WTO-Schlichtungsverfahren in Streitfällen


Hausarbeit, 1999

29 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


I. INHALTSVERZEICHNIS

WTO-Schlichtungsverfahren in Streitfällen

zum TRIPS-Abkommen

Jorge Wittholz

1 Einleitung und Gang der Untersuchung

2 Entwicklungsländer in der WTO-Streitschlichtung und im TRIPS-Abkommen

3 Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte GATT macht Arzneimittel für die Dritte Welt teurer

4 Fallstudie 'Indien - Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte'
4.1 USA vs. Indien (WTO-Schiedsgerichtsverfahren WT/DS50)
4.1.1 Einführung
4.1.2 Streitursache
4.1.3 Haltung des Beschwerdeführers USA
4.1.4 Haltung der Gegenpartei Indien
4.1.5 Formelle Bestandteile des Verfahrens
4.1.6 Artikel 70.8 TRIPS-Abkommen - 'Briefkastensystem' für Patentanträge
4.1.7 Artikel 63 TRIPS-Abkommen - 'Transparenzpflicht'
4.1.8 Artikel 70.9 TRIPS-Abkommen - 'Alleinvertriebsrechte'-
4.1.9 Empfehlungen des Ausschusses und des Berufungsausschusses
4.2 EU vs. Indien (WTO-Schiedsgerichtsverfahren WT/DS79)
4.3 Umsetzung der Empfehlungen aus den Berichten in das indische Rechtssystem

5 Zusammenfassung und Ausblick

II. Abkürzungsverzeichnis und Anmerkungen

III. Literaturverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung und Gang der Untersuchung

Globalisierung, die Ausweitung des internationalen Handels, Direktinvestitionen internationaler Unternehmen etc. sollen weltweit die Volkseinkommen steigern und somit einen Beitrag zur Förderung des Wohlstandes aller Menschen leisten. Tatsache ist jedoch, daß u.a. wegen des Technologievorsprungs der Industrieländer eine Vielzahl von Staaten (insbesondere Entwicklungsländer) von dem gestiegenen Wohlstand nahezu ausgeschlossen sind. In der Vergangenheit führte oftmals die Nutzung von Technologien durch Unternehmen in Entwicklungsländern entgegen den Willen oder ohne das Wissen des geistigen Urhebers zu einem „indirekten“ Technologietransfer, der sich günstig auf die Wettbewerbsfähigkeit des entsprechenden Landes bzw. deren Unternehmen auswirkte. Diese Handlungsweise stand überwiegend entgegen den nationalen und internationalen Vorschriften zum Schutze der Rechte des geistigen Eigentums, wie von Patentrechten o.ä. und galt zudem als Hemmnis für Direktinvestitionen aus dem Ausland.

Als eine Folge der Uruguay-Runde des GATT wurde das TRIPS-Abkommen[1] geschlossen. Dieses allgemeine Abkommen über handelsbezogene Aspekte des Schutzes des geistigen Eigentums entfaltet in allen Mitgliedstaaten der WTO seine Wirkung. Zwar wurden Entwicklungsländern Übergangsfristen eingeräumt, jedoch ist zu erwarten, daß diese Staaten zukünftig noch stärker auf Joint-Venture-Unternehmen, Direktinvestitionen aus Industriestaaten oder Entwicklungshilfe angewiesen sein werden, um Technologie zu importieren und mit der technischen Entwicklung insgesamt schritt halten zu können, was zu einer Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten führt.

Auf das TRIPS-Abkommen ist das ebenfalls in der Uruguay-Runde festgelegte WTO- Streitschlichtungsverfahren[2] anwendbar. Bislang durchliefen zwei Verfahren den vollständigen Prozeß. In beiden Fällen handelte es sich bei Indien um ein Entwicklungsland als verteidigende Partei und einem Industrieland als Beschwerdeführer (USA bzw. Europäische Gemeinschaften).

Streitgegenstand war der Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte.

Diese Arbeit beschränkt sich darauf, die Stellung der Entwicklungsländer als WTO-Mitglieder in TRIPS-Abkommen und im WTO-Streitschlichtungsverfahren unter Textziffer 2 kurz darzustellen, die Auswirkungen des Patentschutzes für Pharmaprodukte auf Entwicklungsländer unter Textziffer 3 kurz zu umreißen und unter Textziffer 4 in der Fallstudie "Indien - Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte" auf die beiden WTOStreitschlichtungsverfahren eingehend einzugehen. Eine Zusammenfassung und ein Ausblick schließen die Arbeit mit Textziffer 5 ab.

2 Entwicklungsländer in der WTO-Streitschlichtung und im TRIPS-Abkommen

Der erfolgreiche Abschluß der Uruguay-Runde des GATT wurde von vielen Beobachtern als überraschend empfunden.[1] Zwei wesentliche Durchbrüche wurden bei den Verhandlungen erzielt. Auf der einen Seite wurde eine Übereinkunft über ein striktes und für alle WTO- Mitglieder verbindliches System der Streitschlichtung und Durchsetzung der Entscheidungen aus den Schiedssprüchen geschaffen. Auf der anderen Seite wurde in das WTO-Regelwerk das TRIPS-Abkommen mit Bestimmungen zur Durchsetzung von Mindeststandards auf dem Gebiet des Schutzes geistiger Eigentumsrechte integriert.[2] Das TRIPS-Abkommen umfaßt detaillierte Normen über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Marken, geographische Herkunftsangaben, gewerbliche Muster und Modelle, Patente, Topographien integrierte Schaltkreise und den Schutz nicht offenbarter Informationen (Unternehmensgeheimnisse).[3] Dies bedeutet, daß erstmals in der Geschichte Länder Streitfälle nach einem verbindlichen und verpflichtenden Regelwerk durchführen können, da alle Vereinbarungen der Uruguay-Runde nur gemeinsam im einem Paket angenommen werden konnten und daher für alle WTO-Mitglieder bindend sind.[4]

Das TRIPS-Abkommen erhebt unter anderem den Anspruch, eine Balance zwischen den Interessen der Industrie- und der Entwicklungsländer herzustellen. Daher spricht sein Artikel 7 auch von einem System des internationalen Schutzes des geistigen Eigentums, das zu sozialen und ökonomischem Wohlstand und zu einem Ausgleich von Rechten und Verpflichtungen führen soll.[1]

Die Entwicklungsländer betrachteten die Einbeziehung von Schutzvorschriften für geistige Eigentumsrechte als strategische Maßnahme der Industrieländer während den Verhandlungen der Uruguay-Runde.[2] Die Entwicklungsländer haben bei den Beratungen offensichtlich keine gemeinsame Position durchsetzen können. Es wurde kritisiert, daß diese Länder während des Verhandlungsprozesses stark benachteiligt waren, da aus Kostengründen oft nur der UN- Vertreter des Landes an den langwierigen Verhandlungen teilnehmen konnte, während die Industrieländer mit großen Delegationen unter Einbeziehung von Experten die Diskussion beherrschten.[3]

Die speziellen Interessen der Entwicklungsländer wurde dennoch u.a. in den Verfahrensregeln der WTO-Streitschlichtung berücksichtigt.[4] Diese beinhalten u. a.

(a) die Vertretung im Ausschuß durch einen Vertreter eines Entwicklungslandes;

(b) die Diskussion des Punktes "spezielle und unterschiedliche Behandlung", sofern diese Frage von dem am Streit beteiligten Entwicklungsland aufgeworfen wird;

(c) Überlegungen über Maßnahmen zur Umsetzung des Schiedsspruches, die auch den Handelsumfang und die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft der Entwicklungsländer in angemessener Weise berücksichtigt.

