Max Beckmann: Die Loge


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

3 Seiten


Leseprobe


Werkbetrachtung

Max Beckmann

„Die Loge“ 1928 121x 85 cm

Öl auf Leinwand

Staatsgalerie Stuttgart

Bildbeschreibung:

Das Bild zeigt eine Frau, die über das Geländer blickt. Sie sitzt frontal zum Betrachter. Der hinter ihr stehende Mann Schaut mit einem sehr großen Fernglas auf die oberen Ränge.

Die Frau trägt ein in schwarzweiß gehaltenes Kleid (oder Oberteil), welches aber nur noch an den Schultern und an der Brust zu erkennen ist. Am linken Träger des tief ausgeschnittenen Kleides ist eine Blume befestigt. Die Frau lehnt ihre Arme hintereinander an das Geländer. In der rechten Hand hält sie einen geöffneten Fächer und um das linke Handgelenk trägt sie eine Kette. Um den Hals trägt sie eine Perlenkette, die auf der rechten Seite von dem Fächer überdeckt wird. Ihr leicht nach links gedrehtes Gesicht wirkt durch das von links einfallende Licht wie eine Maske. Ihre Augen, die sehr träumerisch dargestellt werden, blicken über die Balustrade. Ihr braunes, glattes Haar liegt hinter den Schultern und an dem rechten Ohr erkennt man einen Ohrring. An dem Geländer hängt ein Programmzettel mit der Aufschrift FAMA.

Rechts hinter der Frau steht ein Mann in einem schwarzen Anzug mit einem weißen Hemd darunter. Er hält mit

beiden Händen ein sehr großes Fernglas, welches nach links oben gerichtet ist. Sein nach links gedrehtes Gesicht wird größtenteils von den Händen und dem Fernglas verdeckt. Man erkennt noch seine linke Backe und sein linkes Ohr. Das Licht fällt von links oben auf sein Gesicht und deshalb ist der Hinterkopf ganz in schwarz gemalt. Sein Kopf ist sehr rund gehalten, das zeigt, daß er, wenn überhaupt, nur wenige Haare hat. Der Lichteinfall von links läßt eine hohe Stirn erkennen.

Hinter den beiden Personen sieht man einen „kulissenhaften Logeneingang“. Ein mit Verzierungen geschmückter Bogen, der oben am Bild entlang geht und auf der linken Seite von drei senkrechten, gelben Streifen fortgesetzt wird, bildet ein Tor, welches die Räumlichkeit des Bildes verstärkt. Die diagonal verlaufenden, roten Streifen hinter dem Kopf des Mannes scheinen einen Vorhang darzustellen. Auch hinter dem Torbogen erkennt man diagonale, rote Streifen, die vermutlich von einem anderen Vorhang sind.

Form:

Die Formen der Personen sind in ihrer Form leicht abstrahiert. Sie sind in ihrer Form nicht verzerrt oder aufgelöst, aber es wurden viele Details weggelassen. Wie zum Beispiel die Wimpern der Frau und die Fingernägel des Mannes.

Durch die Trennung von Licht- und Schattenakzenten kommt eine gewisse Plastizität zustande, wie beispielsweise bei der Armen der Frau. Doch die Jacke des Mannes wirkt durch den Auftrag von nur reinem Schwarz oder Weiß sehr flächig. Dieser Farbauftrag, ohne jede räumliche Wirkung kommt sehr oft vor. Das Programmheft und auch der Logenbogen ist sehr flächig dargestellt. Die Kette der Frau soweit reduziert, daß nur noch weiße Tupfen drauf schließen lassen.

Die Personen heben sich oft nicht so klar von Hintergrund ab und die Konturen verschwimmen teilweise ineinander. So zum Beispiel die Haare der Frau mit der Jacke des Mannes, wie auch der Anzug des Mannes mit dem Hintergrund. Die Frau hebt sich links sehr deutlich vom Hintergrund ab, da der linke Rand des Bildes ganz in Schwarz gehalten wird. Dagegen kann man nicht sagen, ob das Schwarz über ihrem linken Unterarm das Kleid oder die Kleidung des Mannes ist.

