Bildvergleich "Madame Cezanne in blauer Jacke" und "Bildnis mit grünem Streifen"


Presentation / Essay (Pre-University), 2001

4 Pages


Excerpt


BILDERVERGLEICH

"Madame Cezanne in blauer Jacke" und "Bildnis mit grünem Streifen"

1. Einleitung:

Ich vergleiche im folgenden die beiden Bilder: "Madame Cezanne in blauer Jacke" (18 85-87) von Paul Cezanne und "Bildnis mit grünem Streifen" (Madame Matisse 1905) von Henri Matisse. Dabei möchte ich besonders auf den Vergleich der, den beiden Bildern zu Grunde liegenden, Epochen Impressinismus und Expressionismus eingehen. Auch die Farben, der Farbauftrag und die hell-dunkel Kontraste werden eine größere Rolle spielen.

2.Die Epochen im Allgemeinen

2.1.Impressionismus

Def.: Kunstrichtung, die den Augenblicksausdruck festhält und auf die Darstellung akademisch festgelegter Ideale verzichtet.

2.2.Expressionismus

Def.: Ausdruckskunst, die geistig-seelische Inhalte in energisch vereinfachter Form darstellt.

3. Der Vergleich

Auf dem Bild von Cezanne sieht man seine Frau vom Kopf bis zum Unterleib, ihre Hände scheinen im Schoß gefaltet was durch die Armhaltung deutlich wird, die Hände sind jedoch nicht dargestellt. Im Hintergrund erkennt man rechts eine große, weiße Tür und links eine ornamentierte Tapete und einen geschwungenen Buffetaufsatz.

Auch auf dem Bild von Matisse sieht man eine Frau, die auch seine Ehefrau ist. Auf diesem Gemälde sieht man nur den Kopf und einen Teil des Oberkörpers, was das gesamte Bild fast gänzlich einnimmt. Der Hintergrund besteht nur aus drei Farbflächen.

Beide Bilder zeigen also die Frauen der Künstler, die den Betrachter direkt anschauen.

„Mme C. in blauer Jacke“ ist ein typisch impressionistisches Werk mit schlichtem Motiv wie es die Impressionisten liebten. Es ist die Gefährtin dargestellt und nicht eine Dame aus gutem Hause oder gar höheren Adels. Hier sieht man das einfache Leben.

Auf eine exakt umrissene Wiedergabe in fotografischer Genauigkeit des Portraits wurde zugunsten der Atmosphäre im Bild verzichtet. Allen damaligen, vorimpressionistischen Idealen zum Trotz wird damit an die Sinne appelliert und nicht an den Verstand. Wenn man das Bild betrachtet fühlt man es. Die ohne Details gemalte Darstellung der Mme wird vom eigenen Geist zu Ende geformt. Die Arbeit wirkt weder durch ihre exakte Form noch ihre wie echt wirkenden klaren Linien, sondern durch die Gefühle welche sie beim Betrachter auslöst. Die Verbannung der klaren Linien und starren Farbflächen geht in diesem Gemälde bis hin zu schuppenartigen Strichen mit denen die Jacke der Frau gezeichnet wurde. Die Farben dieser Jacke sind vor allem grün, blau und weiß. Die Farben greifen ineinander und mischen sich. Durch die helleren Stellen wird der Einbezug des Lichtes deutlich. Dieses Spiel von Licht und Schatten finden wir auch im Gesicht. Die Haut ist orange- gelblich, was ebenfalls stark auf den Einfluß des Naturlichtes hinweist. Die Augen sind kaum mehr als dunkle Flächen und der Mund besteht aus zwei schwungvollen rosa Linien und doch schafft Cezanne es, durch das geschickte ineinanderfliessenlassen der Farben einen Ausdruck und Leben in das Gesicht zu zaubern, auch wenn es nach einem ruhigen Leben aussieht. Die Haare sind streng nach hinten zu einem Zopf gebunden. Der Hintergrund, der sich in zwei Hälften Teilen läßt ist rechts dominierend weiß und links braun. Auf der vermeidlichen Tür schimmert bläulich ein leichter Schatten der Mme.

Der Wegfall der Perspektivwirkung, den viele Impressionisten anstrebten, läßt sich hier bedingt finden. Die Möbel im linken Hintergrund wirken als hätten sie eine Tiefe, diese ist jedoch auch durch die Farbgebung nur mehr angedeutet als völlig ausgeführt. Die Möbelstücke lassen sich auch nicht erkennen, sondern nur vermuten.. Die Tür im rechten Hintergrund ist ebenfalls nur ansatzweise mit Konturen versehen, die aber durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten klar hervortreten. Und schliesslich wieder die Frau selbst. Im Gesicht wieder durch verschieden Farbtöne hervorgerufen, so sind auf der Jacke zwar auch Schatten angedeutet, doch findet man kaum Falten, die der Stoff wirft, o.ä..

In Matisses Bild ist wie schon erwähnt die Frau nur bis über die Brust dargestellt. Auch die Arme sieht man nicht. Im Gegensatz zu Cezannes Darstellung besteht der Hintergrund hier nur aus drei großen Farbflächen. Matisses Portrait gehört zum Expressionismus, dessen wilder Ausdruck auch in diesem Bild zu erkennen ist. Er schlägt sich vor allem in der typisch expressionistischen Übersteigerung der Farben nieder. Diese gehen über ihre Natürlichkeit hinaus und das Bild ist keine Wiedergabe der Natur, sondern eine innere Empfindung, der gefühlsgemäß Ausdruck gegeben wird. So entsteht eine neue Version der Dinge, so wie es an der Mme M. deutlich wird, die hier blaue Haare und ein gelbliches Gesicht hat. Auf diesem Portrait ist (wie bei Cezanne) die einfache Ehefrau des Malers zu sehen, jedoch wird dieses der Alltagswelt entsprungene Motiv durch die Farbe in Leidenschaftlichkeit verwandelt, so wie es die Expressionisten beabsichtigten. Der Bildgegenstand wird zur Funktion der Farbe, was im Gemälde von Cezanne anders ist (darauf wird bei der Auseinandersetzung mit der Farbgebung noch näher eingegangen). Hier aber ist auf das Emotionale, nicht das Ästhetische gezielt. Farbe und Form steigern sich gegenseitig und z.T. wird sogar schlampig gemalt, weil alles andere dem unmittelbaren Ausdruck hinderlich sein könnte. Die Sichtbarkeit des Objekts wird bei den Expressionisten noch beibehalten, so wie man auf diesem Gemälde die Frau erkennen kann. Eine Räumlichkeit ist auf Matisses Bild fast ohne Perspektiven und Schatten gegeben, eine ähnliche Wirkung wird durch das Übereinanderlegen und Wechselspiel der Farbflecken erreicht (s. Gesicht). Alle Farbflecken sind warm und kräftig. Die Farben leuchten sogar. Man findet reine und Mischfarben. Die Farben sind nur teilweise mit weiß abgemischt was in dieser Konstellation mit den hellen, fröhlich, warmen Farben nur aufhellend wirkt. Genau die gegenteilige Wirkung erzielt das Abmischen mit Weiß auf dem Bild von Paul C.. Er verwendet für seine Darstellung nur milde, milchige Farben, in die ausnahmslos weiß untergemischt ist. Dadurch wirken die Farben blasser und kühler, es sind alles Mischfarben.

Bei genauerem Vergleich und Analyse der Farben bestätigt sich der Gesamteindruck bis ins Detail. Beginnen wir beim rechten Teil des Hintergrundes. Dieser stellt auf dem Porträt der Mme C. eine Tür da, die blau-weißlich schimmert. Die Farbgebung läßt diese Tür kühl und leblos wirken, sie scheint den Betrachter zur Distanz zu zwingen und wenn man die Frau (Gesichtseindruck) und die Tür gemeinsam betrachtet scheint es durch die weiß-bläuliche Farbe als hielte dieFrau sich an der Tür fest, also würde die Tür ein Schutzschild darstellen. Ganz anders der grüne Hintergrund der rechten Bildseite von M.s Gemälde. Drängt die weiße Farbe auf Distanz und Hintergrund, so scheint sich die intensive grüne Farbe geradezu nach vorne zu drängen. Die Farbe wirkt außerdem freundlich und lebhaft. Im Zusammenhang mit Mme Matisse schützt dieser Teil des Bildes die Frau nicht, sondern stützt sie, und unterstützt auch den Ausdruck des Selbstbewußtseins.

In beiden Bildern folgt im Hintergrund in der Mitte nun ein Schnitt, der das Bild in zwei Hälften teilt. Auf dem Bild von Matisse ist der linke Hintergrund noch einmal in zwei Farbflächen geteilt. Erstens in eine zart violette. Diese wird zum Kopf der Frau hin etwas heller. Die Farbe drückt eine gewisse Extravaganz aus und wirkt andererseits sanft und nachdenklich. Die zweite, untere Farbe ist ein sehr deckendes, kräftiges orange-rot, das Wärme und Leidenschaft zum Ausdruck bringt. Auch diese Farbe strotzt vor Selbstvertrauen. Wieder lässt sich ein guter Vergleich zu Cezannes linkem Hintergrund ziehen. Dieser ist durch verschiedene Brauntöne ausgestaltet, die teilweise etwas Möbelähnliches erkennen lassen. Die obere Hälfte ist ausgearbeitet und in deckenderen Tönen gemalt. Auf der unteren Hälfte ist die Farbe gestrichelt aufgetragen, wodurch dieser erdfarbene, doch Wärme erzeugende Ton kühl gehalten wird.

Nun lenken wir den Blick auf die Jacken der Madames. Mme Cezannes Jacke ist blau-grün und enthält auch viele weiße Stellen, bzw. Tupfer. Das Grün wirkt durch das Zusammenwirken mit blau und weiß sehr kühl, durch leichte bräunliche Einflüsse schmuddelig. Außerdem zurückgezogen, gleichgültig und müde, die Auftragsart der Tupfer und Striche läßt zwar eine Lebendigkeit erwarten, durch die gewählten Farbtöne kommt der Ausdruck der Müdigkeit näher und betrachtet man die Striche mit dem Einfluß des Blauen so kommt eine Traurigkeit und Resignation auf. Wieder das krasse Gegenteil ist die Jacke der Frau von M.. Sie besteht aus verschiedenen Rottönen. Die Jacke selbst ist Magenta-Rot und ist von einigen, anders als bei den Strichen von C. deckenden Strichen durchzogen, die in reinem Rot feurig, brennend leuchten. Sie drücken Bewegung aus und scheinen etwas zu fordern. Gedämpft werden die Streifen durch den sanften Magenta Untergrund, so dass die Jacke eine Zwiespältige Wirkung auf den Betrachter hat. Zum einen „liebevoll“ zum anderen aber auch „gefährlich“. Selbst der Kragen, der eigentlich weiß ist, wurde nicht „rein weiß“ gemalt, so dass auch er nicht kalt wirkt. Jedenfalls baut diese Jacke eine Beziehung zum Betrachter auf, die bei der Jacke der Mme C. nicht aufkommen will. Diese hat zudem noch einen weißen, stehenden Kragen der sehr steril wirkt.

Der Blick wandert von der Jacke hoch zum Gesicht. Gelblich bei Mme C. und Gelblich- hautfarben bei Mme. Matisse. Das Gelb, bei beiden Bildern benützt hat doch eine ganz untersch. Wirkung. Man muss es hier im Zusammenhang mit den Farben rundherum und dem Gesichtsausdruck betrachten, so stellt man fest, dass das Gesicht der Mme. C. ruhig, zurückhaltend, pessimistisch, schutzlos und gar kränklich scheint. Diese Wirkung wird vor allem durch die Milchigkeit des Gelbtons erzielt. Bei Matisse ist diese Farbe reine, leuchtender und Stellenweise mit hellem grün gemischt. Somit erweckt sie den Eindruck von Fröhlichkeit, Lebendigkeit, Nachdenklichkeit aber man könnte eine, wenn auch versteckte, Aggressivität vermuten.

Vom Gesicht aus zu dem letzten Farbflecken der Bilder: den Haaren. Realistisch Braun dargestellt sind die Haare der Frau C., sie sind zudem glatt und ausdruckslos. Gewöhnlich. Die Haare von Matisses Frau wirken geheimnisvoll durch den Blauton und vermitteln Stärke durch das Schwarze. Zusammenfassend läßt sich noch einmal betonen, dass Cezanne alle Farbtöne abgeschwächt verwendet und sie „blass“ erscheinen. Allesamt haben die gleiche Grundwirkung der Ruhe und Distanziertheit. Die Farben bei Matisse hingegen sind warm, lebendig bis leuchtend. Machen das Bild also zum farblichen Genuss, der durchaus optimistisch stimmen läßt.

Neben den Farben spielt auch die Art und Weise des Farbauftrages eine Rolle. Czesannes Bild kann man in Anbetracht dieses Aspektes in zwei Teile teilen. Den oberen Teil (1/3 des Bildes) hat Cezanne flächig und flächendeckend gemalt, eine Pinselführung ist kaum erkennbar. Zum Teil, siehe Gesicht, wirkt das hier maskenhaft und aufgetragen. Unten geht der Maler zu einem schuppenartigen tupfen und stricheln über. Einzelfarben sind nebeneinander und übereinander zu erkennen, aber nicht direkt vermischt. Auch die Pinselführung läßt sich ausmachen. Sie ist nach Form bzw. Nach Licht & Schatten ausgerichtet. Es wird weniger Farbe verwendet (weiße Flächen).

Anders bei Matisse. Er malt überwiegend flächendeckend, teilt diese Flächen oft klar ab und selbst beim Mischen der Farben, wie im Gesicht teilt er sie noch in Partien ein, so dass sie einander nicht stören (wieder typisch expressionistisch). Es werden viele Farben benützt, die jedoch nicht getupft werden.

Die unterschiedliche Farbverwendung und Auftragung macht auch einen anderen Umgang mit den hell-dunkel Kontrasten notwendig. Im Bildnis der Mme Cezanne findet man verschiedene Kontraste, z.B. der Hintergrund rechts gegenüber dem Hintergrund links, Gesicht und Augen/Haare. Und letztendlich die vielen, kleinen Kontraste auf der Ja>Farbkontraste: grün-rot, blau- zart violett, rot-gelb. Gemeinsam haben beide Bilder das Abheben der Portraitfigur vom Hintergrund durch eine dunkle Umrandung.

Betrachtet man abschließend beide Bilder noch einmal im Vergleich wird man spätestens nach dieser Analyse feststellen, das beide Bilder im Motiv und in der Darstellungsart insofern ähnlich sind, als dass das Porträt der eigenen Frau im Mittelpunkt steht. Der Gesichtsausdruck ist ernst, die Haare gebunden, die Hände nicht zu sehen (also nur Oberkörper) und selbst der Hintergrund ist auf beiden Bildern genau über den Köpfen der Frauen geteilt. Oberflächlich und grob gesehen ähneln sich die Bilder sehr. Geht man jedoch näher darauf ein, stellt man schnell die Unterschiede fest, die deutlich machen, das diese Gemälde aus zwei, zwar aufeinanderfolgenden und -aufbauenden, aber dennoch von unterschiedlichen Merkmalen und Absichten geprägten Kunstepochen stammen.

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Details

Title
Bildvergleich "Madame Cezanne in blauer Jacke" und "Bildnis mit grünem Streifen"
Author
Year
2001
Pages
4
Catalog Number
V104049
ISBN (eBook)
9783640024247
File size
335 KB
Language
German
Keywords
Bildvergleich, Madame, Cezanne, Jacke, Bildnis, Streifen
Quote paper
Anna Mona Peters (Author), 2001, Bildvergleich "Madame Cezanne in blauer Jacke" und "Bildnis mit grünem Streifen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104049

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