Ökonomisierung als Driving Force?


Seminararbeit, 2001

29 Seiten, Note: Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1) Einleitung

2) Zur problematischen Diskussion des Themas

3) Definitionen

4) Theoretische Herangehensweisen
4.1) Die systemtheoretische Betrachtungsweise
4.2) Die politökonomische Betrachtungsweise
4.3) Die “kritische” Sichtweise
4.4) Die organisationswissenschaftliche Betrachtungsweise

5) Wichtige Grundlagen und Konzepte
5.1) Medien als besonderes Gut
5.2) Allokation der Ressourcen
5.2.1) Publizistische Vielfalt
5.2.1.1) Konsumtive Vielfalt
5.2.1.2) Meritorische Vielfalt
5.2.1.3) Horizontale und vertikale Vielfalt
5.3) Wettbewerb
5.4) Konzentration
5.5) Regulierung

6) Struktur und Entwicklung des Medienmarktes

7) Das Mediensystem im Wandel
7.1) Deregulierung
7.2) Digitalisierung und Konvergenz

8) Einführung in die “kritische” Sichtweise

9) Ökonomie vs. Medien

10)Ökonomie - Medien – System vs. Sinn

11) Medium v. Individuum

12) Bibliographie

1) Einleitung:

Der Stellenwert von in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger werdenden Begriffen wie Marketing, Marktpositionierung eines Produktes, Konkurrenz, oder Wettbewerb wurde in den letzten Jahrzehnten in der Wirtschaft immer höher. Die Mehrheit von kleineren, mittleren und großen Firmen führt Marktanalysen durch, um zu sehen, wie sich ihr Produkt verkauft, um dessen Absatz zu verbessern oder die ideale Marktposition zu erlangen. Diese Entwicklung macht auch vor dem Bereich der Publizistik und der Medienunternehmen nicht halt. Doch gerade im Gebiet der Kommunikationswissenschaften ist eine Diskussion des Themas Ökonomisierung der Medien mit vielen Unklarheiten verbunden und keineswegs so einfach wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Man könnte an das Thema Ökonomisierung der Medien von zweierlei Richtungen herangehen. Einerseits wird immer wieder betont, dass Ökonomie nicht nur in den Medien eine zentrale Rolle spielt, Arbeitsplätze schafft, wichtig für die Wirtschaft ist, und uns unter anderem schließlich den Wohlstand verschafft hat, den wir zur Zeit genießen. Andererseits jedoch wird genau diese Sichtweise kritisiert und die Ökonomisierung der Medien als Schritt zur totalen Kapitalisierung und Kommerzialisierung der Gesellschaft und des Mediensystems gesehen.

In dieser Arbeit werden wir uns auf die daraus resultierende Ambiguität der derzeitigen Diskussion über Medienökonomie konzentrieren. Der erste Teil der Arbeit wird sich auf allgemeine zentrale Aspekte der Medienökonomie konzentrieren, ohne dabei zu wirtschaftswissenschaftlich werden zu wollen. Der zweite Teil jedoch wird sich dann mit der eher kritischeren Sichtweise beschäftigen. Alle zwei Teile werden sich damit beschäftigen, ob und wie Ökonomie als Driving Force im Wechselspiel zwischen den großen Sektoren der Wirtschaft, wie Kultur/Alltag, Technologie/Konvergenz, und Politik/Regulierung wirkt.

2) Zur problematischen Diskussion des Themas

Klaus Dieter Altmeppen geht auf die vorher erwähnte Problematik in der Einleitung seines Buches “Ökonomie der Medien und des Mediensystems” aus dem Jahre 1996 ein und behauptet: “Medienökonomische Forschung befindet sich im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichen Disziplinen” (Altmeppen 1996, 9). Im Folgenden möchten wir auf die Fragen eingehen, was er nun genau damit meint, welche Disziplinen dieses Spannungsfeld erzeugen und wie dieses Spannungsfeld aussieht. An dieser stelle möchten wir auch bemerken, dass wir diesen Teil und auch die ganze Arbeit bewusst einfach halten, da das ganze Thema ziemlich komplex und umfangreich ist und eine detaillierte wirtschaftswissenschaftliche Diskussion einzelner Aspekte den Rahmen einer kommunikationswissenschaftlichen Seminararbeit sprengen würde.

