Acetylsalicylsäure - Fluch oder Segen? Vorstellung eines pharmazeutischen Wirkstoffes


Facharbeit (Schule), 2021

17 Seiten, Note: 14 Punkte

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorstellung eines pharmazeutischen Wirkstoffes am Beispiel von Acetylsalicylsäure

1. Einleitung

2. Grundlagen zur Acetylsalicylsäure
2.1 Begriffsdefinitionen
2.2 Die Geschichte und Entdeckung der Acetylsalicylsäure
2.3 Chemischer Aufbau und Eigenschaften
2.4 Aufbewahrung
2.5 Herstellung des Wirkstoffes

3. Acetylsalicylsäure als Arzneimittel
3.1 Anwendungsgebiete
3.2 Wirkungsweise beim Menschen
3.3 Nebenwirkungen und Folgen

4. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Acetylsalicylsäure, ein Wirkstoff der bei Millionen von Menschen Anwendung findet und deren Leben von Sorgen und Schmerzen befreit. Ein Wirkstoff, der als Wundermittel bewirbt wird und seit 1977 auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO seinen Platz findet. Ein Wirkstoff, der auf einer hundertjährigen Geschichte beruht und dessen Wirkmechanismus Jahrzehnte lang unbekannt war.

Die Funktionsweise von Dingen hat mich schon in jungen Jahren interessiert und durch die naturwissenschaftlichen Fächer in der Schule konnte ich noch mehr dazulernen und einer Vielzahl von Sachen auf den Grund gehen.

Die komplexen biologischen Abläufe im Menschen, besonders auf molekularer Ebene, und wie Atome, die Bausteine des Universums, sich verhalten fasziniert mich.

Da ich seit Langem überlege in der Pharmaziebranche, wo z.B. an Wirkstoffen geforscht wird und mein Vater Acetylsalicylsäure als Blutverdünner täglich einnimmt, passt dieser ideal zu meinen Interessen.

Aus diesen Gründen werde ich mich im Folgenden präzise mit dem Wirkstoff auseinandersetzen. Zuerst werde ich die Geschichte in Erfahrung bringen, um die Hintergründe und die Wichtigkeit der Acetylsalicylsäure kennenzulernen. Anschließend analysiere ich den chemischen Aufbau, stelle die Eigenschaften und die Herstellung vor und gebe einen Überblick über die Anwendungsgebiete und die Wirkungsweise beim Menschen. Schließlich lege ich die Auswirkungen auf den Körper, die Nebenwirkungen und Folgen dar, um Antwort auf die Frage: „Acetylsalicylsäure: Fluch oder Segen?“ zu finden.

Heute ist bekannt, dass Acetylsalicylsäure fiebersenkend, entzündungshemmend und schmerzstillend wirkt. In den 1940er Jahren entdeckte der kalifornische Arzt Lawrence Craven den blutverdünnenden Effekt der Substanz, woraufhin sie auch zur vorbeugenden Anwendung bei Thrombosen, Embolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten eingesetzt werden kann.1

Das Forscherteam rund um Jonathan Chow hat nach der Analyse von 400 Patientenakten einen verbesserten Krankheitsverlauf bei Covid-19-Erkrankten festgestellt. Durch regelmäßige Aufnahme von Acetylsalicylsäure bestand ein um 44% geringeres Risiko beatmet zu werden. Grund dafür ist die blutverdünnende Wirkung der Substanz.2 Jedoch gilt der Wirkstoff als noch nicht vollständig erforscht. So wird an der University of Oxford die Wirkung von Acetylsalicylsäure auf Krebs untersucht und schon jetzt sind erste Erfolgsergebnisse zu verzeichnen.

„Krebszellen, die sich normalerweise ungehemmt teilen Tumoren bilden, reagieren auf Aspirin sehr empfindlich. Sein Wirkstoff scheint nicht nur die ungehemmte Teilung zu stoppen, sondern die Zellen sogar in den programmierten Zelltod zu treiben.“ - Peter M. Rothwell, Studienleiter3

Diese Ergebnisse verdeutlichen das breite Behandlungsspektrum der Acetylsalicylsäure und es besteht evtl. noch mehr Potenzial, aber das wird sich in Zukunft zeigen.

