Religiöse Momente der sakralen Kunst


Hausarbeit, 2001

18 Seiten


Leseprobe


RELIGIÖSE MOMENTE DER SAKRALEN KUNST

1 Blütezeit der Kirchenbaukunst: Das Mittelalter

1.1 Allgemeine Gestaltungsmerkmale mittelalterlicher Kirchen

1.1.1 Licht- und Raumsymbolik

Die Orientierung nach Osten

Auch in früheren Christengemeinschaften war es üblich, beim Gebet den Blick nach Osten zur aufgehenden Sonne zu richten. Von dort erwarteten die Christen die Wiederkunft Christi als „Sonne des Heils“. Durch diese Gebetsrichtung wurden christliche Gottesdiensträume schon seit dem 3.Jhdt. geostet, dh. Zur aufgehenden Sonne im Osten hin orientiert. In frühromanischen Gotteshäusern lag der Eingang im Osten, der Altar in Westen. So sah der Priester nach Osten, die Gemeinde musst sich aber beim Gebet umdrehen und sich vom Altar abwenden.

Im 4.Jhdt. wurde der Altar immer mehr als Symbol Christi gesehen. Daher stand dann der Altar im Osten- dort, wo das Licht herkam.

Der Weg zum Licht

Licht bedeutet Helligkeit, Verdrängung der Finsternis, Wärme und Lebenskraft. Licht und Wärme sind zwei Grundbedürfnisse des Menschen. In Schöpfungsbericht des AT steht geschrieben, dass Gott zuerst das Licht schuf. Im frühchristlichen Glauben steht das Licht für ein Leben nach dem Tod, für das ewige Leben der Erlösten. Die Gläubigen durchschreiten diesen Weg beim Gang durch die Kirche. Vom dunklen Westportal gehen sie entlang der hohen Fenster und des mäßig beleuchteten Mittelganges auf den Altar im lichtdurchfluteten Chor zu. Sie nähern sich so nicht nur symbolisch, sondern auch wirklich dem „ewigen Licht“. Durch den hohen Symbolgehalt haben die Christen von jeher dem Licht eine große Bedeutung zugemessen. Dies zeigt sich auch in der Verwendung glänzender oder durchscheinender Materialien, beispielsweise Gold oder auch Glasfenster, die ihre farbigen Bilder leuchten lassen.

Vom himmlischen Eigenlicht mittelalterlicher Glasmalereien

Fenster aus farbigen Glasstücken zusammengefügt, leuchten wie Edelsteine. Faszinierend ist, dass die scheinbar selbst leuchtenden Lichtquellen das DargestellteSzenen aus dem AT und dem NT oder Heiligenfiguren- aus der Realität in himmlische Bereiche entrücken. Gotische eindrucksvolle Glasfenster kommen der Beschreibung des himmlischen Jerusalems ganz nahe. Kein Material als gefärbtes und lichtdurchlässiges Glas konnte die Wirkung erlesener Edelsteine besser simulieren.

1.1.2 Farbensymbolik

Farben spielten in alten Kirchen auf Altarbildern, auf Decken- und Wandbildern, auf Glasflächen und auf anderen Stellen des Gebäudes eine wichtige Rolle. Bestimmte Farben hatten schon in der vorchristlichen Zeit eine tiefe Symbolbedeutung. Auch das Christentum hat sie übernommen. So gelten Rot, Grün und Blau als Symbole für das Reich Gottes, seine Liebe, des Himmels und der Hoffnung auf ein ewiges Leben. Gold spielte eine besondere Rolle, indem sie wegen ihrer aus sich selbst heraus- erstrahlenden Leuchtkraft das himmlische Reich verkörperte. Gold lässt sich auf byzantinischen Bildern, auf mittelalterlichen Altartafeln und auf barocken Decken finden. Es signalisiert eine weltentrückte himmlische Welt und ist als Farbe gemalter Heiligenscheine und als Ornamentfarbe auf Heiligengemälden bedeutsam.

1.1.3 Zahlensymbolik und Zahlenästhetik

Ursprung: Verschiedene Zahlen galten im christlichen Weltbild als Daten der Heiligen- geschichte, als symbolische Zahlen. Ihre Bedeutung bezog man unter anderem aus Messzahlen die im AT genannt und in Beziehung zum Wirken Jesu im NT gedeutet wurden.

Bedeutung der Zahlen:

3: Sie steht für die Dreifaltigkeit (Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist = „Trinität“) und für alles Göttliche.

4: Sie deutet auf das Universum, auf den Menschen (vier Himmelsrichtungen, vier Elemente).

5: Eine vollkommene Zahl. Sie steht für den Mikrokosmos Mensch; zu denken ist an die fünf Wundmale Christi (oft dargestellt durch fünf Rosen), aber auch an den fünf- zackigen Stern (als Pentagramm: Abwehrwirkung).

6: Nach der alttestamentlichen Schöpfungsgeschichte schuf Gott Himmel und Erde in sechs Tagen: Die Sechs, bestehend aus der Summe von 1+2+3, durch die sie auch geteilt werden kann, galt als vollkommene Zahl.

7: Eine heilige Zahl. Sie setzt sich aus drei und vier zusammen, die das Göttliche und das Menschliche umfassen. Sie spielt vor allem in der Offenbarung des Johannes eine Rolle.

8: Sie steht für Auferstehung und Vollendung. In vielen frühchristlichen Taufkirchen ist die Acht im achteckigen Grundriss („Oktogon“) zugrunde gelegt, sie symbolisiert die geistige Wiederkehr nach der Taufe und den Neuen Bund.

9: Dreimal hie heilig Zahl Drei. Im himmlischen Herrschaftssystem gibt es drei Cherubim, drei Seraphim, drei Throne; drei Gewalten, drei Nächte; drei Fürsten, drei Erzengel usw.

12: Heilige Zahl, zusammengesetzt aus drei mal vier. Zwölf Apostel, zwölf Stämme Israels. Gleiches gilt für alles Vielfachen von zwölf.

1.2 Gestaltungselemente des Innenraumes

1.2.1 Das allgegenwärtig Symbol des Kreuzes

Betrachtet man den Grundriss vieler mittelalterlicher Kirchen, erinnert das an eine menschliche Figur oder an ein Kreuz. Der Chor ist der Kopf, das Querschiff die ausgebreiteten Arme und das Langschiff ist der übrige Körper. Lange Zeit galt das Kreuz und die Darstellung des Gekreuzigten in der christlichen Kunst als nicht bildwürdig. Vor allem wollte die Kirche wohl lange Zeit Christus nicht als den schwächlich Hingerichteten vor Augen führen. Erst im Spätmittelalter steht das Kreuz für das Leiden und Sterben Jesu.

