personen, deren Mimik und Gestik oft sehr detailliert beschrieben, was ebenfalls Kommunikation iiber Angst darstellt. Diesem Charakteristikum ist also nur sehr bedingt zuzustimmen.

2.3 Protection Motivation Theory

Angstkommunikation geschieht aber nicht nur in den klassischen Medien. Langst schon hat auch das Marketing ihr Potential fiir sich entdeckt. Der fiir die Absichten der vorliegenden Arbeit am ertragsbringendsten angesehene Beitrag hierzu stellt die Protection Motivation Theory (PMT) von Rogers dar.

PMT wurde urspriinglich entwickelt, um die Effekte von Angstappellen auf gesundheitliche Ein- stellungen sowie Verhaltensanderungen zu erklaren (vgl. Floyd/Prentice-Dunn/Rogers 2000: 409). Rogers beschreibt damit die Bewaltigung einer Bedrohung als das Ergebnis zweier Beur- teilungsprozesse. Demnach wird zum einen die vorliegende Bedrohung selbst (threat appraisal) sowie die mogliche Bewaltigung dieser (coping appraisal) beurteilt. Die Motivation, sich zu schiitzen, hangt laut Rogers von drei Faktoren ab: Erstens die wahrgenommene Schwere der Be­drohung, zweitens die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit der individuellen Betroffenheit und drittens das MaB an Vertrauen, das der empfohlenen (praventiven) MaBnahme gegen die thema- tisierte Bedrohung entgegengebracht wird. Wenn also die Bedrohungsbeurteilung zu Angst fiihrt, ruft das Bediirfnis nach der Bewaltigung dieser eine Verhaltensanderung sozusagen als Schutz- mechanismus hervor. Der Schweregrad des ersten Faktors (der wahrgenommenen Schwere der Bedrohung) ist hierbei abhangig vom Grad des physischen oder psychischen Schadens, sozialer Bedrohungen, wirtschaftliche Kosten oder auch die Bedrohung anderer (vgl. Rogers/Prentice- Dunn 1997: 115). Wenn also ein Individuum den Schweregrad einer Bedrohung sowie die (mog- licherweise) eintretenden Konsequenzen dieser fiir sich oder fiir seine Angehorigen als hoch bzw. als wahrscheinlich einstuft, wird davon ausgegangen, dass die Person ein erhebliches MaB an personlicher Bedrohung erlebt. Diese Bedrohung versucht sie deshalb durch verschiedene MaB- nahmen zu minimieren (vgl. ebd.). Es besteht also einen Zusammenhang zwischen der wahrge­nommenen Schwere der Bedrohung, der eigenen Gefahrdung sowie der Schutzmotivation (vgl. Lwin/Saw 2007: 265).

Als Hintergrund hierfiir kann das schon angesprochene Bediirfnis der Menschen nach Schutz ge- nannt werden. AuBerdem wird der Theorie mittlerweile eine Prognosefahigkeit zugeschrieben (vgl. Lwin/Saw 2007: 262). Wahrend sich die meisten Studien zur PMT mit einer individuellen Bedrohung und deren Bewaltigung, wie zum Beispiel das Aufgeben von Rauchen zum Schutz vor COPD sowie Lungenkrebs oder VorbeugemaBnahmen gegen kardiologische Erkrankungen (vgl. Floyd/Prentice-Dunn/Rogers 2000: 407), beschaftigen, kann PMT auch kollektiv wirken (vgl. Herath/Rao 2009: 109). Die Bedrohung muss in diesem Fall als eine allgemeine deklariert werden (vgl. ebd.). Studien zur kollektiven Wirkung wurden beispielsweise bezuglich der Ver- meidung eines Atomkrieges (Axelrod/Newton 1991) oder dem Entgegenwirken von Naturkata- strophen (Vaughan 1993) durchgefiihrt. Diese Deklaration kann auch durch Medienberichterstat- tung vollzogen werden. Dies macht die PMT auch fiir die vorliegende Arbeit relevant sowie die drei erwahnten Bestandteile operationalisierbar. Ziel der PMT-Forschung ist, es, zu verstehen, wie Menschen sich verhalten, wenn sie verschiedenen Bedrohungen ausgesetzt sind (vgl. Floyd/Prentice-Dunn/Rogers 2000: 408). Die genaue Bedeutung von PMT fiir die vorliegende Arbeit und ihre Anwendung wird spater noch eingehend ausgefiihrt.

