Entwicklung Irlands und seiner Bevölkerungsgruppen von der Reformation zur Restauration

Von einer ethnischen zu einer konfessionellen Trennung


Ausarbeitung, 2000

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


DIE ENTWICKLUNG IRLANDS UND SEINER BEVÖLKERUNGSGRUPPEN VON DER REFORMATION ZUR RESTAURATION

(Von einer ethnischen zu einer konfessionellen Trennung)

Einleitung

In der Betrachtung der Irischen Geschichte ist stets die Rede von einer Trennung nach Katholiken und Protestanten. Oft wird übersehen, dass sich diese Unterscheidung erst im Laufe der Geschichte entwickelte. Bereits seit dem 12. Jahrhundert war Irland durch normannische, katholische Siedler mit England verbunden. Eben jene Siedler bildeten eine Bevölkerungsgruppe, die lange Zeit zwischen der keltisch-irischen Urbevölkerung und den protestantischen Siedlern des 17. Jahrhunderts stand.We shall misunderstand the Anglo-Irish completely unless we remember that they represent something more than the final layers in a process of colonisation that had been going on since the 12. Century1. Als Anglo- Irish werden alle englisch stämmigen Bewohner der irischen Insel bezeichnet. Auch die bei Ankunft der Siedler der „Plantation“ im Jahre 1603 schon seit 400 Jahren in Irland lebenden „Old English“, wie sie im Vergleich zu den „New English“ des 17. Jahrhunderts bezeichnet wurden, sahen sich durchaus noch als Engländer. Durch ihre Religion sahen sie sich jedoch im Laufe des 17. Jahrhunderts schrittweise von den Protestanten verdrängt, was dann zur „Protestant Ascendancy“, also der endgültigen Vormacht der Protestanten in Irland führte.

1. Irland nach der Reformation 1536

Nachdem 1536 das Supremat Königs Heinrich VII. über die Kirche anerkannt worden war, was die Reformation seines Königreichs einläutete, begann auch in Irland die Enteignung von kirchlichen Besitztümern. An sich war dieses Vorgehen in Irland kaum zu rechtfertigen, galt Irland doch offiziell als Lehen des heiligen Stuhls an die englische Krone. Mit der Anerkennung König Heinrichs VIII. als König von Irland 1541, wurde dieser Herrschaftsanspruch jedoch neu definiert und läutete die endgültige Machtausdehnung Englands auf der irischen Insel ein. Einen wichtigen Beitrag zur Etablierung der Engländer in Irland leistete Anthony St. Leger, der Gouverneur Irlands von 1540-1547. Er suchte die alteingesessene Bevölkerung durch eine Strategie des „Surrender and Regrant“ eng an die Krone zu binden, und das in Irland inoffiziell noch vorhandene Hochkönigtum vollends zu eliminieren. So mußten alle Adligen sich formal dem König gegenüber ergeben (surrender) und ihr Land der Krone übergeben, wurden jedoch, nach Leistung eines Treueids, mit neuen Titeln und Rechten als loyale Untertanen in die neue „nobility“ aufgenommen (regrant).

Auch unter Edward VI (1547-1553) wurde eine weitere Sicherung des englischen Einflusses auf irischem Boden vorangetrieben. So wurden erste befestigte Garnisonen errichtet, um die als sozio-kultureller Schutzwall gegen irische Barbaren englische Bevölkerungsgruppen angesiedelt wurden. In politisch unsicheren Gebieten wurde Land gezielt an englisch- stämmige Adlige vergeben, die durch ihre Anwesenheit eine Rebellion der irischen Kleinkönige verhindern sollten. Eine besondere Rolle spielte hier bereits der Norden Irlands. Da in dieser Region heftige Erbfolgekriege im mächtigsten Königsgeschlecht Irlands, der O’Neills, ausgebrochen waren, galt die Region allgemein als unsicher und eine englische Besiedlung schien hier in besonderen Maße ratsam. Zusätzlich zu den Erbfolgekriegen schürten auch die wiederholten Landumverteilungen Unwillen in der irischen Bevölkerung. Die 1553 durch Maria die Katholische rückgängig gemachte Reformation sowie deren Landreformen wurden mit Regentschaft Elisabeths I. wieder umgekehrt.This long period of fluctuating policy, foreign intervention, ecclesiastical revolution and military conquest had put a heavy strain on theEnglish of Irelandand left them in a dubious position.2Bis 1603 herrschten Aufstände der Anhänger der O’Neills (des inoffiziellen Hochkönigs von Irland), die teilweise vom katholischen Spanien, teilweise auch vom Heiligen Vater selbst unterstützt wurden, der über die zunehmende Protestantisierung Irlands keineswegs erfreut war. O’Neill schaffte es, einen Großteil der irischen Bevölkerung in seinem Gefolge zu vereinen, was in den vorangegangenen Jahrhunderten durch das in kleinste Königreiche aufgeteilte Irland undenkbar gewesen war. Zwar konnte 1603 ein Friedensvertrag mit O’Neill geschlossen werden, der ihn jedoch von jedweder politischen Macht lossprach. So schloß sich der letzte irische König, der sich noch als Hochkönig der Insel verstanden hatte und unter dem zum ersten Mal in der Geschichte eine gesamtirische Rebellion stattgefunden hatte, einigen anderen irischen Adligen an und floh nach Europa ins Exil.

