Eine Nachlese zum Frauenstimmrecht


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

4 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Geschiklausur Thema „Frauenbewegung“

13/2 ( 2 Schulstd. )

Vorliegender Text:

Hedwig Dohm: Eine Nachlese zum Frauenstimmrecht ( 1918 ):

Wie, die Frage des Frauenstimmrechts wäre, seitdem die Frauen sich während des Krieges als Männerersatz in allen möglichen Berufszweigen, -selbst in den der weiblichen Artung scheinbar widersprechendsten - so glänzend bewährt haben, noch immer nicht erledigt ? Nein, noch immer nicht ganz.

Einige flüchtige Gedanken darüber dürften zulässig sein.

Daßdie Frauen restlos und energisch das aktive und passive Wahlrecht als einziges Machtmittel fordern für die ökonomische Selbstständigkeit, die ihnen die Freiheit, ihr Handeln mit ihrer Überzeugung in Einklang zu bringen verbürgt, unterliegt keinem Zweifel. Wie die Staatsgesetze, so gibt es auch Seelengesetze, zwingende. Wer sie außer Acht lässt, leidet an sich selbst. Die staatlichen Gesetze werden immer gegen die Frauen sein, solange sie ohne die Frauen zustande kommen. Macht geht nicht vor Recht, aber Rechte ohne die Macht sie auszuüben, sind illusorisch.

Übrigens haben unsere feindlichen Brüder nicht nötig, sich ihre Köpfe über das weibliche Stimmrecht zu zerbrechen. Sie brauchen nur die Reden zu lesen, die am 15. Januar 1918 im Abgeordnetenhaus von ihren Gesinnungsgenossen gehalten wurden, Altehrwürdigere, moosbewachsenere Tiraden zu übertrumpfen, würde ihnen schwerlich gelingen.

Ist es zu hart, wenn ich sage, das ihr jene verschimmelten Phrasen, die den Parfüm der Verwesung verbreiten, wie Weihrauch einatmet, so will ich mildernd euch für Strenggläubige eines Ahnenkults halten- ihr nennt ihn geheiligte Traditionen und mit einer altertümlichen, unverbrüchlichen Treuedient ihr ihm; und - nicht wahr- den schallenden Bravos der gesamten Rechten , die die Reden der Rückwärtser begleiteten, würdet ihr begeistert zustimmen! Nun- ein ein jeder ist seines Glückes und auch seiner Verblendung Schmied.

Ich weiß, ich weiß, dass die Allmännlichen, diese Meisterstücke der Schöpfung , fürchten, dass politische Meinungsverschiedenheiten als Erisäpfelden Ehen den Todesstoßversetzen würden. Mehr noch fürchten sie, das Frauenstimmrecht möchte die Herrschaft der Schwachen bedeuten.

Aber mein Gott, wo bleiben denn inzwischen die Starken- die Männer?

Ich erlaube mir anderer Meinung zu sein. Politische oder andere Meinungsverschiedenheiten (selbst diametral entgegengesetzte) auf welchem Gebiet auch immer, sind in jeder Ehe unvermeidlich. Dass sie aber Ehen und Freundschaften zerstören sollten, ist nur bei geistig kleinen Leuten oder verbohrten Dickschädeln der Fall.

Ja, ich kann mir sogar vorstellen, dass ich mit einem strammen Antifeministen- vorausgesetzt, wir berührten die Frauenfrage nicht- herzlich befreundet sein könnte, falls er ein gütiger, liebenswürdiger Mensch ist.

In England hat man den Frauen das Stimmrecht bewilligt, konnte aber nicht umhin, einen Unterschied zwischen Mann und Frau zu konstatieren. Die Frauen erhalten es erst vom 29. Jahr, der Mann vom 21. Jahr an; eine Bestimmung, wahrscheinlich in der schlauen Voraussetzung, dass die Frauen dann schon Gattin und Mutter, anstatt die Wahlurne zu inkommodieren, lieber zu Hause bleiben würden.

Seine Hoheit, der Mann, findet es lächerlich, dass Frauenzimmerchen Plätze in der Sonne beanspruchen, während doch der Schatten ihr natürliches, gottgewolltes Element ist. ( Sie machen immer den lieben Gott mobil, wenn sie ihre Privilegien bedroht glauben ). Im Schatten? O ihr Kurzsichtigen, setzt doch eure Monocles auf, und ihr werdet- wenn auch schaudernd- erkennen, dass die Schatten vor den Frühlingswinden einer neuen Zeit fliehen, wie die Gespenster vor hellem Tageslicht.

