Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemhintergrund
2. Zielentwicklung und Fragestellung
3. Theoretischer Rahmen
3.1. COVID-19-Pandemie
3.2. Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland
3.2.1. Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe
3.3. Psychosoziale Gesundheit
4. Methodik
4.1. Stichprobenbildung
4.2. Datenerhebung
4.3. Datenauswertung
5. Ergebnisse
6. Diskussion der Ergebnisse
7. Schlussfolgerung
8. Gütekriterien, Limitationen und Ausblick
9. Literaturverzeichnis
10. Anhang
10.1. Interviewleitfaden
10.2. Kodierleitfaden
Zusammenfassung
Um der COVID-19-Pandemie entgegenzuwirken, wurden Eindämmungsmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen initiiert, die weitreichende Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Zusammenleben haben. Besonders für Kinder und Jugendliche ist seit Anfang 2020 ein gewohnter Alltag nicht mehr möglich. In Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe benötigen gerade sie daher einen strukturierten und gewohnten Tagesablauf, der ihnen fernab von der Herkunftsfamilie Sicherheit gibt. Ziel der vorliegenden Bachelor-Thesis ist es, aus Sicht von betreuenden Sozialpädagog*in- nen einen Einblick in das Erleben von Kindern und Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe während der COVID-19-Pandemie zu geben und Rückschlüsse auf deren psychosoziale Gesundheit zu ziehen. Dazu wird folgende Forschungsfrage gestellt: „Wie erleben Sozialpädagog*innen die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe während der COVID-19-Pandemie?“ Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde ein qualitatives Forschungsdesign gewählt und ein teilstandardisiertes Leitfadeninterview durchgeführt. Insgesamt wurden fünf Sozialpädagoginnen aus drei verschiedenen Bundesländern interviewt. Im Anschluss an die Interviews erfolgte eine strukturierte Inhaltsanalyse nach Mayring sowie eine deduktiv-induktive Kategorienbildung. Die qualitative Forschungsarbeit zeigt, dass Kinder und Jugendliche, die sich während der COVID-19-Pandemie in der stationären Kinder- und Jugendhilfe befinden, in ihrer psychosozialen Gesundheit insbesondere während eines Lockdowns beeinträchtigt sind. Aus den Ergebnissen lassen sich verschiedene Handlungsmaßnahmen und weiterer Forschungsbedarf ableiten.
Abstract
In order to counteract the COVID-19 pandemic, containment measures and contact restrictions have been initiated that have far-reaching implications for our social interaction. For children and adolescents in particular, a familiar daily routine has no longer been possible since the beginning of 2020. The aim of this study is to gain insight into the experience of children and adolescents in residential child and youth care during the COVID-19 pandemic as seen from the perspective of social pedagogues and to draw conclusions about their psychosocial health. The following research question is posed: “How do social educators experience the psychosocial health of children and adolescents in residential child and youth care during the COVID-19 pandemic?” To answer the research question, a qualitative research design was chosen and semi-standardized guided interviews were conducted. Five social pedagogues from three different federal states were interviewed. The interviews were followed by a structured content analysis according to Mayring as well as by a deductive-inductive category formation. The qualitative research shows that children and adolescents who are in inpatient child and youth care at the time of the COVID-19 pandemic are impaired in their psychosocial health, especially during times of a lock-down. Several action items and further research needs can be derived from these findings.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Transkriptionsregeln
Tabelle 2: Übersicht der Haupt- und Subkategorien
Tabelle 3: Merkmale der Interviewteilnehmerinnen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Sorgenitems
Abbildung 2: Ablaufmodell inhaltlicher Strukturierung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemhintergrund
Das aus der chinesischen Provinz Wuhan stammende Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich Anfang 2020 innerhalb weniger Wochen weltweit rasant verbreitet. Um die Gesundheit der Menschen zu schützen und das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, sorgte die Politik für weitreichende Eindämmungs- und Quarantänemaßnahmen, die Auswirkungen auf fast alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche haben. Isolation, Kontaktbeschränkungen und die Schließung von öffentlichen Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Freizeitverbänden oder Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe bewirken insbesondere bei Kindern und Jugendlichen eine völlige Veränderung des sozialen Umfeldes. Kinder und Jugendliche stehen noch ganz am Anfang ihres Lebens und lernen soziale Strukturen erst kennen. Daher stellen sie eine besonders vulnerable Gruppe in der Gesellschaft dar. Wirtschaftliche Notlagen und Überforderungssituationen in Familien führen zu großem Druck. Psychosoziale Probleme und Gewalt innerhalb einer Familie können die Folge sein (Fegert et al. 2020). Da sich die pandemiebedingten gesellschaftlichen Einschränkungen gravierend auf das zukünftige Sozialleben und die psychosoziale Gesundheit dieser jungen Menschen auswirkt, sprechen Wissenschaftler*innen von einer sich kurz-und langfristig entwickelnden „parallelen Pandemie“ (Cardenas et al. 2020). Studien unterstützen diese These, denn sie zeigen einen internationalen Anstieg der häuslichen Gewalt um 21 bis 35 Prozent. Besonders Kinder und Frauen sind hiervon betroffen. Damit die Opfer häuslicher Gewalt Schutz suchen können, wurden in einigen Nationen, darunter Frankreich und Italien, Hotels zu Zufluchtsorten umgerüstet (Usher et al. 2020). Des Weiteren bewerten internationale Studien solche Situationen als besonders herausfordernd, wenn sich Kinder in stationären Einrichtungen in Quarantäne befinden. Die Isolation von entscheidenden Vertrauenspersonen oder gar von den Eltern kann zu langfristigen Folgeerscheinungen wie posttraumatischen Belastungsstörungen, Angstzuständen, Psychosen oder Depressionen führen (Ghosh et al. 2020).