1.2.2 Gegenpole: Westwerk und Chor

Der Westen ist die Gegend des Bösen, der Sitz dämonischer Kräfte. Das mit wehrhaften Türmen ausgestattete Westwerk großer romanischer Dome ist diesen Mächten entgegengestellt und symbolisiert Kampf und Abwehr gegen diese Kräfte. Diesen Mächten tritt nach mittelalterlicher Vorstellung der Erzengel Michael (oft mit Gabriel) entgegen, dem im Westwerk ein Altar oder eine Kapelle gewidmet ist. Das Westwerk ist aber auch Zentrum und Symbolik weltlicher Macht. Dem Kaiser diente es auf Reisen als Aufenthaltsort und Kirche. Der Thron stand 1 bis 2 Stockwerke über dem Volk. Von hier aus demonstrierte der Kaiser unbegrenzte weltliche Macht (auch gegenüber dem Klerus im Hochchor).

In Westwerk fanden oft Stifter und Begründer der Kirche seine Ruhstätte. Im Osten dagegen (Krypta und Chorraum) hatten Heilige ihre Grabstätte. Später diente das

Westwerk auch als Gerichtsplatz und Versammlungsort für Prozessionen und Taufen. Die Herrscherempore wurde zur Nonnenempore umgewidmet. (Abb. S. 30)

1.2.3 Gegenpole: Krypta und Vierungsturm

Auch die Beziehung zwischen Krypta und Vierungsturm in der Senkrechten ist eine Besondere; ebenso wie der Gegensatz von weltlicher und kirchlicher Herrschaft in der Waagrechten.

Die Krypta, mehrere Stockwerke unter dem Altar als Aufbewahrungsort für Reliquien und Heiligengräber, liegt im Vierungsturm, der über der Schnittstelle von Längs- und Querschiff errichtet wurde. Der Turm im Schnittpunkt des Kreuzes weist himmelwärts und verkündet so die Auferstehung und die Hoffnung auf das ewige Leben.

1.2.4 Altar, Taufstein und Kanzel

Diese drei hervorgehobenen Orte im Kircheninneren, sogenannte „Prinzipalstücke“, nehmen wegen ihrer hohen Bedeutung für den Gottesdienst eine wichtige Funktion ein und stehen an exponierter Stellen.

*Altar

Hier wir das Wort Gottes verkündet und Eucharistie gefeiert. Der Hochaltar war im Chorraum, in der Nähe eines Heiligengrabes und dem Raum der Geistlichkeit (Presbyterium). War der Chorraum vom Volk abgeschirmt, wurde an seiner Front ein Volksaltar aufgestellt.

*Taufstein

Früher wurden in großen Becken die Täuflinge ganz untergetaucht.

Das Taufbecken war beim Eingang aufgestellt um die Eintretenden an die errettende und sündenvergebende Kraft der Taufe zu erinnern. Da man seit der Reformation die Taufe als Aufnahme in die Christliche Gemeinde verstand, wurde sie nun in Altarnähe vollzogen.

*Kanzel

Für kurze Lesungen gab es eine „Ambo“, ein Lesepult. Die Kanzel wurde am Triumphbogen oder an der Südseite des Kirchenschiffes aufgestellt, da nun der Predigt mehr Bedeutung zugemessen wurde und die Gemeinde den Prediger besser sehen und verstehen konnte.

1.3 Bildprogramme

1.3.1 Das Bildprogramm als Spiegel des mittelalterlichen Welt- und Glaubens- verständisses

#Der Bedeutungsmaßstab: Wichtiges wird groß, Unwichtiges wird klein

Der Standort und der Bedeutungsmaßstab sind Möglichkeiten um eine Person hervorzuheben. Figuren wurden symbolisch wiedergegeben. Nach ihrer geistigen Bedeutung sind sie entweder klein oder groß

#Die überlieferte Rangfolge

Bildwerke werden stufenweise von oben nach unten aufgebaut und gelesen:

Gott Vater („Allherrscher“), Heiliger Geist, Lamm Gottes, Maria Engel - Evangelisten - Kirchenväter

Märtyrer - Propheten - Patriarchen Heilige

Fromme Beter und Stifter

#Raumsymbolik: Rechte und Linke Seite

Die Seitenverteilungen werden im Kircheninneren von der Apsis aus gesehen. So bedeutet die rechte Seite mehr als die linke. Darum werden rechts (vom Eintretenden links gesehen!) die Evangelien verlesen, links die Episteln:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

#Ordnung nach Beleuchtungsgrad: vom Licht zum Dunkeln

Ebenso gibt es eine Rangordnung, die vom Licht zum Dunkeln führt. In den unteren Regionen der Kirche, im dunkleren Bereich, findet man in Bezug auf das Heilsgeschehen die weniger wichtigen Darstellungen. So lässt sich eine Hierarchie auf Grund der Raumhöhe, des Standortes, der Bildgröße und des Helligkeitsgrades feststellen.

1.3.2 Die wichtigsten Standorte von Bildprogrammen

*Vom Portal zum Altar: Eine Predigt in Bildern

Kirchen waren damals belebte Orte. Und da viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten, boten die Bilder den einzigen Weg die Heils- und Kirchengeschichte ständig vor Augen zu führen.

Die Darstellungen waren einer theologischen Ordnung unterstellt, die den drei heilgeschichtlichen Zeiträumen und bestimmten Bereichen der Kirche zugewiesen waren.

-) Die Zeit der Schöpfung (ante legem)

Hier lenkte Gott die Welt noch selbst. Sie werden meist im Westen, im EingangsBereich und der Nordseite dargestellt. Auch die Urväter, Propheten und Könige des AT und der Stammbaum Jesu finden sich hier.

-) Die Zeit des Gesetztes (sub legem)

Das ist die Zeit, nachdem Moses die Gesetzestafeln erhielt. Die Darstellungen sind Meist im Norden, an den Langhauswänden und auf Glasfenstern abgebildet. An den südlichen Langhauswänden findet man Figuren aus dem NT, Apostel und Märtyrer

-) Die Zeit des Heils (sub gratia)

Die Bildinhalte des NT waren hier folgende: ~ Szenen von der Geburt und Passion Christi

~ Szenen aus seinem Leben und Wirken, Wundergeschichten, Gleichnisse ~ Heiligen- und Legendendarstellungen

~ Szenen aus dem Marienleben

*Bilderprogramme auf Prinzipalstücken (seit der Gotik)

-) Der oft mehrteilige Flügelaltar zeigt Darstellungen aus dem Leben und Passion Jesu, und das Leben der Maria. Oft findet man auch Bilder der Kirchenväter oder Heiligen, denen die Kirche oder der Altar geweiht ist.

-) Das Taufbecken zeigt Darstellungen zur Bedeutung der Taufe (zB: der Lebensbaum) und passenden Szenen aus dem NT wie die Taufe Jesu am Jordan, und Szenen aus dem AT wie der Durchzug durch das Rote Meer.

