Das Ziel der Studie ist die Erarbeitung einer Methodik, die Einsatz und Anwendung von Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenbetrachtung bei der Vergabe von Tiefbaumaßnahmen berücksichtigt. Lebenszykluskosten (LZK) sind inzwischen ein wichtiges Kriterium bei der Konzeption, Planung, Errichtung und dem Betrieb von Bauwerken. Die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe (Artikel 67 und Artikel 68) sieht grundsätzlich die Einbeziehung der gesamten LZK als Entscheidungskriterium bei der Vergabe von Bauaufträgen vor. Der deutsche Gesetzgeber war gehalten, diese Neuerungen umzusetzen und für alle Vergaben von Bauaufträgen anzuwenden. Somit sieht die VOB/A - Abschnitt 2 vor, die LZK bei der Vergabe von Bauaufträgen einzubeziehen.
Während für den Hochbau bestimmte Kriterien und Zertifizierungen in der Praxis bereits Anwendung finden, besteht im Tiefbau diesbezüglich noch großer Handlungsbedarf. Dabei leistet der Tiefbau einen enormen Beitrag für die öffentliche Infrastruktur und die öffentliche Daseinsvorsorge. Anhand der nicht unerheblichen Bedeutung von Tiefbaumaßnamen und dessen Vergabe durch öffentliche Auftraggeber, sollte daher ein viel stärkerer Fokus auf deren Nachhaltigkeit und Effizienz, ähnlich wie beim Hochbau gelegt werden. Die Einbeziehung von Ökobilanzierung und Lebenszykluskosten bei Tiefbaumaßnahmen können hier immense Vorteile bringen und eine umweltschonende und wirtschaftliche Planung über den gesamten Lebenszyklus gewährleisten.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
1.1 Einführung in das Thema der Arbeit
1.2 Zielsetzung, Methodik und Aufbau der Arbeit
2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Begriffsbestimmungen
2.1 Öffentliche Auftragsvergabe
2.2 Ökobilanz (LCA)
2.3 Lebenszykluskosten (LZK) / Life Cycle Costs (LCC)
2.4 Tiefbau und Tiefbaumaßnahmen
3 Entwicklung einer Methodik
3.1 Spezifikationen des Tiefbaus
3.2 Lebensdauer von Komponenten
3.3 Vorteile der bauteilorientierten LZK-Betrachtung
3.4 Methodik zur Einbindung von LZK und Ökobilanzierung
4 Praxiseinsatz der entwickelten Methodik
4.1 Beschreibung der Tiefbaumaßnahme und der Angebote
4.2 Anwendung der Methodik
5 Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abstract
Lebenszykluskosten (LZK) sind inzwischen ein wichtiges Kriterium bei der Konzeption, Planung, Errichtung und dem Betrieb von Bauwerken. Die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe (Artikel 67 und Artikel 68), sieht grundsätzlich die Einbeziehung der gesamten LZK als Entscheidungskriterium bei der Vergabe von Bauaufträgen vor. Der deutsche Gesetzgeber war gehalten, diese Neuerungen umzusetzen und für alle Vergaben von Bauaufträgen anzuwenden. Somit sieht die VOB/A - Abschnitt 2 vor, die LZK bei der Vergabe von Bauaufträgen einzubeziehen.
Ebenso empfiehlt die „Reformkommission Bau von Großprojekten“, LZK bei der Vergabe von Bauaufträgen zu berücksichtigen. Obwohl die Notwendigkeit der Erkenntnisgewinnung über kausale Zusammenhänge zwischen den Erst- und Folgekosten während der verschiedenen Lebenszyklusphasen und Maßnahmen besteht, werden weiterhin solche Zusammenhänge selten umfassend in der Kalkulation berücksichtigt. Herstell- Nutzungs- und Abbruchkosten sind von vielen mit Unsicherheiten behafteten Faktoren abhängig. Diese Unsicherheiten werden in der Regel durch Aufschlagfaktoren berücksichtigt. Dabei erlauben baumaterial- und anlagentypenbezogene Kennwerte bereits in der Planungsphase Rückschlüsse auf die im Lebenszyklus zu erwartenden zu erwartenden Folgekosten von Bauteilen und Anlagen. Eine Entscheidung für Bauteile / Anlagen mit relativ günstigen Lebenszyklus- und Folgekosten ist somit möglich. Somit kann sich der Bauherr für Bauteile / Anlagen mit relativ günstigen Folgekosten, aber möglicherweise hohen Herstellkosten entscheiden und somit die LZK optimieren.
LZK werden gleichwohl meist als Punktwerte oder deterministische Szenarien geschätzt und täuschen dadurch eine Genauigkeit vor, die faktisch nicht gegeben ist. Bei der Simulation von Ausfallwahrscheinlichkeiten bzw. Lebensdauern, welche die Instandsetzungskosten stark beeinflussen, wird häufig die Weibull-Verteilung verwendet. Jede Komponente weist zu Beginn ihrer Nutzung eine bestimmte Fähigkeit zur Funktionserfüllung, den sogenannten Abnutzungsvorrat, auf. Im Laufe der Zeit nimmt der Abnutzungsvorrat bis zur Abnutzungsgrenze oder zum Ausfall ab, sodass Instandsetzung erforderlich wird. Eine differenzierte Analyse der abnutzungsbedingten LZK-Anteile sollte je nach Komponente bzw. Bauteil unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsverteilungen zugrunde legen, die möglichst empirisch hergeleitet sind.