Um die Auswirkungen der gesellschaftlichen Beschränkungen in der deutschen Kinder- und Jugendhilfe zu eruieren, wurde, unterstützt durch eine finanzielle Förderung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), von März bis April 2020 eine bundesweite Online-Befragung bei Jugendämtern zu den Folgen der Corona-Pandemie für die Kinder- und Jugendhilfe durchgeführt. Erhöhte Raten an Kindswohlgefährdungen oder Inobhutnahmen wurden zwar nicht angegeben. Zurückgeführt wurde dies jedoch auf die mit den Eindämmungsmaßnahmen in Verbindung stehenden Unterbrechungen der Kommunikationswege. Die Jugendämter äußerten die Sorge, „dass während des Lockdowns Fälle von Missbrauch, Gewalt und Vernachlässigung junger Menschen möglicherweise nicht ausreichend erkannt werden und auch zusätzliche Unterstützungsbedarfe von Kindern, Jugendlichen und Familien entstehen könnten“ (Mairhofer 2020: 5). Die zu Beginn der Pandemie noch vorherrschende Unsicherheit bezüglich der Übertragungswege des neuen Coronavirus und des Infektionsgeschehens sorgte für eine Verunsicherung hinsichtlich des Prozedere und der Gestaltung von Sozialkontakten in der stationären Jugendhilfe. Dies führte dazu, dass diese Institutionen mit „regulären“ Institutionen wie beispielsweise Kindertagesstätten und Schulen gleichgestellt wurden, wodurch es zu Kontaktsperren zwischen Eltern und ihren Kindern kam. Familienarbeit konnte zeitweise nicht mehr stattfinden. 23 Prozent der Jugendämter gaben an, dass Kinder und Jugendliche vorzeitig aus der stationären Hilfe zurück in ihre Familien entlassen wurden. Die oben genannten Maßnahmen führten unter anderem dazu, dass Konflikte und psychosoziale Belastungen, die ohnehin schon bestanden, durch die Kontaktbeschränkungen verstärkt wurden. Aus diesem Grund sehen die Jugendämter in der Kinder- und Jugendhilfe es als ihre Aufgabe, aus den bestehenden Situationen zu lernen, sich auf das zukünftige Infektionsgeschehen vorzubereiten und entsprechende Strategien zu entwickeln, damit die Anzahl und das Ausmaß der Konflikte verringert und die psychosoziale Gesundheit der Betroffenen geschützt werden können (vgl. Mairhofer 2020).
Wie die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der deutschen stationären Kinder- und Jugendhilfe wahrgenommen wird, ist aus der vorhandenen Literatur nicht ersichtlich. Erste Eindrücke über das Wohlergehen und das alltägliche Befinden von Kindern und ihren Familien, insbesondere während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020, lieferte eine Studie des Forschungsverbundes „Kindheit - Jugend - Familie in der Corona-Zeit“ der Universität Hildesheim und der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld. Über 25.000 Personen aus Familien mit Kindern unter 15 Jahren nahmen an der Online-Befragung teil. Über 5.000 Teilnehmer*innen nutzten hierbei die Möglichkeit, sich in Freitextfeldern zu äußern. Dadurch konnten Erkenntnisse gewonnen werden, die über das Beantworten von standardisierten Frage- und Antwortmöglichkeiten hinausgehen. Limitiert ist die Aussagekraft der Studie allerdings durch die geringe Teilnahme von Familien ohne erwerbstätige Eltern sowie von Familien mit Migrationshintergrund. Des Weiteren wurden keine Daten erhoben, die auf psychosoziale Belastungen hinweisen, die bereits vor der Pandemie bestanden oder darauf, ob Erkrankungen oder Behinderungen in der Familie vorliegen beziehungsweise, ob Förderbedarf besteht (Andresen et al. 2020). Dennoch wurde ein Stimmungsbild deutlich, das erste Eindrücke über das Erleben der Befragten im Zusammenhang mit der Pandemie deutlich werden ließ. Insbesondere Belastungen innerhalb der Familien und mangelnde Unterstützungsmöglichkeiten wurden angegeben. In der folgenden Abbildung 1 werden drei „Sorgenitems“ dargestellt.