Der oft 8-eckige Grundriss erinnert an die Zahl8 und an das neugeschenkte Leben nach der Taufe. Am Fuß des Beckens befinden sich Drachen und Schlangen, Symbole der überwundenen dämonischen Mächte, denen durch die Taufe abge- schworen wurden.

-) Manche gotische Kanzeln tragen neben dem verzierten Maßwerkschmuck Abbildungen der vier Evangelisten, Abbildungen vom Christus oder auch Darstellungen der Kirchenlehrer Hieronymus, Papst Gregor, Augustinus und Ambrosius mit den typischen Kopfbedeckungen Tiara, Kardinalshut und Mitra.

*Bilderprogramme auf Glasfenstern

In der Gotik übernehmen Glasfenster die Aufgaben der romanischen Wandmalereien. Die Themenkreise unterliegen wieder einer geistigen Rangordnung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

*Das Eingangsportal: Pforte zur „Himmelsstadt“

Dem Kircheneingang kommt eine besondere symbolische Bedeutung zu, da hier der Weg des Gläubigen durch das Tor des Himmels (porta coeli) zum Paradies beginnt. Im Bogenfeld über dem Eingang, dem sogenannten Tympanon, werden die Gläubigen an das jüngste Gericht erinnert. Christus wirkt dort umgeben von Jüngern, Aposteln und Engeln als Mittler zwischen Gott und den Menschen. Die Engel begleiten die Erwählten ins Paradies, die Verdammten in das Fegefeuer. Auch Maria und Johannes treten als Fürbittende auf. Auf vielen Gerichtsportalen waren auch die Leidenswerkzeuge der Passion dargestellt.

*Im Scheitelpunkt des Gewölbes: Der Schluss - Stein

Die aufwendige Gestaltung der Schluss - Steine im Gewölbe zeigt, dass dem Stein offenbar eine besondere Bedeutung zugemessen wurde. Motive sind unter anderem Christus mit dem Lamm, die Madonna, die Verkündungsszene, ... Allerdings sind diese Steine nicht wirklich die zuletzt ins Gewölbe Eingefügten. Vielleicht sahen die Bauleute Christus als den Schlussstein, der zwei Seiten vereine, so wie Abt Surger.

*Das Himmelsloch

Das Himmelsloch oder Heiliggeistloch war ein mit einer Öffnung versehener Schluss - Stein, auch Ringstein genannt. Zu besonderen Anlässen wurde eine Figur an einem Seil herabgelassen (zB: bei Pfingsten eine Taube).

1.3.3 Die häufigsten Themen der Bilderprogramme

*Typologische Bilderkreise

Nach der Lehre der Zusammengehörigkeit des AT und des NT, der „Typologie“, war es beliebt, den neutestamentlichen Szenen bestimmte Geschichten des AT zur Seite zu stellen. Ein typologischer Bilderkreis könnte so aussehen:

-) 12 Propheten des AT zugeordnet den 12 Jüngern im NT

Die Schlange, die Moses auf Befehl Gottes in der Wüste aufrichtet, zugeordnet der Kreuzigung Christi.

-) Die Ausspeiung Jona aus dem Bauch des Walfisches zugeordnet der Auferstehung Christi aus dem Grab.

*Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist - Zeichen der Dreifaltigkeit „Du sollst dir kein Bildnis machen!“ Dem 1. Gebot folgend findet man Gott thronend, vor sich das Kreuz und Christus, während über ihn die Taube des heiligen Geistes schwebt. Außer diesem Beispiel findet man nur wenige Bilder, die Gott als ganze Person abbilden. Andere Symbole für Gott sind:

-) Die Hand, die sich Jesus bei der Auferstehung entgegenstreckt
-) Ein gütiger Greisenkopf, von oben herabschauend
-) Symbole der Dreifaltigkeit
-) ein Auge in einem goldenen Dreieck eingespannt, vom Kranz göttlicher Strahlen umgeben; dazu die Taube
-) Drei Fische, die ein gleichschenkliges Dreieck bilden

*Symbolische Darstellungen, Personifikationen

In mittelalterlichen Kirchen findet man nicht nur biblische Überlieferungen und Glaubensaussagen, sondern auch das gesamte weltliche Wissen jener Zeit. Weit verbreitet ist die sinnbildliche Darstellung der christlichen Kirche („Ekklesia“) und der jüdischen Religion („Synagoge “).

Ekklesia und Synagoge:

Sie werden als zwei Frauengestalten, meist als Figuren aus Stein, einander gegenüberGestellt. Sie haben ihren Platz oft zu beiden Seiten von Kreuzigungsdarstellungen. Ekklesia, ausgestattet mit Krone, Kelch und Siegesfahne, versinnbildlicht das siegreiche Christentum und steht stets auf der rechten, der hervorgehobenen Seite. Die Synagoge hingegen, mit sinkender Krone, verbundenen Augen und zerbrechender Lanze, symbolisiert das überwundene Judentum und befindet sich auf der linken Seite. Die Figur der Synagoge ist oft vom Kreuz abgewandt dargestellt, während Ekklesia sich Christus zuwendet und sein Blut im Kelch auffängt.

*Tier- und Pflanzendarstellungen

Sie sind Sinnbilder des Glaubens. Im früheren Christentum bezeichnete etwa der Hase meist den Heiden, der zum Glauben kommt, oder einen Christen, der noch schwach ist im Glauben (Hasenfuß). Im Mittelalter wird er auf Dachfirsten angebracht, um Unwetter abzuwehren. Er wird aber auch als Bild der Auferstehung und der Fruchtbarkeit gesehen.

Tiere

Sie weisen auf eine bestimmte Stelle in der Bibel hin (zB: Ochs und Eselà Krippe) Oder versinnbildlichen eine Eigenschaft der dargestellten Person. Dämonisch gestaltete Tiere trifft man im Portalbereich an, an Außenwänden oder als Wasserspeier. Im Kircheninneren sind sie oft als abschreckende Zwitterwesen oder furchterregende Dämonen dargestellt. All diese Fabelwesen versinnbildlichen die Mächte des Bösen, die im Haus Gottes gebannt und an Bestiensäulen in Gottes Dienst gezwungen wurden.

Bäume

Der Baum kann als verderbenbringender Baum der Erkenntnis (Sündenfall) negativ belegt sein oder als Lebensbaum Zeichen der Hoffnung auf Auferstehung und Erlösung symbolisieren. Oft wird er direkt mit dem Holz des Kreuzes oder dem Rosenstrauch (Sinnbild für Maria) in Verbindung gebracht.

Vielleicht sollen auch die in den Säulen eingemeißelten Blatt- und Rankenornamente an diese Symbolik erinnern, da sich die Gläubigen beim Durchschreiten der Säulenreihe an eine Allee erinnert fühlen könnten.