Vorwärts! Aufwärts ihr meine Schwestern! Euer Stimmrecht ist das Tor, durch das ihr einziehen werdet in das Land, das ihr schon solange inbrüstig mit der Seele suchtet. Mit einer Überzeugung von titanischer Kraft sprengt dynamitartig die Fesseln, die euch seit Jahrtausenden an einen unseligen Aberglauben schmiedeten. Helft euch selbst, dann hilft euch Gott.

(zitiert nach: Die Frau ist frei geboren, 11. Bd.,S.281 ff.)

Aufgabenstellung:

1) Geben Sie die zentralen Gedanken dieses Essays in eigenen Worten wieder.

2) Welcher Unterschied bestand zwischen den frühen Emanzipationsansätzen und dem Frauenalltag im 19. Jahrhundert?

3.1.Worin liegen wesentliche Unterschiede zwischen bürgerlicher und proletarischer Frauenbewegung?

3.2.Welches emanzipatorische Ziel halten Sie heute noch für Frauen erstrebenswert?

Add 1)

Der Essay „ Eine Nachlese zum Frauenwahlrecht“ von Hedwig Dohm ist ein direkter Aufruf an die Frauen mit Überzeugung für das angestrebte Ziel Frauenstimmrecht einzutreten.

Die Autorin führt zu dieser Erörterung mehrere Argumente an, beginnend mit der rhetorischen Frage, ob „die Frage des Frauenstimmrechts“ „noch immer nicht erledigt“ sei. Sie bezieht sich damit retrospektivisch auf den ersten Weltkrieg sowie das Faktum, dass Frauen in diesem den Männern zugewiesene Aufgaben verrichtet haben. Das Erlangen der Möglichkeit des Stimmrechts für Frauen ist für die ökonomische Selbstständigkeit der Frau unabdingbar, es ist die einzige Möglichkeit „ihr Handeln mit ihren Überzeugungen in Einklang zu bringen“. In diesem Fall sei laut Hedwig Dohm macht notwendig, da ohne diese keine Rechte verkörpert werden könnten. Sie spricht bestehende gesellschaftliche Verhältnisse an. Sie konfrontiert die Männer mit dem Vorwurf, dass sie sich an Traditionen zu stark orientieren und diesen mit unabkömmlicher Treue begegnen, was zu einer rigiden und verbohrten Haltung führt. Dohm spricht die Furcht der „Allmännlichen“ („diese Meisterstücke der Schöpfung“), dass Frauenstimmrecht könnte die „Herrschaft der Schwachen“ bedeuten, es könnte zu „politischen“ oder anderen „Meinungsverschiedenheiten“ führen. Die Aurtorin weist eintschieden darauf hin, dass solche Meinungsverschiedenheiten, „auf welchem Gebiet auch immer“, unvermeidliche sind und eine Ehe nicht zerstören werden. Sie führt einen scheinbaren Fortschritt in England an, wo man Frauen das Stimmrecht bereits bewilligte, jedoch existiert dort eine rechtliche Differenzierung in Bezug auf das Alter. Aus Dohms Sicht sei dies mit der Hoffnung der Männer verbunden, die Frauen wären zum Zeitpunkt, zu dem sie erstmalig wählen dürfen, nur noch auf häusliche und familiäre Belange fixiert. Entscheidend für die Argumentation der Männer ist nach Dohm auch die Möglichlkeit, die sich ihnen in der Legitimation durch Gott ergibt, den sie „mobil“ machen, „wenn sie ihre Privilegien bedroht glauben“. Sie bezeichnet die gegenwärtige Zeit als Aufbruch, „Frühlingswind“, das Stimmrecht stellt symbolisch ein „Tor“ zur Selbstständigkeit der Frau auf wirtschaftlicher, politischer, juristischer, kultureller und sozialer Ebene dar, für dessen Durchschreiten die Frauen mit „Überzeugung“ kämpfen sollen. ( 15 Punkte )

Add 2)

