Der Tod in Venedig - Thomas Mann: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer war Thomas Mann?
Thomas Mann (geboren am 6. Juni 1875, gestorben am 12. August 1955) war ein deutscher Schriftsteller. Er wurde als zweiter Sohn des Senators Thomas Johann Heinrich Mann geboren. Seine Karriere umfasste zahlreiche Werke, darunter auch "Der Tod in Venedig". Er emigrierte während des Nationalsozialismus in die Schweiz und später in die USA, bevor er nach Zürich zurückkehrte.
Welche literarischen Einflüsse finden sich in "Der Tod in Venedig"?
Der Roman zeigt Einflüsse verschiedener literarischer Strömungen: Naturalismus (präzise Beschreibungen von Venedig und der Cholera), Dekadenzliteratur (Beschreibung einer dekadenten Gesellschaft), Neuromantik (Liebestod, Verbindung von Tod, Schönheit und Krankheit), Neuklassik (strenger Aufbau, anspruchsvolle Sprache), und der Expressionismus (obwohl dieser die Novelle teilweise ablehnt).
Um welche Gattung handelt es sich bei "Der Tod in Venedig"?
Es handelt sich um eine Novelle, eine kurze Erzählung, die einen besonderen Ausschnitt aus dem Leben einer Person darstellt.
Worum geht es in "Der Tod in Venedig"?
Der alternde Schriftsteller Gustav Aschenbach verliebt sich in den 14-jährigen Tadzio. Er vernachlässigt seine Prinzipien, gibt sich seiner Leidenschaft hin und stirbt schließlich an der Cholera in Venedig.
Wo und wann spielt die Geschichte?
Die Geschichte spielt in München und Venedig (inklusive Lido) um die Jahrhundertwende, über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten.
Welche Erzählperspektive wird verwendet?
Die Geschichte wird aus einer auktorialen Erzählperspektive erzählt.
Welche Hauptthemen werden behandelt?
Die zentralen Themen sind Homosexualität, die Künstlerproblematik, Tod und Krankheit, die Stadt Venedig, Schönheit und Narzissmus.
Wie ist der Roman aufgebaut?
Der Roman besteht aus fünf Kapiteln, angelehnt an das Schema eines fünfaktigen Dramas.
Wie entstand "Der Tod in Venedig"?
Die Italienreise Thomas Manns mit seiner Frau und seinem Bruder inspirierte den Roman. Der Tod Gustav Mahlers, zu dem Mann eine besondere Beziehung hatte, spielte ebenfalls eine Rolle.
Gibt es eine Verfilmung?
Ja, Luchino Visconti verfilmte "Der Tod in Venedig" 1970. Der Film wurde in Cannes ausgezeichnet, nimmt aber einige Freiheiten mit dem Originaltext.
Wann und wo wurde der Roman erstmals veröffentlicht?
Der Roman erschien 1912 in der "Neuen Rundschau" in Berlin.
Wie ist der sprachliche Stil des Romans?
Der Roman zeichnet sich durch einen komplexen Satzbau aus, mit vielen Fremdwörtern, Zitaten und Schachtelsätzen.
Wie lassen sich die einzelnen Kapitel zusammenfassen?
Kapitel 1: Aschenbachs Entscheidung für die Reise nach Venedig. Kapitel 2: Aschenbachs Werdegang als Künstler. Kapitel 3: Ankunft in Venedig und erste Begegnung mit Tadzio. Kapitel 4: Aschenbachs Liebe zu Tadzio und die Verzögerung des unausweichlichen. Kapitel 5: Aschenbachs Tod an der Cholera.
Wie werden die Hauptfiguren charakterisiert?
Gustav Aschenbach: Ein alternder Künstler, der seine Leidenschaft für Tadzio unterdrückt, aber letztendlich ihr verfällt. Tadzio: Ein wunderschöner 14-jähriger polnischer Junge, der Aschenbachs Begierde auslöst. Die Charakterisierung von Aschenbachs Eltern gibt Einblick in seine strenge Erziehung.
Welche Rolle spielen die Todesboten im Roman?
Die Todesboten (Wanderer, Gondoliere, Straßenmusikant) kündigen Aschenbachs Tod symbolisch an. Sie sind unheimliche Figuren, die mit dem Tod assoziiert werden.
Welche Bedeutung haben die Träume Aschenbachs?