Den Anfang der problematischen Diskussion um die wissenschaftliche Einordnung der Medienökonomie setzte im Jahre 1967 die sogenannte Michel-Kommission, welche die Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/Fernsehen und Film untersuchte. In diesem Bericht ging es generell um rechtliche Aspekte, Kosten und Erlöse, Werbung und Konkurrenz. Das Problem hierbei war, dass im ganzen Bericht nicht einmal das Wort „Medienökonomie“ erwähnt wurde, weiters befand sich unter 89 Experten mit Elisabeth Noelle-Neumann nur eine einzige Publizistikwissenschaftlerin in der Kommission. Hier sieht man also deutlich, dass schon in den 60-ern die Bedeutung der ökonomischen Komponenten von Massenmedien sehr vernachlässigt wurde.

Mittlerweile hat sich der Begriff der Medienökonomie durchgesetzt, und die eigene Disziplin, die sich damit beschäftigt, befindet sich noch in ihren Anfängen. Das zentrale Problem bei der wissenschaftlichen Diskussion um die Medienökonomie liegt darin, dass der Zusammenhang von Medien und Ökonomie in vielen Disziplinen thematisiert wird. Es gibt Diskussionen um rechtliche und wirtschaftswissen-schaftliche Aspekte, oder auch um die politische Regulierung der Medien. Dies hat einen großen Vorteil: einen Zugang zum Thema mit vielen unterschiedlichen Methoden und Theorien. Aber auch einen gravierenden Nachteil: eine fehlende fachliche Identität. Bislang jedoch sind die wissenschaftlichen Beiträge zur Medienökonomie eher bescheiden. Daraus resultieren natürlich unterschiedlichste Herangehensweisen an das Thema: entweder wird die Ökonomie der Medien hochgehalten, oder die Ökonomie der sozialen und kulturellen Verpflichtungen der Medien betont. Gerade in unserer Zeit, wo “mergers” (Zusammenschlüsse von riesigen Betrieben) immer häufiger werden, wo es immer um mehr Geld geht, und wo die Medienkonzentration immer mehr zunimmt, wäre es von großem Vorteil, wenn man in der Literatur einen Konsens darüber hätte, welche Phänomene mit Ökonomisierung gemeint sind und welcher Teilbereich der Wissenschaft dafür zuständig ist. In diesem Punkt liegt sicherlich eine Herausforderung an die Wissenschaft der Zukunft, den Konsens zu erreichen.

3) Definitionen

Was versteht man nun aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive unter Ökonomisierung?

Es gibt hier ganz unterschiedliche Herangehensweisen: Otfried Jarren versteht unter Ökonomisierung ganz allgemein “die Ausweitung des ökonomischen Systems auf Felder, die vorher anderen Systemimperativen unterlagen”. Jürgen Heinrich definiert Ökonomisierung als “die Zunahme monetärer und egoistischer Elemente in der Nutzenfunktion und eine zunehmend striktere Anwendung des Nutzenmaximierungs-Postulates”. In diesen zwei Statements kann man schon erahnen, dass eine einheitliche Definition nicht gerade leicht ist. Für Manfred Knoche hingegen geht es bei Ökonomisierung “um eine weitere historische Phase der fortschreitenden Kapitalisierung der Medienindustrie, um eine radikale Unterordnung des gesamten Mediensystems unter die allgemeinen Kapitalverwertungsbedingungen.” (Medien und Komm.wiss.2001/2, 147). Diese Definition könnte als Überschrift für den zweiten Teil dieser Arbeit gelten, wo wir versuchen werden, die Ökonomisierung abhängig von der Technologie zu sehen.

Generell kann jedoch gesagt werden, dass die publizistikwissenschaftliche Perspektive die Ökonomisierung eher problematisiert. Grund für dieses Spannungsfeld sind die doppelten Erwartungen, die an Medien gerichtet werden: zum einen sind das die ökonomischen Gewinnerwartungen der Medienunternehmen, zum anderen die publizistischen Leistungserwartungen der Gesellschaft.