Zusätzlich können nach § 59 Abs.2, S.5 Vergabeverordnung (VgV), Kosten, die mit Umweltbelastungen in Verbindung stehen, mithilfe eines Ökobilanztools in den Entscheidungsprozess einbezogen werden: „Kosten, die durch externe Effekte der Umweltbelastung entstehen, die mit der Leistung während des Lebenszyklus in Verbindung stehen, sofern ihr Geldwert nach Absatz 3 bestimmt uns geprüft werden kann; solche Kosten können Kosten der Emission von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen sowie sonstige Kosten für die Eindämmung des Klimawandels umfassen“.
Durch ein solches Ökobilanzierungstool ist es letztlich möglich, dass im Planungs- und Entscheidungsprozess ökologische und ökonomische Aspekte schnell, einfach und transparent berücksichtigt werden können. Für den Hochbau existieren bereits recht umfängliche Informationen und Daten, mit denen sich sowohl LZK, wie Nutzungs- und Instandhaltungskosten, Energieverbräuche für die Beheizung und Warmwasserbereitung als auch umweltbezogene Folgekosten berechnen lassen. Vor diesem Hintergrund werden Gebäude z.B. nach LEED zertifiziert. Ökologisch relevante Daten stellt beispielsweise auch die „Ökobaudat“1 bereit.
Im Tiefbaubereich fehlen hingegen derartige Informationen und methodische Ansätze völlig.
Abstract
Life cycle cost (LCC) become more and more a very important criteria in the conception, planning, construction, and the operation of buildings. The directive 2014/24/EU of the European Parliament and the council for public tendering (article 67 and article 68), basically include the complete LCC as a decision-making criterion, when building contracts are awarded. The German legislator is required, to implement and realize all these innovations, and to apply it to all awarded building contracts. Therefore, the VOB/A – section 2 plans to include the LCC with respect to the award of building contracts.
Furthermore, it is recommended by the „Reform Commission“ for the construction of „large-scale projects“ to consider the LCC when building contracts are awarded. Even though the importance of gaining knowledge on casual relations between initial-, and follow-up costs during the different life cycle phases and measures exists, will such relations seldom be considered in the cost estimate. Manufacturing-, and operational costs as well as costs incurred due to a project cancellation depend on factors, which are subject of many uncertainties. These uncertainties are usually considered by factors of surcharges. For this, construction materials related, and installation type related characteristic values allow conclusions already in the planning phase with regard to expected follow-up costs of components and systems over the entire life cycle. A decision for components / systems with relatively favourable life cycle- and follow-up costs therefore is possible. Like this, the constructor may choose components / systems with relatively low follow-up costs, but possibly high manufacturing costs, and like this optimizes the LCC.
LCC are mostly estimated as scores or deterministic scenarios, and therefore pretend an accuracy, which de facto is not given. The Weibull Distribution is commonly used during the simulation of failure probabilities and/or life cycles, which strongly influence the maintenance costs. Each and every component shows a certain capability at the beginning of its usage for the fulfilment of its function, the so-called wear margin. Over time, the wear margin reduces down to the wear limit or to the time of a failure, so that maintenance becomes necessary. A differentiated analysis of wear-related LCC-parts should be base of a different probability consideration depending on the component and/or part, which preferably derived from empirical perspectives.
Additionally and in accordance to § 59 section 2, page 5 of the Regulation of the award of public contracts (VgV), costs which are related to environmental impacts can be included in the decision process by means of a life cycle assessment tool: „costs derived from external effects of the environmental impact, which are connected to the performance during the life cycle, as far as its monetary value can be determined and verified according section 3; such costs can include costs for emission of greenhouse gases and other hazardous substances as well as other costs for the mitigation of the climate change”.
By means of such a life cycle assessment tool, it is finally possible to consider ecological and economical aspects fast, simple, and transparent in a planning- and decision process. Appropriate and extensive information and data already exist for the building construction with which LCC as well as operational-, and maintenance costs, energy consumptions for heating and warm water preparation and environment-related follow-up costs can be calculated. Under these circumstances are buildings i.e. certified according to LEED. Ecologically relevant data are provided for example by „Ökobaudat“2 database.
However, such information and methodological approaches are fully missing in the civil engineering sector.