Weiterhin sind innerhalb des Streitschlichtungsprozesses einem Entwicklungsland großzügigere Fristen eingeräumt, sofern es sich um die verteidigende Partei handelt.[5]

Eine Sonderbehandlung für Entwicklungsländer wurde auch innerhalb des TRIPS-Abkommens durch seinen Artikel 65 zementiert.[1] Die Übergangsregel gemäß Artikel 65.2 gewährt - von

wenigen Ausnahmen abgesehen - eine Frist von 5 Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens (1. Januar 1995 bis 1. Januar 2000), bis die Regelungen vollständig durch alle Mitgliedsländer umgesetzt sein müssen. Weitere 5 Jahre Übergangsfrist, d.h. der Zeitraum bis zum 1. Januar 2005, kann genutzt werden, um das nationale Rechtssystem dem TRIPS-Abkommen anzugleichen, sofern Produktpatente für Technologien betroffen sind, die zum 1. Januar 1995 in diesen Ländern überhaupt nicht patentierbar waren. Dies trifft im Regelfall bei Entwicklungsländern auf pharmazeutische und agrochemische Produkte zu.[2] Den am wenigsten entwickelten Ländern wurde in allen Fällen eine Frist von 10 Jahren, also bis zum 1. Januar 2005, eingeräumt, um eine Angleichung zu erzielen.[3]

Gerade die Fragen, die sich um den nach dem TRIPS-Abkommen maßgebenden Zeitpunkten der Regelumsetzung in nationales Recht drehten, waren wesentlicher Bestandteil der ersten beiden 'TRIPS-Streitfälle', die das WTO-Streitschlichtungsverfahren durchliefen und für die mittlerweile Entscheidungen vorliegen.[4] Es ist vielleicht nicht verwunderlich, daß sich ein Entwicklungsland, nämlich Indien, als verteidigende Partei vor dem Schlichtungsausschuß wiederfand und daß die Streitgegner bzw. Beschwerdeführer aus den mächtigsten Industrieländern, den USA und den Europäischen Gemeinschaften bestanden.

3 Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte GATT macht Arzneimittel für die Dritte Welt teurer

Das TRIPS-Abkommen mit seinen Regeln zum Patentschutz gehörte zu den kritischsten Punkten in den GATT-Verhandlungen, da Entwicklungsländer keinen Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte gewährten.[5]

Es wird befürchtet, daß nach Ablauf der Übergangsfristen für Entwicklungsländer im Jahre 2000 beziehungsweise 2005 für die Arzneimittelversorgung der Dritten Welt erhebliche Nachteile entstehen.[1] Denn dadurch werden diese Länder gezwungen, Patente für Arzneimittel zu akzeptieren. Dies werde nicht nur zu höheren Preisen führen, sondern auch die wenigen nicht von multinationalen Konzernen abhängigen Pharmafirmen in diesen Staaten in ihrer Existenz gefährden.

Unter dem TRIPS-Abkommen verbirgt sich im u.a. der Zwang für alle WTO-Mitgliedsstaaten, einen 20-jährigen Patentschutz zu akzeptieren. Diese Vorschrift hat für die Medikamentenversorgung der Dritten Welt gravierende Folgen, denn sie gibt den großen „Pharmamultis“ die Möglichkeit, auch dort hohe Preise zu verlangen und starke Gewinne zu realisieren. Ein Patent bedeutet für das Unternehmen ein Vermarktungsmonopol und damit die Ausschaltung von Konkurrenz. Bislang haben viele Länder der Dritten Welt keine Patente für Arzneimittel anerkannt. Deshalb konnten lokale Firmen neuere Arzneimittel herstellen und zu günstigeren Preisen anbieten, bzw. billig aus anderen Ländern importieren, die ebenfalls keine Pharmapatente anerkannten. Diese einheimische Industrie wird unter dem TRIPS-Abkommen eindeutig zu leiden haben. Ebenfalls müssen Herstellungsprozesse patentgeschützt werden. Da solche Patente meist wesentlich später als das Patent für den Wirkstoff angemeldet werden, verlängert sich die zwanzigjährige Schutzperiode erheblich.

Vor allem hohe Kosten für die Arzneimittelforschung werden von den großen Firmen ins Feld geführt, wenn sie auf der Notwendigkeit von Patenten beharren. Es wird argumentiert, daß es ohne Patente überhaupt keine Forschung gäbe, weil nur der Patentschutz hohe Gewinne ermögliche, die dann wieder in die Forschung gesteckt werden könnten. Die Pharmaindustrie argumentiert weiterhin, daß das Fehlen von Patentschutz ein Investitionshindernis darstelle. Trotz fehlendem oder sehr beschränktem Patentschutz beispielweise haben jedoch Argentinien, die Türkei und Indien in den letzten dreissig Jahren eine florierende Pharmaindustrie aufgebaut.

Viele wichtige Arzneimittel für die Dritte Welt sind zu alt, um noch durch Patente geschützt zu sein. Doch tragen bereits jetzt patentgeschützte Arzneimittel durch ihren hohen Preis einen bedeutenden Anteil an den Ausgaben für Arzneimittel in Ländern der Dritten Welt. In Zukunft werden Entwicklungsländer noch stärker auf patentierte Arzneimittel angewiesen sein. Dafür gibt es mehrere Gründe:

- Zunehmende Resistenzen gegen bekannte Medikamente. Dies ist vor allem bei Antibiotika und Malariamedikamenten ein großes Problem.

- Für viele Krankheiten, die in der Dritten Welt häufig sind, gibt es noch keine befriedigenden Therapien.

- Das Aufkommen neuer Krankheiten. So stehen alle Medikamente, die den Ausbruch von AIDS verzögern, unter Patentschutz und sind enorm teuer.

Andere Stimmen gehen davon aus, daß die ungünstigen kurzfristigen Effekte hinsichtlich von Preissteigerungen für pharmazeutische und agrochemische Produkte zwar höchstwahrscheinlich eintreten werden, jedoch sehr schwer einschätzbar ist, ob sie sich tatsächlich in einem quantitativ signifikanten Bereich bewegen werden.[1]

4 Fallstudie 'Indien - Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte'

4.1 USA vs. Indien (WTO-Schiedsgerichtsverfahren WT/DS50)

4.1.1 Einführung

Die Handelsorganisation, die die führenden pharmazeutischen und biotechnischen Unternehmen in den USA vertritt, stellte fest, daß Indien ihnen nicht die Rechte zustand, die sie laut TRIPS- Abkommen genießen müßten. Daher wurde die Regierung der USA bedrängt, eine entsprechende Beschwerde bei der WTO einzureichen. Diese Beschwerde beinhaltete die Forderung zur Feststellung, daß Indien bestimmten Verpflichtungen, die sich aus Übergangsvorschriften ergaben innerhalb des TRIPS-Abkommens, nicht nachgekommen war.[2]

Am 2. Juli 1996 baten die USA Indien um Gespräche, wie sie gemäß Artikel 4 der DSU und Artikel 64 des TRIPS-Abkommens vorgesehen sind. Dabei wurde der nach Ansicht der USA fehlende Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte, das Fehlens eines formalen Systems für Patentanträge im sogenannten 'Briefkastensystem' und die Garantie von Alleinvertriebsrechten für derartige Produkte in Indien thematisiert.[1] Es konnten darüber keine zufriedenstellenden Lösungen während der folgenden Konsultationen, die am 27. Juli 1996 stattfanden, zwischen Indien und den USA gefunden werden. Die USA ersuchten daraufhin den DSB in einer Erklärung am 7. November 1996, einen Ausschuß einzuberufen, um den Sachverhalt zu untersuchen.[2] Im Rahmen seiner Zusammenkunft am 20. November 1996 stimmte der DSB zu, einen Ausschuß gemäß Artikel 6 des DSU (Understanding of Dispute Settlement) für den vorliegenden Streitfall einzusetzen.[3] Die Europäischen Gemeinschaften und ihre Mitgliedsländer (kurz: EG) nahmen an dem Verfahren als interessierte Drittpartei teil. Der Ausschuß hörte die Streitparteien am 15. April und 13. Mai 1997 an und gab den Parteien nach der zweiten Sitzung Gelegenheit zur Kommentierung, indem gegenseitig zu den vorgebrachten Argumenten beider Parteien schriftlich Stellung genommen werden konnte.[4] Der Zwischenbericht wurde am 27. Juni 1997 veröffentlicht. Nur Indien ersuchte den Ausschuß darum, einige Teile des Zwischenberichtes zu überarbeiten, wobei kein Antrag auf eine weitere Ausschußsitzung beantragt wurde.

Die Fragen, die vor dem eingesetzten Ausschuß behandelt wurden, beinhaltete die Pflichten Indiens als WTO-Mitglied, die sich aus den Artikeln 70.8 und 70.9 des TRIPS-Abkommens ergeben.[5] Zudem standen die Bestimmungen gemäß Artikel 63 des TRIPS-Abkommens zur Veröffentlichung und Bekanntmachung von Maßnahmen, die das TRIPS-Abkommen betreffen zur Diskussion. Gegen den vom Ausschuß verfassten Bericht legte Indien Berufung ein. Der Bericht des Berufungsausschusses, wurde an alle WTO-Mitglieder am 19. Dezember 1997 versandt. Der Bericht des Berufungsausschusses und der Ausschußbericht, geändert durch den Berufungsausschussbericht, wurden vom DSB am 16. Januar 1998 genehmigt. Während der Sitzung des DSB am 22. April 1998 erklärten die USA und Indien, daß sie sich auf eine Frist zur Umsetzung der Ergebnisse aus den Berichten von 15 Monaten geeinigt hätten.