Nach dieser „Flight of the Earls“ im Jahre 1607, entstand mit Flucht des gesamten irischen Hochadels ein Machtvakuum auf der Insel. Dies war die Gelegenheit für England, durchschlagenden Maßnahmen zu ergreifen, um die störrische Nachbarinsel endgültig zu unterwerfen.

2.“Planatation of Ulster“ 1607 und ihre Auswirkung auf die Bevölkerung

Während all der Aufstände und Schwierigkeiten des 16. Jahrhunderts, war eine Bevölkerungsschicht in Irland durch eingehende Unterstützung der Interessen Englands hervorgetreten; die sogenannten „Old English“. Diese Nachkommen der ersten normannischen Siedler des 12. Jahrhunderts, waren der Krone gegenüber immer loyal verblieben. Sie waren es, die Irland als erste Kolonie Englands etabliert hatten. Waren sie vorher noch als „foreigners of Ireland, people who had an established place in the country, but who yet remained foreign to the Gaels3, so waren sie nun, etwa 400 Jahre später bereits voll in die irische Gesellschaft integriert. Dennoch hatten sie während der gesamten Zeit, und besonders im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, den Einfluß der Krone in Irland ermöglicht. Auch war die Unterwerfung des Adels zum großen Teile das Verdienst der Old English gewesen. Der nun jedoch systematisch nach der Konfiskation des Besitzes der geflohenen Earls betriebenen Besiedlung Irlands durch protestantische englisch-stämmige Siedler, standen diese katholischen Loyalisten jedoch kritisch gegenüber. Ab 1610 wurde Land nach bestimmten Kriterien an englisch stämmige Siedler vergeben.

(Landverteilung durch die Plantation4)

25% des Landes ging anundertakers, englische Grundherren, die sich neben dem Treueid noch dazu verpflichteten, je 25 kräftige, junge, möglichst englische und protestantische Pächter mit auf ihre neuen Ländereien zu bringen. Weitere 20% der Gebiete ging an servitors, gediente Soldaten und Offiziere, Beamte oder Kleriker. Das übrige Land wurde unter zuverlässigen, loyalen irischen Grundherren (zumeist aus den Reihen der Old English) aufgeteilt. Die neuen Siedler aus England, die ihre protestantische Kultur nach Irland brachten, wurden entsprechend als „New English“ bezeichnet. Viele von ihnen sahen Irland und die Aussicht auf günstige Ländereien als willkommene Alternative zur Auswanderung in die Neue Welt. Allerdings stellte sich der erhoffte Wohlstand nicht so schnell und unproblematisch ein wie England es ihnen versprochen hatte: die vertriebenen Iren überfielen die neuen Siedler, die sich wie koloniale Eroberer zur Wehr setzen mußten Sie waren anfangs noch sehr auf die Erfahrungen der ersten Siedler, also der Old English angewiesen, die Anfang des 17, Jahrhunderts noch große politische Macht innehielten. Die Old English sahen sich der Tatsache gegenüber, dass jeder protestantische Siedler ihren Einfluß schmälerte und fürchteten um ihre zukünftige Position. Durch die Plantation waren zwei nebeneinander existierende soziale Systeme entstanden, oder vielmehr geschaffen worden. Auf der einen Seite stand die verhältnismäßig kleine Gruppe der neuen protestantischen Siedler, die politisch jedoch dominierten, auf der anderen Seite standen die zusammengewachsenen Bevölkerungsgruppen der Keltiren und die anglo-normannischen Old English. Die Siedler sahen sich in einer doppelten Minorität: während sie im Norden dominierten, stellten sie jedoch im gesamtirischen Kontext eine Minderheit dar.