Abkürzungsverzeichnis
AP Acidification Potential (Versauerungspotenzial)
BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BHO Bundeshaushaltsordnung
BMI Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat
BMUB Bundesministerium für Umwelt Naturschutz, Nukleare Sicherheit
BNB Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen
BTE Bund Technischer Experten
DGNB Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
DIN EN Deutsches Institut für Normung - Europäische Norm
eLCA Bauteileditor
EP Eutrophication Potential (Überdüngungspotenzial)
GEFMA German Facility Management Association
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GWP Global Warming Potential
HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz
HK Herstellkosten
HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
i.d.R. in der Regel
i.V.m. in Verbindung mit
KGSTLB-Bau Kostengruppe Standardleistungsbuch-Bau
KLR Kosten- und Leistungsrechnung
KlassRL Klassische Richtlinie
KonzRL Konzessionsvergaberichtlinie
LCA Life Cycle Assessment (Ökobilanzierung)
LCC Life Cycle Cost (Lebenszykluskosten)
LEED Leadership in Energy and Environmental Design
LHO Landeshaushaltsordnungen
LZK Lebenszykluskosten
ODP Ozone Depletion Potential (Ozon-Zerstörungs-Potenzial)
PEC Primary Energy Content (Primärenergiegehalt)
POCP Photochemical Ozone Creation Potential (Photochemisches Oxidantienpotenzial)
PVC Polyvinylchlorid
SektRL Sektorenrichtlinie
UVgO Unterschwellenvergabeordnung
UVgV Unterschwellenvergabeverordnung
VDI Verein Deutscher Ingenieure
VgV Vergabeverordnung
VHV Vergabehandbuch
VOB/A Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (Teil A)
VOL/A Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (Teil A)
VSVgV Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit
WECOBIS Ökologisches Baustoffinformationssystem Web-basiertes ökologisches Baustoffinformationssystem
WertR Wertermittlungsrichtlinie
WLC Whole Life Costs
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung und Problemstellung
1.1 Einführung in das Thema der Arbeit
Bauprojekte der öffentlichen Infrastruktur dienen i.d.R. der Daseinsvorsorge und stellen einen wesentlichen Teil der Landes- und Kommunalentwicklung dar. Durch sie werden die Grundversorgung der Bevölkerung in lebenswichtigen Bereichen wie zum Beispiel Wohnen, Transport, Energie- und Wasserversorgung, Medien sowie Abwasser- und Abfallentsorgung ermöglicht.
Der Aufbau einer solchen Infrastruktur wird meist durch öffentliche Gremien oder Behörden geplant und in Form „Öffentlicher Ausschreibungen“ vergeben. Sinn und Zweck dieser Ausschreibungen ist es, potentielle Bieter dazu aufzufordern, ihr Angebot abzugeben.3
Gemäß § 97 Abs.5 GWB wird der Auftrag dem Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot erteilt. Das heißt, das Angebot mit dem besten Preis-Leistung- Verhältnis. In der Praxis wird diese Formulierung wegen der Fixierung auf den Preis als größtes Entscheidungskriterium oft missverstanden weshalb die öffentlichen Auftragsgeber meist dem preiswerten und nicht dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag erteilen.4
Hohe Folgekosten z.B. für Erneuerung, Reparatur und Abbau sowie die fachgerechte Entsorgung von umwelt- bzw. gesundheitsgefährdenden Baumaterialien bleiben dabei unberücksichtigt und sind somit leider keine Seltenheit.
In den letzten Jahren haben sich daher die Anforderungen an die Vergabe von Bauinfrastruktur-Projekten verändert. Gedanken über die negativen Umwelteinwirkungen von Baustoffen, die weltweite Ressourcenknappheit sowie die Forderung der Bürger nach sparsamem Umgang mit öffentlichen Geldern, gewinnen an Bedeutung und zwingen die Entscheidungsträger beim Vergabeverfahren zur Berücksichtigung von nachhaltigen Vergabemethoden.
Um dieses Dilemma zu lösen wurden bereits 2014 vom EU- Parlament neue Vergaberichtlinien erlassen, die die Einbeziehung von Umweltaspekten wie Ökobilanz und Lebenszykluskosten neben den Wirtschaftlichkeitskriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe einfordern.
Darunter versteht man zum einen die Abschätzung aller relevanten Auswirkungen von Baumaßnahmen auf die Umwelt5 und zum anderen die systematische Berechnung und Bewertung von Kosten im vollständigen Lebenszyklus.6
Die hierfür maßgebliche Richtlinie ist die RL 2014/24/EU. Sie beinhaltet im Artikel 18 Absatz 2:
„Die Mitgliedsstaaten treffen geeignete Maßnahmen um dafür zu sorgen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung öffentlicher Aufträge die geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen einhalten, die durch Rechtsvorschriften der Union, einzelstaatliche Rechtsvorschriften, Tarifverträge oder die im Anhang X aufgeführten internationalen umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften festgelegt sind.“ 7
Des Weiteren in Artikel 67, Absatz 2:
„ Die Bestimmung des aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers wirtschaftlich günstigsten Angebots erfolgt anhand einer Bewertung auf der Grundlage des Preises oder der Kosten, mittels eines Kosten-Wirksamkeits-Ansatzes, wie der Lebenszykluskostenrechnung gemäß Artikel 68.“ 8
Der maßgebende Artikel 68 enthält erstmals detaillierte Vorgaben zur Lebenszykluskostenrechnung. Diese umfasst demnach ganz oder teilweise die von öffentlichen Auftraggebern oder anderen Nutzern getragenen Kosten (z. B. Anschaffungskosten, Nutzungskosten, Wartungskosten, Kosten am Ende der Nutzungsdauer) sowie Kosten, die durch die externen Effekte der Umweltbelastung entstehen, die mit der ausgeschriebenen Leistung während ihres Lebenszyklus in Verbindung stehen, sofern ihr Geldwert bestimmt und geprüft werden kann
(z. B. Kosten der Emission von Treibhausgasen oder anderen Schadstoffen).9
Durch die Richtlinie schafft die EU den Vorrang des wirtschaftlich günstigsten Angebots („günstigster Anbieter“) ab und gibt den öffentlichen Auftragsgebern eine neue Rechtsgrundlage für die Wertung von Bieter-Angeboten.