4.1.2 Streitursache

Verpflichtungen, die aus internationalen Abkommens oder Verträgen resultieren, sind gemäß nationalem indischen Recht nicht unmittelbar bindend. Entsprechende nationale Gesetze oder Rechtsverordnungen müssen erlassen werden, um sie in Kraft zu setzen.[1]

Abschnitt 5 des indischen Patentgesetzes von 1970 erlaubt nicht, Patenschutz für Produkte zu gewähren, deren Substanzen dafür gedacht sind oder dafür gebraucht werden könnten, um als Nahrungsmittel, Medizin oder als Droge zu dienen.[2] Lediglich Ansprüche auf die Herstellungsmethoden oder Produktionsprozesse hinsichtlich derartiger Substanzen sind patentierbar. Daher gewährte Indien seinerzeit keinen Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte in Nichtübereinstimmung mit den Bestimmungen des Artikels 27 des TRIPS-Abkommens, der verlangt, das Patente für jede Art von Erfindungen, sei es Produkt oder Produktionsprozeß, erhältlich sein soll und auf allen Feldern der Technologie Geltung haben sollte.

Während einer Parlamentspause am 31.12.94 erließ der indische Präsident mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Artikeln 70.8 und 70.9 des TRIPS-Abkommens in Abänderung der bestehenden Patentgesetze die Patentanordnung 1994, die Gesetzescharakter hatte.[3] Dies erfolgte auf Empfehlung einer Expertengruppe auf dem Gebiet des Patentrechtes. Diese Anordnung fügte ein neues Kapitel IV A in das indische Patentgesetz ein, wonach Patenanträge für eine Erfindung von Substanzen möglich sind, die dazu gedacht sind oder dazu fähig sind, als Medizin oder Drogen benutzt zu werden. Die Anweisung erlaubte ausdrücklich die Beantragung von Patenten bei den Patenbehörden hinsichtlich derartiger Substanzen und Prozessen zur Herstellung dieser Substanzen ungeachtet der gegenteilig lautendenden Bestimmungen der Abschnitte 5 und 12 des indischen Patentgesetzes von 1970. Die Anordnung führte darüber hinaus ein System der Gewährung von Alleinvertriebsrechten in bezug auf Produkte ein, die Gegenstand derartiger Patentanträge sind und die weiteren besonderen Bedingungen erfüllen.

Die Anordnung wurde in Ausübung eines Rechtes erteilt, das dem Präsidenten durch Artikel 123 der indischen Verfassung verliehen ist.[1] Dieser ermächtigt den Präsidenten, Gesetze zu erlassen, sofern sich das Parlament (entweder eines der Häuser oder beide Häuser) nicht in der Sitzungsperiode befindet und der Präsident befindet, daß Umstände vorliegen, die es für ihn erforderlich machen, sofort tätig zu werden. Diese präsidialen Anordnungen enden jedoch automatisch sechs Wochen, nachdem das Parlament sich wieder zusammengefunden hat. Daher lief die Patenanordnung 1994 zum 26. März 1995 aus. Im März 1995 legte die indische Regierung das Patentgesetz 1995 zur Verabschiedung im Parlament vor, um die Inhalte der vorgenannten Anordnung ratifizieren zu lassen. Wegen der zwischenzeitlichen Auflösung des Parlaments konnte dieses Vorhaben jedoch nicht mehr umgesetzt werden.

Trotz des Auslaufes der Gültigkeit der Patentanordnung 1994 hatte Indien weiterhin Patentanträge für pharmazeutische und agrochemische Produkte entgegengenommen, was durch eine nicht veröffentlichte Dienstanweisung für die Patentbehörden ermöglicht wurde.[2] Zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 31. Januar 1998 wurden dabei insgesamt 2.212 Anträge für pharmazeutische und agrochemische Produkte registriert. Alle diese Anträge wurden nach Auskunft der indischen Regierung für zukünftige Zwecke gemäß den Unterparagraphen (b) und

(c) der Artikel 70.8 und unter Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens getrennt gelagert.

Dem Ausschuß wurden allerdings keine Aufzeichnungen oder Akten über eine derartige Entscheidung oder Dienstanweisung für die Patentbehörden Indiens vorgelegt. Der TRIPS-Rat (Council of TRIPS) wurde über die getroffenen Maßnahmen ebensowenig informiert. Eine Erklärung gegenüber der Öffentlichkeit erfolgte lediglich durch den Präsidenten in einer Plenarsitzung aufgrund einer Anfrage im indischen Parlament.

Der Gesetzgebung Indiens zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Ausschuß fehlte völlig eine legale Basis für die Garantie von Alleinvertriebsrechten nach Artikel 70.9 des TRIPSAbkommens für Produkte, die Gegenstand eines Patenantrages gemäß Artikel 70.8 (sogenannter "Briefkastenantrag") wurden.[3] Bis dahin wurde allerdings auch noch kein einziger Antrag auf Garantie von Alleinvertriebsrechten bei der Regierung Indiens eingereicht.

4.1.3 Haltung des Beschwerdeführers USA

Die USA behaupteten im wesentlichen, daß

a) Indien seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 70.8 des TRIPS-Abkommens nicht nachgekommen ist, indem es keine wirksame Methode herbeigeführt hatte, die die Neuheit und den Vorrang von Anträgen auf Patentschutz betreffend pharmazeutischer und agrochemischer Produkte innerhalb der Übergangsphase des TRIPS (Art. 65 TRIPSAbkommen) in angemessener Weise patentrechtlich gewährleistet;

b) ein derartiges System gewährleisten muß, daß Personen, die einen Patentantrag gestellt haben oder gestellt hätten, wenn das Briefkastensystem vorhanden gewesen wäre, entsprechende Anträge stellen können, das Annahmedatum und ein Aktenzeichen erhalten, was sie erhalten hätten, oder, als Alternative,

c) Indien seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen war, das ggf. vorhandene System der Patentbeantragung in der Form für die Öffentlichkeit transparent zu machen, wie es gemäß Artikel 63 des TRIPS-Abkommens vorgesehen ist;

d) Indien seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens, die für sie seit dem 1. Januar 1995 bestanden, nicht nachgekommen war, weil es kein System zur Garantie von Alleinvertriebsrechten umgesetzt hatte;

e) unter einem derartigen System der Garantie von Alleinvertriebsrechten gemäß Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens Wettbewerber des Eigentümers derartiger Rechte nicht ohne Zustimmung des Eigentümers auf dem Markt auftreten dürfen.

Die USA ersuchten den Ausschuß, die Empfehlung auszusprechen, daß Indien sein Rechtssystem in Einklang mit seinen Verpflichtungen nach Artikel 70.8 und 70.9 des TRIPS- Abkommens bringt und ihnen in einer Art ähnlich derer nachkommt, wie sie Pakistan angekündigt hatte.

4.1.4 Haltung der Gegenpartei Indien

Indien behauptete, daß

(a) es eine Möglichkeit zur Patentbeantragung für pharmazeutischen und agrochemische Produkte geschaffen hatte, die in Übereinstimmung mit Artikel 70.8 des TRIPS-Abkommens steht;

(b) Indien nicht verpflichtet sei, ein System der Gewährung von Alleinvertriebsrechten gemäß Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens einzurichten, solange nicht alle anderen Bedingungen zur Garantie dieser Rechte hinsichtlich eines bestimmten Produktes erfüllt worden waren;

(c) die übrigen Forderungen der USA aus formalen Gründen zu verwerfen seien und nicht Bestandteil des Verfahrens werden durften.

4.1.5 Formelle Bestandteile des Verfahrens

Der Ausschuß untersuchte zunächst die Einwendungen Indiens, die sich gegen die zu behandelnden Punkte richteten.[1] Nach Meinung der indischen Regierung waren die Punkte betreffend der Transparenz des "Briefkastensystems" und die der Art der Umsetzung eines solchen Systems nicht zu behandeln, da sie ursprünglich nicht Inhalt des Ersuchens der USA auf Einsetzen eines Ausschusses an den DSB gewesen waren.

