Entstehung von Aggressionsverhalten in der Individualentwicklung
Genetisches Material
Häufigkeit des Auftretens von aggressivem Verhalten
- Erziehung durch körperliche Misshandlungen (Bestrafung)
- positive Erfahrungen mit dem Zeigen von aggr. Verhalten
- aggressive Menschen als Vorbilder oder Bezugspersonen
- fehlende Selbstachtung
- Gewaltfreie Erziehung (Konfliktlösung)
- negative Erfahrung mit dem Zeigen von nicht-aggr. Verhalten
- nicht-aggressive Menschen als Vorbilder oder Bezugspersonen
- gesundes Selbstwertgefühl
Aggression - angeboren oder erlernt?
Immer mehr Jugendliche zeigen sich gewaltbereit und die Hemmschwelle für brutale Überfälle auf andere Menschen sinkt ständig . Woher kommt solch aggressives Verhalten?
Entstehen gewalttätige Tendenzen in der Kindheit, sind sie angeboren oder ein Resultat der Umwelt?
Diese Fragen kann die Soziologie bis heute nicht eindeutig beantworten. Doch an dieser Stelle soll das Phänomen Aggression näher untersucht werden, auch wenn es zu keiner vollständigen Aufklärung der Ursachen aggressiven Verhaltens kommen kann und lediglich begründete Vermutungen dargelegt werden sollen.
Zunächst gilt es, den Begriff der Aggression genauer zu umschreiben um das Gebiet, auf dem man sich bewegt weiter einzuschränken.
"Als Aggression werden alle diejenigen Verhaltensweisen bezeichnet, bei der ein Lebewesen ein anderes bedroht oder angreift." 1 )
Da diese Begriffsklärung sowohl für Tiere als auch für Menschen zutrifft, soll eine weitere Abgrenzung vorgenommen werden.
"Beim Menschen kann sich Aggression gegen andere Personen, gegen sich selbst oder gegen Sachen gerichtet sein. Menschliche Aggression äußert sich verbal, in Gestik oder Mimik oder als körperliche Gewalt. Aggression kann verdrängt, also ins Unbewusste abgedrängt werden (wo sie weiter wirksam ist), oder sie kann sich gegen ein Ersatzobjekt richten, an dem der Aggressionsimpuls risikolos abreagiert wird." 1 ) Über den Ursprung von Aggression wird schon lange diskutiert, die Theoretiker des Nativismus sind beispielsweise der Überzeugung, dass Aggression bei Menschen wie bei Tieren ein angeborenes Verhalten ist. Doch im Laufe der Stammesgeschichte wurden die Menschen immer mehr zu sozialen Wesen, durch Arbeitsteilung wurde Sozialverhalten zum größten Bestandteil des menschlichen Verhaltensrepertoires. Obwohl man die Wurzeln des Menschen nicht unbedacht lassen darf, da sie ja einst als Jäger uns Sammler ums Überleben kämpften und von der Zivilisation weite entfernt waren, werden im Laufe der Evolution nur diejenigen genetischen Grundlagen weitergegeben, die sich in Anpassung an die Umwelt als am vorteilhaftesten erwiesen haben, dürfte diese Theorie als alleinige Erklärung untauglich sein. Die milieu-theoretisch fundierte Wissenschaft hingegen sucht den Ursprung von aggressivem Verhalten ausschließlich in Frustrationen die eben Aggression zur Folge haben. Doch nicht jeder Mensch reagiert gleich auf eine Niederlage, eine schlechte Nachricht oder körperliche Schmerzen, jeder kennt Menschen, die leicht "frustriert" sind, andere hingegen lassen negative Ereignisse hinter sich und konzentrieren sich ohne mit der Wimper zu zucken auf neue Ziele. Nicht jeder "frustrierte" Mensch ist auch aggressiv, ob nun als Spätfolge oder Spontanreaktion. Auch die Lerntheoretiker scheinen sich nicht ganz auf dem richtigen Pfad zu befinden, aggressives Verhalten kann nicht nur durch Nachahmung oder als Lernen am Erfolg erlernt werden. Jedes menschliche Verhalten lässt sich letztlich auf ein instinktives angeborenes Verhalten zurückführen oder aus mehreren kombinieren, welches Verhalten also soll Grundlage für Aggression bilden?
