Lean Production. Herkunft, Instrumente und Prinzipien


Studienarbeit, 2020

44 Seiten, Note: 1,9

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Ziele der Arbeit
1.2 Aufbau und Limitation der Arbeit
1.3 Definition Lean Management
1.4 Definition Lean Production
1.5 Relation Lean Management und Lean Production

2 Historische Entwicklung
2.1 Die Handwerksfertigung
2.2 Die Betriebsführung nach Taylor
2.3 Ford Produktionssystem
2.4 Toyota Produktionssystem

3 Grundlagen der Lean Production
3.1 Die MIT Studie
3.2 Ziele der Lean Production
3.3 Verschwendungsarten Muda, Mura, Miri

4 Prinzipien Lean Production
4.1 Wert aus Kundensicht identifizieren
4.2 Wertstrom identifizieren
4.3 Das Flow Prinzip
4.4 Das Pull Prinzip
4.5 Perfektion anstreben

5 Instrumente der Lean Production.
5.1 Kaizen
5.2 PDCA Zyklus
5.3 Just in Time
5.4 Kanban
5.5 SMED
5.6 Jidoka und Andon

6 Kritische Betrachtung Lean Production
6.1 Implementierungshindernisse
6.2 Erfolgsfaktoren

7 Schlussbetrachtung

8 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Herausforderungen an produzierende Unternehmen drastisch verändert. Die fortschreitende Globalisierung und Internationalisierung sind aktuelle Herausforderungen und bieten verschiedene Möglichkeiten und Chancen. Die globale Vernetzung und günstige Transportkosten bieten die Chance neue Märkte zu erschließen und Materialien aus der gesamten Welt zu beziehen. Allerdings besteht auch für den Wettbewerb diese Möglichkeit, dieser platziert seine Produkte zunehmend in fremden Märkten. So entsteht eine globale Vergleichbarkeit, auch im Hinblick auf die angebotenen Preise, dadurch wird der Kostendruck auf produzierende Unternehmen enorm erhöht.1 Globale und transparente Märkte führen zu einer stärkeren Segmentierung von Kundengruppen, die, um Wettbewerbsvorteile zu generieren individueller bedient werden müssen. Die Märkte sind zunehmend gesättigt, zuvor anbietergeführte Märkte haben sich längst in Käufermärkte gewandelt. Die Dynamik im Hinblick auf Veränderungen der Technologien, Produkteigenschaften und Kundenanforderungen entwickelt sich in zunehmend sinkenden Produktlebenszyklen und der Nutzungsdauer.2 Für produzierende Unternehmen bedeutet es, dass sich Produktionsbereiche schneller verändern und während der Produktion mehr Änderungen einfließen. Produzierende Unternehmen in Deutschland und der Schweiz, bauen Ihre Wettbewerbsposition oftmals auf Differenzierungsmerkmalen wie Qualität, Funktionalität und Schnelligkeit auf. Sie kommen unter Zugzwang, Ihre Wettbewerbsvorteile und die dafür benötigten Ressourcen weiter auszubauen. Die stetig steigenden Kosten, Effizienz und Effektivitätsdruck bringen Unternehmen dazu Wertschöpfungsprozesse zu überdenken und damit zur stetigen Verbesserung der der Produktivität.3 Die intelligente Lösung für den stetig wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen bietet das Lean Management, dieses gilt als ein umfassender Managementansatz, der die Aktuellen und zukünftigen Herausforderungen lösen und gleichzeitig den Unternehmenserfolg sicherstellen soll.4 Das Lean Management ist ein Managementansatz zur kontinuierlichen Prozessoptimierung und umfasst die effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette. Es werden verschiedene Lean – Methoden, Denkprinzipien und Verfahrensweisen eingesetzt um das Ziel, Prozesse zu harmonisieren und ein ganzheitliches Produktionssystem ohne Verschwendung zu schaffen zu erreichen.5