Abbildung 1: Sorgenitems (Andresen et al. 2020: 10)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Befragten waren aufgefordert, ihre Befindlichkeiten auf einer Skala von 0 (stimme gar nicht zu) bis 4 (stimme voll zu) zu bewerten. Die Abbildung verdeutlicht, dass in der Mehrheit der Familien Zukunftsängste geäußert wurden und dass der Eindruck herrschte, bezüglich seiner Sorgen nicht gehört zu werden. Insbesondere von der Politik fühlte sich die Mehrheit der Befragten nicht ausreichend informiert und unterstützt (Andresen et al. 2020). Durch paraphrasierende Aussagen der Eltern in den Freitextfeldern bot die Studie auch einen ersten Einblick in das Stimmungsbild von Kindern, inklusive ihrer Sorgen und Unsicherheiten. So lautete beispielsweise die Aussage einer Mutter:
„Ich würde mir wünschen, dass unsere Kinder jetzt nicht auf die Schlachtbank geführt werden, um sich und andere womöglich anzustecken. Mein Sohn sagte mir vor ein paar Tagen, dass er nicht schuld sein will, dass wegen ihm jemand krank wird.“ (Andresen et al. 2020: 14).
Die durch die COVID-19-Pandemie und die damit zusammenhängenden Maßnahmen ausgelösten psychosozialen Belastungen können weitreichende Auswirkungen auf unser Gesellschafts- und Sozialsystem haben und dieses stark belasten. Besonders heranwachsende Menschen stellen eine wichtige Ressource dar, denn sie sichern die Zukunft der Gesellschaft. Als Erwachsene sorgen sie später zum einen für das Aufwachsen, die Erziehung und die Ausbildung der jüngeren Bevölkerung und versorgen zum anderen ältere, sich im Rentenalter befindende Generationen in pflegerischer sowie in finanzieller Hinsicht. Dass die Versorgung und die Absicherung der Bevölkerung durch die jüngeren Generationen immer schwieriger und komplexer werden, zeigt sich bei der Betrachtung des fortschreitenden demographischen Wandels. Das Medianalter bezeichnet ein statistisches Maß, das die jüngere und die ältere Bevölkerung exakt in zwei Hälften teilt. Im Jahr 2013 betrug das Medianalter 45 Jahre; für 2060 wird ein Medianalter von 51 Jahren prognostiziert. Das bedeutet, dass die Hälfte der Menschen in der Bundesrepublik zukünftig älter als 51 Jahre sein wird. Grund dafür sind unter anderem ein kontinuierlicher Geburtenrückgang und ein Anstieg der Lebenserwartung (Statistisches Bundesamt 2015). Auch die finanziellen Belastungen, vor denen unser Gesundheitssystem steht, werden immer größer. Im Jahr 2013 betrugen die Gesundheitsausgaben in Deutschland 314,9 Milliarden Euro. Im jährlichen Direktvergleich zwischen 1992 und 2015 sind sie damit um insgesamt 156 Milliarden Euro gestiegen (Lampert et al. 2015).
2. Zielentwicklung und Fragestellung
Diese Daten machen deutlich, wie wichtig es ist, dass Kinder und Jugendliche gesund und geschützt aufwachsen, da sie im späteren Erwachsenenleben verantwortlich für die Weiterentwicklung und das Fortbestehen aller Menschen sind. Daher ist es elementar wichtig, ihre Gesundheit zu schützen und zu fördern. Kinder und Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen Unterstützung von Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe benötigen oder in einer stationären Einrichtung untergebracht wurden, zeichnen sich ganz besonders durch ihre hohe Vulnerabilität aus. Sie haben in ihrer Vergangenheit bereits Erfahrungen gemacht, die sich negativ auf ihre psychosoziale Entwicklung auswirken. Der Alltag in einer stationären Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe gibt ihnen Struktur und Sicherheit, was eine gesunde psychosoziale Entwicklung ermöglichen soll und kann. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere während eines Lockdowns, machen einen strukturierten und organisierten Alltag in der stationären Kinder- und Jugendhilfe jedoch unmöglich. Wie Kinder und Jugendliche, die in diesen Einrichtungen leben, die gesellschaftlichen Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie erleben, geht aus der aktuellen Studienlage nicht hervor. Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens ist es daher, aus Sicht von betreuenden Sozialpädagog*innen einen Einblick in die Lebenswelt und das Erleben von Kindern und Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe während der COVID-19-Pandemie zu erhalten. Des Weiteren soll erörtert werden, wie der Umgang mit der Pandemiesituation sowie mit der Bedürfnislage ist. Daher lautet die Forschungsfrage:
„Wie erleben Sozialpädagog*innen die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe während der COVID-19- Pandemie?“
Um die Forschungsfrage umfassend beantworten zu können, wurden Unterfragestellungen generiert:
1. Wie nehmen Sozialpädagog*innen die derzeitige psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wahr?
2. Welche Veränderungen in der psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sind im Vergleich zur Situation vor der Pandemie erkennbar?