Man ist sich heute immerhin so weit einig, dass man annimmt, aggressives Verhalten sei sowohl genetisch bedingt als auch von Umwelteinflüssen abhängig. Aggression bei einem Individuum setzt sich also aus dessen stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenese) und dessen persönlicher Individualentwicklung (Erlebnisse, Erfahrungen, Ontogenese) zusammen.
Die Erfahrungen, die ein Mensch in der Kindheit macht, sind für ihn prägend. Jeder Mensch kommt zwar mit einem bestimmten
Verhaltensrepertoire auf die Welt, trägt also bestimmte Tendenzen (Möglichkeiten zu Verhaltensmustern) in sich, deren Realisierung ist allerdings stark umweltabhängig.
"Aggressive Handlungen sind oft von Erfolg gekrönt - der Aggressor wird also belohnt -, so dass diese nach Möglichkeit wiederholt werden. Kinder lernen beispielsweise, dass sie durch Aggression den Besitz von Spielzeug oder die Aufmerksamkeit der Eltern erreichen können, und sie beobachten aggressives Verhalten bei anderen. Im gewalttätigen Verhalten mancher Jugendbanden finden deren jüngere Mitglieder Vorbilder für die eigene Aggression. Kinder, die von Eltern mit körperlicher Gewalt diszipliniert werden, wenden häufiger im Umgang mit anderen auch selbst Gewalt an -, und Eltern, die ihre Kinder misshandeln, wurden zumeist in ihrer Kindheit selbst misshandelt."1 )
Wird also in der Kindheit aggressives Verhalten positiv verstärkt, so nimmt die Häufigkeit des gezeigten Verhaltensmusters zu. Wird jedoch parallel dazu soziales bzw. weniger aggressives Verhalten nicht positiv verstärkt oder nicht beachtet, so nimmt die Wahrscheinlichkeit des Zeigens solcher Verhaltensweisen ab und das Kind merkt schnell, dass aggressive Handlungen Aufmerksamkeit erregen wogegen andere Muster keine Beachtung finden.
Eltern liegen falsch mit der Annahme, dass eine Strafe nach dem Zeigen von aggressivem Verhalten diese Muster deaktiviert, Kinder merken durch eine Strafe nicht, welchen Fehler sie genau begangen haben sondern speichern in ihrem Kopf nur die Information, dass aggressives Verhalten Aufmerksamkeit erregt.
Daher ist es für Kinder ebenso wichtig, Lob und Anerkennung zu erfahren, wenn sie nicht-aggressive Verhaltensmuster zeigen, damit sie die Erfahrung machen, dass nicht nur aggressives Verhalten zum Erfolg führt.
Sind Kinder jedoch in den ersten Jahren nicht zu dieser Erkenntnis gekommen, beginnt eine weitere Episode im Leben eines als aggressiv angesehenen Kindes: Im Kindergarten werden aggressive Kinder abgelehnt und schnell zu Außenseitern, die wiederum nur durch Aggression auf sich aufmerksam zu machen versuchen, da andere Muster schon früher nicht zu Erfolg geführt habe. Und das Konzept solcher Kinder geht auf, ständig muss eine Betreuerin in ihrer Nähe sein, um auf es Acht zu geben. Aggressive Kinder können nicht verstehen, warum sie nicht akzeptiert werden und daher ist es im Kindesalter schon schwierig, einem solchen Kind zu zeigen, wie es sich richtig verhalten müsste. Einher gehen solche Entwicklungen oft mit einem geringen Selbstwertgefühl durch die fehlende Anerkennung von Altersgenossen. Sie verschließen sich anderen und finden schwer Anschluss in der Schule. Allerdings werden schnell andere aggressive Kinder auf sie aufmerksam und durch Konkurrenzkämpfe untereinander nimmt das Schicksal solcher Kinder häufig seinen Lauf, denn es erfordert Liebe, Aufmerksamkeit und viel Zeit, solchen Kindern zu helfen, denn sie lassen niemanden an sich heran und beantworten Fürsorge mit Aggressivität.
Quellen: 1) Microsoft Encarta 1999
Abiturwissen (Weltbild Verlag, Ausgabe 2000, S.422-437)
Wissensspeicher Biologie (Volk und Wissen, 1998, S255-269)
- Arbeit zitieren
- Conny Quade (Autor:in), 2001, Aggression bei Jugendlichen und ihre Ursachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103425