Flechten als Indikator der Luftverschmutzung in Starnberg und seiner Peripherie


Facharbeit (Schule), 2001

21 Seiten, Note: 13


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Biologie der Flechten
2.1 Die Flechte - Ein Doppelwesen
2.2 Der Bau der Flechten
2.3 Wachstum und Vermehrung der Flechten
2.4 Ökologie und Verbreitung
2.5 Flechten als Bioindikatoren

3. Flechtenkartierung
3.1 Verfahrensweise
3.1.1 Expositionsverfahren
3.1.2 Flechtenkartierungsverfahren
3.1.3 Verwendete Methode (VDI)
3.2 Ergebnis der Kartierung
3.3 Auswertung der Ergebnisse

4. Nachwort

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Flechten... Man findet sie auf der Straße, auf Mauern, Grabsteinen, auf Bäumen, in der Wüste und der Arktis. Aber was sind sie eigentlich? Sie bewegen sich nicht, sie haben keine Blätter und wachsen auch nur sehr langsam. Sie scheinen also weder Tier noch Pflanze zu sein, sondern ähneln eher langsam wachsenden Kristallen. Bei näherer Betrachtung kann man jedoch feststellen, dass gerade in diesem unscheinbaren Gewächs eine äußerst raffinierte Symbiose zwischen Alge und Pilz verwirklicht wurde. Durch die Kombination von Alge und Pilz können sich Flechten auch dort ansiedeln, wo andere Lebewesen keine Überlebenschance hätten; allerdings sind Flechten durch diese Lebensweise auch sehr empfindlich gegenüber Änderungen der gewohnten Umgebung und damit vor allem gegen Schadstoffe in der Luft. Diese Eigenschaft der Flechte lässt sich dazu benutzen, die Schadstoffbelastung in einer Stadt ohne komplizierte Geräte und relativ umfassend zu bestimmen. In dieser Arbeit will ich nun versuchen, die Qualität der Luft in Starnberg und seiner Peripherie anhand der Art des Vorkommens von epiphytischen Blattflechten an Bäumen zu bestimmen. Doch zuvor möchte ich einen kurzen allgemeinen Überblick über das Wesen der Flechten geben.

2. Die Biologie der Flechten

2.1 Die Flechte - Ein Doppelwesen (vgl. 1/2)

Lange Zeit hatte man Flechten (lat. lichenes) als eigenständige Pflanzengruppe behandelt oder den Moosen zugeordnet. Erst 1869 entdeckte der Schweizer Botaniker Schwendener, daß es sich bei Flechten um zwei verschiedene Lebensformen handelt, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben; tatsächlich handelt es sich um eine Alge und einen Pilz, die in Symbiose leben.

Eine Symbiose ist eine Art Zweckgemeinschaft, in der sich meist zwei artfremde Individuen zusammentun, um sich durch Kombination ihrer Lebensweisen gegenseitig zu ergänzen und für beide Seiten Vorteile durch diese Zusammenarbeit zu gewinnen. Bei dieser Symbiose bildet der Pilz das Grundgerüst der Flechte und somit auch deren Form. Er umspinnt die Alge in seinem Innern mit seinen fadigen Strukturen, den sogenannten Hyphen.

Der Vorteil für den Pilz liegt darin, dass er von der Algenzellen die von ihm zum Leben benötigten Produkte der Assimilation erhält, die Alge dagegen ist vom umhüllenden Pilz vor Wasserverlust, intensiver Sonnenstrahlung und algenfressenden Tieren geschützt; außerdem liefert der Pilz der Alge die Mineralstoffe, die er aus Regen- und Sickerwasser aufnimmt, und die die Alge zur Photosynthese benötigt. Hinzu kommt, dass der Pilz auch gegebenenfalls Haftorgane (sog. Rhizide) ausbildet, die es der Flechte ermöglichen, nahezu auf jedem Untergrund halt zu finden. Ist eine Stelle erst einmal von Flechten bewachsen, können sich auch andere Pflanzen auf ihnen ansiedeln, so dass neuer Lebensraum entsteht.

