Die Rolle der Medien bei der Darstellung von Sinti und Roma. Stereotype und Vorurteile in deutschen Medien?


Hausarbeit, 2021

14 Seiten, Note: 11,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2 Begriffserklarungen
2.1 „Zigeuner“ und Sinti und Roma .
2.2 Antiziganismus.

3. Verfolgung der Sinti und Roma - Eine lange Tradition

4.. Stereotype und Vorurteile in deutschen Medien?
4.1 Art und Weise der Berichterstattung
4.2 „Roma in Stuttgart. Die Armut Sudosteuropas hat den Schlossgarten erreicht“
4.3 Tatort - Brandmal
4.4 Bedeutung fur die Zukunft

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Aufgabe Menschenrechte durchzusetzen, ist nicht nur eine Aufgabe unserer Minderheit, sondern eine Aufgabe, der wir uns alle gemeinsam und mit aller Kraft in Europa und der Welt stellen mussen“ - Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma Sinti und Roma bilden in Europa die groBte Minderheit, mit ca. 10-12 Millionen Menschen (vgl. Scherr 2017, 309). Die Geschichte dieser reicht bis weit ins Mittelalter zuruck und somit auch deren Vertreibungs- und Verfolgungsgeschichte (vgl. Benz 2014, 9). Seit Jahrhunderten bestimmen Stereotype und Vorurteile das Bild der Sinti und Roma. Oftmals werden entwertende Stereotype weiterhin herangezogen, wenn es um die mediale Darstellung von und uber Sinti und Roma geht. In Anbetracht der Aufgabe der Medien, am Meinungsbild der Bevolkerung mitzuwirken, erscheint dies besonders beunruhigend. Denn die hohe Ablehnung von Sinti und Roma liegt nicht nur an der Sondererfassung der Polizei, sondern auch der entsprechenden Darstellung in deutschen Medien. Nach wie vor wird in weiten Teilen der Medien und der Bevolkerung die Minderheit als eine problematische Gruppe wahrgenommen. Die Anerkennung der Sinti und Roma als eine Opfergruppe des Nationalsozialismus und die Einordnung von Antiziganismus als eine moralisch abzulehnende Form von Rassismus ist gesellschaftlich bis heute nicht zureichend durchgesetzt. Aus diesem Grund beschaftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Frage inwieweit die Darstellung von Sinti und Roma in den Medien auf Stereotypen basiert und welche Auswirkungen diese auf das gesellschaftliche Bild wirft. Zur Bearbeitung der Fragestellung wird in dieser Arbeit wie folgt vorgegangen: Eine Annaherung an das Thema soll uber die Erklarung von wichtigen Begrifflichkeiten erfolgen, um die notige Grundlagenkompetenz fur die darauf aufbauenden Kapitel zu schaffen. Des Weiteren wird die Verfolgungsgeschichte der Minderheit kurz beschrieben. Daraufhin folgt die Fragestellung, ob Vorurteile und Stereotype in deutschen Medien vertreten und inwieweit diese antiziganistischer Natur sind. Um diese Frage beantworten zu konnen, wird eine Untersuchung an zwei Beispielen durchgefuhrt. Dies erfolgt sowohl am Beispiel der Printmedien, als auch an einem Film. Im Anschluss wird die Bedeutung der verwendeten Medien im Hinblick auf die Zukunft erlautert. Das abschlieBende Fazit fasst die Ergebnisse zusammen und fuhrt eine kritische Stellungnahme zum Thema Antiziganismus in deutschen Medien durch.

2. Begriffserklarungen

Begrifflichkeiten wie „Zigeuner“ werden haufig im Alltags- und auch im Mediensprachgebrauch unreflektiert verwendet. Da dies jedoch einen problematischen Aspekt darstellt, ist es unentbehrlich vorerst diesen und die Bedeutung davon aufzuzeigen, bevor auf den geschichtlichen Rahmen ubergegangen wird. Im Folgenden wird sich also mit den Begriffen „Zigeuner“, Sinti und Roma und Antiziganismus auseinandergesetzt, da dies auch zum weiterfuhrenden Verstandnis der Arbeit relevant ist.