4) Theoretische Herangehensweisen

Im Folgenden möchten wir vier theoretische Sichtweisen des Begriffes „Ökonomisierung“ präsentieren und diese kurz behandeln, ohne uns jedoch auf eine der vier spezialisieren zu wollen. Wir halten uns hierbei an die Unterteilung von Werner Meier und Otfried Jarren (Medien und Komm.wiss.2001/2, 148ff).

4.1) Die systemtheoretische Betrachtungsweise:

Seit den 80er Jahren dominiert in der deutschsprachigen Publizistik und Kommunikationswissenschaft die Systemtheorie, hier sei nur exemplarisch auf die Luhmann’sche Systemtheorie verwiesen. Dieser Ansatz betrachtet die Publizistik als eigenständiges Funktionssystem innerhalb der Gemeinschaft. Werner Meier und Otfried Jarren meinen weiters, die Autonomie der Publizistik beruhe auf ihrer spezifischen problemlösenden Funktion, und ihrer exklusiven Zuständigkeit. Als Steuerungsmedium der Publizistik gilt die Publizität; Themen werden nach dem Code „veröffentlicht/nicht veröffentlicht“ bewertet. Es kann gar keine Ökonomisierung der Publizistik stattfinden, denn die Codes der Wirtschaft wie „Geld zahlen/Geld nicht zahlen“ können in diesem System keine Wirkung erzielen, da Geld hierbei eine untergeordnete Rolle spielt. Systemtheoretische Ansätze leisten jedoch wenig zur Beschreibung des Ökonomisierungsprozesses.

4.2) Die politökonomische Betrachtungsweise:

Diesem theoretischen Ansatz unterliegt die Behauptung, dass schon seit jeher bei der Medienproduktion die erwerbswirtschaftlichen Kriterien eine zentrale Rolle gespielt haben. Die politische Ökonomie der Kommunikation analysiert, wie ein Mediensystem mit seinen Inhalten auf die bestehenden Gesellschaftsstrukturen einwirkt und wie es die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den mächtigen gesellschaftlichen Akteuren beeinflusst. Weiters wird hier angenommen, dass wenige riesige Medienkonzerne aus Nordamerika und Europa die Qualität der Ökonomisierung der Medienproduktion auf regionaler und nationaler Ebene maßgeblich strukturieren.

Die damit verbundene Medienkritik umfasst unter anderem folgende Punkte:

- Kommerzielle Medien handeln in der Regel strukturkonservativ, d.h. kapital und ge­sellschaftsverträglich, indem sie hohe unternehmerische Gewinne erzielen und permanent konkrete Kaufanreize für Konsumgüter und Dienstleistungen er­möglichen.
- Öffentliche Kommunikation und die Bedürfnisse der Bevölkerung werden systema­tisch der Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft und den privaten In­teressen der Kapitaleigner untergeordnet. Aus Gründen der Rentabilität, so diese Sichtweise, setzen sich ständig Konzentrationsprozesse fort, die den pub­lizistischen Wettbewerb und die Medienvielfalt verringern und so die Demokratie gefährden.
- Bedingt durch indirekte Finanzierung und Marktwirtschaft sind herrschende poli­tische Machtgruppen und führende Medienunternehmen in der Lage, ihre Interes­sen auch publizistisch durchzusetzen, z.B. durch Marketingjournalismus.

Mit einer derartigen Analyse und Herangehensweise ist es der politischen Ökonomie gelungen, gewisse Mängel der Wirtschaftswissenschaften aufzuzeigen. Interessant je­doch wird dieser Ansatz erst, wenn es gelungen ist, den empirischen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Produktionsbedingungen und publizistischen Leistungen herzustellen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Ökonomisierung als Driving Force?
Hochschule
Universität Salzburg  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
SE: Medialisierung und Mediatisierung der Gesellschaft
Note
Gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
29
Katalognummer
V10374
ISBN (eBook)
9783638168168
Dateigröße
887 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ökonomisierung der Massenmedien. Politische und ökonomische Aspekte und deren problematische Diskussion. 651 KB
Schlagworte
Driving, Force, Medialisierung, Mediatisierung, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Herbert Reichl (Autor:in), 2001, Ökonomisierung als Driving Force?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10374

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