Die rechte Gesichtshälfte des Mannes setzt sich aus hellen und dunklen Partien zusammen, die jede für sich flächig wirken. Das Gesicht wird durch die Licht- und Schattenakzente in einzelne Formen präzisiert.

Es werden sehr viele ovale Bögen dargestellt. In dem Torbogen ebenso wie die Flächenform von dem einen Ellbogen der Frau über die Schultern zum anderen Ellbogen. Der Bogen der über die Schulter der Frau verläuft, bildet ein Spannungsverhältnis zu den Ellbogen der Frau, die eher kantig wirken.

Farbe:

In dem Bild überwiegen die Farben Schwarz und Weiß und verschiedene Grauabstufungen sowie die Pastelltöne Gelb, Rose und Blaugrau. Das Weiß ist oft mit anderen Farben abgetönt, wie an der Schulter der Frau und in ihrem Gesicht. Einen ähnlichen Farbton findet man auch an dem Bogen des Geländers, an der Hand der Frau und an der Wange des Mannes.

Der Mann wurde im Gegensatz zu der Frau sehr dunkel gehalten. Er wurde nur mit schwarzer und weißer Farbe gemalt, außer die Wange wurde mit einem zarten Rot abgetönt. Seine Hand und sein Ohr wurden mit Schwarz und Weiß gemalt, der Hinterkopf dagegen nur mit Schwarz.

Der weiße Anzug des Mannes bildet einen sehr starken Schwarzweißkontrast zu dem weißen Hemd. Auch an dem Torbogen bilden die zwei weißen Striche einen Schwarzweißkontrast zu dem Schwarz dahinter. Einen solchen Kontrast bildet das schwarze Programmheft mit der weißen Aufschrift.

Der Helldunkelkontrast ist sehr zentral in diesem Bild. Zum Beispiel auch an den drei gelb-weißen Strichen hinter der Schulter der Frau, die mit dem Schwarz einen sehr starken Kontrast bilden. Auch der rechte Arm der Frau bildet einen Kontrast zu dem schwarzen Hintergrund. Das ganze Bild besteht fast nur aus Helldunkelkontrasten. Allerdings wird das ganze Bild eher dunkel gehalten.Das Verhältnis zwischen warmen und kalten Farben ist nicht ganz ausgewogen, denn das Warme übertrumpft das Kalte. Die vielen roten Streifen im Hintergrund sind der Hauptgrund für die Wärme des Bildes. Von den Personen geht kaum Wärme aus.

Eine Farbe, die sehr sparsam verwendet wurde, ist das auffallende Türkis. Obwohl es nur in sehr kleinen Mengen verwendet wurde, sticht diese Farbe heraus, da sie die einzige intensive Farbe in dem ganzen Bild ist. Das Türkis erscheint dort, wo die Blume mit dem Kleid befestigt ist und an dem Armreif der Frau. Dieses Türkis, und sei es noch so klein, bringt etwas Spannung in das Bild.

Der sehr flächige Farbauftrag zieht sich durch das ganze Bild. Der Pinselstrich ist oft zu erkennen. Er macht zum Beispiel das Gesicht und die Hand der Frau sehr starr. Der Anzug des Mannes der im Kontrast zu dessen Hemd steht, ist sehr flächig und großräumig aufgetragen. Das bringt dem Bild einen Gegensatz zu der Frau, die nicht ganz so flächig und mit mehreren Farbtönen gemalt ist.

Raum:

Das Bild ist in drei Ebenen gegliedert. Den Vordergrund bildet die Frau am Geländer, dahinter steht der Mann, der Torbogen und der Durchgang hinter dem Torbogen bilden den Hintergrund. Durch diese Gliederung bekommt das Bild eine gewisse Tiefe. Der Torbogen bildet einen Grenzbereich zwischen nah und fern. Durch die Überschneidungen von Frau und Mann und von Mann und Torbogen wird diese Wirkung hervorgerufen. Zum Teil sind die Überschneidungen aber auch unklar. So zum Beispiel bei dem Haar der Frau und dem Anzug des Mannes.