Pflanzen

Blumen waren im Mittelalter in unseren Breiten selten. Daher waren sie auch wertvoll. Die schönsten und seltensten Blumen wurden Maria zu Füßen gelegt und bekamen so symbolische Bedeutung. Sie sind oft Heilpflanzen und bedeuten des ewige Heil.

*Propheten, Evangelisten, Aposteln, Heilige und Märtyrer

Die Bilder, Plastiken und Reliefs haben oft auch einen typologischen und geistlichen Sinn. Zum Beispiel wird Christus als 2. Moses oder Adam interpretiert. Propheten, Evangelisten und Aposteln wurden vor allem in die Heilgeschichte Gottes mit der Kirche und den Menschen eingezeichnet, während die Heiligen, deren Verehrung im 3.Jh. aufkam, eine besonderen Bezug zum Leben der Gläubigen bekamen. Zum Beispiel galt der heilige Christophorus als Schutzheiliger der Reisenden. Viele Kirchen sind nach diesen Personen benannt. Die Heiligen werden oft mit Gegenständen versehen, die etwas Wichtiges aus ihrem Leben und ihrem Sterben wiedergeben.

*Gnaden- und Andachtsbilder

Sie entstehen im späten Mittelalter unter dem Einfluss der Mystik. Es entwickelt sich eine menschennähere Vorstellung und Darstellungsweise von Gott, der himmlischen Heerscharen und der Heiligen. Das Christentum wird nun als Religion göttlicher Liebe und Gnade verstanden und die Mysiker forderten die Loslösung vom Diesseits und die völlige Hingabe an Gott. Die Andachtsbilder spätmittelalterlicher Kirchen weisen auf das starke Gefühl der Jenseitsbezogenheit jener Zeit und ihrer fast inbrünstigen Verehrung heiliger Figuren.

Vor allem sind es Marienfiguren mit dem Kind, sogenannte „Pieta - Darstellungen“, Bilder von Jesus als dem „Schmerzensmann“ und das Motiv der „Schutzmantel- Madonna“. Gegen Ende des Mittelalters wandelt sich das Marienbild. Immer beliebter werden Darstellungen des Marienlebens. Als Symbole für die Jungfräulichkeit Marias gelten unter anderen:

der brennende Dornbusch die verschlossene Quelle

der verschlossene Garten (Paradiesgarten) der blühende Stab Aarons

Maria mit der Lilie

Vor diesen sehr menschlich dargestellten Bildern suchten die Gläubigen Hilfe und Stärkung.

*Das Labyrinth

Im Eingang einiger, vor allem französischer Kathedralen befindet sich ein im MosaikBoden eingelassenen Labyrinth.

Es kann bis zu 10 Meter Durchmesser haben. Ein geometrischer, wie um ein Zentrum gewickelter Weg führt zur Mitte und wieder zum Anfang zurück. Für die Christen war es das Abbild des menschlichen Lebens mit allen Prüfungen, Umwegen und Schwierig- keiten, während in der Mitte das Ziel, das himmlische Jerusalem wartete. Gläubige konnten hier die Pilgerfahrt ins Heilige Land im Geist oder auf Knien rutschend nachvollziehen.

2. Die Romanik (950-1200)

Historiker unterscheiden eine karolingisch, eine otonische und eine salische Epoche. Auch regionale Besonderheiten spielten eine Rolle.

Vorbilder und Einflüsse stammen aus der Tradition des Mittelalters (Ornamentik), aus Nordisch- Germanischer Baukunst und vom Antiken Erbe.

Fast alles großen und steinernen Bauten des Mittelalters waren Sakralbauten. Die Baumeister waren meist anonym und folgten den römischen Vorbildern. Sie übernahmen deren Bautechnik und Bauform und verwendeten das gleiche Material. War ein entsprechendes Material nicht vorhanden, nahmen sie es von den Bauten, die aus der römischen Besatzungszeit übriggeblieben sind.

2.1 Erscheinungsweise und Stilmerkmale

An den bewährten basilikalen Grundriss mit rechteckigem Langhaus mit Vorhalle, Chor und Apsis wurden mit der Zeit weitere Bauteile angefügt, ähnlich einem Baukasten- system. So kann die Anzahl der Bauglieder regional sehr unterschiedlich sein. Eines der wichtigsten Kennzeichen romanischer Kirchen sine ihre massiven, sparsam durch Gesimse, Blendbögen- und Arkaden gegliederte Mauern. Nur die kleinen Rundbogen- fenster lassen ein wenig Licht in das sonst nahezu dunkle Innere. Zusätzlich verwendete man Kerzen (Radleuchter). Ein anderes Kennzeichen ist ihr erdgebundener, schwerer Baukörper. Die viereckigen Türme, die über der Vorhalle errichtet wurden, wirken gedrungen und haben ein stumpfes Satteldach. Nebenbei wurde die Westseite einer Festung gleich ausgebaut und von starken Türmen flankiert. Diese Türme ermöglichen auch den Zugang zu den Räumen des Kaisers.

2.1.1 Das Vierungsquadrat

Wird zwischen Langhaus und Chor ein Querschiff eingeschoben, so bilden sie eine Schnittstelle, die durch einen Turm noch betont wird. Der meist quadratische Grundriss gilt als Maß für die Langhauseinteilungen in gleich große Abschnitte („gebundenes System“). Der Triumphbogen zwischen Chor und Krichenschiff gilt als besonderer Ort für die Darstellung Jesu als Triumphator.

2.1.2 Die Krypta

Unter dem Altar ist oft eine Krypta mit niedriger und gewölbter Decke und kurzen, dicken Säulen, wo Heiligenreliquien aufbewahrt werden. Vom Querhaus aus können Pilger über Treppen hinab. Durch den Bau der Krypta musst der Chor um einige Stufen erhöht werden, was ihn noch erhabener schienen lies. Hier feierten die Geistlichen den Gottesdienst.

2.1.3 Das Dach

Das frühromanische Dach hat einen offenen Dachstuhl oder ist mit einer flachen, oft auch bemalten Holzdecke gedeckt. Erst allmählich entwickeln sich Tonnen- und Kreuzgratgewölbe zunächst über den schmaleren Seitenschiffen. Ihre Breite beträgt jeweils die Hälfte des Vierungsquadrates.

2.1.4 Der Rundbogen

Er ist ein typisches Merkmal des frühen Mittelalters und wird für Fenster, Portale, Gewölbe und als Blendbogen bei Fenstern und Arkadengängen verwendet. Bei einer „übergreifenden Form“ überspannt ein großer Bogen mehrere kleinere und bindet sie so zu einer Einheit, die zugleich die Baumasse gliedern.

2.1.5 Pfeiler und Säulen

Noch ein Charakteristikum ist der „Stützenwechsel“. Hier wechseln Pfeiler und Säulen in den Arkaden ab, die die Hochwand der Basilika tragen.

