Schiller, Friedrich - Kabele und Liebe - Ferdinand zwischen Intrige und Liebe


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

4 Seiten


Leseprobe


Ferdinand zwischen Intrige und Liebe

In dem Drama „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller geht es um die Liebe zwischen der bürgerlichen Luise und dem adeligen Ferdinand in den engen Schranken der Ständegesellschaft des 18. Jahrhunderts. Durch eine Intrige des Haussekretärs Wurm, der um Luise angehalten hat, aber von deren Vater abgewiesen wurde, und dem Präsidenten von Walter, Ferdinands Vater, glaubt Ferdinand, dass Luise eine Beziehung mit dem Hoffmarschall von Kalb hat. Daraufhin vergiftet er sich und Luise, die ihm im noch Sterben über die Wahrheit aufklärt.

Interpretieren Sie die 2. Szene des 4. Aktes, indem Sie diese Szene in die Handlungsstränge des Dramas einordnen und die Szene unter Einbeziehung der hier erinnerten Situationen sowie der Sprache deuten! Bewerten Sie die Auffassung und das Verhalten Ferdinands! Schillers Stück weißt drei verschiedene Handlungsstränge auf. Zum einen, die Liebe zwischen Ferdinand und Luise, die den Haupthandlungsstrang bildet und um die herum sich die gesamten weiteren Handlungen des Buches drehen. Zum anderen auch der Vater-Sohn-Konflikt, der aus der Liebe Ferdinands zu Luise, aber auch aus den grundverschiedenen Charakteren Ferdinands und seines Vaters, dem Präsidenten, resultieren. Des weiteren ist ein politisch- gesellschaftlicher Strang vorzufinden, der sowohl in der geplanten standesgemäßen Hochzeit Ferdinands mit Lady Milford als auch in dem vergleichenden Betrachten von Ferdinands und Luises Leben, deren Rechte und Ansichten zu erkennen ist.

Die 2. Szene des 4. Aktes ist ein innerer Monolog Ferdinands, der, nachdem er einen Liebesbrief von Luise an Hofmarschall Kalb gefunden hat, vollkommen aufgelöst und verwirrt ist. Inhaltlich bezieht sich diese Szene daher auf die Paarbeziehung zwischen Luise und Ferdinand und bildet gleichzeitig den Wendepunkt eben dieser. Bevor Ferdinand diesen Brief gefunden hat, war er optimistisch und wollte mit allen Mitteln für seine Liebe, die er von Luise erwidert sah, kämpfen. Dafür war er bereit alle Vorteile seines Standes aufzugeben und gegen die Regeln der Gesellschaft verstoßen. Sogar die von seinem Vater zur Festigung seiner Macht geplante Heirat mit Lady Milford lehnte er trotz Drohungen ab und drehte diese sogar noch zu seinen eigenen Gunsten. Als der über seinen ungehorsamen Sohn erboste Präsident nämlich Luise und ihre Familie festnehmen und an den Pranger stellen lassen will, droht Ferdinand im Gegenzug zu erzählen, über welche unlauteren Methoden sein Vater zu dem Präsidentenposten gekommen ist. Daraufhin ist der Präsident gezwungen nachzugeben und sein Ziel über andere Wege zu erreichen. Er lässt sich auf eine geschickt von seinem Haussekretär Wurm, der von Luises Vater abgewiesen wurde, als er um sie anhielt, geplante Intrige ein. Heimlich wird die gesamte Familie Miller ausschließlich der Tochter festgenommen und Luise mit diesem Druckmittel zum Schreiben eines Briefes, den Wurm ihr diktiert gezwungen. Luise muss zudem schwören, niemandem etwas von davon zu erzählen und den Brief als den ihren anzuerkennen. Geschickt wird der Brief Ferdinand in die Hände gespielt.