Dieser Antrag wurde seitens des Ausschusses verworfen.[2] Die Frage der Transparenz des Briefkastensystems wurde als Teil des Gesamtproblems angesehen, ob überhaupt ein wirksames Briefkastensystem installiert worden war. Zudem war den USA vor der Antragstellung auf Einrichtung des Ausschusses gar nicht bekannt, daß überhaupt irgendein Briefkastensystem in Indien vorhanden war. Dies wurde erst durch die ersten Entgegnungen Indiens auf die Vorwürfe der USA hin deutlich. Demgegenüber vertrat der angerufene Berufungsausschuß eine gegenteilige Meinung.[3] Danach hätte die Frage der Transparenzpflicht aus Artikel 63 TRIPS- Abkommen nicht behandelt werden dürfen, da ihre Miteinbeziehung einen Verstoß gegen die Verfahrensregeln (Artikel 3, 7 und 11 DSU) darstellte. Alle zu behandelten Streitpunkte müssen demnach grundsätzlich bereits im Ersuchen auf Einsetzen eines Ausschusses erwähnt werden. Anderenfalls können sie nicht mehr berücksichtigt werden.

Hinsichtlich der Frage, auf welche Art ein Briefkastensystem zu implementieren sei, wurde das Ansuchen der USA durch den Ausschuß nicht als Ersuchen sondern als Vorschlag verstanden.[4] Der Ausschuß nahm für sich in Anspruch, daß er Vorschläge erarbeiten dürfe, wie seine Empfehlungen am besten umgesetzt werden könnten. Das Ersuchen der USA wurde somit als Ersuchen auf einen in gewisser Weise formulierten Vorschlag des Ausschusses gewertet.[1]

4.1.6 Artikel 70.8 TRIPS-Abkommen - 'Briefkastensystem' für Patentanträge

Die USA behaupteten, daß Indien seinen Verpflichtungen aus dem Paragraphen 70.8 nicht nachgekommen ist, indem keine wirksames Methode für Patentanträge im 'Briefkastensystem' geschaffen worden war.[2]

Artikel 70.8 TRIPS-Abkommen:

Wenn ein Mitglied am Tag des Inkrafttretens des WTO-Abkommens keinen seinen Verpflichtungen gemäßArtikel 27 entsprechenden Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Waren vorsieht, wird dieses Mitglied:

a. unbeschadet der Bestimmungen des IV. Teils ab dem Tag des Inkrafttretens des WTO-Abkommens eine Möglichkeit für die Einreichung von Anmeldungen von Patenten für solche Erfindungen vorsehen;

b. auf diese Anmeldungen vom Tag der Anwendung dieses Abkommens an die in diesem Abkommen festgelegte Voraussetzungen für die Patentfähigkeit so anwenden, als würden diese Voraussetzungen am Tag der Anmeldung in diesem Mitglied oder, sofern Priorität zur Verfügung steht und in Anspruch genommen wird, am Prioritätstag der Anmeldung angewendet; und

c. Patentschutz nach Maßgabe dieses Abkommens ab der Erteilung des Patents und für die verbleibende Schutzdauer des Patents, gemäßArtikel 33 dieses Abkommens gerechnet vom Anmeldetag an, für diejenigen Anmeldungen vorsehen, die den in lit. b genannten Schutzvoraussetzungen entsprechen.

Der Ausschuß stellte hierzu fest, daß sich eine Verpflichtung Indiens nur auf Buchstabe a. beziehen konnte, da diese bereits ihre Wirkung mit dem Datum der Zugehörigkeit in die WTO, also dem 1. Januar 1995, entfalteten. Buchstabe b. und c. hingegen würden Indien erst dann binden, wenn die Regeln des Abkommens in Kraft treten, also hier spätestens mit dem 1. Januar 2005 gemäß Artikel 2 und 4 des Artikels 65 im Abschnitt IV. des TRIPS-Abkommens.[3]

Der Ausschuß stellte klar, daß die Möglichkeit, Patentanträge zu stellen, gegeben sein muß.[4] Selbst wenn Länder, für die Übergangsregeln gelten, nach dem 1. Januar 1995 noch keinen Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte gewähren, muß nach dem "... Auslaufen der Übergangsperiode sichergestellt sein, daß dann aufgrund dieser Anträge Patentschutz gewährt wird, sofern bestimmte Kriterien erfüllt worden sind.

Artikel 27 des TRIPS-Abkommens regelt, daß grundsätzlich Patentschutz auf allen technologischen Feldern gewährt werden muß.[1] Artikel 65 gewährt Übergangsfristen zur vollständigen Umsetzung der Regelungen des TRIPS-Abkommens, so auch denjenigen des Artikels 27. Grundsätzlich wird eine Übergangsfrist für Entwicklungsländer bis zum 1. Januar 2000 gewährt. Für einige technologische Bereiche wird eine Frist von weiteren 5 Jahren, d.h. bis zum 1. Januar 2005 gewährt. Diese Übergangsvorschrift ist jedoch nicht für den Artikel 70.8a des TRIPS-Abkommens anwendbar, was auch eindeutig durch den Berufungsausschuß festgestellt wurde.[2] Hier soll während der Übergangsphase die Priorität eines Patentantrages bewahrt werden, was als wichtige Pflicht derjenigen Länder angesehen wird, die Nutznießer der Übergangsregeln sind, also den Entwicklungsländern.

Angeführt wurde weiterhin, daß das multilaterale Handelssystem des GATT stets dem Prinzip dienen sollen, daß eine gewisse Vorausschaubarkeit zwischen der Wettbewerbsfähigkeit von eigenen Produkten gegenüber Produkten, die in einem anderen Mitgliedsland der WTO produziert werden, vorhanden sein sollte.[3] Gerade auf dem Gebiet des Schutz des geistigen Eigentums sind Planungen über Handel und Investitionen von enormer Wichtigkeit.

Zu untersuchen war von Ausschuß, ob das seinerzeit vorhandene Briefkastensystem für Patentanträge, daß in Indien Anwendung fand, den Bedingungen des Artikels 70.8a des TRIPS- Abkommens entsprach, d.h. also, ob die berechtigten Erwartungen anderer WTO- Mitgliedsländer oder Unternehmen in diesen Mitgliedsländern hinsichtlich der Behandlung von Patentanträgen während der Übergangsphase gewahrt waren. Dabei kam es nicht darauf an, ob das Land bereits die rechtlichen Grundlagen geschaffen hatte, die eine Patentierbarkeit nach Ablauf des 1. Januar 2005 ermöglichen sondern vielmehr, ob das vorliegende Patentrecht insoweit geändert wurde, als daß die per Briefkastensystem gestellten Anträge zu einem Patentschutz nach Ablauf der Übergangsphase führen, sofern die entsprechenden Bedingungen eingehalten worden sind. Als erforderlich hierfür wurde eine Methode angesehen, die nicht nur die Möglichkeit der Antragstellung und die Vergabe von Aktenzeichen und Eingangsdatum enthält sondern auch eine angemessene rechtliche Basis beinhaltet, aufgrund derer die Neuheit und der Vorrang von Patentanträgen geregelt ist. Diese System sollte zudem keine Befürchtungen beim potentiellen Antragsteller aufkommen lassen, daß Anträge nicht als ungültig erklärt oder zurückgewiesen werden könnten, wenn das Briefkastensystem genutzt worden ist.[1] Der Ausschuß vertrat entgegen Indien die Ansicht, daß die Schaffung einer gesetzlichen Basis für das Briefkastensystem sehr wohl erforderlich sei.