Erste Emanzipationsansätze traten mit Beginn des Zeitalters der Renaissance auf, wobei als Stichwort die Säkularisierung zu nennen ist. In diesem Zusammenhang kann man auf die Entwicklung der Menschenrechte verweisen, die mit der Declaration of Independence Vom 4.7.1776 erstmalig Eingang in konkretes staatliches Handeln fanden. Die Bewegung des Liberalismus ist mit der Figur John Locke eng verknüpft. Allgemein sah man den Menschen rationales, vernunftbegabtes Wesen, das die Fähigkeit hat, sich frei zu entfalten. Dies impliziert, dass die Menschenrechte in der Natur verankert sind. Rousseau übertrug sie über den Vertragszustand in den Gesellschaftszustand. Mit der Französischen Revolution 1789 wurde ein Grundrechtekatalog veröffentlicht, der essentielle Grundrechte wie Sicherheit, Eigentum , das Recht auf Widerstand, Meinungs-und Religionsfreiheit, Gewaltenteilung sowie politische Partizipation umfasste. Dieser Katalog wurde von Olympe de Gourges aufgenommen, wobei sie die erste Version als nur für Männer geltende entlarvt, die den Sinne des Naturrechts ( siehe oben ) und dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen vor Gott widerspricht. Olympe de Gourges geht von einem dualistischen Weltbild aus und betont auf dieser Basis die Rechte und Bedürfnisse der Frau. Ein weiterer Ansatz ist das egalitäre Weltbild, das als Fundament die Gleichheit aller Menschen, z.B. die angesprochene Gleichheit aller Menschen vor Gott sieht. Im Allgemeinen lagen die Ansätze auf fünf Ebenen, der politischen, sprich Partizipation an öffentlichen Angelegenheiten, der wirtschaftlichen in Form von Selbstbestimmung in beruflicher und finanzieller Hinsicht, der sozialen unter Berücksichtigung der sozialen Absicherung, der juristischen in Bezug auf die rechtliche Gleichstellung sowie der kulturellen, der Ermöglichung der Entfaltung der Frau als Künstlerin. Obwohl diese Ansätze bereits seit 1789 galten, lässt sich im 19. Jahrhundert ein klarer Kontrast zum Frauenalltag vermerken. In der bürgerlichen Familie war die Frau vom sozialen Leben des Mannes vollkommen isoliert, ihre Aufgabe war lediglich auf den Haushalt beschränkt. In der bürgerlich-bäuerlichen Familie hingegen war sie in gewissem Sinne in das soziale Netz des Mannes integriert, wogegen sie in der Arbeiterfamilie, die eher eine Erwerbs- und Notgemeinschaft darstellte, oftmals als Arbeitstier und Sexualobjekt ausgenutzt wurde. Die deutliche Abhänigkeit vom Mann ist also unverkennbar. Zudem diente ihre Tätigkeit in ärmeren Familien dem Broterwerb bei harter Fabrikarbeit oder als Dienstmädchen. Insbesondere bei diesen Formen der Arbeit sind schlechte Arbeitsbedingungen, schlechte Löhne und frühe gesundtheitliche Schäden evident. An Hand dieser Bedingungen kam den Frauen und den aufkommenden Frauenbewegungen, wie dem Allgemeinen Bund Deutscher Frauen, die Proklamation des kommunistischen Manifests von Marx und Engels entgegen. Der Sozialismus galt in Bezug auf die Rolle der Frau als fortschrittlich, man betonte gleiche Bedingungen in Leben, Beziehung und Beruf sowie das Prinzip der freien Liebe. In einer klarer politischer Interessensdivergenzen setzte Bismarck dieser Bewegung durch die Sozialistengesetze und in Einklang damit die Invaliditäts- Kranken- und Unfallversicherung einen Riegel vor. Auch die Kirche versuchte der Entsittlichung der Arbeiter entgegenzuwirken, blieb aber, besonders in Bezug auf die Rolle der Frau, bei ihrer traditionellen Haltung. ( 15 Punkte )

Add 3.1.)

An der Gegenüberstellung von bürgerlicher und proletarischer Frauenbewegung zeigt sich sehr schnell, dass es eine gesellschaftliche hierarchisch oder standesorietierte Einteilung gibt, die für die Frauenbewegung Probleme aufwirft. Als stärkster Kontrast sind die bürgerliche und die proletarische Frauenbewegung zu nennen. Für die bürgerliche Frau, die finazielle Absicherung genoss, war das Ziel, sich gesellschaftlich, wirtschaftlich und in eigenständigen Organisationen zu integrieren. Sie wollte arbeiten.