3. Einflußverlust der Old English und Aufstieg der New English bis 1641

Zwar hatten die Old English durch historische Verdienste einige Ansprüche gegenüber dem seit 1625 regierenden Karl I., jedoch waren sie keineswegs in der Position ihre Ansprüche einklagen zu können. Ihr erstes Anliegen war, die Protestanten davon zu überzeugen, daß sich die Ausübung des katholischen Glaubens mit ihrer Loyalität zur englischen Krone durchaus vertrug. Die Schaffer der ersten irischen Kolonie mußten sich stets rechtfertigen und ihre Bindung zu England bestätigen. So nahmen anglo-normannische Familien - im Laufe der Jahre „succumbed under [...]Irish advance and took to using the Irish language, Irish dress, Irish hair-styles, even Irish names5- ihre englischer klingenden Nachnamen wieder an. Eine Gelegenheit ihren König zu unterstützen bot sich, als dieserein[en] jahrzehntelangen Frieden mit Spanien auf dem Altar persönlicher Eitelkeiten [ge]opfert6und die Verteidigung Irlands zwecks mangelnder Mittel zur Befestigung der Insel gegen eine „papistische“ Invasion aus dem katholischen Spanien zum Problem wurde. Die durch eine führende Position im Handel zu Wohlstand gelangten Old English boten dem König die Aufstellung von Armeen aus ihren eignen Mitteln, um ihr Land gegen die spanischen Brüder im Glauben zu verteidigen und so die Befürchtungen des Königs zu zerschlagen. Die Gefahr bestand, dass Irland als Ausgangspunkt für kontinentale Machterweiterung in Richtung der englischen Krone benutzt werden könnte. Auch drohte von Innen eine Rebellion: Es wurde gemunkelt, daß die irische Grundbevölkerung für den katholischen König Philipp von Spanien und seine Invasion betete. Karl wäre wohl gerne auf das Angebot der Old English eingegangen. Jedoch stellten sich ihm sein zunehmend aus Puritanern bestehendes Parlament und die erstarkten New Englisch entgegen. Während die puritanischen Parlamentarier dem König eine pro-katholische Politik vorwarfen, die ihrem eigenen Ziel der Unterdrückung aller papistischen Strömungen entgegen gerichtet war, betonten auch die New English die Gefahr, die von einer bewaffneten katholischen Armee in Irland ausginge und forderten die unbedingte Einhaltung eines protestantischen Militärmonopols auf der Insel. So wurde- wiederum von den Old English- ein Kompromiß vorgeschlagen: Sie leisteten die so dringend benötigten Abgaben, und erhielten im Gegenzug Zugeständnisse in Kirchen- und Glaubensfragen. Trotz Einspruch der New English, die ihre Vormachtstellung angetastet sahen, wurde 1628 ein Abkommen in Form der „Matters of Grace and Bounty“ abgeschlossen. Auch setzten die Old English eine Machtbeteiligung im Parlament durch, wo sie gemäß ihres hohen Anteils in Adel und Bürgertum gewissen Einfluß erlangten. So war das irische Parlament noch die letzte Instanz, in der die Old English auf politische Entwicklungen Einfluß nehmen konnten. Ab 1629 nahmen Spannungen in Irland zu; die Puritaner begannen einen Feldzug gegen den Katholizismus, konfiszierten sämtlichen katholischen Kirchenbesitz und verboten die Abhaltung von Messen.