Im April 2016 wurde diese Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Von Bundesrat und Bundestag wurde das „Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG)“ sowie die „Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)“ beschlossen.
Für die Vergabe von Bauleistungen wurden in Folge dessen neue Kriterien des nachhaltigen Bauens entwickelt. Bei deren Ausschreibungen werden immer mehr Nachweise über Umwelteinwirkungen von Baumaterialen, den Energieverbrauch, die Lebenszykluskosten, den Lärm- und Brandschutz sowie soziale Aspekte verlangt.
Zertifikate und Gütesiegel nachhaltigen Bauens und Wohnens, wie zum Beispiel die der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) oder LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) bieten auch für Auftragsbieter eine große Hilfe an.
Während für den Hochbau die oben genannten Kriterien und Zertifizierungen in der Praxis bereits Anwendung finden, besteht im Tiefbau diesbezüglich noch großer Handlungsbedarf. Dabei leistet der Tiefbau einen enormen Beitrag für die öffentliche Infrastruktur und die öffentliche Daseinsvorsorge.
Der Tiefbau wird definiert als das Teilgebiet des Bauwesens, das sich mit der Planung und Errichtung von Bauwerken befasst, die an oder unter der Erdoberfläche liegen.10 Er umfasst den Bau großer Anlagen wie beispielsweise Anlagen der Ver- und Entsorgung (Gas-, Wasser- Strom- Telekommunikations- sowie Abwassernetze), Autobahnen, Straßen, Brücken, Tunnel, Bahnverkehrsstrecken, Wasserbauten (Häfen), Industrieanlagen, Sportanlagen, etc.
Anhand der nicht unerheblichen Bedeutung von Tiefbaumaßnamen und dessen Vergabe durch öffentliche Auftraggeber, sollte daher ein viel stärkerer Fokus auf deren Nachhaltigkeit und Effizienz, ähnlich wie beim Hochbau gelegt werden.
Die Einbeziehung von Ökobilanzierung und Lebenszykluskosten bei Tiefbaumaßnahmen können hier immense Vorteile bringen und eine umweltschonende und wirtschaftliche Planung über den gesamten Lebenszyklus gewährleisten.
Einige Ansätze zur Transformation der im Hochbau bereits vorhandenen Praxisanwendungen in den Tiefbau existieren bereits. So zum Beispiel das LCC-Berechnungstool des Öko-Instituts e.V. oder das der TU Kaiserslautern.
Aktuell bestehen keine allgemeinen Kriterien, welche das Vergabeverfahren von Tiefbaumaßnahmen in Bezug auf Ökobilanzierung und Lebenszykluskosten regulieren.
Vor diesem Hintergrund könnte die Entwicklung einer Methodik die diese Aspekte berücksichtigt, sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch deren Auftragnehmer eine erhebliche Unterstützung bedeuten.
1.2 Zielsetzung, Methodik und Aufbau der Arbeit
Das Ziel der Vorliegenden Studie ist die Erarbeitung einer Methodik, die Einsatz und Anwendung von Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenbetrachtung bei der Vergabe von Tiefbaumaßnahmen berücksichtigt.
Diese Arbeit ist in fünf Teile untergliedert.
Nach Einleitung, Zielsetzung, Methodik und Aufbau in Kapitel 1, beschäftigt sich Kapitel 2 mit der Darstellung der gesetzlichen Grundlagen und Begriffsbestimmungen. Hierzu bedarf es einer detaillierten Betrachtung der relevanten Vergabeverfahren und Vergabearten bei Baumaßnahmen.
Im Anschluss werden die relevanten Begriffe Ökobilanzierung, Lebenszykluskostenbetrachtung und Tiefbaumaßnahmen analysiert.
Es müssen Fragen beantwortet werden wie:
- Wie ist das Vergaberecht aufgebaut und wie läuft ein Vergabeverfahren i.d.R. ab?
- Was bedeutet Ökobilanzierung, bzw. welche Kerngrößen, Parameter, etc. fließen in sie ein?
- Was sind Lebenszykluskosten und wie werden diese berechnet?
- Was versteht man unter Tiefbaumaßnahmen, was umfassen diese und welche Vorteile können Ökobilanzen sowie Lebenszykluskosten im Bereich von Tiefbaumaßnahmen mit sich bringen?
Kapitel 3 beinhaltet die Erarbeitung einer Methodik, aus der ein Leitfaden zum Einsatz der beiden Nachhaltigkeitskriterien (Ökobilanz und Lebenszykluskosten) für die Vergabe von Tiefbaumaßnahmen resultiert.
Der Leitfaden soll dabei sowohl der Auftraggeber- als auch der Auftragnehmerseite als nützliches Hilfsmittel dienen.
Anhand von Praxisbeispielen zeigt Kapitel 4 die Funktionalität des Leitfadens, beziehungsweise der Methodik auf. Hieraus können sich gegebenenfalls weitere Einsatzmöglichkeiten herauskristallisieren.