1.1 Problemstellung und Ziele der Arbeit

Das Lean Management Konzept empfiehlt sich Unternehmen, geradezu als „Universal Problemlöser“ für eine vollkommende Neuausrichtung und eine marktorientierte Profilierung der Unternehmensstrategie. Die konsequente Umsetzung von Lean Management im Unternehmen verspricht nachhaltige Erfolge bei gleichzeitiger Realisierung der klassischen Unternehmensziele, dazu gehört die Verkürzung der Durchlaufzeiten in der Produktion und damit eingehende Verbesserung der Produktivität und der Wirtschaftlichkeit, sowie Reduzierung der Bestände. In renommierten Fachzeitschriften und Fachliteratur wird oft über Unternehmen, die unglaubliche Ergebnisse durch die Einführung von Lean Management Methoden erreicht haben, berichtet. Allerdings gibt es ebenso viele Beispiele von Unternehmen, die damit begonnen haben, Lean Management Methoden im Unternehmen einzuführen und keine zufriedenstellenden Ergebnisse wahrnehmen konnten.6 Ist eine Erfolgreiche Implementierung des Lean Managements nur im Herkunftsland Japan zu schaffen? Übereinstimmt einfach die Mentalität anderer Unternehmen in Europäischen und amerikanischen Ländern nicht zum Lean Management? Das Lean Management Konzept ist keinesfalls ein „Universal Problemlöser“. Die Methoden und Werkzeuge sind längst bekannt und in vielen Veröffentlichungen beschrieben.7

Die vorliegende Studienarbeit im Bereich Lean Management und Lean Production verfolgt das Ziel Basiswissen in diesen Bereichen zu vermitteln. Das geschieht durch eine Systematische und auf die wesentlichen Inhalte konzentrierte Einführung in dieses Themengebiet. Begriffsdefinitionen und Zielsetzungen geben grundlegende Basisinformationen und zeigen den wichtigen Stellenwert des Lean Management Ansatzes auf. Am Beispiel des Toyota-Produktions-Systems (TPS) werden die wichtigsten Prinzipien einer schlanken Unternehmung verdeutlicht.

Ein weiteres Ziel dieser Studienarbeit ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Methodik der Lean Production. Außerdem werden im Rahmen dieser Studienarbeit die Implementierungshindernisse eines erfolgreichen Lean Production Konzeptes dargestellt, sowie die wichtigsten Erfolgskriterien, die eine dauerhaft erfolgreiche Implementierung von einer kurzfristigen Lösung des Lean Production Konzeptes unterscheiden, vorgestellt.

1.2 Aufbau und Limitation der Arbeit

Die vorliegende Studienarbeit folgt im Aufbau der Zielsetzung und wird in acht Kapitel gegliedert. Zunächst werden im ersten Teil die Begriffe Lean Management und Lean Production definiert. Anschließend folgt die Realtion dieser beiden Begriffe, dies dient dazu ein gewisses Basiswissen zu vermitteln und um Verwechslungen vorzubeugen. Im zweiten Kapitel wird auf die Historische Entwicklung der Lean Production eingegangen, diese reicht von Handwerksfertigung bis zum Toyota Produktionssystem, dadurch werden die Wurzeln dieser Methodik beschrieben und wesentliche Unterschiede aufgezeigt. Das dritte Kapitel handelt von den Grundlagen der Production, hierbei werden die Ziele der Lean Production beschrieben sowie die MIT Studie vorgestellt, zuletzt wird in diesem Kapitel der Begriff Verschwendung erläutert und auf die verschiedenen Verschwendungsarten eingegangen. Im vierten Kapitel werden die fünf Prinzipien der Lean Production behandelt, grundsätzlich lässt sich der Kern der Lean Production in fünf Prinzipien beschreiben, dabei handelt es sich um Wert aus Kundensicht identifizieren, Wertstrom ermitteln, Flow Prinzip umsetzten, Pull-System einführen und Perfektion anstreben. Anschließend an die Prinzipien der Lean Production werden Instrumente der Lean Production vorgestellt. Es werden folgende Instrumente benannt und erläutert werden: Kaizen, PDCA (Plan, Do, Check, Act) Zyklus, Just in Time, Kanban, SMED (Single Minute Exchange of Die) sowie Jidoka und Andon. In Kapitel sechs wird eine kritische Betrachtung der Methodik durchgeführt. Kapitel sieben handelt von den Schwierigkeiten der Implementierung und den Erfolgsfaktoren. Im achten Kapitel endet die Arbeit mit einer Schlussbetrachtung. Im Rahmen dieser Studienarbeit wird auf den Kern der Lean Production eingegangen. Eine Limitation der Arbeit ist die Begriffsdefinition der Begriffe Lean Management und Lean Production. Es existiert keine einheitliche Definition dieser Begriffe, aus diesem Grund interpretieren Autoren und Anwender die Begriffe mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Umsetzungsmaßnahmen. Eine weitere Limitation stellt die Historie der Lean Production dar, es wird auf die wichtigsten geschichtlichen Aspekte eingegangen. Es existieren weitere kleinere Erfindungen und Fortschritte, die maßgeblich zu den heutigen Erfolgen der Lean Production beitrugen. Des Weiteren können die vorgestellten Instrumente als Limitation betrachtet werden. Lean Production betrachtet das Gesamtsystem von Unternehmen, welches ganzheitlich so gestaltet ist, dass rechtzeitig, effizient und Verschwendungsfrei auf Kundenwünsche reagiert. Aus diesen Gründen wurden im laufe der Zeit zahlreiche Instrumente und Methoden entwickelt, die zur Unterstützung der Umsetzung der Lean Production dienen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden lediglich die gängigsten Instrumente vorgestellt.