Karl war mittlerweile in England darum bemüht, seine Macht gegenüber seinem Parlament zu stärken. Er ernannte seinen Vertrauten Thomas Viscount Wentworth zum neuen königlichen Bevollmächtigten in Irland. So stellte er sicher, dass in Irland seine Interessen verfolgt wurden, während er sich auf England konzentrierte. Wentworths Aufgabe bestand hauptsächlich darin, den Konflikt zwischen den beiden englisch stämmigen Parteien in Irland zu vermeiden und desweiteren die Autarkie Irlands zu erreichen. Bisher waren königliche Vertreter in Irland immer auf die finanzielle Unterstützung Englands angewiesen, um die Macht der Krone zu gewährleisten. Die Festigung der königlichen Macht war das erste Ziel und schien durch die Zurückdrängung des Einflusses der Old English im Parlament am leichtesten erreicht zu werden. Wentworth begann umfassende Reformen der Administration. Im Parlament stellte er zwei, zahlenmäßig gleich starke, Gruppen von New und Old English gegenüber. Zwischen diese beiden Gruppierungen setzte er eine Einheit von loyalen Regierungsbeamten, die durch Unterstützung einer Seite dieser die Mehrheit bringen konnte. So sicherte Wentworth, daß die im irischen Parlament getroffenen Entscheidungen immer auch den Interessen der Krone dienlich waren. Weitere Umwälzungen im Bereich der Administration traf Wentworth durch die Einsetzung von Personen seines Vertrauens in sämtliche politische und kirchliche Ämter. Durch diese Maßnahmen sahen nun nach den Old English auch die New English eine Einschränkung ihrer vorherigen Macht und zogen sich aus Protest aus der Politik zurück. Wentworth führte vor allem in Connaught eine Neuverteilung von Boden durch. Bei der Beschlagnahmung katholischen Besitzes unterschied er keineswegs nach kelt-irischer und anglo-normannischer Herkunft, sondern lediglich nach katholisch und nicht-katholisch. Hier zeigte sich klar, was in den vorausgegangenen Jahren als Tendenz bereits offenbar gewesen war: Die ethnische Trennung nach kelt-irischer, anglo-normannischer und englischer Herkunft wurde endgültig durch eine konfessionelle Trennung abgelöst. Die fortwährende Bemühung der Old English um Anerkennung und Lohn ihrer Loyalität zur Krone hatte sich für sie nicht ausgezahlt.

König Karl hatte auf der anderen Seite der irischen See ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Sein absoluter Machtanspruch hatte ihm im Parlament Feinde geschaffen. Auch seine Bestrebungen die Kirchenstrukturen zu zentralisieren stiessen auf Widerstand. Die Prebyterianer in Schottland, die die erste Zielgruppe der Reformen darstellten, sahen ihre Identität als eigenständige Bevölkerungsgruppe innerhalb des englischen Reiches bedroht. Der Widerstand gegen die anglikanischen Reformen manifestierte sich 1638 in der Gründung der „Solemn League and Covenant“. Diese Vereinigung erklärte sämtliche Kirchenreformen für ungültig, und sah sich unter einer drohenden Konfrontation mit dem König nach Bündnispartnern um. Sowohl Frankreich als auch viele der großenteils nach Nordirland übersiedelten Schotten sagten ihre Unterstützung zu. Während Karl in England eine Armee zusammenzog, um den Verfall seiner Macht aufzuhalten, ließ Wentworth die Bevölkerung Irlands ausdrücklich dem „Covenant“ abschwören.

Als das englische Parlament sich weigerte, den König in seinen Bestrebungen in Schottland zu unterstützen, löste dieser es umgehend auf und zog mit seinen Streitkräften an die schottische Grenze. Hiermit hatte er seinen Untergang besiegelt. Das Parlament schlug sich auf die Seite der aufständischen Schotten um den Sturz Karls herbeizuführen. Auch in Irland wirkten sich die Feindseligkeiten aus. Während sich in England das puritanisch-calvinistische Parlament verbündet mit den presbyterianischen Schotten und die gemäßigt protestantische Krone gegenüber standen, so begegneten sich in Irland Royalisten und die katholische Konföderation bestehend aus der gesamten katholischen Bevölkerung, also sowohl Old English als auch Old Irish. Zusammen mit dem König verlor auch sein getreuer Freund Wentworth an Einfluß. Die katholische Bevölkerung hatte sich während der Herrschaft Wentworths zunehmend angenähert und war um 1641 bereit zum bewaffneten Aufstand gegen die Krone, die die geforderte Rekonstitution der katholischen Rechte immer noch standhaft verweigerte. Unter der Führung von alten irischen Adelsfamilien wurde die Rückeroberung Ulsters durchgeführt. Allerdings wurde auch jetzt noch betont, dass sich der Aufstand nicht etwa gegen den König, sondern gegen die Unterdrücker - die protestantische Bevölkerung - gerichtet war. Trotz des Befehls an die rückerobernden Truppen keine Protestanten anzugreifen eskalierte die Situation am 23. Oktober in Portadown, wo innerhalb weniger Stunden 12 000 Protestanten, darunter Frauen und Kinder, niedergemetzelt wurden. Auch heute noch hält die „Schlacht von Portadown“ Sybolcharakter inne, und wird von den Orangisten auf ihren Bannern als Mahnung getragen.

