Metaphern als sprachlicher Ausdruck von Emotionen am Beispiel "Ärger"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2020

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Emotionen

3. Verbale Realisierungsformen
3.1. Emotionsbezeichnender und emotionsausdrückender Wortschatz
3.2. Metaphernverständnis

4. Die Emotion Ärger in der Metaphorik
4.1. Das Konzept der Intensität
4.2. Das Konzept des Kontrollverlusts

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Menschen sind in der Lage ihre Umwelt wahrzunehmen, diese Informationen weiterzuverarbeiten und sich mit anderen darüber auszutauschen. Dieser Austausch kann auch abstrakte Dinge betreffen wie Gefühle und dabei werden nicht einmal Worte benötigt. Ein Lächeln oder eine Träne der Trauer ist kulturunabhängig verständlich und vermittelbar, es löst beim Gegenüber sofort Assoziationen aus, doch gibt es nicht nur das eine Gefühl, welches von jedem Menschen gleich empfunden wird, da es subjektiv ist. Daher stellt sich die Frage, wie Gefühle, die ein internes, nicht greifbares Phänomen sind, versprachlicht werden. Jeder Mensch empfindet anders, trotzdem gibt es bestimmte verbale bildliche Ausdrucksvarianten wie mir platzt der Kragen, die im Deutschen zur Kommunikation genutzt werden, ohne dass der Gegenüber je gesehen oder gehört hat, wie jemandem wirklich der Kragen geplatzt ist und trotzdem den beschriebenen Gefühlszustand einordnen kann. Dabei fällt auf, dass, wenn über Emotionen gesprochen wird, werden häufig Bilder und Assoziationen genutzt, um diese dem Gegenüber zu vermitteln.

Ziel dieser Arbeit soll sein, Strukturen und Konzepte, die zur Bildung solcher Ausdrucks­formen dienen bzw. die bei der Entschlüsselung solcher Aussagen helfen, aufzuzeigen. Dazu soll nächst grundlagentheoretisch erläutert werden, was Gegenstand dieser Arbeit ist. Dabei werden zunächst die Begriffe Emotion, Gefühl, Stimmung und Affekt voneinander abge­grenzt und auf die Gruppe der Basisemotionen eingegangen, um daran anschließend die Charakteristika der Emotion Ärger aufzuzeigen. In Folge dessen wird auf die verbale Reali­sierungsformen von Emotionen anhand der Lexik und Satzsemantik in Form von bildlicher Sprache, insbesondere der Metaphern, Bezug genommen. Diese Schritte sind notwendig, um den darauf aufbauenden Hauptteil und das methodische Vorgehen in Bezug auf die hier skiz­zierte Emotion Ärger nachvollziehen zu können. Es werden Metaphern, die diese Emotion ausdrücken, den vier Klassen von Metaphern nach Baldauf zugeordnet und die zugrundelie­gende Konzeptualisierungen erläutert. Abschließend werden die Merkmale Intensität und Kontrollverlust in Bezug auf Ärger beschrieben.

2. Emotionen

Kennzeichnend für den Menschen ist das bewusste Erfahren und Auseinandersetzen mit sei­ner Umwelt, Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken als unsere Sinneswahrnehmungen werden im Gehirn gespeichert, weiterverarbeitet, zugeordnet, sortiert und in Bezug zuei­nander gesetzt. Wie wir die Welt wahrnehmen spiegelt sich auch in unserer Sprache wieder, ebenso beeinflusst sie wie die Welt vom Individuum verstanden wird (vgl. Zemanova 2010: 95).

Den Zusammenhang von menschlicher Kognition und Sprache erforscht die kognitive Lin­guistik als Teil der Kognitionswissenschaft mit dem Ziel Erkenntnisse über die menschliche Sprache als ein kognitives System einerseits und über den menschlichen Geist allgemein zu erlangen. Mittelpunkt des Forschungsinteresses liegt auf der Organisation und Speicherung sprachlichen Wissens im Gedächtnis und dessen Aktivierung produktiver und rezeptiver Art. Schwarz-Friesel (2004: 84) geht von informationellen Zuständen, gespeichert als kognitive Strukturen in Form mentaler Repräsentationen, aus, d.h. spezifische geistige Leistungen, wie das Kategorisieren oder Verstehen von Sprache werden durch Konzeptualisierungsprozesse1 ermöglicht. Dabei wird sich auf systeminterne, das im System (meist dem Langzeitgedächtnis2 ) bereits verankerte Wissen, und systemexterne Informationen, was Zustände aus der Umwelt meint, bezogen.