1.3 Definition Lean Management

Der Begriff Lean Management wird mit „schlankes Management“ oder auch „schlanke Unternehmung“ übersetzt. Dieser Begriff beschreibt die heutige Philosophie des gesamten Lean Managements nicht ausreichend. Schultheiß versteht unter dem Begriff Lean Management kein abgrenzbares, integriertes System, wie zum Beispiel (z.b) ein Controlling System, welches erlernt werden kann und sich auf Anhieb einführen lässt. Für Ihn ist Lean Management vielmehr als ein kontinuierlicher und ganzheitlicher Prozess zu verstehen. Der unter dem Leitgedanken des KAIZEN (ständige, kontinuierliche Verbesserung) verschiedene bewährte Methoden einsetzt. Dabei wird das Ziel verfolgt schnellentwickelte Produkte in einer fehlerlosen Qualität in einem flexiblen Produktionsprozess, ohne Ausschuss, mit einem möglichst geringen Einsatz an Ressourcen, durch eine Intensive Zusammenarbeit mit Zulieferern, Händlern und Mitarbeitern, an einen höchst zufriedenen Kunden auszuliefern8. Für Zollondz ist der Begriff Lean Management „inflationär“. Er ist kann auf verschiedene Weisen gedeutet werden und ist bewusst so ausgewählt worden, um eine Wirkung zu erzielen. Lean Management benennt das Managementsystem, welches sich mit der Lenkung, Gestaltung und Entwicklung von Organisation und Produktion im Unternehmen befasst. Es hält das empfindliche System der Wertschöpfungsströme in Balance, die sich einstellt, wenn versucht wird, überflüssige Ressourcen auf allen Ebenen zu reduzieren Beziehungsweise (bzw) gegen Null gehen zu lassen, bei gleichzeitiger Beachtung und Anwendung von Effektivitäts und Effizienzkriterien. Dieser Managementansatz verfolgt ein Denkprinzip, welches erstmals in Japan systematisch entwickelt wurde, dort kommt der Beachtung von Zeit, Kosten, Qualität, Raum, Arbeit, human und kulturellen Faktoren höchste Priorität zu.9 Gorecki und Pautsch verstehen unter dem Begriff Lean Management eine Philosophie die Unternehmen „schlank“ gestaltet. Diese Unternehmen sind weitestgehend frei von Verschwendung, fokussiert auf die Schöpfung des Wertes der Produkte bzw. Dienstleistungen aus Sicht des Kunden, Interne Prozesse sind auf die Kundennachfrage abgestimmt und die Mitarbeiter sind in die Ständige Verbesserung der Unternehmensprozesse integriert.10 Zusammenfassend werden unter Lean Management Methoden und Prinzipien verstanden, die in Unternehmen zu mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz führen. Dabei stehen Kundenorientierung und Qualität im Vordergrund. Der Grundgedanke von Lean-Management ist dabei die Vermeidung von Verschwendung in jeglichem Sinne. Zudem kann das Lean Management auf alle Bereiche im Unternehmen übertragen werden.