3. Welche Besonderheiten gab/gibt es während der Lockdown-Phasen?
4. Welche Bedenken, Herausforderungen oder Ängste im Hinblick auf die aktuelle Pandemiesituation werden von Kindern und Jugendlichen geäußert?
5. Wie schätzen Sozialpädagog*innen die zukünftige psychosoziale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen ein?
Die Unterfragestellungen beziehen sich ausschließlich auf den Kontext der stationären Jugendhilfe.
3. Theoretischer Rahmen
3.1. COVID-19-Pandemie
Die Erkrankung COVID-19 wird durch das Coronavirus SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) ausgelöst. Viren dieser Art können zu schweren akuten Atemwegssyndromen führen (Rabadan 2020: 68). Bereits bekannt war das verwandte Virus SARS-CoV, das 2003 die SARS-Epidemie auslöste und sich hinsichtlich seiner epidemiologischen und klinischen Befunde vom neueren SARS-CoV-2-Virus unterscheidet. Am 11.02.2020 wurde die durch SARS-CoV-2 ausgelöste und im Dezember 2019 erstmals aufgetretene Erkrankung durch die Weltgesundheitsorganisation als COVID-19 bezeichnet. Die Herkunft des Virus ist bisher nicht eindeutig geklärt. Forscher gehen davon aus, dass das Virus mit Coronaviren verwandt ist, die bei Fledermäusen vorkommen. Genetische Anpassungen ermöglichten dem Virus ein Überspringen vom Tier auf den Menschen. Dieser Übergang wird als Zoonose bezeichnet. Anders als SARS-CoV breitete sich das neuartige Coronavirus weltweit aus. Daher rief die WHO am 11.03.2020 eine globale Pandemie aus. Ausschlaggebend für die rasche Ausbreitung ist der Übertragungsweg des Virus. Durch Tröpfcheninfektion (Niesen, Husten) und Schmierinfektion (über Gegenstände und Kleidung) gelangt es schnell zum nächsten Wirt. Als besonders problematisch gelten „Superspreader“, die besonders viele Wirte auf einmal infizieren. Klinische Studien zeigten, dasssolche Menschen im Mittel über 20 Tage hinweg Viren abgeben können (Rabadan 2020: 82). Es ist noch nicht im Einzelnen geklärt, wie ein Superspreading-Ereignis zustande kommt. Es wird aber davon ausgegangen, dass Superspreader besonders viele Viren produzieren beziehungsweise dass die Viren durch Mutationen besonders ansteckend sind. Weiterhin kann ein Superspreading-Ereignis umweltbedingt zustande kommen, zum Beispiel, wenn sich viele Menschen in einem Raum in engem Kontakt miteinander befinden. Die Inkubationszeit von COVID-19 beträgt fünf bis sechs Tage. Circa 80 Prozent der Patienten zeigen einen milden bis mäßigen Krankheitsverlauf mit Fieber und schwachen Atemwegssymptomen. In sechs Prozent der Fälle besteht durch die Infektion mit dem Virus Lebensgefahr durch Atemnot und multiples Organversagen. Die Sterblichkeit von COVID-19 nimmt mit steigendem Alter der Betroffenen zu. Männer sind dabei häufiger betroffen als Frauen. Menschen über 80 Jahre sind zahlenmäßig am häufigsten von Todesfällen und schweren Krankheitsverläufen betroffen, Kinder und Jugendliche dagegen am seltensten. Studien aus Wuhan zeigten eine Prävalenz der Erkrankung von zwei Prozent bei Kindern und Jugendlichen unter 19 Jahren (Rabadan 2020).