Ihm wird dadurch der Boden unter den Füßen, das wofür er sein Leben gegeben hätte, entzogen. Er hält den Brief „...bald erstarrend, bald wütend herumstürzend“ (Seite 72 Zeile 20f) in den Händen und kann es zunächst nicht glauben oder gar begreifen. Seine Verwirrtheit und vollkommene Aufgeschmissenheit wird durch zahlreiche Wiederholungen, „Es ist nicht möglich. Nicht möglich.“(Seite 72 Zeile 22), „Und doch! doch!“ (Seite 72 Zeile 23f) und „Gott!Gott!“ (Seite 73 Zeile 16), aber auch durch Gegensätze vergleichende Metaphern, „...himmlische Hülle ... teuflisches Herz...“ (Seite 72 Zeile 22f) verdeutlicht. Zudem hat Schiller sehr oft Gedankenstriche gesetzt, um zu zeigen, wie unbegreiflich dieser Brief für Ferdinand ist und dass er erst durch angestrengtes Nachdenken auf Lösungen kommt. Dabei merkt der Leser in welch hohem Grad Ferdinand sich in diese Situation hineinsteigert, da gleichzeitig auch eine Steigerung in seiner Sprache zu erkennen ist. Während er anfangs eher daran zweifelt, dass ein so frommes, reines, religiöses Mädchen zu einem solchen hinterhältigen Betrug in der Lage ist, kann kurz darauf erst kein „Engel“ (Seite 72 Zeile 24), dann nicht „Himmel und Erde“ (Seite 72 Zeile 25) und letztendlich nicht „Schöpfung und Schöpfer“ (Seite 72 Zeile 26) ihn von ihrer Unschuld überzeugen, da er ihre Handschrift erkennt. Im gleichen Moment erinnert er sich auch wieder daran, wie Luise seine Idee zu fliehen abgelehnt hat und er sie bereits damals verdächtigte einen anderen Liebhaber zu haben. In dieser Erkenntnis überschlägt sich seine Sprache, „Das ... - Darum - oh Gott! - Darum...“ (Seite 73 Zeile 3ff), und sein Gang, „...stürzt rascher durchs Zimmer...“ (Seite 73 Zeile 9), regelrecht. An dieser Stelle hat seine Fassungslosigkeit ihren Höhepunkt erreicht und endet mit dem Finden einer für ihn wie die Faust aufs Auge passenden Lösung. Er ist sich nunmehr sicher, dass sie wegen Hofmarschall von Kalb und nicht wie vorgegeben wegen ihrer Familie und Ferdinands Karriere die Flucht abgelehnt hat. Ihm wird bewusst, dass sie vollkommen berechnend und von Grund auf böse sein mußund dieses bisher durch „himmlische Schminke“ (Seite 73 Zeile 8) bzw. ihre fromme Art versteckt hat. „...nachdenkend still“ (Seite 73 Zeile 10) erinnert er sich wie genau sie auf jede seiner Regungen eingegangen ist und wie glaubwürdig sie seine Gefühle erwidert hat. Ganz besonders als er von Lady Milford zurückkam und verunsichert über die Richtigkeit seines Handelns war, da er tiefes ehrliches Mitleid für ihr Schicksal empfand. Doch Luise überzeugte ihn durch ihr Weinen, „...wirft sie sich Millern laut weinend in den Arm.“ (Seite 44 Zeile 22f) „Mich zu berechnen in einer Träne...“ (Seite 73 Zeile 14) „...vor jedem schwindelnden Absturz...“ (Seite 73 Zeile 16f). Mit sich ringend fragt er sich sich, ob ein solch anständig wirkendes Mädchen wirklich ein so grauenhaftes zweites Gesicht haben kann (vgl. Seite 73 Zeile 17-20). Er versucht sich durch einen Vergleich zu trösten, indem er sich einredet nicht nur er, sondern sogar Gott bzw. jeder wäre auf diesen perfekt inszenierten Schwindel hereingefallen.