3 Terrorismus

Der Terminus Terrorismus kann mittlerweile im Alltagssprachgebrauch als omniprasent angese- hen werden. Die wissenschaftliche Beschaftigung mit dem Begriff ist allerdings nicht so klar, wie es die standige Konfrontation vielleicht vermuten lasst. Deshalb soil im Folgenden eingehend auf die Forschungsliteratur beziiglich Terrorismus allgemein, Islamistischer Terrorismus im speziel- len sowie der Medien-Terrorismus-Symbiose eingegangen werden.

3.1 Definition

Bei der Betrachtung eingehender Terrorismus-Literatur wird schnell klar, dass bis dato keine ein- heitliche oder konsensfahige Definition des Begriffs existiert. Vielmehr konnen die bisherigen Definitionen als Versuche, Teilphanomene des Begriffes abzubilden, angesehen werden. Laqueur (2003: 33) geht sogar so weit, die Suche nach der passenden Definition als „weder moglich noch der Miihe wert“ zu bezeichnen, da „eine allgemeine Theorie, eine umfassende Erklarung seiner Ursachen finden zu wollen [...] ein miiBiges und irregeleitetes Unterfangen“ (ebd.) sei. Im Fol­genden sollen verschiedene Aspekte des Begriffs naher ausgefiihrt werden, um abschlieBend eine fur die vorliegende Arbeit passende Definition festhalten zu konnen.

Die Vielzahl von Definitionsversuchen mag unter anderem der Vielschichtigkeit des Terminus geschuldet sein. So existierte im Laufe der Geschichte eine unuberschaubare Anzahl von (meist nicht-staatlichen) Gruppen (vgl. Miinkler 2002: 194ff), die - teils aus vollig verschiedenen Mo- tiven - terroristische Anschlage veriibten (vgl. Dietl/Hirschmann/Tophoven 2006: 20). Deshalb ist die konkrete Auffassung von Terrorismus auch immer an die jeweilige Zeitgeschichte gebun- den. Laqueur (2003: 11) markiert den grundsatzlichen Unterschied zwischen dem „alten“, im 19. und 20. Jahrhundert, und dem „neuen“, heute vorherrschendem Terrorismus in der Auswahl sei­ner Opfer: Wahrend er bis vor kurzem im Grofien und Ganzen wahlerisch war, seine Opfer sorg- faltig aussuchte - „Konige und Koniginnen, Minister, Generale und andere Angehorige der Fiih- rungsschicht“ (ebd.) angriff - macht er mittlerweile kaum noch Unterschiede zwischen seinen Leidtragenden. Dies hangt auch mit dem vorherrschenden Feindbild zusammen: waren friiher noch Angehoriger bestimmter (Fuhrungs-)Schichten, wie Adel oder Industrielle, der zu besie- gende Feind, wird heute immer mehr die Gesellschaft als Ganzes zum Feind ausgerufen (vgl. Laqueur 2003: 36; vgl. Miinkler 2006: 226). Analog hierzu veranderten sich auch die Methoden der Terroristen. Kamen sie in fruheren Epochen noch mit Messem oder einzelnen Handfeuerwaf- fen ans Ziel, miissen heute effektivere Geschiitze aufgefahren werden, um eine groBtmogliche Anzahl von Menschen zu treffen.

Bei der Betrachtung von Terrorismus-Definitionen darf zudem nicht auBer Acht gelassen werden, dass die Einstufung immer mit dem Standpunkt des Definierenden verwoben ist (vgl. Dietl/Hirschmann/Tophoven 2006: 16). So durften sich nur die wenigsten Terroristen auch selbst als Terroristen definieren - vielmehr herrschen im Selbstbild Begriffe wie „Freiheitskampfer“, „Partisan“ oder „Untergrundkampfer“ vor. Gleichzeitig stellt auch dieser Aspekt ein Kind seiner jeweiligen Zeit dar, der sich wandeln kann.