3.2. Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland
Es kommt vor, dass Kinder, Jugendliche und ihre Familien Hilfe oder Beratung in bestimmten Lebenslagen benötigen. Das 8. Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bildet die rechtliche Grundlage und regelt die zahlreichen Leistungen und Angebote. Das SGB XIII versteht sich zudem als Instrument, das zum Schutz von Minderjährigen beiträgt und vorbeugend wirkt. Jugendämter werden zur Hilfe verpflichtet und Sorgeberechtigte erhalten einen Rahmen von Handlungsspielräumen und Möglichkeiten zur Unterstützung (vgl. bmfsfj 2020). Da in der Kinder- und Jugendhilfe das Subsidiaritätsprinzip gilt, wird sie als ergänzende Sozialisationshilfe verstanden, die dann in Kraft tritt, wenn die familiären und persönlichen Ressourcen ausgeschöpft sind (Thole 2012). Im Jahr 2016 gab es in Deutschland 36.765 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. bmfsfj 2020: 18). Bezüglich der Arbeitsformen kann unterschieden werden zwischen familienunterstützender Hilfe (beispielsweise Erziehungsberatung und Erziehungsbeistände), familienergänzender Hilfe (beispielsweise Tagesgruppen oder gemeinsame Wohnformen) und familienersetzender Hilfe (beispielsweise Vollzeitpflege, Heimerziehung, Wohngruppen) (vgl. bmfsfj 2020). Eine weitere Einteilung kann mithilfe der Unterscheidung in ambulante (hierzu zählt auch die Erziehungsberatung), teilstationäre (beispielsweise Tagesgruppen) und stationäre Unterstützungsmöglichkeiten (beispielsweise Wohngruppen) vorgenommen werden (Thole 2012). Insgesamt herrscht in der Bundesrepublik eine so vielfältige Hilfelandschaft, dass deren Analyse und Darstellung mindestens eine Arbeit gleichwertigen Umfangs erforderte wie die hier vorliegende Arbeit. Laut §3 Absatz 1 des SBG VIII ist eine solch „vielfältige Trägerlandschaft, in der unterschiedliche Wertorientierungen und vielfältige Inhalte, Methoden und Arbeitsformen angeboten werden“, auch gewollt (bmfsfj 2020:13). Denn dadurch kann auf jeden Menschen in seiner jeweiligen Lebenslage individuell eingegangen werden. Kinder-und Jugendhilfe versteht sich als kommunale Aufgabe, bei der jede Stadt und jeder Landkreis verpflichtet ist, ein Jugendamt einzurichten, das für die Organisation der Hilfen sowie für deren Koordination und Überwachung zuständig ist (vgl. bmfsfj 2020).
3.2.1. Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe
In stationären Einrichtungen werden Kinder und Jugendliche 24 Stunden am Tag betreut, wenn das Leben in der Herkunftsfamilie zeitweise oder auf Dauer nicht möglich ist. Hilfeleistungen werden dann nach individuellem Bedarf erbracht. Seit Beginn der 1990er Jahre befindet sich die stationäre Kinder- und Jugendhilfe im Wandel. Die bis dato vorherrschende Form der Heimerziehung wurde umstrukturiert. Kleinere Wohngemeinschaften, Kleinheime und betreutes Wohnen prägen nun das Bild der stationären Kinder- und Jugendhilfe (Thole 2012). Der lebensweltorientierte Ansatz in der Versorgung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen in Wohngruppen hat insbesondere das Ziel, die „alltäglichen, eher unauffälligen Bewältigungsaufgaben“ zu pflegen, wiederherzustellen oder zu strukturieren (Thole 2012: 187). Die für die Kinder und Jugendlichen teils unüberschaubaren räumlichen und zeitlichen Strukturen sollen in kleine Abschnitte untergliedert und beiläufig unterstützt und verbessert werden. Weitere Aufgaben sind der Umgang mit sozialen Beziehungen sowie eine klare und transparente Kommunikation. Alltägliche Bewältigungsaufgaben wie beispielsweise Aufstehen, Essen und Freizeitgestaltung werden für die Kinder und Jugendlichen auf diese Weise überschaubar und bewältigbar (vgl. Thole 2012).
3.3. Psychosoziale Gesundheit
Die psychosoziale Gesundheit leitet sich von der Definition des Gesundheitsbegriffes der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab. Laut WHO wird Gesundheit als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens definiert (WHO 2020). Psychosoziale Gesundheit ist somit nicht nur durch das Fehlen von Krankheit gekennzeichnet, sondern auch durch die Fähigkeit, interne und externe Anforderungen zu bewältigen. Dabei meint der Begriff „Wohlbefinden“ die subjektiven Sichtweisen wie die Zufriedenheit des Einzelnen, während der Begriff „Wohlergehen“ die objektiven und gesellschaftlichen Faktoren von Gesundheit bezeichnet (Blümel 2015).