Die Gesetzgebung Indiens schloß seinerzeit die Annahme von Patentanträgen für pharmazeutische und agrochemische Produkte vollkommen aus (Abschnitt 15.2 des Indischen Patentgesetzes von 1970).[2] Die Praxis in den Behörden, entgegen dieser Vorschrift Patentanträge für derartige Produkte zumindest entgegenzunehmen, weist auf ein gewisses Maß an bestehender Rechtsunsicherheit hin. Auch der Berufungsausschuß kam hier zu keinem anderen Ergebnis. Briefkastenanträge müssen angenommen werden und Aktenzeichen und Eingangsdatum mitgeteilt und das Verfahren hierzu muß auf einer soliden gesetzlichen Basis stehen.[3] Anderenfalls bestand die Befürchtung, daß der Oberste Gerichtshof Indiens die Verwaltungspraxis, Patentanträge für pharmazeutische und agrochemische Produkte im Rahmen eines Briefkastensystems anzunehmen, im Klagefall nicht akzeptieren würde, solange ein Gesetz in Kraft ist, daß eine Annahme derartige Anträge vollkommen ausschließt. Es reichte nicht aus, daß Indien bereits Anträge entgegengenommen hatte.[4] Zudem wurde angenommen, daß einige US-amerikanische Firmen in Mangel der Kenntnis oder in mangelndem Vertrauen über ein funktionierendes Briefkastensystem in Indien, entsprechenden Anträge nicht gestellt hatten. Die Interessen dieser Personen oder Unternehmen müßten geschützt werden, weil sie offensichtlich bis dahin nicht in den Genuß des Schutzes gekommen waren oder kommen würden, der ihnen dem TRIPS-Abkommen nach zusteht.

Als weiterer wesentlicher Gesichtspunkt wurde vom Ausschuß in seiner Entscheidung angesehen, daß die Möglichkeit, das Briefkastensystem für Patentanträge in Indien zu nutzen, nicht veröffentlicht wurde. Die indische Regierung hielt dem entgegen, daß sich jeder potentielle Antragsteller bei den zuständigen Behörden darüber hätte informieren können. Der Ausschuß befand jedoch, daß dies schwerlich als ausreichend angesehen werden kann, die Öffentlichkeit, andere WTO-Mitglieder, Interessierte oder Betroffene in diesen Ländern in angemessener Weise über das System zu informieren. Der Berufungsausschuß kam gleichermaßen zu dem Ergebnis, daß eine interne Verwaltungsanweisung nicht als ausreichend angesehen werden kann, zumal der Text der Anweisung weder dem Ausschuß noch dem Berufungsausschuß zu irgendeinem Zeitpunkt zugegangen war.[1] Tatsächlich war ein wirksames Briefkastensystem in der präsidialen Patentanordnung von 1994 niedergelegt, die jedoch 1995 aus den erwähnten Gründen auslief. Es mußte bezweifelt werden, ob eine Verwaltungsanordnung gegenüber eine gegensätzlich formulierten Gesetzesvorschrift (Abschnitt 15 (2) des Indischen Patentgesetzes von 1970), bestand haben könnte.

Daher hielt es der Ausschuß als erwiesen an, daß Indien seinen Verpflichtungen gemäß Artikel

70.8a nicht nachgekommen war und eine Rechtsunklarheit bezüglich des gegenwärtigen Systems für den Status von Patentanträgen für pharmazeutische und agrochemische Produkte bestand.[2] Der angerufene Berufungsausschuß kam hierzu zu einem identischen Ergebnis.[3]

4.1.7 Artikel 63 TRIPS-Abkommen - 'Transparenzpflicht'

Die USA hatten für den Fall, daß der Ausschuß feststellen sollte, daß Indien tatsächlich über ein wirksames Briefkastensystem für Patentanträge für pharmazeutische und agrochemische Produkte verfügt, beantragt festzustellen, daß Indien den Artikel 63 des TRIPS-Abkommens ("Transparenzpflicht") verletzt hatte.[4] Obwohl die Untersuchung des Artikels 70.8 des TRIPS - Abkommens durch den Ausschuß bereits zu dem Schluß führte, daß Indien über kein wirksames Briefkastensystem verfügte, wurde trotzdem inhaltlich die Frage einer ggf. verletzten Transparenzpflicht im Hinblick auf einer etwaigen Revision der Ergebnisse zu Artikel 70.8 des TRIPS-Abkommens durch einen Berufungsausschuß behandelt. Zu einer Überprüfung der aufgeworfenen Argumente zu Artikel 65 kam es im Rahmen der Untersuchung durch den Berufungsausschusses nicht mehr. Dieser stellte fest, daß Indien zurecht darauf verwiesen hatte, daß aus formellen Gründen eine Behandlung dieses Punktes nicht möglich sei. Die USA hatten zu spät, d.h. erst nach ihrem Ersuchen auf die Einsetzen eines Ausschusses in dem Streitfall und auch erst nach der ersten schriftlichen Eingabe ihre Vorwürfe auf Verletzung der Transparenzpflicht gemäß Artikel 63 TRIPS-Abkommen hinsichtlich der Nichtveröffentlichung Indiens über die Einrichtung eines Briefkastensystems vorgebracht. Dies war nach den DSU- Statuten nicht statthaft führte zu einer Nichtberücksichtigung im vorliegenden Streitfall.[1]

4.1.8 Artikel 70.9 TRIPS-Abkommen - 'Alleinvertriebsrechte'-

Der letzte zu behandelnde Streitpunkt betraf die Gewährung von Alleinvertriebsrechten, wie sie in Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens niedergelegt sind.

Artikel 70.9 TRIPS-Abkommen

"(Schutz bestehender Gegenstände) ...

9 Wenn eine Ware Gegenstand einer Patentanmeldung in einem Mitglied gemäßAbsatz 8 lit. a ist, werden unbeschadet der Bestimmungen des VI. Teils Vermarktungsrechte für eine Frist von fünf Jahren nach der Erlangung der Marktzulassung in diesem Mitglied oder bis zur Erteilung oder Zurückweisung eines Erzeugnispatents in diesem Mitglied gewährt, wobei die jeweils kürzere Frist gilt, vorausgesetzt, daßnach dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens in einem anderen Mitglied eine Patentanmeldung eingereicht und die Marktzulassung in diesem anderen Mitglied erlangt wurde."

Es stand außer Frage, daß zum Zeitpunkt des Streitfalles weder gesetzliche Regelungen noch Verwaltungspraktiken in Indien vorhanden waren, die eine Garantie für Alleinvertriebsrechte für diejenigen Produkte darstellten, die die Bedingungen des Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens erfüllten. Die präsidiale Patentanordnung Indiens von 1994 beinhaltete zwar eine derartige Regelung, die jedoch seinerzeit nicht dauerhaft legislativ umgesetzt worden war.

Die USA vertraten die Auffassung, daß die Verpflichtung der Etablierung eines Systems der Gewährung von Alleinvertriebsrechten bereits mit Inkrafttreten des TRIPS-Abkommens, also am

1. Januar 1995 entstanden war und daß sich die Gesetzgebung Indiens seinerzeit nicht in Übereinstimmung mit dem Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens befand.[2] Indien hingegen behauptete, daß die Übergangsperiode auch hier gelte und ohnehin noch kein Erfordernis für eine derartiges Gesetzgebung vorhanden war, da noch kein einziger entsprechender Antrag gestellt worden war. Die Verpflichtung könne erst dann greifen, wenn alle weiteren Bedingungen des Artikels 70.9 erfüllt worden waren. Es war mithin die Frage zu klären, zu welchem Zeitpunkt ein System der Garantie von Alleinvertriebsrechten vorhanden sein muß.

Der Ausschuß sah es als ein Bruch mit den Regelungen des TRIPS-Abkommens an, daß Indien seine Exekutivorgane nicht mit der gesetzlichen Kompetenz zur Gewährung von Alleinvertriebsrechten ausgestattet hatte, auch wenn noch kein Antrag für ein Produkt, das in den Genuß einer derartigen Regelung hätte kommen können, von den indischen Behörden abgelehnt worden war. Verwiesen wurde hier auf den Sinn aller WTO-Bestimmungen, nämlich Regierungen davon abzuhalten, Maßnahmen zu ergreifen, die den freien Handel einschränken könnten. Im konkreten Fall besteht eine Verpflichtung, positive Schritte zu unternehmen, um eine gesetzliche Grundlage für das Verwaltungshandeln zu schaffen, damit dieses in Einklang mit den Regelungen des TRIPS-Abkommens steht und kein Bruch der nationalen Gesetzgebung darstellt. Anderenfalls würden hier die berechtigten Erwartungen der Marktteilnehmer über die Bedingungen des Wettbewerbs geschädigt werden.