In dem abschließenden Kapitel 5 werden die zuvor erarbeiteten Ergebnisse zusammengefasst und mit zukunftsorientierten Aspekten verknüpft.
2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Begriffsbestimmungen
Um die Zusammenhänge des Themas näher zu beleuchten, bedarf es zunächst dem Aufzeigen der dafür geltenden Gesetzesgrundlagen sowie der Erläuterung bestimmter fachlicher Begriffe.
2.1 Öffentliche Auftragsvergabe
Vergaberecht
Wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, ist die Öffentliche Auftragsvergabe maßgeblich durch die Reform der EU-Vergaberichtlinien im Jahre 2014 beeinflusst.
Dies umfasste die Richtlinie RL 2014/24/EU zur „klassischen“ Auftragsvergabe (KlassRL), sowie die Richtlinie zur Sektorenauftragsvergabe RL 2014/17/EU (SektRL).
Neu hinzu kam die Richtlinie RL 2014/23/EU zur Vergabe von Konzessionen (KonzRL).
Die daraus resultierende Anpassung der deutschen Gesetzgebung in das Vergaberecht erfolgte im Jahre 2016 über die Novellierungen folgender Rechtsnormen:
- das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insb. Teil 4
- die Vergabeverordnung (VgV)
- die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A)
- Haushaltsrecht von Bund und Ländern (BHO/LHO, HGrG, Vergabeerlasse, etc.)
Das Ziel der gesetzlichen Novellierungen war es, eine nachhaltige, also ökologisch, ökonomisch und innovative Beschaffung zu stärken sowie die Möglichkeiten für die öffentlichen Auftraggeber hierzu auszuweiten.11
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Teil 4:
Nach § 106 gilt der 4. Teil des GWB für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet.
Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung-VgV):
Die VgV enthält wichtige Angaben zur Höhe der Schwellenwerte (§2), zur Schätzung des Auftragswertes (§3) und Hinweise wie genau Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge, besonders hinsichtlich umweltschutz- und energieeffizienter Aspekte, vergeben werden sollen.
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB):
In ihr werden Bestimmungen für die Vergabe von Bauaufträgen öffentlicher Auftraggeber sowie Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen geregelt.
Teil A der VOB (VOB/A) enthält die von den öffentlichen Auftraggebern anzuwendenden Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen.12
Die VOB ist in drei Teile untergliedert:
- VOB/A – Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen
- VOB/B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Bauausführung
- VOB/C – Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen
Für die Bauauftragsvergabe ist die VOB/A, in der Fassung aus dem Jahre 2016 relevant. Sie ist in drei Abschnitte aufgeteilt:
- Abschnitt 1 (VOB/A): regelt die die „nationalen Bauvergaben“. Eine Verpflichtung zur Anwendung ergibt sich aus den Bundes- und Landeshaushaltsordnungen sowie entsprechender Verordnungen auf Landes- und kommunaler Ebene.
- Abschnitt 2 (VOB/A-EU): gilt gemäß § 100 Abs. 1 GWB für europaweite Vergaben und ab Erreichen der EU-Schwellenwerte, nach § 2 der VgV
- Abschnitt 3 (VOB/A-VS): gilt gemäß § 100 Abs. 1 GWB für Vergaben von Bauaufträgen oberhalb der EU-Schwellenwerte, die im Bereich Verteidigung und öffentliche Sicherheit stattfinden, i.V.m. § 1 der VSVgV.13
Bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte findet traditionell Haushaltsrecht Anwendung. Daher sind zusätzlich die entsprechenden Landeshaushaltsverordnungen (LHO) der Bundesländer zu beachten. Verwaltungsvorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen können ergänzend zu den LHO bestehen, so zum Beispiel im Saarland. Hier wurde im Februar 2018 eine Verwaltungsvorschrift zu § 55 LHO neu gefasst und damit die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgV) des Bundes für die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte eingeführt. Wer als öffentlicher Auftraggeber anzusehen ist, regelt § 99 GWB „Öffentliche Auftraggeber“. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil konkretisiert, dass juristische Personen des Privatrechts nicht als öffentliche Auftraggeber zählen, auch wenn deren Alleingesellschafter ein klassischer Auftraggeber ist, beispielsweise eine kommunale Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, etc.) an der die Kommune 100% beteiligt ist. In der nachfolgenden Abbildung 1 sind die Zusammenhänge und Rangfolgen der oben aufgeführten Richtlinien und Gesetze visualisiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rechtliche Grundlagen im Vergaberecht14
Vergabeverfahren und -arten bei Baumaßnahmen
Wie die öffentliche Ausschreibung einer Baumaßnahme untergliedert werden kann, soll die nachfolgende Grobgliederung verdeutlichen.
- Bedarfsermittlung (z.B. Tiefbaumaßnahme)
- Erarbeitung der Vergabeunterlagen
- Feststellung der Vergabeart
- Bekanntmachung der Ausschreibung
- Anfordern/Versand der Vergabeunterlagen
- Angebotsabgabe
- Verwahrung/Öffnung der Angebote
- Prüfung der Angebote
- Wertung der Angebote
- Zuschlag (oder Aufhebung)
- Information nicht berücksichtigter Bieter
- Vergabedokumentation
Bedarfsermittlung
Zu Beginn einer Ausschreibung steht ein Ausschreibungsziel. Der Auftraggeber ermittelt den Bedarf („Was soll gebaut werden?“) und formuliert diesen. Im Anschluss daran sind die Investitions- und Folgekosten des Auftrags zu schätzen und die Finanzierung zu klären. Das Vergabeverfahren beginnt erst, wenn der Bedarf festgestellt und dessen Finanzierung gesichert ist.15
Erarbeitung der Vergabeunterlagen
Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Bedarfsermittlung erstellt die Vergabestelle alle notwendigen Vergabeunterlagen, insbesondere die Leistungsbeschreibungen, Vertragsbedingungen und weitere Informationen.