Auch für die Old English stellt Protadown einen Wendepunkt dar. Zum ersten Male hatten sie sich vollends auf die Seite der irischen, katholischen Bevölkerung gestellt. Von nun an konnte man ihnen trotz ihrer fortwährenden Loyalitätsbekundungen kein volles Vertrauen mehr entgegen bringen. Von nun an würden die New English und die Engländer kaum Unterschied mehr zwischen Old Englisch und Old Irish machen, es gab nur für sie nur nicht- puritaner, also Katholiken.

4. Die Zurückdrängung des Katholizismus bis zur „Battle of the Boyne“ 1690

England, das selbst mit einem Bürgerkrieg zu kämpfen hatte, stellte umgehend ein Heer unter der Führung von J. Butler, dem Grafen von Ormond auf, einem absolut loyalen Puritaner. Seine Aufgabe war es, die Macht der Katholiken zu brechen und das irische Parlament an der Unterstützung der schottischen Rebellen zu hindern. Er erreichte 1643 die Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens.1646 dann, wurde ein Friedensabkommen zwischen Ormond und den Konföderierten geschlossen. „DasAbkommen selbst war bemerkenswert unpräzise formuliert und spiegelte die Instabilität derZeit wider. Es enthielt keinerlei konkrete Aussagen in Religionsfragen. Statt dessen wurdeauf künftige Entscheidungen des Königs verwiesen.7Einige Interessen der Old Englishwurden berücksichtigt. So wurde sämtliche Schuld am Aufstand 1641 den Old Irish zugewiesen, einem von jeher gerne genutzten Sündenbock, und gegenüber allen am Aufstand beteiligten Old English eine Generalamnestie erlassen.

Inzwischen war auch der Krieg in England in seiner entscheidenden Phase angelangt. Die Schotte waren von englischen Truppen unter Oliver Cromwell geschlagen. Der König selbst wurde in einem zweifelhaften Prozeß vom Parlament und der militärischen Führung zum Tode verurteilt und am 30. Januar 1649 hingerichtet.

Cromwell, der sich durch besondere Leistungen während des Bürgerkriegs ausgezeichnet hatte, wurde zum neuen Vizekönig Irlands bestimmt, hatte sich aber auch Macht im englischen Parlament gesichert. Dieses bestand nämlich zu großen Teilen aus seinen treuen Gefolgsleuten. Der als unnachgiebig geltende Puritaner hielt das protestantische, englische Volk für Auserwählte Gottes und setzte sich für eine globale Offensive gegen das Papsttum ein. Die systematische Rückeroberung Irlands begann mit der Landung einer 12 000 Mann starken Armee. Die Bevölkerung der Stadt Drogheda wurde nach einer Belagerung unnachgiebig hingemetzelt, was unter dem Begriff „furor cromwellicus“ in die Geschichte einging. Die Ermordung der Einwohner wurde sodann in verschiedener Weise gerechtfertigt: die protestantische Bevölkerung habe nach Rache für die „Schlacht von Portadown“ 1641 verlangt. Man habe die Soldaten schlichtweg nicht zurückhalten können. Weiterhin demonstriere Cromwell so die Stärke und Unnachgiebigkeit der neuen Machthaber und vermeide so weiteres Blutvergießen auf dem Weg zur Rückeroberung der gesamten Insel. Bestätigt wurde letztere Annahme durch die geringe Anzahl an Schlachten, die geführt werden mußten. Lediglich die wichtige Hafenstadt Wexford im Süden leistete noch nennenswerten Widerstand. Die durch die Beulenpest 1650 stark geschwächten Iren konnten der Offensive Cromwells letztlich nichts mehr entgegen setzen, und so war die Rückeroberung der kompletten Insel nach nur drei Jahren bereits 1653 abgeschlossen.