Der Bildschwerpunkt liegt mehr im Vordergrund, da hier etwas helleren Farben verwendet wurden. Auch die Räumlichkeit wirkt im Vordergrund viel deutlicher als an dem Torbogen und der Durchgang. Da im Vordergrund deutlicher gezeichnet wurde als in dem sehr flächig gezeichneten Hintergrund. Der Hintergrund besteht vor allem aus Streifen die in verschiedenen Längen und Farben gemalt wurden, und so einen Torbogen mit Durchgang entstehen ließen.

Die Horizontallinie befindet sich etwa in der Mitte des Bildes. Somit ist also eine Frontalperspektive vorhanden.

Komposition:

Max Beckmann hat für sein Bild ein Hochformat gewählt. In dem Bild befinden sich sehr viele Schrägen, die hauptsächlich von links oben nach rechts unten ziehen. Doch durch die Linie die sich von rechts oben nach links unten bildet, indem sie die Köpfe der Personen schneidet und an der Schulter der Frau vorbeizieht, werden die anderen Schrägen wieder etwas ausgeglichen. Auch das zentrale Lagernde der Frau in der Mitte schafft einen gewissen Ausgleich. Trotzdem kippt das Bild leicht nach rechts unten. Das wird durch die schwarze Fläche auf der linken Seite noch verstärkt.

Waagrechten und Senkrechten findet man kaum in dem Bild. Eine Senkrechte ist zum Beispiel an des Mannes linkem Unterarm, der sich von dem weißen Hemd abhebt. Eine Waagrechte bildet das Geländer mit dem Arm der Frau. Die wenigen vorhandenen Horizontalen und Vertikalen gleichen sich aber gegenseitig wieder aus.

Der Verlauf von den Armen der Frau über die Ellbogen bildet eine ovale Form. Auch der Torbogen bildet eine solche Form, da er von dem Rücken des Mannes fortgesetzt wird. Diesen ovalen Formen stehen die dreieckigen Formen entgegen, die von den Ellenbogen der Frau, sowie von dem sichtbaren Ellenbogen des Mannes gebildet werden.

Der Kopf de Frau bildet das Zentrum des Bildes. Der Kopf ist zwar nicht ganz in der Mitte dargestellt sondern etwas nach oben verschoben, aber er bildet trotzdem den Mittelpunkt.

Werkimanente Interpretation:

Das Gemälde >Die Loge< von 1928 beruht auf der malerischen Raffinesse seiner Farbgebung. Es bezieht eine starke Wirkung aus dem Schwarz- und Weißkontrast. Diesen Kontrast wandte Beckmann geschickt an, indem er aus dem tiefen Schwarz durch Beleuchtungen die Pastelltöne Weiß, Gelb, Rose und Blaugrau aufscheinen ließ. Max Beckmann bezieht sich in dem Gemälde hauptsächlich auf den Schwarz- und Weißkontrast. Die Farbe bleibt im Hintergrund.

Nicht nur >Die Loge< sondern auch das >Selbstbildnis im Smoking<, die >Winterlandschaft< und auch >Tiergarten im Winter< beziehen ihre Wirkung aus dem Schwarzweißkontrast. Max Beckmanns Erklärung zu der Farbsymbolik seiner Malerei war( Max Beckmann Meisterwerke S.26): „Ja, schwarz und weiß, das sind die beiden Elemente, mit denen ich zu tun habe. Das Glück und Unglück will es, daß ich mich nur schwarz sehen kann. Eines allein wäre viel einfacher und eindeutiger... Ich kann nicht anders als mich in Beiden zu realisieren. Nur in Beiden, Schwarz und Weiß,- sehe ich wirklich Gott als eine Einheit, wie er es sich als großes ewig wechselndes Welttheater immer neu gestaltet.“

Max Beckmann betont eine Tendenz zur Raumöffnung, die er durch Verkürzung mit der Fläche verspannt.