Zuschlagskriterien, wie beispielsweise „Wirtschaftlichkeit“/“bestes Preis-Leistungs-Verhältnis“, „Lebenszykluskosten“, Umweltaspekte („Ökobilanz“), soziale Kriterien, etc. müssen hierbei beachtet werden.16
In der Wahl der Kriterien ist der Auftraggeber generell frei. Ihm bleibt es überlassen, auf welche Eigenschaften er besonderen Wert legt. Entsprechende Zuschlagskriterien und deren Wertungsverfahren sind bereits in den Vergabeunterlagen bekannt zu geben. Die Bieter müssen darauf vertrauen können, dass sie bezüglich den Wertungskriterien gleichbehandelt werden. Diese Kriterien sollen nicht diskriminierend sein und einen gerechten Wettbewerb garantieren. In der späteren Wertung dürfen dann auch nur die Kriterien Anwendung finden, die bei der Ausschreibung bekannt gegeben worden sind.17
Feststellung der Vergabeart
Die Auswahl des Vergabeverfahrens ist entscheidend für den genauen Ablauf. Es sollte zunächst danach abgegrenzt werden, ob es sich um einen öffentlichen Auftraggeber oder eine Konzessionsvergabe handelt und ob der Gegenstand eine Bauleistung (dann Ausschreibung nach VOB/A) Liefer- bzw. Dienstleistung (dann Ausschreibung nach GWB/VgV/UVgV/UVgO) darstellt.
Die Auswahl der Vergabeart ist zusätzlich durch die Schwellenwerte bestimmt. Eine Überschreitung des EU-Schwellenwertes erfordert eine EU-weites Verfahren, liegt der Wert darunter, ist eine nationales Ausschreibungsverfahren durchzuführen.
Für Bauleistungen liegt der Schwellenwert derzeit bei 5.548.000 €. Dies gilt sowohl für klassische und Sektoren- und Konzessionsauftraggeber, was Tabelle 3 noch einmal verdeutlicht.18
Tabelle 1: Vergabe-Schwellenwerte, aktuell (eigene Anfertigung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Daraus ergeben sich die entsprechend definierten Vergabeverfahren:
EU-weites-Verfahren (oberhalb der Schwellenwerte):
- Offenes Verfahren (§ 15 VgV): Hierbei wird durch den öffentlichen Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Angebotsabgabe aufgefordert.
- Nicht offenes Verfahren (§ 16 VgV): Hierbei wird durch den öffentlichen Auftraggeber eine beschränkte Anzahl von Unternehmen, nach objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien ausgewählt und zur Angebotsabgabe aufgefordert.
- Verhandlungsverfahren (§ 17 VgV): Der öffentliche Auftraggeber wendet sich mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen, um mit einem oder mehreren dieser, Angebotsverhandlungen durchzuführen.
- Wettbewerblicher Dialog (§ 18 VgV): Dies ist ein Verfahren zur Verhandlung besonders komplexer Aufträge, bei dem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Anschließend wird mit den ausgewählten Unternehmen Verhandlungen durchgeführt.19
Nationales Verfahren (unterhalb der Schwellenwerte):
- Öffentliche Ausschreibung (§ 9 UVgO): Hierbei fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Angebotsabgabe auf.
- Beschränkte Ausschreibung (§§ 10/11 UVgO):
- Mit Teilnahmewettbewerb (§ 10 UVgO): Hier fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs zur Angebotsabgabe auf. Nur die vom Auftraggeber aufgrund der übermittelten Informationen aufgeforderten Unternehmen, dürfen ein Angebot abgeben.
- Ohne Teilnahmewettbewerb (§ 11 UVgO): Hier fordert der öffentliche Auftraggeber ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb mehrere, grundsätzlich drei, Unternehmen zur Angebotsabgabe auf.