2. Grundlagen zur Acetylsalicylsäure

2.1 Begriffsdefinitionen

Acetylsalicylsäure, abgekürzt auch ASS oder engl. ASA genannt, ist ein

„schmerzlindernder, entzündungshemmender Wirkstoff, der auch die Zusammenballung der Blutplättchen verhindert“. (Wörterbuch Oxford Languages)

Für viele sollte der Wirkstoff auch unter dem Markennamen AspirinTM der Bayer AG bekannt sein, der 1899 eingeführt wurde.

Weniger etabliert ist dagegen der veraltete Begriff „Acidum acetylsalicylicum“, der Vorläufer des modernen Namens war.

Weitere Synonyme sind:

- 2-Carboxyphenylacetat (nach IUPAC-Regelung)
- 2-(Acetyloxy)benzoesäure
- Acetsalicylsäure
- Essigsäuresalicylester

2.2 Die Geschichte und Entdeckung der Acetylsalicylsäure

Bereits 1543 v. Chr. im alten Ägypten wurde die Basis des Arzneimittels, die Salicylsäure zur Behandlung gegen Fieber genutzt, wie der Papyrus Ebers zeigt.4 Denn der organische Wirkstoff befindet sich in der Silberweidenrinde (Abbildung 1) und benötigt deswegen kein komplexes Extraktionsverfahren. Auch der altgriechische Arzt Hippokrates erkannte das Potenzial der Salicylsäure und verschrieb seinen Patienten Salicyl-Tee oder empfahl ihnen auf der Rinde zu kauen. Dadurch wurde der Wirkstoff aufgenommen, der Schmerzen, Entzündungen und Fieber hemmte.

Abbildung 1 – Die Silberweide

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé

Im Laufe des Mittelalters gerat die Salicylsäure jedoch in Vergessenheit, da Weiden hauptsächlich für die Korbherstellung genutzt wurden und der Heilungsnutzen der Baumrinde zudem verboten wurde. Aber auch die starken Nebenwirkungen drückten schon fast die Vorteile der Salicylsäure, denn zum einen war da der bittere Geschmack, zum anderen reizte es die Magenschleimhäute, was im schlimmsten Fall zu Blutungen führen konnte.5

Abbildung 2 - AspirinTM Fläschchen (250g)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bayer AG

Mehrere Jahrhunderte später, wurde in einem Brief des Geistlichen Edward Stone das Extrakt der Weidenrinde zur Behandlung von Schüttelfrost auf einem Treffen der Royal Society erwähnt.6 In Folge dieser Wiederentdeckung des Wirkstoffes und der zunehmenden Popularität der organischen Chemie gelang es 1828 dem Münchner Pharmarzieprofessor Johann Andreas Buchner den Wirkstoff mittels Alkohol und Reinigungsprozessen aus der Rinde zu gewinnen. Er nannte ihn „Salicin“, abgewandelt vom lateinischen Namen für Weide: „Salix“. Allerdings waren damit die Nachteile des Medikaments noch nicht beseitigt. Dieser Herausforderung stellte sich der junge Chemiker Felix Hoffman, dessen Vater rheumakrank war und das Salicin nicht vertrug. Er hatte die Idee die Vertragbarkeit zu verbessern, was im schließlich durch die Umsetzung von Salicylsäure mit Acetanhydrid gelang. Die Acetylsalicylsäure (ASS) war geboren. Nach pharmazeutischer Prüfung bei Bayer wurde die nun geschmacksfreie und besser verträgliche Substanz unter dem Markennamen Aspririn am 6. März 1899 zugelassen. Dieser Name der heutzutage als Synonym für ASS steht, setzt sich aus „A“ für die Acetylgruppe, „spir“ für die chemisch identische Spirsäure und „in“ als gebräuchliche Endung der chemischen Namensgebung dieser Zeit zusammen.