Generell werden auf beiden Seiten - der Terroristen und der Terrorisierten - Feindbilder aktiv erzeugt. „Der Zusammenhalt in der eigenen Gruppe wird hochgehalten, indem man alles Schlechte, Bose und Minderwertige auf das Feindbild projiziert“ (Wirth 2006: 91). Diese Feind­bilder erzeugen kollektive Gefuhle, die auf der einen Seite Anschlage aufgrund von Hass oder Unterdriickungsgefuhle hervorbringen, auf der anderen Seite Angst, Schrecken und letztendlich das Bedurfnis, etwas gegen die terroristische Bedrohung zu untemehmen, erzeugen. Miinkler (2002:175) spricht in diesem Zusammenhang auch von Terrorismus als „AusschlieBungsbegriff[4], weil terroristische Gruppen den Status Quo in den Ziellandem bedrohen (vgl. Winkel 2010: 56). Die Konstruktion von Feindbildem, die in den Ziellandem in hohem MaBe von Medien und Re­gierungen beeinflusst wird (vgl. Wirth 2006: 91), fuhrt also zu einem Schwarz-WeiB-Denken, der Einzelne gehort entweder zu den Guten oder zu den Bosen.

Gleichzeitig helfen Feindbilder alien terroristischen Gruppierungen, ihr ubergeordnetes, nicht- ideologisches Ziel zu erreichen: Die Verbreitung von Angst bzw. Schrecken. Diese Ansicht wird auch in den meisten Definitionen vertreten. So wird Terrorismus zum Beispiel als „die geplante, punktuelle oder systematische Erzeugung von Verunsicherung, Angst und Schrecken durch unerwartete, unberechenbare und willkurliche Drohungen oder Akte von zerstorerischer Gewalt gegen Sachen und/oder Personen, um politische, religiose oder andere ideologische Ziele zu erreichen[41] (Auchter/Buttner/Schulz-Venrath/Wirth 2003: 145) angesehen. Terrorismus funktioniert demnach vor allem mental (vgl. Townshend 2005: 11), er zielt auf den subjektiven psychologischen Schock moglichst groBer Teile der Bevolkerung ab, weshalb die kollektive Beunruhigung auch als sein groBter Verbundeter ausgemacht werden kann (vgl. ebd.: 26). Deshalb geht es weniger um die direkte Zerstorung durch den Anschlag selbst, als um die indirekten Effekte der Gewalt. Die Verbreitung von Angst wird in der Literatur nahezu einhellig als wesentliches Merkmal der terroristischen Gewaltstrategie erachtet (vgl. Waldmann 1998; Schneckener 2006; Hoffman 2001). Terroristen zielen weniger auf unmittelbar physische, sondem auf mittelbar psychische Folgen, es geht weniger um die materiellen Schaden als um den Schrecken, der durch die Terrorgruppe oder den jeweiligen Anschlag verbreitet wird (vgl. Miinkler 2002: 177; vgl. Schneckener 2006: 23). Ahnlich sieht dies auch Fetscher (1981: 145): „Aufmerksamkeit und Offentlichkeit sind der Sauerstoff des Terrorismus.[44] Noch deutlicher wird hierbei Jenkins (1975: 1):

„The threat of violence, individual acts of violence, or a campaign of violence designed pri­marily to instill fear - to terrorize may be called terrorism. [...] Terrorism is violence aimed on people watching. Fear is the intended effect, not the by-product, of terrorism.[44]

Der Angstfaktor wird dabei schon bei der etymologischen Herkunft des Terminus Terrorismus deutlich, griindet er doch auf dem lateinischen Verb terr ere, das mit in Schrecken versetzen uber- setzt werden kann. Auch die arabische Bezeichnung, ihrab, leitet sich vom Verb arhaba ab, das so viel wie Furcht erregen oder einschuchtern bedeutet (vgl. Qapan 2005: 112).

Die Ausrichtung der Gewaltstrategie kann mit der strukturellen Unterlegenheit der terroristischen Gruppen erklart werden. Da ihnen bewusst ist, dass sie bei kriegerischen Angriffen gegen ihre Gegner physisch sowie technologisch immer unterlegen sind, vermeiden sie die offene Konfron- tation. Die primar auf psychologische Schaden ausgerichtete Operationsform Anschlag scheint schlichtweg die am gewinnbringendste Methode fur terroristische Gruppen darzustellen und wird deshalb von ihnen durchgefuhrt (vgl. Schneckener 2006: 22f; Hoffman 2001: 172f).