- Freie Vergabe („Direktauftrag“ - § 14 UVgO): Leistungen können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze „Wirtschaftlichkeit“, ohne Vergabeverfahren direkt vergeben werden.20
Die nachfolgende Abbildung 2 fasst die oben beschriebenen Verfahren noch einmal zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Vergabeverfahren und -arten (eigene Anfertigung)
Bekanntmachung der Ausschreibung
Die Bekanntmachung wird über die Print- und/oder Onlinemedien veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt ist es den interessierten Unternehmen ermöglicht, die Ausschreibungsunterlagen anzufordern oder downzuloaden.21
Erstellung/Versand der Vergabeunterlagen
Hierbei sollten potenzielle Auftragnehmer genau prüfen, ob sie auch alle Anforderungen erfüllen, was eine entsprechende sorgfältige Durchsicht der Unterlagen erfordert.22
Angebotsabgabe
Nach Feststellung der Vollständigkeit aller geforderten Unterlagen, Nachweisen, Referenzen, etc., das Angebot unterschrieben, kann es unter Berücksichtigung einer entsprechenden Frist, an die Vergabestelle versandt werden.23
Die Bieter sind an eine angemessene Bindefrist ihrer Angebote, i.d.R. nicht länger als 30 Kalendertage (siehe auch VOB/A, § 10), gebunden. Vorher ist bei der Ausschreibung durch den öffentlichen Auftraggeber eine angemessene Angebotsfrist festzulegen (mind. 10 Kalendertage), die dem Bieter die Möglichkeit verschafft, ein entsprechendes Angebot zu erstellen. Mit Ablauf der Angebotsfrist beginnt die Bindefrist.24
Verwahrung/Öffnung der Angebote
Alle Angebote sind manipulationssicher aufzubewahren und werden zu einem genau bestimmten Zeitpunkt eröffnet (=Submission). Hierbei ist das „Vier-Augen-Prinzip“ zu beachten. Je nach Leistungsart können Bieter persönlich zugegen sein, können aber auch ausgeschlossen werden.
Prüfung der Angebote
Bei der formellen Angebotsprüfung werden all die Angebote ausgeschlossen, die nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet, verschlossen, signiert, etc. worden sind.
Wertung der Angebote
In der Wertung/Eignungsprüfung werden die Bieter herausgefiltert, die nicht die notwendigen infrastrukturellen, personellen Ressourcen nachweisen können, bzw. die nicht über notwendige Qualifikationen, Genehmigungen oder Referenzen verfügen. An dieser Stelle können von der Vergabestelle entsprechende Nachforderungen ergehen.
Weiterhin findet hierbei die Prüfung der Zuschlagskriterien „Wirtschaftlichkeit“ und „Auskömmlichkeit des Angebots“ satt. Bieterangebote werden vom öffentlichen Auftraggeber gewertet. Diese Wertung erfolgt anhand der zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und ist i.d.R. mit einer Gewichtung versehen, da diese für die Auftraggeber sind nicht immer von gleicher Bedeutung sind. Als geeignetes Beispiel zur Gewichtung der Kriterien kann hierzu das Formblatt 227 des Vergabehandbuches des Bundes (VHB), siehe Abbildung 3 dienen. Die Gewichtung (Prozentsatz) der Zuschlagskriterien ist für jedes Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzulegen. Hierbei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Die Summe der Prozentsätze muss 100 ergeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Formblatt 227, Gewichtung der Zuschlagskriterien25
Für die Angebotswertung wird eine Punkteskala von 0 bis 10 Punkte festgelegt.
10 Punkte erhält das Angebot mit der niedrigsten Wertungssumme. 0 Punkte erhält ein Angebot mit dem zweifachen der niedrigsten Wertungssumme. Alle Angebote darüber erhalten ebenfalls 0 Punkte.
Werden bei der Ausschreibung vom Bieter neben Angaben zum technischen Wert des angebotenen Produkts auch Angaben z.B. zu Lebenszykluskosten, Betriebskosten, Energieeffizienz, etc. verlangt, sollen jeweils eigene Kriterien vorgesehen werden.26
Zuschlag (oder Aufhebung)
Der Bieter mit dem besten und wirtschaftlichsten Angebot erhält den Zuschlag (oder die gesamte Ausschreibung wird aufgehoben).
Durch den Zuschlag kommt ein Vertrag zwischen öffentlichem Auftraggeber und Bieter zustande. Nach § 148 BGB „Annahmefrist“, muss der Bieter den Zuschlag (Angebot) des Auftraggebers innerhalb der Zuschlagsfrist annehmen.
Diese Frist ist vom Auftraggeber festgelegt.
Für den Zuschlag ist durch die VOB/A keine bestimmte Form gesetzt. Er kann, im Gegensatz zur VOL/A (dort ist eine Schriftform vorgeschrieben), auch mündlich erteilt werden.
Bei einem elektronischen Vergabeverfahren wird die Schriftform durch die elektronische Signatur ersetzt.27
Information nicht berücksichtigter Anbieter / Vergabedokumentation
Bei europaweiter Ausschreibung werden zuerst die Bieter informiert, die nicht den Zuschlag erhalten haben, unter Nennung des erfolgreichen Bieters und den Ausschlussgründen. In nationalen Ausschreibungen sind die ausgeschlagenen Bieter über den Grund zu informieren.28
Die oben aufgeführte Vorgehensweise des Vergabeverfahrens, fasst Abbildung 4 noch einmal zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Stufen im Vergabeprozess29
2.2 Ökobilanz (LCA)
Ökobilanz und Lebenszykluskosten sind eng mit der Thematik Nachhaltigkeit verbunden. Eine eindeutige Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ existiert im deutschen Sprachgebrauch nicht. Nachhaltigkeit kann zusammengefasst beschrieben werden als eine Form des ökonomischen und ökologischen Handelns, die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vergleichbare oder verbesserte Lebensbedingungen durch sorgsame Anwendung der eingesetzten Elemente sichern soll.30
Im Baubereich betrachtet man Nachhaltigkeit in aller Regel im Rahmen eines „Drei-Säulen-Modells“ mit den Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziokultur. Diese Dimensionen werden dabei als gleichwertig und in wechselseitiger Beziehung zueinander gesehen, wie Abbildung 5 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit (eigene Darstellung)
Darüber hinaus existieren noch andere Modelle, so z.B. das „Ein-Säulen-Konzept“ und das „Mehr-Säulen-Konzept“, welche sich aber im Bereich des nachhaltigen Bauens eher nicht durchgesetzt haben. Das Ein-Säulen-Konzept, auch Leitplankenmodell oder Konzept der starken Nachhaltigkeit genannt, sieht die ökologische Nachhaltigkeit als vorrangig an.
Beim Mehr-Säulen-Konzept werden die ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Dimensionen durch weitere ergänzt (z.B. Kultur, Politik, etc.)31
[...]
1 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Referat Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung (2017): http://www.oekobaudat.de/ [zuletzt abgerufen am 24.09.2018].
2 See also Ministry for the Environment, Nature Conservation, Construction-, and Nuclear Safety, Department Building or Civil Engineering, sustainable construction building research (2017): http://www.oekobaudat.de/ [last downloaded September 24th, 2018].
3 https://www.juraforum.de/lexikon/vergabe-oeffentlicher-auftraege [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
4 https://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwi/Publikationen/2014/Das_Wirtschaftlichste_Angebot.pdf, Seite 2 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
5 https://www.nachhaltigkeits.info/artikel/oekobilanz_din_norm_33926_1295.htm [zuletzt abgerufen am 26.12.2018].
6 https://www.nachhaltigesbauen.de/fileadmin/Netzwerk_NB/pdf/Men%C3%BCpunkt_Unterrichtsmaterialien/13_Zusatzmodul_Lebenszykluskosten.pdf, Seite 8 [zuletzt abgerufen am 26.12.2018].
7 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/sonstiges_vergaberecht_komplett_25_4_2014_neu.pdf, S. 2 [zuletzt abgerufen am 26.12.2018].
8 http://www.forumvergabe.de/fileadmin/user_upload/Rechtsvorschriften/Annahme_Modernisierung/Klassische_Richtlinie_Endfassung.pdf, S. 154 [zuletzt abgerufen am 26.12.2018].
9 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/sonstiges_vergaberecht_komplett_25_4_2014_neu.pdf, Seite 4 [zuletzt abgerufen am 26.12.2018].
10 https://www.duden.de/rechtschreibung/Tiefbau [zuletzt abgerufen am 11.01.2019].
11 http://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/DokumentAnzeigen/dokument-anzeigen.html?idDocument=1385&view=knbdownload, S.11 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
12 https://www.fib-bund.de/Inhalt/Vergabe/VOB/ [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
13 https://www.caspers-mock.de/publikationen/vob2016_ueberblick.pdf, S. 9 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
14 Vgl.: https://www.deutscher-verein.de/de/uploads/vam/2018/f-9907-18/10_rechten_praesentation_vergaberecht.pdf, S. 8 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
15 https://www.abz-bayern.de/abz/inhalte/Anhaenge/Checkliste.pdf, S. 9 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
16 https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
17 https://www.bauprofessor.de/Zuschlagskriterien%20f%C3%BCr%20nationale%20Angebote/ad180f0a-a074-4712-9b72-c2d3cf16efb2 [zuletzt abgerufen am 20.01.2019].
18 https://www.abz-bayern.de/abz/inhalte/Anhaenge/Checkliste.pdf, S. 10 [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
19 Vgl.: https://www.vergabevorschriften.de/vgv [zuletzt abgerufen am 25.12.2018].
20 Vgl.: https://www.vergabevorschriften.de/uvgo [zuletzt abgerufen am 27.12.2018].
21 https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren [zuletzt abgerufen am 28.12.2018}.
22 https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren [zuletzt abgerufen am 28.12.2018}.
23 https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren [zuletzt abgerufen am 28.12.2018}.
24 https://www.evergabe.de/glossar/zuschlag [zuletzt abgerufen am 22.01.2019].
25 https://www.fib-bund.de/Inhalt/Vergabe/VHB/Lesefassung_VHB2017.pdf, S. 163 [zuletzt abgerufen am 20.01.2019].
26 https://www.fib-bund.de/Inhalt/Vergabe/VHB/Lesefassung_VHB2017.pdf, S. 163 [zuletzt abgerufen am 20.01.2019].
27 https://www.evergabe.de/glossar/zuschlag [zuletzt abgerufen am 22.01.2019].
28 https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren https://www.submission.de/rund-ums-thema-ausschreibungen/ablauf-von-vergabeverfahren [zuletzt abgerufen am 28.12.2018}.
29 https://www.bonpago.de/die-vergabe-wird-digital-welche-chancen-bietet-die-e-vergabe.html [zuletzt abgerufen am 28.12.2018}.
30 https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/definitionen_1382.htm [zuletzt abgerufen am 26.01.2019].
31 Vgl. Litau: Nachhaltiges Facility Management im Wohnungsbau, 2015, S. 4.
- Arbeit zitieren
- Klaus Michael Gottfreund (Autor:in), 2019, Ökobilanzen im Tiefbau. Eine Methodik zur Berücksichtigung der Lebenszykluskosten bei der Bauvergabe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1033450
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