Auch Emotionen sind Teil der Kognitionswissenschaften, da sie durch einen Reiz der aus der Umwelt stammen oder eine eigene Erinnerung sein kann, in jedem Fall werden Informa­tionen kognitiv verarbeitet, was dazu führen kann, dass eine oder mehrere Emotionen aus­gelöst werden. Das kognitiv-linguistische Forschungsfeld legt sein Erkenntnisinteresse auf kommunikative Prozesse der Emotionsdarstellung bzw. der Versprachlichung jener. Da Emotionen etwas Abstraktes, nicht quantitativ Messbares und vom Individuum selbst Erleb­tem darstellen, ist eine eindeutige Beschreibung der jeweiligen Emotion schwierig.

Bei der Definition des Komplexes Emotion selbst besteht ebenso Uneinigkeit in der Wissen­schaft. In dieser Arbeit wird sich jedoch auf die Schwarz-Friesel (2007: 55) verfasste Be­schreibung der Emotionen bezogen:

„Emotionen sind mehrdimensionale, intern repräsentierte und subjektiv erfahrbare Syndromkategorien, die sich vom Individuum ich-bezogen, introspektiv-geistig sowie körperlich registrieren lassen, deren Erfahrenswerte an eine positive oder negative Bewertung gekoppelt sind und die für andere in wahrnehmbaren Ausdrucksvarianten realisiert werden (können). Die Prozesse der Bewertung betreffen Einschätzungen, mit denen ein Individuum entweder sein eigenes Körperbefinden, seine seelische Befindlichkeit, seine Handlungsimpulse, seine kognitiven Denkinhalte oder allgemein Umweltsituationen (im weitesten Sinne) beurteilt.“

Ebenso Janke (2007: 347) stützt diese Definition, indem sie Emotionen als „vorübergehende psychische Vorgänge, die durch äußere und innere Reize ausgelöst werden und durch eine spezifische Qualität und einen zeitlichen Verlauf gekennzeichnet sind“ beschreibt. Resultie­rend daraus lässt sich festhalten, dass es eine physiologische Konsonante gibt und es sich um dynamische Prozesse von kurzer Dauer, die abhängig von der Bewertung eines Ereignisses sind, handelt. Abgrenzend dazu sind Stimmung, welche diffus und länger anhaltend ohne ein konkretes Ereignis als Auslöser ist, und Affekt, welcher zwar kurze und heftige Emotionen meint, jedoch mit Verlust der Handlungskontrolle einhergeht, differenziert zu betrachten. Wenn man von überdauernden Emotionen als Persönlichkeitseigenschaft spricht bezieht man sich auf die Emotionalität eines Menschen. Etwas schwieriger ist die Unterscheidung von Gefühl und Emotion. Dass dieses Begriffspaar jedoch nicht synonym verwendet werden kann, stützt Schwarz-Friesel (2007: 142) durch die nicht gegebene prinzipi­elle Austauschbarkeit beider Begriffe in allen Verwendungskontexten.

(1) Das Gefühl der Mutlosigkeit war nicht zu unterdrücken.
(2) ?? Die Emotion der Mutlosigkeit war nicht zu unterdrücken.
(3) Das Gefühl der Angst kroch in ihr hoch.
(4) ?? Die Emotion der Angst kroch in ihr hoch.3

Gazzaniga und Todd (2017:565) bezeichnen das Gefühl als Teilkomponente der Emotionen, welche das subjektive Erleben einer Emotion umfasst. Diese Auffassung wird in dieser Arbeit geteilt.