Nachdem geklärt wurde, daß eine Verpflichtung zu Handeln seitens der indischen Regierung bestand, war zu klären, zu welchem Zeitpunkt diese Pflicht einzulösen war. Der Ausschuß stand unter anderem auf dem Standpunkt, daß die Formulierung in Artikel 70.9 des TRIPSAbkommens "...unbeschadet der Regelungen in Abschnitt IV..." eindeutig darauf hinweist, daß keine Übergangsfristen für die Einrichtung eines System von Alleinvertriebsrechten vorgesehen sein konnten, da hier eine eindeutige Ausnahme von den Übergangsregeln des Artikel 65, der Bestandteil des Abschnitts IV des TRIPS-Abkommens ist, vorgesehen ist. Der Berufungsausschuß kam hierzu zu einem ebenso klaren Ergebnis.[1]

Der Ausschuß kam daher zu dem Schluß, daß mit Inkrafttreten des WTO-Abkommens, welches das TRIPS-Abkommen mit umfaßt, in allen WTO-Mitgliedsländern ein geeignetes System zur Garantie der Gewährung von Alleinvertriebsrechten vorhanden sein muß.[2] Daher mußte Indien diese Rechte garantieren, sofern die weiteren Bedingungen des Artikel 70.9 erfüllt sind:

(a) es wurde ein Briefkastenantrag hinsichtlich eines pharmazeutischen oder agrochemischen

Produktes in Indien gestellt;

(b) es wurde ein Patentantrag hinsichtlich dieses Produktes in einem anderen Mitgliedsland

der WTO gestellt;

(c) ein anderes WTO-Mitgliedsland hat ein Patent hierfür gewährt;

(d) dieses andere WTO-Mitgliedsland hat der Vermarktung des Produktes genehmigt;

(e) Indien hat ebenfalls die Vermarktung dieses Produktes genehmigt.

Indien argumentierte, daß es einer langen Zeit bedürfe, bis alle diese Erfordernisse erfüllt worden seien. Der Ausschuß stellte jedoch klar, daß der genaue Zeitbedarf hierfür nicht vorausgesagt werden könne und daß die Stufen (a) bis (d) ohnehin außerhalb der Kontrolle Indiens lägen, so daß konkreter Handlungsbedarf bereits mit dem Inkrafttreten des Abkommens am 01. Januar 1995 bestanden hatte. Die vorliegende Rechtsunsicherheit könnte daneben womöglich auch potentielle Antragsteller entmutigen.

Daher kam der Ausschuß zu dem Schluß, daß Indien seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens ebenfalls nicht nachgekommen war, da die WTO-Mitglieder nach Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens zu jeder Zeit Alleinvertriebsrechte bei der Erfüllung der entsprechenden Bedingungen zu garantieren hatten und in Indien ein derartiges System nicht vorhanden war.[1] Der Berufungsausschuß folgte dieser Schlußfolgerung in seiner Entscheidung. Der Zwang, eine rechtliche Basis für Alleinvertriebsrechte zu schaffen, entstand für Indien bereits mit Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens, also seit dem 1. Januar 1995.

Hinsichtlich des Ersuchens der USA festzustellen, daß Indien seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 70.8 und 70.9 des TRIPS-Abkommens ähnlich der Art nachkommen solle, wie es Pakistan angekündigt hatte, erklärte der Ausschuß, dies für unangemessen zu halten, da gemäß Artikel 1.1 des TRIPS-Abkommens jeder Staat darin frei sei, wie er die Bestimmungen des Abkommens umsetzt.

4.1.9 Empfehlungen des Ausschusses und des Berufungsausschusses

Der Ausschuß empfahl, daß der DSB Indien ersuchen sollte, seine Übergangsregeln für den Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Produkte in Übereinstimmung mit dem TRIPS-Abkommen zu bringen. Der Ausschuß empfahl weiterhin, Indien darum zu ersuchen, einen Mechanismus einzuführen, der die Neuheit und den Vorrang von Patentanträgen schützt, die während der Übergangszeit gestellt worden sind oder gestellt worden wären.

Der Berufungsausschuß hielt die Feststellungen des Ausschusses aufrecht, daß Indien gegen die Bestimmungen der Artikel 70.8(a) und 70.9 des TRIPS-Abkommens verstoßen hatte und schloß sich insoweit den Empfehlungen des Ausschusses an. Daß sich Indien in Nichtübereinstimmung mit den Artikel 63, Paragraph 1 und 2 des TRIPS-Abkommens befand, wurde jedoch alleine wegen der Nichtbeachtung der vorgenannten Verfahrensgründe verneint. Daher lautete die Empfehlung des Berufungsausschusses an den DSB lediglich, Indien zu ersuchen, seine Gesetzgebung in Einklang mit den Bestimmungen der Artikel 70.8 und 70.9 des TRIPS- Abkommens zu bringen.

4.2 EU vs. Indien (WTO-Schiedsgerichtsverfahren WT/DS79)

Das Ersuchen der EG vom 28. April 1997 auf Einsetzen eines Ausschusses zur Erörterung des Streitfalles behandelt inhaltlich im wesentlichen dieselben Punkte, die bereits in dem unter Textziffer 4.1 beschriebenen Verfahren Grundlage waren, nämlich das angebliche Nichtvorhandensein eines Patentschutzes für pharmazeutische und agrochemische Produkte in Indien und die Abwesenheit eines formalen Systems, daß die Abgabe von Anmeldungen von Patenten erlaubt sowie den nicht vorhandenen Schutz von Alleinvertriebsrechten für derartige Produkte. Die EG trug vor, daß dies nicht in Einklang mit Indiens Verpflichtung nach Artikel

70.8 und 70.9 des TRIPS-Abkommens stand und ersuchte am 9. September 1997 um eine entsprechende Feststellung des Ausschusses. Bei seiner Sitzung am 16. Oktober 1997 setzte der DSB für diesen Fall einen Ausschuß ein, der diese Frage untersuchen sollte.[1] Die USA behielt sich dabei Drittrechte vor. Der Ausschuß stellte im Ergebnis fest, daß Indien seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen war, nach denen es gemäß Art 70.8(a) des TRIPS- Abkommens verpflichtet ist, indem es versäumte, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die in angemessener Weise die Neuheit und den Vorrang von Anträgen auf Produktpatente für pharmazeutische und agrochemische Erfindungen berücksichtigt. Zudem stand die indische Gesetzgebung nicht im Einklang mit Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens, da versäumt wurde, ein System zur Garantie von Alleinvertriebsrechten zu schaffen. Der Bericht des Ausschusses wurde an die Mitglieder der WTO am 24. August 1998 versandt. Bei seinem Treffen am 2. September 1998 übernahm der DSB den Bericht des Ausschusses.

Interessant erscheinen für diesen Fall lediglich die verfahrensrechtlichen Einwendungen, die seitens der verteidigenden Partei Indien vorgebracht wurden. Indien beantragte, den Antrag der EG in dieser Sache zu verwerfen, da er nicht in Übereinstimmung mit den Durchführungsregeln der WTO für Streitschlichtungen (DSU) im Zusammenhang mit der Beschwerdeführung mehrerer Parteien stand.[2] Indien vertrat die Auffassung, daß in strenger Auslegung der Artikel

9.1 und 10.4 der DSU, mehrere Beschwerdeführer ihre Fälle dem gleichen Ausschuß vorzulegen haben, wenn immer dies offensichtlich oder möglich ist. Der EG wäre es möglich gewesen, ihre Beschwerden gemeinsam mit den USA vorzubringen, da ihnen der Fall bekannt war und es sich im Grunde inhaltlich um die selbe Angelegenheit gehandelt hatte. Angeführt wurden hier auch rationale Gründe, wie die Gefahr von inkonsistenten Entscheidungen in gleicher Sache, der Verschwendung von Ressourcen oder der unrechtmäßigen Benachteiligung einzelner Streitparteien.

Der Ausschuß entschied daraufhin, den Antrag Indiens zu verwerfen, da grundsätzlich keine Pflicht bestehe, eine Beschwerde zur identischen Sache gemeinsam und zeitgleich einzubringen. Der Ausschuß wollte weiterhin keine außerhalb der Regelungen des DSB liegenden Verfahrensregeln aufstellen, in denen von ihm eine derartige Pflicht konstruiert worden wäre. [1] Der Ausschuß kam daneben auch zu dem Schluß, daß er an keine früheren Entscheidungen gebunden sei, die den gleichen Sachinhalt behandeln, d.h. den Entscheidungen des Ausschusses aus der Sache WT/DS50 (USA vs. Indien) nicht zu folgen hätte. Die Feststellungen und Folgerungen aus diesem Schlichtungsverfahren seien jedoch in der neuen Betrachtung mit zu berücksichtigen.