Im selben Jahr startete der Verkauf 250g AspirinTM -Fläschchen an auschließlich Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser7. Diese waren von den Wirkungen des Arzneimittels überzeugt, woraufhin die Farbenfabriken Bayer mit dem Export von AspirinTM in die USA und England begannen und versuchten ein Patentrecht auf die Substanz zu bekommen. Dies gelang in England jedoch nicht, weil bereits die Chemische Fabrik v. Heyden den Wirkstoff im industriellen Maßstab zu produzieren.

Seitdem wurde AspirinTM millionenfach verkauft und stieg 1915 zum „Bestseller“ in den USA auf, nachdem es rezeptfrei erworben werden konnte und wurde als „The Wonder Drug That Nobody Understands“ (New York Times), zu deutsch: „Das Wundermedikament das niemand versteht“ geworben. 50 Jahre nach Markteinführung erhält das Arzneimittel einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde als meistverkauftes Schmerzmittel der Welt.8

Erst sieben Jahrzehnte später gelang es dem britischen Biochemiker Sir John Robert Vane den Wirkungsmechanismus der ASS auf die Hemmung von Prostaglandine9 vollständig zu erforschen, woraufhin er 1982 den Nobelpreis in Medizin verliehen bekam.

Er würdigte das Medikament mit folgendem Zitat:

„Kein Arzneimittel auf dieser Welt hat eine so faszinierende und rekordträchtige Geschichte – eine Entwicklung, die noch nicht zu Ende ist.“ - Sir John Vane10

Seit dem wird der Wirkstoff weiter erforscht und zeigt z.B. positive Auswirkungen auf Covid-19 und Krebs, wie neueste Studien zeigen (1. Einleitung).

2.3 Chemischer Aufbau und Eigenschaften

Abbildung 3 – Bestandteile der ASS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Maxim Knop

Die Acetylsalicylsäure mit der Summenformel C9H8O4 (Abbildung 3) beruht auf der organischen Salicylsäure (C7H6O3). Diese besteht aus einem Benzolring mit der Summenformel C6H6, wobei hier noch zwei weitere Gruppen angeordnet sind und daher zwei Wasserstoffatome wegfallen. In ortho-Stellung11 ist eine Carboxygruppe (COOH) gebunden und das Sauerstoffatom, welches direkt am Benzolring angelagert ist, bindet sich mit einem Acetylrest (COCH3)

Aus diesem chemischen Aufbau ergeben sich folgende Eigenschaften:

ASS ist nur schwer in Wasser löslich (4,6 g/L bei 25°C), weil zum einen der Einfluss der Van-der-Waals-Kräfte12, den der polaren Hydroxygruppe (-OH) überwiegt und die Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen (WBB) geschwächt wird. Zum anderen weißt der Benzolring hydrophobe Eigenschaften auf. Auch wenn durch Erwärmen einer wässrigen Lösung die Wasserlöslichkeit erheblich gesteigert werden kann, ist die ASS aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaft am besten in Fetten und Ölen löslich.13

Abbildung 4 – Aussehen der ASS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Thomas Seilnacht

Bei Raumtemperatur (25°C) liegt ASS in Form eines geruchlosen, weißen Pulvers vor (Abbildung 4). Da nach der Synthese ein sehr reiner Stoff vorliegt, bilden sich flache bis nadelförmige Kristalle aus. Es gilt: Je ausgebildeter die Kristalle, desto reiner ist der Stoff. Der Schmelzpunkt liegt erst bei 135°C und der Siedepunkt bei 140°C. Bei feuchter Luft oder dem Erwärmen einer wässrigen Lösung kommt es zudem zur Zersetzung der ASS und es bildet sich Essigsäure, weshalb ein leichter Essiggeruch besteht. Dieser Prozess kann in alkalischen Lösungen beschleunigt werden.