Im Gegenzug war die Frau aus proletarischer Schicht zur Arbeit wegen ungenügender finanzieller Sicherheit gezwungen, sie musste arbeiten. Generell folgte sie dem Vorbild der Integration der bürgerlichen Frau, doch tauchten Probleme wie die Integration in die Partei und Gewerkschaft sowie die Durchsetzung von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zielsetzungen und Idealen auf. Es wird also deutlich, dass für das Erringen von Rechten, für die Durchsetzung von Idealen, für die Durchsetzung von gesellschaftlicher und sozialer Gleichheit die finanzielle Komponente von Vorteil ist. ( 12 Punkte )

Add 3.2.)

Die Bewegung der Emanzipation der Frau ist als Prozess zu betrachten, der an entscheidenden geschichtlichen Übergangs-oder Wendepunkten immer wieder Auftrieb bekam, so bei der französischen Revolution 1789 oder nach dem Vormärz 1830 sowie der Revolution 1848/49 und der folgenden Industrialisierung und dem aufkommenden Wettbewerb von Parteinen. Auch nach der Legalisierung des aktiven und passiven Wahlrechts 1919 und einer anfängliche Blütezeit in den 20er Jahren, Frauen wurden für die Universitätsprofessur zugelassen, für theologische Berufe, sowie die vermehrte Herausgabe feministischer Zeitschriften ( Helene Lange ) fand die Frauenbewegung noch keine entscheidende Durchsetzung. Dies war allerdngs maßgeblich beeinflusst durch die NS-Diktatur bestimmt, die Frau war gezwungen sich an alt-traditionellen Werten sowie dem Maßder bigotten Familienidylle zu orientieren und musste z.B, dem „Bund Deutscher Mädchen“ etc. beitreten. Erst wieder in den 60er Jahren gewann die Frauenbewegung an Auftrieb, es etablierte sich in der Nachkriegsgeneration mehr und mehr ein Gesellschaftsbild, das der Emanzipation offen gegenüberstand. Frauenhäuser, Frauenzentren und feministische Zeitschriften etablierten sich. Diese Entwicklung hat sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Es hängt jedoch noch sehr von der Erziehung der Frau ab, ob diese auf einer an traditionellen oder liberalen Werten orientierten Basis erfolgt, in wieweit sich die Frau emanzipiert. Noch in vielen Fällen ist die Frau für den Haushalt und für das Aufrechterhalten sozialer Kontakte verantwortlich. Der Mann genießt oftmals in seiner Stellung entscheidende Vorteile, z.B. wird das Treffen von Frauen untereinander als „Tratsch und Kaffeklatsch“ belächelt, während das Treffen des Mannes mit seinen Freunden als wohlverdiente Erholung vom Arbeitsalltag aufgewertet wird. Des weiteren werden dem Mann Affären als nicht so schlimm wie der Frau angerechnet. Es existiert häufig noch das Bild einer Doppelten Moral. Zur Erörterung dieser Frage muss man allerdings auch berücksichtigen, dass Verbesserungen für die Frau in kultureller, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht eingetreten sind. Mehr und mehr nehmen Frauen höhere Positionen in Wirtschaft und Politik ein, allerdings besteht ein grundlegendes Problem der Frau im Fall einer Schwangerschaft. Dies bewirkt, dass Firmen in vielen Fällen der gleichen Qualifikation Männer präferieren. Die Tendenz des Abweichens von altehrwürdigen Normen hin zu einem freien, offenen Gesellschaftsbild wird somit unterbrochen. An dieser Stelle ist es Aufgabe des Einzelnen, aber auch des Staates in Vertretung der Gesamtheit, nachzuhaken, denn Artikel 1 des Grundgesetzes, der vorstaatliches Recht in staatliches Recht überträgt, gewährleistet in diesen Punkten nicht mehr die hochgepriesene Chancengleichheit für alle auch wenn rechtliche und politische Gleichheit augenscheinlich gegeben sind. ( 15 Punkte )

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Eine Nachlese zum Frauenstimmrecht
Veranstaltung
Geschigrundkurs 13. Kl
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
2001
Seiten
4
Katalognummer
V102730
ISBN (eBook)
9783640011100
Dateigröße
331 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Nachlese, Frauenstimmrecht, Geschigrundkurs
Arbeit zitieren
Timm Seng (Autor:in), 2001, Eine Nachlese zum Frauenstimmrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102730

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