1.4 Definition Lean Production

Der Begriff Lean Production kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „schlanke Produktion“. Dieser Begriff wurde 1988 das erstmalig von John Krafcik, einem Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT), in einem Artikel „Triumph oft he Lean Production System“ genannt.11 Nach Traeger Ist Lean Production ein möglicher Weg, Produkte in hoher Qualität, in kleinen Stückzahlen schnell und effizient herzustellen, dabei handelt es sich um Produkte die Kunden sich wünschen und Ihren Anforderungen entsprechen. Die Methoden der Lean Production sind dabei ohne weiteres auch auf Dienstleistungen und reine Verwaltungstätigkeiten übertragbar. Ein ganzheitlicher Ansatz ist hierbei von größter Wichtigkeit, Ziele und das Gesamtsystem sind auch bei Detaillösungen nicht aus den Augen zu verlieren. Unternehmerisches Denken ist dabei in allen Hierarchieebenen und nicht nur in der Führungsebene unverzichtbar. Die Mitarbeiter werden in den Produktions und Denkprozess miteinbezogen, denn Ihre Motivation und Befriedigung stehen im Mittelpunkt. Dieser Ansatz hat sowohl Soziale wie auch wirtschaftliche Gesichtspunkte. Zufriedene Mitarbeiter, tragen durch effiziente Leistung weit mehr zum Unternehmenserfolg bei. Die Lean Production ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Unternehmerischer Ansatz, effiziente Zusammenarbeit und die konsequente Vermeidung jeglicher Art von Verschwendung.12 Weber geht davon aus, dass im Gedankengut der Lean Production, alle Mitarbeiter eines Teams als auch indirekt am Produktionsprozess beteiligte Mitarbeiter wie z.b Gruppenführer, Logistikmitarbeiter oder externe Dienstleister, zu einem Produktivitätsbeteiligungssystem zusammengeschlossen werden, um Rüstzeiten zu beeinträchtigen, Stillstandzeiten zu reduzieren, Durchlaufzeiten zu verkürzen und Termine durch flexible Einsatzzeiten besser einzuhalten. Die wichtigste Erkenntnis in der Lean Production ist, dass Mitarbeiter in allen Arbeitsbereichen, ein beeindruckendes Detailwissen angesammelt haben, dass durch eine Organisation von unten, Sprich durch die Mitarbeiter selbst, zu einem Ganzen zusammengebracht wird.13 Zusammenfassend werden unter dem Begriff Lean Production, der Einsatz von Produktionsfaktoren, etwa Personal, Werkstoffe, Organisation und Betriebsmittel bezeichnet, bei dem auf Effizienz und Sparsamkeit geachtet wird. Ein hoher Stellenwert wird dabei auf die Prozessoptimierung gelegt, um neben Qualität auch die Flexibilität des Unternehmens zu optimieren. Der Mitarbeiter spielt in der Lean Production eine zentrale Rolle, ein großer Teil der Lean Production, befasst sich damit die Arbeitsqualität und Qualifikation der Mitarbeiter stetig zu verbessern.

1.5 Relation Lean Management und Lean Production

1988 wurde der Begriff Lean Production, wie in Kapitel 1.4 bereits erwähnt, von John Krafcik genannt und bedeutet ins Deutsche Übersetzt „schlanke Produktion“, die sich am Toyota Produktionssystem orientiert. Unter schlanker Produktion wird verstanden, für die Herstellung eines Produktes möglichst wenig Ressourcen zu benötigen und diese Sparsam und Effizient einzusetzen. Häufig wird zwischen Lean Management und Lean Production unterschieden. Durch die im Deutschen oft fälschliche Definition des Begriffs Produktion als reine Fertigung, wird das Konzept der Lean Production häufig, ausschließlich auf den Herstellungsprozess reduziert.14 Es existiert eine umfangreiche Literatur über die japanischen Unternehmenskulturen, in diesen werden auch andere Begriffe wie z.b Lean Manufucturing, Lean Management oder ganzheitliche Unternehmen verwendet werden. Den beiden Begriffen Lean Management und Lean Production wird in den meisten Fällen dieselbe Bedeutung zugeschrieben. Es bedeutet, dass verschiedene Autoren durchgehend einen der beiden Begriffe verwenden, beziehen sich in der Literaturrecherche, sowohl auf Quellen, die von Lean Management handeln als auch von Lean Production. Die Betrachtungsweise, dass sich Lean Production nur auf die Produktion und Lean Management auf das ganze Unternehmen bezieht, entspricht somit nicht der Richtigkeit.15 Die synonyme Verwendung der beiden Begriffe führt auf die MIT-Studie zurück, diese wird als Fundament, aller Literatur über Lean Production betrachtet, diese Stellt die Produktionsprozesse der Automobilindustrie in den Fokus, gilt aber trotzdem allgemeingültig.16 Im Rahmen dieser Studienarbeit werden daher die Begriffe Lean Management und Lean Production als Synonyme für eine ganzheitliche Betrachtungsweise betrachtet.

2 Historische Entwicklung

Für ein Besseres Verständnis der Lean Production, wird im folgenden Kapitel auf historische Entwicklung des Lean Managements erläutert. Die Entstehung des Lean Management, gleicht der Geschichte des japanischen Automobilherstellers Toyota. Toyota ist ein multinationales Unternehmen gehört zu den größten und erfolgreichsten Automobilunternehmen der Welt. Die ersten historischen Wurzeln liegen in der Handwerksfertigung, anschließend wird auf die Betriebsführung nach Taylor eingegangen. Es folgt das Ford Produktionssystem sowie das Toyota Produktionssystem.