Im salutogenetischen Konzept von Aron Antonovsky werden Gesundheit und Krankheit nicht als dichotom angesehen; vielmehr bewegt sich ein Mensch ständig zwischen den beiden Polen Gesundheit und Krankheit auf einem Kontinuum hin und her und ist dadurch nie statisch. Antonovsky beschäftigte sich vorwiegend mit der Frage, wie Gesundheit entsteht und was den Menschen trotz pathogener beziehungsweise traumatischer Einflüsse gesund hält. Im Zentrum der Salutogenese steht das Kohärenzgefühl mit seinen Komponenten Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit. Das Kohärenzgefühl verleiht dem Individuum das Gefühl der inneren Stimmigkeit und Sinnhaftigkeit, die nötig ist, um die Dinge aus der inneren und äußeren Umgebung zu verstehen, gedanklich zu verarbeiten und in angemessener Form anzuwenden. Stres- soren und Spannungszustände stellen Herausforderungen dar, denen mit internen und externen generalisierten Widerstandsressourcen entgegengewirkt werden kann. Das Ausmaß dieser Widerstandsressourcen entscheidet darüber, in welchem Umfang ein Mensch auf Spannungen reagieren kann und wie stark somit sein Kohärenzgefühl ausgebildet wird (Bengel et al. 1998). Die Grundsteinlegung des Kohärenzgefühls erfolgt im Kindesalter. Konsistente Erfahrungen, die für Belastungsausgleiche sorgen, sind dabei ausschlaggebend und haben Einfluss auf Entscheidungsprozesse. Damit der Mensch im salutogenetischen Sinne gesund bleibt, sollte er in kritischen Lebenssituationen begleitet werden. Antonovsky bezeichnet „strukturelle und gesellschaftliche Maßnahmen, die dem Einzelnen Einflussnahme und Teilhabe an sozial anerkannten Entscheidungsprozessen (Partizipation) ermöglichen, [...] als vielversprechendste Möglichkeit, das Kohärenzgefühl positiv zu beeinflussen“ (Bengel et al. 1998: 70). Die psychische Gesundheit bildet dabei die wesentliche Grundlage für die Lebensqualität und die soziale Teilhabe eines Individuums. Zeigen Heranwachsende psychische Auffälligkeiten, können diese zu hohen psychosozialen Beeinträchtigungen im Erwachsenenalter führen, die neben individuellen Folgen auch mit gesamtgesellschaftlichen Folgen und hohen Krankheitskosten verbunden sind. Um dem entgegenzuwirken, müssen entsprechende Präventions- und Interventionsmaßnahmen initiiert und bewertet werden. Repräsentative Studiendaten sind Voraussetzung und Grundlage für die Entwicklung solcher Maßnahmen. Diese Daten wurden unter anderem in der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) erhoben. Demnach ist im Erhebungszeitraum 2003 bis 2006 (KiGGS-Basiserhebung) jedes fünfte Kind (20 Prozent) psychisch auffällig. Heranwachsende mit niedrigerem sozialem Status sind dabei häufiger betroffen als Kinder und Jugendliche aus Familien mit höherem sozialem Status. Ergebnisse aus der zweiten Welle der Studie (2014-2017) zeigen bezüglich der psychischen Auffälligkeiten, die Eltern bei ihren Kindern angeben, einen Rückgang von etwa drei Prozentpunkten. Die Rate lag damit bei 16,9 Prozent (RKI 2018). Im Vergleich zur Normalpopulation weisen Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe eine höhere Prävalenz für psychische Erkrankungen und Störungen auf. Internationale Studien erfassten Prävalenzraten von 44 bis 96 Prozent. Zu den häufigsten Krankheitsbildern gehören in diesem Zusammenhang Störungen des Sozialverhaltens, depressive Verstimmungen und Auffälligkeiten bezüglich der Aufmerksamkeit wie zum Beispiel Hyperaktivitätsstörungen (Blower et al. 2004). Die Gründe für einen Einzug in eine stationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung können sehr vielfältig sein. Ursachen sind unter anderem der Wegfall von Erziehungsberechtigten, Überforderungen, häusliche Gewalt oder Verwahrlosung. Trotz der hohen Prävalenz psychosozialer Auffälligkeiten gibt es auch einen Anteil von Kindern und Jugendlichen, die ein weitgehend gesundes und altersgerechtes Erleben und Verhalten zeigen. Anpassungsfähigkeit, hohe Selbstwirksamkeitserwartung, Distanzierung vom belastenden Elternhaus, aktive Bewältigungsstrategien oder sonstige Resilienzfaktoren sind hierbei ausschlaggebend. Weiterhin haben Strukturen und Rahmenbedingungen positiven Einfluss auf die psychosoziale Entwicklung und Rehabilitation von Heranwachsenden. Sie schützen vor erneuten Belastungen in den Ursprungsfamilien und geben den Heranwachsenden Sicherheit. Positive soziale Beziehungen der Kinder und Jugendlichen untereinander können sich ebenfalls fördernd auf die Lebensqualität und die Kompetenzen auswirken (vgl. Wanderer und Roessner 2015). Um die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe zu schützen und zu fördern, ist es aus Sicht der Autorin dieser Arbeit unabdingbar, die Strukturen und Rahmenbedingungen sowie einen routinierten Tagesablauf auch in gesellschaftlichen Krisenzeiten wie der COVID-19-Pandemie möglichst konstant beizubehalten.