Des Weiteren beträgt der Flammpunkt in etwa 250°C und der Zündpunkt 500°C. Die Dichte beläuft sich auf 1,35 g/cm3 und ist etwas so hoch wie die von Steinkohle (1,3-1,4 g/cm3). Die molare Masse liegt bei 180,16 g/mol und mit einem pKs-Wert14 von 3,5 ist die Substanz eindeutig als starke Säure zu klassifizieren.

2.4 Aufbewahrung

Die Acetylsalicylsäure sollte vor Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung geschützt aufbewahrt werden, weil sonst die Hydrolyse15 eintritt und ASS in Acetylsäure und Salicylsäure gespaltet wird. Die Reaktion lautet wie folgt:

Abbildung 5 – Hydrolyse der ASS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Maxim Knop

Im ersten Schritt liegen die Moleküle dissoziiert16 vor. Die Acetylsalicylsäure ist in ein Salicylsäureanion und ein Acetylkation zerfallen, wohingegen das Wassermolekülen als Proton und Hydroxidion vorliegt. Außerdem ist das Sauerstoffatom des Salicylsäureanions negativ und das Kohlenstoffatom des Acetylkations positiv geladen. Das Proton weist eine positive und das Hydroxidion eine negative Ladung auf.

Weil unterschiedliche Ladungen sich anziehen, binden sich die Anionen mit dem Kationen (Abbildung 5). Der dritte Schritt zeigt die vollständige Anlagerung der Wasserteilchen zu Essigsäure und Salicylsäure.

Abbildung 6 - Aspirinverpackung TM

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Maxim Knop

Da für Essigsäure ein stark stechender Geruch typisch ist, kann einfach festgestellt werden, ob die ASS ausreichend trocken gelagert wurde und eine Hydrolyse erfolgt ist.

Aufgrund von warmen Infrarotstrahlen, die für eine erhöhte Teilchenbewegung sorgen und deswegen die Reaktion beschleunigen, sollte der Wirkstoff auch geschlossen verpackt aufbewahrt werden (Abbildung 6).

[...]


1 Lawrence K. Altman: THE DOCTOR’S WORLD; Little-Known Doctor Who Found New Use For Common Aspirin. New York 1991

2 Josephien Albrecht: Aspirin und Vitamin-D: Beeinflussen sie den Corona-Verlauf?

3 Pia Heinemann: Aspirin – ein Heilmittel für fast alles? (Stand: 04.03.2021)

4 John F. Nunn: Ancient Egyptian Medicine. Norman 1996, Kapitel 7

5 Marion Kunst: Geschichte Aspirin. 2017

6 Daniel R. Goldberg: Aspirin: Turn-of-the-Century Miracle Drug. 2009

7 Bayer®-website: Alles über Aspirin - 1899

8 Ebd.

9 Hormone, die für die lokale Schmerzvermittlung und Entstehung von Fieber und Entzündungen verantwortlich sind.

10 Bayer®-website: Alles über Aspirin

11 Zweitsubstituent befindet sich am benachbarten Kohlenstoffatom

12 zwischenmolekulare Kräfte

13 Nicolai Kuhnert: Hundert Jahre Aspirin. In: Chemie in unserer Zeit. 1999, S. 213-220

14 negativ dekadischer Logarithmus der Säurekonstante, pKs < 4 = starke Säure

15 Spaltung einer chemischen Verbindung durch Reaktion mit Wasser

16 löst sich auf

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Acetylsalicylsäure - Fluch oder Segen? Vorstellung eines pharmazeutischen Wirkstoffes
Veranstaltung
Chemiefacharbeit in der Q1
Note
14 Punkte
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1033176
ISBN (eBook)
9783346441720
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Umfangreiche Darstellung der ASS inklusive Grundlagen, chemische Eigenschaften, Wirkungsweise und aktuellem Forschungsstand.
Schlagworte
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Anonym, 2021, Acetylsalicylsäure - Fluch oder Segen? Vorstellung eines pharmazeutischen Wirkstoffes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1033176

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