Der nun folgende Cromwell’sche „Settlement Act“ führte einmal mehr zu einer Neuverteilung des Grundbesitzes. Die Iren wurden von fruchtbaren Böden vertrieben und mußten sich in den unwirtlicheren Gebieten Connachts niederlassen. ‚To hell or to Connacht‘, andere Alternativen gab es kaum. Ein Großteil des Landes wurde an Cromwells Leute vergeben. Um seinen Feldzug finanzieren zu können, hatte er Pfandbriefe ausgeschrieben. Auch erwarteten seine Soldaten eine Besoldung in Form von Grundbesitz. Diese Offiziere und ihre Familien bildeten die neue, grundbesitzende Klasse der New Protestants. Das Land, das Cromwell so großzügig verteilte, war ausschließlich katholischen Grundbesitzern abgenommen worden. Die Neustrukturierung der politischen Landschaft wurde ebenfalls zu Lasten der katholischen Bevölkerung durchgeführt. Das englische Rechtssystem wurde eingeführt und das irische Parlament Westminster einverleibt, wobei den Iren 30 der insgesamt 460 Sitze zugesprochen wurden. Auch hinsichtlich der Religion brachten die radikal-puritanistischen New Protestants Neuerungen. Ein Religionserlass verbot katholische Gottesdienste grundsätzlich. Katholische Lehrer und Priester sahen sich Bekehrungsversuchen gegenüber. Viele von ihnen flüchteten in die Moore und hielten unter freiem Himmel Messen für die dortigen Gläubigen. Das ‚Interregnum‘ Cromwells, er war faktisch uneingeschränkter Herrscher, hielt solange an bis Karl II.1660 den Thron bestieg.

Die Opposition des Parlaments bestehend aus katholischen und gemäßigt protestantischen Mitgliedern hatte die Puritaner zurückgedrängt und den Sohn Karls I. inthronisiert. Dieser hatte um seiner Thronbesteigung willen Versprechen nach allen Seiten abgegeben. Den Old English gab er als Lohn für ihre Unterstützung die Aussicht auf Land und religiöse Toleranz. Schließlich hatten sie sich stets loyal zur Krone verhalten. Widersprüchliches hatte er den New English versprochen: Der status quo sollte bewahrt werden. Der König war von der Realisierbarkeit seiner Versprechen überzeugt, stellte seine Beamte jedoch vor unlösbare Probleme. Diese sollten einmal mehr durch eine Landreform gelöst werden. Die Leidtragenden waren wiederum einmal mehr die Old Irish, die als einzige keine Zugeständnisse des Königs zu erwarten hatten. Langsam und stetig war der katholische Anteil an Grundbesitz, der 1641 noch 60% der Fläche betragen hatte, auf 10% im Jahre 1662 gefallen, obwohl die Katholiken stetig einen Bevölkerungsanteil von 70% darstellten (davon 10% Old English). Die Regentschaft Karls II. stellte eine ruhige Zeit für die katholische Bevölkerung dar, der von nun an wieder erlaubt war, ihren Glauben zu praktizieren. Der König suchte sich einen mächtigen Bündnispartner, um seine Macht unabhängig vom Parlament auszubauen. Schließlich hatte ihm das Schicksal seines Vaters eine gewisse Vorsicht vor der Macht des Parlaments als notwendig demonstriert. Weitere Anliegen waren: die Beschaffung von finanziellen Mitteln und die Ausweitung der wirtschaftlichen Macht Englands. In Ludwig XIV. von Frankreich schien der ideale Partner gefunden. Allein, dass dieser Bündnispartner Katholik war brachte Karl einige zweifelnde Reaktionen ein. Dennoch ging Karl die Allianz ein, und bot Ludwig als Gegenleistung für obige Unterstützung die Zusage, Frankreich im Kampf gegen die (protestantischen) Niederlande beizustehen. Die Zeit der Restauration war eine kurze Zäsur in der Entwicklung der protestantischen Macht. Die New English büßten zu keiner Zeit genug Macht ein, um in Sorge um ihre Stellung zu geraten. Für die Old English bezeichnete die Regentschaft Karls II. eine Zeit der noch nicht vollends begrabenen Hoffnung auf Anerkennung und Verbesserung ihres Status.