2.1.6 Die erweiterte Grundform

Im der Rivalität zwischen weltlicher und geistlicher Macht werden die jeweiligen Bereiche der Kirche Zug um Zug erweitert um ihre Macht zu demonstrieren. Das führt zu einer Addition von Baugliedern, zu Doppelchörigkeit und zu Kirchenbauten mit bis zu acht Türmen.

2.1.7 Die Innenraumgestaltung

Die Langhauswände und der Triumphbogen sind mit Freskenmalereinen ausgeschmückt. Portale können mit Halbreliefs vor allem im Tympanon ausgestattet sein. Zur Trennung vom Chorraum und dem Laienraum wird ein „Lettner“ aufgebaut, eine zwei bis drei Meter hohe Chorschranke. Zusätzlich gibt es noch Bronzeportale und Säulenkapitelle.

2.2 Entwicklung der Stilmerkmale von der Vor- bis zur Spätgotik

2.2.1 Vorromanik (10.Jh.)

Eine flachgedeckte basilikal angelegte Kirche, glatte, geschlossene Wände, Rundbogen- portale- und Fenster, Stützenwechsel und Überfangbogen sind die neuen Elemente.

2.2.2 Frühromanik (1000 bis 1100)

Es herrscht eine Differenzierung von Baukörper und Raum durch Stützwechsel, Schwibbogen und Überfangbogen, Dienstgliederung der Hochwände und Bündelpfeiler und mehrstufigen Bogen. Seitenschiffe werden überwölbt, vereinzelt auch schmale Hochschiffe, und die Vierung wird mit einem Turm überbaut.

2.2.3 Hochromanik (1100 bis 1180)

Ganze Bauten werden nur überwölbt statt wie vorher flach gedeckt. Konstruktive Teile werden zu einem erkennbaren System zusammengefasst. Erste Rippengewölbe, Strebepfeiler und Strebebogen entstehen. Es kommt ebenfalls zur Aufschließung der Außen- und Innenwand durch Zwerggalerien, man findet bis zu acht Türme und Fassaden und deren Schmuck kommt immer mehr auf.

2.2.4 Spätromanik (1180 bis 1240)

Nun gibt es ausschließlich nur mehr den Gewölbebau. An die Stelle des romanischen Rundbogens tritt nur der gotisch Spitzbogen. Die Spätromanik wird auch Übergangs- stil genannt.

3. Die Gotik (ca. 1150 bis 1500)

Vorbilder und Einflüsse waren die Nordisch- germanische Ornamentik, die romanische Kirchenbaukunst und die französische Kathedralkunst.

Damals nannte man diese Bauweise das „opus francigenum“, das französische Werk. Erst im 16.Jh. wurde der Begriff Gotik geprägt. Man meinte damit die Zeit, in welcher die Barbaren Italien geherrschten, und darum war gotisch auch gleichbedeutend mit barbarisch und fremdartig. Die gotische Kathedrale bot den Menschen das symbolische Bild einer anderen Welt. Jetzt sollte inmitten dieser sehr alltäglichen Welt ein Bild vom himmlischen Jerusalem verwirklicht werden.

3.1 Der geistige Hintergrund

Durch eine technische Fortentwicklung, eine veränderte geistige Haltung und durch ein neues Verständnis von Glaube und Religion zeigen die gotischen Kirchen ein ganz anderes Erscheinungsbild als die romanischen. Die arabisch-maurische Baukunst, die von den Spaniern und den Kreuzfahrern zu uns gebracht wurde, beeinflusste ebenso die Baukunst wie neue theologische Akzentsetzungen.

Früher verstand man Gott und seine Heerscharen als Bezwinger des Bösen, nun bekommen die Heiligengestalten menschlichere Züge. Das Christentum wird nun mehr als eine Religion der göttlichen Gnade und Liebe verstanden. Mystiker forderten die Loslösung von alle irdischen Werten und die völlige Hingabe an Gott. Dies zeigte sich auch im Höhen- und Auflösungsdrang gotischer Kathedralen.

3.2 Charakteristische Bauglieder und Schmuckformen

3.2.1 Der Grundriss

Er verändert sich kaum. Nur der Chor wird erweitert, da die Zahl der Geistlichen wächst. Um den Pilgern die Verehrung der Reliquien zu erleichtern wird nun auf die Krypta verzichtet und der Chor weiter ausgebaut. Die Gotik ist bemüht, den großen lichtdurchfluteten Kirchenraum als Einheit zu gestalten und lenkt die Zielrichtung in die Vertikale. Dabei behilflich sind die Spitzbogenfenster und dünne Säulchen („Dienste- System“).

3.2.2 Die Wände

Die gotische Kirche strebt mit dünnen Wänden und vielen Glasflächen in die Höhe.

Durch eine skelettartige Bauweise und ein Strebewerksystem wurde das Gebäude nicht auseinandergedrückt. Die Wände innen bestehen aus vier Abschnitten: Säulenarkaden, Empore, Triforium und Lichtgaden. In der Hochgotik fällt dann die Empore weg und gleichzeitig reichen nun die dünnen Säulchen bis in die Höhe.

3.2.3 Rippengewölbe, Strebewerk und Spitzbogen

Diese drei sind die wichtigsten Elemente des Baus. Hohe licht Räume entsprechen dem gotischen Glaubensverständnis. Die Wände wurden immer höher und dünner und mussten von außen abgestützt werden. Das Strebewerk wurde zum charakteristischen Merkmal und es wurde zusätzlich mit Ziertürmchen, Krabben und Statuen besetzt. Durch die Strebebögen und die Spitzbögen konnten nun höhere und größere Fenster eingebracht werden.

3.2.4 Fenster

Durch die riesigen farbigen Fensterflächen scheinen die auf ihnen dargestellten Figuren wie aus einer leuchtenden göttlichen Lichtquelle aufzuleuchten. Die Farben verwandeln den Kirchenraum, als sei er überirdischen Ursprungs. Zu den verschiedenen Tageszeiten lässt ihr Licht die verschiedenen Bauglieder aufleuchten. Da die Räume der meisten Privathäuser sehr dunkel waren, war die Wunderwelt der Glasfenster für die Menschen etwas Unfassbares.

Das Licht galt als die Quelle und das eigentliche Wesen aller sichtbaren Dinge. Würde das Licht verschwinden, würden auch alle Dinge ins Nichts verschwinden. Das Licht ist jene Einheit, die alle Dinge verbindet.

3.2.5 Ornamentale Architektur

Steinstege, auch Maßwerk genannt, stabilisieren die Fenster. Hochragende Säulen mit dünnen vertikalen Rippen führen den Blick vo m Erdboden bis ins Kreuzgewölbe. Steinerne Schmuckfiguren wie Krabben, Fialen und Kreuzblumen überziehen Altar, Chor, Kanzel und das Strebewerk.