Direkt kommt ihm dazu die Szene mit seinem Vater, als er Luise und ihre Familie verhaften wollte, in den Kopf. Ihm wird klar mit „welch überzeugender Täuschung“ (Seite 73 Zeile 22) sie ihm ihre Liebe glaubhaft machte, indem sie blaßvor Schreck wurde. Ihre Ohnmacht in dieser Situation rechtfertigt er zuerst durch ein womöglich in ihr aufgestiegenes Schuldgefühl, kommt nach kurzem überlegen aber zu der Erkenntnis, dass sie kein Gewissen haben kann, um etwas wie Schuld zu empfinden. Schnell korrigiert er daher seine Gedanken, denn seine Überlegungen entsprachen nicht im geringsten ihrer, von ihm zudachten Skrupellosigkeit. Er sieht auch die Ohnmacht als pure Berechnung der „Heuchlerin“ (Seite 73 Zeile 27), um ihn noch mehr in ihren Bann zu ziehen. Er überlegt, warum er darauf hereingefallen ist und denkt an die höfische Gesellschaft. Dort kam es durchaus vor, dass Damen, die auf Herren Eindruck machen wollen, eine Ohnmacht vortäuschen. Doch auch hier hält er diesen Gedanken und seine Bezeichnungsweise für viel zu edel und überlegt wie Luise es rechtfertigen würde. Schließlich erkennt er, „Auch Metzen sinken in Ohnmacht.“ (Seite 73 Zeile 30) und dass sie nicht mit Damen, sondern eher mit Dirnen zu vergleichen ist, die ihrem Stand, den er vorher nie wahrhaben und beachten wollte, eher entsprechen.

Dennoch spricht er ihr die ganze Schuld zu, weil sie sich ihrer Handlungen bewusst ist und deutlich die Intensität seiner Liebe erkennen konnte. In ihm steigt dabei die Erinnerung an den ersten Kußempor und er kann nicht glauben, dass sie nichts empfand. Dieses nicht glauben können und wollen wird durch mehrmalige Wiederholung der Frage und Fragezeichen am Ende jedes Satzes deutlich sichtbar. Während er anfangs sogar noch ein verzweifeltes „vielleicht...?“ (Seite 73 Zeile 34) in seinen Gedanken steht, kommt dann die Gewissheit, „Fühlt nichts ?“ (Seite 73 Zeile 39), „Nichts...?“ (Seite 74 Zeile 1), und die Bedeutung für ihn, „Tod und Rache!“ (Seite 74 Zeile 2). Doch in Anbetracht dieser harten Strafe, fragt er sich erneut, „Nichts ?“ (Seite 74 Zeile 2), da er sie trotz alledem noch liebt.

Trotzdem gibt es für ihn nun kein Zurück mehr, er setzt Hofmarschall von Kalb eine Pistole an die Brust, um ein Geständnis zu erzwingen und erhält dieses auch. Doch Ferdinand ist so durcheinander, dass er das Geständnis missversteht und glaubt, der Vater Luises hätte all dies eingefädelt. Er bittet den eigenen Vater, der der eigentliche Schuldige ist, um Verzeihung. Er geht zu Luise, die mit ihrem Gewissen und Glauben an ihr Versprechen gebunden ist und vergiftet sich und sie. Im Sterben gesteht sie ihm jedoch die Wahrheit. Kurz vor Ferdinands Tod versucht der Präsident noch die Schuld auf Wurm zu schieben, gesteht sie dann aber ein und bittet Ferdinand um Verzeihung. Diese gewährt er ihm und stirbt.