4. Methodik
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde ein qualitatives Studiendesign gewählt, da es sich bei der gewählten Fragestellung um einen noch unbekannten Forschungsgegenstand handelt. Qualitative Designs sind besonders dafür geeignet, um viele Aspekte an wenigen Fällen im natürlichen Setting zu untersuchen und anschließend Hypothesen oder Theorien zu generieren (vgl. Döring und Bortz 2015). Es wurden halbstandardisierte Experteninterviews mit insgesamt fünf Sozialpädagoginnen durchgeführt. Für diese Interviews wurde ein teilstandardisierter Interviewleitfaden genutzt. Dieser erlaubt individuelle Anpassungen der Fragen im Gesprächsverlauf je nach Interviewsituation, wodurch Fragen vorgezogen oder übersprungen werden können (vgl. Döring und Bortz 2015). Alle Teilnehmerinnen sind beruflich in der stationären Jugendhilfe tätig. Die Interviews fanden einzeln statt, wodurch eine spätere Einzelfallanalyse möglich war. Qualitative Analysen einzelner Fälle sind besonders geeignet für offene, deskriptive und interpretative Anwendungen bei kleineren Stichproben (vgl. Mayring 2015). Die qualitative Inhaltsanalyse erfolgte nach der Methode von Mayring (Mayring 2015).
4.1. Stichprobenbildung
Die Stichprobenbildung fand gezielt und homogen statt. Homogene Stichproben zeichnen sich durch „wenige Rekrutierungswege“ aus „und es wird ein relativ kleines Sample“ gebildet (Döring und Bortz 2015: 304). Dies ist dadurch zu begründen, dass durch die Analyse der einzelnen Fälle in ihrem lebensweltlichen Zusammenhang ein hoher Arbeitsaufwand entsteht (vgl. Döring und Bortz 2015). Die Auswahl der Studienteilnehmerinnen erfolgte über vermittelte Kontaktpersonen der Autorin dieses Studienprojektes. Aufgrund des begrenzten Arbeitszeitraumes von zwölf Wochen im Rahmen der Bachelor-Thesis erfolgte die Wahl im Sinne der Gelegenheitsstichprobe („convenience sample“). In der qualitativen Forschung zeichnen sich Gelegenheitsstichproben durch einen geringen Rekrutierungsaufwand aus. Personen werden in eine Studie eingeschlossen, die durch „günstige Gelegenheiten“ gefunden und untersucht werden können (vgl. Döring und Bortz). Interviewt wurden Teilnehmerinnen aus drei verschiedenen Bundesländern und jeweils fünf unterschiedlichen Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe.
Zu den Einschlusskriterien für die Interviewteilnehmerinnen gehörten:
- Vorhandensein einer fachlichen Qualifikation als Sozialpädagog*in
- Direktes Betreuungsverhältnis zu Kindern oder Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe
- Berufliche Erfahrung länger als drei Jahre
- Durchgängige Berufstätigkeit seit Beginn der COVID-19-Pandemie
Zu den Ausschlusskriterien für die Interviewteilnehmerinnen gehörten:
- Berufstätigkeit erfolgt ohne fachliche Qualifikation im sozialpädagogischen Bereich
- Kein direktes Betreuungsverhältnis zu Kindern oder Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe
- Berufliche Erfahrung kürzer als drei Jahre
- Während der Zeit der COVID-19-Pandemie erfolgte keine Berufstätigkei
Die Kriterien werden wie folgt begründet: Sozialpädagog*innen besitzen durch ihre fachliche Qualifikation sowie durch das direkte Betreuungsverhältnis zu Kindern und Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Einblicke in deren Lebenswelten. Dieses Expertenwissen ist erforderlich, um die Forschungsfrage beantworten zu können. Die Sozialpädagog*innen können das Verhalten der betreuten Kinder und Jugendlichen einschätzen und beurteilen. Dass die Interviewteilnehmer*innen vor Beginn der Pandemie in der stationären Kinder- und Jugendhilfe tätig waren und eine mindestens dreijährige Berufserfahrung vorweisen, ist deshalb unabdingbar, da Entwicklungen und Veränderungen im Kontext der CO- VID-19-Pandemie andernfalls nicht erkannt, beurteilt und miteinander verglichen hätten werden können.
4.2. Datenerhebung
Aufklärung und Einwilligung der Studienteilnehmerinnen:
Alle Studienteilnehmerinnen erhielten vor der Durchführung der Interviews postalisch eine Studieninformation und wurden telefonisch über den Zweck, die Vorgehensweise, die Freiwilligkeit, die Anonymisierung und die Rechte an der Studie sowie über Datenschutzrichtlinien aufgeklärt. Des Weiteren erhielt jede Teilnehmerin eine Vorlage zur schriftlichen Einwilligung, die vor Beginn der Interviewaufzeichnung postalisch an die Autorin zurückgesendet werden musste. Es erfolgte dabei der Hinweis, dass die Einwilligung auch nach Unterzeichnung jederzeit widerrufen werden kann. Die Studieninformation und das Einwilligungsformular sind auf der elektronischen Speicherversion dieser Bachelor-Thesis hinterlegt. Aufgrund der derzeitigen Kontaktbeschränkungen infolge der COVID-19-Pandemie erfolgte die Aufklärung der Studienteilnehmerinnen sowie die Interviewdurchführung kontaktlos. Im Zeitraum von Ende Januar 2021 bis Mitte Februar 2021 fanden die Telefoninterviews statt.