4.3 Umsetzung der Empfehlungen aus den Berichten in das indische Rechtssystem

Die indische Regierung setze eine Patentänderungsanordnung am 08. Januar 1999 in Kraft, um das Patentgesetz von 1970 in Einklang mit den Verpflichtungen aus Artikel 70.8 und 70.9 des TRIPS-Abkommens in Einklang zu bringen.[2] Diese präsidiale Anordnung wurde wiederum gemäß Artikel 123 der indischen Verfassung erlassen und wäre 6 Wochen nach Wiederbeginn der Sitzungsperiode des Parlaments oder zuvor, im Falle einer Nichtzustimmung beider Häuser des Parlaments, außer Kraft getreten. Eine Gesetzesvorlage, die diese Anordnung ersetzen sollte, wurde dem Parlament anschließend Ende Februar 1999 vorgelegt und von beiden Häusern des Parlaments angenommen. Nach Zustimmung durch den Präsidenten Indiens und Veröffentlichung im Gesetzesblatt vom 26. März 1999 als Patent(-änderungs)gesetz, 1999, hatte Indien die Empfehlungen aus den Berichten zu den Schlichtungsfällen WT/DS50 und WT/DS79 vollständig umgesetzt.[3]

Das Patentänderungsgesetz vom 26. März 1999 trat rückwirkend zum 1. Januar 1995 in Kraft und änderte das Patentgesetz von 1970. Es beinhaltet u.a. die Regelungen der später außer Kraft gesetzten (präsidialen) Patenänderungsverordnung von 1994 bezüglich pharmazeutischen und agrochemischen Produkten und garantiert Alleinvertriebsrechte für sogenannte Briefkastenanträge in Übereinstimmung mit Artikel 70.9 des TRIPS-Abkommens. Die Briefkastenanträge werden während der 10-jährigen Übergangsperiode spätestens bis zum 31. Dezember 2004 bzw. bis zum Einklang der nationalen Patentgesetzgebung mit allen Bestimmungen des TRIPS-Abkommens nicht geprüft.

5 Zusammenfassung und Ausblick

In den ersten und bislang einzigen Fällen über den Schutz des geistigen Eigentums, die durch das Streitschlichtungsverfahren der WTO gelaufen ist, hat die WTO seinen Willen gezeigt, daß TRIPS-Abkommen durchzusetzen.[4]

Der WTO-Streitschlichtungsausschuß DSB, der sein Urteil am 2.September 1998 zu Gunsten der USA bzw. der EG am gefällt hat, bestätigte, daß Indien nicht in Übereinstimmung mit verschiedenen Regeln des TRIPS-Abkommens handelt, die sich auf den Patentschutz beziehen. Die Entscheidung zeigt, das Länder auf Initiative von Handelsorganisationen oder betroffenen Unternehmen, handelsbezogene Beschwerden vor die WTO tragen und gewinnen können. Dies wird für diejenigen Unternehmen eine Ermutigung darstellen, die gerne besseren Zugang zu fremden Märkten erreichen würden und sich Sorgen über die weltweite Durchsetzung ihrer geistigen Eigentumsrechte machen. Auch potentielle Investoren in WTO-Mitgliedsländern, in denen geistige Eigentumsrechte zwar einen gewissen Wert darstellen aber keinen adäquaten rechtlichen Schutz genießen, können zukünftig beruhigter planen.

Die Interessen der Entwicklungsländer hinsichtlich des Wunsches auf freien Zugang zu Technologie durch Kopie wurde bereits beim Abschluß des TRIPS-Abkommen als unlösbaren Bestandteil der WTO-Mitgliedschaft weitgehend ignoriert. Ob sich dennoch beabsichtigte positive Effekte, wie verstärkte Direktinvestitionen oder Technologietransfer einstellen, bleibt abzuwarten. Tatsächlich ist auf breiter Front mit Preissteigerungen zu rechnen, was auch negative Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung der Länder der Dritten Welt haben wird.

Versuche, das System des internationalen Schutzes geistiger Eigentumsrechte zu ignorieren, kann ein sich Staat in der Post-GATT-Ära nicht mehr leisten. Nach dem Ende der Geltung der Übergangsvorschriften mit Beginn des Jahres 2005 müssen auch die wenigsten entwickelten Länder mit "Wind von vorne" rechnen. Sie werden sich voraussichtlich zunehmend Beschwerden und WTO-Schiedsgerichtsverfahren mit etwaigen harten Sanktionen als Konsequenz ausgesetzt sehen, sofern sie die Vorschriften zum Schutze des geistigen Eigentums nicht umgesetzt haben oder für deren Durchsetzung sorgen.[1] Neben des daraus resultierenden negativen Auswirkungen für die Volkswirtschaft würden auch Direktinvestitionen internationaler Großkonzerne verlorengehen.

Es ist jedoch kaum davon auszugehen, daß die Umsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutze des geistigen Eigentums alleine zu steigenden Direktinvestitionen oder verstärkten Technologieimporten führen wird. Zum einen können über die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft in der Regel keine exakten Voraussagen getroffen werden und zum anderen waren die Erfolgsgeschichten der südostasiatischen 'emerging markets' auf einem ausgewogenes System von Anreizen, Experimenten, strukturellen, institutionellen sowie politischen Änderungen und der allgemeinen Lage der Weltwirtschaft zurückzuführen.[2] Der Schutz von geistigen Eigentumsrechten spielte hierbei keine Rolle.

Entwicklungsländer sehen sich nunmehr der Herausforderung ausgesetzt, neue Lösungen und Quellen des Technologietransfers in einer sich immer stärker globalisierenden und standardisierenden Welt zu finden. Ein Erfolg bei diesen Bemühungen dürfte für die Stabilität der Weltwirtschaft insgesamt eine Rolle spielen.[3] Festzustellen ist, daß Entwicklungsländer kurzfristig und vermutlich auch langfristig als Verlierer eines weltweit strikteren Schutzes geistiger Eigentumsrechte dastehen werden.[4]

III. Literaturverzeichnis

Bücher

Friedrich-Karl Beier und Gerhard Schricker (Herausgeber), From GATT to TRIPS - The Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, IIC Studies, München 1996

Michael Blakeney, Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights: A Concise Guide to the TRIPS Agreement, Sweet & Maxwell, London 1996

Carlos M. Correa und Abdulqawi A. Yusuf (Herausgeber), Intellectual Property and International Trade: The TRIPs Agreement, Kluwer Law International, London 1998

Daniel Gervais, The TRIPS Agreement: Drafting History and Analysis, Sweet & Maxwell, London

Heinz Püschel, Urheberrecht: Eine Einführung in das Urheberrecht mit dem TRIPS-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, Haufe, Freiburg. 1997

Slavo Radosevic, International Technology Transfer and Catch-up in Economic Development, Edward Elgar, Cheltenham, 1999

Bankole Sodipo, Piracy and Counterfeiting - GATT, TRIPS and Developing Countries, Kluwer Law International, London 1997

T.N. Srinivasan, Developing Countries and the Multilateral Trading Systems - From the GATT to the Uruguay Round and the Future, WestviewPress, Boulder Colorado, 1998

Zeitschriften

BUKO Pharma-Brief Nr. 8, Oktober 1996, BUKO-

Pharmakampgane Bielefeld, 1996

Canterbury Law Review, University of Canterbury, Vol. 6, 1997, Christchurch, Neuseeland

Rochelle Cooper Dreyfuss und Andreas F. Lowenfeld, Two Achievements of the Uruguay

Round: Putting TRIPS and Dispute Settlement Together, Virginia Journal of International Law, Vol. 37:267, Winter 1997

European International Property Review, Vol. 19, Issue 12, December 1997, ISSN 0142-0461, London

Hans Forkel, Das Erfinder- und Urheberrecht in der Entwicklung in Neue Juristische Wochenzeitschrift, 1997, Heft 25

WTO-Dokumente

WTO-Dokument WT/DS50/R vom 5. September 1997, India - Patent Protection für Pharmacutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997

WTO-Dokument WT/DS50/AB/R vom 19. Dezember 1997, India - Patent Protection für Pharmacutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997

WTO-Dokument WT/DS79/R vom 24. August 1998, India - Patent Protection für Pharmacutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1998

WTO-Dokument WT/DS50/10/Add.1 und WT/DS50/10/Add.3, INDIA - PATENT PROTECTION FOR PHARMACEUTICAL AND AGRICULTURAL CHEMICAL PRODUCTS Status Report by India, Addendum 1 und 3.