2.1 Die Handwerksfertigung

Das Unternehmen Panhard et Levassor war bis Ende des 19. Jahrhunderts noch führende Hersteller von Automobilen der Welt. In diesem Unternehmen wurden die Automobile in sehr kleinen Stückzahlen und in sorgfältiger Handarbeit hergestellt. Pro Jahr produzierten sehr gut Ausgebildete Mitarbeiter in diesem Unternehmen einige hundert Automobile, neben der Herstellung der Automobile beherrschten diese Mitarbeiter auch die Konstruktion der Bauteile. Im Hinblick auf die heutigen Produktionsvolumen erscheint diese Produktionsmenge sehr gering, jedoch konnten sich in dieser Zeit nur wohlhabende Menschen ein Automobil leisten. Der Grund dafür liegt in der klassischen Handwerksfertigung der Automobile, weshalb die Produktion sehr kostenintensiv gestaltet war. An eine Serienproduktion war in dieser Zeit noch nicht zu denken, da alle Teile nachgearbeitet und einander angepasst werden mussten.17 Außerhalb der Automobilfertigung war die handwerkliche Produktion noch nicht in Produktionsstätten untergebracht. Die Produkte wurden in kleinen Werkstätten oder zuhause hergestellt. Die Entwicklung der Dampfmaschine brachte den Einzug der Arbeit in Fabriken, jedoch war auch hier die Produktion stark handwerklich orientiert. In der Automobilfertigung konnte durch die handwerkliche Produktion ein hohes Maß an Individualisierung erreicht werden. Für alle Kundenanforderungen konnten individuelle Einzelteile für das Automobil gefertigt, angepasst und verbaut werden. Aus Sicht der Kunden war das ein großer Vorteil, jedoch konnten in dieser Zeit keine identischen Werkstücke hergestellt werden, da noch keine ausreichende Fertigungs und Messgenauigkeit erreicht werden konnte. In dieser Zeit war kein Automobil Maßgeblich mit einem anderen Identisch, da die sogenannte schleichende Maßwanderung nicht ausreichend beherrscht wurde.18 Ein großer Nachteil in der handwerklichen Produktion waren die hohen Herstellungskosten, weshalb das Automobil als ein Luxusgut galt. Erst mit dem Einzug der Massenproduktion in Produktionsstätten konnte diese Tatsache geändert werden. Anfang des 20. Jahrhunderts, ermöglichte die klassische Industrielle Revolution Ansätze zur Massenfertigung. Dazu trug die Weiterentwicklung der Dampfmaschine, Werkzeugmaschinen sowie die Elektrizität bei.

2.2 Die Betriebsführung nach Taylor

In der heutigen Zeit werden die meisten Unternehmen nach den Prinzipien des sogenannten „Scientific Managements“ geführt. Dies ist der Management Ansatz von Frederick Winslow Taylor (1856-1915). Im Jahr 1911 bringt Taylor sein gleichnamiges Werk heraus, es enthält Taylors Ansichten über das Prinzip der wissenschaftlichen Betriebsführung und eine neue Form der Arbeitsorganisation. In seinen Studien beschäftigt Taylor sich intensiv mit der Frage, wie Produktionsprozesse möglichst kostengünstig und effizient gestaltet werden können. Ausgangslage für die Entwicklung des Scientific Managements, war Taylors kritische Betrachtung der damals gängigen handwerklichen Produktionsweise. Taylor war von der Existenz eines optimalen Produktions und Arbeitsprozesses überzeugt, diese stellte er mithilfe wissenschaftlicher Methoden fest.19 Er beabsichtigte eine exakte Erfassung aller Tätigkeiten und Abläufe im Betrieb und erschuf damit den Begriff „wissenschaftliche Betriebsführung“. Durch die Zerlegung aller im Betrieb anfallenden Arbeiten und Ihrer Analyse konnten diese zeitlich exakt geplant und nicht effiziente Arbeitsvorgänge erkannt und vermieden werden. Taylors besondere Aufmerksamkeit zogen folgende Problembereiche auf sich.20 Zur Weiterentwicklung der Produktion wurde eine Planungsabteilung eingerichtet, diese übernahm die Aufgabe die Produktionsplanung zu erstellen den Einhalt zu gewährleisten, zudem führte diese eine Neuorganisation der Maschinenordnung und Standardisierte das Werkzeugwesen. Des Weiteren führte Taylor umfangreiche Zeitstudien mithilfe einer Stoppuhr durch. Die Zeitstudien sind sowohl Richtlinien für einen Einsatz der Menschlichen Arbeitskraft als auch Grundlage für die Ergänzung bestehender Lohnformen durch leistungsorientierte Lohnformen. Hiermit gelang es Taylor die Menschliche Arbeitskraft effizient einsetzen zu können. Taylor ermunterte alle Mitarbeiter an Ihren Arbeitsplätzen, Verbesserungen an den vorgegebenen Methoden und Abläufen vorzuschlagen. Alle Vorschläge wurden durch die Leitung geprüft und die Einsparungen ermittelt. Die neue Verbesserte Methode sollte zur Norm in der ganzen Produktionsstätte werden und der Mitarbeiter eine Belohnung in Bar erhalten. Diese Methode kommt dem heute in vielen Unternehmen eingesetzten Vorschlagswesen sehr nahe. Zwar gilt die klassische industrielle Produktion nicht mehr als aktueller Stand des Technischen Fortschritts, jedoch werden einige Grundzüge, wie die wissenschaftliche Analyse und die standardisierte Ausführung von Tätigkeiten, in der bestmöglichen Art und Weise von heutigen Unternehmen weiter verfolgt.21