2.1 „Zigeuner“ und Sinti und Roma

Die Bezeichnung „Zigeuner“, welche eine diskriminierende und rassistische Fremdbezeichnung darstellt, ist mit Verfolgung, Stigmatisierung und Klischees verbunden. Bestehende „Zigeunerbilder“ stellen gewisse Einstellungen schon uber Jahrhunderte dar. Darstellungen „[...] uber verwegene Manner und lasziv-wilde Frauen, uber freiheitsdurstige ruhelose Leute, [...]“ (Benz 2014, 46) finden sich haufig in der Literatur wieder. Bestimmte Eigenschaften werden mit dem Begriff assoziiert und konstruieren so ein stereotypisches Bild der „Zigeuner“ (vgl. Stephan 2019, 26). Die Ableitung im deutschsprachigen Raum zu „ziehender-Gauner“ verdeutlicht die Diskriminierung in diesem Begriff (vgl. Fings 2016, 14). So pragen sich negativ belastende Vorstellungen von Personen, Sachverhalten oder auch Dingen ein. Eine Verallgemeinerung durch Horensagen entsteht.

Als Sinti und Roma bezeichnen sich knapp 12 Millionen Menschen in Europa (vgl. Bundeszentrale fur politische Bildung 2014). Im Jahr 1981 setzte sich der Begriff Roma als internationale Selbstbezeichnung in der Offentlichkeit und in den Medien durch. Die Bezeichnung Roma stellt einen Uberbegriff fur Menschen dar, die vor allem in osteuropaischen Landern leben und seit dem 19. Jahrhundert einwandern (vgl. Bauer 2006, 54). Als Sinti hingegen werden diejenigen bezeichnet, welche schon seit Jahrhunderten im deutschsprachigen Raum leben. Die Bezeichnung Sinti fur die mitteleuropaischen Gruppen leitet sich moglicherweise von der Region Sindh (Indus) ab (a.a.O., 55). In der vorliegenden Hausarbeit soll die gebrauchliche Terminologie „Sinti und Roma“, welche auch von den Betroffenen selbst bevorzugt wird, verwendet werden.

2.2 Antiziganismus

Der Begriff Antiziganismus bezeichnet eine rassistisch begrundete Ablehnung und Feindseligkeit gegen Sinti und Roma, wobei Vorurteile und Stereotype, die sich Menschen von „Zigeunern“ machen, zu Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung fuhren (vgl. Solms 2005, 7). Es findet eine gezielte Segregation statt (vgl. Lohse 2016, 9). Antiziganismus beschreibt Stigmatisierung und Reduzierung gegenuber einer Gruppe von Individuen, mit zugeschriebenen Eigenschaften. Antiziganistische Vorurteile sind Jahrhunderte alt und basieren auf Fremdbildern. Somit ist der Antiziganismus ein Produkt der Vergangenheit, mit jedoch enormen aktuellen Auswirkungen (vgl. Jocham 2010, 54). Zudem reprasentiert der Begriff auch die Gesamtheit der Bilder und Mythen der „Zigeuner“ und die Klischees, welche Bestandteil des kulturellen Erbes geworden sind. Der Begriff Antiziganismus ist umstritten und wird kritisch diskutiert (vgl. Schreiber 2016, 211). In dieser Arbeit wird er aber als Synonym fur Rassismus gegen Sinti und Roma verwendet.