Dadurch entsteht eine kontrastreiche Überschneidung von der Farbe und der Form, von der Fläche und dem Raum. Das Bild zeigt eine gewisse Gegensätzlichkeit von Mann und Frau. Sie blicken in verschiedene Richtungen und scheinen sich für verschiedene Dinge zu interessieren.

Die schwarzen Flächen sind quantitativ mehr als die weißen Flächen, dadurch wirkt das Bild sehr düster. Aber auch der Einfall des Lichtes spielt dabei eine Rolle. Das Gesicht der Frau wirkt kalt. Das von links einfallende Licht verleiht dem Gesicht eine gewisse Starre. Ihr steifer Blick und ihre ernsten Gesichtszüge geben dem Gesicht etwas versteinertes. Doch die vielen Rundungen in dem Bild geben der Situation wieder etwas fließendes. Dadurch wirkt es wieder etwas wärmer und weicher.

Kunsthistorischer Kontext:

Max Beckmann orientierte sich schon immer an anderen großen Künstlern. Auch >Die Loge < von August Renoir, 1874 diente Beckmann 1928 als Anregung. >Die Loge < von 1874 diente ihm nicht zur Nachahmung sondern als Herausforderung zur Entfaltung seiner eigenen Kräfte. 1918 behandelte Beckmann das selbe Thema. Es entstand die Radierung >Theaterloge< mit seiner Frau Minna Tube im Zentrum.

Das am 15. Mai 1928 beendete Gemälde gehört zu den Hauptwerken der 20er Jahren. Es wurde gleich als es fertig war von dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe erworben und in der Berliner Nationalgalerie als Leihgabe ausgestellt.

Mit dem von Renoir inspirierten Gemälde >Die Loge< gelang Beckmann bei der Carengie-Ausstellung in Pittsburgh der internationale Durchbruch. Sein Bild erhielt eine Auszeichnung und wurde auch in der Presse gelobt. Um1930 hatte Beckmann den Höhepunkt seiner Karriere und war an vielen Ausstellungen beteiligt.

Im Exil in Amsterdam entstand 1944 >Die Loge 2< das sehr stark im Vergleich zu dem Gemälde von 1928 stand. >Die Loge2< zeigt Beckmanns zweite Frau Mathilde Q. Beckmann. Alle diese drei Bilder haben vieles gemeinsam, aber ganz besonders auffallend ist die Beziehung zwischen Mann und Frau. In allen Bildern blicken sie in unterschiedliche Richtungen und sie scheinen sich für verschiedene Dinge zu interessieren.

Viele Künstler begeisterten sich für Beckmanns Malerei. So zum Beispiel Henry Mc Bride: „a dynamic impact from his brushes that even Picasso might envy“ und Curt Glaser, der in dem Schwarz „die Entdeckung der neuen Bilder Beckmanns“ sah. „Sein Schwarz ist Ausgangspunkt malerischer Gestaltung, Grundton eines Akkordes, der mit wenigen Griffen von Rot oder Gelb oder Grün in das reine Weiß hineinwächst.“

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Max Beckmann: Die Loge
Autor
Jahr
2000
Seiten
3
Katalognummer
V103144
ISBN (eBook)
9783640015238
Dateigröße
331 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beckmann, Loge
Arbeit zitieren
Katrin Finkbeiner (Autor:in), 2000, Max Beckmann: Die Loge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103144

Kommentare

  • Gast am 25.4.2002

    Das Bild IST von Max Beckmann.

    Das Gemälde ist ganz sicher von Max Beckmann. Es ist in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt. Habs heut selber gesehen.

  • Gast am 4.3.2002

    Wo finde ich das Bild???.

    Jaja,nun habe ich eine supertolle Bildbeschreibung, kann aber das dazugehörige Bild nicht finden!!! Macht sich dann natürlich schlecht ne! Naja, und falls das hier einer liest und er das Bild hat, oder jemanden kennt dann seid mal bitte so lieb und schickt mir das Bild!! Ich danke schonmal im vorraus. Entgegenkommen meinerseits ist ja selbstverständlich

    Bis denn
    McKim

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Titel: Max Beckmann: Die Loge



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