Die spektakularen Anschlage Anfang des 21. Jahrhunderts von Al Qaida als auch die kleineren, haufiger auftretenden Anschlage von IS-Kampfem ab 2015 geben dieser These recht - hat sich doch die (teils irrationale) Furcht vor Terrorismus in die Kopfe vieler Menschen westlicher Lan­der eingebrannt (vgl. R + V Versicherung 2017) und ganze Debatten iiber Terrorismusabwehr verursacht. Aufgrund der groBtmoglichen, durch die von den Terroristen angetriebenen, mog- lichst offentlichkeitswirksamen Zurschaustellung der Anschlage wird seit Ende des 20. Jahrhun- dert immer haufiger der Begriff Theater of Terror (vgl. beispielsweise Weimann/Winn 1993) verwendet. Damit soil ausgedriickt werden, dass die Anschlage gewollt in Szene gesetzt werden, um Aufmerksamkeit in den Ziellandem sowie dariiber hinaus zu generieren.

Aufgrund der gerade vollzogenen Ausfuhrungen kann Terrorismus als angstinduktive Kommu- nikationsstrategie bezeichnet werden, die als letzte Eskalationsstufe des (politischen) Extremis- mus angewandt wird (vgl. Dietl/Hirschmann/Tophoven 2006: 20). Dieser Meinung schlieBt sich eine Vielzahl von Forschem an (vgl. Schneckener 2006: 23; vgl. Miinkler 2002: 177; vgl. Wald­mann 2003: 88).

Die Kommunikation verlauft hierbei in zwei Richtungen: zum einen soil, wie bereits ausgefuhrt, die (westliche) Bevolkerung in Angst versetzt werden. Zinn anderen sind die Akte aber auch immer als eine Art Rekrutierung zu sehen (vgl. Weissermel 2017:23). Miinkler (2002:180) nennt diese zweite Seite der Kommunikation die Botschaft „an den zu interessierenden Dritten“. Ge- meint sind damit diejenigen AuBenstehenden, fur deren Interessen die Organisation vorgibt zu kampfen. Dadurch sollen neue Krafte mobilisiert werden. In letzter Konsequenz wird die ge- wiinschte Mobilisierung aber eher durch die Gegenreaktionen beim Adressaten der Anschlage erreicht, als durch den Anschlag selbst (vgl. Schneckener 2006: 24). So konnen Gegenschlage in den Heimatlandem der Terroristen zu einer Radikalisierung weiterer Einwohner dieser fuhren. Dies ist auch den terroristischen Gruppierungen bewusst, die mit den Anschlagen den Adressaten durch gezielte Provokation zu einer Reaktion drangt, „die ihn zumal in den Augen Drifter, mora- lisch diskreditiert und entlarvt“ (Paris 1998: 33).

Die konkreten ideologischen Ziele, die mit den Anschlagen erreicht werden sollen, konnen hier­bei ebenso mannigfaltig sein wie die Gruppen, die sie veriiben. Die Forschung ordnet die beste- henden Gruppierungen klassischerweise in ethno-nationalen, ideologisch-weltanschaulichen, so- zial-revolutionaren und ideologisch-religiosen Terrorismus ein (vgl. Dietl/Hirschmann/Tophoven 2006: 22ff).

Betrachtet man die Erkenntnisse des Kapitels kann in Anlehnung an Schneckener (2006) sowie Frindte und HauBecker (2010) folgende Arbeitsdefinition fur die vorliegende Arbeit aufgestellt werden:

Terrorismus ist eine kalkuliert inszenierte, provokative Kommunikationsstrategie, mit der ter­roristische Akteure versuchen, Staaten, Gesellschaften oder bestimmte gesellschaftliche Gruppen durch die Anwendung von Gewalt in Angst und Schrecken zu versetzen, um politi- sche Botschaften zu kommunizieren, spezifische Ziele zu verfolgen sowie im Bestfall Forde- rungen durchzusetzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Mediale Angstinduktion durch Frames in der Terrorismusberichterstattung. Eine Analyse deutscher Tageszeitungen zum Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin
Hochschule
Universität Passau
Autor
Jahr
2020
Seiten
98
Katalognummer
V1027261
ISBN (eBook)
9783346437280
ISBN (Buch)
9783346437297
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mediale, angstinduktion, frames, terrorismusberichterstattung, eine, analyse, tageszeitungen, anschlag, breitscheidplatz, berlin
Arbeit zitieren
Teresa Helling (Autor:in), 2020, Mediale Angstinduktion durch Frames in der Terrorismusberichterstattung. Eine Analyse deutscher Tageszeitungen zum Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1027261

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