Die vorliegende Arbeit versucht, einen Überblick über den juristisch-psychiatrischen Diskurs der Schuldfähigkeitsbeurteilung vor Gericht zu bieten. Dafür wurden die Daten von über 200 Fällen berücksichtigt (N = 191). Dabei liegt der Fokus auf den beiden Eingangsmerkmalen der krankhaften seelischen Störung und der schweren anderen seelischen Abartigkeit. Erhoben wurden unter anderem die typischen Delikte der Eingangsmerkmale; deren häufigsten, diagnostizierten Krankheiten, Revisionsgründe und durchschnittliche Internierungsdauer.
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt allerdings darin, auf die Unschärferelation des Diskurses zwischen psychiatrischem Gutachter und der Rechtsprechung hinzuweisen, die zum Teil aus unterschiedlichen Vorstellungen von Krankheit, Schuld oder Delinquenz besteht. Der Grat zwischen krank-gesund oder schuldfähig-schuldunfähig ist dabei genauso schmal wie das psychiatrische Wissen der meisten Rechtswissenschaftler. Die moralische Verantwortung und gesellschaftliche Wichtigkeit, die in diesem Prozess steckt, darf nicht unter Zuständigkeitsverteilungen oder dogmatischen Krankheitsmodellen ausgetragen werden, sondern sollte einer regelmäßigen und interdisziplinären Diskussion unterliegen, um stets ihre eigenen Rahmenbedingungen und Angemessenheit zu reflektieren. Hier soll eine gemeinsame Diskussionsgrundlage geschaffen werden, die versucht die gängigsten Probleme dieses komplexen Themas ins Bewusstsein zu rufen und gegebenenfalls auch Laien dafür zu sensibilisieren.
Inhaltsverzeichnis
- Kurzzusammenfassung
- Abstract
- Darstellungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Ein kurzer historischer Exkurs
- 1.2 Eine Brücke zwischen Empirie und Hermeneutik
- 2 Theoretischer Hintergrund
- 2.1 Die Grundlagen des psychiatrischen Gutachtens
- 2.1.1 Schuld
- 2.1.2 Die Schuldfähigkeit §§ 19, 20, 21
- 2.1.3 Die vier Eingangsmerkmale
- 2.1.4 Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit
- 2.1.5 Eine zweistufige Feststellungsmethode
- 2.2 Probleme und Grenzen
- 2.2.1 Die Diagnostiken und Modelle der Psychopathologie
- 2.2.2 Stochastik als wissenschaftliche Methode
- 2.2.3 Probleme des Gutachtens
- 2.2.4 Probleme der Eingangsmerkmale
- 2.3 Die Konsequenzen des Schuldfähigkeitsgutachtens
- 2.3.1 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
- 2.3.2 Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung
- 2.4 Besonders prekäre Fälle
- 2.4.1 Pädophile
- 2.4.2 Persönlichkeitsstörungen
- 2.1 Die Grundlagen des psychiatrischen Gutachtens
- 3 Methode
- 3.1 Vorgehen
- 3.2 Stichprobe
- 3.3 Beschreibung der Messinstrumente
- 3.4 Auswertung der Daten
- 3.5 Ablauf
- 4 Ergebnisse
- 5 Diskussion
- 5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
- 5.2 Einordnung in den bisherigen Forschungsstand
- 5.3 Alternative Erklärungen und kritische Bewertung
- 5.4 Objektivität und Begriffsebene
- 5.4.1 Die Eingangsmerkmale
- 5.4.2 Die Beurteilung der Schwere
- 5.4.3 Die Beurteilung der Gefährlichkeit
- 5.5 Ein anderes Verständnis von Krankheit und Exklusion
- 5.5.1 Psychiatrie und Gefängnis
- 5.5.2 Krankheit als psychologisches Noumenon
- 5.6 Fazit
- Literaturverzeichnis
- Anhangsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Beurteilung der Schuldfähigkeit im strafrechtlichen Revisionsverfahren, insbesondere mit den Eingangsmerkmalen „schwere andere seelische Abartigkeit“ und „krankhafte seelische Störung“. Ziel ist es, den juristisch-psychiatrischen Diskurs zu diesem Thema zu beleuchten, indem Daten aus über 200 Fällen analysiert werden.
- Die typischen Delikte der Eingangsmerkmale
- Die häufigsten diagnostizierten Krankheiten
- Revisionsgründe und durchschnittliche Internierungsdauer
- Die Unschärferelation zwischen psychiatrischem Gutachter und Rechtsprechung
- Die moralische Verantwortung und gesellschaftliche Wichtigkeit der Schuldfähigkeitsbeurteilung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Kontext und die Relevanz des Themas dar und gibt einen kurzen historischen Überblick über die Schuldfähigkeitsbeurteilung im Strafrecht.
- Theoretischer Hintergrund: Dieses Kapitel erläutert die Grundlagen des psychiatrischen Gutachtens, einschließlich der Definitionen von Schuld, Schuldfähigkeit, den vier Eingangsmerkmalen, Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit sowie der zweistufigen Feststellungsmethode.
- Probleme und Grenzen: Dieses Kapitel diskutiert die Herausforderungen und Grenzen der psychiatrischen Gutachtertätigkeit im Kontext der Schuldfähigkeitsbeurteilung, einschließlich der Diagnostik und Modelle der Psychopathologie, stochastischer Methoden, Problemen des Gutachtens und der Eingangsmerkmale.
- Die Konsequenzen des Schuldfähigkeitsgutachtens: Dieses Kapitel behandelt die Konsequenzen eines Schuldfähigkeitsgutachtens, beispielsweise die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und die Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung.
- Besonders prekäre Fälle: Dieses Kapitel beleuchtet besonders problematische Fälle, wie z. B. Pädophilie und Persönlichkeitsstörungen, im Kontext der Schuldfähigkeitsbeurteilung.
- Methode: Dieses Kapitel beschreibt die Methodik der Arbeit, einschließlich des Vorgehens, der Stichprobe, der Beschreibung der Messinstrumente, der Auswertung der Daten und des Ablaufs der Studie.
- Ergebnisse: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung, basierend auf den Daten von über 200 Fällen.
- Diskussion: Dieses Kapitel diskutiert die Ergebnisse im Kontext des bestehenden Forschungsstandes, analysiert alternative Erklärungen, bewertet die Ergebnisse kritisch und beleuchtet die Objektivität und Begriffsebene der Schuldfähigkeitsbeurteilung. Außerdem werden die psychiatrischen Perspektiven auf Krankheit und Exklusion beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche psychiatrisches Gutachten, Schuldfähigkeit, Eingangsmerkmale, schwere andere seelische Abartigkeit, krankhafte seelische Störung, Rechtsprechung, Strafrecht, Delinquenz, Diagnostik, Psychopathologie, Stochastik, Unterbringung, Sicherungsverwahrung, Pädophilie, Persönlichkeitsstörungen und Exklusion.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2021, Die Rolle der Schuldfähigkeit im strafrechtlichen Revisionsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1027468