1685 folgte Jakob II seinem Bruder auf den Thron. Mit ihm trug ein katholischer Regent die Krone des nunmehr seit fast 100 Jahren protestantisch geprägten England. Ihm war durchaus bewußt, dass während die Katholiken hoffnungsvoll seiner Regentschaft entgegen blickten, ihm von der protestantischen Seite eher Argwohn und Mißtrauen entgegen schlugen. Um seine Macht zu konsolidieren brauchte er die Unterstützung der Protestanten, daneben stand er noch bei Ludwig XIV von Frankreich in der Pflicht, die Lage der katholischen Bevölkerung zu verbessern. So wurde die Einsetzung eines neuen Vizekönigs für Irland von beiden Seiten argwöhnisch betrachtet. Letztlich schaffte Jakob eine Kompromißlösung: während die Vizekönigswürde einem Protestanten zuteil wurde, bekam der katholische Wunschkandidat Tyrconnell den Oberbefehl über die Irische Armee. Tyrconnell war ein Vertrauter und Berater des Königs, der sich in Irlandfragen nur zu gerne auf ihn verließ. Tyrconells Reformen umfaßten eine zu 2/3 aus Iren bestehende Armee, Irische Beamte, und nicht zuletzt die Einsetzung von irischen Verwaltungschefs in den Grafschaften der Insel. Die Protestanten verfolgten diese Entwicklung sicherlich nicht mit Wohlbehagen. Warum sie sich nicht auflehnten ist wohl der Tatsache zuzuschreiben, dass in Maria, der Frau Wilhelms von Oranien in den Niederlanden eine Thronfolgerin protestantischer Religion in Aussicht stand. Die Protestanten verhielten sich schlichtweg abwartend, bis ihre Hoffnungen getrübt wurden. Mit der Geburt eines direkten Thronfolgers, schien die Fortführung der katholischen Linie gewährleistet und die protestantischen Hoffnungen begraben. Dieses konnten die Protestanten jedoch nicht einfach hinnehmen. Während Jakob sich mit Wilhelm überwirft, werden in England Gerüchte über einen geplanten Staatsstreich laut. Zu seinem Schutz ruft König Jakob irische Truppen unter Tyrconnell nach Südengland, was die protestantische Armee zu offener Revolte provoziert. Bevor er mit Waffengewalt gestürzt werden kann, flieht Jakob zu seinem Gönner Ludwig nach Frankreich.

Nach dieser bemerkenswert unblutigen „glory revolution“ zieht Wilhelm von Oranien als neuer Herrscher ein. Jedoch nicht, bevor nicht alle Rechtsfragen geklärt sind, um den neuen König abzusichern. 1689 erkennt Wilhelm die vom Parlament aufgestellte „Bill of Rights“ an. Der König besitzt fortan keine Befugnis mehr das religiöse Bekenntnis oder andere Rechte und Freiheiten der Parlamentsmitglieder anzutasten. Weiterhin ist er in Rechts- und Finanzfragen eingeschränkt. Zuletzt ist die Königswürde als vererbbarer Titel abgesetzt. Die einschneidende Bedeutung der „glory revolution“ besteht darin, dass zum ersten Mal in Europa die herrschende Klasse ihren Souverän wählt und ihm auch die Rahmenbedingungen seiner Macht vorschreibt.

