Gliederung
1. Einleitung – Einige Gedanken zur Schule im Wandel
2. Konstanzer Schuluntersuchung
2.1. Allgemeines
2.2. Zur Unterscheidung von guten und schlechten Items einer Schule
2.3. Ergebnisse der Prozessanalyse
2.3.1. Schulleben
2.3.2. Kollegialität
2.3.3. Problemwahrnehmung
2.3.4. Umgang mit Schülern
2.3.5. Fazit der Prozessanalyse
3. BIJU Studie
3.1. Leistungsverläufe in Englisch, Mathematik und Physik
3.2. Entwicklung von prosozialer Motivation
3.3. Entwicklung des Selbstwertgefühls
4. Weitere mikroanalytische Studien
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung - Einige Gedanken zur Schule im Wandel
War es früher meist nur wenigen möglich eine Schule zu besuchen, oder seit Beginn der Schulpflicht zumindest die Schulart aufgrund finanzieller Probleme frei zu wählen, entstand Mitte der 60er Jahre durch Dahrendorf eine sozialpolitische Diskussion, die bis heute anhält: Er war der erste, der die ,,Perspektive des Bürgerrechts auf Bildung" (Fend 1979, S. 101) aufbrachte. Wesentlicher Inhalt der Diskussion war bzw. ist die Chancengleichheit aller Menschen, im Bezug auf Bildung. Früher war Begabung und Intelligenz für die meisten jungen Menschen nicht umzusetzen, wenn sie nicht das Glück hatten, in der entsprechenden Bildungsklasse zu leben. Umgekehrt konnte natürlich auch jemand in höchster politischer Stellung keine besondere Bildung aufgrund mangelnder Fähigkeiten aufweisen, und diese aber dennoch durch die damals bestehende Gesellschaftsstruktur halten.
So wurde in den 60er Jahren damit begonnen, die Idealvorstellung umzusetzen, jedem Individuum die Möglichkeit zu geben, seinen Bildungsweg nach Wahl einzuschlagen. Bis in die 80er Jahre dauerte es an, bis alle Regionen gleichwertig mit Schulen aller Systeme versorgt waren.
Parallel dazu wurde in einigen Bundesländern eine neue Schulform eingeführt: Die Gesamtschule. 1970 beschloss die Mehrheit der sozial liberalen Mitglieder der Bund-Länder-Kommission die Gesamtschule als Regelschule in das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzuführen (Hitpass 1980, S. 19). Die Debatte über die Zweckmäßigkeit dieser Schulform hält bis heute an; und so verschieden die Meinungen über dieses System sind, so unterschiedlich zeigt sich der Anteil der Gesamtschüler an einem Jahrgang in den Bundesländern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Gesamtschulen in Deutschland (nach Rösner 1999; S. 125 auszugsweise)
Mit Beginn der 90er Jahre traten Qualitätsfragen in den Vordergrund. In Deutschland ist ein neues Bewusstsein entstanden: Nicht nur die Qualität der Schulsysteme Gymnasium, Realschule oder Hauptschule sind von Bedeutung, sondern vor allem auch die einzelne Schule an sich. Diese Gedanken finden ihre Bestätigung in den ‚Konstanzer Schuluntersuchungen’, die unter der Leitung von Helmut Fend durchgeführt wurden und eine makroanalytische Betrachtung der Qualität von Schulen erlauben.
In meiner Arbeit stelle ich zum einen diese Studie vor und führe zum anderen eine Betrachtung der mikroanalytischen BIJU Studie des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung zur Qualität einzelner Schulsysteme durch. Dabei wird die Diskussion um die Gesamtschule unter Bezug auf weiteren Untersuchungen eine besondere Rolle einnehmen.
2. Konstanzer Schuluntersuchung 1977
2.1. Allgemeines
Die Konstanzer Schuluntersuchungen wurden von 1969 bis 1983 durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 183 Schulen verschiedenster Systeme mit dem Erkenntnisinteresse untersucht, die Erscheinungsformen guter und schlechter Schulen zu illustrieren.
Die Studie von 1977 erlaubt die beste Analyse des Lehrerkollegiums und damit eine Charakterisierung der Schulen aus der Sicht des Prozesses, der sogenannten Prozessbetrachtung. Das bedeutet, dass die Lehrer, als die prozessbestimmenden Akteure in der Institution Schule befragt wurden und Bejahungen bzw. Verneinungen zu Items sechs verschiedener Dimensionen (siehe Tabelle 2) abgaben.
In die Prozessbetrachtung wurden 35 untersuchte Schulen aufgenommen, davon 15 Gesamtschulen, 5 Gymnasien, 4 Realschulen, 7 Hauptschulen und 4 additive Schulen.
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Dimension Erläuterung
Arbeitszufriedenheit Indikatoren aus der Industriepsychologie, die Hinweise auf ein funktionierendes Arbeitsklima geben sollen
Schulleben Soll Aufschluss geben über außerplanmäßige Veranstaltungen, Elternmitarbeit, Umgang mit politischen Ereignissen im Unterreicht u.ä.