2.3 Ford Produktionssystem

Ein weiterer Vorreiter der industriellen Produktion ist Henry Ford (1863 – 1947), diesem gelang Anfang des 20. Jahrhunderts die Massenherstellung von Automobilen. Das primäre Ziel von Henry Ford war es, ein Automobil zu bauen welches für breite Volksschichten erschwinglich war.22 Um dieses Ziel zu erreichen hatte Ford eine ausschlaggebende Idee, er musste ein Stark standardisiertes Produkt in der größtmöglichen Stückzahl produzieren, um eine Mengendegression der Stückkosten zu erreichen. Somit werden einmalige Aufwendungen wie die Produktentwicklung, auf eine große Produktionsmenge verteilt und die Fixkosten pro Stück sinken.23 Als Folge dieser Zielsetzung stellte er 1908 das Model T vor, welches als Massenprodukt konstruiert wurde. Im Rückblick werden Fords Schritte in Richtung Massenproduktion als erste Revolution der Automobilindustrie eingestuft.24 Die für die Massenproduktion geeignete Konstruktion des Model T ermöglichte eine problemlose Montage der Komponenten und eine Austauschbarkeit der Bauteile. Diese Austauschbarkeit stellte einen Meilenstein die Massenproduktion dar. Im Zeitraum von 1909 bis 1913 nahm Henry Ford mit seinem Model T an vielen Rennen teil und gewann einige davon. Für die Öffentlichkeitsarbeit waren Rennen im Jahr 1913 nicht mehr nötig, sein Model T war weit verbreitet und berühmt. Aufgrund der starken Nachfrage musste Ford einen weiteren Weg finden, die Produktionsgeschwindigkeit zu erhöhen.25 Im Jahr 1913 wurde die erste motorisierte Fließbandanlage durch Ford in die Herstellung eingeführt. Die Karosserien der Automobile wurden in einer Reihe durch die einzelnen Produktionsstationen bewegt, während Arbeiter die Bauteile anbrachten. Durch diese Neuerung konnten Automobile deutlich schneller produziert werden und Herstellungskosten eingespart werden. In Tabelle 1 wird verdeutlicht wie sehr der Preis nach Einführung des Fließbandes gesenkt werden konnte. Im Gegensatz zur handwerklichen Produktion, wurden in der Massenproduktion nur wenige hochqualifizierte Mitarbeiter benötigt. Ungelernte Mitarbeiter konnten nach einer Einarbeitung von wenigen Minuten einen Arbeitsschritt durchführen, die Maschinen beladen oder entladen. So gelang es Ford den Bedarf an Arbeitskräften durch ungelernte Arbeiter zu decken, die in sehr kurzer Zeit eingearbeitet wurden.26