Die Anhänger des jakobitischen Statthalters Tyrconnell machten sich derweil in Irland auf eine über kurz oder lang kaum vermeidbare Konfrontation mit den Anhängern des neuen Königs gefaßt. Schließlich lässt Wilhelms Banner nichts Gutes für die katholische Bevölkerung vorhersehen: “pro religione protestante et pro libero parlamento“. Bis 1689 stehen in Irland 20 000 Katholiken unter Waffen. Unter dem Kommando Tyrconells werden die Protestanten der Insel weitgehend entwaffnet. Viele fliehen zurück nach England und überlassen ihre Ländereien den katholischen Soldaten. Unter dem Druck der Flüchtlinge setzt Wilhelm Irland als ein Problem erster Ordnung an vorderste Stelle seiner Politik. Ludwig XIV. überwirft sich mit Wilhelm, da ihm Jakob die Möglichkeit schildert, über die Eroberung Irlands an die englische Krone zu gelangen. Ein Expeditionskorps unter Jakobs Führung erreicht wenig später Dublin. Dort ruft der ehemalige König ein Parlament zusammen, erkennt England jedwedes Recht ab über Irland zu herrschen und hebt Siedlungsgesetze auf. Die jakobitischen Truppen haben in den meisten irischen Städten leichtes Spiel, nicht jedoch in Londonderry. Dort werden die Stadttore von 13 Lehrjungen (Apprentice Boys) geschlossen. Später soll dieses Ereignis von Protestanten als Akt des Widerstands gegen katholische Herrschaft aufgefaßt werden. Die Reaktion vor einer heran nahenden Armee die Tore zu verschließen kam bei den Lehrjungen jedoch höchstwahrscheinlich nicht aus rein politischer Überlegung. Nach 105 Tagen der Belagerung muß Jakob unverrichteter Dinge abziehen. Die Niederlage von Londonderry brachte Jakob großen Prestigeverlust, den Protestanten und Wilhelm jedoch Motivation zum Angriff. Die Truppen der beiden Könige trafen immer häufiger aufeinander. In der irischen Geschichtsschreibung wird der „Cogadh an Dá Ri“(Krieg der zwei Könige) besungen, in dem Ri Seamus (Jakob) und Ri Liam (Wilhelm) nicht etwa nur um Irland, sondern um die englische Krone streiten. Nahe Drogheda treffen die beiden über 25 000 Mann starken Armeen am 1. Juli 1690 in der „Battle of the Boyne“ aufeinander. Der Sieg den Wilhelm hier erringt, wäre eigentlich kein entscheidender, hätte er ihm nicht den Einmarsch in Dublin ermöglicht. Den geschlagenen Jakobitern wurde nach Friedensverhandlungen die Wahl gegeben, entweder nach Frankreich zu emigrieren um unter Ludwig zu kämpfen oder Wilhelm von Oranien den Treueid zu leisten. Für die katholischen Zivilisten galten die alten Bestimmungen aus der Zeit Karls II.. Ihnen wurde freie Berufswahl und -ausübung zugesichert und auch wurde ihr Land nicht konfisziert. Jedoch sorgten die Protestanten dafür, dass die Old English schlechter abschnitten. Soldaten beschlagnahmten Land, so dass der katholische Besitzanteil auf 15% sank. Zwar war die Situation der Katholiken nicht so schlimm wie unter Cromwell, doch war die Macht der katholischen Bevölkerung nunmehr vollends gebrochen. Bald löste sich auch die Tradition der Old English großenteils auf:Among the few families of the nobility and gentry who managed to hold on to their estates some vestige of an Old English tradition survived; but the Old English as a body were soon merged in the mass of the population8. Währenddessen hörten die Protestanten auf, sich als Fremde in einem fremden Land zu fühlen. Bald begannen sie, sich nicht länger als New English zu bezeichnen, sondern sprachen von der neuen ‚Irish Nation‘. Die Macht der Old English war vollends gebrochen, die Zukunft gehörte der ‚Protestant Ascendancy‘.

Literatur:

⇒ Jürgen Elvert: „Geschichte Irlands“, dtv, München 1993

⇒ J.C. Beckett: „The Anglo-Irish Tradition“, Cornell University Press, New York 1976

⇒ J.C. Beckett: „Geschichte Irlands“, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1991

⇒ C. Brady (Herausgeber): „ Ulster, an Illustrated History“, Badsford Ltd., London 1989

⇒ John Conroy: „Belfast Diary“, Beacon Press, Boston 1995

[...]


1 J.C. Beckett: „The Anglo-Irish Tradition“, Cornell University Press, New York 1976, Seite 11 1

2J.C. Beckett, „The Anglo-Irish Tradition“, Seite 26

3 J.C. Beckett: „The Anglo-Irish Tradition“, Seite 20

4C. Brady (Herausgeber): „ Ulster, an Illustrated History“, Badsford Ltd., London 1989, Seite 110

5J.C. Beckett: „ The Anglo-Irish Tradition“, Seite 22

6Jürgen Elvert: „Geschichte Irlands“, dtv Wissenschaft, München 1993, Seite 200

7Elvert: Geschichte Irlands, Seite 223

8J.C. Beckett: „The Anglo-Irish Tradition“, Seite 43

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Entwicklung Irlands und seiner Bevölkerungsgruppen von der Reformation zur Restauration
Untertitel
Von einer ethnischen zu einer konfessionellen Trennung
Hochschule
Universität Mannheim
Veranstaltung
Geschichte Irlands im 20. Jh
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V103437
ISBN (eBook)
9783640018154
Dateigröße
363 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zwar nur ein verhältnismäßig kurzer Abriß, aber nützlich um den Überblick zu bekommen.
Schlagworte
Nordirland
Arbeit zitieren
Miriam Ströbel (Autor:in), 2000, Entwicklung Irlands und seiner Bevölkerungsgruppen von der Reformation zur Restauration , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103437

Kommentare

  • Gast am 7.4.2002

    haha.

    Bei der Überschrift haben sie dei Klammer vergessen. Aber sonst ist alles i.o.

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Titel: Entwicklung Irlands und seiner Bevölkerungsgruppen von der Reformation zur Restauration



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