3. Verfolgung der Sinti und Roma - Eine lange Tradition

Die Verfolgung der Sinti und Roma ist ein Phanomen, welches die ersten Anfange schon in der Fruhen Neuzeit findet. Den Hohepunkt der Verfolgungsgeschichte stellt jedoch die systematische Vernichtung der Sinti und Roma wahrend des Nationalsozialismus dar. Die Bestimmungen der „Zigeunerpolitik“ aus dem Kaiserreich und der Weimarer Zeit etablierten bereits ein Klima der Verfolgung. Bekannt ist, dass die Vorfahren der Sinti und Roma schon womoglich im 5. Jahrhundert Migrationsbewegungen antraten (vgl. Stephan 2019, 29 f.). Faktoren wie Verfolgung, Krieg, Vertreibung und wirtschaftliche Zwange waren die Grunde fur die Migrationsbewegungen (vgl. Stephan 2019, 31). Es wurden Schutzbriefe im deutschsprachigen Raum fur Sinti und Roma aufgestellt. Doch zeitgleich gab es auch erste Anzeichen der Verfolgung und Ablehnung. Stereotype und Zuschreibungen wie Diebstahl, unchristliche Lebensfuhrung und Spione bildeten sich (vgl. Fings 2016, 38f., Stephan 2019, 34). Der Aufenthalt von „Zigeunern“ wurde untersagt, der Schutzbrief aufgehoben und sie wurden fur vogelfrei erklart. Somit wurden sie „[...] einem Zustand voller Rechtlosigkeit; [...] Verfolgung, Folterung und Totung freigegeben.“ (Stephan 2019, 32). Im 18. Jahrhundert wurden Zwangsassimilationen angeordnet unter der Leitung der „Zigeuner-Politik“. Darunter stand das Verbot reiner Sinti und Roma Ehen, die Zuschreibung reiner Sinti und Roma Berufe und die Unterbringung von Sinti und Roma Kindern in christlichen Einrichtungen (a.a.O., 35). Am 30. Juli 1749 wurden wahllos tausende Sinti und Roma inhaftiert. Die Koordination zwischen Behorden, Kirche und Mitburgern trug zum Ereignis unter dem Namen „Schwarzer Mittwoch“ in die Geschichte des Antiziganismus bei (vgl. Fings 2016, 48). Nach der Reichsgrundung 1870 setzte sich die „Zigeunerpolitik“ weiter fort. Ein Kontrollregime wurde aufgebaut, zu welchem Reiseverbot, Abschiebung, Niederlassungsverbot und sonstige Einschrankungen an der Tagesordnung der Sinti und Roma standen. Eine systematisch polizeiliche Erfassung der Sinti und Roma waren die Folgen des Kontrollregimes (a.a.O., 56f.). Aufgrund der Ausgrenzungen und „Zigeunerbekampfung“ in der Weimarer Zeit, war es fur die Nationalsozialisten ein Einfaches, die antiziganistische Vernichtungspolitik fortzufuhren. Infolge der Nurnberger Rassengesetze (1935) konnten die Nationalsozialisten ihre Rassenpolitik gesetzlich weiter ausfuhren. Zwangsterilisationen lieBen sich durch das Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses legitimieren (vgl. Stephan 2019, 38ff.). Polizeiliche „Zigeunerbekampfung“, welche von Heinrich Himmler angeordnet wurde, sorgte dafur, dass es keine Mischung mehr von „Rassen“ geben und somit die Minderheit ausgeloscht werden solle. Es wurde auf eine physische Vernichtung von „Zigeunern“ abgezielt. „Zigeunerlager“ wurden errichtet, welche zur Trennung der Sinti und Roma von der ubrigen Bevolkerung dienten (vgl. Fings 2016, 64ff.). Viele wurden spater direkt nach Ausschwitz deportiert. Es fand ein gezielter Volkermord an Sinti und Roma statt. Viele gerieten 1942 in die zweite Mordphase des Holocaust. Einweisungen in Ghettos, in welchen weitere Mordaktionen stattfanden (a.a.O., 70ff.). Bis zu 500.000 Sinti und Roma wurden Opfer des Nationalsozialismus (a.a.O., 81). Aber auch nach dem Krieg blieb der Antiziganismus weiter bestehen und der lange eigenstandige Weg der Anerkennung begann fur die Minderheit.

4. Stereotype und Vorurteile in deutschen Medien?

Die Funktionen der Medien obliegen der Information, dem Mitwirken am Meinungsbild sowie der Kontrolle der Kritik. Die Rolle der Medien bei der Entstehung von rassistischen Haltungen ist dabei nicht zu unterschatzen. In der Berichterstattung zeigen sich oftmals diskriminierende und ausgrenzende Praktiken, welche rassistische Einstellungen in der Gesellschaft verstarken und jahrhundertealte Stereotype bedienen. Anhand des Presseberichts der Frankfurter Allgemeine „Roma in Stuttgart. Die Armut Sudosteuropas hat den Schlossgarten erreicht“ (2015) und der Tatortfolge „Brandmal“ (2008) soll exemplarisch untersucht werden, in welcher Weise welche antiziganistischen Stereotype durch die Medien transportiert werden und welche Bedeutung diese fur das zukunftige Bild der Sinti und Roma haben.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Medien bei der Darstellung von Sinti und Roma. Stereotype und Vorurteile in deutschen Medien?
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Germanistik)
Veranstaltung
Vernachlässigte Narrative. Holocaustliteratur von/über Sinti und Roma und ihre Didaktik
Note
11,0
Jahr
2021
Seiten
14
Katalognummer
V1034431
ISBN (eBook)
9783346453525
ISBN (Buch)
9783346453532
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sinti und Roma, Zigeunerbild, "Zigeuner", Rolle in den Medien, Zigeunerbild in Deutschland, Geschichte Sinti und Roma, Antiziganismus
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Die Rolle der Medien bei der Darstellung von Sinti und Roma. Stereotype und Vorurteile in deutschen Medien?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1034431

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