28

WTO-Dokument WT/DS50/10/Add.4 , INDIA - PATENT PROTECTION FOR

PHARMACEUTICAL AND AGRICULTURAL CHEMICAL PRODUCTS Status Report by India, Addendum 4

[...]


[1] Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights kurz: TRIPS), Anhang 1C des Abkommens zur Gründung der Welthandelsorganisation (World Trade Organization; kurz:WTO).

[2] Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes (kurz: DSU), Apr. 15, 1994, Marrakesh Agreement Èstablishing the World Trade Organisation, Anhang 2, Legal- Instruments - Results of the Uruguay Round. vol 31, 33 I.L.M. 1226 (1994).

[1] Vgl. Rochelle Cooper Dreyfuss und Andreas F. Lowenfeld, Two Achievements of the Uruguay Round: Putting TRIPS and Dispute Settlement Together, Virginia Journal of International Law, Vol. 37:267, Winter 1997, S. 276

[2] Vgl. Carlos M. Correa und Abdulqawi A. Yusuf (Herausgeber), Intellectual Property and International Trade: The TRIPs Agreement, Kluwer Law International, London 1998, S. 93,

[3] Vgl. Hans Forkel, Das Erfinder- und Urheberrecht in der Entwicklung in Neue Juristische Wochenzeitschrift, 1997, Heft 25, S. 1672 ff.

[4] Vgl. Canterbury Law Review, University of Canterbury, Vol. 6, 1997, Christchurch, Neuseeland, S. 463 und vgl. Rochelle Cooper Dreyfuss et al, a.a.O., S.444.

[1] Vgl. Rochelle Cooper Dreyfuss et al, a.a.O., S.85.

[2] Vgl. Friedrich-Karl Beier und Gerhard Schricker (Herausgeber), From GATT to TRIPS - The Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, IIC Studies, München 1996, S. 329.

[3] Vgl. BUKO Pharma-Brief Nr. 8, Oktober 1996, BUKO-Pharmakampagne Bielefeld, 1996.

[4] Vgl. Michael Blakeney, Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights: A Concise Guide to the TRIPS Agreement, Sweet & Maxwell, London 1996, Paragraph 15.06.

[5] Vgl. Friedrich-Karl Beier et al, a.a.O., S.307.

[1] Vgl. Michael Blakeney, a.a.O., Paragraph 15.09.

[2] Siehe hierzu die unter Textziffer 4 bearbeitete Fallstudie, die Streitfälle betrifft, die sich auf den Patentschutz für derartige Produkte beziehen.

[3] Einige Kritiker sehen die Gefahr, daß Entwicklungsländer nach Auslaufen der Übergangsperioden in den konkreten Schlichtungsverhandlungen eine Art 'Bonus' erhalten könnten, obwohl die Uruguay-Runde eigentlich dazu beitragen sollte, Ungleichheiten in der Behandlung von Industrie- und Entwicklungsländern auszugleichen. Dies würde durch die breiten Interpretationsmöglichkeiten, die der Text der Vereinbarung bietet, eventuell sogar herausgefordert werden; Vgl. Rochelle Cooper Dreyfuss et al, S.364 und S.446.

[4] Siehe Textziffer 4.

[5] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R vom 5. September 1997, India - Patent Protection für Pharmacutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997, Textziffer 7.31.

[1] Vgl. BUKO Pharma-Brief Nr. 8, Oktober 1996, BUKO-Pharmakampagne Bielefeld, 1996.

[1] Vgl. T.N. Srinivasan, Developing Countries and the Multilateral Trading Systems - From the GATT to the Uruguay Round and the Future, WestviewPress, Boulder Colorado, 1998, S. 52.

[2] Vgl. European International Property Review, Vol. 19, Issue 12, December 1997, London, Textziffer D-313.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/1 - India - Pharmaceutical and Agricultural Products.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/4 - India - Pharmaceutical and Agricultural Products.

[3] Für dieses Verfahren wurde von der WTO das Aktenzeichen WT/DS50 vergeben; vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R vom 5. September 1997, India - Patent Protection für Pharmacutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997, Textziffer 7.6.

[4] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R , a.a.O., Textziffer 1.3.

[5] Vgl. ebenda, Textziffer 2.1.

[1] Vgl. a.a.O., Textziffer 2.2.

[2] Vgl. a.a.O., Textziffer 7.1.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R vom 5. September 1997, India - Patent Protection für Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997, Textziffer 7.2.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.3.

[2] Vgl. ebenda, Textziffer 7.4.

[3] Vgl. ebenda, Textziffer 7.5.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.8.

[2] Vgl. ebenda, Textziffern 7.9 - 7.12.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R vom 19. Dezember 1997, India - Patent Protection für Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1997, Textziffer 85ff.

[4] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O, Textziffer 7.16.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.17.

[2] Vgl. ebenda, Textziffer 7.23.

[3] Artikel 65 TRIPS-Abkommen:2 .Ein Entwicklungsland-Mitglied ist berechtigt, die Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens, mit Ausnahme der Artikel 3, 4 und 5, um eine weitere Frist von vier Jahren ab dem im Absatz 1 festgelegten Tag aufzuschieben. ...4. Soweit ein Entwicklungsland-Mitglied durch dieses Abkommen verpflichtet wird, den Patentschutz für Gegenstände auf technologische Bereiche auszudehnen, die in seinem Gebiet am Tag der allgemeinen Anwendung dieses Abkommens auf dieses Mitglied nach Maßgabe des Absatzes 2 nicht patentierbar waren, darf es die Anwendung der Bestimmungenüber Erzeugnispatente des 5. Abschnitts des II. Teils auf solche technologische Bereiche um eine weitere Frist von fünf Jahren aufschieben"

[4] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.25 + 7.26.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.27.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O., Textziffer 54.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.30 + 7.31.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O, Textziffer 51;. Aus der Sicht Indiens wurde hier eine neue Verpflichtung, die

über die Bestimmungen des Artikel 70.8 TRIPS-Abkommen hinausgehen, seitens des Ausschusses kreiert. Dies wurde daher zu einem der Berufungsgründe.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.35.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O.,Textziffer 57.

[4] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.38 + 7.39.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O., Textziffern 60f., 69.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.43.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O., Textziffer 71.

[4] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.44 + 7.51.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O., Textziffern 60f., 69.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.52 - 7.54.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/AB/R, a.a.O., Textziffer 82.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.60 - 7.62.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffer 7.63.

[1] Für den Streitfall wurde von der WTO das Aktenzeichen WT/DS/79 vergeben; vgl. WTO-Dokument WT/DS79/R vom 24. August 1998, India - Patent Protection für Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products, Genf, 1998, Textziffer 15.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O., Textziffern 7.8ff.

[1] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/R, a.a.O. Textziffern 7.22ff.

[2] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/10/Add.1 und WT/DS50/10/Add.3, INDIA - PATENT PROTECTION FOR PHARMACEUTICAL AND AGRICULTURAL CHEMICAL PRODUCTS Status Report by India, Addendum 1 und 3.

[3] Vgl. WTO-Dokument WT/DS50/10/Add.4 , INDIA - PATENT PROTECTION FOR PHARMACEUTICAL AND AGRICULTURAL CHEMICAL PRODUCTS Status Report by India, Addendum 4.

[4] Vgl. European International Property Review, Textziffer D-313.

[1] Vgl. Bankole Sodipo, Piracy and Counterfeiting - GATT, TRIPS and Developing Countries, Kluwer Law International, London 1997, S. 80f.

[2] Vgl.T.N. Srinivasan, a.a.O, S. 52.

[3] Vgl. Slavo Radosevic, International Technology Transfer and Catch-up in Economic Development, Edward Elgar, Cheltenham, 1999, S. 4.

[4] Vgl. Slado Radosevic, ebenda, S. 102.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
WTO-Schlichtungsverfahren in Streitfällen
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Internationales Wirtschaftsrecht
Note
1,5
Autor
Jahr
1999
Seiten
29
Katalognummer
V103618
ISBN (eBook)
9783640019960
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
WTO-Schlichtungsverfahren, Streitfällen, Internationales, Wirtschaftsrecht
Arbeit zitieren
Jorge Wittholz (Autor:in), 1999, WTO-Schlichtungsverfahren in Streitfällen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103618

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: WTO-Schlichtungsverfahren in Streitfällen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden