Die Arbeit untersucht die streitige rechtsdogmatische Einordnung des intendierten Ermessens zwischen der Anerkennung und Anwendung in der Rechtsprechung und der im Schrifttum geäußerten Kritik daran. Das Schrifttum argumentiert insbesondere, dass das Institut des intendierten Ermessens keinen eindeutigen, sondern vielmehr einen variablen Charakter aufweist, welcher der Rechtssicherheit abträglich sei. Es gilt daher in dieser Arbeit zu hinterfragen, welche Funktionen das intendierte Ermessen hat und ob es die Zwecke erfüllt, zu denen es eingesetzt wird. Diese Untersuchung geht mit einer kritischen Würdigung der Anwendungspraxis der Rechtsprechung und des Schrifttums einher.
Das intendierte Ermessen als besondere Erscheinungsform des Verwaltungsermessens rührt aus der Rechtsprechung des BVerwG her. Es geht davon aus, dass das Gesetz, obwohl es sich bei der Norm dem Wortlaut nach um eine Kannbestimmung handelt, ein bestimmtes Ergebnis zu einer Rechtsfrage erwartet und davon nur in Ausnahmefällen abgewichen und nach allgemeinem Ermessen entschieden werden darf. Die Folgen des intendierten Ermessens sind vielfältig. Sie haben gleichermaßen Auswirkungen auf das Verwaltungsverfahren und das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Gegenstand der Untersuchung
- II. Forschungsstand
- III. Gang der Untersuchung
- B. Funktionen des intendierten Ermessens
- I. Begriff des intendierten Ermessens
- II. Zielsetzung der Rechtsfigur des intendierten Ermessens
- III. Identifizierung des intendierten Ermessens
- IV. Anforderungen an die Begründung
- V. Anwendungsformen
- 1. Prüfungsschema
- 2. Ermessensentscheidung nach der neuen Formel
- 3. Bewertung der neuen Formel
- VI. Ergebnis
- C. Historische Entwicklung
- I. Motive für die Entwicklung des intendierten Ermessens
- 1. Historische Grundlage
- 2. Rationalisierung des Verwaltungshandelns
- 3. Schutzwirkung von Behördenentscheidungen
- 4. Sparfunktionen
- 5. Erweiterung der gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten
- II. Rechtsprechung des BVerwG
- III. Aktueller Stand
- IV. Ergebnis
- D. Dogmatische Einordnung
- I. Grundlage des Gewohnheitsrechts
- II. Ergebnis der Gesetzesauslegung
- III. Geltung des Prima-facie-Vorrangs
- IV. Die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
- V. Ergebnis
- E. Einordnung des intendierten Ermessens in die Funktionen des Verwaltungsermessens
- I. Begriff des Verwaltungsermessens
- II. Die gebundenen Verwaltung ohne Ermessensspielraum
- III. Das allgemeine Ermessen
- IV. Die Ermessensschrumpfung
- V. Die Soll-Vorschrift mit einem engen Ermessensspielraum
- VI. Das Ausnahme- und Dispensermessen
- VII. Die Ermessensdirektiven
- VIII. Ergebnis
- F. Ermittlungsfunktionen des intendierten Ermessens im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
- I. Ermittlung durch Gesetzesinterpretation
- 1. Wörtliche Gesetzesinterpretation
- 2. Historische Gesetzesinterpretation
- 3. Systematische Gesetzesinterpretation
- 4. Teleologische Gesetzesinterpretation
- II. Ergebnis
- G. Rechtliche Auswirkungen des intendierten Ermessens im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
- I. Erleichterung in der Praxis gemäß Untersuchungsgrundsatz
- II. Festlegung der Rechtsfolge durch Gesetz
- III. Einschränkung der Begründungspflicht
- IV. Entwertung des Verwaltungsverfahrens
- V. Vorliegen eines gesetzlichen Regelfalls, atypischen Falls oder Zweifelsfalls
- 1. Begriff des gesetzlichen Regelfalls
- 2. Begriff des atypischen Falls
- 3. Begriff des Zweifelsfalls
- VI. Ergebnis
- H. Kritik an der Rechtsfigur des intendierten Ermessens
- I. Möglicher Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip
- 1. Tangierung des Prinzips der Gewaltenteilung
- 2. Möglicher Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut
- 3. Mögliche unrechtmäßige Verengung der verwaltungsrechtlichen Handlungsspielräume
- 4. Möglicher Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
- II. Möglicher Verstoß gegen verfahrensrechtliche Prinzipien
- 1. Mögliche Nichtberücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
- 2. Möglicher Verstoß gegen die Einzelfallgerechtigkeit
- 3. Mögliche Einschränkung der Begründungspflicht
- 4. Mögliche Überflüssigkeit des intendierten Ermessens
- III. Lösungsansätze
- 1. Berücksichtigung der behördlichen Ermessensermächtigung
- 2. Gewährleistung der Einzelfallgerechtigkeit
- 3. Begründungspflicht
- 4. Formulierung von ausdrücklichen Soll-Vorschriften
- 5. Präzise und einheitliche Verwendung des Terminus „Intendiertes Ermessen“
- IV. Ergebnis
- I. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht das intendierte Ermessen im Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Ziel ist die Klärung der rechtsdogmatischen Einordnung und die kritische Würdigung der Anwendungspraxis in Rechtsprechung und Literatur. Die Arbeit hinterfragt die Funktionen des intendierten Ermessens und ob es die Zwecke erfüllt, zu denen es eingesetzt wird.
- Rechtsdogmatische Einordnung des intendierten Ermessens
- Funktionen des intendierten Ermessens im Verwaltungsverfahren
- Kritische Auseinandersetzung mit der Anwendungspraxis
- Mögliche Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien
- Lösungsansätze und Verbesserungsvorschläge
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung: Die Einleitung stellt den Gegenstand der Untersuchung dar, das intendierte Ermessen, und seine Bedeutung im Kontext von Baugenehmigungen und Abrissverfügungen. Es wird der Forschungsstand skizziert, der von unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur geprägt ist, und der Gang der Arbeit erläutert.
B. Funktionen des intendierten Ermessens: Dieses Kapitel definiert den Begriff des intendierten Ermessens als eine spezielle Form des Verwaltungsermessens, bei der das Gesetz eine bestimmte Richtung vorgibt. Es werden die Zielsetzungen, die Identifizierung und die Anforderungen an die Begründung dieses Ermessens beleuchtet, sowie verschiedene Anwendungsformen und deren Bewertung analysiert.
C. Historische Entwicklung: Die historische Entwicklung des Rechtsinstituts wird nachgezeichnet, beginnend mit den Motiven seiner Entstehung, über die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) bis hin zum aktuellen Stand. Die Rolle von Rationalisierung, Schutzwirkung von Behördenentscheidungen, Sparfunktionen und der Erweiterung gerichtlicher Kontrollmöglichkeiten wird diskutiert.
D. Dogmatische Einordnung: Dieses Kapitel untersucht die unterschiedlichen Ansätze zur dogmatischen Einordnung des intendierten Ermessens, einschließlich Gewohnheitsrecht, Gesetzesauslegung, Prima-facie-Vorrang und gesetzesimmanente Rechtsfortbildung. Die Stärken und Schwächen der verschiedenen Theorien werden kritisch bewertet.
E. Einordnung des intendierten Ermessens in die Funktionen des Verwaltungsermessens: Dieses Kapitel verortet das intendierte Ermessen im Kontext anderer Formen des Verwaltungsermessens, wie gebundene Verwaltung, allgemeines Ermessen, Ermessensschrumpfung, Soll-Vorschriften und Ausnahme-/Dispensermessen. Die Abgrenzungen und Überschneidungen werden detailliert dargestellt.
F. Ermittlungsfunktionen des intendierten Ermessens im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren: Hier werden die verschiedenen Methoden der Gesetzesinterpretation (wörtlich, historisch, systematisch, teleologisch) und ihre Anwendung auf die Ermittlung des intendierten Ermessens untersucht. Die Stärken und Schwächen der jeweiligen Methoden werden kritisch beleuchtet.
G. Rechtliche Auswirkungen des intendierten Ermessens im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren: Dieses Kapitel analysiert die rechtlichen Konsequenzen des intendierten Ermessens in Bezug auf den Untersuchungsgrundsatz, die Festlegung der Rechtsfolge, die Begründungspflicht, die Entwertung des Verwaltungsverfahrens und die Abgrenzung von Regelfall, Ausnahmefall und Zweifelsfall. Die jeweiligen rechtlichen Konsequenzen und ihre Auswirkungen werden detailliert besprochen.
H. Kritik an der Rechtsfigur des intendierten Ermessens: Der vorletzte Abschnitt befasst sich mit der Kritik am intendierten Ermessen, einschliesslich möglicher Verstösse gegen das Rechtsstaatsprinzip und verfahrensrechtliche Prinzipien. Mögliche Lösungsansätze werden präsentiert.
Schlüsselwörter
Intendiertes Ermessen, Verwaltungsermessen, Verwaltungsverfahren, verwaltungsgerichtliches Verfahren, Gesetzesauslegung, Rechtsprechung, Literatur, Rechtsstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Bestimmtheitsgebot, Begründungspflicht, Einzelfallgerechtigkeit, Soll-Vorschrift, Kann-Vorschrift, Rechtsfortbildung, Gesetzeslücke, Gewohnheitsrecht, Prima-facie-Vorrang, Verhältnismäßigkeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Diplomarbeit: "Intendiertes Ermessen im Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren"
Was ist der Gegenstand dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht das „intendierte Ermessen“ im Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Im Fokus steht die rechtsdogmatische Einordnung, die kritische Bewertung der Anwendungspraxis in Rechtsprechung und Literatur sowie die Überprüfung, ob das intendierte Ermessen die ihm zugedachten Zwecke erfüllt.
Was sind die zentralen Themen der Arbeit?
Die Arbeit behandelt die rechtsdogmatische Einordnung des intendierten Ermessens, seine Funktionen im Verwaltungsverfahren, eine kritische Auseinandersetzung mit der Anwendungspraxis, mögliche Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien und schließlich Lösungsansätze und Verbesserungsvorschläge.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Einleitung, Funktionen des intendierten Ermessens, historische Entwicklung, dogmatische Einordnung, Einordnung in andere Formen des Verwaltungsermessens, Ermittlungsfunktionen im Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, rechtliche Auswirkungen, Kritik am intendierten Ermessen und schließlich Zusammenfassung und Ausblick. Jedes Kapitel enthält detaillierte Unterpunkte.
Was versteht man unter „intendiertem Ermessen“?
Das intendierte Ermessen wird als spezielle Form des Verwaltungsermessens definiert, bei der das Gesetz eine bestimmte Richtung vorgibt. Es ist ein Ermessen, dessen Ausrichtung vom Gesetzgeber bereits vorgegeben ist, obwohl formal ein Ermessensspielraum besteht.
Welche Funktionen hat das intendierte Ermessen?
Die Arbeit untersucht verschiedene Funktionen des intendierten Ermessens, unter anderem die Rationalisierung des Verwaltungshandelns, den Schutz von Behördenentscheidungen, Sparfunktionen und die Erweiterung gerichtlicher Kontrollmöglichkeiten. Die Arbeit hinterfragt aber auch, ob diese Funktionen tatsächlich erfüllt werden.
Welche historischen Entwicklungen werden betrachtet?
Die Arbeit beleuchtet die historische Entwicklung des intendierten Ermessens, einschließlich der Motive für seine Entstehung, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des aktuellen Stands der Diskussion.
Wie wird das intendierte Ermessen dogmatisch eingeordnet?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Ansätze zur dogmatischen Einordnung, z.B. Gewohnheitsrecht, Gesetzesauslegung, Prima-facie-Vorrang und gesetzesimmanente Rechtsfortbildung. Die Stärken und Schwächen der einzelnen Theorien werden kritisch bewertet.
Wie wird das intendierte Ermessen in andere Formen des Verwaltungsermessens eingeordnet?
Die Arbeit vergleicht das intendierte Ermessen mit anderen Formen des Verwaltungsermessens, wie gebundener Verwaltung, allgemeinem Ermessen, Ermessensschrumpfung, Soll-Vorschriften und Ausnahme-/Dispensermessen. Die Abgrenzungen und Überschneidungen werden detailliert dargestellt.
Welche Methoden der Gesetzesinterpretation werden verwendet?
Die Arbeit untersucht verschiedene Methoden der Gesetzesinterpretation (wörtlich, historisch, systematisch, teleologisch) und deren Anwendung auf die Ermittlung des intendierten Ermessens. Die Stärken und Schwächen der einzelnen Methoden werden kritisch beleuchtet.
Welche rechtlichen Auswirkungen hat das intendierte Ermessen?
Die Arbeit analysiert die rechtlichen Konsequenzen des intendierten Ermessens für den Untersuchungsgrundsatz, die Festlegung der Rechtsfolge, die Begründungspflicht, die Entwertung des Verwaltungsverfahrens und die Abgrenzung von Regelfall, Ausnahmefall und Zweifelsfall.
Welche Kritikpunkte werden an der Rechtsfigur des intendierten Ermessens geübt?
Die Arbeit befasst sich mit der Kritik am intendierten Ermessen, einschließlich möglicher Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip und verfahrensrechtliche Prinzipien (z.B. Gewaltenteilung, Bestimmtheitsgebot, Einzelfallgerechtigkeit).
Welche Lösungsansätze werden vorgeschlagen?
Die Arbeit präsentiert Lösungsansätze zur Verbesserung der Anwendung des intendierten Ermessens, z.B. die Berücksichtigung der behördlichen Ermessensermächtigung, die Gewährleistung der Einzelfallgerechtigkeit, die Stärkung der Begründungspflicht und die präzisere Verwendung des Terminus „Intendiertes Ermessen“.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Schlüsselwörter umfassen: Intendiertes Ermessen, Verwaltungsermessen, Verwaltungsverfahren, verwaltungsgerichtliches Verfahren, Gesetzesauslegung, Rechtsprechung, Literatur, Rechtsstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Bestimmtheitsgebot, Begründungspflicht, Einzelfallgerechtigkeit, Soll-Vorschrift, Kann-Vorschrift, Rechtsfortbildung, Gesetzeslücke, Gewohnheitsrecht, Prima-facie-Vorrang, Verhältnismäßigkeit.
- Arbeit zitieren
- Hans Renner (Autor:in), 2021, Das intendierte Ermessen im Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine rechtsdogmatische Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1034953