Kollegialität Höhe des Integrationsgrades innerhalb der Lehrerschaft Konflikte Indikatoren zur Bewältigung von Konflikten und ihren
Problemwahrnehmungen
Schülerzuwendung Bezeichnet den Umgang mit den Schülern, soll das Klima zwischen dem Lehrer und den Schülern widerspiegeln
Gleichgültigkeit Höhe des Verantwortungsbewusstseins der Lehrer gegenüber den Schülern und ihres Lehrauftrages
Tabelle 2: Die sechs Dimensionen der Prozessanalyse der Konstanzer Schuluntersuchungen 1977(nach Fend 1998)
2.2. Zur Unterscheidung von guten und schlechten Items einer Schule
Nach der Erhebungsphase konnte jeder Schule ein Urteil zugeteilt werden mit den drei Ausprägungen + (für überwiegend positiv beantwortete Items in der Dimension), - (für überwiegend negativ beantwortete Items in der Dimension) und x (für Indifferenz in der Dimension). Diese Urteile verstehen sich im Vergleich zu jeweils allen anderen Dimensionen.
Konnte eine Schule mindestens vier + und kein – aufweisen, wurde sie zu den guten Schulen gezählt. Wurde eine Schule mit mindestens vier – und keinem + bewertet, zählte sie zu den schlechten Schulen (Fend 1998, Abb. 2.1.5).
Damit schafft es Fend unabhängig von allgemeinen Vorstellungen, Erscheinungsformen an belasteten und nicht belasteten Schulen darzulegen, unabhängig vom Schulsystem.
2.3. Ergebnisse der Proze ssanalyse
Im folgenden stelle ich vier ausgewählte Dimensionen und ihre Erscheinungsformen an guten und schlechten Schulen vor. Dabei sind in Tabellen auszugsweise die Items gewählt, die zeigen welche Merkmale die Qualität einer Schule entscheidend bestimmen und welche eher indifferent sind. Alle Items sind nach ihrem Differenzierungsgrad von oben nach unten gegliedert. Unten sind damit die größten Unterschiede zwischen den Ausprägungen in guten und schlechten Schulen.
2.3.1. Schulleben
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Tabelle 3: Schulleben in guten und schlechten Schulen (nach: Fend 1987, S. 64; auszugsweise)
Die größten Unterschiede im Bereich Schulleben (Tabelle 3) finden sich bei der Anzahl der Tanzveranstaltungen (Item 5: 30/ 80) und der Menge der außerschulischen Aktivitäten (Item 4: 71/17). Hier kann man von einem klaren Indikator sprechen: Eine gute Schule weist eine höhere Betriebsamkeit an Veranstaltungen auf als eine schlechte Schule. Ähnlich verhält es sich mit der Haltung, die der Lehrer zu dieser Betriebsamkeit einnimmt: Klassenfahrten werden von 44 % der Lehrer an belasteten Schulen als notwendiges Übel angesehen (Item 2: 9 / 44). Wichtig ist also auch die emotionale Beteiligung der Lehrer am Schulleben; an Item 3 lässt sich erkennen, dass auch die Beteiligung der Eltern am Schulleben eine erhebliche Rolle spielt (69/25).
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema des Textes?
Der Text beschäftigt sich mit der Qualität von Schulen im Wandel, insbesondere unter Berücksichtigung der Konstanzer Schuluntersuchung und der BIJU-Studie. Er diskutiert Chancengleichheit im Bildungssystem und die Rolle verschiedener Schulformen, insbesondere der Gesamtschule.
Was ist die Konstanzer Schuluntersuchung?
Die Konstanzer Schuluntersuchung, durchgeführt von 1969 bis 1983, untersucht die Erscheinungsformen guter und schlechter Schulen. Die Studie von 1977 analysiert das Lehrerkollegium und charakterisiert Schulen anhand eines Prozesses, der Prozessbetrachtung, indem Lehrer zu verschiedenen Dimensionen befragt wurden.
Welche Dimensionen wurden in der Prozessanalyse der Konstanzer Schuluntersuchung betrachtet?
Die Prozessanalyse umfasste sechs Dimensionen: Arbeitszufriedenheit, Schulleben, Kollegialität, Problemwahrnehmung, Schülerzuwendung und Gleichgültigkeit.
Wie wurden gute und schlechte Schulen in der Konstanzer Schuluntersuchung unterschieden?
Schulen wurden anhand der Antworten der Lehrer zu den verschiedenen Dimensionen bewertet. Schulen mit überwiegend positiven Antworten in mindestens vier Dimensionen und keinen negativen Antworten wurden als "gute" Schulen eingestuft. Schulen mit überwiegend negativen Antworten in mindestens vier Dimensionen und keinen positiven Antworten wurden als "schlechte" Schulen eingestuft.
Was sind die Ergebnisse der Prozessanalyse bezüglich des Schullebens?
Gute Schulen weisen eine höhere Betriebsamkeit an Veranstaltungen auf als schlechte Schulen. Klassenfahrten werden an belasteten Schulen eher als notwendiges Übel angesehen. Die Beteiligung der Eltern am Schulleben spielt ebenfalls eine erhebliche Rolle.
Was ist die BIJU-Studie?
Die BIJU-Studie ist eine mikroanalytische Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, die sich mit der Qualität einzelner Schulsysteme befasst.
Welche Schulformen werden in der Studie betrachtet?
Die Studie betrachtet verschiedene Schulformen, insbesondere die Gesamtschule, Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen.
Was ist die Kernaussage der Einleitung?
Die Einleitung diskutiert die Entwicklung des Bildungssystems von einer elitären zu einer inklusiven Struktur, die allen Individuen die Möglichkeit geben soll, ihren Bildungsweg frei zu wählen. Sie thematisiert auch die Debatte um die Gesamtschule und die Qualitätsfragen im Bildungswesen.
- Arbeit zitieren
- Florian Renz (Autor:in), 2000, Qualität von Schulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103231