Tabelle 1. Preis und Stückzahl Entwicklung am Beispiel des Model T

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4 Toyota Produktionssystem

In der heutigen Zeit gilt das Toyota Produktionssystem als das effektivste Produktionssystem weltweit, welches von dem Unternehmen Toyota entwickelt wurde. Außerhalb von Toyota wird das TPS auch als Lean Production bzw. schlanke Produktion bezeichnet. Am Anfang des 20. Jahrhunderts stellte die Familie Toyoda noch Webstühle her. Zu einer Besonderheit dieser Webstühle zählte ihr Dampfantrieb, der einen Fadenriss automatisch erkennen konnte und den Webprozess somit anhielt. Somit wurde ein Fehler in der Produktion sofort nach der Entstehung ausgemacht und behoben, bevor weitere Folge Fehler in der Produktion entstehen konnten. Diese Besonderheit wurde später zum sogenannten Jidoka-Prinzip, welches eine der beiden Säulen des TPS darstellt. Die fortschrittlichen Webstühle waren so erfolgreich, dass die Familie Toyoda mit dem Verkauf des Patentrechts genug Startkapital erlangt hatte, um eine eigene Automobilentwicklung zu beginnen.27 Am 28. August 1937 gründete Kiichiro Toyoda und sein Eiji Toyoda die Toyota Motor Coorperation. Sie entschieden sich das Unternehmen anstelle des Familiennamens Toyoda, Toyota zu benennen, um eine Trennung des Arbeitslebens und des Privatlebens zu ermöglichen. Nach der Niederlage im zweiten Weltkrieg herrschten in Japan sehr problematische wirtschaftliche Bedingungen. Vor allem Kiichiro Toyoda, sein Produktionsleiter Taiichi Ohno und Eiji Toyoda, ergriffen in der Not die Imitative, und erschufen so das Toyota Produktionssystem, welches auf die schwierigen Bedingungen reagierte. Sie unternahmen viele Reisen, um von Ford, dem führenden Unternehmen der Automobilindustrie zu lernen. Ziel dieser reisen war es die Prinzipien von Henry Fords Massenproduktion zu studieren und bei der Toyota Motor Company einzuführen.28 Toyota hat in Ihren ersten dreizehn Jahren nach der handwerklichen Produktionsmethode gearbeitet und konnte so 2.685 Automobile produzieren, Ford lieferte unter Verwendung der Massenproduktion täglich 7.000 Automobile aus. Kiichiro Toyoda bekam nach dem Krieg das Ziel vorgegeben, innerhalb von drei Jahren Amerika in der Produktion mindestens einzuholen. Damals ging man davon aus, dass ein deutscher Arbeiter dreimal so produktiv war wie ein japanischer, und ein amerikanischer Arbeiter dreimal so produktiv wie ein deutscher Arbeiter. Toyota hatte demnach vor, die Produktion, um das zehnfache zu steigern29. Toyota musste jedoch realisieren, dass die Prinzipien der Massenproduktion in Japan nicht hätten funktionieren können, da der japanischen Regierung nach dem Ende des zweiten Weltkrieges die finanzielle Mittel fehlten, um westliche Fertigungstechnologien einkaufen zu können. Zudem hatten etablierte Massenhersteller bereits weltweit Fuß gefasst, so dass eine einfache Reproduktion Ihrer Produktionsmethoden, langfristig keine Konkurrenzfähigkeit darstelle.30 Was sie jedoch in Ihren Reisen beeindruckte, waren die amerikanischen Supermärkte. Es fiel auf das die Kunden nur das den Regalen entnahmen, was sie gerade benötigten, und ohne Wartezeit an der Kasse bezahlten. Das Nachfüllen der entnommenen Waren, erfolgte nach dem tatsächlichen Verbrauch. Dabei wurde die Ware an der Vorderseite von den Kunden aus dem Regal entnommen, und neue Waren hinten wieder aufgefüllt. Dieses Prinzip wird als FIFO Prinzip (first in-first out) bezeichnet. Ein Supermarkt ist prinzipiell wie ein Warenlager aufgebaut, welches keinen Platz für Langzeitlagerung hat, die Wareneingänge werden möglichst den Warenausgängen angepasst. Bei der Rückkehr nach Japan wurde aus der Idee der bedarfsorientierten Materialversorgung das Kanban Prinzip realisiert.31 Eine weitere Erkenntnis der Reisen, kam von Doktor (Dr).Edward Deming, dieser war Vorreiter im Bereich Qualitätskontrollen. Das Ziel seiner Methode bestand darin, die Qualität auf allen Stufen im Unternehmen zu verbessern, von der Forschung und Produktentwicklung über die Produktion, bis hin zum Kundenservice. Nach Deming sollte jede Stufe der eines Produktionsprozesses als Kunde der vorherigen Stufe betrachtet werden sollte, was sich bestens in das Kaizen und der Just in Time Philosophie Toyotas vereinbaren ließ.32 Der Just In Time Grundsatz, wurde später als zweite Säule des TPS bekannt, hierbei galt, dass nur das produziert wird, was sich am Markt Absätzen lässt. Dabei werden Bauteile erst geliefert, sobald ein Bedarf zur weiteren Verarbeitung bzw. Verkauf entsteht. Somit können die Kosten in der Waren und Beschaffungslogistik minimiert werden, da die Lagerbestände und Durchlaufzeiten verringert werden und lange Lagerungszeiten nicht anfallen. Die JIT Fertigung wird meist durch Kanban gesteuert.33 Der Produktionsleiter Taiichi Ohno erkannte in den Produktionswerken von Ford ein hohes Potenzial an Verschwendung, um das Ziel zu erreichen der Produktion von Ford mindestens ebenbürtig zu sein, musste jegliche Art von Verschwendung vermieden und eliminiert werden. Unter Verschwendung wird alles verstanden, was kosten verursacht, aber nicht zur Wertschöpfung im Unternehmen beiträgt. Weitere Elemente des TPS sind, die kontinuierliche Verbesserung und die Standardisierung. Die Erfolge des Toyota Produktionssystems, wie es heute bekannt ist, ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Verbesserung und Entwicklungsprozesses. Auch in der heutigen Zeit lassen sich die Vorteile, die sich aus den Grundlegenden Techniken und Managementprozessen ergeben, gleichermaßen auf andere Arten von Geschäftstätigkeiten anwenden. Das TPS gilt als weltweit führende Geschäftsphilosophie, welche messbare Erfolge in den Bereichen Qualität und Produktionseffizienz vorweisen kann. Auf der ganzen Welt versuchen Unternehmen die Prinzipien des TPS bzw Lean Production zu kopieren, um diese Produktionseffizienz zu erreichen.34 Um den Aufbau der Methoden des TPS zu verdeutlichen wird in Abbildung 1 das TPS am Beispiel eines Hauses dargestellt.