Aschenbachs Träume sind Vorahnungen auf sein Zusammentreffen mit Tadzio und sein bevorstehendes Ende.
Welche Rolle spielt der Dialog zwischen Sokrates und Phaidros?
Dieser Dialog dient Aschenbach dazu, seine Gefühle für Tadzio durch antike Vergleiche zu rechtfertigen.
Wie wird das Künstlerproblem dargestellt?
Der Roman zeigt Aschenbachs Schaffenskrise und die Frage, ob der Künstler ein Repräsentant oder ein Abenteurer des Gefühls sein soll.
Welche Funktion haben die Leitmotive?
Leitmotive, insbesondere die wiederkehrenden Todesmotive, schaffen Verbindungen zwischen Handlungen und Figuren und unterstreichen die Stimmung.
Welche Funktion haben die Todesmotive?
Sie vermischen Vergangenheit und Zukunft und heben die lineare Zeit auf. Symbole wie die Gondel, der Granatapfelsaft, und das Wetter unterstreichen den Tod.
Der Tod in Venedig - Thomas Mann
Autor
- wurde am 06. Juni 1875 als 2. Sohn des Senators Thomas Johann Heinrich Mann geboren
- nach dem Tod des Vaters ging er vom Gymnasium ab - folgte der Familie nach München - war kurze Zeit in einer Feuerversicherungsanstalt
- 1894 veröffentlichte er seine 1. Novelle „Gefallen“
- von 1895-1898 studierte er an der Technischen Hochschule in München
- Aufenthalt mit seinem Bruder in Italien
- 1905 heiratete er Katja Pringsheim - hat 3 Töchter und 3 Söhne geboren
- 1912 „Der Tod in Venedig“
- emigrierte in die Schweiz - siedelte dann in die USA (lehrte in Princeton) - zog dann nach Kalifornien
- im Exil „Doktor Faustus“
- 1944 - amerikanischer Staatsbürger - zog 5 Jahre danach nach Zürich
- starb am 12. August 1955 im Alter von 80 Jahren im Kantonsspital Zürich
Literaturgeschichtliche Einordnung
naturalistische Einflüsse
- Seuche - Tod - Cholera - präzise Beschreibung der Stadt Venedig, der Figur, des Lebens am Strand
Dekadenz-Dichtung
- dekadent = eine Überfeinerung der Lebensverhältnisse (versnobt) - Anzeichen der Verwöhntheit - feine Leute - eine Gesellschaft, die nichts produktives machen - nur Geld ausgeben
Neuromantik (=Wiederlebung der Romantik)
- Liebestod - Verknüpfung von Tod, Schönheit, Krankheit - Schauplatz
- Venedig
Neuklassik (= Wiederbelebung der Klassik)
- strenger klassischer Aufbau - anspruchsvolle, kompensierte Sprache - Würde und Strenge in Aschenbachs Charakter
Expressionismus
- Expressionismus lehnen den Tod in Venedig ab - kritisieren die Komposition als langweilig und tadeln Thomas Mann zu seinem Hang zur Repräsentanz
Gattung
- Novelle (=Neu) - kurzer Text, der einen besonderen Ausschnitt im Leben eines Menschen zeigt
Thematik
- Der alternde Künstler (Schriftsteller) Gustav Aschenbach verliebt sich in Venedig in den 14-jährigen Tadzio - wirft seine Lebensgrundsätze über Bord - gibt sich der Leidenschaft hin und stirbt schließlich an der Cholera in Venedig
Ort
- München
- Venedig - Lido
Zeit
- 2 Monate (vor 1900 - um die Jahrhundertwende)
Erzählperspektive
- auktoriales Erzählen
Sujets
- Homosexualität (Leidenschaft) - Künstlerproblematik - Tod und Krankheit (Seuche) - Stadt Venedig - Schönheit - Narzissmus
Aufbau
- 5 Kapitel - 5-Akt-Schema beim Drama
- Novelle = Schwester des Dramas
Entstehungszeit
- Juli 1911 / 12
Entstehungsgeschichte
- Italienreise von Thomas Mann mit seiner Frau und seinem Bruder - haben am Lido im Grandhotel „Bains“ gewohnt (genau das Hotel in dem Gustav Aschenbach gewohnt hat)
- In dieser Reise erfährt er den Tod von Gustav Mahler - Komponist - zu diesem hat sich Thomas Mann hingezogen gefühlt - deshalb hat er das Buch geschrieben