Aus dimensionaler Perspektive lassen sich Emotionen anhand begrenzter Anzahl quantitativ variierender Eigenschaften sowie ihrer Valenz und Erregung gruppieren, so werden bspw. Zorn, Wut, Empörung, Groll, Entrüstung, Verbitterung und Ärger zu einer Gruppe zusammengefasst (vgl. Schwarz-Friesel 2007: 68) und in dieser Arbeit überwiegend durch Ärger repräsentiert. Die Gruppen grenzt man durch eine Vielzahl qualitativ unterschiedlicher Emotionen voneinander ab. Trotzdem merkt sie an, dass „die abstrakte, subjektiven, internen Vorgänge und Zustände sich häufig einer exakten Definition [entziehen] und die referentielle Zuordnung sich oft schwierig [gestaltet]“ (ebd. 65).

Möglich ist zudem eine Unterteilung in Primär- und Sekundäremotionen bzw. Basisemotionen, dabei geht die Forschung von dem Standpunkt aus, dass manche Emotionen“ angeboren, evolutionär adaptiv und universell (kulturübergreifend identisch)“ (Gazzaniga 2017: 555) sind. Belegen lässt sich diese Erkenntnis durch bestimmte Mimik wie Lachen oder Weinen, welche kultunabhängig verstanden werden, auch in jenen ohne Zivilisationskontakt. Zudem finden sich diese bei Kindern, die blind geboren werden und derartige Ausdrucksformen nie gesehen haben, wieder (vgl. Schwarz-Friesel 2007: 58). Einig bezüglich
der Anzahl dieser Gruppe sind sich die Forscher jedoch nicht. Ekman (1988) erweiterte seine zunächst vier Grundemotionen Glück, Zorn, Trauer und Furcht um Ekel, Überraschung und Verachtung. Andere Forscher zählen weitere hinzu, andere Forschen widerum beziehen sich auf eine geringere Anzahl (vgl. Schwarz-Friesel 2007: 66). Festhalten lässt sich jedoch, dass Freude, Überraschung, Trauer, Ärger, Angst und Ekel am häufigsten genannt werden (vgl. Frenzel u.a. 2009: 203). Sekundäre Emotionen sind eine Mischung der primären bzw. Basisemotionen.

Schwarz-Friesel (2007: 69) stellt fest, dass drei Parameter die wesentlichen Eigenschaften von Emotionen im Allgemeinen beschreiben, dabei nimmt sie Bezug auf die Intensität, die Dauer und die Wertigkeit bzw. Qualität einer Emotion. Die Intensität betrifft den Aktivierungsgrad, welcher variieren kann und auf einer Skala mit polaren Gegensätzen von heftig zu beruhigt anzusiedeln ist. Bei der Dauer referiert man zum einen auf die permanente oder nicht-permanente Verankerung im Organismus des Menschen und zum andere auf den zeitlichen Verlauf von emotionalen Prozessen, welcher in Abhängig von inneren und äußeren Bedingungen steht und sich je nach Intensität verändert. Das Einordnen auf einer PositivNegativ-Skala bzw. angenehmen bzw. unangenehmen Erlebenszuständen umfasst die Wertigkeit oder Qualität.

Als zentrale Komponenten der Emotion werden physiologische, kognitive, motivationale, affektive und expressiv Veränderungen gezählt, dabei müssen nicht alle Komponenten zeitgleich auftreten (vgl. Frenzel u.a. 2009: 207). Physiologisch verändern sich das zentrale Nervensystem und die Anspannung sowie der Erregungszustand. Das Einhergehen emotionstypischer Gedankeninhalte bezieht sich auf die kognitive Komponente, die motivationale Komponente beschreibt das Auslösen entsprechenden Verhaltens und affektiv ist die Bewertung als angenehm oder unangenehm. Verbales und nonverbales Ausdrucksverhalten wird als expressiv bezeichnet.