Im Nachhinein bleibt die Frage offen, ob dieses Ende abgewendet werden hätte können. Sicherlich hat Ferdinand nach der Auffindung des Briefes sehr vorschnell und übereilt gehandelt. Für ihn haben die Ereignisse und das Verhalten von Luise in dem Moment, in dem er den Brief gelesen hatte, einen eindeutigen Zusammenhang gefunden. Dennoch war er wie man gerade am Ende des Monologs besonders stark merkt, nicht vollkommen von seiner Theorie überzeugt. Sein impulsives Verhalten und kurzes Nachdenken, verursacht im Folgenden auch das Missverständnis zwischen ihm und von Kalb, so dass er seine verhängnisvolle Entscheidung trifft. Durch sein überstürztes Agieren, bleibt ihm keine Zeit seine Theorien näher zu betrachten und der Leser hat das Gefühl, er stünde unter Zeitdruck, da er so übereilt handelt. Dies kann man jedoch auch auf den Autor zurückführen, da Schiller, nachdem er seine Jugend in einer strengen, militärischen Pflanzschule verbracht hat, das Gefühl hatte unschaffbar viel aufholen und nachholen zu müssen. Dieses Gefühl erhält man auch bei Ferdinand, er will alles festhalten und für sich sichern. Er ist sich seiner Liebe zu Luise nach sehr kurzer Zeit so sicher, dass er dafür sein Leben gibt. Während Luise eher realistisch ist und ihrer Liebe geringe Chancen zuteilt, glaubt Ferdinand, der ja aus betuchteren Verhältnissen stammt und daher ganz andere Mittel und Wege hat, dass eine Auflehnung gegen die engstirnige Ständegesellschaft möglich ist. Dabei unterschätzt er die Macht der Personen um ihn herum und überschätzt seine eigene Macht. Das macht ihn gut mit einem Kind vergleichbar, das etwas sieht, es sofort haben will und weil es es nicht bekommen kann, es auch kein anderer bekommen soll. Nur geht es hier nicht um einen Gegenstand und ein Kind, sondern um ein bürgerliches Mädchen und einen adeligen naiven Jungen.

Meiner Meinung nach war dieses Ende zu erwarten und unumgänglich. Die Liebe zwischen Luise und Ferdinand konnte in der damaligen Zeit keinen Erfolg haben, da sie weder in seinen noch er in ihren Kreisen als ebenbürtig anerkannt worden wäre. Selbst wenn Ferdinand alles aufgegeben hätte, wäre er in der Stadt bekannt und verspottet gewesen. Der Miller würde keinen musikalischen Aufträge mehr erhalten und die Anstellung Ferdinands als Bürgerlicher, hätte keinem Adeligem gefallen. Damit wäre keine Lebensgrundlage für Luise und Ferdinand vorhanden und sie müssten früher oder später nachgeben. Zudem wäre eine allseitige Duldung der Verletzung der Standesordnung nicht zu erwarten gewesen, so dass möglicherweise auch gesetzliche Schritte gedroht hätten. Es blieb als einzige Form des Zusammenlebens ironischer Weise nur der Tod und die Entscheidung zwischen Liebe und Leben hätte sich somit irgendwann von allein geklärt bzw. klären müssen.

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Schiller, Friedrich - Kabele und Liebe - Ferdinand zwischen Intrige und Liebe
Autor
Jahr
2001
Seiten
4
Katalognummer
V102741
ISBN (eBook)
9783640011216
Dateigröße
333 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Thema:Interpretieren Sie die 2. Szene des 4. Aktes, indem Sie diese Szene in die Handlungsstränge des Dramas einordnen und die Szene unter Einbeziehung der hier erinnerten Situationen sowie der Sprache deuten! Bewerten Sie die Auffassung und das Verhalten Ferdinands!
Schlagworte
Kabale und Liebe
Arbeit zitieren
Iris Stenke (Autor:in), 2001, Schiller, Friedrich - Kabele und Liebe - Ferdinand zwischen Intrige und Liebe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102741

Kommentare

  • Gast am 6.12.2001

    zu kabale und liebe.

    hallo iris,dein aufsatz ist echt klasse,auch ich schreibe morgen über das stück und bin nach langem suchen nach anregungen endlich fündig geworden-bei dir!!!!!vielen vielen dank :-) siiri

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Titel: Schiller, Friedrich - Kabele und Liebe - Ferdinand zwischen Intrige und Liebe



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