Verfilmung
- 1970 von Visconti - man hört von Gustav Mahler die 3. und 5. Symphonie
- arbeitet mit sehr schönen Bildern - dramatische Musik (Zeitweise schnulzig) - Film nimmt wenig Rücksicht auf Wort und Text
- Im Film nicht möglich - der Wechsel von auktorialem und personalem Erzählen
- Träume werden nicht dargestellt - Leitmotive (Todesboten) werden nur teilweise umgesetzt
- sehr intensive Gestaltung der Atmosphäre - Auszeichnung in Cannes für den Film
- Hotel wurde schön gezeigt, traumhafte, Kameraführung
Buch
- 1912 herausgekommen „Neue Rundschau“ - Berlin
Sprache
- komplizierter Satzbau - wahnsinnig kompliziertes Satzgefüge - Parataxe - Hypotaxe - viele Fremdwörter - Zitate aus der Literatur - Schachtelsätze - Sätze sind immer wieder eingeleitet mit der Gestalt: „Sei es, dass,...“ - viele antike Wörter - substantivierte Adjektiva
Inhalt
1.Kapitel
- Münchner Friedhof - Aschenbach trifft Fremden - löst Denkprozess in Aschenbach aus - Reiselust
2.Kapitel
- es wird die Exposition (Einleitung) nachgeholt - wir erfahren von Aschenbach den Werdegang des Künstlers, vom Werk, vom Schaffensprozess und von seiner Karriere - Entwicklung zur Meisterlichkeit
3.Kapitel
- Die Reise nach Venedig (Überfahrt - falscher Jüngling - Gondoliere) - Gondel ist schwarz - Sarg - Begegnung mit Tadzio - Missglückte Abreise
4.Kapitel
- Liebe zu Tadzio - glückliche Tage am Lido (Hotel) - Aschenbach gesteht sich seine Liebe ein - Esperipedie = Hinauszögerung der Katastrophe
5.Kapitel
- er stirbt an der Cholera - Aschenbachs Tod wird durch Lebensmittel übertragen - Erdbeeren
Charakteristik:
Gustav Aschenbach
- beschwört antike Bilder um sich selber zu rechtfertigen - will sich seine Lust zu dem Jungen nicht eingestehen
- Schriftsteller, arbeitet täglich - ist 50 Jahre alt - kommt aus der Provinz Schlesien - Sohn eines höheren Justizbeamten - Vorfahren waren Offiziere, Verwaltungsfunktionäre im Dienst des Königs, Richter
- straffes, anständiges, karges Leben
- Mutter:
Tochter eines böhmischen Kapellmeisters - Merkmale fremder Rasse im Äußeren - Temperament - frühreif - geschickt - Leistung - keine arglose Jugend - zur ständigen Anspannung und robuster Verfassung berufen aber nicht dazu geboten - häuslicher Unterricht - Einzelkind - keine Freunde
- Vater:
Zucht - Ordnung - Pflichterfüllung - Willensdauer - zierliche Gestalt - hohe zerklüftete narbige Stirn - Brillenträger - großer Mund - magere zerfurchtete Wangen - war Justizbeamter
- Motto: Aschenbach muss durchhalten - ist viel zu streng zu sich
- Arbeitsweise: lebt asthenisch - verordnet sich jeden Tag sein Schreiben - es ist nicht die eines Künstlers, sondern eines Beamten - seine dichterischen Werke sind Erzeugnis harter Arbeit - spießig
- Werke: „Friedrich der Große“, „Maja“,
- der 1. Weg des Schreibens ist der über Schönheit (Tadzio) - Rausch, Begierde, Abgrund der 2. Weg über die Erkenntnis - Aschenbach geht über den Weg der Schönheit
Tadzio
- 14-jähriger polnischer Knabe - vollkommen schön - wird mit einer antiken Büste verglichen - Aschenbach glaubt, er schaut aus wie ein Dornauszieher = gottähnliche Schönheit - Aschenbach glaubt in Tadzio selbst das Schöne begreifen zu können
- zwischen Aschenbach und Tadzio kein Gespräch - ein Lächeln von Tadzio - Tadzio gefällt es, dass er bewundert wird
- Aschenbach hofft, dass die Cholera vertuscht wird - dass Tadzio nicht abreist
- man nimmt ihn nur aus der Sicht des Schriftstellers wahr
Todesboten
Wanderer am Friedhof