Auf der Ebene des expressiv wahrnehmbaren Ausdrucks gibt es drei Realisierungsformen. Neben den nonverbalen Ausdrücken wie Mimik und Gestik, d.h. Lachen, Weinen, Kopfschütteln etc., und den physiologischen Zuständen, die mit Emotionen einhergehen, wie Schwitzen, erhöhte Herzfrequenz oder Blasswerden, sind Emotionen als verbale Repräsentationsformen (s. Kap. 3.), welche die Wort-, Satz- oder Textebene betreffen können, wahrnehmbar. Sprachlich ist diese unterschiedlich kodierbar und kann expressive Adjektive und Adverbien, Modalpartikel, Dimensionsadjektive, bestimmte Morpheme, Interjektionen, Ex- klamativsätze, Optativsätze, Hyperbeln, Vergleiche oder Metaphern umfassen.

Kern dieser Arbeit ist die verbale Ausdrucksform von Ärger, welcher im Der Brockhaus Psychologie (2008) wie folgend erläutert wird als eine „emotionale Reaktion auf ein Ereignis oder eine Situation, die subjektiv als unzuträglich oder hinderlich betrachtet wird. Ärger äußert sich auf unterschiedliche Weise wie durch einen grimassierenden Gesichtsausdruck und angespannte Körperhaltung. Nicht kontrollierter Ärger kann sich zur Wut steigern und in Gewalttätigkeit niederschlagen. Der Ärger kann beendet werden, indem sein Anlass beseitigt wird, häufig ,verraucht‘ er aber auch von selbst“ (53f.).

Wie zuvor bereits erwähnt, lassen sich einige Emotionen gruppieren, wie auch Bergerova (2012: 19) wird in dieser Arbeit bei den Bezeichnungen Wut, Zorn bzw. Unmut etc. von „lexikalisch unterscheidbare Ärger-Varianten, die alle dasselbe/dieselben konstitu- tive(n) Merkmal(e) besitzen, ,sich lediglich hinsichtlich der mit ihnen ausgedrückten Intensität des fraglichen Emotionstyps [unterscheiden]4 oder ,auf verschiedene Bedeutungsfacetten fokussieren‘ (Mees 1992: 31)“

ausgegangen. Physiologisch typisch für Ärgerempfinden ist die ansteigende Herzfrequenz und Blutdruck, den Eindruck zu haben, dass etwas persönlich Bedeutsames, Negatives eingetreten ist (affektive Komponente), das vermeidbar gewesen wäre oder gar durch Fremdeinwirkung verursacht wurde, ist die kognitive Komponente dieser Emotion. Motivational ausgehend bewirkt Ärger eine verbale Auseinandersetzung wie Schimpfen oder Drohen, kann aber auch mit aktiv physiologischen Handlungsimpulsen wie Kämpfen einhergehen. Typische Mimik für diese Emotion ist das Zusammenziehen der Stirnmuskeln, ein starrer Blick oder zusammengekniffene Augen, die expressive Komponente kann sich aber auch auf paraverbale Manifestationen, wie ein beschleunigtes Sprechtempo oder die Veränderung zu einem scharfen Sprechton umfassen (vgl. Jin 2019: 48). Auf konkrete verbale Realisierungsformen von Ärger wird in den folgenden Kapiteln eingegangen.

[...]

1 Nach Schwarz-Friesel (2007: 114) sind Konzeptualisierungsprozesse, welche auf Konzepten basieren, die „Bildung von geistigen, intern gespeicherten Repräsentationen (eines Referenten oder Referenzbereichs)“ mit dem Resultat einer „geistige Vorstellung, die wir von etwas haben“.

2 Sie grinste vom einen bis zum anderen Ohr.

3 Beispiele von Schwarz-Friesel (2007: 142) entnommen.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Metaphern als sprachlicher Ausdruck von Emotionen am Beispiel "Ärger"
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
Sprache und Emotionen
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
22
Katalognummer
V1030805
ISBN (eBook)
9783346432704
ISBN (Buch)
9783346432711
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Emotion, Ärger, metaphern, Gefühle, Metaphorik, Kognition, Sprache, Lingustik, Sprachwissenschaft, Realisierungsformen, Psycholinguistik
Arbeit zitieren
Julia Schnäbeli (Autor:in), 2020, Metaphern als sprachlicher Ausdruck von Emotionen am Beispiel "Ärger", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030805

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Metaphern als sprachlicher Ausdruck von Emotionen am Beispiel "Ärger"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden