Analysen zur Qualität von Kinderbibeln


Hausarbeit, 2001

13 Seiten


Leseprobe


Einleitung

In der religionspädagogischen Arbeit mit Kindern wird oft mit Kinderbibeln gearbeitet. Vor allem (Kindergottesdienst-)Mitarbeiter, die sich vor dem freien Erzählen scheuen, greifen auf sie zurück. Aber auch wenn Kinder sich Bibeltexte selbst erlesen sollen, v.a. im Bereich Schule oder wenn zum lebendigeren Erzählen Bilder gesucht werden, greift man auf Kinderbibeln zurück. In den Pfarrämtern haben sich im Laufe der Jahre einige Ausgaben von Kinderbibeln angesammelt. In den Buchläden stehen ebenfalls viele verschiedene Ausgaben nebeneinander. Ein Vorwort, welches ein Konzept dieser Bibel erkennen lässt, oder andere nützliche Informationen, wie z.B. eine Altersempfehlung, ist meist nicht vorhanden. So muss man sich, über ein kurzes Durchblättern und Anlesen verschiedener Seiten, ein Bild verschaffen, um sich für eine Ausgabe entscheiden zu können. In meiner Hausarbeit werde ich deshalb ebenso vorgehen: Die Auswahl der Kinderbibeln erfolgte zufällig: Die Kinderbibeln, die ich in einem Pfarramt vorfand und die, die in mehreren Buchhandlungen im Regal standen. Wobei anzunehmen ist, dass dies nicht nur zufällig, sondern in gewisser Weise auch repräsentativ ist für die im Umlauf befindlichen Kinderbibeln: Kinderbibeln die sich nicht verkaufen, stellt kein Buchhändler in seine Regale. Auch waren einige dieser Bibeln im Literaturverzeichnissen der Literatur zu finden, die sich mit Kinderbibeln auseinandersetzt.

Zuerst werde ich den ersten Eindruck beim Durchblättern und zufälligem „Querlesen“ der Kinderbibeln festhalten. Es würde den Rahmen meiner Arbeit sprengen, alle Kinderbibeln genauer zu untersuchen. Deshalb werde ich danach eine Bibel, die mir positiv auffiel und eine Bibel, die mir negativ auffiel genauer untersuchen. Die Vorgehensweise bei dieser Untersuchung ist mitbestimmt durch die von Anneli Baum- Resch vorgeschlagene „Kritisch-konstruktive Analyse von Kinderbibeln”1, weshalb ich diese in kurzer Form darstellen werde.

1. Erster Eindruck nach dem Durchblättern und erstem Anlesen verschiedener Texte der Kinderbibeln

1.1. „Elementarbibel“

Die Bilder sind sehr klein.2 Farblich hebt sich das Orange ab, welches nicht sehr ansprechend ist. Die Elementarbibel enthält viel Text. Sie ist recht umfangreich, wobei auffällt, dass sie nicht mit der Schöpfungsgeschichte beginnt. Das Verhältnis zwischen dem Umfang Altes und Neues Testament scheint wie in der „echten” Bibel zu sein. Es sind Psalmen und Geschichten über Propheten mitaufgenommen. Im Anhang finden sich Erklärungen zu Namen und Begriffen. Im ausführlichen Inhaltsverzeichnis sind auch die Bibelstellen aufgeführt.

Die Sätze sind kurz, und lassen sich angenehm lesen. In jeder kurzen Zeile steht nur ein Gedanke: Bsp.: „Jesus kam nach Jericho.

Da war ein Mann, der hieß Zachäus.

Zachäus war ein Oberzöllner und war reich.

Er wollte Jesus sehen. Aber er war klein und viele andere Leute standen vor ihm.”3

Da es in der Literatur bereits einige Aufsätze zur „Elementarbibel” gibt, werde ich mich mit dieser Kinderbibel nicht weiter auseinandersetzen, sondern lediglich die dort aufgeführten Ergebnisse kurz zusammenfassen.

Reinmar Thiersch vergleicht die Texte der „Elementarbibel“ mit anderen

Bibeltexten.4 Im Vergleich zum Text der Lutherbibel hat er folgende Merkmale herausgearbeitet:

- Zerlegung in einfache Sätze,
- viel direkte Rede
- Umformulierung schwieriger Ausdrücke
- Verbalstil
- lehnt sich stark an den Bibeltext an
- Erklärungen sind deutlich vom Bibeltext abgegrenzt
- keine Evangelienharmonie5

Roswitha Lohse zählt die „Elementarbibel” zu den „Kinderbibeln, die man mit voller Zustimmung oder geringen Vorbehalten empfehlen kann”6. Den Erzählstil beschreibt sie als „kurz, nüchtern”7 und immer aus der „Perspektive eines Erzählers”8. Anneliese Pokrandt9 legte Wert darauf „möglichst viele und unterschiedliche Texte”10 aufzunehmen. Die Reihenfolge der Texte sollte ihrer Entstehung folgen.11 In der sprachlichen Gestaltung war ihr wichtig, dass diese Geschichten erzählt und nicht in erster Linie gelesen werden wollen, daher die häufige Umsetzung in direkte Rede.12 Mit Adjektiven ging sie vorsichtig um, um Subjektivismus zu vermeiden.13 Die Überschriften sollten Hinweise auf die Gattung geben14 und „nicht schon die Pointe der Geschichte verraten”15.

Kursivtexte sollten wichtige „Erklärungen von historischen oder literarischen Zusammenhängen”16 liefern. Sie stimmen die Leser auch auf das jeweilige Grundthema des Textes ein. Weitere Sacherklärungen finden sich im Anhang. Die Bilder orientieren sich an historischen Sachverhalten17, sind einfach und doch detailreich und die eingeführten Personen sind wiedererkennbar.18 Es werden drei Bildtypen unterschieden: Erzählbilder und Bilder die Beziehungen zeigen a) zwischen Menschen und b) zwischen Gott und Menschen.19

1.2. „Anne de Vries Kinderbibel“

Die Bilder sind schwarz weiß oder mit einer 20 Farbe unterlegt, es gibt auch wenige bunte Bilder. Der Textverlauf ist der typischen Bibelform nachempfunden: Spalten. Irritiert war ich, als ich plötzlich Autos entdeckte, ohne dass klar war, dass diese zu einer Art Nachwort gehören. So gibt es in der gesamten Kinderbibel keine Trennung zwischen Kommentarteilen und dem Bibeltext.

Der erste Satz beginnt mit „Jetzt mußt du einmal gut zuhören.”21.Im ersten Bibeltext „Die Erschaffung der Welt” heißt es: „Im Himmel war es bereits schön hell und fröhlich.

Dort wohnte Gott mit allen Engeln. Und die Engel sangen wunderschön.(...) Aber am vierten Tag wurde alles noch viel schöner. (...) Am sechsten Tag aber hat Gott das Schönste von allem erschaffen.”22

In welchem Bibeltext steht das?? Gibt es eine Steigerung in der Schöpfung? Auch die Überschriften sind mehr als fragwürdig:

„Die schlechten Menschen von Sodom”23

„Gott straft die ungehorsame Menschen”24 „Du mußt auch vergeben”25

In der Geschichte vom verlorenen Sohn heißt es z.B.: „Der alte Vater war darüber sehr traurig und antwortete: ‚Mein Kind, tu das bitte nicht! Bleib bei mir! Ich habe große Sorge um dich. Tu mir doch nicht solchen Kummer an.‘ Aber der Sohn wollte nicht hören und dachte: ‚Mein Vater ist dumm. Ich weiß es viel besser als er.‘ ”26 Wieder stellt sich die Frage: Wo steht das? In nahezu jedem Satz steckt eine „Moralpredigt”. Die Bibel wird hier als Erziehungsmittel missbraucht.

Auch zu dieser Bibel gibt es bereits einige Aufsätze in der Literatur: Roswitha Lohse stuft diese Bibel in die Kategorie „weniger gut (...) bei denen der Käufer die Entscheidugn fällen muß, welche Nachteile er zu übersehen bereit ist”27 ein.

Kritisiert wird der „breit ausgeschmückte Gefühlston”28 und die Moralisierung. Positiv gewertet wird die Auswahl möglicht vieler Texte, die Herstellung von Zusammenhängen und die Erklärungen.29

Meiner Ansicht nach gehört diese Bibel jedoch eher zu der Kategorie „Kinderbibeln, von denen man eher abraten muß”30, da diese Erklärungen und Hinführungen auf den Bibeltext auf dessen Kosten geschehen. Die Bibeltexte werden auf ein Ziel hin erzählt, Grundtenor ist: „Sein lieb und brav, denn Gott bestraft Ungehorsame”. So heißt es z.B. „Nun wurde er auch ins Gefängnis geworfen. Das war gut, nicht wahr? (...) Hast du die Geschichte auch richtig verstanden? Was mußt du tun, wenn dir ein anderes Kind Böses getan hat?”31 Es wird polarisiert zwischen gut und böse, was den biblischen Texten nicht gerecht wird. Ein typisches Beispiel ist die Geschichte von Kain und Abel. Bei Anne de Vries sagt Gott zu Kain: „Geh fort von hier. Ich will nichts mehr von dir wissen.(...)‘(...)Sein ganzes Leben lang war er bange und unglücklich.”32 Gen 4,15 wird hier komplett unterschlagen!

Den Erzählstil von Anne de Vries hat Reinmar Tschirch33 analysiert. Auffallend sind Adjektive und attributive Partizipialformen34, erzählerische Einschübe, theologisch, moralische Kommentare35, das Wortfeld Gehorsam36 und harmonisierende Tendenzen37.

1.3. „Meine Bilderbibel“

Es gibt eine klare Gliederung, die Seiten38 sind nicht überladen. Die kurzen Sätze sind auffallend groß gedruckt, enthalten viel direkte Rede und sind somit auch für jüngere Kinder gut lesbar. Für ältere Kinder ist dies weniger geeignet, da diese kurzen Sätze etwas holprig klingen. Zu jeder Geschichte gibt es mehrere auffallend große Bilder, so dass es für kleinere Kinder auch möglich ist, die Bilderbibel selbstständig als Bilderbuch zu benutzen. Zu jeder Geschichte gibt es ein Nachwort für die Eltern, mit Anregungen zur Auseinandersetzung mit dem Text.. Im hinteren Teil finden sich Hinweise auf andere Bibelausgaben (mit Altersangaben).

1.4. „Meine erste Bibel“

Die Bilder lassen sich nicht zu biblischen39 Geschichten ordnen. Sie gehören zu den Hinführungen, die, blau abgesetzt vor jeder Geschichte stehen. Es gibt auf jeder Seite ein farbiges Symbol: Schnecke, Käfer oder Schmetterling, deren Sinn nicht erkennbar ist. Auch ein Zusammenhang oder Sinn in der Anordnung der Texte, die nicht in Altes und Neues Testament getrennt sind, ist nicht zu erkennen. Die Gestaltung dieser Bibel (und auch der Titel) zielt auf jüngere Kinder. Der umfangreiche Text hingegen passt nicht zu diesem Konzept.

1.5. „Die Kinderbibel (Was der Regenbogen verspricht, Kommt, wir sind eingeladen)“

Die Bilder sind teilweise schwarz weiß, teilweise bunt gestaltet. Der Text ist erzählend,40 das heißt es gibt viele Ausschmückungen. Trotzdem scheint der Text sich nahe am Bibeltext zu orientieren. Die Bilder sind unterschiedlich: teilweise enthalten sie viele (oft bunte) Details, teilweise sind sie ausdrucksstark auf das Wesentliche beschränkt.

1.6. „Die kleine Kinderbibel“

Auf dem Einband ist Jesus mit Kindern abgebildet.41 Die Szene ist freundlich, die Menschen lachen. Es gibt bunte Bilder, große Überschriften und es sind auch Texte wie der Dekalog und Propheten mitaufgenommen.

Diese Kinderbibel ist eine der wenigen, die sich fast durchgängig auf einen narrativen Stil stützen. Direkte Rede wird v. a. im Alten Testament sehr sparsam eingesetzt. Der Text liest sich durch kleinere Überleitungen sehr flüssig. Entsprechend dem narrativen Stil fehlen die Psalmen.

1.7. „Bilderbibel“ (siehe auch 3.)

Die Bilder sind schwarz weiß und wirken 42 bedrückend, dunkel, düster. Zwei Drittel der Seite bestehen aus einem Bild, auf dem restlichen Drittel findet sich der passende Text. Die Sprache ist teilweise von der heutigen Kindersprache weit entfernt und auch nicht Sprache der Bibel: „Fische sonder Zahl”43 „Eva gelüstete es”44 „Die Jünger sanken huldigend vor ihm auf der Erde nieder”45.

1.8. „Kinderbibel“ (mit Bilder von Sieger Köder) (siehe auch 3.)

Zuerst fallen die großen farbenfrohe Bilder auf. 46 Zu jedem Bild gibt es eine Bildbetrachtung. Das Neue Testament ist nach Themen, nicht „chronologisch” geordnet. Die Überschriften sind farblich abgesetzt. Auch ein Text der Offenbarung kommt vor.

Es gibt viel Hintergrundinformationen zu Sieger Köder. Die Anleitung zur Bildbetrachtung macht klar, dass der nebenstehende Text als Hilfe, nicht als alleinige Wahrheit verstanden werden soll: „Was siehst du?“, ist die wichtigste Frage beim Betrachten der Bilder. Zu den Texten gibt es oft Zusammenfassungen/Hinführungen. Allerdings gibt es nicht zu allen Geschichten Bilder.

2. Kurze Zusammenfassung der kritisch-konstruktiven Analyse von Kinderbibeln nach Anneli Baum Resch

Das oberste Kriterium ist: „Eine Kinderbibel soll theologisch und anthropologisch (pägagogisch)47 verantwortlich erarbeitet sein.”48 Bei der Auswahl der Texte schlägt sie vor, darauf zu achten, dass die ausgewählten Texte der Vielfalt biblischer Texte gerecht wird (also auch Propheten, Frauen und poetische Texte vorkommen) und die Überschriften nicht „unnötig dramatisierende Akzente setzen”49. Weitere Kriterien sind: In welcher Reihenfolge werden die Geschichten erzählt?50 Wie sind die Rahmenerzählungen gestaltet?51 Gibt es Verfälschungen der biblischen Botschaft?52 In der Frage nach dem Gottesbild, fragt sie nach den Eigenschaften, die Gott zugeschrieben werden: Ist er „berechenbar, erkennbar, beschreibbar”53 oder wird auch „sein Geheimnis” und seine „Fremdheit”54 deutlich? Werden einseitig „gute” oder „schlechte” Eigenschaften hervorgehoben? Und schließlich die Frage danach, was Gott mit den Menschen verbindet: Gehorsam auf seine Befehle hin oder ist er „um ihr Heil im umfassenden Sinne besorgt”55. In der sprachlichen Gestaltung geht es um die Balance zwischen „Langeweile und Dramatisierung”56, „Fachjargon und Lust am Ausschmücken”57, „Texttreue und Kindgemäßheit”58. Bei den Illustrationen ist ebenfalls auf die Auswahl zu achten, außerdem auf das Verhältnis zum Text.59 3. Genauere Untersuchung der Kinderbibeln

„Elementarbibel“ und „Anne de Vries Kinderbibel“ siehe oben. „Meine Bilderbibel“ und „Meine erste Bibel“ sind keine „vollständigen” Bibeln, sondern haben nur wenige Geschichten ausgewählt. „Die Kinderbibel (Was der Regenbogen verspricht, Kommt, wir sind eingeladen)“ und „Die kleine Kinderbibel“ sind beide in narrativen (und daher auch ausschmückendem) Stil geschrieben. „Kinderbibel“ (Sieger Köder) und die „Bilderbibel“ halten sich in Ausschmückungen zurück. Auch sind sie beide großformatig; mehrere Kinder können gleichzeitig hineinschauen und deshalb lassen sie sich auch in Kindergruppen gut einsetzen. Aus diesen Gründen werde ich diese beiden Kinderbibeln näher untersuchen.

3.1. „Bilderbibel“

3.1.1. Auswahl der Texte (siehe auch Anhang 1)

Die „Bilderbibel“ umfasst im Alten Testament die Urgeschichte, Vätergeschichten, Exodus, aus der Richterzeit Gideon und Simson. Dann folgt der Übergang zur Königszeit, Jerusalems Zerstörung und Propheten. Die Geschichten werden fortlaufend, ohne Überschriften erzählt. Auffallend ist, dass recht häufig Geschichten mit Krieg/Gewalt vorkommen.

Frauen kommen im Alten Testament meist nur mit negativen Attributen vor, z.B.: Lots neugierige Frau wird bestraft60, die Frau des Pharaos beklagt sich zu Unrecht über Joseph61 und die Philisterin Delila überlistet Simson62. Nur Michal, die David zur Flucht verhilft63 und die Witwe, die mit Elia Brot teilt64, schneiden in der Darstellung gut ab. Frauen, die eindeutig positiv belegt sind wie Ester oder Rut, kommen nicht vor. Im Neuen Testament, das Geschichten der Evangelien und Teile der Apostelgeschichte bietet, gibt es keine Auffälligkeiten in der Darstellung der Frauengestalten. Es kommen z.B. Maria, Elisabeth, Maria und Martha, Frauen am Kreuz und Frauen am Grab vor, jedoch ohne besondere positive oder negative Wertung.

Obwohl sehr viele Texte vorkommen, ist von der Vielfalt biblischer Texte nicht mehr allzu viel zu spüren, dies liegt am Erzählstil der „Bilderbibel“.

3.1.2. Sprache (siehe auch Anhang 2)

Der Erzählstil erinnert weniger an eine lebendige Erzählung, als an eine knappe Zusammenfassung der biblischen Geschichte. Die Geschichten sind jeweils auf etwa 10 Sätze komprimiert. Die Vielfalt biblischer Texte leidet unter dieser Art des Erzählens. So wird der priesterliche Schöpfungstext seiner hymnischen Sprache beraubt65, Mose trägt „Gesetzestafeln, die auf beiden Seiten mit den Geboten Gottes voll beschrieben waren“66,, die Gebote selbst werden nicht genannt. Nur bei David wird ausnahmsweise dieser Stil durchbrochen und drei Verse aus Psalm 23 wiedergegeben.

Im Neuen Testament, das hier im wesentlichen Stoffe aus Jesu Leben und wenige Szenen aus der jungen Gemeinde enthält, setzt sich dies fort: Die Bergpredigt und das Vater unser, werden nur in kurzen Andeutungen erwähnt: „lehrte die Leute, indem er die geistig Armen, die Trauernden, (...) selig pries, (...) sie zum Vater im Himmel beten hieß und sie aufforderte, ihre Sorgen abzulegen.“67

3.1.3. Gottesbild und Menschenbild

Das Bild von Gott und den Menschen ist stark geprägt durch eine Befehl- Gehorsamstruktur, durchgesetzt von einem strafenden Gott. Gott gebietet, befiehlt, verbietet, verflucht und straft 14x68, und die Menschen gehorchen 69.

Der segnende Gott wird dabei in den Hintergrund gedrängt70. Teilweise ist nicht klar erkennbar, ob dies an dem zusammenfassenden Erzählstil liegt; Gott den Kürzungen zum Opfer fällt. Die Sintfluterzählung hat ihren Schwerpunkt auf der Zerstörung, der Bund Gottes mit den Menschen wird nicht erwähnt71. So kommt Gott in der gesamten Josepherzählung72 nicht vor. Josef, der in der Bibel sagt „Das steht nicht bei mir; Gott wird antworten(...)“73, legt hier die Träume des Pharaos selbst aus. Davon, dass Gott mit ihm war, ist nicht die Rede. Auch bei Mose, tritt Gott nur als Gebieter auf: Mose „gehorchte“, nachdem Gott befohlen hatte74, dass Gott verprach bei ihm zu sein, und ihm Aaron zur Hilfe gab, wird nicht erwähnt. So hat es dann auch dem Anschein, dass die Befreiung das Werk von Mose und Aaron war (wenn auch mit „unsäglicher Mühe“75 ), nicht das Werk des befreienden Gottes.

3.1.4. Illustration

Die Bildauswahl verstärkt dieses Bild des strafenden Gottes und des gewalttätigen Menschens im Alten Testament. So ist Kampf, Gewalt, Ungehorsam und Strafe 17x dargestellt76, Bewahrung und Segen nur 10x77, die übrigen Bilder sind relativ neutral.

Im Neuen Testament finden sich weit häufiger positive Szenen (23x)78, wie z.B. verkündigender Engel , liebevolles Bewahren, in den Arm nehmen, segnen Demgegenüber stehen nur 13 negative Szenen79 davon 8 aus der Passionsgeschichte und eine Märtyrergeschichte.

3.2. „Kinderbibel“

3.2.1. Auswahl der Texte (siehe auch Anhang 1)

Im Vergleich zur „Bilderbibel“ sind häufig Texte mit gewalttätigem Inhalt ausgelassen, so z.B. Kain und Abel, Sodom und Gomorra, Schlacht gegen die Amalekiter, goldenes Kalb, Gideon, Simson, David und Goliath... Es wurde versucht die vielfältigen Gattungen der Bibel zu erhalten. Der hymnische Charakter der priesterlichen Schöpfungserzählung bleibt bestehen80, die Gebote werden als Gebote genannt81, poetische Texte sind z.B. Miriams Lied82 und Psalm 2383, eine Fabel wird erzählt84, Propheten werden nicht nur mit ihren Taten erwähnt, sondern auch Prophetenworte85 finden sich. Hierbei werden auch anklagende Worte gegen Gott nicht verschwiegen86. Im Neuen Testament werden Teile der Bergpredigt87, das Vater unser88 und auch ein Text der Johannesoffenbarung89 miteingebracht.

Die Texte sind nach Themen geordnet, z.B. Richter und Könige, Propheten- Gottes Rufer, Wundererzählungen oder Erzählungen vom Leiden Jesu. Zu diesen Themen gibt es Hinführungen die das Verstehen erleichtern.

Frauen kommen nicht in solch negativer Weise wie in der „Bilderbibel“ vor, es fehlen jedoch auch hier Frauen wie Esther,

3.2.2. Sprache (siehe auch Anhang 2)

Die „Kinderbibel“ hält sich sehr nahe am biblischen Text90 (s.a. 3.2.1.).Dies macht diese Kinderbibel recht umfangreich, längere Passagen ohne wesentlich neuen Inhalt werden jedoch gekürzt91. Lange Sätze werden zu zwei Sätzen aufgebrochen92, Worte die Kindern fremd sind werden ersetzt93. Erklärungen und Zusammenfassungen sind nicht in den biblischen Text eingefügt, sondern finden ihren Platz in den Bildbetrachtungen und Hinführungen. Hilfreich, v.a. wenn Kinder selbst in dieser Bibel lesen sollen, wären Anführungszeichen zur besseren Erkennung von direkter Rede.

3.2.3. Gottesbild und Menschenbild

Wurde in der „Bilderbibel“ Gewalt und Strafe hervorgehoben, geschieht hier eher das Gegenteil. Wie schon in der Auswahl der Texte gezeigt, sind solche Geschichten in der „Kinderbibel“ selten. Zerstörung/Gewalt wird jedoch nicht ganz unter den Tisch gekehrt, aber wenn es vorkommt, nicht unkommentiert gelassen, wie z.B. in der Einführung zur Sintflutgeschichte: „Alle wissen es: Wir können gut und böse sein. Wir können aufbauen, aber auch zerstören. Immer gibt es beides nebeneinander, in jedem Menschen.(...)“94 Es findet keine Polarisierung statt zwischen Gott und Mensch im Alten und Neuen Testament. Es werden immer wieder Verbindungen gezogen95.

3.2.4. Illustration

Die Bilder sind eine sehr gute Ergänzung zu den Texten. Teilweise sind einzelne Bildausschnitte noch einmal vergrößert abgedruckt, um auf Details hinzuweisen. Auch die Bildbetrachtungen helfen Unscheinbares wahrzunehmen. Es gibt zwar recht fröhliche Bilder, wie das der tanzenden Mirjam96, aber oft bringen die Bilder Trauer, Angst, Erschöpfung oder Zerstörung mit ein97, was im Text eher ausgeklammert wurde. Oft sind die Bilder jedoch sehr schwer (z.B. der leidende Jesus, bereits im Stall von Bethlehem) für Kinder teilweise vielleicht zu schwer, auch wenn die Bildbetrachtungen beim Verstehen helfen wollen.

Schluss

Vieles konnte ich in dieser Hausarbeit nur kurz anreißen, vieles bedarf der Diskussion und auch der Entscheidung im Einzelfall.

So schreckt z.B. eine Bibel mit viel Gewaltdarstellung ab. Dürfen aber Geschichten mit Gewalt Kindern einfach vorenthalten werden? Wie viel Ausschmückung und Übertragung brauchen Kinder, um mit dem Text etwas anfangen zu können? Auch wenn es viele verschiedene Kinderbibeln gibt, gibt es keine „perfekte“ Kinderbibel. Jede Kinderbibel setzt andere Schwerpunkte, will andere Zielgruppen ansprechen. Um der Vielfalt der „echten“ Bibel gerecht zu werden, wird man verschiedene Kinderbibeln benutzen, und zwar verantwortlich benutzen, d.h. sich an den Kindern orientieren: Was ist für sie im Moment gerade richtig? Können sie verstehen, was hier ausgesagt wird? Wie sieht ihr Gottesbild aus? Muss es bestärkt werden, vielleicht um etwas anderes erweitert oder geändert werden?

Gefragt sind hier ReligionspädagogInnen, Eltern und andere, die mit Kindern und Bibeln zu tun haben. Kinder dürfen mit dem Buch Bibel, das ursprünglich nicht an Kinder gerichtet war, nicht alleine gelassen werden. Sie brauchen Hilfe und Anleitung beim Lesen und vor allem Ansprechpartner für ihre Fragen zur Bibel.

Literaturverzeichnis

Kinderbibeln

Hoffman, F./Erismann,P.: Bilderbibel. mit 100 Lithographien von Felix Hoffmann. Texte von Paul Erismann, Theologischer Verlag, Zürich, 1989 4

Kort de, K.: Meine Bilderbibel. Geschichten aus der Bibel in Bildern von Kees de Kort. Sonderausgabe zur Tauferinnerung, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1990

Markus Hartenstein: Meine erste Bibel. Ein Bilder-Mal-und Lesebuch, Bilder von Roland Fürstenhöfer, Quell Verlag, Stuttgart, 1982 1. Ausgabe dieser Neuausgabe Nieden zu, E./Schuber, I./Schubert, D.: Kinderbibel. Was der Regenbogen verspricht (Altes Testament). Kommt, wir sind eingeladen (Neues Testament), R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, 1993/1994; Illustrationen von Ingrid und Dieter Schubert Pat, A./Evans, L.: Die kleine Kinderbibel, Sonderausgabe für den Gondrom Verlag, Bindlach 1992, aus dem Englischen Götz Burghardt; Illustrationen von Lyndon Evans Pokrandt, A./Herrmann,R.: Elementarbibel. Ausgewählt, in acht Teile gegliedert und in einfache Sprache gefasst von Anneliese Pokrandt, illustriert von Reinhard Herrmann, Verlag Ernst Kaufmann, Lahr, 1998 1. Auflage der überarbeiteten Gesamtausgabe Sieger Köder: Kinderbibel mit Bildern von Sieger Köder, Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1995

Vries de, A./Schäfer, H. F.: Die Kinderbibel, Friedrich Bahn Verlag, Konstanz, 1961, 111.-135. Tausend (Übersetzung Christian Verstalt) Illustration Herm. F. Schäfer Orginaltitel “Kleuter Vertelboek voor de Bijbelse Geschiedenis” J.H.Kok N.V. in Kampen/Holland

Literatur zum Thema Kinderbibeln

Adam, Gottfried; Lachmann, Rainer (Hg.): Kinder- und Schulbibeln. Probleme ihrer Erforschung, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen, 1999

Lohse, Roswitha: Kinderbibeln auf dem Prüfstand. Ein Überblick für Eltern und

Erzieher, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, 1987, 2. erweiterte Ausgabe

Thiersch, Reinmar: Bibel für Kinder. Die Kinderbibel in Kirche, Gemeinde, Schule und Familie, Kohlhammer, Stuttgart, 1995

Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext übersetzt, Elberfelder Bibel revidierte Fassung,

R. Brockhaus Verlag, Wuppertal und Zürich, 1992 2

Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Lizenzausgabe der Katholischen Bibelanstalt Stuttgart, 1. Auflage 1999 in neuer Rechtschreibung

[...]


1 Baum-Resch, A.: Kritisch-konstruktive Analyse von Kinderbibeln. Überlegungen zu den Kriterien der Beurteilung.- In: Adam, G.; Lachmann, R.: 252-276.

2 Ponkrandt.

3 Ponkrandt, 432.

4 Vgl. Thiersch, 87-91 und 122-125.

5 Vgl. Thiersch, 89.

6 Lohse, 5; vgl. auch a.A.O., 8f.

7 A.a.O., 9.

8 Ebd.

9 Vgl. Pokrandt,A.: Die „Elementarbibel” Kriterien der Auswahl, Gliederung sowie sprachlichen und bildnerischen Gestaltung.-In: Adam, G.; Lachman,R., 158-178.

10 A.a.O., 159.

11 Vgl. a.a.O., 160.

12 Vgl. a.a.O., 162.

13 Vgl. a.a.O., 163.

14 Vgl. a.a.O., 164.

15 A.a.O., 165.

16 A.a.O., 165f.

17 Vgl. a.a.O., 173.

18 Vgl. a.a.O., 172.

19 Vgl. a.a.O., 174.

20 Vries de.

21 Vries de, 6. vgl. auch 9.

22 A.a.O., 9f.

23 A.a.O., 27.

24 A.a.O., 83.

25 A.a.O., 187.

26 A.a.O., 192.

27 Lohse, 5.

28 A.a.O., 22.

29 Vgl. ebd.

30 A.a.O., 5.

31 Vries de, 187.

32 Ebd., 16f.

33 Tschirch, R.: Zum Streit um die Neubearbeitung der Kinderbibel von Anne de Vries. Bibeltreue

- ein uneingelöster Anspruch.-In: Adam, G.; Lachmann, R., 206-226.

34 Vgl. a.a.O., 209.

35 Vgl. a.a.O., 211.

36 Vgl. a.a.O., 212.

37 Vgl. ebd.

38 Kort de.

39 Hartenstein.

40 Nieden zu.

41 Pat.

42 Hoffmann.

43 Hoffmann, 1.

44 A.a.O., 2.

45 A.a.O., 96.

46 Köder.

47 Baum-Resch, A.: Kritisch-konstruktive Analyse von Kinderbibeln. Überlegungen zu den Kriterien der Beurteilung.-In: Adam, G.; Lachmann, R., 252-276.

48 A.a.O., 254.

49 A.a.O., 256.

50 Vgl. a.a.O., 258.

51 Vgl. ebd.

52 Vgl. a.a.O., 261.

53 A.a.O., 264.

54 A.a.O., 265.

55 Ebd.

56 A.a.O., 266.

57 A.a.O., 267.

58 A.a.O., 268.

59 Vgl. A.a.O., 269-275.

60 Hoffmann, 9.

61 Vgl. a.a.O., 18.

62 Vgl. a.a.O., 35.

63 Vgl. a.a.O., 41.

64 Vgl. a.a.O., 46.

65 Vgl. a.a.O., 1.

66 A.a.O., 29.

67 A.a.O., 64.

68 Vgl. a.a.O., 2, 3, 4, 5, 6, 24, 25, 27, 30, 32, 34, 36, 47, 48.

69 Vgl. a.a.O., 4 ,5, 7, 10, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 31,32, 33.

70 Vgl. a.a.O., nur 7, (12), 13, 15.

71 Vgl. a.a.O., 5.

72 Vgl. a.a.O., 16-21.

73 Gen 41,16

74 Vgl. Hoffmann, 24.

75 Ebd.

76 Vgl. a.a.O. 2, 3 ,5, 9, 15, 17, 21, 24, 26, 28, 33, 34, 35, 38, 39, 44, 50.

77 Vgl. a.a.O.10, 12, 20, 25, 27, 37, 41, 45, 46, 49.

78 Vgl. a.a.O. 51, 52, 55, 58, 60, 63, 64, 67, 68, 69, 71, 74, 75, 77, 78, 79, 81, 82, 92, 96, 97, 100.

79 Vgl. a.a.O. 56, 66, 71, 80, 83, 84, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 98.

80 Vgl. Köder, 12f.

81 Vgl. a.a.O., 56f.

82 Vgl. a.a.O., 49.

83 Vgl. a.a.O., 62.

84 Vgl. a.a.O., 63.

85 Vgl. a.a.O., 80.

86 Vgl. a.a.O., 73.

87 Vgl. a.a.O., 113.

88 Vgl. a.a.O., 114.

89 Vgl. a.a.O., 155.

90 Die Kinderbibel ist herausgegeben vom Verlag Katholisches Bibelwerk, weshalb sie sich am Text der Einheitsübersetzung orientiert.

91 Vgl. z.B. Köder, 43 (Plagen).

92 Vgl. z.B. a.a.O.,97: Als Jesus am Ufer des Sees Gennesaret stand, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören. (Einheitsübersetzung) wird zu: „Jesus stand am Ufer des Sees Gennesaret. Viele Menschen drängten sich um ihn und wollten das Wort Gottes hören.“

93 Vgl. z.B. a.a.O.106: „Zolleintreiber“ statt Zollpächter (Einheitsübersetzung)

94 A.a.O., 14.

95 Vgl. z.B. a.a.O. 100: „dann wird Gottes Schöpfung wirklich neu- wie sie am Anfang gemeint war.“; 82, 84.

96 Vgl.a.a.O., 47

97 Vgl. a.a.O., 17, 37 ,41, 53, 55, 67, 69, 75, 87, 89, 103, 113, 133, 137, 141

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Analysen zur Qualität von Kinderbibeln
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V103790
ISBN (eBook)
9783640021673
Dateigröße
367 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kinderbibeln
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Claudia Becker (Autor:in), 2001, Analysen zur Qualität von Kinderbibeln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103790

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Titel: Analysen zur Qualität von Kinderbibeln



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