- außergewöhnliche Erscheinung - mäßig hochgewachsen - mager - lautlos - auffallend stumpfnasig - rothaarig - milchige- und sommersprossige Haut - Basthut verleiht ihm etwas Fremdländisches - Rucksack - gelblicher Gurtanzug aus Lodenstoff - grüner Wetterkragen - Stock - Sporthemd - farblose Augen - bloßliegende Zähne - hagerer Hals - nicht bayrisch
Gondoliere
- seemännisch blau gekleidet - gelbe Schärpe - formloser Strohhut - blonder lockiger Schnurrbart - schmächtig - weiße Zähne - rötliche Brauen - führt Selbstgespräche - unheimlich - entschlossen - nicht italienisch
Straßenmusikant
- mimisch begabt - bemerkenswerte Energie - Gitarrespieler - plastisch- dramatische Art - schmächtig - mager - ausgemergelt - rotes Haar - neapolitanischer Komiker - verwegen - unterhaltend - Sporthemd - städtische Kleidung - hagerer Hals - großer Adamsapfel - bleiches und stumpfnasiges Gesicht - lautlos - rötliche Brauen - nicht venezianischer Schlag
Träume
1.Traum
- Aschenbach träumte von einer Landschaft - einem tropischen Sumpfgebiet aus Inseln, Morästen, Schlamm, Flüsse, Palmen, Bäume und Blumen
- sah fremdartige Vögel und einen Tiger - fühlte ein eigenartiges Verlangen und sein Herz pochte vor Entsetzen
- Vorahnung auf Zusammentreffen mit Tadzio (Reiselust - Cholera)
2.Traum
- Im Traum befand sich Aschenbach in einem Bergland in einem Wald umgeben von Menschen und Tieren - tanzten und machten Musik -
- besonders auffallend ein beharrliches Flötenspiel - Männer und Frauen waren eigenartig gekleidet - ungewöhnliche Rufe, Lärm, Geheul, Geruch nach Wunden und Krankheit
- Aschenbach fühlte Angst und Neugier - Vorahnung auf Tod - Vernichtung von Aschenbach - Meeresmotiv - Aschenbach liebt es, zeigt auch Liebe zum Verbotenen, Verführerischen - mit Meer endet die Handlung
Dialog zwischen Sokrates und Phaidros
- Dialog über die Liebe, es geht um Schönheit, Sehnsucht und Tugend - Aschenbach versucht seine Gefühle durch antike Vergleiche zu rechtfertigen (Griechen - Homosexualität)
Das Künstlerproblem bei Thomas Mann
- Der Schriftsteller Aschenbach kommt zur Erkenntnis, dass der Künstler gar nicht würdig sein kann und auch nicht zum Erzieher taugt, sondern ein Abenteurer des Gefühls bleiben muss
- Thomas Mann vertritt den Repräsentationskünstler (Nationalschriftsteller)
- Aschenbach ist in einer Schaffenskrise - deshalb geht er nach Venedig
Leitmotiv
- kommt aus der Musik - in der Literatur ist das ein wiederkehrendes Motiv von Charakteristik von Personen und Situationen
- wirkt durch Wiederholung - stiftet Verbindungen zwischen Handlungen und einzelnen Figuren
Funktionen der Todesmotive
- Aufhebung der Zeit - Vergangenheit und Zukunft vermischen sich
Themenkreis Tod
- Cholera - Seuche - wird von Lebensmittel übertragen § Gondel - ähnlich dem Sarg, schwarz
- Gondoliere - Charon - Styx (= Fluss der das Totenreich von der Welt des Lebens trennt) Mythologie
- Musiker - Karbolgeruch § Friedhof - Gräberfeld
- Granatapfelsaft - ist ein antikes Todessymbol - den trinkt er, bevor er stirbt
- Sanduhr - Leben geht zu Ende (Haus der Eltern)
- Wetter - spielt verrückt, als er in Venedig ankommt - es gewittert, ist feucht, schwül - Kapitel IV - Wetter ist schön - Kapitel V - er stirbt, Wetter ist schlecht
- Tadzio ist auch Todesbote am Schluss - Tadzio ist der Führer ins Jenseits
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- Christina Wlaschitz (Autor:in), 2001, Mann, Thomas - Tod in Venedig, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102781