2.2 Der Bau der Flechten (vgl. 1)

Bei den Algen (Phycobionten) der meisten Flechten handelt es sich um Grünalgen (Chlorophyceae), die vorwiegend der Gattung Trebouxia angehören (vgl. 1,S.8). Manche Arten enthalten auch Blaualgen (Cyanophyta) und ganz wenige Flechten enthalten auch Heterokontophyta (z.B. Braunalgen). Meistens lebt in der Flechtensymbiose nur eine Algenart, bei bestimmten Gruppen können es jedoch auch zwei verschiedene sein, so z. B. bei Flechten, die auch Algen in den Fruchtkörpern (Apothecien) enthalten.

Die Pilzkomponente der Flechten (Mycobiont) besteht meistens aus einem Schlauchpilz (Ascomycet), zudem auch z.B. die Morcheln und Becherlinge zählen, der hauptsächlich aus langen schmalen Zellen besteht, die zum Rand hin fester werden und eine Art Rinde bilden. Flechtenpilze kommen allerdings nicht mehr freilebend vor, sondern sind völlig von der Flechtensymbiose abhängig geworden.

Alge und Pilz bilden zusammen den "Körper" einer Flechte; man nennt ihn Lager oder Thallus. Bei den einfachen Flechten sind Algen- und Pilzzellen gleichmäßig im ganzen Thallus verteilt, solche Flechten bezeichnet man als homöomer. Die meisten Flechten sind jedoch genauer strukturiert, der Thallus ist in Rindengewebe, Algenschicht und Mark unterteilt. Dieser Aufbau wird heteromer genannt (vgl. 1, S.8). Der Aufbau des Thallus kann bei verschiedenen Arten sehr unterschiedlich sein: So gibt es z. B. Blatt- oder Laubflechten mit einem blattförmigen Thallus, Krustenflechten, die wie eine Kruste auf Oberflächen wachsen, und es gibt Strauchflechten, zu denen auch die Bartflechten gehören, die ein strauchartiges Aussehen haben.

Die einzelnen Gruppen sind allerdings nicht streng getrennt. Zum Teil gibt es fließende Übergänge, so z. B. die placoiden Typen, die eine Übergangsform zwischen Blatt- und Krustenflechten darstellen.

Flechten haben keine Organe, die zur Nahrungsaufnahme dienen, jede Zelle im Thallus nimmt selbständig aus der Umgebung Nährstoffe (aber auch Schadstoffe) auf. Flechten haben allerdings Organe, mit denen sie sich am Untergrund festhalten können: Bei Krustenflechten ist die gesamte Unterseite das Haftorgan, Strauch- und Blattflechten haben meistens fadenförmige Auswüchse (Rhizinen) an der Unterseite. Manchmal ist das Lager nur an einem einzigen Punkt befestigt, man nennt das dann "genabelt".

Abbildung 1

Halbschematischer Schnitt durch eine Blattflechte (vgl. 2, S.28)

fehlt

2.3 Wachstum und Vermehrung der Flechten (vgl.1)

Flechten wachsen nur sehr langsam; wenn man sie nur flüchtig betrachtet, könnte man fast meinen, daß sie gar nicht wachsen. Das hängt hauptsächlich damit zusammen, daß in der Flechtensymbiose ein verhältnismäßig kleiner Anteil der Masse den gesamten

Doppelorganismus ernähren muß: der nur etwa 10 % der Masse ausmachende Algenteil. Dadurch stehen nur noch geringe Mengen an Energie zum Wachstum zur Verfügung.

Bei der Wachstumsgeschwindigkeit gibt es zwischen den verschiedenen Gruppen (Strauch-, Blatt- und Krustenflechten) große Unterschiede. Das Wachstum der Blattflechten kann je nach Art von einigen Zehntelmillimetern bis zu einigen Zentimetern pro Jahr reichen. Bei den Krustenflechten beträgt das Wachstum bei allen Arten zwischen einem und zwei Millimetern.

Ist das Wachstum an allen Seiten gleichmäßig, so wird der Thallus kreisrund und das Alter läßt sich leicht bestimmen. Ein Lager mit einem Durchmesser von einem halben Meter kann so mehrere Jahrhunderte, aber auch Jahrtausende alt sein.

Aber wie entsteht überhaupt ein Lager? Wie vermehren sich Flechten? Diese Frage läßt sich nicht mit einer Antwort klären, denn Flechten pflanzen sich auf zwei verschiedene Arten fort: generativ (geschlechtlich) oder vegetativ (ungeschlechtlich).