3.2.6 Plastiken

Statt den Wandfresken und den reliefartigen Bilderprogrammen in der Romanik entwickelt sich in der Gotik im Portalbereich und vor Säulen hoch entwickelte Plastiken. Ein beliebtes theologisches Programm war das Jüngste Gericht über den Portalen (Tympanon). Die Kircheneingänge waren farbenprächtig, einladend und zugleicht auch beängstigend. Für die Christen des Mittelalters waren die Heiligen nicht nur die Großen der Weltgeschichte, sie waren auch Fürsprecher und Schutzpatrone.

3.2.7 Bildprogramme

Bauplastik an Portalwänden, Bildreliefs an Säulenkapitellen, Wand- und Decken- malerein und Glasbilder ergänzten das Erzählen der Heilsgeschichte. Im Verlauf der Spätgotik (ab ca. 1300) lösten sich die Figuren der Bauplastik aus der Verbindung mit der Architektur. Freie Figurengruppen wurden in Nischen und Kapellen aufgestellt. Vor allem Christus - Johannesgruppen, Schutzmantelmadonnen und der neue Typ der „schönen“ Madonna mit dem lieblichen Gesicht waren beliebt. Der Schöpfer wurde in der Gestalt Christi dargestellt, da der Sohn den Gedanken des Vaters verwirklicht hat. Eine bevorzugte Stellung bekamen die vier Wesen (die vier Tugenden): Mensch (Menschwerdung), Adler (Himmelfahrt), Löwe (Auferstehung) und Stier (Passion und Tod Jesu). Jeder Christ sollte zugleich alle vier sein.

3.2.8 Der Altar

Vielfach war der Baldachin-Altar gebräuchlich gewesen. Jetzt trat der mit einer Rückwand versehene Altaraufbau an dessen Stelle. Der Priester wendet sich nun auch vom Volk weg und zum Altar hin.

Große Bedeutung und Verbreitung kam nun auch dem bemalten oder geschnitzten Flügelaltar zu. Über seiner Mitteltafel lassen sich zwei oder vier Seitenflügel öffnen. Es gab Werktags- und Festtagsseiten. Die Mitteltafel zeigte Kreuzigungs- oder Mariendarstellungen. Rechts und links waren Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt. Reiche Patrizier stifteten Altäre und Seitenkapellen.

Gegen Ende der Gotik bildeten sich Schreinaltäre heraus, dessen Mittelteil mit farbigen Holzskulpturen ausgefüllt war. Über dem Altar erhebt sich ein verzierter und goldgefasster Aufbau, das sogenannte Gesprenge.

4. Das Barock

Vorbilder und Einflüssen waren der 30-jährige Krieg und die (Gegen-) Reformation.

Die Kunst des Barock bewegte denkbar weiteste Kreise emotional. Ursprünglich wurde der Begriff „Barock“ abwertend gebraucht und ist erst im 19.Jh. zu einem Stil- und Epochenbegriff geworden. Dieses Wort war ein Ausdruck um bestimmte Tendenzen des 17.Jh. lächerlich zu machen; es bedeutete etwas Bizarres oder Groteskes. In barocken Kirchen fand die katholische Kirche eine Sprache, welche den christlichen Glauben mit Lebensfreude verband.

4.1 Der geistige Hintergrund

Das Konzil von Trient (1545 bis 1563) leitete die Gegenreformation ein. Die reformierte Kirche lehnte jede Kirchenkunst ab uns so konnte die katholische Kirche mit prunkvoller Prachtentfaltung und kostbarsten Materialien ihren Anspruch auf Vormachtstellung von neuem demonstrieren. Der Stil des Barock appellierte an die Schaulust, an das Gefühl und die schöpferische Phantasie. Überschwänglicher Lebens- und Sinnenlust stand in dieser Zeit großer Lebensangst und übersteigerte Todessehn- sucht gegenüber.

4.2 Erscheinungsweise und Stilmerkmale

4.2.1 Der Grundriss barocker Kirchen

Im Barock gliedern nicht mehr das strenge Rechteck den Grundriss, sondern das längsund quergestellte Oval, die Ellipse und die geschwungene Linie. Das basilikale Langhaus wird mit dem Zentralbau verschmolzen. Gereihte Bauelemente treten nun hinter rhythmischen Gliederungen durch Gruppierungen und Staffelungen, durch Überschneidungen und Vertiefungen zurück. Bauglieder wie Chor, Querhaus, Vierung und Langhaus durchdringen und überschneiden sich nun.

4.2.2 Die Fassade

Eine starke Plastizität der Bauform ist das übergeordnete Ziel der Baumeister. Hinzu kommen:

- Überwinden statischer Elemente zugunsten des Bewegten
- Plastische Modellierung statt Flächengestaltung
- Licht- und Schattenkontraste statt gleichmäßiger Ausleuchtung
- Überspielen abgrenzender Linien durch bewegte Dekorationselemente
- Der Versuch, Realräume in irreale Scheinwelten zu öffnen

Die rhythmische Gliederung zeigt sich, wenn Dreiecksgiebel, Doppelsäulen und

Gesimse, die die Fassade optisch in zwei Geschosse teilen, die eigentliche Wand dahinter vergessen lassen. Vorspringende und zurückweichende Baugliederungen erwecken den Eindruck wellenartig geschwungener Fassaden. Außerdem gibt es noch reich gestaltete Portale, großzügige Treppen und über mehrere Geschosse reichende Säulen. Kräftige, vorspringende Gesimse gliedern die Fassade in der Horizontalen. Krasse Licht- und Schattengegensätze verstärken die angestrebte Plastizität.

4.2.2 Der barocke Innenraum

- Allgemeine Gestaltungselemente

Der prunkvolle barocke Kirchenraum soll den Betrachtenden überwältigen. Das Ziel ist es ein möglichst ambivalentes Raumgefühl hervorzurufen. Die theatralisch Innenraum- gestaltung wird durch Gegensätze von Licht und Schatten, einem gezielten Lichteinfall von mehreren Lichtquellen und Spiegelungen gesteigert. Das Licht wird schwach gefiltert und in vielfältiger Weise moduliert. Die allseitige Helligkeit verstärkt die schwerelos wirkende Architektur, deren Leichtigkeit bereits durch die filigrane Ausbildung konstruktiver Bauglieder deutlich wird. Zum Licht kommt die Farbe. Alle Gemälde sind stark farbig, auch die Altäre und Kanzel. Die Altarfiguren und Kirchenväter bleiben allerdings weiß. Die manchmal blauen Säulen an den Seitenwänden unterstreichen den Eindruck der Schwerelosigkeit. Auch Hochaltäre werden zu einem mehrstufigen Architekturgebilde umgestaltet. Sie sind marmorierte Holzaufbauten mit vergoldeten Ornamenten und weißgefassten Figuren. Sie sind nur scheinbar räumig. An die Stelle der Lettner treten vor allem in Klosterkirchen zierliche, golden gefasst schmiedeeiserne Gitter. Gewölbe und Kuppeln öffnen sich durch eine helle, illusionistische Bemalung scheinbar in unendliche Höhen. Die Anwesenheit vieler ve rgoldeter Engel will den Eindruck des Himmels auf Erden vermitteln. So fühlen sich viele Menschen schon zur Erdenzeit in eine prachtvolle, irreal- unirdische, in eine himmlische Welt entrückt. Während frühbarocke Kirchen düster und monumental wirken, sind die des Spätbarocks hell, verspielt und vergoldeten Engeln überladen.

- Die Decke

Die Maler erzeugen mit raffiniert eingesetzter Perspektive illusionistische Welten, die direkt in den Himmel zu führen scheinen. Flache Decken werden durch die barocke Malerei zu unendlichen Höhen geöffnet.

Die gemalten und reich mit Stuck verzierten Wände verstärken diesen Eindruck. Die Personendarstellungen zeichnen sich durch eine starke, oft übertriebene Gestik und Mimik aus. Ihr Blick ist verklärt und zum Himmel gerichtet. Verdeckte Lichtquellen beleuchten Wichtiges, sodass die Figuren vollplastisch erscheinen. Auch an kostbaren Materialien wie Marmor- Imitate, Vergoldungen und Verspiegelungen wird nicht gespart. Das Fresko in der Chorwölbung zeigt oft eine Himmelslandschaft mit Gottvater, Engeln und der Geisttaube. Die „Arma (Leidenswerkzeuge) Christi“ werden zu Siegeszeichen.

- Der Altar

Altäre werden nun zu mehrstöckigen Architekturbauten mit Säulen, die über die gesamte Höhe reichen. In den verschiedenen Ebenen scheinen lebensgroße Heiligen-, Märtyrer- und Engelfiguren wie in einem heiligen Schauspiel zu agieren. Beliebt sind wieder die Mariendarstellungen, vor allem der Tod Marias und die Himmelfahrt. Der Blick der Gläubigen wird Richtung Himmel gezogen.

Heute fast vergessen sind die Mysterienbühnen. Vor einem beweglichen Altarbild wurde in der Passionszeit die kulissenartige Bühne für drei Szenen geöffnet: Christus am Ölberg, Kreuzigung und Auferstehung. Mechanische Vorrichtungen ermöglichten es, die Figuren zu bewegen.

- Bildprogramme

Sie verfolgen einen Hauptgedanken über die ganze Bilderwelt hin: die Darstellung des Erlösungswerkes Christi. Sie zielen nicht darauf ab, mit Gerichtsszenen und Verdammungsdrohung „heilsamen“ Schrecken zu verbreiten, sondern die göttliche Gnade und liebe vorzuführen.

5. Überblick über die noch nicht erwähnte Entwicklung des Kirchenbaus

5.1 Frühchristliche Kirchenbaukunst im römischen Reich

Erst 300 Jahre nach der Kreuzigung Jesu konnten die Christen erste Versammlungen öffentlich abhalten und nun konnte auch der Kirchenbau beginnen. Vor allem Basilika entsprachen den Anforderungen christlicher Gemeinden in idealer Weise.

5.1.1 Grundriss und äußere Form

Das Mittelschiff mündete im Osten in eine halbrunde Ausbuchtung, die Apsis, die den Geistlichen vorbehalten war. Die Erhöhung um einige Stufen unterstrich wieder die erhabene Bedeutung des Ortes. Zwischen dem Mittelschiff und das Apsis befand sich der reich geschmückte Triumphbogen. Die Wände waren von Rundbogenfenstern, den Lichtgaden, unterbrochen. Das Mittelschiff war flach mit Holz gedeckt oder öffnete sich direkt im Dachstuhl während die Seitenschiffe Pultdächer trugen. Der frühere Kirchenbau war früher außen schlicht, aber innen mit kostbaren Fußbodenmosaiken, Wandmalerein und Säulen aus Marmor ausgestattet, eben ganz bewusst zum Gegensatz der heidnischen Tempel. Neben der Basilika stand ein hoher Glockenturm, der auch als Wachturm oder Orientierungspunkt diente.

Das Grundschema konnte je nach Bedarf erweitert werden:

- im Osten an die Seitenschiffe anschließende zusätzliche Apsiden, die als Sakristei und zur Unterbringung der liturgischen Geräte benutzt wurde
- eine Säulenvorhalle im Westen, in der auch sündige Gemeindemitglieder, denen sonst der Zugang verweht war, der Messe folgen konnten
- eine n Vorhof (Atrium), oft mit einem Brunnen, an dem sich die Gläubigen reinigen konnten
- ein zwischen Apsis und Mittelschiff geschobenes rechteckiges Querschiff.

Dieser Raum wurde in Haupt- und Bischofskirchen für die größere Anzahl der Geistlichen erforderlich.

- Zentralbau

Taufkirchen („Bapiesterien“) greifen die Idee des antiken Zentralbaus mit rundem oder quadratischem Grundriss auf. Im Zentrum war das Taufbecken. Sie konnten alleine stehen oder einer Basilika angegliedert sein.

5.1.2 Die Innenraumgestaltung

Nach antiken Vorbildern entstanden Fresken zu biblischen Themen oder auch Fußbodenmosaike mit kurzen Inschriften. Ende des 4.Jh. entstanden großflächige Mosaikbilder.

- Frühchristliche Bilddarstellungen

Bildzeichen wurden ebenfalls übernommen, aber anders gedeutet:

- Lamm: Das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt
- Hirsch: Symbol für die Seele
- Bock: Symbol für die Sünder
- Fels: Symbol der Standhaftigkeit, für den lebensspendenden Quell
- Drache: Symbol für das Prinzip des Bösen

- Der Weg durch die christliche Basilika

Die Abfolge der Bauglieder versinnbildlichen den Weg, den der Gläubige auf der Suche nach Gott zurückzulegen hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5.2 Christlich - byzantinische Baukunst (4. bis 15. Jh.)

Die Zentral- oder Rundbauten beeinflussen auch heute noch die Kirchenbaukunst Russlands und des Balkans. Die byzantinischen Bauten sind außen ebenfalls schlicht. Grundtypus ist die Kreuzkuppelkirche-ein Zentralbau, der über einem kreuzförmigen Grundriss steht. Diese Kirchen haben viele Räume und die dreiteilige Apsis ist zum Gemeinderaum hin abgetrennt. Die Säulen sind reich verziert und tragen oft das Monogramm des Kaisers oder des Schutzherrn.

Das Innere ist prachtvoll mit goldglänzenden Mosaikbildern und Fresken ausgestattet. Das Gold und die dominierende Farbe Blau symbolisieren überirdische, himmlisch Sphären und damit eine göttliche Welt auf Erden. Die Personen werden nach einer strengen Rangordnung dargestellt:

- In der Hauptkuppel thront über allem Christus als Herrscherfigur, räumlich durch die Höhe der Kuppel und optisch durch den Lichterkranz der Fenster allem Irdischen entrückt
- Über dem Altar in der Apsis die Gottesmutter, aber nicht ganz so groß
- In den untern Zonen folgen das Heilige Land, Feste des Kirchenjahres, die

Schar der Heiligen

Diese Anordnung bewirkt, dass zu bestimmten Tageszeiten allein auf das Mosaik mit Christus das volle Licht fällt.

Mosaike werden aus Halbedelsteinen und aus Glas-, Stein- oder Marmorwürfeln zusammengesetzt. Sei spiegeln das einfallende Licht wieder und tragen zu der typischen Leuchtkraft und Tiefenwirkung bei.

5.3 Die Kirchenbaukunst der Neuzeit (15. bis 17.Jh)

5.3.1 Renaissance (ca. 1420 bis 1600)

Zu Beginn der Renaissance steht die Wiederentdeckung der diesseitigen Welt im Mittelpunkt und die Rückbesinnung auf die Antike. Im Zuge einer fortschreitenden Verweltlichung wurden nun viel mehr weltliche Bauten anstelle von Kirchen errichtet. Zusätzlich litten die alten Kirchen unter den Religionskriegen des 16. Jh. Viele romanische und gotische Kirchen wurden geplündert oder zerstört. · Rund- und Kuppelbauten Statt dem Streben nach Gott trat jetzt ein weltzugewandtes Ruhen in Gott ein. Das spiegelt sich auch in der zentralen Kuppel wieder, die den Blick der Gläubigen zwar nach oben weist, aber dort kreisen lässt. Alles hat eine Klarheit, eine harmonische Ausgewogenheit und eine klassische Ruhe.

Die Kuppel symbolisiert das Himmelsgewölbe. Beim Pantheon in Rom war die Innenschale mit Goldbronzeplatten ausgekleidet und von Sternen überseht. Im Zenit öffnet sich der Tempel und ließ das Sonnenlicht hineinfluten.

- Die Innengestaltung

Die Innenwände werden zweigeschossig mit Doppelsäulen und einer Kassettendecke als Abschluss errichtet. Vernunft und Geometrie bestimmen die neue Architektur. Klare und klassische Formen wie zum Beispiel der Halbkreis für Bogenformen betonen die Innenraumgestaltung.

Die Plastik der Renaissance stellt vollkommene, nackte menschliche Körper dar, die zum Ideal wurden

Auch wurde es üblich sich in monumentalen Grabdenkmälern zu verewigen und sich in kostbaren Kleidern bestatten zu lassen.

Die Maler folgen neuen Gestaltungsprinzipien.

- Biblisches Geschehen wird naturge treu wiedergegeben
- Menschliche Gestalten werden realistisch und dreidimensional angestrebt
- Individuelle Gesichtsausdrücke, Schönheit und Eleganz werden wichtig
- Der Bildaufbau zeigt klare symmetrische Formen
- Die naturgetreue Bildwirkung wird durch Farb- und Luftperspektiven verfeinert

Themen wie Madonnenbilder mit Kind, Heiligendarstellungen sowie Szenen aus dem Leben und biblische Geschichten kehrten immer wieder.

5.4 Der Kirchenbau der Moderne (19. und 20. Jh.)

5.4.1 Der Klassizismus (1770 bis 1830/40)

Als Gegenbewegung zum Barock zeigt der Klassizismus ein Vorliebe für alles Gerade, Schlichte und Geometrische. Vorbilder sind die klar gegliederten Tempel der Römer mit ihren dorischen, ionischen und korinthischen Säulenordnungen. Klassizistische Kirchen zeigen Würde und Ernst. Ihre Grundformen sind schlicht. Bevorzugt findet sich die Saalkirche mit Mittelgang und vor die Apsis geschobenem Altar. Vielfach werden Altar, Taufbecken und Kanzel ins Zentrum gestellt. Der Innenraum ist nahezu quadratisch und mit klassischen Ornamenten geschmückt. Den Abschluss oben bilden Kassettendecken. Nur vereinzelt findet man Marmorstatuen.

5.4.2 Der Historismus (1830 bis ca. 1900)

Der Historismus ist eine Nachbildung überlieferter Formen wie die gotischen oder romanischen. Hier werden viele historische Bauglieder und Ornamente nachgebildet, aber nicht kopiert.

5.5 Der Kirchenbau des 20. Jh.

5.5.1 Der Jugendstil

Vorbilder und Einflüsse des Jugendstils waren der Überdruss an historischen Bauformen, die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges, neue Bautechniken und Materialien wie Stahlbeton, Glas und Aluminium und die internationale Bauentwicklung.

- Otto Bartnigs Sternkirche

Otto Bartnig griff mit dem Modell der Sternkirche den Zentralbau wieder auf. In einem Dreiviertelkreis sollte die Gemeinde die Mitte umgeben, in der die Kanzel und der Altar standen. Im letzten Viertel sollten die Orgel und der Chor stehen und hier sollten auch das Abendmahl und Trauungen stattfinden.

- Theodor Fischers Kirche in Planegg

Ein schmuckloser Tischaltar steht in der Mitte des achteckigen Baus. Die Kirchenbänke umrahmen dieses Zentrum. An der vierten Seite ist die Kanzel und die Orgel. Dahinter liegt der Gemeinderaum. Die Innenausstattung greift aus Stilelemente des Jugendstils auf.

- Gulbranssons Kirchenbauten in den 50er und 60er Jahren

Er legte als Grundriss das gestreckte Sechs- oder Dreieck zugrunde. Seine Kirchen sind exzentrische Zentralräume. Kanzel, Altar und Taufsein stehen in enger Beziehung zueinander. Der Altar ist um eine Stufe erhöht. Das Dach, ähnlich einem Zelt, erreicht ihren höchsten Punkt über dem Altar. Als Sinnbild für die Aufnahme des Täuflings in die Gemeinde steht der Taufstein oft im Schnittpunkt der Gänge inmitten der Gemeinde.

- Zusammenfassung

Durch neue Materialien wurden neue und kühnere Konstruktionen möglich. Gleichzeitig versuchten die Architekten nicht nur traditionelle und ästhetische Ziel zu verfolgen, sondern auch die Formen des Gemeindelebens zu berücksichtigen. Die Vorstellung einer Integration und Stärkung des Gemeindelebens entsprach den Wünschen vieler Gemeinden. Statt Kirchengebäuden entstanden in den 50ern Gemeindezentren, die durch eine variable Raumsituation verschiedene Nutzungsmöglichkeiten zuließ.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Religiöse Momente der sakralen Kunst
Autor
Jahr
2001
Seiten
18
Katalognummer
V103082
ISBN (eBook)
9783640014620
Dateigröße
400 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religiöse, Momente, Kunst
Arbeit zitieren
Anika Handl (Autor:in), 2001, Religiöse Momente der sakralen Kunst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103082

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