Entwicklung des Interviewleitfadens und Durchführung der Interviews:
Zur Erstellung des Interviewleitfadens (vgl. 10.1) wurden die in Punkt 2. Fragestellung und Zielentwicklung aufgelisteten Unterfragestellungen herangezogen und es wurden offene Fragen entwickelt. Die befragten Personen hatten somit die Möglichkeit, sich in eigenen Worten zu äußern. Des Weiteren wurden die Interviewfragen in ihrer Rei- henfolge individuell und je nach Interviewsituation gestellt. Durch diese Herangehensweise wurde ein guter „Interviewfluss“ gewährleistet (vgl. Döring und Bortz 2015). Die Eingangsfrage war in allen Interviews dieselbe. Die Teilnehmerinnen wurden aufgefordert zu erzählen, wie die Kinder und Jugendlichen die aktuelle Corona-Situation in der stationären Kinder- und Jugendhilfe wahrnehmen. Die folgenden Fragen ergaben sich aus dem Gesprächsverlauf der Befragten und wurden jeweils in unterschiedlicher Reihenfolge gestellt. Die vorab entwickelten Leitfragen beinhalteten fünf Themenbereiche und stellten die Hauptkategorien dar, die sich aus der später erfolgten deduktiven Kategorienbildung ergaben (vgl. Tabelle 2). Der erste Themenbereich bezieht sich auf die Wahrnehmung der COVID-19-Pandemie. Der zweite Themenkomplex beinhaltet die Fragen 2. und 3. des Interviewleitfadens und thematisiert die Herausforderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Unter diesen Fragestellungen wurden die Besonderheiten in einer Lockdown-Phase sowie Bedenken und mögliche Ängste erfragt. Im dritten Themenkomplex wurden Wünsche und Bedürfnisse erfragt. Der vierte Themenbereich deckte Fragen zur psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ab. Dieser wurde individuell nach Gesprächsverlauf erfragt und die Fragestellung wurde je nach Interviewsituation angepasst. Der fünfte Themenbereich deckte Äußerungen über die Zukunftsaussichten der Kinder und Jugendlichen ab. Die Sozialpädagoginnen waren aufgefordert, die Zukunft der betreuten Kinder und Jugendlichen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie einzuschätzen.
Pretest:
Um die Anwendbarkeit des entwickelten Interviews zu testen, wurde bei der ersten Interviewteilnehmerin ein Pretest durchgeführt. Da sich der Interviewleitfaden dabei als anwendbar herausstellte und die Aussagen der Teilnehmerin brauchbar für die Forschungsarbeit waren, wurden die Informationen in die Ergebnissicherung einbezogen. Es konnten zwar nicht alle Daten genutzt werden, da das Telefongespräch aufgrund eines technischen Fehlers nur zum Teil aufgezeichnet wurde. Das Problem wurde jedoch analysiert und behoben, sodass die folgenden Interviewaufzeichnungen problemlos und technisch einwandfrei vonstattengehen konnten.
4.3. Datenauswertung
Transkription der Interviews:
Es erfolgte eine computergestützte Transkription der Interviews mit der Software MAXQDA. Der Erwerb einer Studierendenlizenz ermöglichte die Nutzung des Programms. Identifizierbare Daten wurden bei der Verschriftlichung der Interviews pseu- donymisiert. Damit das Transkript nicht nur den Interviewtext, sondern auch wichtige Merkmale eines Gesprächsverlaufes wie zum Beispiel Pausen und Emotionen wieder- gibt, ist es notwendig, Transkriptionsregeln aufzustellen und eine vollständige Transkription durchzuführen (Döring und Bortz 2015). Die folgende Tabelle zeigt die aufgestellten Transkriptionsregeln zur Verschriftlichung der vorliegenden Interviews.
Tabelle 1: Transkriptionsregeln
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Strukturierte Inhaltsanalyse nach Mayring:
Zur Datenauswertung wurde die Methode der strukturierten Inhaltsanalyse nach Mayring gewählt. Diese hat das Ziel, das zu untersuchende Material anhand vorher festgelegter Kriterien einzuschätzen und eine Untersuchungsstruktur zu entwickeln. Dazu wird ein Kategoriensystem entwickelt und das Material systematisch extrahiert (Mayring 2015).
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