Die vegetative Fortpflanzung ist eine Anpassung an schlechte Umweltbedingungen (vgl. 1, S.10). Die Vermehrung kann dabei auf mehrere Arten erfolgen. Am einfachsten ist dabei die Verbreitung durch zufällig entstandene Bruchstücke die beide Partner enthalten und zu neuen Flechten heranwachsen können (vgl. 3, S.28). Diese Art der Verbreitung wird auch als Fragmentation bezeichnet. Viele Arten verlassen sich allerdings nicht auf zufällig entstandene Bruchstücke, sondern schnüren aktiv Thallusstückchen (Isidien) ab.

Bei der Fortpflanzung durch Soredien springt die obere Rinde der Flechte auf, und entläßt kleine aus Pilz und Algenzelle bestehende Knäule (Soralen), die auch wie bei den anderen Fortpflanzungsmechanismen durch Wind, Wasser und kleinen Tieren verbreitet werden.

Dagegen werden bei der generativen Fortpflanzung (dazu ist nur der jeweilige Pilzpartner befähigt) lediglich Pilzsporen verbreitet; ein neuer Thallus entsteht aber nur dann, wenn die keimende Spore auf eine geeignete Algenzelle trifft. Obwohl diese Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, gibt es viele Arten, die sich ausschließlich generativ fortpflanzen. Aus der Tatsache, daß sie bis heute überlebt haben, läßt sich ersehen, daß die Wahrscheinlichkeit offensichtlich hoch genug ist. Die meisten Flechtenarten pflanzen sich vegetativ fort, aber auch sie bilden manchmal Fruchtkörper für die generative Fortpflanzung, die jedoch meistens steril bleiben.

2.4 Ökologie und Verbreitung ( vgl. 3)

Wie schon erwähnt, können Flechten neben Gesteinen und Bäumen auch sehr extreme Lebensräume besiedeln. Sie können selbst im extrem kalten Klima der Antarktis, im ewigen Schnee der Hochgebirge, aber auch in Wüsten, an der Meeresküste und im Bereich der Brandung überleben. Sie können diese Extreme verkraften aufgrund ihrer Fähigkeit, sehr schnell in eine Starre fallen zu können (vgl. 3 S.29). Dabei verliert sie den Großteil ihres Wassers und Atmung und Photosynthese gehen zurück. In dieser Situation können manche Flechten eine Kälte von -196°C (flüssiger Stickstoff) und eine Hitze von +100°C überleben (vgl. 3, S.29). Temperaturen von -20°C bis +70°C können fast alle Flechten auf diese Weise problemlos überstehen (vgl. 3, S.29). Jedoch "erwachen" sie bei erneuter Wasserzufuhr sofort wieder aus ihrer Starre. Der fehlende Austrocknungsschutz erweist sich also als notwendig, damit Flechten in Hitze und Kälte überleben können. Aufgrund der fehlenden Wurzeln und des fehlenden Verdunstungsschutz können Flechten Wasser weder aktiv aufnehmen, noch bei Trockenheit ihre Wasserabgabe bremsen.

Diese Fähigkeit der Flechten wasserlose Zeiten in einer Art "Dämmerzustand" zu überleben, bringt ihnen jedoch den großen Vorteil gegenüber höheren Pflanzen, Lebensräume mit unregelmäßige Wasserzufuhr besiedeln zu können, wie z. B. Steine oder Wüsten. Dass sie dort trotzdem überleben können, verdanken Flechten der Möglichkeit, Wasser direkt aus der feuchten Luft oder dem morgendlichen Taufall entnehmen zu können und mit der Photosynthese zu beginnen.

Wir wissen jetzt also, dass Flechten auf Stein, Baumrinden oder auch auf dem Erdboden wachsen können. Allerdings wächst nicht jede Flechtenart überall, sondern die meisten Flechten bevorzugen einen bestimmenden Untergrund.

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Details

Titel
Flechten als Indikator der Luftverschmutzung in Starnberg und seiner Peripherie
Note
13
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V103595
ISBN (eBook)
9783640019731
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flechten, Indikator, Luftverschmutzung, Starnberg, Peripherie
Arbeit zitieren
Johannes Jasper (Autor:in), 2001, Flechten als Indikator der Luftverschmutzung in Starnberg und seiner Peripherie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103595

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