[...]


1 Vgl. Bertagnolli F (2015), S.10.

2 Vgl. Sauter R./Gleich R (2008), S.17.

3 Vgl. Bertagnolli F (2015), S.11.

4 Vgl. Sauter R./Gleich R (2008), S.20.

5 Vgl. Schultheiß W (1995), S.17.

6 Vgl. Gorecki P./Pautsch P (2010), S.19.

7 Vgl. Künzel H (2016), S.1.

8 Vgl. Schultheiß W (1995), S.20.

9 Vgl. Zollondz H (2013), S.1.

10 Vgl. Gorecki P./Pautsch P (2018), S.1.

11 Vgl. Gaban M lean.CH [Online]

12 Vgl. Traeger D (1994), S.3.

13 Vgl. Weber R (1994), S.195.

14 Vgl. Tautrim J (2015), S.11.

15 Vgl. Schultheiß W (1995), S.17.

16 Vgl. Fitsch H (2007), S.76.

17 Vgl. Klaffke W (2019), S.7.

18 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.8.

19 Vgl. Bauer T (2017), S.2.

20 Vgl. Pfeiffer W./Weiß E (1994) S.30

21 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.10.

22 Vgl. Sautter U (2006), S.99.

23 Vgl. Bender S Henry-Ford [Online]

24 Vgl. Wettengl S Henry Ford und die erste Revolution in der Automobilindustrie [Online]

25 Vgl. Misteli S Henry Ford: Der Industrialist, der die Welt veränderte [Online]

26 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.11.

27 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.16.

28 Vgl. Signorelli C Das Toyota Produktionssystemund seine Bedeutung für das Geschäft [Online]

29 Vgl. Ohno T (2013), S.37.

30 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.16.

31 Vgl. Regber H./Zimmermann K (2007), S.70.

32 Vgl. Schultheiß W (1995), S.152.

33 Vgl. Syska A (2006), S.158.

34 Vgl. Dombrowski U./Mielke T (2018), S.17.

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Lean Production. Herkunft, Instrumente und Prinzipien
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Berlin früher Fachhochschule
Note
1,9
Jahr
2020
Seiten
44
Katalognummer
V1030491
ISBN (eBook)
9783346431134
ISBN (Buch)
9783346431141
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lean Management, Lean, Production, Lean Production, Lean Produktion, MIT Studie, T, Verschwendungsarten, Kaizen, Muda, mura, Miri, Lean Prinzipien, Flow, Pull, PDCA Zyklus, Just in Time, SMED, Jidoka, Toyota Produktionsystem
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Lean Production. Herkunft, Instrumente und Prinzipien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030491

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